Schizophrenie - Medicines for Mankind

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Schizophrenie
Was ist Schizophrenie?
Schizophrenie beruht auf Störungen der Gehirnfunktion und beeinträchtigt das Denken, die Wahrnehmung und das Verhalten der Betroffenen. Sie ist die häufigste Krankheit aus der Gruppe der Psychosen. Ungefähr 25 Prozent der Menschen mit Schizophrenie haben nur eine einzige Episode so genannter Positivsymptome und erholen
sich anschließend wieder gut. Die ‘Positivsymptomatik’ bei Schizophrenie umfasst:
Schizophrenie beruht auf
Störungen der Gehirnfunktion und beeinträchtigt
das Denken und Verhalten
der Betroffenen. Sie kann
bis zu 1% der Bevölkerung
betreffen und tritt erstmals im Alter von 18 bis 30
Jahren auf. Die Krankheit
kann medikamentös
behandelt werden, doch die
bisher verfügbaren Medikamente können erhebliche
Nebenwirkungen verursachen. Die neuereForschung
hat hoch wirksame Medikamente hervorgebracht,
die weniger Nebenwirkungen mit sich bringen.
Solche Entwicklungen
geben Hoffnung auf
verbesserte Therapien, die
den Betroffenen helfen, ein
erfüllteresLeben zu führen.
• Verwirrtes, unlogisches Denken, Konzentrations- und Sprachschwierigkeiten;
• Wahnvorstellungen wie z.B., berühmt zu sein, verfolgt oder fremdgesteuert zu
werden;
• Halluzinationen – Stimmenhören, Visionen, Wahrnehmung von Gerüchen oder
Berührungen, die nicht vorhanden sind; und
• unangemessene Gefühlsäußerungen, z.B. Lachen bei schlechten Nachrichten.
Bei weiteren 50 Prozent der Patienten kommt es zu erneuten Symptomen, oft mit langen symptomfreien Intervallen. Die übrigen 25 Prozent entwickeln eine chronische
Form der Krankheit, die oftmals mit einem Rückzug, sozialer Isolation und Depression
einhergeht und als Negativsymptomatik bezeichnet wird. Aufgrund der Hoffnungslosigkeit, die viele Schizophrenie-Kranke empfinden, liegt die Selbstmordrate bei rund
10 Prozent.
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Die Wahrscheinlichkeit, an Schizophrenie zu erkranken, ist höher, wenn nahe Verwandte ebenfalls betroffen sind. Handelt es sich dabei um einen Elternteil, ist die Wahr-
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Wer ist von Schizophrenie betroffen?
Einer von 100 Menschen erkrankt irgendwann in seinem Leben an Schizophrenie.
Das bedeutet, dass es in Europa etwa 1,9 Millionen Menschen gibt, bei denen Schizophrenie diagnostiziert wurde. Meist wird die Diagnose im Alter von 18 bis 30 Jahren
gestellt. Die Forschung hat gezeigt, dass Schizophrenie Männer wie Frauen gleichermaßen betrifft und in allen ethnischen Gruppen weltweit ähnlich häufig auftritt.
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scheinlichkeit 12 Mal, bei eineiigen Zwillingen 40 bis 50 Mal so hoch wie in der Durchschnittsbevölkerung, was auf eine genetische Veranlagung schließen lässt. Andererseits liegt jedoch bei 60 Prozent der Patienten mit Schizophrenie keine entsprechende
Familiengeschichte vor, weshalb die genetische Veranlagung wahrscheinlich nur einer
von mehreren Faktoren ist, die die Krankheit begünstigen. Aufnahmen des Gehirns
während einer Halluzination zeigen Aktivität in den für optische und akustische Reize
zuständigen Arealen des Gehirns. Das bedeutet, dass sich die halluzinierende Person
Bilder und Stimmen nicht etwa einbildet – für sie sind sie real.
Aktuelle Therapie
Die herkömmlichen Medikamente für die Behandlung der Schizophrenie, die Neuroleptika, sind überwiegend Derivate aus den Stoffklassen der Phenothiazine, Thioxanthine und Butyrophenone. Sie sind nach wie vor im Einsatz, haben jedoch schwere
Nebenwirkungen. Einige können alle zwei bis vier Wochen als Injektion verabreicht
werden, was für die Therapietreue vorteilhaft ist. Die schwersten Nebenwirkungen
betreffen ein Gehirnareal, das als extrapyramidal-motorisches System bezeichnet
wird. Sie reichen von Muskelstarre, Tremor und schmerzhaften Krampfanfällen bis zu
Augenrollen und einer inneren Unruhe, die als Akathisie bezeichnet wird.
