Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit

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Quantenmechanik und
Quantenwahrscheinlichkeit
von Michael Zirpel, Version 19.12.2004
[email protected]
Der Kern der Quantenmechanik wird als eine alternative
Wahrscheinlichkeitstheorie präsentiert.
Vorteile:
è Leichterer Zugang für Nicht-Physiker, die mit
Wahrscheinlichkeits- bzw. Maßtheorie vertraut sind
è Manche Strukturen werden klarer und verständlicher
è Es wird deutlicher, wie sehr die Quantenmechanik die
“Fundamente” in Frage stellt: z.B. die Verwendung einer
Mengenalgebra als Ereignisalgebra.
Im 1. Abschnitt wird die Quantenwahrscheinlichkeitstheorie
(QWT) eingeführt, im 2. Abschnitt werden die Grundpostulate der
Quantenmechanik als Anwendung dieser QWT formuliert, sowie
einige Folgerungen bzgl. der Kausalität formuliert.
Literatur:
D.W. Cohen, An Introduction to Hilbert Space and Quantum Logic,
Springer Verlag, 1989
J.M. Jauch, Foundations of Quantum Mechanics,
Addison-Wesley Publishing Company,1968
V.S. Varadarajan, Geometry of Quantum Theory,
D. Van Nostrand Company, 1968
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
1
Quantenwahrscheinlichkeit
Ein Zufallsexperiment wird in der Wahrscheinlichkeitstheorie (WT)
mit folgenden Hilfsmitteln beschrieben:
è
è
è
è
Ergebnisraum W: Menge als Träger der Strukturen
Ereignisalgebra : System von Teilmengen aus W, den
Ereignissen, die bzgl. der Mengenoperationen abgeschlossen
ist (eine s-Algebra bildet)
Wahrscheinlichkeitsmaß: eine Funktion p :  Ø @0, 1D,
die jedem Ereignis eine Wahrscheinlichkeit zuordnet
Zufallsvariablen: -meßbare Funktionen W Ø ,
die Meßgrößen im Zufallsexperiment repräsentieren. (Wir
beschränken uns auf reellwertige Zufallsvariablen d.h. -()meßbare Funktionen W Ø ).
Die Quantenwahrscheinlichkeitstheorie (QWT) verwendet
folgende Hilfsmittel:
è
è
è
è
Ergebnisraum : Hilbertraum als Träger der Strukturen
Ereignisalgebra (): System der abgeschlossenen Teilräume
von  bzw. der Projektionsoperatoren auf diese Teilräume
Wahrscheinlichkeitsmaß: eine Funktion p : HL Ø @0, 1D, die
jedem Ereignis eine Wahrscheinlichkeit zuordnet.
Zufallsvariablen, Funktionen von ()Ø(), sogenannte
projektorwertige Maße, die Meßgrößen im Zufallsexperiment
repräsentieren.
2
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
1.1
Ergebnisraum
Der Ergebnisraum der QWT ist ein komplexer, separabler
êê
Hilbertraum Y, X, \, +, 0, ÿ , ], also ein unitärer Vektorraum,
der vollständig und separabel ist:
Ein unitärer Vektorraum ist ein Vektorraum über den komplexen
êê
Zahlen Y, +, 0, ÿ , ], in dem ein Skalarprodukt
(Sesquilinearform bzw. positiv definite hermitesche Form)
definiert ist:
X , \ :  ä  Ø , Hj, cL # Xj, c\
(1)
mit folgenden Eigenschaften " a, b œ  " j, c œ  :
Xj, c\ = X c, j\*
Xj, c + y\ = Xj, c\ + Xj, y\
(2)
êê
Xj, j\ ¥ 0 ; Xj, j\ = 0 ñ j = 0
(4)
Xj, a c\ = a Xj, c\
(3)
(5)
Durch das Skalarprodukt kann einerseits die Orthogonalität
zwischen Vektoren definiert werden " j, c œ  :
j ¦ c : ñ Xj, c\ = 0
und andererseits eine Norm (Länge) " j œ 
è!!!!!!!!!!!!
» j » := Xj, j\
(6)
(7)
d.h. es gilt " a, b œ  " j, c œ  :
»j» ¥0
êê
»j»=0 ñj= 0
»aj»= »a» »j»
» j + c » § » j » + » c » HDreiecksungleichungL
(8)
(9)
(10)
(11)
3
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
» j - c » kann als Abstand zwischen den Vektoren j, c
verstanden werden. Daher kann mittels der Norm die Konvergenz
einer Folge Hji Liœ von Vektoren aus  gegen einen Grenzwert
j œ  definiert werden:
lim ji = j : ñ lim À ji - j À = 0
iض
(12)
iض
Ein komplexer Hilbertraum  ist ein unitärer Vektorraum, der
bzgl. der Normkonvergenz vollständig ist, d.h. alle in sich
konvergenten Folgen haben einen Grenzwert, " Hji œ Liœ :
lim » ji - jk » = 0 fl $ j œ  : lim ji = j
i,kØ ¶
iض
(13)
Ein komplexer Hilbertraum  ist separabel, wenn es eine Folge
Hji Liœ von Vektoren aus  gibt, die dicht in  liegt $ Hji œ Liœ :
" j œ  " ¶ œ , ¶ > 0 : $ k œ  : » j - jk » < ¶
(14)
(ähnlich wie die abzählbare Menge der rationalen Zahlen dicht in
 liegt).
