Thermodynamik – Wintersemester 2002/2003 Einleitung Universum = System und Umgebung Das System wird untersucht, in der Umgebung wird gemessen. Offene Systeme: System und Umgebung tauschen Materie und Energie aus. Geschlossene Systeme: System und Umgebung tauschen Energie aber keine Materie aus. Isolierte Systeme: System und Umgebung tauschen weder Materie noch Energie aus. Zustandsgrößen hängen nur vom Zustand des Systems ab und nicht vom Weg, auf dem der Zustand erreicht wurde; z.B. Menge, Masse, Zusammensetzung, Volumen, Druck, Oberfläche. Zustandsgleichungen sind mathematische Beziehungen zwischen Zustandsgrößen. 0. Hauptsatz: Die Temperatur ist eine Zustandsgröße. Erforderlich ist die Kenntnis der Regeln der Differential- und Integralrechung einschließlich der partiellen Differentiale sowie Grundkenntnisse der Vektorrechnung. Ideales Gas Definition: Ein ideales Gas ist ein System, das der Zustandsgleichung gehorcht: p ⋅V = n ⋅ R ⋅ T mit T / K = 273,15 + Θ / °C und R = 8,314 J K −1 mol −1 Für Zustandsgrößen (p, V, T, n) lässt sich das totale Differential bilden. Z.B. hängt nach obiger Gleichung V von T, p und n ab, so dass ∂V ∂V ∂V dp + dV = dT + dn ∂T p ,n ∂n p ,T ∂p T ,n 1 ∂V = κ T : thermischer Ausdehnungskoeffizient V ∂T p − 1 ∂V = α : Kompressionsfaktor V ∂p T ∂V = Vm : molares Volumen ∂n p ,T 1 Besteht eine Funktion, die die Zustandsgrößen x, y und z verbindet, so gelten die folgenden Rechenregeln für Zustandsfunktionen: ∂z ∂x y ∂x ⋅ =1 ∂z y (Reziprozitätsregel) ∂z ∂x y ∂x ∂y ⋅ ⋅ = −1 ∂y z ∂z x (Permutationsregel) ∂ ∂z ∂ ∂z = ∂y ∂x y x ∂x ∂y x y (Schwarz´scher Satz) Modell des idealen Gases: a) Die Gasmoleküle bewegen sich „chaotisch“ (nicht vorhersagbar). b) Keine Wechselwirkung zwischen Molekülen außer elastischen Stößen. c) Durchmesser von Molekülen ist klein gegenüber dem mittleren Abstand zwischen Molekülen. d) Gleichverteilungsprinzip: Kinetische Energie der Moleküle = ½ RT pro Freiheitsgrad einatomige Gase: 3 Freiheitsgrade der Translation lineare Moleküle: zusätzlich 2 Freiheitsgrade der Rotation nicht lineare Moleküle: zusätzlich 1 Freiheitsgrad der Rotation (Schwingungsfreiheitsgrade werden bei Raumtemperatur nicht berücksichtigt.) Die Zustandsgleichung des idealen Gases lässt sich aus den vier Annahmen a) – d) ableiten. Reale Gase Abstoßende und anziehende Wechselwirkungsenergie E(r) zwischen Molekülen, die näherungsweise durch ein Lennard-Jones Potential beschrieben werden können. r 12 r 6 E (r ) = 4 ⋅ ε ⋅ 0 − 0 r r Zustandsgleichungen a) Virial Gleichung B C p ⋅ Vm = R ⋅ T ⋅ 1 + + 2 + ... Vm Vm b) Näherungsweise gilt die Van-der-Waals-Gleichung 2 (p + a ) ⋅ (Vm − b ) = R ⋅ T Vm2 1. Hauptsatz (Energie, Arbeit, Wärme) Ein geschlossenes System ist adiabatisch, wenn es mit der Umgebung keine Wärme austauscht. 1. Hauptsatz: „Die Arbeit wad, die benötigt wird, um ein adiabatisches System von einem Zustand (a) in einen anderen Zustand (e) zu überführen, ist unabhängig von der Art der Arbeit.