Biopsychologie – Genetik II Gene, Umwelt & Verhalten II: Molekulare Genetik 1. Struktur und Funktion der DNA 2. Die Vervielfältigung der genetischen Information 2.1 Replikation innerhalb des Zellzyklus 2.2 Entstehung von Keimzellen (Gametogenese) 3. Transkription und Translation 3.1 RNA-Transkription 3.2 Struktur und Regulationselemente von Genen 3.3 Weiterverarbeitung der RNA nach der Transkription 3.4 Translation und posttranslationale Weiterverarbeitung 4. Gewebsspezifische Genregulation 5. Mutationen und Störungen der Vererbung Quelle: (u.a.) Birbaumer & Schmidt Kap. 23 1. STRUKTUR UND FUNKTION DER DNA • Nochmal zur Erinnerung o DNA in Chromosomen, 46 Stück o Chromosomen als „Koffer“ o Diploider vs haploider Chromosomensatz ; Gonosomen vs Autosomen Abb. B&S 23.4 • Diese Untereinheiten der DNA Nukleotide (Zuckermolekül Phosphatgruppe und Base) • Stickstoffhaltige Base: entweder Purin Adenin, Guanin, ein Pyrimidin Cytosin, Thymin • In der Abfolge dieser Basen ist die genetische Information codiert Tab B&S 23.1 “Bausteine von DNA & RNA” • DNA-Moleküle liegen in Doppelsträngen vor; Basen sind über Wasserstoffbrücken nach fester Regel miteinander verbunden Adenin – Thymin Guanin – Cytosin Komplementäre Basenpaarung • Ferner ist die DNA verdrillt Doppelhelix (pro Wendelgang 10 Basenpaare) 1/8 Biopsychologie – Genetik II • In Genen sind die Baupläne zur Produktion von Proteinen (bzw. Polypeptiden) enthalten • Zweite Grundform von Nukleinsäuren in der Zelle RNA – Ribonukleinsäure o In der Regel einsträngig, Zuckermolekül ist hier die Ribose, enthält die Base Uracil statt Thymin. o Es gibt im wesentlichen 3 Arten von RNA: mRNA, tRNA, rRNA) o Kommt in der Zelle 5-10 mal häufiger vor als DNA, jedoch vor allem im Plasma und nur in geringen Mengen im Zellkern • Proteine / Polypeptide können aus 20 verschiedenen Aminosäuren aufgebaut sein. Jeweils 3 Nukleotide stellen ein „Wort“ da ( Triplet, Codon) und kodieren eine Aminosäure. 64 verschiedene Triplets. 61 kodieren Aminosäuren und 3 dienen als Stoppkodon. Startkodon AUG kodiert zugleich Methionin. Abb. Buselmaier & Tariverdian, 1.13 Abb. B&S 23.5 (ACHTUNG VERALTET!!) • Anzahl der Gene (Stand Mitte 2004): ca. 20.000-25.000 große Überraschung; etwa ein Drittel davon codiert das Gehirn • Definition von „Gen“ „Ein Gen ist ein Abschnitt der DNA-Doppelhelix, der ein spezifisches Polypeptid oder ein spezifisches RNA-Produkt codiert". 2. DIE VERVIELFÄLTIGUNG DER GENETISCHEN INFORMATION 2.1 Replikation innerhalb des Zellzyklus • Die (täglich notwendige) Vermehrung menschlicher Zellen erfolgt durch die Mitose. Von der befruchteten Eizelle bis zum 17 Tode im Schnitt etwa 10 Teilungen. • Vervielfältigung der genetischen Information geschieht zwischen zwei Mitosen in der Intermitose. Nach Abschluss der Replikation liegt jedes Chromosom in 2 Chromatiden vor. • Replikation? Abb. B&S 23.7 • Die Doppelhelix wird in zwei Einzelstränge aufgespalten gemäß der komplementären Basenpaarung lagern sich freie DNA-Nukleotide an und bilden Wasserstoffbrücken. 2/8 Biopsychologie – Genetik II • Einige 1000 Nukleotidpaarungen pro Minute, finden an vielen Stellen der DNA gleichzeitig statt (sog. Replikationsursprünge; im Abstand von ca. 50-300 kb) • Komplette Replikation in ca. 8 Stunden • Replikation unter Kontrolle von DNA-Replikasen • Da immer ein parenteraler Strang erhalten bleibt semikonservative DNA-Replikation 2.2 Entstehung von Keimzellen (Gametogenese) • Auf dem Weg normaler Mitosen würden bei der Befruchtung 2 diploide Chromosomensätze aufeinandertreffen und einen vierfachen Satz bilden. • Dies wird verhindert, indem die Chromosomen auf einen haploiden Satz reduziert werden. • Die Entstehung der Keimzellen in den Ovarien und Testikeln über sogenannte Reifungsteilungen wird als Meiose bezeichnet. • Im Rahmen der Meiose kommt es nicht nur zur Reduktion des Chromosomensatzes sondern auch zu einer Neukombination des Genoms. Zu unterscheiden.... o Interchromosomale Rekombination: Zufällige Verteilung der (kompletten) mütterlichen und