Pharmakologie des Zentralen Nervensystems 3: Dopamin, Morbus parkinson, Neuroleptika Ralf Stumm Institut für Pharmakologie und Toxikologie Drackendorfer Straße 1 07747 Jena 03641 – 9 – 325680 [email protected] 7. Monoaminerge Systeme: Erkrankungen und Pharmakologie Aminosäure Monoamine Glutamat GABA Acetylcholin Dopamin Serotonin •Epilepsie •Epilepsie •Parkinson •Parkinson •Narkose •Narkose/ Schlaf •Alzheimer •Schizophrenie •Stimmun g •Degenera -tion •Angst •Hormonsekretion •Belohnung Noradrenalin •Antrieb/ Vigilanz Histamin •Wachheit 7.1 Monoaminerge Systeme: Kerngebiete und Projektionen Rot: Dopamin Blau: Noradrenalin Grün: Serotonin Dopamin: •Parkinson •Schizophrenie •Hormonsekretion •Belohnung 8. Morbus parkinson/ Parkinson s Disease (PD) Erstbeschreibung 1817 als „Schüttellähmung“ durch den Arzt und Apotheker James Parkinson: „... involuntary tremulous motion, with lessened muscular power, in parts not in action and even when supported, with a propensity to bend the trunk forwards, and to pass from a walking to a running pace, the senses and intellects being uninjured.“ - Verarmung der Willkürmotorik (Akinese) - Ruhetremor (4-5/s) - Stand- und Gangunsicherheit - Erhöhte Muskelspannung (Rigor) Die Parkinson Krankheit ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen: - ca. 100.000 - 200.000 Parkinsonpatienten in Deutschland - am häufigsten zwischen dem 55. – 65. Lebensjahr - ca. 10.000 – 15.000 Neuerkrankungen pro Jahr 8.1 PD: Ursachen Eines der wesentlichen Merkmale der Parkinson-Erkrankung ist der Verlust dopaminerger Neurone – insbesondere der Neurone in der Substantia nigra pars compacta (ein Kern der Basalganglien). Die Ursache ist in den meisten Fällen unklar (primäre Form, entspricht 80%). In etwa 20% der Fälle werden Ursachen erkannt: -Medikamente -Drogen -Traumate (auch Tumore) 8.2 durch Dopamin SynapticNeurotransmission transmission by dopamine Präsynapse Tyrosin Hydroxylase DA: Dopamin Tyrosine : PlasmamembranTransporter DA DOPA : vesikulärer Monoamin Transporter DA Vesikelfusion und Freisetzung DA DOPA Decarboxylase DA D2,D3,D4 D1,D5 Postsynapse Gs Gi 8.3 Bedeutung der Basalganglien für Willkürmotorik Gewollte Bewegung erfordert Kooperation des pyramidalen Systems (PS) und des extrapyramidalen Systems (ES): Sekundäre Areale des Motorkortex erzeugen einen Plan einer beabsichtigten Bewegung. Die Information wird von diesen Kortexarealen über eine Schleife, die über die Basalganglien, den Thalamus und zurück läuft (-> das extrapyramidale System), gefiltert. Das ES ermöglicht es, den Plan für die Bewegung in eine ausführbare Bewegung zu transformieren: es erleichtert gewollte und unterdrückt ungewollte Bewegung. Der primäre Motorkortex empfängt den Plan für die Bewegung vom sekundären Motorkortex. Der primäre Motorkortex ist mit Motoneuronen im Rückenmark verbunden (Tractus corticospinalis) und veranlasst die Ausführung der Bewegung (-> das pyramidale System). Bei der Parkinson-Erkrankung ist willkürliche Bewegung erschwert, weil eine Fehlfunktion in den Basalganglien vorliegt (ausgelöst durch einen Mangel an Dopamin). 