“ D.h. wad ist eine Zustandsgröße. Sie wird benutzt, um die innere Energie des Systems zu definieren: wad = U e − U a = ∆U Wenn die gleiche Zustandsänderung unter nicht adiabatischen Bedingungen verläuft, wird eine andere Arbeit w benötigt. Dann ist q = wad − w die aufgenommene Wärmemenge, und es folgt ∆U = w + q e Arbeit = Kraft in Richtung des Weges · Weg = → ∫F → ds a Elektrische Arbeit = Ladung · Potentialdifferenz: wel = Q ⋅ ∆ϕ bei konstantem ∆ϕ Volumenarbeit: e wvol = − ∫ p ex dV pex : äußerer Druck a Heben einer Masse: w pot = m ⋅ g ⋅ ∆h Spannen einer Feder bei linearem Kraftgesetz: w pot = 1 ⋅ k ⋅ ( x − x0 ) 2 2 x0 : Gleichgewichtsabstand Bei einem Prozess leistet ein System an der Umgebung die maximale Arbeit, wenn der Prozess reversibel abläuft. Zum Beispiel läuft eine Ausdehnung eines Systems reversibel ab, wenn zu jedem Zeitpunkt der äußere Druck pex auf den inneren Druck pin eingestellt wird . Am Beispiel der Isotherme eines idealen Gases zeigen die schraffierten Flächen in a) die Arbeit, die an der Umgebung geleistet wird, wenn sich das Gas von V1 auf V2 gegen den konstanten äußeren Druck p2 ausdehnt: w = – p2·(V2 – V1) 3 in b) die Arbeit, die von der Umgebung aufgewendet wird, wenn das Gas mit dem konstanten äußeren Druck p1 von V2 auf V1 komprimiert wird: w = – p1·(V1 – V2) in c) die Arbeit, die bei reversibler Führung des Prozesses geleistet oder aufgebracht werden 2 muss: wvol = − ∫ p dV 1 a) b) c) Wenn ein System sich ausdehnt, so leistet es Volumenarbeit gegen den äußeren Druck. Die Gesamtarbeit, die am System geleistet wird, wird unterteilt in diese Volumenarbeit und die Extraarbeit we, die alle sonstigen Arbeitsbeiträge zusammenfasst. w = wvol + we Kalorimetrie Wird einem System bei konstantem Volumen (d.h. wvol = 0) und bei we = 0 die Wärmemenge q zugeführt, so ändert sich seine Temperatur um ∆T. Die „Wärmekapazität bei konstantem Volumen“ CV ist definiert als q CV = ∆T V =const Aus dem 1. Hauptsatz folgt ∆U = q und dU CV = dT V Wird einem System bei konstantem Außendruck (d.h. wvol = -p·∆V) und bei we = 0 die Wärmemenge q zugeführt, so ändert sich seine Temperatur um ∆T. Die „Wärmekapazität bei konstantem Druck“ Cp ist definiert als q Cp = ∆T p =const 4 Aus dem 1. Hauptsatz folgt ∆U = q – p·∆V und dH Cp = dT p mit der Enthalpie H = U + p·V Aus den Wärmekapazitäten werden die spezifischen Wärmekapazitäten (bezogen auf 1 g) und die molaren Wärmekapazitäten (bezogen auf 1 mol) cV und cp definiert. Für ein ideales einatomiges Gas ist cV = 3/2·R und cp = 5/2·R. CV = n·cV Bei einem adiabatischen Prozess tauschen System und Umgebung Arbeit aber keine Wärme und keine Materie aus. Bei der reversiblen adiabatischen Ausdehnung eines idealen Gases gilt die Zustandsgleichung p ⋅V cV + R cV = const Experiment von Joule: Für ein ideales Gas ist der innere Druck πT gleich Null. ∂U =0 ∂V T πT = Joule-Thomson Effekt: Bei idealen Gasen ist der Joule-Thomson Koeffizient µJT gleich Null. ∂T µ JT = ∂p H Ist