1 Aus der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Weinverhalten in einer psychosomatischen Patientenpopulation: Bezüge zur Dissoziation und zu somatoformen Störungen INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau vorgelegt 2009 von Judith Brodner geboren in Weingarten 2 Dekan : Herr Prof. Dr. Christoph Peters 1. Gutachter : Herr Prof. Dr. Joachim Bauer 2. Gutachter : Herr Prof. Dr. Bernhard Richter Jahr der Promotion: 2009 3 Inhaltsverzeichnis: Danksagung Seite 7 1. Einleitung Seite 8 2. Patienten und Methoden Seite 29 2.1. Studiendesign Seite 29 2.2. Stichprobenbeschreibung Seite 29 2.2.1. Stichprobe Seite 29 2.2.2. Soziodemographische Daten der Stichprobe Seite 30 2.2.3. Klinische Diagnosen Seite 36 Seite 37 Seite 38 2.3.1.1 Patientenfragebogen Seite 38 2.3.1.2 SCL-90R Seite 38 2.3.1.3 SOMS-2 Seite 39 2.3.1.4 FDS / DES Seite 40 2.3.1.5 Fragebogen zum Weinen bei Erwachsenen Seite 41 2.4. Statistische Auswertung Seite 41 2.5. Zusatz: DSM IV und ICD-10 Seite 42 2.3. Datenerhebung 2.3.1. Fragebögen 3. Ergebnisse Seite 43 3.1. Allgemeine Auswertungen Seite 44 Seite 44 Seite 46 Seite 47 3.1.1. Auswertung des SOMS-2: 3.1.1.1 Erfüllung der Kriterien nach DSM IV und ICD-10 3.1.1.2 Übereinstimmungen von klinischer Diagnose und SOMS-2 3.1.1.3 Somatisierungsindex bei Pat. mit / ohne Störung nach DSM IV / ICD-10 / klinischer Diagnose 4 3.1.1.4 Geschlechterverteilung Seite 50 3.1.1.5 Altersverteilung Seite 51 3.1.1.6 Beziehung zur Schulbildung Seite 53 Seite 55 Seite 55 Seite 57 3.1.2.4 Geschlechterverteilung Seite 59 3.1.2.5 Altersverteilung Seite 63 3.1.2.6 Beziehung zur Schulbildung Seite 65 3.1.3.1 Geschlechterverteilung Seite 69 3.1.3.2 Altersverteilung Seite 71 3.1.3.3 Beziehung zur Schulbildung Seite 72 3.1.3.4 Weinen – H‚ufigkeit vs. Weinen – Tendenz Seite 74 Seite 76 3.2.1. Gesamtstichprobe Seite 77 3.2.1.1 FDS / DES Seite 77 3.2.1.2 SOMS-2 Seite 77 3.2.1.3 Weinen Seite 78 Stƒrungen Seite 79 3.2.2.1 FDS / DES Seite 79 3.2.2.2 SOMS-2 Seite 79 3.2.2.3 Weinen Seite 80 Seite 81 3.2.3.1 FDS / DES Seite 81 3.2.3.2 SOMS-2 Seite 81 3.2.3.3 Weinen Seite 82 3.1.2. Auswertung des FDS / DES: 3.1.2.1 Erf€llung der Kriterien nach FDS / DES 3.1.2.2 •bereinstimmungen von klinischer Diagnose und FDS / DES 3.1.2.3 St‚rke der Dissoziation bei Pat. mit / ohne Stƒrung nach FDS / DES / klinischer Diagnose 3.1.3. Auswertung des Weinen – Fragebogens: 3.2. SOMS-2, FDS / DES und Weinen bei unterschiedlichen Diagnosegruppen 3.2.2. Patientenstichprobe ohne Ess- und Affektive 3.2.3. Patienten mit Essstƒrungen 5 3.2.4. Patienten mit affektiven Stƒrungen Seite 83 3.2.4.1 FDS / DES Seite 83 3.2.4.2 SOMS-2 Seite 83 3.2.4.3 Weinen Seite 84 Seite 85 3.2.5.1 FDS / DES Seite 85 3.2.5.2 Weinen Seite 86 Seite 86 3.2.6.1 SOMS-2 Seite 86 3.2.6.2 Weinen Seite 87 Seite 88 Seite 90 M‚nnern und Frauen Seite 90 3.3.1.1 Alle Patienten Seite 91 Seite 92 3.3.1.3 Patienten mit Essstƒrungen Seite 92 3.3.1.4 Patienten mit affektiven Stƒrungen Seite 93 3.3.1.5 Patienten mit somatoformen Stƒrungen Seite 93 3.3.1.6 Patienten mit einer Dissoziation Seite 94 Seite 95 Seite 99 3.2.5. Patienten mit somatoformer Stƒrung 3.2.6. Patienten mit Dissoziation 3.2.7 •bersichtsvergleich der Weinen-H‚ufigkeit in den unterschiedlichen Diagnosegruppen 3.3. Selbst beurteiltes kƒrperliches und seelisches Befinden nach einem Wein - Ereignis in den verschiedenen Diagnosegruppen 3.3.1. Beantwortung der Weinen – Fragen