Übersichtsarbeit 81 Physikalische Therapie ausgewählter Erkrankungen aus der Rheumatologie mit Funktionsstörungen der Muskulatur Autoren A. Reißhauer, N. Elmer, M. E. Liebl Institut Arbeitsbereich Physikalische Medizin und Rehabilitation, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin Schlüsselwörter ▶ Physikalische Therapie ● ▶ Rheumatische Muskelerkran● kungen ▶ Polymyalgia rheumatica ● ▶Myositis ● ▶Fibromyalgiesyndrom ● Zusammenfassung Abstract Die physikalische Therapie muskulärer Erkrankungen und Funktionsstörungen in der Rheumatologie erfordert eine besonders ausgewogene und befundorientierte Behandlungsstrategie und individuelle Therapieplanung. Art, Intensität und Dauer der Anwendung physikalischer Therapeutika bei diesen Krankheitsbildern sind zum Teil nicht ausreichend geklärt. Die Arbeit gibt einen Überblick zu evidenzbasierten Anwendungen und Empfehlungen im Rahmen klinischer Erfahrungen. Physical therapy of muscular dysfunctions in rheumatic diseases requires a well-balanced strategy based on individual findings. Type, intensity and length of therapeutic interventions have not been sufficiently evaluated in these disorders. The authors provide an overview of evidence-based interventions and recommendations based on clinical experience. Key words ▶ physical therapy ● ▶ rheumatic muscle disease ● ▶ polymyalgia rheumatica ● ▶myositis ● ▶ fibromyalgia ● ▼ Einleitung ▼ Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0042-100615 Akt Rheumatol 2016; 41: 81–85 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0341-051X Korrespondenzadresse Dr. Anett Reißhauer Charité – Universitätsmedizin Arbeitsbereich Physikalische Medizin und Rehabilitation Charitéplatz 1 10117 Berlin [email protected] Physikalische Therapie umfasst die Gesamtheit körperorientierter, nicht invasiver Therapieverfahren mit thermischen, mechanischen, elektrischen und zuwendungsbasierten Maßnahmen [1]. In der Behandlung rheumatologischer Erkrankungen, die mit Störungen von Morphologie und Funktion der Muskulatur einhergehen, finden zahlreiche Teilgebiete der physikalischen Therapie ihre Anwendung. Hervorzuheben sind hier die Krankengymnastik, Ergotherapie, Medikomechanik, sowie auch Thermotherapie und Hy­ drotherapie. Innerhalb der Teilgebiete werden unterschiedliche Methoden und Therapiemittel differenziert [1–3]. Ziel der Physikalischen Therapie ist ganz allgemein die Herstellung einer bestmöglichen Funktionsfähigkeit nach dem Motto „treat to participation“ [4]. Am häufigsten genannte Teilziele sind hierbei die Reduktion von Schmerzen, eine Verbesserung von Muskelkraft und Beweglichkeit und die Prävention von Kontrakturen und Osteoporose durch Inaktivität und Therapie mit Glukokortikoiden. Aber durchaus auch zur Einsparung höherer Medikamentendosierungen kann eine intensivere Physikalische Therapie eingesetzt werden [5]. ▼ Die Auswahl der Methoden und Therapiemittel orientiert sich vor allem an den morphologischen und funktionellen Befunden, wie z. B. Paresen und Atrophie der Muskulatur, Ruhe- und Belastungsschmerz, muskuläre Dysbalancen mit verminderter Verlängerungsfähigkeit, muskuläre Triggerpunkte, Tonusveränderungen und Ödeme. Flankierend zur medikamentösen Therapie mit Glukokortikoiden ist in vielen Fällen eine Osteoporoseprophylaxe erforderlich, bei der die körperliche Aktivität eine wichtige Rolle spielt. Eine differenzierte Hilfsmittelversorgung ergänzt bei Störungen der Funktionsfähigkeit das rehabilitative Konzept. Eine Auswertung der eigenen ärztlichen Konsultationstätigkeit der Autoren hinsichtlich physikalischer Therapie zeigt, dass Patienten in der Rheumatologie in nahezu allen Fällen manualtherapeutisch untersucht wurden und daraus ein individuelles kurz- und mittelfristiges Behandlungsprogramm resultierte [eigene Daten]. Manualtherapeutische Untersuchungstechniken können sich demnach auch bei der ärztlichen klinischen Untersuchung von Patienten mit Muskelerkrankungen als wertvoll