väterlichen 6 Chromosomen auf die Gameten; 8,4 x 10 verschiedene Gameten möglich Abb. 2.10 aus Strachan & Read o Intrachromosomale Rekombination: Homologe Chromosomen legen sich während der Meiose aneinander und es kommt zum crossing-over Abb. B&S 23.10 o Brüche erfolgen an ganz bestimmten Stellen, sog. Rekombinationsknoten. o Häufigkeit: mind. 1 crossing-over pro Meiose und pro homologes Chromosomenpaar • Inter- und intrachromosomale Rekombination stellen eine enorme genetische Variationsbreite der Keimzellen bei ein und demselben Individuum sicher • Es kommt auf diese Weise zu einer Neuentwicklung und Neukombination von Eigenschaften und Aussehen, die in dieser Konstellation bei den Eltern nicht vorhanden ist. • Rekombination ist die wichtigste Quelle genetischer Variabilität und damit der Individualität jedes Menschen 3/8 Biopsychologie – Genetik II 3. TRANSKRIPTION UND TRANSLATION • Gene haben eine Doppelfunktion: 1. „Vererbung“ Weitergabe der genetischen Information an die nächste Generation. Steuerung der Zellvermehrung bei der Fortpflanzung und Neubildung von Zellen im erwachsenen Organsimus (s.o.) 2. Permanente Kontrolle aller Lebensvorgänge der Zelle in Form (chemischer) Steuerung über Synthese von Polypeptiden / Eiweißen Genexpression. 3.1 RNA-Transkription • Findet im Zellkern statt (auch in Mitochondrien) Abb. 1.11 aus Strachan & Read • Unter enzymatischer Steuerung (versch. RNA-Polymerasen) wird das entsprechende Teilstück der DNA entspiralisiert und aufgespalten. • Ein weiteres Enzym „erkennt“ die Stelle auf dem Einzelstrang, an der die Codierung für das Polypeptid beginnt und heftet sich dort an (stimmt nicht ganz! s.u.) • Von Startpunkt an lagern sich RNA-Moleküle entsprechend der komplementären Basenpaarung an den Einzelstrang an (Uracil statt Thymin) und bilden die messenger-RNA. • Unterscheidung von Matrizenstrang / Gegensinnstrang und Sinnstrang. • Nur ca 1.2% der gesamten DNA sind kodierende Exons, 0.7% sind untranslatierte Transkripte 3.2 Struktur und Regulationselemente von Genen Abb. 1.14 (Strachan & Read), oberer Teil • Exons: Abschnitte die translatiert werden (Ausnahmen möglich!); Introns: Abschnitte, die nicht in Aminosäuren übersetzt werden) • Die Größe von Genen, sowie die Anzahl der Exons variiert stark. Abb. 2.27 aus Körner & Witkowski • Bspl. ß-Globulingen (2053 Nukleotide; nur 438 codierend, 3 Exons Produkt ist 146 Aminosäuren lang) • Gengröße bis zu 2400 kb (2.400.000 Basenpaare) Dystrophin-Gen; Transkription dauert ca. 16 Stunden; 4/8 Biopsychologie – Genetik II • Wichtige Regulationselemente: o Promotor: Erkennungssequenz für RNA-Polymerasen in der Nachbarschaft des Gens; o Transkriptionsfaktoren heften sich an den Promotor; notwendiger Wegweiser für die RNA-Polymerase. o Reponse-Elemente: Liegen meist nur etwas stromaufwärts vom Promotor; kommen nur bei bestimmten Genen vor, z.B. bei Genen, die auf Hormone als TF’s reagieren. Bei Aktivierung starke GenExpression. o Enhancer: Positive Kontrollelemente; kurze Sequenzen, die z.T. weit entfernt liegen von der codierenden Sequenz des Gens. Verstärken die Transkription. o Silencer: Negative Kontrollelemente, schwächen oder blockieren die Transkription; oft in Nähe des Promotors aber scheinbar auch in ersten Introns (!!!). 3.3 Weiterverarbeitung der RNA nach der Transkription Abb. 1.14 (komplett) Strachan & Read • Spleißen: Das Primärtranskript enthält noch die Sequenzen der Introns • Diese werden über mehrere Schritte herausgeschnitten und die Exon-Sequenzen werden an ihren Enden miteinander verbunden. • Bei der Erkennung der Exon-Intron-Grenzen (Spleißstelle) ist u.a. von Bedeutung, dass Introns praktisch immer mit GT beginnen und mit AG enden. 3.4 Translation und posttranslationale Weiterverarbeitung • Nach den posttranskriptionellen Veränderungen wandert die mRNA aus dem Zellkern ins Cytoplasma. Abb. „Schema der Translation“ • Dort heften sich Ribosomen an die mRNA. • In einem Teilbereich der Ribosomen geschieht die eigentliche Biosynthese eines Polypeptids. • Die Bausteine für die Synthese werden durch die tRNA (Transport- oder Transfer-RNA) herbeigeschafft. tRNA sind kurze, einsträngige RNA-Moleküle mit kleeblattartiger Struktur mit Basentriplett, das komplementär zu einem Codon der mRNA ist (Anticodon). Angeheftet ist auch die entsprechende Aminosäure. 