Chronologie der Naturwissenschaften - Schlote - Beck-Shop

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Chronologie der Naturwissenschaften
Der Weg der Mathematik und der Naturwissenschaften von den Anfängen bis in das 21. Jahrhundert
von
Karl-Heinz Schlote
1. Auflage
Chronologie der Naturwissenschaften – Schlote
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Thematische Gliederung:
Geschichte der Mathematik
Harri Deutsch 2002
Verlag C.H. Beck im Internet:
www.beck.de
ISBN 978 3 8171 1610 2
Inhaltsverzeichnis: Chronologie der Naturwissenschaften – Schlote
1910 – 1911
652
G
In Frankfurt/Main wird die Geologischen Vereinigung als zweite geologische Gesellschaft im
nationalen Rahmen gegründet.
schen, meteorologischen und geologischen Forschungen auf der Nordinsel von Nowaja Semlja.
E. Sergeev
G
M. Blanckenhorn prägt den Begriff der Pluvialzeit.
E. Sergeev leitet bis 1912 die hydrographische
Expedition der Eisbrecher „Taimyr“ und „Waigatsch“ zu Vermessungen in der Tschuktschen-,
der Ostsibirischen und der Laptewsee.
J. Brunhes
F. B. Taylor
M. Blanckenhorn
G
G
Im Gegensatz zu Ratzels Zielstellung im Rahmen der Anthropogeographie rückt J. Brunhes in
seiner für die französische Geographie grundlegenden La Géographie humaine. . . . den Einfluß
des Menschen auf geographische Phänomene in
den Mittelpunkt seiner Betrachtungen und versucht eine erste systematische Darstellung. Er
bereichert die Geographie damit um eine neue
Forschungsrichtung.
H. Hassinger
G
H. Hassinger publiziert eine erste Arbeit zur Siedlungsgeographie Wiens. Mit weiteren Arbeiten
über Wien beeinflußt er maßgeblich die Entwicklung der deutschen Stadtgeographie und wird
zum Vorkämpfer einer modernen Landesplanung.
A. Penck
G
A. Penck stellt eine Klimaklassifikation auf physiographischer Grundlage vor, zu der er bereits
1905 grundlegende Vorstellungen entwickelt hatte.
V. A. Russanov
G
V. A. Russanov umfährt zu geologischen und
geographischen Forschungen die Insel Nowaja
Semlja und durchquert die nördliche Insel erstmals zu Fuß. 1913 versucht er den Nördlichen
Seeweg zu bewältigen, nach der Passage des
Nordkaps von Nowaja Semlja ist sein Schiff in
der Karasee verschollen.
C. Schuchert
G
C. Schuchert publiziert eine erste grundlegende
Arbeit zur Paläogeographie Nordamerikas. In den
folgenden Jahren ist er maßgeblich an der Entwicklung dieses Wissensgebietes beteiligt. 1935
erscheint der erste Band seiner Historical geography of North America, 1943 posthum der zweite,
während der dritte unvollendet bleibt.
G. J. Sedov
G
Nach der Kartierung der Kolyma-Mündung leitet
G. J. Sedov eine Expedition zu ozeanographi-
G
Nachdem F. B. Taylor 1898 erste Vorstellungen
zur Entstehung der Kontinente formuliert hatte,
entwickelt er die Idee, daß Afrika und Südamerika in früheren geologischen Zeiten miteinander
verbunden waren und sich die Kontinente auf
der Erdoberfläche verschieben, im Detail. Als
Ursache führt er das Einfangen des Mondes als
Erdtrabant und die damit verbundene Änderung
der Gravitationskräfte an.
1911
W
In Deutschland wird die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) zur Förderung der Wissenschaften
gegründet. Die KWG unterhält eigene Institute,
als erste entstehen 1912 die Institute für Chemie
und für physikalische Chemie in Berlin. Als weitere Institutionen zur Förderung und Koordinierung der Forschungsaktivitäten und bedingt durch
die historische Situation nach den 1. Weltkrieg
entstehen in Deutschland 1920 die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft.
S. N. Bernstein
M
S. N. Bernstein löst das de la Vallée Poussinsche
Problem der besten polynomialen Approximation für verschiedene Funktionenklassen in einem
beschränkten Intervall und studiert das asymptotische Verhalten der besten Approximationen, sowie den Einfluß von Differenzierbarkeitseigenschaften auf die Schnelligkeit der Annäherung.
L. E. J. Brouwer
M
L. E. J. Brouwer beweist den Satz von der
Gebietsinvarianz für n-dimensionale euklidische
Räume, indem er zeigt, daß ein n-dimensionales
Simplex nicht homöomorph auf ein niedriger
dimensionales Simplex abgebildet werden kann.
Die Dimension bleibt also bei Homöomorphie
erhalten. Im Beweis benutzt Brouwer den sog.
Abbildungsgrad, den er 1910 entdeckt hatte.
653
W. Burnside
1911
M
W. Burnside publiziert in der zweiten Auflage
seines Buches zur Theorie endlicher Gruppen, in
der er insbesondere die neuen Methoden der Darstellungstheorie von Gruppen ausführlich würdigt, die schon 1897 geäußerte Vermutung, daß
alle endlichen Gruppen ungerader Ordnung auflösbar sind.
M • P
Die Quaternionen (vgl. 1843) werden von A. W.
Conway und unabhängig von ihm 1914 von L.
Silberstein zur Darstellung der allgemeinen Lorentztransformation in die spezielle Relativitätstheorie eingeführt.
A. W. Conway, L. Silberstein
G. Herglotz
M
G. Herglotz stellt eine im Einheitskreis holomorphe Funktion, die dort einen positiven Realteil
hat, als Stieltjes-Integral mit einer reellwertigen,
monoton wachsenden Funktion dar und verallgemeinert damit die Poissonsche Integralformel.