8.4.1 Schaltplan der Basalganglien zerebraler Kortex rot: Glutamat gelb: ACh grün: GABA blau: Dopamie dorsales Striatum (Nucleus caudatus/ Putamen; CPu) D1 Globus pallidus Thalamus D1 Aktivierung Hemmung D2 D2 M Pyramidenbahn N. subthalamicus Substantia nigra Muskel pars compacta (SNC) pars reticularis (SNR) Rückenmark Motoneuron 8.4.2 PD: Verlust von Dopamin, Überaktivität cholinerger Neurone, Überangebot von GABA im Thalamus zerebraler Kortex rot: Glutamat gelb: ACh grün: GABA dorsales Striatum (Nucleus caudatus/ Putamen; CPu) D1 Globus pallidus Thalamus D1 Vermehrte Aktivität Reduzierte Aktivität D2 D2 M Pyramidenbahn N. subthalamicus Substantia nigra pars compacta (SNC) pars reticularis (SNR) Rückenmark Motoneuron 8.5.1 Pharmakotherapie der PD: L-DOPA Synthese von Dopamin Tyrosin L-DOPA Tyrosin hydroxylase DOPA Decarboxylase Benserazid Carbidopa Dopamin Verwendung von L-DOPA bei PD Dopamin ist keine Aminosäure und geht nicht über die Blut-Hirnschranke. L-DOPA ist eine Aminosäure und wird von Aminosäuretransportern über die Blut-Hirnschranke transportiert. Bei PD wird L-DOPA zusammen mit peripher wirkenden DOPA-Decarboxylasehemmern gegeben (Benserazid, Carbidopa). Dadurch können die L-DOPA-Dosis und periphere Nebenwirkungen reduziert werden (periphere Überproduktion von DA und NA reduziert). 8.5.2 L-DOPA: Ein Dopamin-Vorläufer, der die Blut- HirnSchranke überquert Blut Blut-HirnSchranke DA : Dopamin : Aminosäuretransporter Tyrosin Tyrosin L-DOPA L-DOPA Tyrosin DA L-DOPA : Plasmamembrantransporter for DA DA DA DA Postsynapse Dopamin Rezeptoren : Vesikulärer MonoaminTransporter 8.5.3 PD: Pharmaka (1) 1. L-DOPA + DOPA-Decarboxylase Hemmer (Carbidopa, Benserazid) wirkt gegen Rigidität und Hypokinesie; Effektivität nimmt nach 3-5 Jahren ab. Unerwünschte Effekte (akut): - Übelkeit (Dopamin regt D2 Rezeptoren in der chemoreceptor trigger zone an). Behandlung mit peripher-wirkendem D2-Antagonisten (Domperidon). - Hypotonie. Behandlung mit salzreicher Diät und Stützstrümpfen. - Schizophrenie-ähnliche Symptome ->Dosisreduktion, Gabe von atypischem Neuroleptikum. - Verwirrtheit, Insomnie, Alpträume (20% der Patienten!) - Hypersexualität. 8.5.4 PD: Pharmaka (2) 1. L-DOPA + DOPA-Decarboxylase Hemmer (Carbidopa, Benserazid) Unerwünschte Effekte (chronisch): - Wearing-off/ End-of-Dose Akinese Im Verlauf der chronischen Therapie am frühesten auftretende Komplikation: Akinese, die 4 – 6 h nach Einnahme auftritt (korreliert mit L-DOPA Einnahme). - Anfallsartige on/off-Phänomene Plötzlicher Wirkungsverlust – mit oder ohne Bezug zur L-DOPA-Aufnahme. - Freezing Plötzlicher Blockade des Gehens oder Unfähigkeit zur Ganginitiierung. - Hyperkinesien/ Dyskinesien (-> Video) -> L-DOPA als initiale Monotherapie wird nur bei Patienten > 70 Jahren empfohlen Bei jüngeren Patienten wird mit Dopamin-Agonisten begonnen und möglichst spät L-DOPA zugesetzt. 8.5.5 PD: Pharmaka (3) 2. Dopamin D1/D2 Rezeptor Agonisten (DA): Ergoline DA Lisurid Bromocriptin Cabergolin Dihydroergocriptin Pergolid Nonergoline DA Pramipexol Ropinirol Apomorphin Helfen, den L-DOPA-Einsatz hinauszuzögern. Dadurch weniger Dyskinesien und weniger on-off Effekte. Unerwünschte Effekte: - Übelkeit - Hypotonie -Verwirrtheit -Vermehrte Tagesmüdigkeit -Fibrosen (bei Langzeittherapie mit ergolinen DA) Kontraindikationen: - Niereninsuffizienz - Schwangerschaft - Durchblutungsstörungen/ Herzkrankheit 8.5.6 PD: Pharmaka (4) 3. Monoaminoxidasehemmer: Selegilin, Rasagilin Selegilin, Rasagilin Dopamin Dihydroxyphenylacetaldehyd MAO Verstärkt Produktion freier Radikale Hydroxyl Radikal H2O2 Wasserstoffperoxid OH . oxidativer