Beispiele für Hilberträume:
1. n : Komplexe n-Tupel (für k Qubits ist n = 2k )
j = Hc1, c2, ... cn L, c = Hd1, d2, ... dn L
Vektorraum:
a j + b c := Ha c1 + b d1 , a c2 + b d2 , ..., a cn + b dn L
Skalarprodukt:
n
X , \ : n µ n Ø , Hj, cL # Xj, c\ := ⁄i=1
ci * di
2. 2 : Komplexwertige Zahlenfolgen
j = Hc1, c2, ... L = Hci Liœ , c = Hd1, d2, ... L = Hdi Liœ
4
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
deren Reihe der Betragsquadrate konvergiert:
¶
» ci »2 < ¶
⁄i=1
Vektorraum:
a j + b c := Ha c1 + b d1 , a c2 + b d2 , ...L = Ha ci + b di Liœ
Skalarprodukt:
X , \ :  µ  Ø , Hj, cL # Xj, c\ := ‚ ci * di
¶
2
2
(15)
i=1
3. 2Hn L: Komplexwertige, quadratintegrierbare Funktionen auf
n ("Wellenfunktionen” für mechanische Systeme mit n
Freiheitsgraden):
j : n Ø , Hx1 , ..., xn L # jHx1, ..., xn L
deren Betragsquadrat integrierbar ist, d.h.
n
2
Ÿ » j Hx1, ..., xn L » dx < ¶
n
Vektorraum:
a j + b c : n Ø ,
Hx1 , ..., xn L # Ha j + b cL Hx1 , ..., xnL :=
a jHx1 , ..., xn L + b cHx1 , ..., xn L œ 2Hn L
(16)
Skalarprodukt:
X , \ : 2Hn L µ 2 HnL Ø , Hj, cL # Xj, c\ :=
n
*
‡ j Hx1, ..., xn L cHx1 , ..., xn L dx
(17)
n
Da es Funktionen gibt, deren Betragsquadratintegral 0 ergibt und
damit (5) verletzen, führt erst eine Äquivalenzklassenbildung zum
Hilbertraum:
j ~ j£ : ñ : Ÿ » j - j£ »2 dxn = 0
n
5
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Der Hilbertraum 2 Hn L ist isomorph zum Hilbertraum 2 . Heisenbergs
Matrizenmechanik benutzte implizit den Raum 2 , Schrödingers
Wellenmechanik dagegen 2 Hn L. Die Äquivalenz beider Darstellungen
wurde allerdings bald erkannt.
Ein Vektor j œ  mit der Norm » j » = 1 heißt Einheitsvektor.
Ein n-Tupel oder eine Folge Hji LiœIŒ von paarweise orthogonalen
Einheitsvektoren, d.h. " i œ I : Xji , j j \ = di j , aus  heißt
Orthonormalsystem. Ein Orthonormalsystem heißt vollständig
oder Orthonormalbasis von  wenn " j œ  :
‚ Xj, ji \ ji = j
(18)
iœI
wobei für unendliche I die Summe als Grenzwert im Sinne der
Normkonvergenz aufzufassen ist.
Die Kardinalität » I » von I ist für alle vollständigen
Orthonormalsysteme gleich und wird als Dimension von 
bezeichnet.
Die Räume 2 und 2 HnL haben abzählbar unendliche
Dimension, n hat die Dimension n.
1.2
Ereignisalgebra
Im folgenden ist “Hilbertraum” immer als Abkürzung für
“komplexer, separabler Hilbertraum” gemeint.
1.2.1
Teilräume des Hilbertraums
Ein abgeschlossener Teilraum T eines Hilbertraums  ist eine
Teilmenge T Œ  , die selbst wieder ein Hilbertraum ist:
" j, c œ T " a, b œ  : a j + b c œ T
" Hji œ TLiœ : lim à ji - jk à = 0 fl lim ji œ T
i,kØ ¶
iض
(19)
(20)
6
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Mit () bezeichnen wir die Menge aller abgeschlossenen
Teilräume von .
Die Mengeninklusion Πdefiniert eine Inklusion (und damit eine
partielle Ordnung) zwischen den Teilräumen. Wegen (19) ist der
êê
êê
Nullvektor 0 in jedem Teilraum enthalten, 80< ist daher der
kleinste Teilraum in  HL,  der größte.
Der Durchschnitt zweier Teilräume ist wieder ein Teilraum
" A, B œ  HL :
A › B œ  HL
Die Vereinigungsmenge zweier Teilräume A, B œ  HL ist selbst
kein Teilraum, aber der kleinste Teilraum aus () der A ‹ B
enthält, kann zur Definition einer “Teilraumvereinigung”
verwendet werden " A, B œ  HL :
A ü B := Ë 8C œ  HL » A ‹ B Œ C<
(21)
(22)
A ü B enthält neben allen Vektoren aus A und B auch alle
Linearkombinationen dieser Vektoren.
Ein Komplement zu einem Teilraum A kann durch die Menge aller
Vektoren, die zu allen Vektoren aus A orthogonal sind, definiert
werden " A œ  HL :
A¦ := 8j œ  » " c œ A : Xj, c\ = 0<
Wir definieren noch die Orthogonalität für zwei Teilräume
A, B œ  HL:
A ¦ B : ñ " j œ A : " c œ B : Xj, c\ = 0
Es gilt natürlich " A, B œ  HL :
(23)
A ¦ A¦
(24)
A ¦ B ñ A¦ Œ B
(25)
7
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Man kann sich diese Operationen und Relationen gut im
dreidimensionalen Raum veranschaulichen: die Vektoren sind
Pfeile die vom Nullpunkt ausgehen, die Teilräume sind dann
Nullpunkt (Nullraum), Geraden und Ebenen durch den Nullpunkt,
sowie der gesamte Raum.
D
B
0
C
A
Im Bild ist A ü B die von den Geraden A und B aufgespannte
Ebene. Es gilt A ü B = A ü C = A ü C. Der Durchschnitt aus der
Ebene A ü B und der Gerade C ist C: HA ü BL › C = C. Im 3dimensionalen Raum ist die Ebene A ü B das Komplement der
Gerade D: D¦ = A ü B, und umgekehrt HA ü BL¦ = D.
Die Ebene B ü D ist übrigends nicht orthogonal zur Ebene
A ü B, denn HA ü BL › HB ü DL =B. Es gibt also Vektoren in
B ü D die nicht orthogonal zu allen Vektoren aus A ü B sind.