H. Lebesgue
M
H. Lebesgue formuliert auf der Basis der Überdeckungseigenschaft eine neue Definition der Dimension eines Raumes: Wird ein n-dimensionaler
Raum von offenen Mengen hinreichend kleinen
Durchmessers überdeckt, so gibt es Punkte, die
zu wenigstens n + 1 Mengen der Überdeckung
gehören. Die Überdeckung kann aber so konstruiert werden, daß kein Punkt in mehr als n + 1
Mengen liegt.
H. Minkowski
A
J. Halm
A
J. Halm vermutet einen Zusammenhang zwischen
der absoluten Helligkeit und der Masse von Sternen, die Masse-Leuchtkraft-Beziehung, und geht
von einer Zunahme der Leuchtkraft mit der Sternmasse aus.
E. Hertzsprung
A
E. Hertzsprung erkennt den Polarstern als veränderlich vom Typ der Cepheiden.
K. Fajans, F. Soddy, A. S. Russell
P
In den Jahren bis 1913 formulieren K. Fajans, F.
Soddy und A. S. Russell die Verschiebungssätze
des radioaktiven Zerfalls, die die röntgenspektroskopisch gefundene Identität von Ordnungs- und
Kernladungszahl bestätigen und die Einordnung
der radioaktiven Zerfallsprodukte als Isotope chemischer Elemente in das Periodensystem klären.
Den Begriff prägt Soddy in einer Arbeit vom
4. Dezember 1913.
H. Geiger, J. M. Nutall
P
Für den Zusammenhang von Zerfallskonstante eines Isotops und der Reichweite der ausgesandten
Alpha-Strahlen stellen H. Geiger und J. M. Nutall
die nach ihnen benannte Regel auf.
M
In den gesammelten Werken von H. Minkowski
erscheint posthum dessen Theorie der konvexen
Körper, in der er die Bedeutung von Eigenschaften zentralsymmetrischer Punktmengen für zahlentheoretische Untersuchungen nochmals betont
und speziell seine Ergebnisse über sog. gemischte
Volumina und Extremalpunkte konvexer Mengen
darlegt.
H. Weyl
W. W. Campbell
W. W. Campbell entdeckt den ersten Schnelläufer
unter den Sternen. Dieser Stern bewegt sich mit
einer Geschwindigkeit senkrecht zur Ebene der
Galaxis von mehr als 30 km/s.
E. Grüneisen
P
E. Grüneisen stellt die nach ihm benannte Formel
auf, die die Frequenzen der Gitterschwingungen
eines Kristalls mit dessen Elastizitätskonstanten
verknüpft.
G. Jaumann
P
G. Jaumann führt den Begriff des Entropiestroms
ein.
M
H. Weyl erzielt wichtige Ergebnisse zum asymptotischen Verhalten der Eigenwerte einer partiellen Differentialgleichung und verwendet dazu
erstmals eine Maximinimamethode zur direkten
Bestimmung des n-ten Eigenwertes, d. h. ohne
Kenntnis der i-ten Eigenwerte (i = 1, . . . , n − 1).
Die Verallgemeinerung dieses Vorgehens ist Bestandteil der Eigenwerttheorie selbstadjungierter
kompakter Operatoren.
H. Kamerlingh Onnes
P
In dem Bestreben, das Verhalten der metallischen
Leitfähigkeit möglichst nahe am absoluten Nullpunkt messen zu können, entdeckt H. Kamerlingh
Onnes die Supraleitung. Der Wegfall des Ohmschen Widerstandes unterhalb einer materialspezifischen Sprungtemperatur blieb lange theoretisch unverstanden und war Anlaß zu Spekulationen bezüglich der Anwendungsmöglichkeiten.
1911
654
J. G. Königsberger, P. Weiss
P
J. G. Königsberger und P. Weiss prägen den Begriff Halbleiter.
P • C
Aus den von H. Geiger und E. Marsden 1909
durchgeführten Streuexperimenten zieht E. Rutherford den Schluß, daß die positive Ladung
und die Hauptmasse des Atoms auf kleinstem
Raum zusammengedrängt sind, Durchmesser etwa 10−12 cm. Diesen Kern umkreisen die Elektronen wie Planeten. Offen bleibt, wieso ein solches Atom stabil ist und wie die Frequenzen der
Spektrallinien daraus erklärt werden können.
E. Rutherford
E. Rutherford
P
E. Rutherford stellt die nach ihm benannte Streuformel für elektrisch geladene bewegte Teilchen
auf, deren Wechselwirkung dem Coulombgesetz
folgt, und behandelt damit die Streuung von
Alpha-Teilchen an festen Körpern.
E. Solvay
P
Die von dem belgischen Industriellen E. Solvay ab 1911 finanzierten Kongresse spielen eine
wichtige Rolle in der Entwicklung der Mikrophysik. Auf dem ersten Kongreß wurde das Plancksche Strahlungsgesetz diskutiert.
A. Sommerfeld
P
Auf der 83. Naturforscherversammlung formuliert A. Sommerfeld die Aufgabe, die „Existenz
der Moleküle als eine Folge und Funktion der
Existenz eines elementaren Wirkungsquantums“
anzusehen. Dieses Forschungsprogramm wird
rasch für die Erklärung des Atombaus und der
Spektrallinien fruchtbar.
R. Fischer
V. N. Ipatiev
P
P. Weiss postuliert das Quantum des magnetischen Moments, das Magneton. Unabhängig von
Weiss sagt P. Langevin die Existenz des Magnetons voraus und berechnet dessen Größe.
