Identifizierung neuer Mutationen durch hochauflösende

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PCR
Identifizierung neuer Mutationen durch
hochauflösende Schmelzkurvenanalyse
ALEXANDRE EVRAND 1, 2 , CAROLINE RAYNAL 1, 2 , JEAN-CHRISTOPHE BOYER 2 ,
LIONEL LE GALLIC 2 , SERGE LUMBROSO 1, 2
1 INSTITUT DE GÉNOMIQUE FONCTIONELLE, DÉPARTEMENT D’ONCOLOGIE
MOLÉCUL AIRE ET CELLUL AIRE, MONTPELLIER, FRANCE, 2 L ABORATOIRE DE
BIOCHIMIE, HÔPTIAL CARÈMEAU, CHU NÎMES, FRANCE
Das Ziel dieser Studie war es, bekannte und unbekannte Sequenzvariationen des Cytidin-Desaminase-Gens (cda) in Tumorproben zu erfassen. cda
spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung von Gemcitabine, das bei
der Behandlung solider Tumoren eingesetzt wird.
The purpose of the study was to screen known and unknown sequence
variations of the cytidine deaminase (cda) gene in tumor samples. cda
plays a key role in the regulation of gemcitabine, which used extensively
in chemotherapeutic treatment of solid tumors.
ó Das Ziel der vorliegenden Studie war es,
Sequenzvariationen des Cytidin-Desaminase-Gens (cda) in Tumorproben zu erfassen.
Das cda-Gen spielt eine zentrale Rolle beim
Abbau beziehungsweise der Inaktivierung
des Nukleosidanalogons Gemcitabine in
Tumoren und der Leber, das weiten Einsatz
bei der chemotherapeutischen Behandlung
solider Tumoren findet. Neuere Studien zeigen, dass das cda-Gen hochgradig polymorph
ist und zahlreiche Einzelbasenaustausche
(single nucleotide polymorphisms, SNPs) sowie
eine Insertion bzw. Deletion in Individuen
kaukasischen bzw. US-amerikanischen Ursprungs aufweist. Diese genetische Variabilität könnte die individuellen Unterschiede
hinsichtlich des therapeutischen Ansprechens und der Nebenwirkungen (Toxizität)
auf eine Gemcitabine-basierte Krebsbehandlung erklären. Wir untersuchten cdaSequenzvariationen mittels eines neuartigen
Gen-Scanning-Verfahrens, das auf der Analyse hochaufgelöster Schmelzkurven nach
der PCR-Amplifikation beruht. Diese HRM™Methode (high resolution melt) ist eine Weiterentwicklung traditioneller DNA-Dissozia-
tions-Analysen, die wesentlich genauere
Informationen als die konventionelle Charakterisierung von DNA-Amplifikationsprodukten mit toxischen Fluoreszenzfarbstoffen
wie SYBR® Green I liefert. Sie nutzt die sättigende Konzentrationen wenig toxischer,
DNA-interkalierender Fluoreszenzfarbstoffe,
um das Aufschmelzen von PCR-Produkten
zu detektieren, erfasst Sequenzvariationen
auf der Basis von Unterschieden in der Form
der Schmelzkurven und gestattet es, die
DNA-Sequenzierung auf solche Proben zu
beschränken, die tatsächlich ungewöhnliche
Sequenzinformationen beinhalten. Der LightCycler® 480 ist ein Multiwell-Platten-basiertes PCR-System, mit dem sich diese Schmelzkurven auf derselben Geräteplattform hochaufgelöst erfassen und mittels einer integrierten Software analysieren lassen. Wir
haben das LightCycler® 480-System (Roche
Applied Science) getestet und mit dem
LightScanner-Instrument (Idaho Technology) verglichen.
Material & Methoden
Der LightCycler® 480-High Resolution Melting Master Mix, der einen sättigenden HRMFarbstoff (ResoLight Dye) enthält, wurde entsprechend der Packungsbeilage eingesetzt.
