1 Metrische Räume

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1
Metrische Räume
Definition 1.1. Sei X 6= ∅. Eine Abbildung d : X × X → R heißt Metrik, falls für alle x, y, z ∈ X gilt
(i) d(x, y) ≥ 0,
(ii) d(x, y) = d(y, x),
(iii) d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) (Dreiecksungleichung),
(iv) d(x, y) = 0 ⇔ x = y.
Beispiel 1.2. Für eine Menge M und eine Funktion f : M → C sei
kf kM = sup |f (x)| (= ∞, falls f unbeschränkt ist).
x∈M
Beispiele metrischer Räume sind:
(a) X = Rn (bzw. Cn ) mit
d1 (x, y) =
n
X
|xi − yi |, d2 (x, y) =
i=1
n
X
! 21
2
|xi − yi |
, d∞ (x, y) = max |xi − yi |.
i=1
i=1,...,n
(b) `∞ (M ) = {f ; f : M → C beschränkt} mit
d∞ (f, g) = kf − gkM .
Für M = N schreibe l∞ (N) = {(xn )n∈N ; xn ∈ C für alle n und k(xn )k∞ = supn∈N |xn | < ∞}.
(c) X = O(U ) = {f ; f : U → C holomorph} über einer offenen Menge U ⊂ C. Zur Definition der Metrik
S∞
schreibe U = j=1 Kj als Vereinigung von kompakten Mengen Kj so, dass Kj ⊂ Int(Kj+1 ) für alle
j ≥ 1 gilt. Eine solche Folge (Kj )j≥1 nennt man eine kompakte Ausschöpfung von U . Dann definiert
d(f, g) =
∞
X
1 kf − gkKj
.
j 1 + kf − gk
2
Kj
j=1
eine Metrik auf O(U ). Zum Beweis der Dreiecksungleichung beachte, dass f : (0, ∞) → R, f (x) =
monoton wächst und dass daher für alle α, β, γ ≥ 0 mit α ≤ β + γ gilt:
α
β+γ
β
γ
≤
≤
+
.
1+α
1+β+γ
1+β
1+γ
(d) X = C n [a, b] = {f ; f : [a, b] → C n-mal stetig differenzierbar} mit
d(f, g) = max kf (i) − g (i) k[a,b]
i=0,...,n
über Intervallen [a,b] ⊂ R.
1
x
1+x
(e) `p = {(xn )n≥0 ; (xn )n Folge in C mit
P∞
n=0
|xn |p < ∞} (1 ≤ p < ∞) mit
∞
X
d(x, y) =
! p1
|xn − yn |p
.
n=0
Für x = (xn )n∈N ∈ `p schreiben wir kxkp = (
P∞
n=0
|xn |p )1/p . Zum Beweis der Dreiecksungleichung
und Wohldefiniertheit dürfen wir annehmen, dass p > 1 ist.
Wähle q > 1 mit
1
p
+
1
q
= 1. Dann folgt nacheinander:
(i) Wegen der Konvexität der Exponentialfunktion gilt für alle a, b > 0
1
bq
1
ap
ab = exp
log(ap ) + log(bq ) ≤
+ .
p
q
p
q
(ii) Für x = (xn )n ∈ `p , und y = (yn )n ∈ `q gilt die Höldersche Ungleichung
∞
X
|xn yn | ≤ kxkp kykq .
n=0
Zum Beweis beachte man, dass für kxkp 6= 0 6= kykq gilt
1 |yn |q
|xn | |yn | (i) 1 |xn |p
.
≤
p +
kykp kykq
p kxkp
q kykqq
(iii) Für x, y ∈ `p (1 ≤ p ≤ ∞) gilt die Minkowskische Ungleichung
kx + ykp ≤ kxkp + kykp .
Die Ungleichung gilt offensichtlich für p = 1 und p = ∞. Sei also 1 < p < ∞.
(1) Dann ist x + y = (xn + yn )n ∈ `p , denn für alle n ∈ N ist
|xn + yn |p ≤ (|xn | + |yn |)p ≤ 2p max(|xn |p , |yn |p ) ≤ 2p (|xn |p + |yn |p ).