C. G. Barkla
C
Mit der Entdeckung von C. G. Barkla, daß die
Röntgeneigenstrahlung für jedes Element charakteristisch ist, wird die Grundlage für die Röntgenfluoreszenzanalyse gelegt. Durch gerätetechnische Verbesserungen wird auf dieser Basis sehr
bald eine schnelle und genaue, zerstörungsfreie
Analysemethode entwickelt.
C
Erstmals wird von V. N. Ipatiev ein Mehrkomponentenkatalysator eingesetzt, der es ermöglicht
eine Redoxreaktion und eine Dehydrierung in
einem Prozeß ablaufen zu lassen.
N. Kizner, L. Wolff
C
N. Kizner und unabhängig davon 1912 L. Wolff
entdecken die Umwandlung einer Carbonylgruppe in eine Methylengruppe über das entsprechende Hydrazen, sog. Wolff-Kishner-Reduktion.
O. Sackur, H. Tetrode
C
O. Sackur gibt eine statistische Begründung der
chemischen Thermodynamik und beginnt zusammen mit H. Tetrode, erste Berechnungen der chemischen Konstanten einatomiger Gase durchzuführen.
C • P
Aus der vergleichenden Betrachtung der bis dahin gefundenen, aber ungeklärten radioaktiven
Zerfallsreihen chemischer Elemente zieht F. Soddy den Schluß, daß es Elemente gibt, die bei verschiedenen radioaktiven Eigenschaften und unterschiedlichen Massen gleiches chemisches Verhalten zeigen und folglich im Periodensystem an
die gleiche Stelle (Isotop) gehören.
F. Soddy
A. Werner
C
A. Werner gelingt es, optisch aktive Cobaltverbindungen zu isolieren.
H. Wieland
P. Weiss, P. Langevin
C
R. Fischer erhält ein Patent für ein Verfahren zur
Herstellung von Drei-Schicht-Farbfotografien.
Der Film besteht aus drei Halogensilberschichten, die jeweils für eine der Grundfarben sensibilisiert sind.
C
H. Wieland entdeckt die Radikaleigenschaften
des zweiwertigen Stickstoffs.
R. Willstätter, E. Waser
C
R. Willstätter und E. Waser gelingt, ausgehend
vom Alkaloid Pseudopelletierin, die erste Synthese des Cyclooctatetraens.
N. D. Zelinskij
C
Im Rahmen der Untersuchung von Kohlenwasserstoffen und der organischen Katalyse, in denen
N. D. Zelinskij bereits viele Kohlenwasserstoffe der Cyclopentan- und Cyclohexanreihe synthetisierte, entdeckt er die Disproportionierung
von Cyclohexen in Benzol und Cyclohexan bei
655
1911
gleichzeitiger Bildung von Wasserstoff, sog. irreversible Katalyse. Außerdem findet er die vollständige Dehydrierung von Cyclohexan zu Benzol bei 300 ◦ C sowie Platin- und Palladiumkatalysatoren.
E. Banse
G
In Großbritannien wird die Biochemical Society
gegründet.
E. Banse beginnt, eine „neue Auffassung“ der
Geographie zu entwickeln. Er spricht ihr ein eigenes Stoffgebiet ab und stellt die Methode über
den Stoff. Um 1920 hebt er den synthetischen
Charakter der Geographie hervor und will sie von
einer Wissenschaft zu einer Kunstform erheben.
Seine Ansichten sind in der Schulgeographie erfolgreich.
E. Bleuler
H. Cloos
B
B
E. Bleuler führt die Bezeichnung Schizophrenie
für den entsprechenden Krankheitskomplex in die
Psychiatrie ein.
B • C
F. G. Donnan führt das Membranpotential in die
physikalische Chemie ein.
F. G. Donnan
C. Funk
B
C. Funk prägt nach der Isolierung des Antiberiberifaktors Nicotinsäure aus Reiskleie den Begriff
Vitamine unter der falschen Annahme, daß alle
diese Substanzen Amine seien.
W. Hill
B
W. Hill entwickelt die Gastroskopie.
C. Neuberg
B
C. Neuberg isoliert das Enzym Carboxylase,
einen Bestandteil des Enzymkomplexes Zymase.
B • C
W. H. Perkin jr. und R. Robinson synthetisieren
das Alkaloid Narcotin.
W. H. Perkin jr., R. Robinson
A. H. Sturtevant
B
In Zusammenarbeit mit seinem Lehrer T. H. Morgan beginnt A. H. Sturtevant mit der Kartierung
von Genen auf den Chromosomen. Sturtevant
entdeckt das Prinzip, daß die Häufigkeit des Austausches zweier Gene einen Hinweis auf deren
Abstand in einer linearen Genkarte liefert, und
erklärt die Abstandsrelationen bei der Kartierung
von drei Genen. 1913 publiziert er diese Ideen.
R. Amundsen
G
R. Amundsen bricht vom Ross-Schelfeis über den
Axel-Heiberg-Gletscher, von vier Mann begleitet,
zum Südpol auf, den er am 14. Dezember 1911
als erster Mensch erreicht, vier Wochen vor R. F.
Scott.
G
Im Erongo-Gebirge (Südwestafrika) beginnt H.
Cloos mit Studien zur Granittektonik, aus denen sich nach vielen weiteren Arbeiten in den
folgenden Jahren die Erkenntnis ergibt, daß die
Richtungen der Bewegungen von Granitschmelzen nachweisbar sind und sich Deformationen
während und nach der Abkühlung im geologischen Bau der plutonischen Gesteine abbilden.
Die magmatischen Gesteine werden so ein wichtiges Element für die Analyse des tektonischen
Baus von Gebirgen.