1 μl einer 20 ng/μl-Lösung jeder DNA-Probe
(aus 46 Individuen) sowie je 3 mM MgCl2 und
˚ Abb. 1: Überblick über die genutzten PCR- und HRM-Temperaturprofile. Dieses Standard-Touch-down-PCR-Protokoll erwies sich als geeignet für alle
Amplifikationen, die in dieser Studie durchgeführt wurden.
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MET H ODE N & AN WE N DU NGEN
¯ Abb. 2: Lokalisation der PCR-Primer
und der variablen
Positionen innerhalb
des untersuchten
cda-Gens.
A
B
¯ Abb. 3: HRM-Analyse eines 173 bpFragments des humanen cda-Gens. Wildtypproben sind in
Blau, heterozygote
Mutanten (SNP A
nach C an Position
+79) in Rot dargestellt.
0,5 μM jedes Primers wurden zu 9 μl PCRMix in 96-well-Platten pipettiert. Die PCR wurde nach einem Touch-down-Protokoll durchgeführt. Bei einer Touch-down-PCR wird
durch die Wahl der Annealingtemperatur die
Amplifikation nicht spezifischer Sequenzen
verhindert. Beginnend mit einer hohen Temperatur (nahe an der Schmelztemperatur der
Primersequenz), die eine spezifische Primerbindung ermöglicht, wird diese in den
Folgezyklen schrittweise herabgesetzt. Die
Annealingtemperaturen betrugen bei unseren Versuchen 70–60 °C. HRM-Daten wurden mit einer Akquisitionsrate von 25 Datenpunkten pro Grad Celsius erfasst (Abb. 1).
Die Schmelzkurven wurden nach Fluoreszenz-Normalisierung, Temperaturverschiebung und Differenzanalyse (Vergleich mit
einer Referenzkurve) graphisch dargestellt[1]
und nachfolgend mittels einer automatischen
Gruppierungsfunktion der Software des LightCycler® 480-Systems entsprechend ihrer
Form geordnet. Amplifkate, die Sequenzvariationen aufwiesen, wurden anschließend
sequenziert.
Ergebnisse
A
B
¯ Abb. 4: Die HRMAnalyse eines 223bp-Fragments lieferte
zusätzliche Informationen. Die Anwesenheit einer zusätzlichen Sequenzvariation innerhalb eines
Introns in zwei Proben führte zu einer
zusätzlichen durch
das LightCycler 480®
Gen Scanning-Modul
identifizierte Gruppe
(in Rot dargestellt,
zwei Wiederholungen
pro Probe).
Abbildung 2 gibt einen Überblick des analysierten Fragments des cda-Gens. Die Feinanalyse der Schmelzkurven ergab, dass sich
22 der 46 analysierten DNA-Proben heterozygot hinsichtlich einer Sequenzänderung in
dem 173 Basenpaar langen Fragment des
Exons Nr. 1 befanden (Abb. 3). Die DNASequenzierung zeigte, dass die erfasste
Sequenzänderung einen bekannten SNP
(Lys27Gln) betraf. Alle anderen Proben hatten
Wildtyp-Charakter, wobei die aus der Analyse der Schmelzkurven erhaltenen Daten zu
100 Prozent mit den Sequenzierungsdaten
übereinstimmten. Bei der Analyse eines längeren Amplicons lieferte die Analyse der
Schmelzkurven in zwei Fällen Informationen
über eine weitere Sequenzvariation (grüne
Kurven in Abb. 4). Die DNA-Sequenzierung
bestätigte, dass diese beiden Variationen
heterozygot für die SNPs A79C und
IVS1+37G>A waren.
