Predigt Rüsselsheim, 25. Mai 2008 Symbolik und Sinn des Abendmahls Liebe Gäste, liebe Gemeindeglieder, wenn wir heute wieder das Abendmahl oder, wie die Bibel es nennt, das Mahl des Herrn feiern, sollten wir uns einmal neu darüber klarwerden, warum wir das eigentlich tun. Ist das nur so eine Tradition, die man auch abschaffen kann? Nein, der Herr Jesus hat diese Zusammenkünfte ausdrücklich angeordnet1. Das ist also verbindlich. Aber was ist der Sinn dieser Feier? Natürlich wissen wir das: Wir sollen uns dadurch an das Leiden und Sterben unseres Herrn für uns erinnern. Das ist richtig. Aber es ist nur eine von acht Antworten, die das Neue Testament auf diese Frage gibt. Wenn wir die anderen sieben Bedeutungen nicht kennen, dann wird es einseitig, und unsere Mahlfeiern werden zu Trauerfeiern, was sie meines Erachtens nun wirklich nicht sein sollen – im Gegenteil. Deshalb will ich uns alle acht Punkte dieses Themas darlegen. Vorher möchte ich aber auch noch kurz etwas zur Symbolik des Abendmahls sagen. 1) Die Symbolik 2) Der Sinn a) Erinnerung (1. Kor. 11, 24 - 25) b) Verkündigung (1. Kor. 11, 26) c) Gemeinschaft (1. Kor. 10, 16 - 17) d) Hoffnung (Lk. 22, 18) e) Bund (Lk. 22, 20) f) Freude (Apg. 2, 46) g) Ernsthaftigkeit des Herzens (Apg. 2, 46) h) Anbetung (Apg. 2, 47) 1) Die Symbolik Dies ist eins der umstrittensten Themen in der Theologie. Selbst die Reformatoren hatten keine einhellige Haltung dazu. Deshalb hat Luther in einer Disputation mit Zwingli und anderen “reformierten” Theologen zu ihnen gesagt: “Ihr habt einen anderen Geist!” a) Die katholische Auffassung Wenn der Priester die Einsetzungworte spricht, verwandelt sich die Oblate in Leib und Blut Jesu. Dann sieht sie immer noch aus wie eine Oblate, ist es aber nicht mehr. Die Hostie wird sogar verehrt (weil der Herr Jesus darin angeblich leiblich gegenwärtig ist) und wird an Fronleichnam durch die Felder getragen, damit sie gesegnet werden, so daß sie viel Frucht bringen. b) Die lutherische Auffassung Sie verschließt nicht die Augen vor der Tatsache, daß die Materie von Brot und Wein auch nach den Einsetzungsworten dieselbe bleibt, glaubt aber doch an eine geistliche Wandlung. Sie sieht also beides gleichzeitig: Brot und Wein bleiben Brot und Wein, wandeln sich aber dennoch in 1 1. Kor. 11, 23 - 26 Seite 1 Predigt Rüsselsheim, 25. Mai 2008 Leib und Blut Jesu. Als Begründung wird darauf hingewiesen, daß der Herr Jesus nicht gesagt hat: “Dies bedeutet meinen Leib / mein Blut”, sondern “Dies ist ... “ c) Unsere Auffassung Die Bibel spricht nirgends von einer solchen Umwandlung. Grundlage des Herrenmahls ist das Passahmahl. Der Herr Jesus hat das Abendmahl im Rahmen eines Passahmals eingesetzt. Beides sind symbolische Feiern: Das Passahmahl erinnert an den Auszug in Ägypten und kündigt das Erlösungswerk Jesu an. Das Passahlamm ist dabei ein Symbol Jesu. Das Herrenmahl erinnert an das vollbrachte Erlösungswerk. Brot und Wein symbolisieren den Leib des Herrn, der zerbrochen wurde, und Sein Blut, das vergossen wurde. Dagegen kann man einwenden: “Aber hat doch gesagt: 'Dies ist ... mein Leib usw.'”! Aber das bedeutet noch lange nicht, daß Er das wörtlich gemeint hat. Wenn ich Euch ein Foto von jemandem zeige, den ihr kennt, dann sagt Ihr: “Das ist Soundso”, obwohl Ihr genau wißt, daß es, genaugenommen, nur ein Foto von ihm ist. Der Satz “Dies ist ... “ ist also längst nicht immer wörtlich gemeint. Die unterschiedlichen Abendmahlsverständnisse sollten uns aber nicht davon abhalten, es zusammen mit gläubigen Lutheranern zu feiern. 