Kooperierende Bakterien isolieren Egoisten Bakterien, die sich

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URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM151208_Bakterienkooperation.pdf
Kooperierende Bakterien isolieren Egoisten
Bakterien, die sich gegenseitig ernähren, können ihre Partnerschaft auf
zweidimensionalen Oberflächen festigen und nicht-kooperative
Bakterien vom Nahrungszugang ausschließen
Foto: S. Pande/MPI-CE, S. Lang/FSU
Übereinstimmung zwischen Experiment (Bakterienkolonie, links) und Computermodell (rechts):
Kooperierende Bakterien sind rot dargestellt, nicht kooperierende Bakterien grün. Die
opportunistischen Bakterien können lediglich am Rand von kooperierenden Bakterienkolonien
existieren. Dieser Isolationseffekt lässt sich dadurch erklären, dass nicht kooperierende Bakterien
von den zum wechselseitigen Nutzen ausgeschiedenen Aminosäuren ausgegrenzt werden und
Kooperierende Bakterien isolieren Egoisten
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kooperative Bakterien nur dort ungehemmt wachsen können, wo die lokale Dichte von
"Nicht-Kooperierern" gering ist.
In natürlichen Mikrobengemeinschaften tauschen verschiedene Bakterienarten häufig Nährstoffe
miteinander aus. Dabei geben Bakterien Verbindungen wie Aminosäuren oder Vitamine in ihre
Umgebung ab und füttern damit andere Bakterienzellen. Dadurch verbrauchen sie zwar
Ressourcen, profitieren aber im Gegenzug von den Nährstoffen, die ihnen ihre bakteriellen Partner
zur Verfügung stellen. Man spricht daher von einem kooperativen Stoffaustausch. Wissenschaftler
am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie (MPI-CE) und der Friedrich-Schiller-Universität
(FSU) in Jena konnten jetzt zeigen, dass Bakterien, die selbst nicht in die Nährstoffproduktion
investieren, auch nicht ohne weiteres in den Genuss der Vorteile dieses wechselseitigen
Stoffaustausches kommen. Sie wiesen nach, dass zwei Bakterienarten, die in kooperativer Weise
Aminosäuren austauschen, in räumlich strukturierten Umgebungen vor der Ausbeutung durch
opportunistische, nicht-kooperierende Bakterien sicher sind, weil diesen der Zugang zu den
ausgetauschten Aminosäuren verwehrt wird. Dadurch wird die kooperative Wechselwirkung
langfristig stabilisiert, wie sie in der Dezember-Ausgabe des "The ISME Journal" dargelegt haben.
Wie kooperative Interaktionen zwischen Lebewesen entstehen
Die Forschungsgruppe "Experimentelle Ökologie und Evolution" unter der Leitung von Christian
Kost erforscht wie kooperative Interaktionen zwischen Lebewesen entstehen. Dafür untersuchen
die Wissenschaftler eine sehr weit verbreitete Arbeitsteilung: den wechselseitigen
Nährstoffaustausch einzelliger Bakterien. Für diese winzigen Organismen ist es oft vorteilhafter,
nicht alle Stoffwechselfunktionen selbst zu übernehmen, sondern diese Arbeit untereinander
aufzuteilen. Durch den sich anschließenden gegenseitigen Austausch von Nährstoffen sparen die
an der Interaktion beteiligten Bakterien Energie.
Dass sich diese Arbeitsteilung positiv auf das Bakterienwachstum auswirkt, konnten die
Wissenschaftler bereits in früheren Arbeiten zeigen. Für die neue Studie gingen sie der Frage
nach, wie eine solche Kooperation langfristig bestehen kann, wenn es nicht-kooperierende
Bakterien gibt, die die für den wechselseitigen Austausch produzierten Nährstoffe zwar
aufnehmen, sich selbst jedoch nicht an der Nährstoffproduktion beteiligen. In diesem Fall entsteht
den kooperativen Stoffproduzenten ein evolutionärer Nachteil, der zum Zusammenbruch der
Partnerschaft führen könnte.
"Kooperierer" zweier Bakterienarten erzeugt
Ob dies tatsächlich der Fall ist, haben die Wissenschaftler experimentell überprüft. Hierzu haben
sie gentechnisch "Kooperierer" zweier Bakterienarten erzeugt, die erhöhte Mengen bestimmter
Aminosäuren in ihre Umgebung abgaben. "Tatsächlich war es so, dass ,Nicht-Kooperierer' in
einem gut durchmischten Flüssigmedium einen Wachstumsvorteil gegenüber Kooperierern hatten,
weil sie unter diesen Bedingungen uneingeschränkten Zugang zu den Aminosäuren im Medium
hatten. Im Gegensatz dazu war das Wachstum von Nicht-Kooperieren auf einer zweidimensionalen
Oberfläche stark unterdrückt", fasst Christian Kost die Ergebnisse der Experimente zusammen.
Eine genauere Analyse zeigte, dass die nicht-kooperierenden Bakterien lediglich am Rand von
kooperierenden Bakterienkolonien existieren konnten.