1.2.2
Orthomodularer Verband
êê
Y HL, Œ , › , ü , 80<, , ¦ ] ist ein vollständiger, orthomodularer
êê
Verband mit [0 ] als 0-Element und  als 1-Element. Das
bedeutet:
Verband:
" A, B, C œ  HL :
AüB=BüA
A › B = B › A HKommutativitätL
(26)
8
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
HA ü BL ü C = A ü HB ü CL
HA › BL › C = A › HB › CL HAssoziativitätL
AüA=A
A › A = A HIdempotenzL
A › HA ü BL = A
A ü HA › BL = A HAbsorptionL
AŒBñ A›B= A
(27)
(28)
(29)
(30)
Vollständigkeit:
" F Œ T : $ üAœF A, ›AœF A
Beschränktheit (0- und 1-Element):
êê
" A œ  HL : 80< Œ A Œ 
(31)
Orthokomplementarität:
¦ :  HL Ø  HL : A # A¦
ist eine bijektive Abbildung und es gilt " A, B œ  HL :
HA¦ L¦ = A
êê
A ü A¦ = , A › A¦ = 80<
A Œ B fl B¦ Œ A¦
(32)
(33)
(34)
Orthomodularität:
" A, B œ  HL : A Œ B fl B = A ü HA¦ › BL
Folgerungen " A, B œ  HL :
A › 1 = A, A ü 0 = A
A ü 1 = 1, A › 0 = 0
HA ü BL¦ = A¦ › B¦ , HA › BL¦ = A¦ ü B¦ Hde MorganL
(35)
(36)
(37)
9
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
1.2.3
Distributivität
Auch eine s-Algebra  über W bildet mit den Mengenoperationen
einen orthomodularen Verband X, Œ , › , ‹ , «, W , £ \,
allerdings gilt dort zusätzlich das Distributivgesetz " A, B, C œ :
HA ‹ BL › C = HA › CL ‹ HB › CL
HA › BL ‹ C = HA ‹ CL › HB ‹ CL
(38)
Einen orthokomplementären Verband, in dem das
Distributivgesetz gilt, nennt man auch boolesche Algebra. Er ist
dann automatisch auch orthomodular.
Jede boolesche Algebra ist isomorph zu einer Mengenalgebra,
also einem System aus Teilmengen einer Menge mit den
üblichen Mengenoperationen als Verknüpfungen.
In () gilt das Distributivgesetz i.A. nicht. Im folgenden Bild
liegen z.B. die Geraden A, B, C alle in der Ebene A ü B und es
gilt HA ü BL › C = C, aber A › C = 0 und B › C = 0 und somit
HA › CL ü HB › CL = 0.
B
0
C
A
Ein Teilverband eines orthokomplementären Verbandes ist eine
Teilmenge, die 0- und 1-Element beinhaltet und bezüglich der
Verbandsoperationen abgeschlossen ist.
In jedem orthokomplementären Verband gibt Teilverbände, in
denen das Distributivgesetz gilt, z.B. in  HL mit einem
beliebigen Element A der aus
10
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
8 0, A, A¦ , 1<
bestehende Verband.
Einen Teilverband, in dem das Distributivgesetz gilt, nennt man
distributiv oder boolesch, er bildet eine boolesche Algebra.
1.2.4
Kompatibilität
Durch die fehlende Distributivität werden paradoxe Situationen
“verursacht”:
Seien wie im letzten Bild A, B œ  HL mit A ¦ B. Dann gibt es ein
C wie im Bild mit C Œ A ü B und C › A = 0 und C › B = 0.
Interpretieren wir  HL als Ereignisalgebra, dann bedeutet das:
Tritt das Ereignis C ein, so tritt das Ereignis A ü B ebenfalls ein,
obwohl weder das Ereignis C › A noch das Ereignis C › B
eintritt. Beispielsweise im Doppelspaltexperiment: A, B werden
interpretiert als die Ereignisse “Das Teilchen geht durch Spalt 1”,
“Das Teilchen geht durch Spalt 2”. Tritt das Ereignis C ein, so tritt
auch das Ereignis “Das Teilchen geht durch Spalt 1 ODER das
Teilchen geht durch Spalt 2” ein, aber weder “Das Teilchen geht
durch Spalt 1” noch “Das Teilchen geht durch Spalt 2”.
C ist durch eine sogenannte Superposition von A und B gegeben,
d.h. eine Linearkombination von Vektoren aus A und B. Im
Beispiel ist C der eindimensionale Teilraum, der von der
Superposition j + c zweier Einheitsvektoren j œ A, c œ B erzeugt
wird, C = 8c Hj + cL » c œ <.
Eine weitere Quelle von Paradoxien: A › B = 0 “trennt” A und B
nicht stark genug. Wir würden erwarten, daß
A › B = 0 fl B Œ A¦
aber es gibt durchaus Fälle, in denen A › B = 0 und A › B¦ = 0,
obwohl A › HB ü B¦ L = A.
11
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Im letzten Beispiel würden wir wegen A › C = « erwarten, daß auch
C Œ A¦ gilt, daß also das Eintreten vom Ereignis C das Eintreten vom
Ereignis A¦ impliziert. Wenn also im Doppelspaltexperiment C eintritt, sollte
“das Teilchen NICHT durch den Spalt 1 gehen" (und auch nicht durch den
Spalt 2, wegen B › C = «). Aber dies ist nicht der Fall. Die Ereignisse, “das
Teilchen geht NICHT durch Spalt 1”, “das Teilchen geht NICHT durch Spalt
2” treten ebenfalls nicht ein.
Wir können also weder sagen das “Teilchen geht durch einen der Spalte”
noch sagen “das Teilchen geht NICHT durch einen der Spalte".
Die Orthogonalität liefert eine stärkere Trennung im Sinne eines
entweder-oder:
A ¦ B ñ A Œ B¦
A¦Bfl A›B=0
A › B = 0 ñ A Œ B¦
(39)
(40)
In einer Booleschen Algebra gilt
(41)
Da alle diese Paradoxien mit der fehlenden Distributivität
zusammenhängen, kann man sie vermeiden, wenn man sich auf
distributive Teilverbände beschränkt.
Zwei Teilräume A, B œ  HL werden als kompatibel bezeichnet,
Kurzschreibweise A ÑB, wenn es einen booleschen Teilverband
 Œ  HL mit A, B œ . Die Kompatibilitätsrelation ist
symmetrisch und reflexiv, aber i.A. nicht transitiv.