Stress, Apoptose Neuromelanin Verstärkt Produktion freier Radikale MAO-B kommt insbesondere in Gliazellen vor und wird durch Selegilin und Rasagilin irreversibel gehemmt -> Anstieg von Dopamin, möglicherweise Neuroprotekion. Einsatz zur Monotherapie in der Früh-Phase und als Add-On im weiteren Verlauf. Kontraindikationen: -Demenz, Psychosen, Antidepressiva-Therapie -Ulzera -Nieren-, Herz-, Leberinsuffizienz Unerwünschte Wirkungen: -Hypotone orthostat. Dysregulation -Dyskinesien -Psychosen -Angst, Erregbarkeit, Schlaflosigkeit 8.5.7 PD: Pharmaka (5) 4. Muskarinrezeptor Antagonisten (Anticholinergika): Biperiden, Bornaprin, Metixen, Pridinol, Procyclidin, Trihexyphenidyl Wirken dem Ungleichgewicht aus zu viel ACh und zu wenig Dopamin im Striatum entgegen. Sind effektiv gegen Tremor (L-DOPA ist hier wenig effektiv!) und mindern Hypersalivation, die bei PD-Patienten gelegentlich auftritt. Kein Einsatz bei kognitiven Störungen (oft in der Spätphase). Kontraindikationen: -Glaukom, -Prostatahypertrophie -Magen-Darm-Stenosen -Tachykardie Unerwünschte Effekte: Kopfschmerzen, Schwindel, Mundtrochenheit und andere anticholinerge Effekte Psychotische Zustände 8.5.8 PD: Pharmaka (6) 5. NMDA-Antagonisten: Amantadin, Memantin Wirken möglicherweise glutamaterger Überaktivität in den Basalganglien (N. subthalamicus) entgegen. Amantadin: Einsatz zur Monotherapie in der Frühphase zugelassen. Linderung L-DOPA-induzierter Dyskinesie- und Akinesie-Krisen (i.v.). Unerwünschte Wirkungen: -Schlafstörung, Unruhe bis hin zur Psychose -Hypotonie -Leukopenie (-> Blutbildkontrolle) Wechselwirkungen: - Wirkungsverstärkung bei gleichzeitiger Gabe von Anticholinergika 8.5.9 PD: Pharmaka (7) Catechol (Brenzcatechin): ergibt den Namen der Catecholamine (Dopamin,, Noradrenalin, Adrenalin) 5. COMT-Hemmer: Entacapon, Tolcapon (COMT = Catechol-O-Methyl Transferase) L-DOPA (3-Hydroxy-Tyrosin) Dopamin 3-Methoxy-Tyrosin COMT DOPA-Decarboxylase COMT 3-Methoxy-Tyramin Entacapon ist ein peripher wirksamer COMTHemmer. Entacapon Einsatz in der Spätphase: - Bei Wirkungsfluktuationen - Einsparen von L-DOPA und Verzögerung von Langzeitnebenwirkungen Kann Dyskinesien, Halluzinationen, orthostat. Hypotonie und Durchfall auslösen. 7.1 Monoaminerge Systeme: Kerngebiete und Projektionen Rot: Dopamin Blau: Noradrenalin Grün: Serotonin Dopamin: •Parkinson •Schizophrenie •Hormonsekretion •Belohnung 8. Schizophrenie Filmausschnitt zur Einführung der Thematik „Schizophrenie“ 8. Schizophrenie Schizophrenie ist eine neuropsychiatrische Krankheit (Geisteskrankheit) mit hoher Prävalenz (1% der Bevölkerung!). Das Krankheitsbild ist stark heterogen. Subjekte verlieren den Bezug zur Realität, wodurch sie oft unfähig werden, ein „normales“ Leben zu führen. Typische positiv-Symptome (können einzeln oder in Kombination vorkommen): - Akustische Halluzinationen (z.B. Stimmenhören) - Paranoia - Wahnvorstellungen Typische negativ-Symptome: - Verlust von sozialen Interessen und Interaktionen - Verflachte emotionale Antworten Das Risiko, eine Schizophrenie zu entwickeln, hat eine starke genetische Komponente: (1% wenn beide Eltern „normal“ sind, 15% wenn ein Elternteil und 40% wenn beide Elternteile schizophren sind). Es wird jedoch ein Auslöser benötigt, damit sich die Krankheit ausbildet (mütterliche Virusinfektion während der Schwangerschaft, Anoxie bei der