Anwendungsbereiche des genetischen Fingerabdruck Inhaltsverzeichnis • • • • • • • Kriminalistik Identifikation von Leichen Verwandtschaftstest Nachweis von Krankheitserregern Analyse von Lebensmitteln Qualitätssicherung von Lebensmitteln Überprüfung des Erfolgs von Knochenmarktransplantationen • Anwendung im Leistungssport Kriminalistik • Die wohl bekannteste Anwendung des genetischen Fingerabdrucks stellt die Kriminalistik dar. • Aus den gefundenen Spuren sowie von allen Tatverdächtigen wird dabei zunächst ein genetischer Fingerabdruck erstellt. Diese werden anschließend miteinander verglichen. Stimmen sie überein, so kommt der Täter für die Straftat in Frage. Zeigen sie keine oder nur sehr wenige Übereinstimmungen, dann ist dessen Unschuld bewiesen • Vorteile des genetischen Fingerabdrucks bieten dabei die geringe Probenmenge wie auch die bequeme Speicherung der Resultate in Form von Zahlenmustern, welche einen schnellen Vergleich ermöglichen. Ausnahmebeispiel der Kriminalistik: Bei den mutmaßliche KaDeWe-Einbrechern handelt es sich um eineiige Zwillingsbrüder. Diese kamen aus der Untersuchungshaft frei, weil die Berliner Justiz die Genspuren der Zwillingsbrüder nicht unterscheiden konnte. Die Staatsanwaltschaft erklärte, nach den Tatortspuren in dem Berliner Kaufhaus sei zwar bewiesen, dass mindestens einer an dem Millionenraub beteiligt war. Wegen der identischen DNA-Spuren der Brüder könne aber nicht geklärt werden, wer von beiden. Deswegen hätten die Zwillinge aus der Haft entlassen werden müssen. Von der Millionenbeute fehle noch immer jede Spur. Identifikation von Leichen • Der Einsatz des genetischen Fingerabdrucks zur Identifizierung von Leichen ist notwendig, wenn Leichen stark verändert oder geschädigt vorgefunden werden oder bei Massenkatastrophen. Das genetische Vergleichsmaterial liefern dann Alltagsgegenstände wie Zahn- und Haarbürste des Vermissten. Der genetische Fingerabdruck bot bei folgenden Unglücken die einzige Möglichkeit der Identifizierung: • Bei der Tsunami-Katastrophe am 26. Dezember 2004 im indischen Ozean waren viele Leichen stark entstellt. • Bei einem Brand im Tunnel der Gletscherbahn Kaprun in Österreich kamen am 11. November 2000 150 der 162 Passagiere durch Brand und Rauchgasvergiftung zu Tode. Verwandtschaftstest • Eine weitere bedeutende Anwendung des genetischen Fingerabdrucks stellen Verwandtschafts- bzw. Vaterschaftstests dar. Die Analyse in diesem Bereich läuft dabei ähnlich ab wie in der Kriminalistik. • Aus der DNA des möglichen Vaters und der Mutter erstellt man jeweils einen genetischen Fingerabdruck; diese vergleicht man anschließend mit dem des Kindes. Stimmen alle Allele, die das Kind nicht von der Mutter geerbt hat, komplett mit denen überein, die auch der Vater besitzt, so ist die Vaterschaft bewiesen. Finden sich dagegen keine oder nur sehr wenige Allele, die bei Vater und Kind übereinstimmen, so kann es sich bei diesem nicht um den biologischen Vater handeln. Kasper Hauser • Der Fall von Kaspar Hauser ist eine der bekanntesten kriminalistischen Anwendungen des genetischen Fingerabdrucks. • Dieses Findelkind, wahrscheinlich 1812 geboren, tauchte 1828 verstört in Nürnberg auf und fiel 1833 einem Mordanschlag zum Opfer. Bis heute ist seine Herkunft rätselhaft; einem zeitgenössischen Gerücht zufolge sollte er ein beiseite geschaffter Sohn des Großherzogs von Baden