Verabschiedung Frau ELKE Sehr geehrte Frau Professorin Elke, sehr geehrte Familienangehörige, sehr geehrte Ehrengäste, arbeitende Gäste und normale Gäste, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde mich der Verhaltenssteuerung durch die vorgegebene Tagesordnung natürlich nicht gänzlich entziehen können, werde mich aber in meinen Beitrag ein wenig davon lösen und habe die Veranstaltung für mich mal nach eigenen Vorstellungen wie folgt unterteilt: Der Anlass: Ein Abschied Der Inhalt: Eine Suche Das Motto: Per Anhalter durch die Galaxis? Um mit letzterem zu beginnen: Auf der Suche nach einer Verknüpfung des Inhalts der Veranstaltung mit deren Motto bin ich auf eine, wie ich finde, interessante Zahlenkoinzidenz gestoßen. Nach durchaus seriösen Schätzungen enthält das Universum, wenn wir denn mal nur von einem ausgehen, etwa 100 MRD Galaxien, jede Galaxie etwa 100 MRD Sterne und der Kosmos in Ihrer Hirnschale eine geschätzte Zahl von 100 MRD Neuronen. Diese durchaus faszinierende Zahlenkoinzidenz hat mich zu der Frage geführt: Gibt es darüber hinaus im Hinblick auf die Tagesordnung einen Bezug zwischen der Astro- und der Quantenphysik, also dem Sternenstaub, der die physikalischen Bausteine Ihrer Gehirnsubstanz bildet und der beinah mystischen Wechselwirkung zwischen den Teilchen auf der Quantenebene? Und was bedeutet das für die Motivationsforschung und die Verhaltenssteuerung? Wie kommt der Geist in die Materie? Wie und durch wen lassen sich 100 MRD Neuronen oder Teile von ihnen konditionieren? Darüber hinaus ließe sich ergiebig diskutieren über die Bedeutung von physikalischen Grundlagen für die Biologie oder die Neurologie und die Auswirkungen auf die Psychologie und damit natürlich auch über das Problem einer Leitwissenschaft zu unserem heutigen General- Thema: Sind das Physik oder (Neuro-)Biologie oder kommen hier gleich die Psychologen aus der Defensive? Da ich mich nicht berufen fühle, diesem Thema angemessen gerecht zu werden, wende ich mich Punkt ZWEI meiner Gliederung zu: Der Suche! Der Suche nach Antworten auf die Fragen, die Frau Elke in der Einladung annonciert hat, so sich diese Antworten nicht im Quantenschaum verbergen oder in der Zahl 42 erschöpfen. Hier also die mir zugewiesene Frage: Wie lässt sich Verhaltenssteuerung in der Praxis bewerkstelligen? Dafür ist sicher auch die (Vor)frage zu klären: Welche Motive sind ausschlaggebend für ein bestimmtes Verhalten. Ich werde jetzt hier vor lauter Fachleuten keinen Exkurs über intrinsische und extrinsische Motivationsfaktoren absondern, sondern die Thematik unter zwei Aspekten beleuchten, die ich darüber hinaus für bedeutsam halte. Der eine betrifft die Auswirkung von Störfaktoren für die Motivation, der andere die Bedeutung von Motivatoren und/oder von Strukturen für eine Verhaltenssteuerung. Erster Aspekt: Die Auswirkung von Störfaktoren Nach Sprenger (Mythos Motivation) bedarf es im Normalfall keiner gezielten externen Motivation. Es sei vielmehr wichtig, Faktoren zu vermeiden, die zur Demotivation führen. Lassen Sie mich dazu ein paar Beispiele anführen. Natürlich sind alle Beispiele rein theoretischer Natur. Wenn, rein theoretisch, insbesondere Leistungsträger und Führungskräfte, darunter junge Kollegen mit Familie, Menschen, die Verantwortung tragen und deren Engagement als Motivatoren besonders gefragt ist, von einer monetären Besserstellung in den nächsten Jahren ausgenommen würden mit dem Hinweis, breite Schultern könnten das schon tragen. Wenn, ebenfalls theoretisch, Lobbyisten nicht nur uneingeschränkten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern hätten, sondern die Gesetze gleich selbst schreiben dürften, während die eigene Organisation eher als lästiger Bedenkenträger betrachtet würde. Wenn man bewusst oder aus Unkenntnis den Helden der Stammtische die Wertung über die Arbeit der eigenen Organisation überlassen würde. Ja dann könnte es allerdings verdammt schwierig werden, das aufzufangen. Zweiter Aspekt: Die Bedeutung von Motivatoren und/oder Strukturen für eine erfolgreiche Verhaltenssteuerung Sind