erweisen. In der Literatur zur Therapie muskulärer Erkrankungen und Funktionsstörungen in der Rheumatologie werden physikalische Therapieansätze meist nicht berücksichtigt oder stark verallge- Reißhauer A et al. Physikalische Therapie ausgewählter Erkrankungen … Akt Rheumatol 2016; 41: 81–85 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Physical Therapy of Selected Rheumatic Diseases with Muscular Dysfunction meinert. Ursächlich ist die Vielfalt und individuelle Ausprägung der Symptomatik dieser Krankheitsentitäten, woraus sich die Notwendigkeit einer individuellen Therapieplanung ergibt. Ferner gibt es zum Teil nur wenige studienbelegte Therapieverfahren. Intensität und Dauer der Anwendung physikalischer Therapeutika sind ebenfalls häufig individuell und schwer in Studienkonzepte zu fassen. Im klinischen Alltag führt dieser Umstand oft zu Unsicherheiten in der Verordnung physikalischer und funktionsübender Therapie. Im Folgenden soll daher ein Überblick zu evidenzbasierten Anwendungen und Empfehlungen im Rahmen klinischer Erfahrungen gegeben werden. Thematisiert werden ausgewählte Krankheitsbilder aus dem rheumatologischen Spektrum, die mit Muskelpathologien oder –funktionsstörungen einhergehen. Physikalische Therapie bei Polymyalgia rheumatica (PMR) ▼ Die Polymyalgia rheumatica ist eine chronisch entzündliche Erkrankung unklarer Ursache. Klinisch imponiert eine sehr schmerzhafte Muskelerkrankung, die regelmäßig die Schulterregion, in etwa 70 % der Fälle auch den Beckengürtelbereich betrifft [6]. Sie tritt vor allem nach dem 50. Lebensjahr auf und betrifft doppelt so häufig Frauen wie Männer [7]. Anhaltende Morgensteifigkeit, ein erhebliches Krankheitsgefühl und Symptome wie Fieber, Gewichtsabnahme und Appetitlosigkeit sind typisch [8, 9]. Im Gegensatz zu anderen entzündlichen Muskel­ erkrankungen ist eine permanente Schädigung von Muskeln und Gelenken meist nicht gegeben. 2012 wurden neue vorläufige Klassifikationskriterien der ­European League Against Rheumatism (EULAR) und des American College of Rheumatology (ACR) veröffentlicht [10]. Da es sich um eine langjährige Erkrankung handelt, steht die Symptomkontrolle bei gleichzeitiger Wiedererlangung bzw. Erhaltung von körperlichen Funktionen im Fokus. Die häufigsten Therapieziele sind die Reduktion von Schmerz und Steifigkeit, Steigerung von Muskelkraft und Kraftausdauer sowie die Verbesserung des Bewegungsumfanges der betroffenen Gelenkregionen. Während der Akutphase steht das pharmakologische Management im Vordergrund. Physikalische Therapiemaßnahmen sollten immer erst nach initialisierter medikamentöser Therapie begonnen werden. Insbesondere bei länger dauernder Diagnosefindung oder schwerem Krankheitsverlauf können sich jedoch bereits schnell immobilitätsbedingte Einschränkungen und Komplikationen ergeben. Atrophie und Kraftverlust der Muskulatur, deren funktionelle Verkürzung und beginnende Kontrakturen sind oft ebenso physikalisch-therapeutisch zugänglich wie begleitende Synovitiden. In der Regel kann bereits nach 48 Stunden nach begonnener medikamentöser Therapie, insbesondere im stationären oder teilstationären Setting, mit passiv-assistiven Übungen oder auch Krankengymnastik im Wasser (Wassertemperatur um 34 °) begonnen werden. Überbrückend hat sich eine manuelle Lymphdrainage insbesondere hinsichtlich der Schmerzlinderung als sehr hilfreich erwiesen. Im weiteren Verlauf stehen isometrische Spannungsübungen sowie Übungen zur Verbesserung bzw. zum Erhalt der Tiefenstabilität im Vordergrund. Frühzeitig sollte ein einfaches Hausübungsprogramm mit dem Patienten erarbeitet werden, das regelmäßig selbstständig fortgeführt werden kann. Übungstagebücher fördern hierbei die Adhärenz. Bei entsprechenden Gegebenheiten kann zusätzlich eine Angehörigenschulung durchge- führt werden. Angehörige sind in der Regel meist ebenso verunsichert und unterstützen eher passive Therapieansätze. In der chronischen Phase kann es während