Schlussfolgerungen
Die HRM-basierte Genanalyse auf dem LightCycler 480®-System lieferte in kürzerer Zeit
und mit weniger Arbeitsaufwand eine vergleichbare Sensitivität und Spezifität als
bekannte konventionelle Scanverfahren wie
etwa dHPLC. Die Leistung war mit der der
LightScanner-Plattform vergleichbar. Allerdings erlaubte das LightCycler 480®-System
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als integrierte PCR-/HRM-Plattform zugleich eine online-Überwachung der Amplifikationseffizienz und lieferte zudem Informationen über das Erreichen der
Plateauphase. Im Gegensatz zur
Analyse mit dem LightScanner
war eine Ölüberschichtung der
Platten nicht erforderlich. Zugleich erwies sich die Software
des LightCycler 480®-Systems als
bedienungsfreundlich. Es konnten heterozygot auftretende Einzelbasentausche in PCR-Produkten (in unseren Experimenten bis
zu einer Länge von 622 Basenpaaren) mit optimaler Sensitivität
und Spezifität identifiziert werden (Daten nicht gezeigt). Die Differenzierung des homozygoten
Wildtyps von Mutationen erwies
sich als hochgradig abhängig von
diversen Target-spezifischen Faktoren, darunter etwa die Länge
des Amplikons sowie das GC-Verhältnis. Die Amplifikation von
Wildtyp-DNA (Spike), die allen
Proben beigemischt wurde, und
ihr Vergleich mit nicht gespikten
PCR-Reaktionen hat sich hier, wie
von anderen gezeigt wurde, als
wertvoller Ansatz erwiesen, diesen Einfluss zu klären. Unsere
Gen-Scanning-Resultate erwiesen
sich als optimal, wenn die Ausgangsmenge der DNA soweit
möglich standardisiert wurde.
Dies war nicht immer einfach,
weil die Blutproben aus unterschiedlichen Quellen stammten
und daher ihre DNA-Qualität variierte. Das von Roche empfohlene
Schmelz-Protokoll erwies sich für
die meisten unserer Experimente als geeignet. Ebenso war der
LightCycler® 480-High Resolution Melting Master Mix gut zu
handhaben, weil alle Komponenten einschließlich des neuen
ReBurZie120203soLight-HRMFarbstoffs in einem Röhrchen
angeboten werden. Dass MgCl2
separat angeboten wird, gestattete es uns, die Konzentrationen
an ein zuvor optimiertes PCR-Protokoll anzupassen.
Zusammengefasst zeigen unsere Ergebnisse, dass das LightCyBIOspektrum | 02.08 | 14. Jahrgang
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cler® 480-System eine innovative, integrierte Lösung ist, um
Genvariationen mithilfe der hochaufgelösten Schmelzkurvenanalyse nach PCR in Genfragmenten
aufzuspüren.
ó
Literatur
[1] Hoffmann, M., Hurlebaus, J. Weilke, C.
(2007): Novel Methods for High-Performance
Melting Curve Analysis Using the
LightCycler® 480 System. Biochemica 1: 17–
19.
[2] Mercier, C., Raynal, C., Dahan, L., Ortiz,
A., Evrard, A., Dupuis, C., Blesius, A., Duluc,
M., Franceschini Fleur, Giacometti, S., Salas,
S., Milano, G., Favre, R., Seitz, J.-F., Ciccolini,
J. (2007): Toxic death case in a patient undergoing gemcitabine-based chemotherapy in
relation with cytidine deaminase downregulation. Pharmacogenet. Genomics. 17: 841–
844
Korrespondenzadresse:
Dr. Alexandre Evrard
Institut de Génomique Fonctionnelle
CNRS UMR5203 – INSERM U661 –
Universités Montpellier I et II
Département d’Oncologie Cellulaire
et Moléculaire
Faculté de Médecine de Montpellier – Nîmes
Site de Nîmes
Avenue due Président Kennedy
F-30908 Nîmes cedex 2
Tel.: +33-(0) 467548618
Fax: +33-(0) 467668188
[email protected]
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