2) Der Sinn des Mahls des Herrn a) Mahl der Erinnerung 1. Kor. 11, 23 – 25 23 Denn ich habe es vom Herrn empfangen, was ich auch an euch überliefert habe, daß der Herr Jesus in der Nacht, in der Er überliefert wurde, Brot genommen hat 24 und, nachdem Er gedankt hatte, es gebrochen und gesagt hat: “Dies ist mein Leib, der für euch ist; dies tut zur Erinnerung an mich.” 25 Ebenso nahm Er auch den Kelch, nachdem sie gegessen hatten, und sagte: “Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; dies tut, sooft ihr ihn trinkt, zur Erinnerung an mich.” Der 11. November ist ein Feiertag in Frankreich. Anlaß dafür ist, daß der 11.11.1918 als symbolischer Tag des Waffenstillstandes zwischen Frankreich und D eutschland an diesem Tag gilt und damit als Symbold des des Endes des 1. Weltkrieges. Er wird gefeiert, weil damit ein schrecklicher Krieg endete (mit acht Millionen Toten und dem Einsatz von Giftgas), sowie, daß der damalige Erbfeind besiegt war. Dieser Feiertag soll die Erinnerung daran wachhalten. Ähnlich ist es mit dem Abendmahl. Die Gefahr ist ja nicht, daß die Tatsache des Erlösungswerk aus unserem Gedächtnis ausgelöscht wird, sondern daß sie uns zumindest vergleichsweise unwichtig und fast selbstverständlich wird. Man gewöhnt sich an fast alles - vor allem an das Gute! Wiederholung ist die effektivste Methode, etwas zu lernen, sich etwas einzuprägen und etwas im Gedächtnis und im Bewußtsein zu halten. PC-Benutzer müssen kaum noch im Kopf rechnen – und wenn doch, wird es schwierig, weil sie das Einmaleins nicht mehr so gut im Gedächtnis haben. Paulus hat diese Methode auch benutzt, zumindest im Philipperbrief: Phil. 3, 1 (Schlachter 2000) Im übrigen, meine Brüder, freut euch in dem Herrn! Euch [immer wieder] dasselbe zu schreiben, ist mir nicht lästig; euch aber macht es gewiß. Seite 2 Predigt Rüsselsheim, 25. Mai 2008 Der große Evangelist D.L. Moody wurde einmal gefragt, warum er immer wieder predigte: “Ihr müßt von neuem geboren werden”. Seine Anwort war: “Das hat einen ganz einfachen Grund: Ihr müßt von neuem geboren werden!” Das unfaßbar große Ausmaß des körperlichen, seelischen und geistlichen Leidens unseres Herrn zeigt, wie schlimm unsere Sünde ist, aber auch, wie groß Seine Liebe zu uns ist. Das muß uns nicht traurig machen. Wir dürfen uns statt dessen darüber freuen, daß Er uns so sehr liebhat, daß Er durch Sein Leiden und Sterben unsere Schuld gesühnt und uns unendlich reich gemacht hat. Die Erinnerung an das Leiden unseres Herrn ist also Anlaß zu großer Freude! Ich habe jetzt über zwanzig Jahre lang mit Euch fast jeden Sonntag das Mahl des Herrn gefeiert. Ich habe dabei ein viel tieferes Verständnis und Bewußtsein der Bedeutung des Erlösungswerkes bekommen, als dies in den sieben Jahren der intensiven Beschäftigung mit Gott in meiner theologischen Ausbildung möglich war. Ich möchte das nicht missen. b) Mahl der Verkündigung 1. Kor. 11, 26 Denn sooft ihr dieses Brot eßt und den Kelch trinkt, sollt ihr den Tod des Herrn verkündigen, bis Er kommt. “verkündigen” meint hier eigentlich “feierlich proklamieren”. Wem wird hier verkündigt? Dazu gibt es verschiedene Auffassungen, z.B., daß es sich um die unsichtbare Welt handelt. Dazu wird verwiesen auf Eph. 3, 10 ... damit jetzt den Gewalten und Mächten in der Himmelswelt durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes zu erkennen gegeben werde ... Ich kann nicht ausschließen, daß das richtig ist. Allerdings gibt es keinen Hinweis darauf, daß wir einen Verkündigungsauftrag gegenüber der unsichtbaren Welt haben. Eine andere Auffassung denkt an anwesende Ungläubige. Das ist möglich. Ich hörte, daß in italienischen Brüdergemeinden immer wieder Menschen in der Mahlfeier zum Glauben kommen. Dennoch sehe ich auch darin nicht den Hauptsinn der Verkündigung im Rahmen des Mahls des Herrn. Mehrere Ausleger weisen hier auf 2. Ms. 13, 8 hin. Zusammenhang sind die Einsetzung des jährlichen Passahfests sowie Erläuterungen, wie es gefeiert werden soll: 2. Ms. 13, 8 Und du sollst dies deinem Sohn an jenem Tag so erklären: Es geschieht um deswillen, was der HERR für mich getan hat, als ich aus Ägypten zog. Das hebräische Wort für “erklären” hat eine ganz ähnliche Bedeutung wie das griechische in 1. Kor. 11, 26: “feierlich proklamieren” Bis heute beginnt jedes Passahmahl mit der Frage des jüngsten Sohnes an den Vater: “Was unterscheidet diesen Abend von allen anderen Abenden?” Darauf erzählt der Vater feierlich von der Sklaverei der Vorfahren in Ägypten und von ihrer wunderbaren Befreiung. Er weist natürlich auch darauf hin, daß das Blut des Opferlamms sie vor dem Todesengel bewahrte, der alle erstgeborenen Söhne der Ägypter tötete. Das ist die Parallele zum Herrenmahl. Der Sinn des Abendmahls wird jedesmal wieder erläutert, und dadurch wird der Tod des Herrn verkündigt. Hier könnte man fragen: Mahl der Erinnerung an den Tod Jesu und Mahl der Verkündigung des Todes Jesu – ist das nicht doppelt gemoppelt? Ist das nicht eine überflüssige Wiederholung? Seite 3 Predigt Rüsselsheim, 25. Mai 2008 Nein, es sind zwei versch.edene Aspekte: Die Verkündigung lenkt unsere Gedanken nach Golgatha, und die Erinnerung nimmt diesen Impuls auf ud schaut aktiv ans Kreuz. Oder, etwas anders ausgedrückt: Die Verkündigung führt uns ans Kreuz, und die Erinnerung nimmt den Gekreuzigten dort bewußt wahr. c) Mahl der Gemeinschaft Gemeinschaft mit Christus: 1. Kor. 10, 16 Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht Teilhabe am Blut Christi? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht Teilhabe am Leib des Christus? V. 21 spricht vom Abendmahl als dem “Tisch des Herrn”. Er lädt uns ein, als Seine Gäste mit Ihm das Mahl zu feiern. Er wünscht sich diese Gemeinschaft mit uns. Er sagte zu Seinen Jüngern am Beginn des letzten Passahmahls (in dessen Rahmen Er das Herrenmahl eingesetzt hat): Lk. 22, 15 Wie sehr habe ich mich danach gesehnt, dieses Passahmahl mit euch zu essen! Das dürfen wir wohl getrost auch auf das Abendmahl anwenden. Wenn Er uns an Seinen Tisch lädt und große Sehnsucht danach hat, daß wir auf diese Weise mit Ihm Gemeinschaft haben wie könnten wir da diese Einladung ausschlagen? Es ist aber nicht nur Gemeinschaft mit Herrn Jesus, sondern auch Gemeinschaft untereinander: 1. Kor. 10, 17 Da es ein Brot ist, sind wir, die vielen, ein Leib, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot. Das Brot symbolisiert nicht nur den physischen Leib Jesu aus Fleisch und Blut, der am Kreuz gelitten hat und gestorben ist, sondern auch Seinen geistlichen Leib, die Gemeinde. Wir kommen zum Tisch des Herrn nicht als einzelne Individualisten, sondern