der Dosisreduktion der Pharmakotherapie zu rekurrierenden Symptomen kommen, die eine Anpassung der Medikation und auch der Dosierung der physikalischen Therapie erfordern. Eine Kombination aus aktiven und passiven therapeutischen Behandlungen wird hier empfohlen. Patienten mit der Diagnose Polymyalgia rheumatica können von Dehnung und Kräftigung der Muskulatur profitieren, auch Gymnastikprogramme werden empfohlen [11, 12]. Therapeutische Ansätze sind ferner Warmanwendungen und schmerzadaptierte Bewegungsübungen [13, 14]. Auch Ergotherapie kann für die Funktionalität und die Aktivitäten des täglichen Lebens erforderlich sein. Die Studienlage zur physikalischen Therapie bei PMR ist jedoch insgesamt dürftig, randomisiert-kontrollierte Studien zu Wirkung einzelner Verfahren und deren Dosisfindung existieren nach Kenntnis der Autoren nicht. Physikalische Therapie bei autoimmunen Myositiden ▼ Zu den autoimmunen Myositiden gehören die Dermatomyositis (DM), die Polymyositis (PM) und die Einschlusskörperchenmyositis (engl. „inclusion body myositis“, IBM). Auch erregerbedingt und im Rahmen von Kollagenosen treten Myositiden auf [15, 16]. Als Standardtherapie gelten nach wie vor Glukokortikoide oder alternativ Methotrexat [17]. Man unterscheidet akute und chronische Verlaufsformen und es gibt unterschiedliche Befallsmuster. Die Muskelschwäche kann die Extremitäten betreffen kann, jedoch auch Kopfheber- oder Atemmuskulatur, sodass verschiedene Therapiekonzepte notwendig sein können. Krankheitsbedingte Schmerzen betreffen eher die oberen Extremitäten und führen zu Kraftverlust und sekundär Bewegungseinschränkung in den Gelenken der betroffenen Regionen. Physiotherapeutische Maßnahmen sind in jedem Stadium der Myositiden relevant, um einerseits Kontrakturen vorzubeugen und andererseits Muskelkraft und Kraftausdauer zu verbessern [15]. Intensives körperliches Training erwies sich bei Myositis-Patienten als äußerst tolerabel und sehr effektiv bezüglich der Verbesserung von Ausdauer und Muskelkraft. Untersuchungen konnten zeigen, dass Patienten mit stabilisiertem Krankheitsverlauf gegenüber Patienten ohne Training eine signifikante Zunahme von Kraft und Ausdauer durch Fahrradergometer, Step-Training oder ein häusliches Übungsprogramm erzielten [17–22]. In einem 12-wöchigen Ausdauer- und Krafttrainingsprogramm wurde eine Übungsgruppe mit einer Nicht-Übungsgruppe verglichen, wobei die Übungsgruppe sich in Muskelkraft, Lebensqualität und den Aktivitäten des täglichen Lebens deutlich verbesserte [21, 23]. Zudem gelingt es durch physiotherapeutische Maßnahmen auch bei aktiver und bereits lange bestehender Myositis sowohl die isometrische Muskelkraft als auch die aerobe Sauerstoffaufnahme zu verbessern, ohne die Grunderkrankung zu verschlechtern [24]. Einige Studien belegen die Sicherheit von Bewegung und körperlichem Training auch bei neu aufgetretener, aktiv entzündlicher PM/DM [25–27]. Im Follow-up zeigte sich ebenfalls bei den Übungsgruppen eine deutlich verbesserte Muskelkraft und aerobe Kapazität der Muskeln sowie eine höhere körperliche Aktivität der Patienten [28]. Auch bei Patienten mit aktiver Polymyositis, anhaltender Muskelschwäche und erhöhten Muskelenzymen trotz pharmakologischer Behandlung, verbesserte Reißhauer A et al. Physikalische Therapie ausgewählter Erkrankungen … Akt Rheumatol 2016; 41: 81–85 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. 