bei realen Gasen µJT > 0, so wird der JT Effekt zur Abkühlung von Gasen und zur Gasverflüssigung genutzt. Thermochemie In einem Reaktionsgefäß laufe eine chemische Reaktion ∑ν i Xi = 0 i ab. Die dabei mit der Umgebung pro Formelumsatz ausgetauschte Wärmemenge wird als Reaktionswärme bezeichnet. Läuft die Reaktion bei konstantem Volumen ab, so ist die Reaktionswärme gleich der Reaktionsenergie ∆rU, läuft sie bei konstantem Druck ab, so ist sie die Reaktionsenthalpie ∆rH. Der Standardzustand eines Reaktanden oder eines Reaktionsproduktes bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Druck (häufig 1 bar) ist dessen reine Form jeweils in der stabilsten Modifikation. 5 Die Standardwerte von Reaktionsenergie (∆rU°) und Reaktionsenthalpie (∆rH°) beziehen sich auf den Prozess: Reine getrennte Reaktanden reagieren zu reinen getrennten Produkten jeweils in ihrem Standardzustand. Die Standardwerte sind temperaturabhängig (Kirchhoff´sches Gesetz). Da H eine Zustandsfunktion ist, gilt der Satz von Hess : ∆rH° einer Gesamtreaktion = ∑ ∆rHi° der Teilreaktionen. i 2. Hauptsatz 2. Hauptsatz: „Es ist bei einem Kreisprozess nicht möglich, einem Wärmebad Wärme zu entnehmen und diese (vollständig) in Arbeit umzuwandeln.“ Carnot´scher Kreisprozess A´ → B´ isotherm, mit w´AB und q´AB B´ → C´ adiabatisch, mit w´BC und q´BC = 0 C´ → D´ isotherm, mit w´CD und q´CD D´ → A´ adiabatisch, mit w´DA und q´DA = 0 Aus dem 1. Hauptsatz folgt ∫ dU = w´+ q´ mit AB + q´CD = 0 w´= + w´ AB + w´ BC + w´CD + w´ DA Aus der Kombination zweier gegenläufiger Carnot-Prozesse mit jeweils gleichem T1 und T2 und mit m·q´AB + n·q´´BA = 0 lässt sich zeigen, dass das Verhältnis qAB/qCD nur von T1 und T2 abhängt. q AB = f (T1 , T2 ) qCD 6 Aus der Kombination der drei Kreisprozesse A→B→C→D→A D→C→E→F→D A→B→E→D→A q AB T =− 1 qCD T2 folgt Definition der Temperatur Die obige Gleichung definiert die thermodynamische Temperatur. Der Zahlenwert von T in Kelvin wird festgelegt durch die Differenz der Schmelz- und der Siedetemperatur des Wassers bei 1 bar Luftdruck. TSiede – TSchmelz = 100 K TSiede T + 100 K q = Schmelz = − AB TSchmelz TSchmelz qCD TSchmelz = 273,15 K 3. Hauptsatz: „Die Temperatur T = 0 K kann nicht erreicht werden.“ Wirkungsgrad A→B→C→D→A sei ein Zyklus einer Wärmekraftmaschine. Der Wirkungsgrad η ist definiert als η=− w q AB 7 Der maximale Wirkungsgrad wird bei reversibler Prozessführung erreicht. Dann ist η= T1 − T2 T1 Entropie Für den Carnot-Prozess gilt q AB qCD + =0 T1 T2 Allgemein gilt für einen reversiblen Prozess dq =0 rev ∫ T dq Damit definiert dS = die Zustandsgröße Entropie. T rev Bestimmung der Entropie Für p = konstant und we = 0 ist dq = C p dT und dS = C p dT T Außerdem ist bei Phasenübergängen q = ∆ Phasenübergang H Damit ist T1 S = S T =0 K + ∫ 0 Cp T dT + ∑ ∆ Phasenübergang H i i Ti wenn bei Ti jeweils ein Phasenübergang stattfindet. Regel von Debye: Bei T → 0 K ist Cp proportional zu T3. Clausius´sche Gleichung und Ungleichung