W. Filchner
G
Die Zweite Deutsche Südpolarexpedition unter
W. Filchner in die Wedellsee entdeckt 1912 das
Prinz-Luitpold-Land, das sog. Filchner-Schelfeis
und den Penck-Gletscher. Die geplante Durchquerung der Antarktis zur Ross-See scheitert. Der
Reisebericht erscheint 1922.
G • B
W. Hellpach gibt in einem viel beachteten Buch
Die geopsychischen Erscheinungen eine zusammenfassende Darstellung der empirischen Studien zu den Einwirkungen von Wetter, Klima, Boden und Landschaft auf die Psyche des Menschen
und bemüht sich um eine theoretische Durchdringung.
W. Hellpach
Th. Koch-Grünberg
G
Th. Koch-Grünberg reist bis 1913 zum Roraima,
nach Britisch Guayana, Venezuela und zum Orinoco. Neben geographischen Forschungen führt
er vor allem ethnographische Studien durch. Seine fünfbändige Reisebeschreibung erscheint teilweise posthum 1916–1928.
F. Machatschek
G
F. Machatschek reist zu landeskundlichen und
geomorphologischen Forschungen im westlichen
Tienschan. 1914 setzt er die Studien mit einer
zweiten Reise in das Turangebiet und den Tienschan fort.
1911 – 1912
656
D. Mawson
G
Die erste australische Südpolarexpedition erforscht unter D. Mawson bis 1914 neue Küstengebiete zwischen der heutigen Prawdaküste
und Adélieland und entdeckt eine Reihe großer
Gletscher. 1913 wird die erste Funkverbindung
einer Antarktisexpedition mit der Außenwelt, und
zwar mit Australien, hergestellt.
H. Meyer
G
Um einige weiße Flecken auf der deutschen Kolonialkarte zu tilgen, unternimmt H. Meyer eine
Forschungsreise durch Ruanda und Urundi und
besteigt die Vulkane Karissimbi und Niragongo.
J. Partsch
G
Im zweiten Band seines landeskundlichen Werkes Schlesien veröffentlicht J. Partsch die erste
thematische Reliefkarte und prägt den Begriff
Reliefenergie.
A. Schultz
G
A. Schultz forscht bis 1912 in Mittelasien und im
Pamir vor allem zur Ausgliederung von Natureinheiten und zu Abtragungsformen im Hochgebirge.
E. C. Semple
G
In einem umstrittenen Buch stellt E. C. Semple
Untersuchungsergebnisse zum geographischen
Determinismus vor und schildert die Einflüsse
der geographischen Umwelt entsprechend der
Anthropogeographie ihres Lehrers F. Ratzel. Ihr
Werk hat starken Einfluß auf die amerikanische
Geographie.
1912
S. N. Bernstein
M
Ein rein algebraischer Beweis des Weierstraßschen Satzes über die gleichmäßige Approximation stetiger Funktionen durch Polynome wird
von S. N. Bernstein mit Hilfe des Gesetzes der
großen Zahlen gegeben. Zugleich führt er die sog.
Bernstein-Polynome ein, die aber im allgemeinen
sehr langsam konvergieren.
E. Borel, J. Hadamard
M
Die Klasse der quasianalytischen Funktionen
wird von E. Borel und fast gleichzeitig von
J. Hadamard eingeführt. Diese Klasse enthält
beliebig oft differenzierbare Funktionen deren
Funktionswerte in einem vorgegebenen Intervall
der reellen Zahlengeraden eindeutig durch den
Funktionswert und sämtliche Ableitungen in
einem fest vorgegebenen Punkt des Intervalls
bestimmt sind.
L. E. J. Brouwer
M
L. E. J. Brouwer zeigt, daß der Abbildungsgrad
für die Klassifizierung der Abbildungen einer
zweidimensionalen Mannigfaltigkeit in die zweidimensionale Sphäre ausreicht und die Berechnung der Homotopieklassen liefert. Er definiert
dabei Homotopie als Eigenschaft von Abbildungen, ohne das Wort selbst zu benutzen. Der Satz
wird 1925 von H. Hopf auf n-dimensionale Mannigfaltigkeiten ausgedehnt.
A. Denjoy
M
Die Totalisierung einer Funktion wird von A.
Denjoy entwickelt und darauf aufbauend die
bisher allgemeinste Integrationstheorie, um aus
der nichtsummierbaren Ableitung einer Funktion
wieder die Funktion selbst zu erhalten.
E. Helly
M
E. Helly legt der Österreichischen Akademie eine
Arbeit über lineare Funktionaloperatoren vor, in
der er den Auswahlsatz von Helly für Funktionen
mit gleichmäßig beschränkter Variation, ein Konvergenzkriterium sowie den Satz von BanachSteinhaus für Funktionale auf dem Raum der
stetigen Funktionen und andere wichtige funktionalanalytische Ideen formuliert.
M • G
L. Krüger bearbeitet eingehend die von C. F.
Gauß entwickelte konforme Abbildung des
Ellipsoids und schlägt sie für die praktische
Anwendung vor. Die auf dieser Basis berechneten
ebenen rechtwinkligen Koordinaten, sog. GaußKrüger-Koordinaten, werden in Deutschland
1927 und später auch in anderen Staaten eingeführt.
L. Krüger
E. Landau
M
E. Landau beweist einen allgemeinen Gitterpunktsatz über die Anzahl der Gitterpunkte in
gewissen Bereichen und vereinfacht die Beweise
für die Formeln von G. F. Voronoj und W.
Sierpiński über die Gitterpunkte im Kreis bzw.
unter der Hyperbel.