und dessen Frau Stéphanie de Beauharnais, und somit ein badischer Erbprinz, sein. • Nachdem immer wieder Menschen ohne Erfolg versucht hatten, dem Geheimnis der Herkunft Kaspar Hausers auf die Spur zu kommen, wurde dies 1996 mit Hilfe einer GenAnalyse endgültig gelüftet: Dazu wurde zunächst ein blutbeflecktes Stück seiner gut erhaltenen Kleidung genommen und in eine lösende Flüssigkeit gegeben. Die erhaltenden DNA-Fragmente wurden durch die PCR vermehrt und anschließend sequenziert. • Ebenso erstellte man solche Sequenzanalysen aus dem Blut von zwei lebenden weiblichen Nachkommen in direkter Linie der Großherzogin Stéphanie von Baden, der angeblichen Mutter dieses Mannes. Diese Sequenzen verglich man nun mit denen von Kaspar Hauser und stellte dabei mehrere Unterschiede in der Basensequenz fest, wohingegen die mitochondriale DNA der beiden Frauen zu 100% übereinstimmten. • Da die mtDNA über Generationen hinweg unverändert jeweils von der Mutter auf ihre Kinder übertragen wird, war damit bewiesen, dass diese beiden Vergleichspersonen nicht über die weibliche Linie mit Kaspar Hauser verwandt sind und dass er somit kein Sohn des Großherzogs von Baden und seiner Frau Stéphanie gewesen sein kann. Anastasia Romanow • Ein weiterer populärer Fall, in welchem mit dem genetischen Fingerabdruck gearbeitet wurde, ist der von Anastasia Romanow. • 1918 wurde die russische Zarenfamilie Romanow von Bolschewiken auf brutale Weise ermordet. Zwei Jahre später tauchte eine unbekannte Frau in Berlin auf und behauptete, den Mordanschlag überlebt zu haben und die jüngste Zarentochter, Anastasia, zu sein. Jahrzehntelang war nicht klar, ob die 1984 verstorbene Anna Anderson, wie ihr späterer Name lautete, tatsächlich zur Familie der Romanows gehörte. • 1994 wurde aus einem konservierten Stück ihres Darm sowie aus ihren Haaren jeweils eine Analyse der mtDNA und ein genetischer Fingerabdruck durchgeführt, welche sich in allen Teilen genau glichen. Der Darm sowie die Harre stammten somit von der gleichen Person. • Nachdem man aus den Knochen des Zaren und seiner Frau jeweils einen genetischen Fingerabdruck erstellt hatte, verglich man die Resultate von Anna Andersons mit denen ihrer vermeintlichen Eltern und stellte dabei zahlreiche Unterschiede fest. • Damit war bewiesen, dass es sich bei dieser Frau nicht um die jüngste Zarentochter Anastasia handeln konnte. • Da es Hinweise darauf gab, dass es sich bei Anna Anderson in Wirklichkeit um Franziska Schanzkowska, einer polnischen Landarbeiterin, handelte, wurde des weiteren ihre mtDNA noch mit der von einem möglichen Großneffen, verglichen. Dabei stellte man eine einhundertprozentige Übereinstimmung fest, welche somit die Verwandtschaft bestätigte. Nachweis von Krankheitserregern • Biologen haben ein System zur Früherkennung von schädlichen Mirkoorganismen entwickelt, mit dem sie Pflanzen-Krankheitserreger schneller und präziser über einen genetischen Fingerabdruck aufspüren können als bisher. • Dabei gehen sie in zwei Schritten vor: Zuerst identifizieren sie den Erreger mit Hilfe einer PCR-Analyse und der Gelelektrophorese, in denen das Erbgut befallenen Saatguts mit dem von gesundem Saatgut verglichen wird. Danach entwickeln die Forscher einen speziellen molekularen Marker, der auf die Anwesenheit des Erreger-Erbguts mit Fluoreszenz reagiert. Damit lässt sich der Erreger in zukünftigen