(2) Für q wie oben gilt
p
q
= p(1 − p1 ) = p − 1. Also folgt für n ∈ N
p
p
|xn + yn |p ≤ |xn | |xn + yn | q +|yn | |xn + yn | q .
|{z} | {z }
∈`p
∈`q
Durch Aufsummieren und Anwendung der Hölderschen Ungleichung erhält man
∞
X
p
(ii)
|xn + yn | ≤ (kxkp + kykp )
n=0
! q1
p
|xn + yn |
n=0
und damit
kx + ykp =
∞
X
∞
X
!1− q1
p
|xn + yn |
≤ kxkp + kykp .
n=0
(iv) Aus (iii) folgt direkt die Dreiecksungleichung
(iii)
d(x, z) = kx − zkp ≤ kx − ykp + ky − zkp = d(x, y) + d(y, z).
2
(f) Sei (X, M, µ) ein Maßraum und E ein Banachraum über K = R oder K = C. Eine Funktion f : X →
E heißt µ-messbar, wenn es eine µ-Nullmenge N ∈ M und eine Folge (fk )k∈N von Treppenfunktionen
fk ∈ St(µ, E) gibt mit f (x) = limk→∞ fk (x) für alle x ∈ X \ N . Für 1 ≤ p < ∞ ist
Lp (µ, E) = {f ; f : X → E µ-meßbar und kf kp ist µ-integrabel}
ein K-Vektorraum und
Z
kf kp =
p1
kf k dµ
p
X
definiert eine Halbnorm auf Lp (µ, E). Insbesondere ist
Np = {f ∈ Lp (µ, E); kf kp = 0} = {f ∈ Lp (µ, E); f = 0 µ-fast überall} ⊂ Lp (µ, E)
ein Teilraum, und der Quotientenraum
Lp (µ, E) = Lp (µ, E)/Np
ist ein normierter Raum bezüglich der Norm kf + Np kp = kf kp . Durch
d(f + Np , g + Np ) = kf − gkp
wird eine Metrik auf Lp (µ, E) definiert. Für p = ∞ definiert man entsprechend
L∞ (µ, E)
=
{f ; f : X → E µ-meßbar und ∃N ∈ M µ-Nullmenge mit kf kX\N < ∞},
kf kL∞ (µ,E)
=
inf{kf kX\N ; N ∈ M mit µ(N ) = 0},
N∞
=
{f ∈ L∞ (µ, E); kf kL∞ (µ,E) = 0}.
Dann ist L∞ (µ, E) = L∞ (µ, E)/N∞ ein normierter Raum bezüglich der Norm kf + N∞ k∞ =
kf kL∞ (µ,E) .
(g) Auf einer beliebigen Menge X definiert

 0, x = y
d(x, y) =
 1, x =
6 y
die so genannte diskrete Metrik.
Sei (X, d) im Folgenden ein metrischer Raum.
Definition 1.3. Seien a ∈ X, U ⊂ X, F ⊂ X gegeben.
(a) Für r > 0 heißt
Br (a) = {x ∈ X; d(x, a) < r} (bzw. B r (a) = {x ∈ X; d(x, a) ≤ r})
die offene (bzw. abgeschlossene) r-Kugel um a.
3
(b) Die Menge U ⊂ X heißt offen, wenn für alle x ∈ U ein > 0 extiert mit B (x) ⊂ U . Man nennt
F ⊂ X abgeschlossen, wenn X \ F offen ist.
(c) U heißt Umgebung von a, wenn es eine offene Menge V ⊂ X gibt mit a ∈ V ⊂ U . Wir schreiben
U(a) = {V ; V ⊂ X ist Umgebung von a}.
Beispiele 1.4. (a) Offene Kugeln sind offen (abgeschlossene Kugeln abgeschlossen). Dies folgt sehr einfach mit der Dreiecksungleichung.
(b) Das offene Intervall (0, 1) ist offen in R, aber nicht in C. Das halboffene Intervall [0, 1) ⊂ R ist weder
offen noch abgeschlossen.
(c) Jede Menge U ⊂ X ist offen bezüglich der diskreten Metrik (vergleiche Beispiel 1.2 (g)).
Lemma 1.5. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann gilt:
(i) Die leere Menge ∅ und X sind offen.
(ii) Sind U1 , . . . , Un ⊂ X offen, so ist auch U1 ∩ . . . ∩ Un ⊂ X offen.
(iii) Ist (Ui )i∈I eine beliebige Familie offener Mengen in X, so ist auch die Vereinigung
S
i∈I
Ui ⊂ X
offen.
Beweis. Übungsaufgabe.