H. Lebesgue
M
Nachdem bei der Lösung des Dirichlet-Problems
lange unvollkommene Beweismethoden als Ursache für die Einschränkungen an das Gebiet
galten, entdeckt H. Lebesgue eine beschränkte
offene Menge im dreidimensionalen Raum, für
657
1912
die eine auf dem Rand stetige Funktion so angegeben werden kann, das das Dirichlet-Problem
nicht lösbar ist. Dies wird der Ausgangspunkt
tiefliegender Untersuchungen.
M. Plancherel
M
Nach M. Plancherel ist für eine integrierbare,
beschränkte und außerhalb eines beschränkten
Intervalls verschwindende Funktion f und deren
Fourier-Transformierte das Quadrat des Betrages
beider Funktionen integrierbar und die Integrale
stimmen überein. Dieser Satz von Plancherel verknüpft die Theorie der Fourier-Integrale mit der
des Hilbertraumes und wurde später auf topologische Gruppen ausgedehnt.
H. Poincaré
M
Das sog. „Twisttheorem“ wird von H. Poincaré
als Vermutung aufgestellt und für Spezialfälle
bewiesen. Es behauptet die Existenz von mindestens zwei Fixpunkten bei Twistabbildungen des
Kreisringes in sich, wobei die Ränder des Ringes
mit unterschiedlichem Umlaufsinn transformiert
werden. Poincaré benutzt das Theorem, um die
Existenz geschlossener geodätischer Linien auf
geschlossenen konvexen Flächen zu zeigen.
E. Zermelo
M
E. Zermelo beweist für eine große Klasse von
Zwei-Personen-Spielen, darunter auch Schach,
durch graphentheoretische Deutung des Spielbegriffs, daß einer der beiden Spieler eine Gewinnstrategie besitzt, die im Prinzip algorithmisch bestimmt werden kann.
H. S. Leavitt
Aus dem umfangreichen Material von 2 400
entdeckten Veränderlichen kann H. S. Leavitt
die vermutete Perioden-Helligkeits-Beziehung,
d. h. die Änderung der absoluten Helligkeit mit
dem Logarithmus der Periode des veränderlichen
Sterns, bei Cepheiden-Veränderlichen in der
Kleinen Magellanschen Wolke nachweisen. Dies
ist die Grundlage für eine Entfernungsbestimmung: aus bekannter scheinbarer Helligkeit und
der aus der Beziehung ermittelten absoluten
Helligkeit folgt die Entfernung des Sternes.
V. M. Slipher
A
Erstmals setzt P. Guthnick eine photoelektrische
Zelle am 30-cm-Refraktor in Berlin-Babelsberg
zur Messung der Sternhelligkeiten ein und führt
erfolgreich Messungen an β Persei durch. Weitere
wichtige Beiträge zur Einführung der lichtelektrischen Photoelemente liefern J. Stebbins, H. O.
Rosenberg u. a.
V. F. Hess
A
Nach mehreren Strahlungsmessungen mit Freiballons bis 5 000 m Höhe, die entgegen den Erwartungen eine signifikante Zunahme der Luftionisation mit der Höhe belegen, schließt V. F.
Hess auf die Existenz einer kosmischen Strahlung und berichtet darüber in der Physikalischen
Zeitschrift. 1913 bestätigt W. Kolhörster mit Ballonaufstiegen bis 9 000 m die Hessschen Ansichten.
A
Das Leuchten gewisser Nebel wird von V. M.
Slipher als reine Reflexion von Sternlicht nachgewiesen. Er erhält auch das erste Spektrum der
Andromeda-Galaxie, ermittelt mittels Dopplerverschiebung die Radialgeschwindigkeit des Nebels und erkennt, daß der Nebel sich dem Sonnensystem nähert.
K. F. Sundmann
A • M
Eine allgemeine Lösung des Drei-KörperProblems wird von K. F. Sundmann zusammenfassend vorgelegt. Er führt eine uniformisierende
Variable ein und gibt konvergente Reihenentwicklungen für die Koordinaten der Körper an,
die auch die zukünftige Bewegung erfassen.
Bereits 1907 und 1909 hatte er Ergebnisse dazu
veröffentlicht.
M. Born, T. v. Kármán
P. Guthnick
A
P
Aufbauend auf dem Modell von P. Debye für
die Gitterschwingungen eines Festkörpers formulieren M. Born und T. v. Kármán die Vermutung, daß sich der elektrische Widerstand aus
der Behinderung der Ladungsträger durch die
Gitterschwingungen erklären läßt. Beide leisten
wichtige Beiträge zur quantentheoretischen Behandlung der Gitterdynamik.
W. L. und W. H. Bragg
P • G
W. L. und W. H. Bragg bestimmen die Bedingungen, unter denen monochromatische Röntgenstrahlen an einem Kristallgitter gestreut werden
und stellen eine Formel für den Zusammenhang
von Wellenlänge und Gitterkonstante (Netzebenenabstand) sowie Glanzwinkel, das sog. Braggsche Gesetz, auf. Die Gleichung wird unabhängig
von G. V. Vul’f 1913 abgeleitet.
1912
658
P • C
P. Debye leitet die Temperaturabhängigkeit der
Dielektrizitätskonstanten aus dem Schwingungsverhalten der Moleküle her. Das ist ein Ausgangspunkt seiner systematischen Erforschung
der „polaren Molekeln“. Mit dieser Dipoltheorie erklärt er die Ursachen für das Abweichen
der Molrefraktion von der Molpolarisation vieler
Verbindungen.
P. Debye
P. Debye
P
P. Debye entwickelt eine Theorie der spezifischen
Wärme, die deren Temperaturabhängigkeit aus
den Gitterschwingungen der Atome und Moleküle abzuleiten gestattet.