es Strukturen oder tatkräftige Personen, die den Ausschlag geben? Übrigens auch ein altes Thema der Historiker: Wer macht Geschichte? Die Umstände oder genialische Menschen. Zur Bedeutung der Motivatoren und Verhaltenssteuerer: Welcher Typus führt und steuert erfolgreich? Muss man möglicherweise gestört sein, um für sein Unternehmen etwas Besonderes zu leisten? Erstaunlich viele, tatsächlich auch erfolgreiche Chefs sind psychisch auffällig, wenn man einem Artikel in der ZEIT von vor einigen Wochen Glauben schenken darf. Ist diese Auffälligkeit vielleicht eine Form von Charisma? Benötigen wir möglicherweise Charismatiker für eine erfolgreiche Verhaltenssteuerung in großen Organisationen? Lassen wir mal den kleinen Neidkomplex außen vor, der einen natürlich angesichts der eigenen Unzulänglichkeit befallen kann, sind sie wirklich die Lösung unserer Probleme? Da bleibt doch eine Reihe offener Fragen. Haben wir überhaupt genügend von ihnen? Was ist, wenn sie nicht mehr an Bord sind? Motivieren sie dauerhaft? Im Übrigen gehören Charismatiker nicht selten zu einem Typus, der in einer Studie zur Organisationspsychologie als Taker bezeichnet wird. Ein Typus, der ganz wesentlich sich und seinen Erfolg in den Vordergrund stellt. Also, die müssen es nicht sein. Andererseits gilt allerdings auch: Ohne Fackelträger keine Festspiele, ohne Steuerleute keine Richtung. Für bedeutsame, insbesondere VeränderungsProzesse und damit verbundene Verhaltenssteuerung braucht man Köpfe, die eigenständig sind, Menschen, für die Neues eher spannend als beängstigend ist, Typen, die vorangehen, auch wenn man noch nicht um die nächste Wegkehre sehen kann. Die müssen Beispiel geben und für die Umsetzung einstehen. Die müssen Überzeugungstäter sein. Ohne solche Hefe-Pilze wird der Kuchen nicht aufgehen, auch nicht mit den besten Zutaten. Die große Kunst ist also das Auffinden dieser Hefe-Pilze, die Gewinnung der Neugierigen, die Einbindung der Veränderungswilligen. Mit ihnen gemeinsam müssen Lernprozesse angestoßen werden. Bei der Gelegenheit: Lassen Sie uns kurz abschweifen und wenig gendern! Nach durchaus ernstzunehmenden Studien beträgt die Restlaufzeit von Trägern des Y-Chromosoms noch rund hunderttausend Jahre, ein Wimpern- schlag im Zeitrahmen der Evolution! Also, meine Damen, noch ein wenig Geduld, dann ist dieses Problem gelöst. Okay, ist noch ein bisschen lange hin, also zurück zu den Perspektiven der Gegenwart und unserem Thema heute: Sollten wir nicht, gerade auch im Hinblick auf das Thema „Verhaltenssteuerung“, die Führungsebene viel stärker mit Frauen besetzen? Ein interessanter Aspekt in diesem Zusammenhang: Nach der eben erwähnten Studie aus den USA bahnt sich in den Führungsetagen ein Wechsel an, weg von den Takern hin zum Typus des Givers, der Vertrauen investiert und das Ganze, nicht seine eigene Rolle, in den Vordergrund stellt. Erleben wir damit vielleicht den Erfolg einer frauentypischen Verhaltensweise, weg von der männer-und testosterondominierten Führung? Was sagt uns in diesem Zusammenhang die Strukturierung dieser Veranstaltung? Die Abschlussdiskussion wird bestritten durch die übliche Herrenrunde, die Moderation und Steuerung der Veranstaltung jedoch liegt in (bewährter) Frauenhand. Oder betrachten wir das Wirken der Motivatorin und Steuerfrau Elke. Die hat im Rahmen unseres gemeinsamen Projektes immer das genau richtige Maß gefunden zwischen charmanter Moderation, sanftem Druck und klarer Sprache, ein außerordentlich erfolgreiches Konzept! Ergebnis: Wir müssen diesen Trend deutlich verstärken. Zurück zur Ausgangsfrage und der Bedeutung von Strukturen für eine überzeugende Verhaltenssteuerung Man muss organisatorische Strukturen implementieren, die sich per Gewohnheit in neuronalen Strukturen abbilden und einprägen und so Verhaltensweisen und den Fortbestand von Veränderungen sichern. Bestimmte Abläufe müssen immer wieder eingeübt werden. Dieser Rhythmus und die Bereitschaft, sich dauerhaft immer wieder auf Veränderungen einzulassen, ist eine Übung des Geistes, bei der man, auf Strecke gesehen, unabhängig