Beim reversiblen Prozess ist ∆S = ∆S System + ∆SUmgebung = 0 Beim irreversiblen Prozess ist ∆S = ∆S System + ∆SUmgebung > 0 8 Fundamentalgleichung für geschlossene Systeme Die Arbeit w wird unterteilt in die Volumenarbeit wvol und die Extraarbeit we. Damit ist entsprechend dem 1. Hauptsatz ∆U = q + wvol + we Für reversible Prozesse folgt daraus dU = TdS – pdV + d(we)rev Diese „Fundamentalgleichung“ gilt allgemein (nicht nur für reversible Prozesse), da sie nur Zustandsgrößen enthält. Freie Energie und Freie Enthalpie (Konzentration auf das System) Aus dem 2. Hauptsatz folgt: ∆S = ∆SSyst + ∆SUmg ≥ 0 Die Umgebung nimmt Wärme immer reversibel auf, d.h. ∆SUmg = qUmg / TUmg = - qSyst / TUmg Nach dem 1. Hauptsatz gilt: - qSyst = - {∆USyst – (wVol)Syst – we} Daraus folgt: ∆SSyst – {∆USyst – (wVol)Syst – we} / TUmg ≥ 0 Diese Gleichung wird im Folgenden für zwei unterschiedliche Bedingungen diskutiert: (i) Für TUmg = TSyst = konstant und VSyst = konstant (d.h. (wVol)Syst = 0) folgt: TSyst · ∆SSyst – ∆USyst + we ≥ 0 In dieser Gleichung beziehen sich alle Parameter auf das System, so dass der Index „Syst“ fallengelassen wird und die Gleichung für das System gilt: T·∆S – ∆U + we ≥ 0 oder ∆A = ∆(U – T·S) ≤ we 9 Das heißt: Für TUmg = TSyst = konstant und V = konstant ist die dem System zugefügte Extraarbeit gleich der (bei reversibler Prozessführung) oder größer als die (bei irreversibler Prozessführung) Zunahme von A = U – T·S. A heißt „Freie Energie“ oder „Helmholtz Energie“. (ii) Für TUmg = TSyst = konstant und pSyst = pUmg = konstant (d.h. (wVol)Syst = - p·∆VSyst): TSyst · ∆SSyst – ∆USyst – p·∆VSyst + we ≥ 0 In dieser Gleichung beziehen sich alle Parameter auf das System, so dass der Index „Syst“ fallengelassen wird und die Gleichung für das System gilt: T·∆S – ∆U – p·∆V + we ≥ 0 oder ∆G = ∆(U + p·V – T·S) = ∆(H – T·S) ≤ we Das heißt: Für TUmg = TSyst = konstant und pUmg = pSyst = konstant (das sind die Laborbedingungen) ist die dem System zugefügte Extraarbeit gleich der (bei reversibler Prozessführung) oder größer als die (bei irreversibler Prozessführung) Zunahme von G = H – T·S. G heißt „Freie Enthalpie“ oder „Gibbs Energie“. Diese Aussage lässt sich auch in folgender Form ausdrücken: Unter Laborbedingungen ist die vom System geleistete Arbeit immer kleiner oder gleich der Abnahme der Freien Enthalpie des Systems: Für konstanten Druck und konstante Temperatur ist - we ≤ - ∆G Leistet das System keine Extraarbeit, so lautet die Fundamentalgleichung: dU = T·dS – p·dV analog ist: dH = T·dS + V·dp da H = U + p·V dA = - S·dT – p·dV da A = U – T·S dG = - S·dT + V·dp da G = H – T·S Durch doppelte Differenzierung erhält man aus diesen Gleichungen nach dem Schwarz´schen Satz die Maxwell Gleichungen, die für thermodynamische Berechnungen sehr wichtig sind. Z.B. folgt daraus das Gesetz von Joule für den inneren Druck eines idealen Gases πT = 0. 