A ¦ B fl A ÑB
A ÑB fl HA › B = 0 ñ A Œ B¦ L
A ÑB, B ÑC, A ÑC fl
HA ‹ BL › C = HA › CL ‹ HB › CL
HA › BL ‹ C = HA ‹ CL › HB ‹ CL
(42)
(43)
(44)
12
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
1.2.5
Projektionsoperatoren
Die lineare Struktur des Hilbertraums ermöglicht die Algebra der
linearen Operatoren.
Zunächst einige Begriffe zu linearen Operatoren:
Ein linearer Operator L in  ist eine Abbildung von einer
Teilmenge DHLL Œ  , dem Definitionsbereich von L, nach 
L : DHLL Ø , j # LHjL
mit der Eigenschaft " a, b œ  " j, c œ  :
LHa j + b cL = a LHjL + b L H cL
(45)
Man verwendet die Operatorschreibweise L j anstelle der
Funktionenschreibweise LHjL.
Die Menge der linearen Operatoren in  sei mit () bezeichnet.
Wir betrachten im folgenden nur sogenannte beschränkte lineare
Operatoren, deren Definitionsbereich ganz  ist, und bezeichnen
sie mit ().
Jede Linearkombination zweier linearer Operatoren L, M œ HL
definiert wieder einen linearen Operator " a, b œ  " j œ  :
a L + b M :  Ø , j # Ha L + b ML HjL = a L j + b M j
(46)
Die Verkettung linearer Operatoren definiert ein Produkt. Seien
L, M œ HL lineare Operatoren in , dann ist durch
L M :  Ø , j # HL ML HjL = LHMHjLL = L M j
(47)
ein Produkt definiert. Dieses Produkt ist aber im allgemeinen nicht
kommutativ, M L ∫ L M . Der 1-Operator ist die identische
Abbildung:
1 :  Ø , j # 1 j = j
(48)
13
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Mittels Linearkombinationen und Produkten können z.B.
Polynome von Operatoren definiert werden, wie:
a L2 + b L + c 1 :  Ø , j # a LHLHjLL + b LHjL + c j
Seien L, M œ HL lineare Operatoren auf . Gilt für alle j, c œ 
Xj, L c\ = XM j, c\
(49)
so bezeichnet man M als adjungierten Operator zu L und schreibt
M = L*
(50)
Ein Operator L heißt selbstadjungiert, wenn gilt:
L = L*
Ein Operator U heißt unitär, wenn gilt:
`
U U* = U* U = 1
(51)
(52)
Projektionsoperatoren:
Sei T œ  HL ein abgeschlossener Teilraum von . Dann
existiert für jeden Vektor j œ  eine eindeutige Zerlegung in zwei
Vektoren c, c£ œ  , so daß gilt:
j = c + c£ mit c œ T und c£ œ T ¦
(53)
ET j = c mit c œ T und j - c = c£ œ T ¦
(54)
Jedem abgeschlossenen Teilraum T œ  HL kann deshalb ein
linearer Operator ET zugeordnet werden, der den Anteil eines
Vektors liefert, der im Teilraum T liegt:
wobei natürlich ET c = c und daher für " j, c œ 
ET ET j = ET j ñ ET 2 = ET
XET j, c\ = Xj, ET c\ ñ ET * = ET
(55)
(56)
14
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Einen solchermaßen definierten Operator ET bezeichnet man als
Projektionsoperator oder kürzer Projektor. Die Menge der
Projektoren in  bezeichnen wir mit ().
Ein linearer Operator E œ HL ist genau dann ein Projektor,
wenn gilt:
E 2 = E und E = E *
Wir bezeichnen den zum Projektor E gehörigen Teilraum mit @ED:
(57)
Für jeden Vektor j œ @ED gilt E j = j, d.h. j ist Eigenvektor von E
zum Eigenwert 1. Es gilt sogar " j œ  :
(58)
@ED = E  = 8E j » j œ <
E j = 1 j = j ñ j œ @ED
êê
E j = 0 j = 0 ñ j œ @ED¦
(59)
Ein Projektor hat keine anderen Eigenwerte als 0 und 1.
Zwischen den Projektoren aus () und den vollständigen
Teilräumen aus () besteht eine umkehrbar eindeutige
Beziehung: T = @ET D und E@ED = E . Wir können daher die
Verknüpfungen, Funktionen und Relationen, die wir für ()
definiert haben, auch für () definieren:
E1 › E2 := E@E1 D›@E2 D
E1 ü E2 := E@E1 Dü@E2 D
E ¦ := E@ED¦
E1 Œ E2 : ñ @E1 D Œ @E2 D
E1 ¦ E2 : ñ @E1 D ¦ @E2 D
E1 ÑE2 : ñ @E1 D Ñ@E2 D
` `
0, 1 sind die Projektionsoperatoren auf [0] und .
` `
Damit ist ZHL, Œ , Ë , Ø , 0, 1, ¦ ^ ebenfalls ein vollständiger,
orthomodularer Verband, und bildet die Ereignisalgebra der
QWT.