als enge Gemeinschaft. Es geht also beim Abendmahl nicht nur um die Beziehung mit dem Herrn Jesus, sondern auch um die Beziehung zueinander. Deshalb darf ich nur dann daran teilnehmen, wenn meine Beziehung mit meinem Herrn ungetrübt ist und ich getan habe, was ich kann, damit mein Verhältnis zu den Geschwistern in Ordnung ist. Es ist ein Unding, das Tischtuch zwischen mir und einem Bruder bzw. einer Schwester zu zerschneiden und dann zum Tisch des Herrn zu gehen, als wäre alles in Ordnung. Damit können wir vielleicht Menschen täuschen - aber nicht den allwissenden Gott! Das macht Ihn traurig, beleidigt ihn, erzürnt Ihn und nimmt Ihm sicherlich zumindest teilweise die Freude an der Gemeinschaft mit uns. Wenn jemand unter uns ist, auf den das zutrifft, dann bitte ich Dich dringend, Brot und Kelch an Dir vorbeigehen zu lassen. Die Bibel warnt uns eindringlich: 1. Kor. 11, 28 - 30 28 Der Mensch aber prüfe sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch. 29 Denn wer isst und trinkt, isst und trinkt sich selbst Gericht, wenn er den Leib des Herrn nicht richtig beurteilt. 30 Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen. Seite 4 Predigt Rüsselsheim, 25. Mai 2008 d) Mahl der Hoffnung Lk. 22, 18 Denn ich sage euch: Ich werde von jetzt an auf keinen Fall mehr vom Gewächs des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt. Das Mahl des Herrn lenkt unseren Blick zurück auf Jesu Leiden und Sterben für uns, auf die Gemeinschaft mit Ihm, auf die Gemeinschaft miteinander, aber auch nach vorne in unsere herrliche Zukunft. Was Er hier sagt, bedeutet im Umkehrschluß: Wir werden in der Ewigkeit dieses Mahl mit Ihm feiern in vollkommener Weise, in nie wieder durch Sünde getrübter Gemeinschaft mit Ihm, in jubelnder Freude, ununterbrochen und endlos. Nun könnte man fragen: Wird das nicht irgendwann langweilig? Gegenfrage: Wird zwei Frischverliebten ihre Zeit miteinander irgendwann zuviel? Wir entdecken schon hier in unseren Mahlfeiern immer wieder neue Aspekte des Erlösungswerkes - wieviel mehr erst in der Ewigkeit! Wir sollten auch nie vergessen: Die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus wird eine vorher nie gekannte Intensität haben: 1. Joh. 3, 1 - 2 1 Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es. Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. 2 Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, daß wir, wenn er offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Dieser Hoffnungsaspekt ist ein weiterer Grund dafür, daß das Abendmahl kein Grund zur Traurigkeit sein sollte, sondern im Gegenteil zu großer Freude. Ich besuche regelmäßig Maria Schorsten, die Krebs im Endstadium hat. Menschlich gesehen, ist ihre Lage verzweifelt, weil sie nur noch kurze Zeit zu leben hat. Dennoch sage ich ab und zu ihr: “Du hast eine wunderbare Zukunft vor Dir!” Das ist scheinbar paradox und doch wahr. Sie wird uns vorangehen in das eigentliche Leben bei Gott in der Ewigkeit ohne Krankheit, Schmerzen, Gebrechlichkeit, Müdigkeit, Tod, Traurigkeit, Sünde und Versagen. e) Mahl des Bundes Lk. 22, 20 Und den Kelch ebenso nach dem Essen und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird. Ein neuer Bund setzt voraus, daß es bereits einen anderen Bund gibt, nämlich den “alten Bund”. Das ist Gottes Bund mit Israel: Er gilt nur den Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs (den Juden). Er