Analysen schnell nachweisen. • Die dadurch ermöglichte Früherkennung von Krankheitserregern führt zu Produktivitätssteigerungen und kann Ernteausfälle vermindern. Analyse von Lebensmitteln • Durch die Diskussion über genetisch veränderte Lebensmittel kommt dem genetischen Fingerabdruck eine weitere Bedeutung zu: die Erkennung genetisch veränderter Sorten. • Ein Beispiel für die hohe Bedeutung liefert der im August 2006 von der EU-Kommission verhängte Importstopp von Genreis aus den USA. Ziel der Herstellung solcher Reissorten ist es, eine höhere Resistenz gegenüber Krankheiten oder Schädlingen zu erreichen, indem entsprechende Gene in das Erbgut eingebracht werden. Qualitätssicherung von Lebensmitteln • Der Einsatz des genetischen Fingerabdrucks zur Qualitätssicherung von Lebensmitteln ist von wirtschaftlicher Bedeutung. • Ein Beispiel liefert der Trüffel. Die hohen Preise für Trüffel machen es für Fälscher attraktiv, minderwertige Pilzsorten in den Handel zu bringen, die von den hochwertigen äußerlich kaum zu unterscheiden sind. Solche Fälschungen hat es auch früher schon gegeben. • Um dem vorzubeugen, hat man in den vergangenen Jahren versucht, verschiedene Methoden, wie den genetischen Fingerabdruck, zur Unterscheidung von Arten und zur Qualitätsbestimmung zu entwickeln. Überprüfung des Erfolgs von Knochenmarktransplantationen • Eine Knochenmarktransplantation hat das Ziel, die blutbildenden Stammzellen eines Spenders auf einen an Leukämie erkrankten Patienten zu übertragen. Ist die Transplantation erfolgreich, so bilden die gesunden Blutvorläuferzellen im Patienten Nachkommen für alle Arten von Blutzellen. • Wenn nach Bestrahlung, Chemotherapie und Übertragung des neuen Knochenmarks die ersten Blutzellen sich im Patienten wieder selbständig vermehren, so weiß man, dass das neue Knochenmark des Spenders angewachsen ist. Um sicherzustellen, dass es sich bei den neuen Zellen um Spenderzellen, und nicht um zurückkehrende Leukämiezellen handelt, wird das Blut des Patienten auf seine Identität als Spenderblut untersucht. Die Untersuchung der Blutgruppe ist hierfür nicht geeignet, weil sie sich erst im Laufe von Wochen und Monaten nach Transplantation ändern würde. • Zur Unterscheidung von Spender und Empfängerzellen wird die Methode des genetischen Fingerabdrucks angewendet. Bereits vor der Knochenmarktransplantation wird von Spender und Patient aus weißen Blutzellen, den Leukozyten, die DNA isoliert und jeweils das typische genetische Muster erfasst. Nach der Transplantation nimmt das Blut des Patienten die genetischen Merkmale des Spenders an. Erst im Falle eines Transplantatversagens oder einer Rückkehr der Krebserkrankung können wieder eigene Zellen im Blut des Patienten auftauchen. • Man nennt den Zustand der Vermischung der genetischen Muster zweier Individuen in der Fachsprache „Chimärismus“. Die frühere Erkennung eines Rückfalls ist für die weitere Behandlung von großem Vorteil. Anwendung im Leistungssport • Auch im Sport leistet die DNA-Analyse wichtige Aufklärungsarbeit. Wenn Sportler unter Dopingverdacht stehen, behaupten manche, dass die belastete Urinprobe nicht von ihnen stamme. • Doch sogar im Urin sind ein paar Körperzellen zu finden, aus denen genügend DNA für einen genetischen Fingerabdruck isoliert werden kann. Ein Vergleich des Bandenmusters von Urin und Sportler schafft eindeutig Klarheit.