10 Gleichgewichtsbedingung für Systeme bei p und T konstant Leistet das System bei einem irreversiblen Prozess keine Extraarbeit, so nimmt die Freie Enthalpie ab. Das heißt, der Prozess läuft solange spontan ab, bis das Minimum der Freien Enthalpie erreicht ist, und im Gleichgewicht ist dG = 0. Chemisches Potential Erweitert man die Fundamentalgleichung für dG auf offene Systeme, so ist für reine Stoffe ∂G ∂G ∂G + dG = + ∂T p ,n ∂p T ,n ∂n T , p ∂G ist die molare Freie Enthalpie Gm , die auch als „Chemisches Potential“ µ bezeichnet ∂n T , p wird, so dass dG = - S·dT + V·dp + µ·dn dµ = - Sm·dT + Vm·dp und µ = Hm – T·Sm Daraus folgt für ein ideales Gas µ = µØ + R·T·ln(p/pØ) Für ein reales Gas wird die Fugazität f definiert durch µ = µØ + RT·ln(f/pØ) Phasenübergänge reiner Stoffe Stehen zwei Phasen (I und II) eines reinen Stoffes miteinander im Gleichgewicht, so ist das chemische Potential des Stoffes in beiden Phasen gleich: µ(I) = µ(II). Das bedeutet, dass sich im Phasengleichgewicht die Freie Enthalpie eines Stoffes beim Phasenübergang nicht ändert: ∆G(Phasenübergang) = 0. In einem Phasendiagramm (Auftragung p : T) sind die Existenzbereiche der unterschiedlichen Phasen angegeben. Die Bedingung µ(I) = µ(II) bestimmt die Lage der Koexistenzlinien zwischen den Phasen I und II. Beim Tripelpunkt gilt die Bedingung µ(I) = µ(II) = µ(III). 11 Beim kritischen Punkt sind µ(g) = µ(l) und außerdem Vm(g) = Vm(l) . Damit sind alle intensiven Größen des Stoffes in der flüssigen und gasförmigen Phase gleich und daher die beiden Phasen ununterscheidbar. Die Steigung der Koexistienzkurven ist gegeben durch die dp ∆ Phasenübergang S = dT ∆ Phasenübergang V Clapeyron Gleichung Für den Übergang gasförmig/fest und gasförmig/flüssig gilt näherungsweise die Clausius-Clapeyron Gleichung d ln p ∆ Phasenübergang H = R ⋅T 2 dT Mischungen von zwei reinen Stoffen A und B (Binäre Mischungen) Der thermodynamische Zustand der Mischung wird durch 4 Parameter beschrieben, z. B. p, T, nA, nB oder p, T, n, xA. Partielles molares Volumen: ∂V V A = ∂n A p ,T ,n B Bei p und T = konstant ist dV = V A dn A + VB dn B Durch Integration folgt V = n AV A + n BVB Aus dem totalen Differential ergibt sich die Gibbs-Duhem Gleichung: 0 = n A dV A + n B dV B 12 Analog gilt für die partielle molare freie Enthalpie: ∂G µ A = ∂n A p ,T ,n B G = n A µ A + nB µ B dG = µ A dn A + µ B dn B dµ A = − nB dµ B nA (p, T = konstant) (Gibbs-Duhem) Das chemische Potential ist auch gegeben durch: ∂U µ A = ∂n A V , S ,n B ∂H µ A = ∂n A p , S ,n B ∂S µ A = n ∂ A V ,T , n B Thermodynamik des Mischens a) Ideale Gase Dalton´s Gesetz: Gesamtdruck = Summe der Partialdrücke p = pA + pB Ideale Gasmischung: pA = nART/V ; pB = nBRT/V d. h. pA = xAp ; pB = xBp Mischvorgang : 13 Vor dem Mischen (Index « a ») ist pA,a = pB,a = pa Nach dem Mischen (Index « e ») ist (pA,e + pB,e) = pe. mit pa = pe für ideale Gasmischungen. Ge – Ga = nA RT ln xA + nB RT ln xB Mit nA + nB = n folgt für die molare freie Mischenthalpie ∆Gmix = (Ge – Ga) / n = RT (xA ln xA + xB ln xB) und