1 Pädiatrie- Neuromuskuläre Erkrankungen (H. Lauffer, WS 2010) Neuromuskuläre Erkrankungen = Störung im Bereich 2. mot. Neuronmotorische Endplatte - Muskel. Angeboren (genetisch bedingt) und erworben (immunvermittelt). Wichtigste Vorfelddiagnostik EMG, NLG und CK. Bestätigung der Diagnose durch Nerv/Muskelbiopsie und zunehmend durch Molekulargenetik. Spinale Muskelatrophie Fehlen des neuronal apoptosis inhibiting protein (NAIP), rezessiv, Chr. 5q11, -> Verlust der Vorderhornzellen (2. Mot. Neuron). Infantil = M.Werdnig - Hoffmann, Häufigkeit 1:10000 – 1:20000. Manifestation 0 bis 2 J, extreme Hypotonie und Bewegungsarmut, Juvenil = M. Kugelberg - Welander, Manifestation > 5 Jahre, eher schleichender Beginn und langsame Progredienz, Im EMG Spontanaktivität (Fibrillationen) und eher große Myopotentiale. Nervenleitgeschwindigkeit normal. Fermente (CK) normal bis leicht erhöht. Diagnosesicherung in 94% durch Molekulargenetik mit Deletion im SMA-Gen. Sonst Muskelbiopsie, dabei gruppierte Atrophie der Typ II Fasern. Pränatale Diagnostik mit direkter oder indirekter (Kopplungsuntersuchung) Genanalyse. Muskeldystrophien MD Duchenne (Dystrophin fehlt)., Xp21 rezessiv, ca 1/3 Neumutationen, Häufigkeit 1:3000 männl. NG. Beginn Kleinkindzeit bis Schulalter, teils verzögerte statomot. Entwicklung. Besonders Haltemuskulatur Rumpf und Oberschenkel, Hyperlordose mit Spitzfußhaltung, Gowers-Zeichen positiv. Gnomenwaden. Gefährdung bez. Skoliose und Kontrakturen, besonders Achillessehnen, Kniebeuger, Hüftbeuger. Rollstuhl 10.-14.LJ. Frühzeitige OP (Rideaukonzept) verlängert Gehfähigkeit und verzögert damit Skolioseentwicklung. Benignere Form mit Beginn im Schul/Jugendlichenalter = M. Becker – Kiener. Diagnostik: CK massiv erhöht, auch Leberfermente. Im EMG kleine polyphasische Potentiale. Diagnosesicherung durch Molekulargenetik (ca. 2/3 Deletion im Dystrophin-Gen, 1/3 Punktmutationen). Wenn negativ Muskelbiopsie mit Histologie (Muskelfasernekrosen mit fettigbindegewebigem Umbau) und Dystrophinbestimmung. Neurale Muskelatrophien Peripherer Nerv betroffen, Myelinhülle oder Axon. Häufigster Typ HSMN I (Charcot-Marie-Tooth). Autosomal dominant. Oft Fußprobleme durch Hohlfuß, Fehlbelastung, „Storchenbeine“, auch ataktische Komponente. Diagnostik: FA, NLG ↓, Molekulargenetik, Suralisbiopsie mit De/Remyelinisierung (Zwiebelschalen). Therapieansätze bei progredienten NME Kausale Therapie derzeit nicht möglich. Cortikoide bei MDD kontrovers, derzeit Studien mit Immunsuppression und ExonSkipping. Bei SMA Valproatversuche ohne gesichertem Effekt. KG, Orthesen zur Stabilisierung und Kontrakturprophylaxe, Hilfsmittel für Vorlesung Pädiatrie – Neuromuskuläre Erkrankungen WS 2010 Prof. Dr. H. Lauffer, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Uni Greifswald 2 Mobilität und Kommunikation (Schreibcomputer). OP Korrektur von Fehlstellungen (Skoliose) und Kontrakturen (Rideau). Immunvermittelte NME Akute Polyradikuloneuritis (Guillain-Barre-Syndrom) Oft vorausgehende Infektion (CMV, Mycoplasmen), zelluläre und humorale immunologische Kreuzreaktion mit Myelin des peripheren Nervensystems, nach 1-4 Wo aufsteigende Lähmungen, auch Atemlähmung innerhalb 24h möglich! Begleitende Rücken/ Beinschmerzen und Sensibilitätsstörungen möglich. MER erloschen. Diagnostik: NLG ↓ mit Desynchronisierung, Reizschwelle ↑, LiquorEW ↑. Therapie: Bei rascher Progredienz oder Gehunfähigkeit IvIG, in schweren Fällen Plasmapherese. Bei Ateminsuffizienz Intensivtherapie. Cave vegetative Dysregulation. Myasthenie Störung der neuromuskulären Übertragung durch Antikörper gegen Acetylcholinrezeptoren. Beginn eher rasch, mitunter nach einem unspezifischen Infekt, verschiedene Formen mit Schwäche der Haltemuskulatur (generalisierte M.) , Augenmuskelparesen (oculäre M.), Schluck- und Sprechstörung (Dysarthrie), kann bis zur Ateminsuffizienz gehen als myasthenische Krise. Typisch sind Belastungsabhängigkeit und tageszeitliche Bindung. Abends und nach Belastung schlechter. Diagnose durch Bestimmung der AK gegen ACholRez. Beweis durch Tensilon-Test. Therapie mit Cholinesterasehemmern, Corticoiden, Thymektomie.. DD Congenitale Myasthenie = Rezeptordefekt für Achol, Antikörper negativ, keine Thymektomie. Dermatomyositis 5 – 15J, Mädchen doppelte Häufigkeit, primär humoral vermittelte Immunreaktion führt zum Verlust von Kapillaren und zu Atrophie von Muskelfaszikeln. Fieber, Müdigkeit, livide Verfärbung und Ödem der Oberlider, Schmetterlingsförmiges Gesichtsexanthem, V-förmiges Erythem am Stamm, Rötung über Gelenken, Teleangiektasien parungual. Schluck- und Atemstörung möglich. Verkalkungen subcutan und intramuskulär bei längerem Verlauf. Dia: BKS ↑, CK ↑, EMG (myopathisch und neuropathisch), Biopsie. Th: Im akuten Stadium Ruhigstellung, langanhaltende Gabe von Corticoiden (über 2 Jahre), weitere Optionen AZA, MTX, IvIG, Plasmapherese. KG zur Kontrakturprophylaxe. Komplikationen: artikulär, gastrointestinal, pulmonal, kardial, retinal. Poliomyelitis Typ I-III, Enterovirus, RNA, Picorna. Endemiegebiete in Afrika und Asien, Lebendimpfung nicht mehr empfohlen (Impfpolio 1:106), Prophylaxe mit Salk-Impfung. Asymptomatisch in 90-95%. Grippales Krankheitsbild, nach 14T 2. Fieberphase und Paresen durch Schädigung der Vorderhornzellen. Bleibende Paresen bis 0,1%. Vorlesung Pädiatrie – Neuromuskuläre Erkrankungen WS 2010 Prof. Dr. H. Lauffer, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Uni Greifswald