in den unterschiedlichen Diagnosegruppen bei 3.3.1.2 Patienten ohne Essstƒrung und ohne affektive Stƒrung 3.3.2. Graphische Darstellung der Ergebnisse bez€glich des Befindens nach dem Weinen zwischen M‚nnern und Frauen 3.3.3. Beantwortung der Weinen – Fragen in den unterschiedlichen Diagnosegruppen bei Patienten, die viel und wenig weinen 6 3.3.3.1 Alle Patienten Seite 100 3.3.3.2 Patienten ohne Essstƒrung und ohne affektive Stƒrung Seite 101 3.3.3.3 Patienten mit Essstƒrungen Seite 102 3.3.3.4 Patienten mit affektiven Stƒrungen Seite 103 3.3.3.5 Patienten mit somatoformen Stƒrungen Seite 104 3.3.3.6 Patienten mit einer Dissoziation Seite 105 Seite 106 Seite 111 3.3.4. Graphische Darstellung der Ergebnisse bez€glich des Befindens nach dem Weinen zwischen „Viel-“ und „Wenig – Weinenden“ 3.4. Regressionen 4. Diskussion Seite 124 4.1. Kurzzusammenfassung der eigenen Daten Seite 124 4.2. Limitationen Seite 132 Seite 133 4.3. Diskussion der eigenen im Vergleich zu anderen Daten (Literatur - Vergleiche) 5. Zusammenfassung Seite 143 6. Literatur Seite 144 7. Lebenslauf Seite 156 7 Danksagung Bedanken möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Joachim Bauer, Oberarzt der Ambulanz der psychosomatischen Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg, für die Vergabe des Themas dieser Arbeit und die Betreuung der Studie. Des weiteren bei Frau Dipl.-Psych. Veronika Rottler, die mir in allen statistischen Fragen stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Ebenso gilt mein Dank den Therapeuten in der Psychosomatischen Ambulanz für ihre Kooperation während der Studie: Herrn Dipl.-Psych. A. Hartmann, Herrn Dr. rer. nat. Dipl-Psych. P. Scheib, Frau Dipl.-Psych. A. Sandholz, Herrn Prof. Dr. med. C.E. Scheidt, Frau Dr. Elisabeth Waller. Und schließlich noch meinem Mann, meiner Familie und meinen Freunden ein herzliches Dankeschön für die seelische Unterstützung und Motivation, die sie mir immer zuteil werden ließen. 8 2. Einleitung Unter dem Begriff „Weinen“ verstehen wir das Vergie‡en von Tr‚nen aus emotionalen Gr€nden (Zetkin und Schaldach, 1999 [115]). Neben dieser Form der Tr‚nensekretion, die in der hier vorliegenden Arbeit im Mittelpunkt steht, gibt es auch nicht - emotionale Formen des Tr‚nenflusses, die genau genommen nicht als „Weinen“ bezeichnet werden. Im biologischen Sinne lassen sich, vom emotionalen Weinen also einmal abgesehen, noch weitere Formen abgrenzen: das basale „Weinen“ (basale Tr‚nensekretion) und das Reflex-„Weinen“ (bei Irritation) (Schmidt und Thews, 1997 [89], Fooladi, 2005 [30]). Tr‚nen sind in der Medizin untersucht worden auf ihre Zusammensetzung, Menge, Viskosit‚t und andere physiologische Parameter. Des Weiteren wurde erforscht, welche Nerven die Tr‚nendr€se anregen, sie hemmen, welche Hormone einen Einfluss haben und welche cerebralen Strukturen beim Weinen besonders „aktiv“ sind. Weniger intensiv hat sich die Forschung bisher mit den emotionalen und psychischen Hintergr€nden des Weinens besch‚ftigt sowie ob Menschen mit psychischen Krankheitsbildern oder emotionaler Labilit‚t ein differentes Weinverhalten im Vergleich zu Gesunden zeigen. Anatomische Grundlagen des Weinens Neurophysiologisch gesehen hat die Tr‚nendr€se €ber die „Tr‚nenkerne“ im Hirnstamm (Nuclei salivatorii, auch „Salivatorisches Areal“ genannt) Verbindungen zu anderen zentralen Strukturen wie z.B. dem frontalen Kortex, den Basalganglien, dem Thalamus