für weitere molare Mischgrößen: ∆Smix = – R (xA ln xA + xB ln xB) ∆Hmix = 0 ∆Vmix = 0 ∆Umix = 0 Durch Vergleich mit der statistischen Betrachtung des Mischvorgangs folgt: S = k ln w k : Boltzmann Konstante w : Anzahl der mikroskopischen Realisierungsmöglichkeiten für einen makroskopischen Zustand b) Flüssigkeiten Für jede Komponente gilt µA(l) = µA(g) = µAØ + R·T·ln(pA/pØ) mit der Annahme, dass sich das Gas ideal verhält. pA* und µA* beziehen sich auf den reinen Stoff A: µA(l) = µA* + R·T·ln(pA/pA*) mit µA* = µAØ + R·T·ln(pA*/pØ) Für ideale Lösungen gilt das Raoult´sche Gesetz: 14 pA = xA·pA* pB = xB·pB* Daraus folgt: µA = µA* + R·T·ln xA µB = µB* + R·T·ln xB Für ideal verdünnte Lösungen von B in A (d. h. xA → 1) gilt für das Lösungsmittel: pA = xA·pA* (Raoult) und für den gelösten Stoff: pB = xB·κ·pB* (Henry) Daraus folgt: µA = µA* + R·T·ln xA µB = µB+ + R·T·ln xB µB+ = µB* + R·T·ln κ mit Für xB << 1 gilt näherungsweise xB = cB·VA*, d. h. µB = µBØ + R·T·ln(cB/cØ) mit µBØ = µB+ + R·T·ln(VA*/VØ) Reale Lösungen von B in A: µA = µA* + R·T·ln (γA·xA) mit lim γ A = 1 X A →1 µB = µBØ + R·T·ln (γB·cB/cØ) mit lim γ B = 1 X B →0 Kolligative Eigenschaften von ideal verdünnten Lösungen B wird in A gelöst, und nur A ist flüchtig, dann ist der Siedepunkt bei T* + ∆T mit ∆T = R ⋅ T *2 ⋅ xB ∆ Verdampfung H A 15 B wird in A gelöst, und nur A kristallisiert, dann ist der Schmelzpunkt bei T* - ∆T mit ∆T = R ⋅ T *2 ⋅ xB ∆ Schmelz H A B wird in A gelöst, dann gilt für den osmotischen Druck π die van´t Hoff Gleichung: π·V = n·R·T Gibbs Phasenregel für Mehrkomponentensysteme C ist die Anzahl der Komponenten, d. h. die kleinste Anzahl von Stoffen, deren Menge die Zusammensetzung des Systems beschreibt. P ist die Anzahl der Phasen, d. h. der chemisch und physikalisch uniformen Zustände des Systems, die im Gleichgewicht koexistieren. F ist die Anzahl der Freiheitsgrade, d. h. der intensiven Zustandsgrößen, die geändert werden können, ohne die Anzahl Phasen im Gleichgewicht zu ändern. Dann ist F = 2+C-P Chemisches Gleichgewicht Chemische Reaktion ∑ν Reaktionslaufzahl dξ = Freie Reaktionsenthalpie ∆ r G = ∑ν i ⋅ µ i i ⋅ Ai = 0 1 νi dni νi c ∆ r G = ∑ν i ⋅ µ + R ⋅ T ⋅ ln ∏ γ i Øi c Ø i γi /cØ wird häufig als Aktivitätskoeffizient f i definiert. Außerdem ist ∂G ∆ r G = ∂ξ p ,T Im Gleichgewicht gilt ∆rG = 0 16 ∆ r G Ø = − R ⋅ T ⋅ ln K d. h. mit der Gleichgewichtskonstante K = ∏( f i ⋅ ci ) i ν Van´t Hoff Gleichung: ∂ ln K ∆ HØ =− r R ∂1 T p (Analog dazu wurde die Arrhenius Gleichung definiert.) Für Reaktionen in flüssigen Mischungen gilt: ∂ ln K ∆ VØ = − r R ⋅T ∂p T Beispiel für Reaktionsgrößen: Verbrauch von ATP: ATP4- + 2 H2O ↔ ADP3- + HPO42- + H3O+ ∆ r G @ = −30 kJ / mol ∆ r H @ = −20 kJ / mol ∆ r S @ = 34 J /(mol ⋅ K ) @ bezieht sich auf pH = 7 Bildung von ATP bei Verbrauch von Glucose, aerob: 38 (ADP3- + HPO42- + H3O+) + C6H12O6 + 6 O2 ↔ 38 (ATP4- + 2 H2O) + 6 CO2 + 6 H2O ∆ r G @ = −2880kJ / mol anaerob: 2 (ADP3- + HPO42- + H3O+) + C6H12O6 ↔ 2 (ATP4- + 2 H2O) + 2 C3H6O3 (Milchsäure) ∆ r G @ = −158kJ / mol 17 Elektrochemie Beispiel Elektrochemische Zelle: H2│HClaq│Cl2 Elektrodenreaktionen: H2 ↔ 2 H+ + 2 e2 e- + Cl2 ↔ 2 Cl- Zellreaktion: H2 + Cl2 ↔ 2 H+ + 2 Cl- Freie Reaktionsenthalpie: ∆ r G = 2µ Ø H+ + 2µ Ø Cl − −µ ∆ r G = ∆ r G + R ⋅ T ⋅ ln Ø Ø H2 −µ Ø Cl 2 + R ⋅ T ⋅ ln a H2 + ⋅ a Cl2 − a H 2 ⋅ a Cl2 a H2 + ⋅ aCl2 − a H 2 ⋅ aCl2 Bei reversibler Versuchsführung ist − ∆ r G = − werev = maximal geleistete Extraarbeit und − ∆ r G = ν ⋅ F ⋅ E mit Spannung U = E (Elektromotorische Kraft) und ν der Anzahl transportierter Elektronen pro Molekül. Damit ist a H2 + ⋅ aCl2 − R ⋅T E=E + ⋅ ln 2⋅ F a H 2 ⋅ aCl2 Ø Allgemein gilt für die Zellreaktion E = EØ + ∑ν i ⋅ Ai = 0 die Nernst´sche Gleichung: R ⋅T ⋅ ln ∏ aνi i ν ⋅F i Im Gleichgewicht ist 0 = EØ + R ⋅T ⋅ ln K ν ⋅F Pt│Cl2 und Pt│H2 sind Gaselektroden, bei denen die Aktivität durch den Partialdruck ersetzt wird (Annahme idealer Gasmischung) und p Ø = 1 bar. Damit folgt für obige Reaktion bei p H 2 = pCl2 = 1 bar 18 EØ = [ ][ ] R ⋅T ⋅ 2,3 ⋅ log H + ⋅ Cl − ⋅ f ±2 F f ±2 = f H + ⋅ f Cl − mit Debye-Hückel: log f ± = −0,505 ⋅ z + ⋅ z − ⋅ Mit Ionenstärke I = 0,5 ⋅ ∑ z i2 ⋅ ci I bei 298 K 1+ I Aus EMK Messungen können also f ±2 und Gleichgewichtskonstanten bestimmt werden. Aus der Temperaturabhängigkeit der EMK werden ∆H° und ∆S° erhalten. Bei schwer löslichen Salzen sind die Ionenkonzentrationen extrem klein und daher elektrochemisch nicht zu messen. Daher werden die Löslichkeitsprodukte aus zwei unterschiedlichen Messreihen bestimmt, z. B.: AgCl → Ag+ + ClZelle I: Ag│AgCl│HClaq│H2│Pt Zellreaktion AgCl + 1/2 H2 → Ag + Cl- + H+ F ⋅ E I = F ⋅ E IØ + R ⋅ T ⋅ ln a Ag + ⋅ a H + ⋅ a Cl − a AgCl ⋅ a H0,25 Ø Ø F ⋅ EIØ = µ Ag + µ HØ + + µ ClØ − − µ AgCl − 0,5µ HØ 2 Zelle II: Ag│(AgNO3 + HNO3)aq│H2│Pt Zellreaktion Ag + H+ → Ag+ + 1/2 H2 F ⋅ E II = F ⋅ E + R ⋅ T ⋅ ln Ø II a Ag + ⋅ a H0,25 a Ag ⋅ a H + Ø Ø Ø F ⋅ E IIØ = µ Ag − µ Ag − µ HØ + + + 0,5 µ H 2 ∑: ( ) F ⋅ E IØ + E IIØ = µ Ø Ag + + µ ClØ − − µ 19 Ø AgCl Das ist ∆ r G Ø für die Reaktion AgCl → Ag+ + Cl- mit K = a Ag + ⋅ aCl − a AgCl Ag und AgCl sind reine Festkörper X, für die a X = 1 gesetzt wird. Damit ist K = a Ag + ⋅ aCl − (das Löslichkeitsprodukt). Mit a X = 1 für reine Festkörper und a H 2 = 1 für p H 2 = 1 bar folgt für Zelle I: ( F ⋅ E I = F ⋅ E IØ + R ⋅ T ⋅ ln a H + ⋅ aCl − ) D.h. die Elektrode Ag│AgCl misst die Aktivität von Cl- Ionen (Elektrode 2.Art). Der Blei-Akku als weiteres Beispiel: Pb│PbSO4│(H2SO4)aq │PbSO4│PbO2 Zellreaktion: 2 PbSO4 + 2 H2O → Pb + PbO2 + 2 SO42- + 4 H+ Da Pb, PbSO4 und PbO2 reine Festkörper sind, ist : a H2 + ⋅ a SO − R ⋅T 4 ⋅ ln E=E + a H 2O 2⋅ F Ø (Pb│PbSO4 ist eine Elektrode 2. Art für SO42-) Die EMK ist eine Potentialdifferenz E = ϕ links − ϕ rechts Das elektrochemische Potential ist definiert als µ i∗ = µ iØ + R ⋅ T ⋅ ln ai + ν i ⋅ F ⋅ (ϕ − ϕ Ø ) Bei elektrochemischen Zellen ist µ i∗ in allen Kompartimenten gleich. 20