erfordert die Treue Israels zu diesem Bund. Er ermöglicht Vergebung der Schuld aufgrund von vergossenem Tierblut. Der neue Bund dagegen gilt allen Menschen, die in ihn eintreten. Er beruht einzig und allein auf Gottes Treue. Er ermöglicht Vergebung der Schuld aufgrund des vergossenen Blutes Jesu. Ich bin manchmal ein bißchen traurig, daß ich nicht zu Gottes auserwähltem Volk gehöre. Aber die Beschäftigung mit dieser Thematik in der Predigtvorbereitung hat mir wieder einmal bewußt gemacht, daß ich als Teilhaber des Neuen Bundes unendlich viel reicher bin. Nun könnte man natürlich fragen: Warum dann überhaupt der alte Bund? Gott wußte doch im voraus, daß das nicht funktionieren würde, wenn es auf Israels Treue zu diesem Bund ankam! Seite 5 Predigt Rüsselsheim, 25. Mai 2008 Ja, Gott wußte es in der Tat - aber wir Menschen nicht. Die Geschichte Gottes mit Seinem Volk ist Heilsgeschichte. Sie sollte der Menschheit anschaulich vor Augen führen: Sie kann sich nicht selbst erlösen. Sie kann auch nicht das kleinste Bißchen dazu beitragen. Sie braucht einen Erlöser, der sich für sie dieses Problems annimmt und es ein für allemal löst. Das Abendmahl will uns auch an diese Tatsache erinnern. Das ist auch das Ziel des Hebräerbriefes. Die Adressaten waren Judenchristen, die im Begriff standen, ins Judentum zurückzukehren. Der Verfasser führt ihnen die haushohe Überlegenheit des Neuen Bundes über den Alten Bund vor Augen – dreizehnmal benutzt er dabei das Wort “besser”.2 Wie gut haben wir es doch als Kinder Gottes - das führt uns das Mahl des Herrn immer wieder vor Augen. f) Mahl der Freude Apg. 2, 46 Und sie verbrachten jeden Tag einmütig viel Zeit im Tempel und brachen zu Hause Brot, nahmen Speise zu sich mit Jubel ... Manche beziehen das nicht auf das Mahl des Herrn, sondern auf “normale” gemeinsame Mahlzeiten (Die Gemeinde in Jerusalem lebte ja in Gütergemeinschaft). Aber das Abendmahl war damals noch keine rein symbolische Mahlzeit, bei der jeder nicht mehr als ein kleines Stück Brot und eine kleinen Schluck Wein bekam. Sondern es wurde gefeiert in Verbindung mit einem ganz normalem Essen. Und der Ausdruck “Brot brechen” bezeichnet im Neuen Testament das Mahl des Herrn.3 Außerdem: Was hätte es bei einer ganz normalen Mahlzeit immer zu jubeln gegeben? - Das macht nur dann Sinn, wenn das Abendmahl gemeint ist. Noch einmal: Wenn bei unseren Mahlfeiern eine Atmosphäre wie bei einer Beerdigung herrschen würde, dann hätten wir ein sehr einseitiges Verständnis des Sinns dieser Zusammenkünfte und wären meilenweit vom biblischen Vorbild entfernt. Ob unsere Freude sich in lautem Jubel äußert oder wir sie tief in unserem Innern empfinden, ohne, daß man sie uns äußerlich anmerkt, das ist eine Frage des Temperaments und der kulturellen Prägung. Wichtig ist, daß diese Freude unsere Mahlfeiern prägt und immer mehr durchdringt. Ein biblisches Beispiel ist Neh. 10. Die Kenntnis der Thora (Mosebücher) war in der babylonischen Gefangenschaft in Vergessenheit geraten. Nach der Rückkehr ins Land der Väter und dem Wiederaufbau des Tempels wurde das Gesetz stundenlang im Freien in Gegenwart aller Juden vorgelesen und von den Schriftgelehrten erläutert. Die Reaktion der Zuhörer war eine tiefe Sündenerkenntnis und lautes Weinen. Darum sagte Nehemia zu ihnen, sie sollten aufhören, zu weinen. Er begründete das so: Neh. 8, 10 Und seid nicht bekümmert, denn die