Einfache Beispiele zeigen, dass Durchschnitte unendlich vieler offener Mengen im Allgemeinen nicht offen
sind. Etwa gilt
∞ \
1 1
= {0}.
− ,
n n
n=1
Definition 1.6. Für eine Teilmenge A ⊂ X definiert man das Innere von A
◦
Int (A) =A = {x ∈ A; ∃ U ∈ U(x) mit U ⊂ A},
den Abschluss von A
A = {x ∈ X;
∀U ∈ U(x) ist U ∩ A 6= ∅}
und den Rand von A
∂A = {x ∈ X;
∀U ∈ U(x) ist U ∩ A 6= ∅ 6= U ∩ Ac } = A \ Int(A) .
Lemma 1.7. Es gilt:
(i) Int(A) =
S
(U ; U ⊂ X offen mit U ⊂ A) ist die größte offene Menge in X, die in A enthalten ist.
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(ii) A =
T
(F ; F ⊂ X abgeschlossen mit F ⊃ A) ist kleinste abgeschlossene Menge in X, die A enthält.
◦
(iii) ∂A ⊂ X ist abgeschlossen, und es gilt A = A ∪ ∂A, A= A \ ∂A.
(iv) A ∪ B = A∪B und Int(A∩B) = Int(A)∩Int(B). Vertauscht man hier Vereinigung und Durchschnitt,
so werden beide Aussagen falsch.
(v) Eine Menge A ⊂ X ist abgeschlossen genau dann, wenn A = A ist. Eine Menge A ⊂ X ist offen
genau dann, wenn A = Int(A) gilt.
Beweis. Übungsaufgabe.
Definition 1.8. Sei (X, d) ein metrischer Raum.
(a) Eine Folge (xn )n∈N in X heißt Cauchy-Folge, wenn für jedes > 0 ein n0 = n0 () ∈ N exisitert mit
d(xp , xq ) < für alle p, q ≥ n0 .
Man nennt eine Folge (xn )n in X konvergent gegen x (geschrieben x = limk→∞ xk ), wenn für jedes
> 0 ein n0 = n0 () ∈ N existiert mit d(x, , xn ) < für alle n ≥ n0 .
(b) (X, d) heißt vollständig, falls jede Cauchy-Folge in X konvergiert.
Bemerkung (a) Konvergente Folgen sind immer Cauchy-Folgen. Die Umkehrung ist falsch. Wählt man
etwa eine Folge (xn )n in Q mit limn→∞ xn ∈ R \ Q, so ist (xn )n∈N Cauchy Folge in (Q, d(x, y) = |x − y|),
aber nicht konvergent.
(b) Ist (X, d) ein metrischer Raum und A ⊂ X, so ist A = {x ∈ X; ∃(xn )n Folge in A mit limk→∞ xk = x}.
Beweis. Wir begründen nur Teil (b). Ist x ∈ A, so gibt es für alle n ∈ N∗ ein xn ∈ A∩B n1 (x). Offensichtlich
ist dann (xn )n∈N eine Folge in A mit limn→∞ xn = x. Sei umgekehrt (xn )n∈N eine Folge in A mit
limn→∞ xn = x. Ist U ∈ U(x) eine Umgebung von x, so gibt es ein > 0 mit B (x) ⊂ U und dazu ein
n0 ∈ N mit d(xn , x) < für alle n ≥ n0 . Also ist xn ∈ U ∩ A für alle n ≥ n0 .
Beispiele 1.9. (a) Da R vollständig ist, sind auch Rn und Cn versehen mit den Metriken d1 , d2 , d∞
vollständig. Zum Beweis beachte man, dass eine Folge in Rn bzw. Cn genau dann konvergent (Cauchy)
bezüglich d1 , d2 oder d∞ ist, wenn alle Koordinatenfolgen konvergent (Cauchy) in R bzw. C sind.
(b) (`∞ (M ), d∞ ) ist vollständig.
Beweis. Sei (fk )k eine Cauchy-Folge in (`∞ (M ), d∞ ). Dann ist (fk (x))k eine Cauchy-Folge in C für
alle x ∈ M . Also existiert der Limes f (x) = limk→∞ fk (x) in für alle x ∈ M .
Sei > 0. Dann gibt es ein n0 ∈ N mit |fp (x) − fq (x)| ≤ d∞ (fp , fq ) < für alle p, q ≥ n0 und alle
x ∈ M . Da für alle x ∈ M und p ≥ n0 folgt, dass |fp (x) − f (x)| = limq→∞ |fp (x) − fq (x)| ≤ ist, ist
f beschränkt und d∞ (fp , f ) ≤ für alle p ≥ n0 .