P. Debye
P
In seinem Modell für die Gitterschwingungen
eines Festkörpers betrachtet P. Debye diesen als
homogenes elastisches Medium. Das kontinuierliche Frequenzspektrum der Gitterschwingungen
wird abgeschnitten, wenn die Anzahl der möglichen Freiheitsgrade erreicht ist. Die DebyeTemperatur ist ein Maß für die Stärke der Kopplung zwischen den Gitterbausteinen.
F. Paschen, E. Back
P • M
Unabhängig voneinander weisen M. Plancherel
und 1913 A. Rosenthal nach, daß die Ergodenhypothese für die Systeme der statistischen Mechanik nicht in der Form gelten kann, daß auf einer
Energiefläche jede Bahn durch jeden Punkt geht.
M. Plancherel, A. Rosenthal
D. S. Roždestvenskij
P • C
D. S. Roždestvenskij entwickelt eine Interferenzmethode, um die Intensität der Spektrallinien zu
messen. Die Methode ermöglicht neue quantitative Untersuchungen an den Spektren von Alkalimetallen sowie die Bestimmung der Wahrscheinlichkeit von Quantenübergängen für diese
Elemente.
O. Sackur, H. Tetrode
P
P. P. Ewald entwickelt eine Theorie für die Polarisation dielektrischer Kristalle.
W. Friedrich, P. Knipping
P
Nach einer Idee von M. v. Laue können W. Friedrich und P. Knipping die Interferenz von Röntgenstrahlen an Kristallgittern nachweisen. Laue
kann diese Erscheinung auch theoretisch begründen. Damit ist gezeigt, daß Röntgenstrahlen tatsächlich als elektromagnetische Wellen aufzufassen sind, deren Wellenlänge in der Größenordnung der Atomabstände in Kristallgittern liegen.
W. Gaede
P
W. Gaede erfindet die Molekularluftpumpe.
P • A
In der dritten Arbeit zur atomaren Theorie der
Spektren von Sonnenkorona und Sternnebeln
führt J. W. Nicholson das Plancksche Wirkungsquantum in sein Strukturmodell des Atoms ein,
das er in Weiterentwicklung eines Thomsonschen
Modells aufgestellt hatte und das die beobachteten Effekte gut erklärte. Seine Vorstellungen
beeinflussen u. a. N. Bohr.
J. W. Nicholson
P
O. Sackur und H. Tetrode stellen die nach ihnen
benannte Formel für die Entropie des idealen
Gases auf.
C. T. R. Wilson
P. P. Ewald
P
F. Paschen und E. Back beobachten den nach
ihnen benannten Effekt, daß sich die Aufspaltung
der Spektrallinien in starken Magnetfeldern vereinfacht.
P
Im Ergebnis seiner 1910 aufgenommenen Untersuchungen zur Wasserdampfkondensation durch
Ionenbildung entwickelt C. T. R. Wilson die nach
ihm benannte Expansionsnebelkammer. Sie wird
zu einem wichtigen Nachweisgerät für ionisierende Strahlung.
R. Bohn
C
R. Bohn stellt den ersten Metallkomplexfarbstoff aus Chromsalzen und sulfongruppenhaltigen Azofarbstoffen her.
L. Claisen
C
L. Claisen entdeckt die nach ihm benannte
Umlagerung von Phenylallylethen zu Phenol-oallylderivaten.
A. Einstein
C
A. Einstein leitet für den primären photochemischen Vorgang das photochemische Äquivalenzgesetz ab.
G. Grollet, F. Klatte
C
Zusammen mit G. Grollet gelingt es F. Klatte, ein
Verfahren zur Herstellung von Estern und Ethern
des Vinylalkohols zu entwickeln. Zusammen mit
E. Zacharias erarbeitet er ein Verfahren zur Herstellung von Vinylchlorid.
659
T. S. Moore, T. F. Winmill
1912
C
T. S. Moore und T. F. Winmill postulieren die
Möglichkeit von Wasserstoffbrückenbindungen,
deren Bedeutung dann 1920 von W. M. Latimer
und W. H. Rodebusch herausgearbeitet wird.
F. Pregl
C
F. Pregl arbeitet Methoden zur quantitativen organischen Mikroanalyse aus. Er konstruiert die
dazu nötigen Geräte, speziell die Mikrowaage,
und verbessert die Methode mehrfach.
P. Ruggli
C
P. Ruggli entdeckt das Verdünnungsprinzip zur
Erzeugung höherer Ausbeuten von Kondensationsreaktionen (z. B. Cyclisierungen) bifunktioneller Verbindungen.
A. Stock
C
A. Stock beginnt mit umfassenden Untersuchungen der Borwasserstoffe und später der Siliciumwasserstoffe. Für die Analyse dieser Substanzen,
die teilweise luftempfindlich und explosiv sind,
konstruiert er eine neue Hochvakuumapparatur,
sog. Stock-Apparatur, mit mehreren Detailerfindungen. In den Forschungen charakterisiert er
erstmals die Borwasserstoffe und entdeckt mehrere höhere Borane.
J. J. Abel
B
Auf der Basis umfangreicher biochemischer Studien erarbeitet J. J. Abel ein Konzept zur Entwicklung einer künstlichen Niere und erkennt
nach erfolgreichen Tierversuchen die potentielle
Bedeutung des Geräts zur Behandlung von Nierenversagen.
B • G
Die Paläobiologie wird von O. Abel mit einem
Buch über Paläobiologie der Wirbeltiere begründet. In weiteren Schriften dehnt er diesen Zweig
zu einer Lehre von den Lebewesen, Lebenserscheinungen und Lebensvorgängen der Vorzeit
aus, erfaßt damit frühere Anpassungsformen der
Organismen an die Umwelt und bezieht sie in die
stammesgeschichtliche Entwicklung ein.