15
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Neben den verbandstheoretischen Beziehungen gilt für die
Projektoren eine Reihe von algebraischen Beziehungen:
E1 Œ E2 ñ E1 E2 = E1
`
E¦ = 1 - E
`
E1 ¦ E2 ñ E1 E2 = 0
E1 á E2 ñ E1 E2 = E2 E1
(60)
(61)
(62)
(63)
Wenn Projektoren kommutieren, gehören die zugehörigen
Teilräume einer booleschen Teilalgebra an und es gelten
folgende Beziehungen:
E1 E2 = E2 E1 fl E1 › E2 = E1 E2
E1 E2 = E2 E1 fl E1 ü E2 = E1 + E2 - E1 E2
(64)
(65)
die Summe von orthogonalen Projektoren ist wieder ein Projektor,
und zwar auf den Teilraum der durch die Teilraumvereinigung
erzeugt wird:
E1 ¦ E2 fl E1 ü E2 = E1 + E2
1.3
1.3.1
(66)
Wahrscheinlichkeitsmaße
Q-Wahrscheinlichkeitsmaß
Ein Q-Wahrscheinlichkeitsmaß (QW-Maß) ist eine Abbildung der
Ereignisalgebra HL in die reellen Zahlen
p : HL Ø , p # pHEL
die folgende, an die Kolmogorov-Axiome der WT angelehnte
Bedingungen erfüllt:
" E œ HL : 0 § pHEL
(67)
16
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
`
pH1L = 1
für jede Folge HEi L paarweise orthogonaler
Projektoren Ei œ HL (d.h. Ei ¦ Ek für i ∫ k ) gilt
p H üi Ei L = ‚ pHEi L
i
(68)
(69)
Wie in der WT folgt:
" E œ HL : pHEL § 1
`
pH0L = 0
E1 Œ E2 fl pHE1 L § pHE2 L
pHE ¦ L = 1 - pHEL
pHE1 ü E2 L π pHE1 L + pHE2L - pHE1 › E2 L
(70)
(71)
(72)
(73)
Es gilt aber im allgemeinen im Gegensatz zur WT
(74)
Für kompatible E1 , E2 in einem distributiven Teilverband tritt
jedoch Gleichheit ein.
Ein boolescher Teilverband von HL ist isomorph zu einer
Mengenalgebra. Reduziert auf einen solchen Teilverband verhält
sich ein QW-Maß wie ein Wahrscheinlichkeitsmaß der WT, denn
in einer booleschen Algebra gilt
E1 › E2 = 0 ñ E1 ¦ E2
(75)
(67)-(69) sind dann äquivalent zu den Kolmogorov-Axiomen.
1.3.2
Durch Einheitsvektoren induzierte QW-Maße
Wir bezeichnen die Menge aller Einheitsvektoren j œ  mit ():
HL := 8j œ  » Xj, j\ = 1<.
Durch jeden Einheitsvektor j œ HL wird ein QWahrscheinlichkeitsmaß pj folgendermaßen definiert:
17
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
pj : HL Ø , pj # pj HEL := Xj, E j\
(76)
Denn für alle j œ  gilt:
Xj, E j\ = Yj, E 2 j] = XE j, E j\ = » E j »2 ¥ 0.
`
Für alle Einheitsvektoren j œ HL gilt Yj, 1 j] = Xj, j\ = 1.
Weiterhin gilt wegen der paarweisen Orthogonalität der HEi L, daß
üi Ei = ⁄i Ei . Damit und aus der Linearität des Skalarprodukts
folgt pj H üi Ei L = Xj, ⁄i Ei j\ = ⁄i Xj, Ei j\ = ⁄i pj HEi L.
Auch die Wahrscheinlichkeiten kann man sich gut geometrisch
veranschaulichen, wenn man in E j als Projektion des Einheitsvektors j in
den Teilraum E begreift, und das Skalarprodukt als das Quadrat der
resultierenden Länge (§1), denn es gilt Xj, E j\ = XE j, E j\ = » E j »2 .
E1
E2
χ
0
ϕ
Man sieht im Bild, daß die Projektion des Einheitsvektors j auf die Geraden
E1 , E2 eine relativ kleine Länge ergibt, je näher E1 , E2 der Senkrechten zu j
sind, desto näher liegt die Länge der Projektion bei 0.
Dann gilt mit dem Maß j: pj HE1 L º 0, pj HE2 L º 0, pj HE1 › E2 L = 0 aber
pj HE1 ü E2 L = 1 (denn j liegt in der Ebene), d.h. es gilt
1 = pj HE1 ü E2 L π pj HE1 L + pj HE2 L - pj HE1 › E2 L º 0.
Die Projektion des Einheitsvektors c auf die Geraden E1 , E2 behält fast die
Länge von c, der Wert liegt umso dichter bei 1, je dichter E1 , E2 an der
Senkrechten zu j sind.
Dann gilt mit dem Maß c: p c HE1 L º 1, p c HE2 L º 1, p c HE1 › E2 L = 0 aber
p c HE1 ü E2 L = 1 (denn c liegt in der Ebene), d.h. es gilt
1 = p c HE1 ü E2 L π p c HE1 L + p c HE2 L - p c HE1 › E2 L º 2.
18
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Die konvexe Mischung mehrerer Wahrscheinlichkeitsmaße ist sowohl in der
WT als auch in der QWT wieder ein Wahrscheinlichkeitsmaß:
li > 0, , Hpi : HL Ø L œ Wahrscheinlichkeitsmaß fl
p : HL Ø , E # pHEL := ⁄i li pi HEL œ Wahrscheinlichkeitsmaß
Der Satz von Gleason lehrt, dass alle Q-Wahrscheinlichkeitsmaße, von
Einheitsvektoren erzeugt werden (also die Form (76) haben) oder als
konvexe Mischung aus solchen entstehen. In der Terminologie der
Quantenmechanik bezeichnet man erstere als rein, letztere als gemischt. Wir
werden im folgenden die gemischten Q-Wahrscheinlichkeitsmaße außer
Acht lassen.
1.3.3
Einige Resultate
Ist j œ HL Eigenvektor von E œ HL, so gilt nach (59) :
E j = j fl pjHEL = Xj, E j\ = 1, pj HE ¦ L = 1 - pj HEL = 0
êê
E j = 0 fl pj HEL = Xj, E j\ = 0, pj HE ¦ L = 1 - pj HEL = 1
d.h. die Ereignisse E, E ¦ treten mit Sicherheit ein bzw. mit
Sicherheit nicht ein.
Ist j œ HL kein Eigenvektor von E œ HL, so besteht eine
gewisse Wahrscheinlichkeit für beide Ereignisse E und E ¦ :
êê
E j ∫ j, E j ∫ 0 fl
0 < pjHEL < 1
0 < pj HE ¦ L = 1 - pj HEL < 1
(77)
(78)
Für kompatible Ereignisse E1, E2 œ HL mit E1 E2 = E2 E1 gibt es
stets Einheitsvektoren j œ HL, die Eigenvektoren von
E1 und E2 sind.