von einzelnen Personen werden muss. Ohne diesen Prozess der beständigen Einübung ist im Übrigen ganz generell ein gelingendes Leben schwer vorstellbar. Ich kann mich da umfassend auf Herrn Sloterdijk in "Du musst Dein Leben ändern" beziehen. Ohne beständige Einübung der Laufwege geht gar nichts! Erfolgreiche Fußballmannschaften wie die einzig wahre „Borussia“ gleich nebenan in Dortmund praktizieren das sehr anschaulich und erfolgreich. Unerlässlich damit verbunden ist eine beständige Vermittlung des Sinnzusammenhangs von geplanten Maßnahmen. Menschen wollen wissen, welche Rahmenbedingungen und warum gelten sollen. Unerlässlich ist die Transparenz der Entscheidungen, die Beteiligung der Betroffenen an Entscheidungsprozessen und die Überzeugung durch Argumente statt der Umsetzung mit Anweisungen. Eine dauerhaft erfolgreiche Umsetzung erreichen Sie nur mit Überzeugten. Unerlässlich ist die Schaffung von Freiräumen für die Engagierten, die Delegation von Verantwortung und die damit verbundene Bekundung von Vertrauen. Und conditio sine qua non schlechthin für eine erfolgreiche Verhaltenssteuerung ist die Glaubwürdigkeit des Steuernden und das Vertrauen in den Steuernden Die Einhaltung dieser Kriterien ist gelebte Wertschätzung, die absolut maßgebliche Konstante im Umgang mit MitarbeiterInnen. Die Antwort auf die Frage: Entscheiden die Umstände oder die Steuerleute? kann nur lauten: Beide! Strukturen sind die Leitplanken bzw. die Fahrbahn, für fließenden Verkehr aber sorgen die Lenker und Steuerleute. Im Übrigen gilt: Immer den Mount Everest im Blick behalten, aber nie die Mühen der Ebene aus den Augen verlieren! Man muss dicke Bretter bohren können. Mit denen wird das Ergebnis am Ende dann auch stabiler. Damit komme ich zu Teil 1 meiner Gliederung und Teil 3 meiner Ausführungen: Dem Anlass der Veranstaltung: Abschied Zunächst und zum Ersten: Ich möchte auch diese Gelegenheit noch einmal nutzen, Danke zu sagen für eine sehr effektive, sehr kooperative und stets vertrauensvolle Zusammenarbeit in unserem gemeinsamen großen Projekt, der Einführung eines professionellen Gesundheitsmanagementsystems in der Finanzverwaltung. Ohne die Hilfe der Experten der RUB, der Frau Elke, des Herrn Zimolong und ihrer Mitarbeiter stünden wir beileibe nicht da, wo wir heute stehen. Ich habe diese Zusammenarbeit, insbesondere auch mit der Protagonistin des heutigen Tages, immer als außerordentlich fruchtbar und lehrreich empfunden. Sodann und zum Zweiten: Ich möchte dieser Protagonistin meine guten Wünsche mit auf den neuen Lebensabschnitt geben. Bei dieser Gelegenheit ist ein etwas verhaltener Ton sicher angebracht. Denn: Es folgt für Sie, liebe Frau Elke, gemäß den Vorgaben des Dienstrechts und der gesellschaftlichen Konvention der für gewöhnlich letzte Abschnitt. Der Blick zurück erfasst inzwischen einen deutlich größeren Zeitraum als der Blick nach vorn. Die verbleibende Zukunft will vorbereitet sein. Befindet sich die Frau Elke für diesen neuen Lebensabschnitt auf der Suche nach Steuerung und Motivation? Schwer vorstellbar! Ich bin da bei Ihnen ganz zuversichtlich, liebe Frau Elke. Ich glaube weder, dass Sie bei der Umstellung einer Therapie bedürfen, noch, dass es Ihnen an intrinsischer Motivation fehlen wird. Die durchaus passende Begleitsentenz zu Ihrem Abschied findet sich übrigens in den nachgelassenen Schriften des Josef Knecht, Magister Ludi des Glasperlenspiels (Herrmann Hesse), in dem Gedicht "Stufen" (von ebendiesem), genaugenommen die poetische Form zur Feier eines Abschieds. Sie lautet: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben!" Auch dieser Abschied eröffnet Ihnen, liebe Frau Elke, noch einmal einen Anfang. Und um das Ganze mit einem Bezug zu dem Motto der Veranstaltung zu beschließen: Sollte tatsächlich ein kosmischer Glasperlenspieler die Geschicke des Universums gestalten, dann möge er Ihnen einen wahrhaft zauberhaften Anfang für Ihren neuen Lebensabschnitt und eine auch künftig stets spannende Reise durch die Weiten Ihrer neuronalen Galaxis bescheren! Möge die 42! mit Ihnen sein.