82 Übersichtsarbeit eine Kombination aus Kräftigung und Bewegung das Outcome der Patienten deutlich [29, 30]. Es zeigt sich auch eine Reduktion der Entzündung bei Myositis-Patienten durch Krafttraining [19]. Weitere Studien beschäftigen sich mit der Wirksamkeit und Sicherheit von Krafttraining, dabei zeigen insbesondere Übungen gegen Widerstand einen positiven Effekt auf die Greifkraft bei PM/DM-Patienten [25, 31–36]. Eine deutliche Steigerung der Muskelkraft konnte bei IBM-Pa­ tienten durch kontrollierte Widerstandsübungen sowie durch aerobes Training erzielt werden [37, 38]. Sicher ist, dass die pharmakologische Therapie allein nicht ausreicht, um die Muskelkraft, Ausdauer und Leistung im täglichen Leben zu rehabilitieren. Besser scheint die Kombination aus pharmakologischer Behandlung und physikalischer Therapie zu sein. Außer in den initialen Krankheitstagen wird keine Ruhigstellung von Myositis-Patienten mehr empfohlen. Regelmäßige Physiotherapie, bei Befall der Atemmuskulatur auch Atemtherapie, sollten ein essentieller Bestandteil der Therapie sein [15]. Muskel- und Bänderrisse können durch Widerstandstraining mit geringen Gewichten und dabei häufigen Wiederholungen verhindert werden. Physikalische Therapie bei Fibromyalgiesyndrom ▼ Patienten, die sich aufgrund chronischer Schmerzen in mehreren Körperregionen (chronic widespread pain [CWP]) in Behandlung begeben, haben häufig einen erheblichen Leidensdruck sowie Einschränkungen ihrer Lebensqualität und verursachen erhebliche direkte und indirekte Krankheitskosten [39, 40, 44, 45]. Klassifika­tion und Therapie dieses Beschwerdekomplexes einschließlich des Fibromyalgiesyndroms sind umstritten und uneinheitlich [41]. Das Fibromyalgiesyndrom ist ein chronisches Schmerzsyndrom, das typischerweise mit Zusatzsymptomen wie Fatigue, Schlafstörungen und depressiver Verstimmung einhergeht und nahezu ausschließlich weibliche Patienten betrifft [42]. In einer S3-Leitlinie werden leichtes bis moderates aerobes Ausdauertraining, Funktionstraining (auch im Wasser) sowie meditative Bewegungsübungen (wie Tai-Chi und Qi-Gong) im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte empfohlen. Massagen werden als Therapie explizit nicht empfohlen [43]. Sogenannte passive Therapieverfahren haben bei Patientinnen eine hohe Akzeptanz, eine Evidenz besteht aber nicht. Im Rahmen der Therapieplanung ist es dennoch sinnvoll, bei vorwiegend aktiven und aktivierenden Therapiekomponenten Elemente der manuellen Medizin, wie Triggerpunkt- und Faszientechniken zur befundorientierten Behandlung initial und befristet einzusetzen. Eine dauerhafte Anwendung ist nicht zielführend. Unter medizinischer Trainingstherapie werden aerobes Ausdauertraining (z. B. Fahrradergometer, Walking, Aqua-Jogging) sowie Muskeltraining und Flexibilitätstraining zusammengefasst. Beim aeroben Ausdauertraining klingen die positiven Wirkungen beim Aussetzen des Trainings nach einiger Zeit ab, bei kontinuierlicher Ausübung bleiben sie jedoch erhalten [39, 40]. Studien mit niedrig dosiertem aerobem Ausdauertraining (50 % der maximalen Herzfrequenz) erzielten bessere Ergebnisse (Symptomreduktion, Compliance) als Trainingsprogramme mit höherer Intensität [46]. Die klinische Erfahrung hat gezeigt, dass in einigen Fällen einem Symptomanstieg zu Trainingsbeginn mit physikalischen Maßnahmen (z. B. Infrarotwärmekabine, Balneo- therapie) entgegengewirkt werden kann [41]. FMS-Patienten sollen aerobes Ausdauertraining durchführen, das an das individuelle Leistungsniveau angepasst ist [47]. Als evidenzbasierte Empfehlung gilt ein dauerhaftes Ausdauertraining 2–3 × /Woche mit geringer bis mittlerer Intensität über mindestens 30 min [43]. Krafttraining kann im Rahmen der Therapie der Fibromyalgie empfohlen werden und sollte nach Möglichkeit Bestandteil von Selbstübungsprogrammen sein. Es zeigt sich ein positiver Effekt eines reinen Krafttrainings auf Schmerz, Gesamtwohlbefinden, physische Leistung, Druckpunkte und Depression [48]. Durch die Kombination von Wirbelsäulenmanipulation, Bindegewebemassage und passiver Dehnung konnte eine verbesserte Beweglichkeit und Schmerzreduktion in einer kanadischen Crossover Studie belegt werden. Eine valide Beurteilung zur Wirksamkeit gibt es jedoch nicht [49]. In einer randomisiert-kontrollierten Studie mit 24 Patienten war eine osteopathische Behandlung (nach US-amerikanischen Maßstäben) bezüglich der Reduktion von Schmerz, Beeinträchtigungserleben und Depressivität wirksam [50]. Die Aussagekraft