Für jeden booleschen Teilverband  Œ HL gibt es sogar ein
vollständiges Orthonormalsystem  Œ HL, sodaß gilt:
" j œ  : " E œ  : pj HEL = 0 Í pjHEL = 1
(79)
19
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
1.4
1.4.1
Zufallsvariable
Projektorwertige Maße
Betrachten wir die WT. Eine reelle Zufallsvariable X auf einem
Maßraum HW, L ist eine Funktion
X : W Ø , w # X HwL,
die -meßbar ist:
" B œ HL : X -1HBL œ 
In einem Wahrscheinlichkeitsraum HW, , pL ist X -1 HBL das
Ereignis, daß der Wert der Zufallsvariablen X in B liegt. Die
entsprechende Wahrscheinlichkeit ist dann:
pHBL = pIX -1 HBLM
Eine Zufallsvariable X wird durch die Urbildfunktion
X -1 : HL Ø  eindeutig bestimmt.
In der QWT erweist es sich als zweckmäßig, von einer analog zur
Urbildfunktion definierten Funktion auszugehen, um eine
Zufallsvariable zu definieren:
Eine Q-Zufallsvariable X soll jeder Borelmenge B œ HL ein
Ereignis EHBL œ HL zuordnen, eben das Ereignis, daß der Wert
der Q-Zufallsvariablen X in B liegt, Xj, HEHBL j\ ergibt dann die
entsprechende Wahrscheinlichkeit.
Dazu wird jeder Q-Zufallsvariable umkehrbar eindeutig ein
projektorwertiges Maß (projection valued measure, PVM bzw.
Spektralmaß) zugeordnet, nämlich eine Abbildung
EX : HL Ø HL, B # EX HBL
mit folgenden Eigenschaften:
`
(80)
EX H«L = 0
20
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
`
EX HL = 1
für jede paarweise disjunkte Folge HBi Liœ von Mengen aus
HL gilt:
ij
yz
EX jjjÊ Bi zzz = ‚ EX HBi L
k i
{
i
(81)
(82)
Jedes projektorwertiges Maß EX : HL Ø HL hat folgende
Eigenschaften:
" B, B1 , B2 œ HL
B1 › B2 = 0 fl EX HB1 L ¦ EX HB2 L
EX HB1 L EX HB2 L = EX HB2 L EX HB1 L ñ EX HB1 L Ñ EX HB2L
Wegen (84) ist Bild EX HHLL von HL ein boolescher
Teilverband von HL. Dieser ist in folgender Weise homomorph
zu ():
" B, B1 , B2 œ HL
B1 ΠB2 fl EX HB1L ΠEX HB2 L
(83)
(84)
EHB1 › B2L = EHB1 L › EHB2 L
(85)
EX HB£ L = EX HBL¦
(87)
EHB1 ‹ B2L = EHB1 L ü EHB2 L
`
Die kleinste abgeschlossene Menge S œ HL, für die EX HSL = 1
ist, heißt Spektrum der Zufallsvariablen X , wir schreiben SpHX L.
Es gilt also
`
EX HSpHX LL = 1
`
EX HSpHX L£ L = 0
Ein Zufallsvariable X heißt diskret, wenn SpHX L abzählbar ist:
SpHX L = 8xi » i œ , xi œ <
(86)
(88)
(89)
(90)
(91)
21
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Es gilt dann
‚ EX H8xi <L = 1
EX H8xi <L EX H8xk <L = di k EH8xi <L
(92)
i
(93)
Eine abzählbare Menge von Projektoren, die die letzten beiden
Bedingungen erfüllt, nennt man auch Zerlegung der Einheit.
1.4.2
Induziertes Wahrscheinlichkeitsmaß:
Wahrscheinlichkeitsraum
Für jedes B œ HL errechnet sich die Wahrscheinlichkeit pj HBL
beim durch den Einheitsvektor j induziertem QWahrscheinlichkeitsmaß wie gewünscht zu:
pjHEX HBL = Xj, EX HBL j\
Die Abbildung
pEj X : HL Ø , B # pEj X HBL := Xj, EX HBL j\ = pj HEX HBLL
definiert ein Wahrscheinlichkeitsmaß (im Sinne der WT) auf dem
Meßraum H, HLL, denn es gilt:
0 § pjHEX HBLL § 1
pEj X HL = pj HEX HLL = pj HL = 1
und für jede disjunkte Folge HBi L aus HL gilt
pEj X H‹i Bi L = pj HEX H‹i Bi LL = pjH⁄i EX HBi LL =
Xj, ⁄i EX HBi L j\ = ⁄i Xj, EX HBi L j\ = ⁄i pEj X HBi L
Das Spektrum von X kann als Wertebereich der Zufallsvariablen
X aufgefaßt werden, denn nur Werte bzw. Intervalle aus dem
Spektrum werden mit Wahrscheinlichkeiten belegt, die (abhängig
vom Wahrscheinlichkeitsmaß) größer als Null sein können. Für
alle Teilmengen aus dem Komplement des Spektrums gilt, daß
sie immer die Wahrscheinlichkeit 0 haben, denn für B Œ SpHX L£ gilt
22
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
`
EX HBL = 0 fl " j œ HL : pj HEX HBLL = 0
1.4.3
(94)
Anwendung der Begriffe der Wahrscheinlichkeitstheorie
Die Abbildung
pEj X : HL Ø , B # pEj X HBL := Xj, EX HBL j\
definiert einen Wahrscheinlichkeitsraum Y, HL, pEj X ] und man
kann die Begriffe der WT wie Erwartungswert, Varianz, Streuung,
Verteilungsfunktion etc. anwenden:
Erwartungswert von X :
XX \ = ‡ x dpEj X
(95)
(96)

Erwartungswert einer borelmeßbaren Funktion f :  Ø  von X :
Xf HX L\ = ‡ f HxL dpEj X
(97)

Varianz von X:
YHX - XX \L2 ] = YX 2 ] - XX \2 = ‡ x 2 dpEj X - XX \2
(98)

"################
########
XX 2 \ - XX \2
Streuung von X:
sHX L =
(99)
Verteilungsfunktion von X:
FHxL = pEj X H@-¶, xDL
(100)
Wahrscheinlichkeitsdichte f(x) mit
FHxL = ‡
x
-¶
f HxL dx
(101)
23
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
1.4.4
Projektorwertige Maße und selbstadjungierte
Operatoren
Betrachten wir die Erwartungswertberechnung für eine diskrete QZufallsvariable X. Es gilt
`
⁄i EX H8xi <L = 1
Das Wahrscheinlichkeitsmaß pEj X ist in den Punkten 8xi <
konzentriert. Die Wahrscheinlichkeit für den Wert xi beim QWMaß j beträgt pEj X H8xi <L = Xj, EX H8xi <L j\. Der Erwartungswert
ergibt sich dann als Summe:
XX \ = ‚ xi pEj X H8xi <L = ‚ xi Xj, EX H8xi <L j\ =
i
[j, ‚ xi EX H8xi <L j_
i
(102)
Durch X = ⁄i xi EX H8xi <L wird aber ein linearer, selbstadjungierter
Operator definiert:
i
X :  Ø , j # X j := ‚ xi EX H8xi <L j
(103)
i
XX \ = Xj, X j\
Für den Erwartungswert kann man dann auch schreiben:
(104)
Dies ist dann die übliche Formel für Erwartungswerte aus dem
Lehrbuch.