Für ihre Untersuchungen kombinierten die Wissenschaftler verschiedene methodische Ansätze.
Die Grundlage bildete dabei ein noch junger Forschungsansatz, der als "synthetische Ökologie"
bezeichnet wird: Hierbei werden mit Hilfe moderner, gentechnischer Methoden bestimmte
Mutationen in bakterielle Genome eingeführt. Die so erzeugten Bakterienstämme werden in
Bakterien, die sich gegenseitig ernähren, können ihre Partnerschaft aufzweidimensionalen Oberflächen festigen und nicht-kooperativeBakterien vom Nahrungszugang ausschließen 2
Experimenten zusammen kultiviert und deren ökologischen Wechselwirkungen analysiert. Parallel
dazu wurden am Lehrstuhl für Bioinformatik der FSU Computermodelle zum Vergleich erstellt.
Wichtig war darüber hinaus die chemische Analytik mit bildgebender Massenspektrometrie, mit
deren Hilfe die bakteriellen Stoffwechselprodukte sichtbar gemacht werden konnten. Erst die
Kombination mikrobiologischer Methoden mit chemisch-analytischen Herangehensweisen und
Computersimulationen machte es möglich, das zugrundeliegende Phänomen zu verstehen und
aufzuklären.
"Die Tatsache, dass ein so einfaches Prinzip eine derart komplexe Interaktion effektiv stabilisieren
kann, spricht dafür, dass solche Phänomene in natürlichen Bakteriengemeinschaften eine ähnlich
wichtige Rolle spielen", ist sich Christian Kost sicher. Schließlich kommen Bakterien fast
ausschließlich in sogenannten Biofilmen vor - eine aus vielen Bakterienarten bestehende
Schleimschicht, mit der sich Mikroorganismen an Oberflächen anhaften können. Beispiele sind
Karies verursachende Bakterien im Zahnbelag oder zur Abwasserreinigung genutzte
Bakteriengemeinschaften in Kläranlagen. Darüber hinaus sind Biofilme auch für die medizinische
Forschung äußerst relevant: Sie spielen nicht nur bei vielen Infektionskrankheiten eine wichtige
Rolle, indem sie die bakteriellen Krankheitserreger vor der Immunantwort des erkrankten
Organismus oder Antibiotika schützen, sondern stellen auch ein ernsthaftes Problem bei der
Nutzung medizinischer Implantate dar, wenn sich dort Bakterienfilme ansiedeln und ausbreiten.
Mechanismus identifiziert
In dieser neuen Studie konnte nun der Mechanismus identifiziert werden, durch den sich Zellcluster
aus kooperierenden Bakterien bilden, die langfristig nicht-kooperierende Bakterien in der
Gemeinschaft verdrängen. "Die Bedeutung dieses Mechanismus ergibt sich aus der Tatsache,
dass keine komplizierten oder durch Evolution neu entstandene Bedingungen, wie beispielsweise
die Erkennung möglicher Kooperationspartner, erfüllt sein müssen, damit diese Partnerschaft
langfristig stabilisiert wird. Zwei kooperierende Bakterienstämme und eine zweidimensionale
Oberfläche reichen aus, damit der beschriebene Effekt eintritt", erklärt Kost.
Die Studie wirft viele neue spannende Fragen auf, denen die Forscher nun weiter nachgehen
wollen. So interessieren sie sich beispielsweise dafür, ob ähnliche synergistische Effekte auch bei
aus mehr als zwei Partnern bestehenden Gemeinschaften zu beobachten sind. In ihren natürlichen
Lebensräumen könnten sich mehr als zwei Bakterienarten an solchen Kooperationen beteiligen, so
dass regelrechte Interaktionsnetzwerke entstehen. Darüber hinaus wurden die
Nährstoff-abgebenden Bakterienmutanten in dieser Studie künstlich hergestellt. Ob durch
natürliche Mutation entstandene "Kooperierer" in einem natürlichen Lebensraum, beispielsweise
Böden, eine vergleichbare Dynamik zeigen, bleibt ebenfalls zu überprüfen. Da Bakterien sehr
häufig in Biofilmen vorkommen, ist der kooperative Stoffwechselaustausch zwischen Bakterien
vermutlich viel weiter verbreitet als bislang angenommen. Ein grundsätzliches Verständnis der
Faktoren und Mechanismen, die Bakterienwachstum fördern oder hemmen, könnte daher auch
wichtige Hinweise geben, wie man schädliche Bakterien bekämpfen und nützliche Bakterien
besser nutzen kann.
Original-Publikation:
Pande, S., Kaftan, F., Lang, S., Svatoš, A., Germerodt, S., Kost, C. (2015): Privatization of
cooperative benefits stabilizes mutualistic cross-feeding interactions in spatially structured
environments. The ISME Journal. DOI:10.1038/ismej.2015.212
http://dx.doi.org/10.1038/ismej.2015.212
Bakterien, die sich gegenseitig ernähren, können ihre Partnerschaft aufzweidimensionalen Oberflächen festigen und nicht-kooperativeBakterien vom Nahrungszugang ausschließen 3
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