der Studie ist jedoch eingeschränkt [47]. Balneo- und Thalassotherapie weisen eine gute Studienlage auf. Es konnte eine positive Wirkung von Meeres- bzw. Thermalwassertherapie unterschiedlicher Dauer auf Schmerzen, Anzahl der Tenderpoints sowie Lebensqualität in Ergänzung zur medizinischen Standardtherapie am Therapieende bzw. 1–6 Monate nach Beendigung der Therapie nachgewiesen werden [51–53]. Ermittelt wurde auch der Nutzen einer medizinischen Trainingstherapie über 12 Wochen im Wasser im Vergleich zur Badetherapie bzgl. Schlafqualität und Morgensteifigkeit 24 Wochen nach Therapieende [54]. Beide therapeutischen Verfahren führten zu einer signifikanten Schmerzreduktion. Eine weitere Studie wies die Überlegenheit der Balneotherapie bzgl. der Verbesserung der Schlafqualität gegenüber einer physiotherapeutischen Behandlung nach. Unterschiede bzgl. Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurden nicht ermittelt [55]. Patienten sollten zeitlich befristet mit Balneotherapie im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzepts behandelt werden [47]. Insbesondere stationäre Rehabilitationsaufenthalte sollten hierzu genutzt werden. Eine moderate Hydrotherapie kann kurzfristig positive Effekte auf den Schmerz und die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei FMS-Patienten haben [46]. Eine kurzfristige Wirksamkeit hinsichtlich der subjektiven Schmerzempfindung und der objektiven Schmerzschwelle konnte auch mit wassergefilterter Ganzkörper-Infrarot A-Therapie erreicht werden. Problematisch sind jedoch die eingeschränkte Anwendbarkeit und die fehlenden Nachweise einer langfristigen Wirkung durch serielle Anwendung [56]. Osteoporoseprophylaxe bei Glukokortikoidtherapie ▼ Unter langfristiger Glukokortikoidtherapie besteht die Gefahr einer Osteoporoseentwicklung mit erhöhtem Frakturrisiko. Ebenso kann eine Muskelatrophie Folge der Therapie sein. Verbesserung der Muskelkraft und Koordination sowie die Minimierung von Sturzrisiken sollten deshalb Teil der Prophylaxestrategie sein. Bei Vorliegen einer schmerzhaften Muskelerkrankung ist davon auszugehen, dass die alleinige Empfehlung regelmäßiger körperlicher Aktivität für viele Patienten nicht ausreicht. In diesen Fällen sollte eine an die individuellen Befunden Reißhauer A et al. Physikalische Therapie ausgewählter Erkrankungen … Akt Rheumatol 2016; 41: 81–85 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Übersichtsarbeit 83 und Risiken angepasste Bewegungstherapie erfolgen [57]. Im Rahmen der physikalischen Therapie sollten auch Scherkräfte vermieden werden, die zu Verletzungen der durch die Glukokortikoidtherapie veränderten Haut führen können. Schlussfolgerung ▼ Physikalische Therapien sind bei Muskelerkrankungen und – funktionsstörungen aus dem rheumatischen Formenkreis vielfältig einsetzbar. Mit befundorientierten Therapieplänen lassen sich gute Effekte erzielen. Dieses Potenzial wird häufig nicht ­genügend ausgeschöpft. Die Studienlage kann bei den verschiedenen rheumatologischen Muskelerkrankungen unterschiedlich bewertet werden. Während keine evidenzbasierten Empfehlungen zu physikalischer Therapie bei Polymyalgia rheumatica außer der Osteoporoseprophylaxe existieren, gibt es für autoimmune Myositiden Studien zu Sicherheit und Wirksamkeit physikalischer Therapien. In Bezug auf das Fibromyalgiesyndrom existieren zahlreiche Studien zu physikalischen Therapien. Sie empfehlen fast durchgängig die aktiven und aktivierenden Therapien und raten zur Vermeidung rein passiver Therapiemodalitäten. Weitere safety studies sowie Wirksamkeits- und Dosisfindungsstudien in Bezug auf physikalische Therapien sind bei diesen komplexen Krankheitsbildern wünschenswert. Ebenso wie in vielen anderen Bereichen der Rheumatologie fehlen Studien zu möglichen medikamentösen Dosiseinsparungen durch intensivierte physikalische Maßnahmen, um Patienten bestmöglich und zu behandeln. 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