O. Abel
P. Ehrlich
B
P. Ehrlich führt das gegenüber dem Salvarsan
(vgl. 1910) deutlich besser wasserlösliche Neosalvarsan zur Behandlung der Syphilis ein. Er
wird damit zum Begründer der Chemotherapie.
F. G. Hopkins
B
Unabhängig von C. Funk (vgl. 1911) ermittelt
F. G. Hopkins eine Antiberiberifaktor und postuliert, daß neben Proteinen, Fetten und Kohlehydraten noch zusätzliche Spurensubstanzen
(Vitamine) für eine optimale Ernährung und die
Verhütung von Krankheiten notwendig sind. Er
belegt dies durch Fütterungsexperimente.
C. G. Jung
B
C. G. Jung stellt in dem psychoanalytischen Werk
Wandlungen und Symbole der Libido u. a. seine
Vorstellungen von einem kollektiven Unbewußten dar und versucht erfolglos, zwischen den verschiedenen Forschungsrichtungen der Psychologie zu vermitteln.
B • C
S. Kostyčev identifiziert Acetaldehyd als Zwischenprodukt der alkoholischen Gärung.
S. Kostyčev
W. Küster
B • C
W. Küster klärt die Struktur des aus Hämoglobin
gewinnbaren Hämins auf.
P. P. Lazarev
B
P. P. Lazarev beginnt, die Biophysik der Sinnesorgane zu studieren, und baut auf der Basis
zahlreicher Experimente eine Ionentheorie der
Nervenreizung auf, die er dann auch zur Erklärung der Reizung lebenden Gewebes und der
Adaptationsfähigkeit des Auges heranzieht. 1918
begründet er in Moskau das wohl erste Institut für
biologische Physik (später Biophysik) der Welt.
L. C. Maillard
B
L. C. Maillard untersucht den nach ihm benannten Reaktionskomplex, sog. Maillard-Reaktion
der nichtenzymatischen Bräunung von Lebensmitteln.
H. Wieland
B • C
H. Wieland beginnt mit Untersuchungen der Gallensäuren, in deren Ergebnis er sie als Steroide
auf der Basis von Cholesterol identifiziert.
G
Im November wird in St. Petersburg ein Institut
für Bodenkunde gegründet. In diesem Zusammenhang wird erstmals die Forderung nach einer
bodenkundlichen Landesaufnahme gestellt.
G
Gründung des Hawaiian Volcano Observatory
(HVO) in unmittelbarer Nähe des Vulkans Ki-
1912
660
lauea, in dem viele Verfahren der Vulkanüberwachung wie die Veränderung der Neigung von
Berghängen, Zusammenhänge zu seismischen
Aktivitäten, Eruptionszyklen usw. entwickelt und
verbessert wurden.
G
Gründung der Deutschen Paläontologischen Gesellschaft in Greifswald, die bereits seit 1871
mit eigenem Statut als Sektion in der Deutschen
Geologischen Gesellschaft wirksam war.
A. E. Fersman
G
In Moskau hält A. E. Fersman eine erste geochemische Vorlesung an der Volksuniversität und
veröffentlicht eine Gegenstandsbestimmung der
Geochemie unter Berücksichtigung historischgenetischer Gesichtspunkte chemischer Prozesse.
Die Definition ist breiter und genauer als die
Vorstellungen seiner Zeitgenossen.
B. Gutenberg
G
B. Gutenberg stellt bei 2 900 km Tiefe eine starke
Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit von
seismischen Wellen fest und leitet daraus eine
genaue Bestimmung für die Größe des Erdkerns
ab.
L. A. A. de Launay
G
L. A. A. de Launay entwickelt für die Erzlagerstättenlehre das Prinzip, wonach nicht nur danach
gefragt werden müsse, wie sich eine Lagerstätte
gebildet habe, sondern auch warum.
W. Meinardus
G
W. Meinardus prägt den Begriff des Strukturbodens.
S. Passarge
G
S. Passarge übt leidenschaftliche Kritik an der
Theorie von W. M. Davis. In dem Buch Physiologische Morphologie erklärt er induktiv die
Oberflächenformen auf geologischer Grundlage
unter Berücksichtigung der Wirkung von Klima,
Meer sowie Pflanzendecke und verleiht der Landschaftskunde in Deutschland neue Impulse.
A. de Quervain
G
A. de Quervain leitet die Schweizer GrönlandExpedition, bei der ihm mit drei Begleitern die
erste Querung des Inlandeises von West nach Ost
gelingt. Bereits 1909 war er auf seiner ersten
Grönland-Expedition vom Umanakfjord (Westgrönland) 150 km auf dem Inlandeis vorgestoßen.
K. Rasmussen
G
Von dem 1910 eingerichteten Stützpunkt Thule unternimmt K. Rasmussen bis 1933 sieben
„Thule-Expeditionen“ zur philologischen und archäologischen Eskimoforschung. Er dringt tief in
die Eskimokultur ein, indem er jahrelang unter
ihnen lebt. 1912 zieht er zur Nordostküste Grönlands und entdeckt auf Pearyland die Reste der
nördlichsten bekannten Eskimosiedlung.
G. Schott
G
Auf der Basis langjähriger Forschungen publiziert G. Schott mit dem Buch Die Geographie des
Atlantischen Ozeans eine grundlegende Zusammenfassung zu zahlreichen Erscheinungen und
zur Gliederung dieses Weltmeeres.
R. F. Scott
G
Vier Wochen nach R. Amundsen erreicht R. F.
Scott am 18. Januar 1912 als Zweiter den Südpol.
Auf dem Rückmarsch kommen Scott und seine
vier Begleiter in einem orkanartigen Sturm, der
sie am Erreichen des Vorratslagers hindert, Ende
März ums Leben.