Für jede borelmeßbare Funktion f :  Ø  von X wird durch
Xf HX L\ = ‚ f Hxi L pEj X H8xi <L
(105)
i
der Operator
FX = ‚ f Hxi L EX H8xi <L
(106)
i
definiert, sodaß wieder gilt:
24
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Xf HX L\ = Xj, FX j\
(107)
Ist f :  Ø  ein Polynom,
f :  Ø , x # f HxL = a0 + a1 x + ... an x n
(108)
FX = ‚ f Hxi L EX H8xi <L = a0 1 + a1 X + ... an X n
(109)
mit a0 , a1 , ... an œ , so gilt mit X = ⁄i xi EX H8xi <L
Da EX H8xi <L EX H8x j <L = EX H8xi <L di j sieht man leicht, daß
X X n-1 = H⁄i xi EX H8xi <LL I⁄ j x j n-1 EX H8x j <LM = ⁄i xi n EX H8xi <L = X n .
i
Daß Polynome (und Potenzreihen) von selbstadjungierten Operatoren mit
den entsprechenden reellen Funktionen auf dem Spektrum übereinstimmen,
ist ein wichtiges Resultat.
Wir betrachten noch kurz diskrete Zufallsvariable, die nur 2 Werte
annehmen, nämlich 0 und 1, SpHX L = 80, 1<. Eine solche Zufallsvariable
definiert den Operator
X = 0 EX H80<L + 1 EX H81<L = EX H81<L
(110)
wobei
`
EX H80<L = EX H1L¦ = 1 - EX H1L
Jede Zufallsvariable mit dem Spektrum 80, 1< definiert also einen Projektor
bzw. ein Ereignis der Ereignisalgebra.
(111)
Zu jeder Borelmenge B œ HL kann man die sogenannte
Diskriminatorfunktion (charakteristische Funktion) auf  definieren, die den
Wert 1 für x genau dann annimmt, wenn x œ B und sonst den Werte 0. 1B ist
trivialerweise borelmeßbar. Zu jeder Zufallsvariable X mit dem
projektorwertigen Maß EX : HL Ø HL, B # EX HBL können die
Diskriminatorfunktionen 1B für beliebige Borelmengen B œ HL definiert
werden und es gilt
1B HX L = EX HBL
(112)
25
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Das Spektraltheorem liefert einen allgemeinen Zusammenhang
zwischen projektorwertigen Maßen und selbstadjungierten
Operatoren: Jedem projektorwertigen Maß EX : HL Ø HL ist
umkehrbar eindeutig ein selbstadjungierter Operator X œ HL
zugeordnet, der für alle Einheitsvektoren j aus dem
Definitionsbereich DHX L den gleichen Erwartungswert liefert:
XX \ = Xj, X j\ = ‡ x dpEj X
(113)

1.4.5
Kompatibilität und Kommutativität
Zwei Q-Zufallsvariable X , Y sind genau dann kompatibel, wenn
für die zugehörigen projektorwertigen Maße EX : HL Ø HL,
EY : HL Ø HL gilt " B, B£ œ HL:
EX HBL EY HB£ L = EY HB£ L EX HBL
(114)
d.h. alle Projektoren aus dem Wertebereich kommutieren und
sind daher kompatibel.
Es gibt daher einen booleschen Teilverband  Œ HL, der beide
Wertebereiche umfaßt EX HHLL ‹ EX HHLL Œ .
Zwei Q-Zufallsvariable X , Y sind kompatibel genau, dann wenn
die zugehörigen selbstadjungierten Operatoren X , Y œ HL
kommutieren:
XY =Y X
26
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
2
Quantenmechanik
2.1
2.1.1
Postulate
Quantenwahrscheinlichkeit
Jedem quantenmechanischen System ist ein komplexer,
separabler Hilbertraum  zugeordnet.
Die Zustände des Systems werden durch die QWahrscheinlichkeitsmaße repräsentiert, d.h. die Menge der
Einheitsvektoren des Hilbertraums HL = 8j œ  » Xj, j\ = 1<
Die Observablen werden durch Q-Zufallsvariablen in  , d.h.
projektorwertige Maße HL Ø HL bzw. die dadurch definierten
selbstadjungierten Operatoren, repräsentiert.
Bei der Messung einer Observablen mit dem selbstadjungierten
Operator X und dem zugehörigen projektorwertigen Maß
EX : HL Ø HL im Zustand j ergibt sich die Wahrscheinlichkeit
pj HBL, einen Wert in B œ HL zu messen, zu:
pj HBL = Xj, EX HBL j\
oder damit gleichbedeutend der Erwartungswert XX \ von X zu
XX \ = Xj, X j\
2.1.2
(115)
(116)
Dynamik
Sei T Œ  ein offenes Zeitintervall.