Geburt, traumatische Erlebnisse, Familien mit starken negativen emotionalen Ausbrüchen). -> Prädisposition + Stressor verursachen Schizophrenie 8.1 Schizophrenie: Beeinträchtigung des normalen Denkens Typische Beeinträchtigungen des normalen Denkens bei Schizophrenen: - Keine selektive Aufmerksamkeit (kein Filter) Beispiel: Nach wiederholter Präsentation eines bedeutungslosen Tons hört eine normale Person auf, auf den Ton zu reagieren. Eine schizophrene Person zeigt fortgesetzt Reaktionen. - Kein kontrollierter Zugriff auf das Kurzzeit-Gedächtnis Beispiel: Ein schizophrene Person kann oftmals keine komplexen Sätze zu Ende bringen – die Sprache weist lange Unterbrechungen auf, während derer die Person irrelevante Informationen aus dem Kurzzeit-Gedächtnis prozessiert. - Inkoherente Assoziationen Beispiel: Inkoherente Assoziationen machen es Schizophrenien schwer, einen konsistenten Plan zu entwickeln. Schizophrene haben jedoch oftmals außergewöhnliche Ideen und sind oft sehr kreativ. Vincent van Gogh: Sternennacht 8.2 Schizophrenie: die „Dopamin-Hypothese“ Schizophrene können externe und interne Stimuli nicht filtern. Ursache: Überaktivität im dopaminergen Belohnungszentrum (= mesolimbisches Dopaminsystem) Schizophrene betrachten zu viele Ereignisse und Gedächtnisinhalte als hoch relevant. Eine Überlastung des Kurzzeit-Gedächtnisses ist die Folge. Die „Dopamin-Hypothese“ basiert auf der Beobachtung, dass 1. Konventionelle Neuroleptika D2 Rezeptoren blockieren 2. Aktivierung des Dopamin-Systems Schizophrenie-typische Symptome auslöst ->Amphetamin setzt Dopamin frei und kann Verhaltensweisen hervorrufen, welche einer akuten schizophrenen Episode gleichen. ->D2-Agonisten (Apomorphin, Bromocriptin) können ebenfalls schizophrenie-artige Symptome produzieren. 8.3 Schizophrenie, dopaminerge Systeme Rot: Dopamin Blau: Noradrenalin Grün: Serotonin Dopamin: •Parkinson •Schizophrenie •Hormonsekretion •Belohnung 8.4 Schizophrenie: Dopaminrezeptoren Synaptic transmission by dopamine Präsynapse Tyrosin Hydroxylase DA: Dopamin Tyrosine : PlasmamembranTransporter DA DOPA : vesikulärer Monoamin Transporter DA Vesikelfusion und Freisetzung DA DOPA Decarboxylase DA D2,D3,D4 D1,D5 Postsynapse Gs Gi 8.5 Konventionelle (typische) Neuroleptika: Phenothiazine Promethazin Chlorpromazin 2´ 3´ 1´ 2´ 3´ 1´ Phenothiazin-Ring Antihistamin: H1 Rezeptor Antagonist Schwache neuroleptische Wirkung Einsatz als Antihistaminikum und als Beruhigungsmittel Das erste Neuroleptikum Gute Effekte auf Positivsymptomatik Schlechte Effekte auf Negativsymptomatik In Deutschland nicht mehr im Handel 8.6 Phenothiazin-Neuroleptika: Wirkungs- /Nebenwirkungsprofil Affinität von Chlorpromazin für Rezeptortypen D1 D2 α1 H1 M ++ +++ +++ ++ ++ 5-HT2c ++ D2 (akut): anti-emetisch, reversible Parkinson-ähnliche Symptome (ungewollte Bewegung, Tremor, Steifigkeit), Prolaktininkretion (Langzeit): antipsychotisch, irreversible Dyskinesien (Gesicht, Beine), Prolaktininkretion (Schwellung der Brust; Laktation - auch bei Männern) α1, akut: Blutdruckabfall (peripherer Effekt) H1, akut: sedierend, anti-emetische Effekte M, akut: parasympatholytische Effekte (peripher) 5-HT2c: Gewichtszunahme Bis hier >90 min D: Dopaminrezeptoren; α: α Adrenozeptoren; H:Histaminrezeptoren; M Muskarinrezeptoren; 5-HT: Serotoninrezeptoren 8.7 Phenothiazin-Neuroleptika: Gruppen Beispiel