Freude am HERRN, sie ist euer Schutz! Die Trauer über die Sünde ihrer Vorfahren und über ihre eigene Schuld hätte sie immer tiefer ins seelische Loch gerissen und hätte sie schließlich verzweifeln lassen können. Deshalb weist Nehemia darauf hin, daß sie trotzdem allen Grund zur Freude hatten: Wenn Gott sie – zu recht – endgültig verworfen hätte, dann hätte Er doch wohl nicht sie in ihr Land zurückkehren lassen und es ihnen gelingen lassen, gegen den erbitterten Widerstand ihrer Feinde die Mauern Jerusalems und den Tempel wiederaufzubauen! Genauso ist es auch bei der Beschäftigung mit Jesu Leiden Sterben im Mahl des Herrn: Was uns zunächst traurig machen will, ist in Wirklichkeit Grund zu großer Freude! 2 3 Hebr. 6, 9/ 7, 7. 19. 22/ 8, 6/ 9, 23/ 10, 34/ 11. 4. 16. 35. 40/ 12, 24 cf. Apg. 20, 7 Seite 6 Predigt Rüsselsheim, 25. Mai 2008 g) Mahl der Ernsthaftigkeit des Herzens Apg. 2, 46 Und sie verbrachten jeden Tag einmütig viel Zeit im Tempel und brachen zu Hause Brot, nahmen Speise zu sich mit Jubel und Ernsthaftigkeit des Herzens Das Wort für “Ernsthaftigkeit” bedeutet eigentlich “glatt”, “ohne Felsen”, aber auch “Einfachheit”, “Schlichtheit”, “Demut” und “Aufrichtigkeit”. Meines Erachtens paßt hier die Bedeutung “Ernsthaftigkeit” am besten in den Zusammenhang. Sie bildet einen gewissen Kontrast und eine notwendige Ergänzung zum vorangehenden Begriff “Jubel”: Die Ernsthaftigkeit bewahrt vor einem Mißverständnis und davor, “Jubel” zu verwechseln mit Fröhlichkeit, Ausgelassenheit oder gar Albernheit. “Freude am Herrn” und Freude über das Erlösungswerk hat mit solchen oberflächlichen Emotionen nichts zu tun, sondern sie st verbunden mit einer heiligen Ernsthaftigkeit. Diese Dinge würden genauso wenig in diesem Rahmen passen wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit oder Bedrücktheit. h) Mahl der Anbetung Apg. 2, 46 - 47 Und sie verbrachten jeden Tag einmütig viel Zeit im Tempel und brachen zu Hause Brot, nahmen Speise zu sich mit Jubel und Ernsthaftigkeit des Herzens, lobten Gott ... Auch das ist ein enorm wichtiger Aspekt des Mahls des Herrn: die Anbetung. Darum wird diese Stunde in Brüdergemeinden traditionell auch “Anbetungsstunde” genannt. Das ergibt sich ganz natürlich aus der Dankbarkeit und Freude über das, was der Herr Jesus für uns getan hat. Anbetung bedeutet: Wir sagen Ihm, wie begeistert wir von Ihm sind, und wie sehr wir uns über Ihn freuen. Wir geben Ihm die Ehre, die Ihm gebührt. Wir huldigen dem Herrn der Herren und dem König der Könige. Seit einigen Jahren gibt es ein großes Bedürfnis unter den Gläubigen, dies miteinander in der Gemeinde zu tun. Leider schlägt es sich absolut nicht nieder im Besuch des Herrenmahls in unserer Gemeinde und in anderen Brüdergemeinden. Ich will deswegen niemandem Vorwürfe machen. Wie gesagt: Mir persönlich geben diese Stunden sehr viel – aber ich habe auch Verständnis dafür, daß viele andere Geschwister nicht so recht Zugang dazu finden. Meine Bitte: Sagt uns, was wir ändern können, damit sich das ändert! Ich möchte diese Predigt aber nicht damit ausklingen lassen, sondern mit der herzlichen Einladung: Kommt zum Tisch des Herrn! Schaut auf Ihn, wie Er am Kreuz unsere Schuld sühnt! Freut Euch über Seine abgrundtiefe Liebe zu uns! Genießt die Gemeinschaft mit Ihm und untereinander! Betet Ihn an AMEN Copyright © 2008 Detlev Fleischhammel alle Rechte vorbehalten Seite 7