5
(c) O(U ) mit d(f, g) =
1 kf −gkKj
j=1 2j 1+kf −gkKj
P∞
ist vollständig. Wir beweisen die Vollständigkeit in mehreren
Schritten.
Schritt 1: Sei (fn )n eine Folge in O(U ). Dann ist (fn )n Cauchy-Folge in (O(U ), d) genau dann, wenn
für jede kompakte Menge K ⊂ U und jedes > 0 ein n0 = n0 (K, ) ∈ N existiert mit kfp − fq kK < für alle p, q ≥ n0 .
Beweis. Sei (fn )n∈N eine Cauchy-Folge in (O(U ), d). Seien K ⊂ U kompakt und > 0. Dann gibt es
SN ◦
ein N ∈ N mit K ⊂ j=0 K j ⊂ KN und dazu ein n0 = n0 (N, ) ∈ N so, dass für alle p, q ≥ n0 gilt
1
kfp − fq kKN
1
≤ d(fp , fq ) < N
.
N
2 1 + kfp − fq kKN
2 1+
Dann folgt für alle p, q ≥ n0
kfp − fq kK ≤ kfp − fq kKN < .
Sei umgekehrt (fn )n∈N gleichmäßig Cauchy auf jeder kompakten Menge K ⊂ U und sei > 0. Dann
P∞
gibt es ein N ∈ N mit j=N +1 21j < /2 und dazu ein n0 = n0 (, N ) ∈ N mit kfp − fq kKN < /2 für
alle p, q ≥ n0 . Dann folgt für alle p, q ≥ n0
d(fp , fq ) =
N
∞
X
X
kfp − fq kKj
1
kfp − fq kKi
1
< .
+
j
j
2 1 + kfp − fq kKj
2 1 + kfp − fq kKj
j=1
j=N
+1
{z
}
|
|
{z
}
</2
≤1
Schritt 2: Eine Folge (fn ) konvergiert genau dann gegen f in (O(U ), d), wenn (fn ) kompakt gleichmäßig auf U gegen f konvergiert.
Beweis. Genauso wie für Schritt 1.
Schritt 3: (O(U ), d) ist vollständig.
Beweis. Sei (fn )n∈N eine Cauchy-Folge in (O(U ), d). Dann existiert f (z) = limn→∞ fn (z) ∈ C für
alle z ∈ U . Seien K ⊂ U kompakt und > 0. Nach Schritt 1 existiert ein n0 ∈ N mit kfp − fq kK < für alle p, q ≥ n0 . Dann ist |fp (z) − f (z)| = limq→∞ |fp (z) − fq (z)| ≤ für alle p ≥ n0 und alle z ∈ K.
n
Also konvergiert fn −→ f kompakt gleichmäßig auf U . Nach dem Satz von Weierstraß ist f ∈ O(U )
n
und nach Schritt 2 konvergiert fn −→ f in (O(U ), d).
(d) C n [a, b] versehen mit der Metrik d(f, g) = maxj=0,...,n kf (j) − g (j) k[a,b] ist vollständig.
(j)
Beweis. Sei (fk )k∈N eine Cauchy-Folge in C n [a, b]. Dann ist (fk )k∈N eine Cauchy-Folge in `∞ ([a, b])
(j)
für j = 0, . . . , n. Also existiert der Grenzwert gj = limk→∞ fk in `∞ ([a, b]) für jedes j = 0, . . . , n und
ist stetig als gleichmäßiger Limes einer Folge stetiger Funktionen. Setze g = g0 . Da (fk ) gleichmäßig
(1)
gegen g und (fk ) gleichmäßig gegen g1 auf [a,b] konvergiert, ist g differenzierbar mit g 0 = g1 .
6
Falls n ≥ 2, ist, erhält man durch Wiederholen dieses Argumentes, dass g 0 = g1 differenzierbar ist
mit g (2) = g10 = g2 . Induktiv folgt, dass g = g0 ∈ C n [a, b] ist und dass g (j) = gj ist für j = 0, . . . , n.
k
Also konvergiert fk −→ g in C n [a, b].