G. J. Sedov
G
Auf der Fahrt zum Nordpol muß G. J. Sedov
an der Westküste von Nowaja Semlja und 1913
auf Franz-Josephs-Land überwintern. Beim Versuch, den Pol auf Schlitten zu erreichen, stirbt
er im Frühjahr 1914 nahe der Rudolfinsel. Den
Begleitern gelingt im August die Rückkehr mit
wertvollem geologischen und ozeanographischen
Material sowie Beobachtungen zur Eisbildung
und zum Erdmagnetismus.
J. Tilho
G
Mit einer Militärexpedition erkundet J. Tilho das
kaum bekannte Gebiet zwischen Tschadsee und
Sahara. Er durchzieht Borku, Ennedi und Tibesti, besteigt den Emi Kussi (3 415 m) und führt
viele Ortsbestimmungen und Landschaftsaufnahmen durch. Über Wadai und Darfur kehrt er 1917
nach Ägypten zurück.
A. Wegener
G
Zusammen mit J. P. Koch durchquert A. Wegener Grönland von der Dove-Bucht an der Ostküste aus. Während der Überwinterung auf dem
Königin-Luise-Gletscher stellt er wertvolle meteorologische und glaziologische Beobachtungen
zur winterlichen Jahreszeit an. Im Juli 1913 erreichen sie bei Upernavik die Westküste.
661
1912 – 1913
A. Wegener
G
Auf der Jahresversammlung der Geologischen
Vereinigung in Frankfurt a. M. entwickelt A. Wegener erstmalig Ideen über die Drift der Kontinente.
F. Wild
G
Im Rahmen der Expedition von D. Mawson (vgl.
1911) erforscht eine Überwinterungsgruppe unter
F. Wild bis 1913 die neuentdeckte Königin-MaryKüste.
1913
H. Dingler
W
In dem Buch Die Grundlage der Naturphilosophie bemüht sich H. Dingler um eine methodische Begründung der exakten Wissenschaften,
die er später ausbaut. Diese wird in konstruktivaxiomatischen Theorien gesucht, in deren Rahmen Gegenstände nach Operationsregeln material erzeugt, nicht bloß formal beschrieben werden.
G. D. Birkhoff
M
Das Poincarésche „Twisttheorem“ (vgl. 1912)
wird von G. D. Birkhoff bewiesen. Das Theorem
wurde später beim Studium dynamischer Systeme erfolgreich eingesetzt und dient insbesondere
zum Beweis für die Existenz periodischer Lösungen.
O. Bolza
M
In Verallgemeinerung der Mayerschen Aufgabe
(vgl. 1878) und Anregungen Hadamards folgend,
stellt O. Bolza das sog. Bolzasche Variationsproblem. Es fordert die Bestimmung eines Extremums, wobei als Nebenbedingungen Differentialgleichungen, Gleichungen sowie Gleichungen
zwischen den Anfangs- und Endwerten auftreten. Bereits 1907 formulierte Bolza ein ähnliches,
aber einfacheres Problem.
L. E. J. Brouwer
M
Aufbauend auf Vorarbeiten von H. Poincaré entwickelt L. E. J. Brouwer eine induktive Definition
der Dimension auf der Basis des Umgebungsbegriffs, in einem n-dimensionalen Raum ist ein
Punkt in einer Umgebung enthalten, deren Rand
(n-1)-dimensional ist usw. Dieser Dimensionsbegriff ist wie der Lebesguesche (vgl. 1911) auf
abstrakte Räume übertragbar.
E. Cartan
M
E. Cartan entwickelt eine allgemeine Darstellungstheorie für die Lie-Algebren über dem Kör-
per der komplexen Zahlen. Er definiert das Gewicht einer Darstellung, durch das jede irreduzible Darstellung eindeutig bestimmt ist. Bei der
Klassifikation aller linearen Darstellungen entdeckt er u. a. die Spindarstellung orthogonaler
Lie-Algebren.
C. Hamann
M
Mit dem Proportionalhebel und 1925 mit den
Schaltklinken gelingen C. Hamann wichtige konstruktive Verbesserungen der mechanischen Rechenmaschine. In der Maschine von 1913, die mit
motorischen Antrieb versehen ist, wird zugleich
die Automatisierung von Multiplikation und Division realisiert.
J. Kürschak
M
J. Kürschak gibt eine allgemeine Definition der
Bewertung eines Körpers, betont die Bedeutung
nichtarchimedischer Bewertungen und beweist,
daß zu gegebenem Körper eine Komplettierung
bezüglich einer Bewertung existiert und die Bewertung auf jede algebraische Erweiterung des
Körpers fortgesetzt werden kann.
L. Lichtenstein
M
Die direkten Methoden der Variationsrechnung
werden von L. Lichtenstein weiter durchgebildet.
Insbesondere arbeitet er das Wesen der a prioriSchranken heraus und verschärft die Aussage von
S. N. Bernstein über die Regularität von Lösungen regulärer Variationsprobleme.
F. S. Macaulay
M
Beim Studium der Zerlegung von Idealen in Primärideale verallgemeinert F. S. Macaulay den
entsprechenden Laskerschen Satz für Polynomringe. Er gibt ein Verfahren zur Bestimmung der
Primärideale an und beweist, daß die nichteingebetteten Ideale eindeutig festgelegt sind. 1916
faßt er den Entwicklungsstand der Theorie der
Modulsysteme (Polynomideale) in einem kritischen Überblick zusammen.
J. Radon
M
Die Methoden der Borel-Lebesgueschen Maßund Integrationstheorie werden von J. Radon auf
das Stieltjes-Integral übertragen. Dies führt zum
Radonschen Maß, einer volladditiven nichtnegativen Mengenfunktion, und zum LebesgueStieltjes-Integral in n-dimensionalen euklidischen Räumen.
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