5/8 Biopsychologie – Genetik II • Meist ist das erste AUG-Codon, auf das das Ribosom trifft, das Startcodon; Translation bis zum Stopcodon (UAA, UAG, UGA) Abb. 1.19 Strachan & Read • Auch nach der Translation erfolgt oft noch eine Weiterverarbeitung des Genproduktes. Diese kann u.a. im Anhängen weiterer Moleküle bestehen (z.B. Zucker-, oder Phosphor-) oder in einer Abspaltung eines Teils des Polypeptids. 4. GEWEBSSPEZIFISCHE GENREGULATION • Zentrale Frage: o Wie kann es sein, dass Zellen komplett unterschiedlich aussehen und komplett unterschiedliche Dinge tun, obwohl sie alle über die gleiche genetische Ausstattung verfügen? • Diese Genregulation, also die Steuerung welches Genprodukt wann und in welcher Menge synthetisiert wird geschieht durch viele Mechanismen auf allen Zwischenstufen der Genexpression • Kann hier nur angerissen werden (!!!). • Auf der Ebene der Transkription: o Für die meisten Gene der wichtigste Steuermechanismus o Geschieht vor allem über verschiedene Enhancer, Silencer und das Vorhandensein bzw. die Abwesenheit von Transkriptionsfaktoren. o Bspl.: Der Glucocorticoid-Rezeptor als Ligandenabhängiger Transkriptionsfaktor Abb. 2.44 aus Körner & Witkowski o Anderer Mechanismus auf der Ebene der Transkription: Eine Reihe von Genen hat mehrere Promotoren. Dies führt trotz gleichem Gen zu sehr unterschiedlichen Produkten. • Posttranskriptionale Genregulation: o Beispiel: alternatives Spleißen. o Viele Gene nutzen gewebespezifisch unterschiedliche alternative Spleißstellen, an denen die mRNA geschnitten wird. Dadurch kommt es in Abhängigkeit vom Zielgewebe zu unterschiedlichen Produkten 6/8 Biopsychologie – Genetik II Abb. (Alternatives) Spleißen Abb. GR-Gen aus Bamberger-Artikel MUTATIONEN UND STÖRUNGEN DER VERERBUNG 5. „Fehler“ bei der Replikation, Mitose oder Meiose, die eine weitere Qelle genetischer Variabilität darstellen. Mutationen liefern Mutanten, d.h. neue Erbmerkmale. • Können in jeder Zelle auftreten, besitzen eine über das Individuum hinausgehende Bedeutung jedoch nur, wenn sie in Gameten auftreten. • Mutationen sind häufig neutral, haben nicht selten negative und nur selten positive Effekte. • Arten von Mutationen... Tab 23.2 aus B&S • Andere genetische Veränderung, die auch als Mutation verstanden werden kann Erweiterte Triplettwiederholungen: o An sehr vielen Orten des Genoms finden sich kurze oft wiederholte Sequenzen. o Deutliche Abweichungen von der normalen Wiederholungsanzahl sind nicht selten mit schweren Erkrankungen verbunden. Bspl Huntington: > 40 statt 1134 Kopien einer bestimmten Sequenz auf Chromosom 4 Abb 3.5 aus Plomin o Anderes Beispiel: Fragile-X-Syndrom Instabiles, dysfunktionales X-Chromosom durch zu viele Wiederholungen • Mutationen sind i. allg. spontan, richtungslos und selten. • Haben Mutationen eine Prävalenz von über 5-10% und sind sie nicht offensichtlich pathogen werden sie als Polymorphismus bezeichnet. Gendefekte: • Bsple für die Entstehung von Krankheiten nach Gendefekten: • Autosomal-dominant: Morbus Huntington (”Veitstanz”). • Autosomal-rezessiv: Phenylketonurie. • X-Chromosomal-rezessiv (Betreffen fast nur Männer): Bluterkrankheit (Störung der Blutgerinnung). Ist kein ”völlig” XChromosomal-rezessiver Erbgang. 7/8 Biopsychologie – Genetik II Chromosomenaberrationen • Entstehen durch Chromosomenmutationen bei Meiose und führen meist zu Tod des Fetus. Kommen bei etwa 0,5% der Lebendgeburten und etwa 5% aller Befruchtungen vor. • Risiko steigt mit dem Lebensalter der Eltern und sie führen meist zu schweren geistigen Störungen • Bekannteste Chromosomenaberration: Trisomie 21 / Down-Syndrom / Mongolismus. Prävalenzrate von etwa 1,5 %. IQ zwischen 20 bis 90. Viele Charakteristische morphologische Merkmale. 8/8