(e) `p (1 ≤ p < ∞) versehen mit der Metrik d(x, y) = (
∞
P
|xn − yn |p )1/p ist vollständig.
n=0
(k)
Beweis. Sei (x(k) )k∈N Cauchy-Folge in `p . Schreibe x
(k)
= (xn )n∈N . Dann existiert für alle n ∈ N
(k)
der Grenzwert xn = limk→∞ xn ∈ C. Sei > 0 beliebig. Dann gibt es ein n0 ∈ N so, dass für alle
k, ` ≥ n0 und N ∈ N gilt
N
X
(`) p
(k)
|x(k)
, x(`) )p < p .
n − xn | ≤ d(x
n=0
Durch Grenzübergang ` → ∞ erhält man, dass für alle k ≥ n0 und N ∈ N die Abschätzung
PN
P∞
(k)
(k)
p
p
p
p
p
n=0 |xn − xn | ≤ gilt. Also gilt auch
n=0 |xn − xn | ≤ für alle k ≥ n0 . Da ` ein
Vektorraum ist, folgt dass x = (xn )n∈N ∈ `p ist und dass d(x(k) , x) ≤ gilt für alle k ≥ n0 .
(f) Lp (µ, E) versehen mit der Metrik d(f + Np , g + Np ) = kf − gkp (1 ≤ p ≤ ∞) ist vollständig.
Beweis. Cohn, Measure Theory, Theorem 3.4.1.
(g) Jede Menge X versehen mit der diskreten Metrik ist vollständig.
Bemerkung 1.10. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann gilt für alle x, y, x̃, ỹ ∈ X:
|d(x, y) − d(x̃, ỹ)| ≤ d(x, x̃) + d(y, ỹ).
Zum Beweis beachte man, dass d(x, y) ≤ d(x, x̃) + d(x̃, ỹ) + d(ỹ, y) gilt und dass diese Abschätzung
richtig bleibt, wenn man die Rollen von x, y und x̃, ỹ vertauscht.
Satz 1.11. (Vervollständigung) Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann gibt es einen vollständigen me˜ so, dass
trischen Raum (X̃, d)
(i)
X ⊂ X̃ ist,
d˜ eine Fortsetzung von d ist und
˜
(X̃,d)
= X̃ .
(iii) X ⊂ X̃ dicht ist das heißt mit X
(ii)
Beweis. Wir definieren
X̃ = {(xk )k∈N ; (xk ) Cauchy-Folge in (X, d)}/ ∼
als Menge der Äquivalenzklassen bezüglich der Äquivalenzrelation
(xk )k ∼ (yk )k ⇔ lim d(xk , yk ) = 0
k→∞
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und schreiben [(xk )] für die Äquivalenzklasse der Cauchy-Folge (xk )k . Die Abbildung
d˜ : X̃ × X̃ → R, d˜([(xk )], [(yk )]) = lim d(xk , yk )
k→∞
ist wohldefiniert. Denn als Anwendung von Bemerkung 1.10 erhält man, dass
(i) |d(xp , yp ) − d(xq , yq )| ≤ d(xp , xq ) + d(yp , yq ) < ist für p, q groß genug,
k
(ii) für (xk ) ∼ (x0k ), (yk ) ∼ (yk0 ) gilt |d(xk , yk ) − d(x0k , yk0 )| ≤ d(xk , x0k ) + d(yk , yk0 ) −→ 0.
Offensichtlich definiert d˜ eine Metrik auf X̃. Die Abbildung
j : X −→ X̃, j(x) = [(x)]
((x) = (xk ) mit xk = x für alle k)
ist isometrisch das heißt es gilt d˜(j(x), j(y)) = d(x, y) für alle x, y ∈ X und hat dichtes Bild. Denn ist
n
˜ j(xn )) = limk→∞ d(xk , xn ) −→
ξ = [(xk )] ∈ X̃ beliebig, so folgt d(ξ,
0 wegen der Cauchy-Bedingung für
(xk )k∈N .
˜ Dann gibt es für alle k ∈ N ein xk ∈ X mit d(ξ
˜ (k) , j(xk )) <
Sei (ξ (k) )k∈N eine Cauchy-Folge in (X̃, d).
1
k+1 .
Hieraus folgt, dass (xk )k∈N eine Cauchy-Folge in (X, d), ist, denn es gilt
(k)
˜
˜
˜ (k) , ξ (l) ) + d(ξ
˜ (l) , j(xl ))
d(xk , xl ) = d(j(x
) + d(ξ
k ), j(xl )) ≤ d(j(xk ), ξ
<
1
˜ (k) , ξ (l) ) + 1 < + d(ξ
k+1
l+1
für k, l groß genug. Außerdem ist limk→∞ ξ (k) = [(xk )] (=: ξ), denn
k
˜ (k) , ξ) ≤ d(ξ
˜ (k) , j(xk )) + d(j(x
˜
d(ξ
k ), ξ) −→ 0.