Chlorpromazin Thioridazin Perazin Aliphatische Seitenkette PiperidinSeitenkette PiperazinSeitenkette GruppenCharakteristik Weitere Vertreter Levomepromazin Besonderheiten Fluphenazin antidepressive Effekte stärker als Chlorpromazin stark anti-emetisch starke extrapyramidale NW wenig sedierend butyrophenone-derived drugs: haloperidol 8.8 Konventionelle Neuroleptika: Butyrophenone ButyrophenonStruktur Haloperidol gute Effekte auf Positiv-Symptome schlechte Effekte auf Negativ-Symptome Affinität von Haloperidol für Rezeptortypen D1 D2 α1 H1 M + +++ ++ - +/- Haloperidol zeigt stärkere Selektivität für D2 Rezeptoren als Chlorpromazin -> geringere unerwünschte Effekte am vegetativen Nervensystem (Grund: wenig Blockade von Muskarinrezeptoren und Adrenozeptoren) -> weniger sedierend (Grund: keine Effekt auf H1) -> stärkere motorische Störungen (Grund: starke Blockade von D2) 5-HT2 + 8.9 Auswahl konventioneller Neuroleptika Hochpotent Mittelpotent Niedrigpotent HaloperidolB PerazinP LevomepromazinP FlupentixolP ZuclopenthixolT ChlorprotixenT FluphenazinP MelperonB PipamperonB EPS: Sedierung: vegetat. NW: B: Butyrophenone; T: Thioxanthene (beide Grupen Haloperidol-Abkömmlinge) P: Phenothiazine; EPS: extrapyramidalmotor. Störung; 8.10 Konventionelle Neuroleptika zur ambulanten Dauerbehandlung Fluspirilen, Pimozid Modifizierte Butyrophenone mit starker und langdauernder Wirkung. Fluspirilen Fluspirilen wird 1x wöchentlich intramuskulär injiziert. Die Substanz ermöglicht eine ambulante, kontrollierte und gleichbleibende Dauerbehandlung schizophrener Psychotiker (die Einnahme-Treue für Tabletten ist bei Schizophrenen oft schlecht). Fluspirilen löst häufig extrapyramidal motorische Nebenwirkungen aus. Weitere Depot-Neuroleptika sind Fluphenazin, Haloperidol, Zuclopenthixol: alle als Decanoate. 8.11 Unerwünschte Wirkungen konventioneller Neuroleptika (1) Extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen der konventionellen Neuroleptika: - Früh-Dyskinesie: tritt in den ersten Behandlungstagen auf (abnorme Bewegungen von Kopf, Hals und Schulter) -> Dosisreduktion oder Wechsel zu atypischem Neuroleptikum. - funktioneller Morbus Parkinson: entwickelt sich langsam - insbesondere bei hoher Dosierung starker Neuroleptika (Piperazin-substituierte Phenothiazine, Butyrophenone). Ist reversibel, wenn die Dosis rechtzeitig reduziert wird. - Akathisie: Unruhe, Bewegungsdrang, Trippelbewegung. Entwickelt sich nach Wochen bis Monaten. -> Dosisreduktion oder Wechsel zu atypischem N. - persistente Spät-Dyskinesie: Tritt nach Monaten bis Jahren auf. Choreatisches Bild (unwillkürliche Schleuderbewegungen). Oft auch trotz Absetzen irreversibel. 8.12 Unerwünschte Wirkungen konventioneller Neuroleptika (2) Malignes neuroleptisches Syndrom (sehr selten): Notfall, der bei 20% der Fälle zum Tode führt. - extrapyramidal-motorische Störungen - hohes Fieber - Vegetative Symptome (Blutdrucklabilität, Tachypnoe) - Metabolische Acidose - Myoglobinurie Vegetative Störungen (abhängig von Substanz): - Tachykardie, Blutdruckabsenkung, orthostat. Kollaps - Mundtrockenheit, verstopfte Nase, Verstopfung, Miktionsstörungen Leberfunktionsstörungen (Phenothiazine) Blutbildveränderungen Zerebrale Krampfanfälle Akute Vergiftung (beabsichtigt oder unbeabsichtigt) Behandlung: Dopamin-Agonist (Bromocriptin) Dantrolen Wärmeableitung