Monate oder sogar Jahre nach Beginn der Einnahme eines bestimmten Medikaments
kann es zu unkontrollierbaren Bewegungen von Gesicht und Körper kommen – einer
sogenannten Spätdyskinesie (tardive Dyskinesie), die besonders schwerwiegend ist,
da sie selbst nach Absetzen des Medikaments häufig irreversibel ist. Zur Kontrolle
ieser extrapyramidalen Symptome können Mittel für die Behandlung der ParkinsonKrankheit verabreicht werden.
Kein Verwandter
betroffen
Cousin/Kusine
Tante/Onkel
Großelternteil
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Bruder/
Schwester
2/4
Elternteil
Zweieiiger
Zwilling
Eineiiger
Zwilling
ABBILDUNG 1: Risiko an
Schizophrenie zu erkranken
wenn ein Verwandter
betroffen ist.
Die zweite wichtige Gruppe von Medikamenten zur Behandlung der Schizophrenie
sind die atypischen Neuroleptika. Sie treten in Wechselwirkung mit Rezeptoren für
verschiedene Neurotransmitter im Gehirn, darunter Dopamin und Serotonin (5HT),
haben ein deutlich verbessertes Nebenwirkungsprofil und ermöglichen eine gute
Kontrolle der positiven und negativen Symptome. Auch ein selektiver Dopamin-D2ARezeptorantagonist, der sowohl gegen Positiv- als auch gegen Negativsymptome
wirkt, steht zur Verfügung.
Die Patienten sprechen individuell unterschiedlich auf Antipsychotika an, doch Unruhe und Halluzinationen bessern sich normalerweise innerhalb von Tagen, und Wahnvorstellungen bessern sich meist innerhalb einiger Wochen. Bei vielen Patienten tritt
bis zur sechsten Behandlungswoche eine wesentliche Besserung ein. Mitunter müssen
verschiedene Medikamente ausprobiert werden, bis das richtige Mittel gefunden ist.
Die medikamentöse Behandlung ist zweifellos wichtig bei Schizophrenie, doch auch
psychologische Therapien können von Nutzen sein und gleichzeitig angewandt werden. Am häufigsten kommen die kognitive Verhaltenstherapie, Psychotherapie und
Familieninterventionen zum Einsatz. Dennoch besteht weiterhin Bedarf an besseren
Medikamenten.
Neue Wege in der Entwicklung
Weitere atypische Substanzen zur Behandlung der Schizophrenie und schizoaffektiver Störungen werden erforscht. In klinischen Studien werden Formulierungen für die
tägliche Einmalgabe sowie die Sicherheit einer Umstellung von anderen Substanzen
untersucht. Da atypische Neuroleptika bisher überwiegend zweimal täglich eingenommen werden müssen, dürften diese Formulierungen zur einmal täglichen Einnahme eine wertvolle Bereicherung der vorhandenen Therapieoptionen darstellen.
Laufende Arbeiten befassen sich mit weiteren Neuroleptika, die als Depotformulierung zur intramuskulären Injektion geprüft werden. Auch eine Substanz, die vorzugsweise an Dopamin D4- und Serotonin-5HT2-Rezeptoren bindet, wird zurzeit erprobt.
Außerdem wird ein bisher für die Epilepsie verwendetes Medikament in einer Phase3-Studie auf seine Wirkung bei Schizophrenie geprüft. In der klinischen Prüfung sind
auch einige weitere Substanzen, die auf Neurotransmitter-Rezeptoren im Gehirn wirken. Dazu gehören Antagonisten für Dopamin-D3-, Neurokinin-3- und 5HT2-Rezeptoren sowie verschiedene andere Substanzen, deren genaue Wirkungsweise häufig noch
nicht vollständig geklärt ist.