Da j isometrisch ist, kann man X mit seinem Bild j(X) ⊂ X̃ unter j identifizieren.
Definition 1.12. Seien (X, dX ), (Y, dY ) metrische Räume und f : X → Y eine Abbildung.
(a) Man nennt f stetig in x ∈ X, falls für alle > 0 ein δ > 0 existiert mit f (Bδ (x)) ⊂ B (f (x)). Die
Abbildung f heißt stetig, wenn sie in jedem Punkt x ∈ X stetig ist.
(b) Definitionsgemäß ist f gleichmäßig stetig, wenn für alle δ > 0 ein > 0 exisitiert so, dass
dY (f (x), f (y)) < für alle x, y ∈ X mit dX (x, y) < δ.
Offensichtlich ist f genau dann stetig in x ∈ X, wenn für jede Umgebung V von f (x) eine Umgebung U
von x existiert mit f (U ) ⊂ V .
Satz 1.13. Seien (X, dX ), (Y, dY ) metrische Räume. Für f : X → Y sind äquivalent:
(i) f ist stetig,
(ii) f −1 (V ) ⊂ X ist offen für jede offene Menge V ⊂ Y ,
8
(iii) f −1 (F ) ⊂ X ist abgeschlossen für jede abgeschlossene Menge F ⊂ Y ,
n
n
(iv) aus xn −→ x in X folgt f (xn ) −→ f (x) in Y .
Beweis.
(i) ⇒ (ii). Sei f stetig und seien V ⊂ Y offen und a ∈ f −1 (V ). Dann gibt es ein > 0 mit B (f (a)) ⊂ V
und dazu ein δ > 0 mit Bδ (a) ⊂ f −1 (B (f (a))) ⊂ f −1 (V ).
(ii) ⇒ (iii). Für F ⊂ Y gilt X \ f −1 (F ) = f −1 (Y \ F ).
n
(iii) ⇒ (iv). Es gelte (iii). Gilt (xn ) −→ x in X und ist > 0, so gibt es ein δ > 0 mit Bδ (x) ⊂
f −1 (B (f (x))) und dazu ein n0 ∈ N mit xn ∈ Bδ (x) für alle n ≥ n0 . Folglich ist f (xn ) ∈ B (f (x)) für
alle n ≥ n0 .
(iv) ⇒ (i): Es gelte (iv). Seien x ∈ X und > 0. Wir nehmen an, dass kein δ > 0 mit f (Bδ (x)) ⊂ B (f (x))
existiert. Dann gibt es für alle k ≥ 1 ein xk ∈ B k1 (x) mit d(f (xk ), f (x)) ≥ . Folglich würde (xk ) gegen
x konvergieren, aber (f (xk )) würde nicht gegen f (x) konvergieren. Dieser Widerspruch beendet den
Beweis.
Definition 1.14. Sei X ein metrischer Raum. Eine Menge K ⊂ X heißt kompakt, falls für jede offene
Überdeckung (Ui )i∈I von K endlich viele i1 , . . . , ir ∈ I existieren mit K ⊂ Ui1 ∪ . . . ∪ Uir .
Satz 1.15. Seien X, Y metrische Räume und K ⊂ X kompakt. Dann ist jede stetige Abbildung f : K → Y
gleichmäßig stetig.
Beweis. Sei > 0. Dann gibt es zu jedem x ∈ K ein δx > 0 mit
f (Bδx (x) ∩ K) ⊂ B/2 (f (x)).
Da K kompakt ist, existieren x1 , . . . , xr ∈ K mit K ⊂
Sr
i=1
Bδxi /2 (xi ). Setze δ = mini=1,...,r δxi /2. Seien
x, x0 ∈ K mit d(x, x0 ) < δ. Dann ist x ∈ Bδxi /2 (xi ) für ein i = 1, . . . , r und mit der Dreiecksungleichung
folgt x, x0 ∈ Bδxi (xi ). Nach Konstruktion gilt
d(f (x), f (x0 )) ≤ d(f (x), f (xi )) + d(f (xi ), f (x0 )) < .