Zu jedem Zeitpunkt t œ T ist ein Zustand jHtL des Systems
definiert:
j : T Ø HL, t # jHtL
27
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
wobei die Funktion j : T Ø HL folgende Differentialgleichung
erfüllt " t œ T :
∑jHtL
i Ñ ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ = H jHtL HSchrödingergleichungL
∑t
(117)
mit einem selbstadjungierten Operator H œ (), dem
è!!!!!!!
Hamiltonoperator, Ñ = 1.0545 ÿ 10-34 J s und i = -1 .
Durch (117) werden unitäre Operatoren U : T µ T Ø HL
bestimmt,
U : T µ T Ø HL, Ht, t £ L # UHt, t £ L
(118)
sodaß " t, t £ œ T :
jHtL = UHt, t £ L jHt £ L
(119)
Ist der Hamiltonoperator H selbst nicht zeitabhängig, so hängt
è
UHt, t £ L nur von der Zeitdifferenz t - t £ ab: UHt, t £ L = U Ht - t £ L.
2.1.3
Projektionspostulat (Kollaps)
Wird bei einer Messung der Observablen X mit dem
projektorwertigen Maß EX : HL Ø HL im Zustand j ein Wert in
B œ HL gemessen, so befindet sich das System direkt nach der
Messung in einem Zustand jm , der Eigenvektor zum Projektor
EX HBL ist und es gilt:
1
jm = ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ EX HBL j
» EX HBL j »
(120)
28
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
2.2
2.2.1
Folgerungen bzgl. der Kausalität
Bideterministische Dynamik
In der Terminologie des Kausalitätsskripts beschreibt die
Schrödingergleichung ein bideterministisches System, was der
folgende Satz zum Ausdruck bringt:
Sei W = ≈tœT  und Zt HyL = yHtL für alle y œ W und alle t œ T .
Ferner sei W* ΠW die Menge aller Pfade durch den Hilbertraum,
die die Schrödingergleichung erfüllen. Dann gilt HZt LtœT ist ein
bideterministischer Prozeß in W* .
Das Problem: Der Zustand y(t) bestimmt nur einen Teil der
Meßergebnisse, nämlich nur solche, die auf solche Ereignisse
aus () zurückgeführt werden können, für die yHtL Eigenvektor
ist.
Für alle anderen Ereignisse wird durch yHtL nur eine
Wahrscheinlichkeit angegeben, das tatsächliche Meßergebnis
bleibt unbestimmt. In diesem Sinne ist die QM indeterministisch.
2.2.2
Probleme bei der Verwendung der Ereignisalgebra
Die Definitionen des Kausalitätsskripts können nur mit Vorsicht
übernommen werden, denn schon auf der Stufe der Ereignisse
führt die Verwendung von Mengen statt Teilräumen (s-Algebra
statt Verband) zu Problemen:
Das Vorliegen einer Vereinigungsmenge von Zuständen wie z.B.
8j1< ‹ 8j2 < ist kein Ereignis, das allein durch Messungen
festgestellt werden kann, das Vorliegen des Ereignisses
8j1< ü 8j2 < dagegen schon.
29
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
Betrachten wir ein System, in dem mit gleicher Häufigkeit zwei
Zustände j1 , j2 œ HL mit j1 ¦ j2 präpariert werden. Dann gilt
" E œ H L:
1
pHEL = ÅÅÅÅÅ ‚ Xji , E ji \
2 i=1
2
(121)
Seien c1, c2 œ @j1 , j2D zwei weitere Zustände aus dem von j1 , j2
aufgespannten Teilraum mit c1 ¦ c2 . Dann kann man die ji nach
den c j entwickeln und es gilt:
1
pHEL = ÅÅÅÅÅ ‚ Xji , c j \ X c j, E ck \ X ck, ji \
2 i, j,k=1
2
(122)
Nun gilt:
‚ X ck, ji \ Xji , c j \ = X ck, c j \ = dk j
2
(123)
i=1
Daraus folgt aber:
1
1
pHEL = ÅÅÅÅÅ ‚ X c j, E ck \ d j k = ÅÅÅÅÅ ‚ X c j, E c j \
2 j,k=1
2 j=1
2
2
(124)
was wiederum einem System entspricht, in dem mit gleicher
Häufigkeit die beiden Zustände c1 , c2 œ HL mit c1 ¦ c2
präpariert werden.
Durch keine Messung können solche Mischungen unterschieden
werden, denn alle Observablen haben die gleichen
Erwartungswerte. Die “feinste” experimentell feststellbare
Tatsache ist das Vorliegen des Ereignisses Ej1 ü Ej2 = E c1 ü E c2 .
30
Quantenmechanik und Quantenwahrscheinlichkeit
2.2.3
Kausalität für Q-Ereignisse
Aber auch im Rahmen der Ereignisalgebra HL läßt sich
Kausalität formulieren. Der Grundgedanke dabei ist es, sich auf
Ereignisse zu beschränken, die in Abhängigkeit vom Zustand yHtL
mit Sicherheit eintreten.
Sei W = ≈tœT  . Für jedes Ereignis A œ HL sei
At = 8y œ W » A yHtL = yHtL<
Mit anderen Worten At ist die Gesamtheit aller Pfade durch W die
zur Zeit t durch den Teilraum @At D führen.
W* Œ ≈tœT  ist die Gesamtheit aller Pfade durch den Hilbertraum
, die der Schrödingergleichung entsprechen.
Damit kann man für beliebige At , Bt £ Œ W mit t < t £ folgende
Definition anwenden:
At <* Bt £ : ñ " y œ W* : y œ At Ø y œ Bt £
Es gilt dann der Satz: Sei W* Œ ≈tœT  die Gesamtheit aller Pfade
durch den Hilbertraum , die der Schrödingergleichung
entsprechen. Dann gilt für alle Zeitpunkte t, t £ œ T mit t < t £ und
alle Ereignisse A, B œ HL
At <* Bt £ ñ UHt £ - tL A UHt £ - tL* Œ B,
wobei UHt, t £ L durch die Schrödingergleichung eindeutig bestimmt
ist und die zeitliche Entwicklung des Systems beschreibt:
jHt £ L = UHt £ - tL jHtL
31
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