Man untersucht auch die Wirkungen von mGlu2/3-Rezeptoragonisten, die die Konzentrationen von Glutamat beeinflussen. Glutamat ist ein biochemischer Überträgerstoff im Gehirn, der für Lernen und Gedächtnis erforderlich ist und auch bei Schizophrenie eine Rolle spielt. Mit diesen Mitteln könnten bestimmte Nebenwirkungen
vermieden werden, die bei den derzeit zugelassenen Medikamenten gegen Schizophrenie auftreten, wie etwa unwillkürliche Bewegungen und Muskelsteifigkeit oder
Gewichtszunahme. Die ersten positiven Ergebnisse müssen jedoch zunächst in weiteren, längerfristigen Studien bestätigt werden. Sie geben jedoch Hoffnung, dass bei
der Suche nach besseren Therapien für Schizophrenie weitere Fortschritte gemacht
werden.
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Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Erforschung der vorbeugenden Behandlung von
Schizophrenie. Die Strategie der frühen pharmakologischen Intervention schon in der
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Darüber hinaus befassen sich mehrere Forschergruppen mit einem partiellen Dopamin-D2-Rezeptoragonisten, einem gemischten 5HT-Agonisten/Dopamin-D2-Antagonisten und einem gemischten Dopamin- und 5HT-Antagonisten. Dies alles sind Versuche, ein optimales Gleichgewicht zwischen einer maximalen Kontrolle der positiven und negativen Symptome und einer möglichst geringen Nebenwirkungsrate zu
erreichen.
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Anfangsphase der Störung verfolgt das Ziel, früh auftretende Symptome zu behandeln und ein weiteres Fortschreiten zum chronischen Stadium zu verhindern. Diese
Art der Intervention wurde in der Vergangenheit nicht systematisch untersucht.
Vor kurzem hat die Entwicklung von verbesserten Kriterien für die Erkennung von Personen mit erhöhtem Risiko der Entwicklung einer Schizophrenie zu klinischen Studien
geführt, in denen die Bedeutung der vorbeugenden Therapie mit atypischen Neuroleptika für diese Personen untersucht wird. Es laufen unter anderem Studien zur Untersuchung von N-Methyl-D-Aspartat-(NMDA-)Glutamatrezeptor-Modulatoren. Die Funktionsstörung des NMDA-Rezeptors spielt eine zentrale Rolle bei der Pathophysiologie
der Schizophrenie und der Entstehung von neurologischen Entwicklungsdefiziten.
Außerdem deuten vorläufige Ergebnisse darauf hin, dass eine Glycinbehandlung bei
Personen mit erhöhtem Risiko für Schizophrenie ebenfalls vorteilhaft sein könnte.
Um herauszufinden, ob die Steigerung der synaptischen Glycinkonzentrationen bei
Hochrisikopersonen zu besseren therapeutischen Wirkungen führt, werden zurzeit
synthetische Substanzen mit ähnlicher Wirkung wie die natürlich vorkommende Aminosäure Sarcosin in verschiedenen Entwicklungsstadien erprobt.
Langzeitperspektiven
Diese verwirrende Vielfalt potenzieller Medikamente in Phase-2-Studien herrscht auch
in früheren Entwicklungsphasen und ist Ausdruck der hohen Komplexität der Biochemie des Gehirns und der vielen möglichen Signalwege, über die die positiven und
negativen Symptome bei Schizophrenie beeinflusst werden könnten. Alle diese Substanzen werden entwickelt, um ein optimales Gleichgewicht zwischen einer maximalen Beherrschung der Positiv- und Negativsymptome und möglichst wenigen Nebenwirkungen zu erreichen.
Die jüngste Forschung hat gezeigt, dass Menschen mit Schizophrenie eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Dopamin-D1-Rezeptoren im frontalen Kortex des Gehirns
aufweisen. Dies wiederum steht im Zusammenhang mit einer Funktionsstörung des
Kurzzeitgedächtnisses. Ein spezifischer Dopamin-D1-Rezeptorantagonist ist in der präklinischen Entwicklung, und es könnte sein, dass die Verfolgung dieses neuen Ansatzes den Weg für neue, bessere Substanzklassen zur Behandlung der Schizophrenie
eröffnet.
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Redaktion: Dr. Robert Geursen (Herausgeber), Peter Heer, Bill Kirkness, Philippe Loewenstein,
Steve Mees, Dr. Jean-Marie Muschart, Marie-Claire Pickaert (Koordinator).
Bilder: ABPI, Allergan, AstraZeneca, EFPIA/Lander Loeckx, Damian Foundation, Galderma,
Hilaire Pletinckx, Roche, sanofi-aventis; Design und Produktion: Megaluna
Fassung vom: Juni 2008
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