Also ist f gleichmäßig stetig.
Satz 1.16. Seien X, Y metrische Räume. Sei X0 ⊂ X dicht und sei Y vollständig. Dann hat jede gleichmäßig stetige Abbildung f : X0 → Y eine eindeutig bestimmte Fortsetzung zu einer stetigen Abbildung
F : X → Y . Diese Fortsetzung F ist wieder gleichmäßig stetig.
Beweis. Sei f : X0 → Y gleichmäßig stetig.
(i) Ist (xk )k∈N eine Cauchy-Folge in X0 , so ist (f (xk ))k∈N eine Cauchy-Folge in Y . Denn ist > 0 und
dazu δ > 0 wie in Definition 1.11 (b) gewählt, so gibt es ein n0 ∈ N mit d(xp , xq ) < δ für alle p, q ≥ n0 .
9
Folglich ist d(f (xp ), f (xq )) < für alle p, q ≥ n0 .
(ii) Wenn es eine stetige Fortsetzung F : X → Y von f gibt, dann ist notwendigerweise F (x) =
limk→∞ f (xk ) für jede Folge (xk )k∈N in X0 mit limk→∞ xk = x. Umgekehrt kann man so eine
wohldefinierte Abbildung F definieren. Wegen (i) und der Vollständigkeit von Y existiert der Limes
limk→∞ f (xk ). Sind (xk )k∈N , (x̃k )k∈N Folgen in X0 mit limk→∞ xk = x = limk→∞ x̃k , so folgt aus
k
d(xk , x̃k ) ≤ d(xk , x) + d(x, x̃k ) −→ 0 mit der gleichmäßigen Stetigkeit von f und mit Bemerkung 1.10,
dass d (limk→∞ f (xk ), limk→∞ f (x̃k )) = limk→∞ d(f (xk ), f (x̃k )) = 0 ist.
(iii) Offensichtlich gilt f = F |X0 .
(iv) Die Abbildung F ist gleichmäßig stetig. Denn zu > 0 gibt es ein δ > 0 mit d(f (x), f (y)) < für
alle x, y ∈ X0 mit d(x, y) < δ. Seien x, y ∈ X mit d(x, y) < δ und dazu Folgen (xk )k∈N , (yk )k∈N in X0
gewählt mit
x = lim xk , y = lim yk .
k→∞
k→∞
Wegen d(x, y) = limk→∞ d(xk , yk ) existiert ein k0 ∈ N mit d(xk , yk ) < δ für alle k ≥ k0 . Folglich ist
d(F (x), F (y)) = limk→∞ d(f (xk ), f (yk )) ≤ .
Satz 1.17. (Banachscher Fixpunktsatz)
Seien (X, d) ein vollständiger metrischer Raum, α ∈ (0,1) und T : X → X eine Abbildung mit
d(T x, T y) ≤ α d(x, y) für alle x, y ∈ X.
Dann gilt
(i) Es gibt genau ein a ∈ X mit T a = a.
(ii) Für jedes x ∈ X konvergiert die Folge
x0 = x, xn+1 = T xn (n ≥ 0)
gegen a und es ist d(a, xn ) ≤
αn
1−α
d(x1 , x0 ) für alle n ≥ 0.
Beweis. Sei x ∈ X beliebig und sei (xk )k≥0 wie in (ii) definiert. Dann gilt für alle k ≥ 0
d(xk+1 , xk ) = d(T xk , T xk−1 ) ≤ αd(xk , xk−1 ) ≤ . . . ≤ αk d(x1 , x0 ).
Für q ≥ p folgt mit der Dreiecksungleichung
d(xq , xp ) ≤
q−1
X

d(xk+1 , xk ) ≤ 
k=p
q−1
X

αk  d(x1 , x0 ) ≤
k=p
αp
p
d(x1 , x0 ) −→ 0.
1−α
Da X vollständig ist, existiert der Grenzwert a = limk→∞ xk und nach Bemerkung 1.10 ist d(a, xp ) =
limq→∞ d(xq , xp ) ≤
αp
1−α d(x1 , x0 ).
Da T stetig ist, gilt
T a = lim T xk = lim xk+1 = a.
k→∞
k→∞
10
Ist auch a0 ∈ X mit T a0 = a0 , so folgt
d(a, a0 ) = d(T a, T a0 ) ≤ αd(a, a0 ) ⇒ d(a, a0 ) = 0. Also ist a = a0 .
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