Thromboseprophylaxe 8.13 Unerwünschte Wirkungen konventioneller Neuroleptika (3) Neuroleptikum Unter konventionellen Neuroleptika Kommt es zur Prolaktininkretion (Galaktorrhö, Amenorrhö bei Frauen Gynäkomastie, Libidoverlust bei Männern) D influence reflex mechanisms of vomiting 8.14 Antiemetische Wirkung konventioneller Neuroleptika 2 receptors Informationen vom Auge und Vestibularsystem (z.B. bei Reisekrankheit) Toxine, Pharmaka Blut durchlässige Blut-HirnSchranke Informationen vom Gastrointestinaltrakt (z.B. Stimulation des Pharynx oder verdorbenes Essen) Integration von Stimuli, die Erbrechen verursachen. Neurone in der CTZ tragen D2 Rezeptoren. Chemoreceptor trigger zone (CTZ) Konventionelle Neuroleptika wirken auf die CTZ und hemmen Erbrechen. Das Brechzentrum kontrolliert und integriert viszerale und somatische Funktionen beim Brechvorgang. Brechzentrum Zentren im Hirnstamm zur Regulation von Erbrechen Erbrechen 8.15 Atypische Neuroleptika Atyptische Neuroleptika zeichnen sich dadurch aus, dass - ihr Hauptwirkungsmechanismus nicht über D2-Rezeptoren vermittelt wird, - sie weniger extrapyramidal motorischen Nebenwirkungen produzieren und - sie Wirksamkeit gegen Negativ-Symptome zeigen. Es handelt sich um eine heterogene Substanzgruppe (Struktur, Rezeptor-Wirkungen). Beispiele für atypische Neuroleptika: Substanz Sedierung EPM-NW Amisulpirid + +(+) Clozapin ++(+) 0 Olanzapin +(+) + Quetiapin ++ (+) Risperidon + +(+) Ziprasidon + + EPM-NW: extrapyramidal motorische Nebenwirkungen 8.16 Atypische Neuroleptika: Clozapin Clozapin: atypisches Neuroleptikum (ein DibenzoDiazepin) Die Substanz ist ein potenter Antagonist am D4 Rezeptor. Effektiv gegen positiv und negativ Symptome. Oftmals effektiv bei Patienten, die nicht auf konventionelle Neuroleptika reagieren. Affinität von Clozapin für Rezeptor Typen D1 D2 ++ ++ α1 H1 ++ ++ M ++ 5-HT2 +++ D2 Rezeptoren sind nicht der Hauptangriffspunkt von Clozapin 5-HT2A-Blockade ist vermutlich für Wirkung gegen Negativ-Symptomatik verantwortlich, 5-HT2C-Blockade für z.T. exzessive Gewichtszunahme -> Keine extrapyramidal motorischen Störungen -> anticholinerge Effekte (M), sedierend (H1) -> Agranulocytose bei 1% der Patienten (Mechanismus unklar) -> kann zerebrale Krämpfe auslösen -> weitere z.T. schwere NW (Herzmuskelschäden) 8.17 Therapeutische Wirkung der Neuroleptika Hauptwirkungen: 1. Beseitigung der positiv-Symptomatik (weniger Wahnvorstellungen; alle Neuroleptika) 2. Abschwächung der negativ-Symptomatik (weniger affektive Verflachung; insbesondere atypische Neuroleptika wie Clozapin, Olanzapin, Amisulpirid, Risperidon) 3. Sedierung (Levomepromazin; Melperon, Clozapin, ...) Weitere psychotrope Wirkungen: 1. Antidepressive Wirkung (Thioridazin, Chlorprotixen, atypische Neuroleptika) 2. Verbesserung der kognitiven Leistung von Schizophrenen (atypische Neuroleptika) 3. Schwacher anxiolytischer Effekt (konventionelle Neuroleptika) Bei Krisen/Notfall-Situationen werden oft hochpotente konventionelle Neuroleptika eingesetzt; u.U. zusammen mit niedrigpotenten Neuroleptika oder Benzodiazepinen zur Sedierung. Bei der Dauertherapie zur Rückfallvermeidung wird den Atypika oft der Vorzug gegeben. Nach 1 – 3 wöchiger Behandlung stellt sich bei 60-70% der Fälle eine Symptomreduktion ein. Falls nicht muss Compliance geprüft werden und u.U. ein anderes Mittel erprobt werden.