und vor allem dem Hypothalamus (bedeutsame Struktur in Bezug auf Stress und Emotionen). Au‡erdem wird die Tr‚nendr€se sowohl vom Sympathikus innerviert als auch vom Parasympathikus, der eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit Gef€hlen und Stimmungen spielt (Vingerhoets et al., 1993 [103]). Die sekretorische Innervation der Tr‚nendr€se erfolgt auf einem Umweg €ber die so genannte Tr‚nenanastomose. Die parasympathischen Ursprungszellen liegen im Nc. Salivatorius superior, der von Fasern des Cortex cerebri, des limbischen Systems und dem Hypothalamus erreicht wird. Die Neuriten des oberen Speichelkerns treten 9 mit dem N. intermedius aus dem nervƒsen Zentralorgan aus, durchziehen das Ganglion geniculi und treten unter dem Ganglion trigeminale durch die Sch‚delbasis in den canalis pterygoideus ein. Hier vereinigt sich der Nerv mit der sympathischen Wurzel des Ganglion pterygopalatinum (N. petrosus profundus). Der durch den Zusammenschluss eines sympathischen und eines parasympathischen Nervs entstandene N. canalis pterygoidei zieht zum Ganglion pterygopalatinum, wo die parasympathischen Fasern enden. Die postganglion‚ren Fasern liegen dem N. maxillaris an, verlaufen dann im N. zygomaticus und erreichen €ber den Ramus communicans cum n. zygomatico die Tr‚nendr€se oder €ber den N. lacrimalis, der Fasern in die Glandula lacrimalis entl‚sst. Gewƒhnlich ziehen in den N. lacrimalis auch direkte Fasern des Ganglion pterygopalatinum ein und f€hren der Dr€se zus‚tzliche sekretorische Fasern zu. Andere sympathische Fasern entstammen dem Ganglion cervicale superius und erreichen mit dem sympathischen Plexus (Plexus caroticus internus → N. petrosus profundus → N. canalis pterygoidei → Ganglion pterygopalatinum → N. zygomaticus → N. lacrimalis → Tr‚nendr€se) die Tr‚nendr€se (Lanz und Wachsmuth, 2004 [58]). Gross et al., 1994 [37] beobachteten einen Zusammenhang zwischen Weinen und einer erhƒhten Aktivit‚t des somatischen und autonomen Nervensystems und auch Sakuragi et al., 2002 [82] beschrieben, dass Weinen eine moderate, aber anhaltende Wirkung auf das autonome Nervensystem hat (dies wurde bestimmt durch die Erhƒhung der Herzfrequenz). Die Verbindung zu oben genannten Hirnstrukturen und Innervation durch verschiedene Systeme erkl‚rt die Mitreaktion der Tr‚nendr€se, in Form von Tr‚nensekretion, nicht nur bei mechanischem Reiz, sondern eben auch bei bestimmten Gef€hlen und Lebenssituationen. •ber den Nucleus tegmentalis dorsalis (Struktur des Mittelhirns) hat die Tr‚nendr€se Verbindung zur Amygdala (Mandelkern, Corpus amygdaloideum), einem Kerngebiet des Gehirns im medialen Teil des Temporallappens, welches nachgewiesenerma‡en an der Wahrnehmung von Emotionen, also affekt- und besonders angstbetonten Empfindungen, beteiligt ist. 10 Weinen beim Menschen früher und heute Das Weinen aufgrund von Gef€hlen und Emotionen l‚sst sich vor allem beim Menschen beobachten (Vingerhoets et al., 1993 [103], Van Renynghe de Voxvrie, 1991 [100], Kropiunigg, 2003 [52], Vingerhoets et al., 1998 [106]). Auch Tiere sind in der Lage Freude, Schmerz oder Trauer zu empfinden, jedoch kƒnnen nur wenige (bestimmte Affen- und Elefantenarten) ihre Gef€hle mit Tr‚nen ausdr€cken. Anders jedoch der Mensch. Wir weinen beispielsweise bei Trauer, Freude, Wut, R€hrung, Schmerz, Unzufriedenheit, nach einem €berraschenden / plƒtzlichen Ereignis und vielem mehr, also bei Emotionen und Gef€hlen. Die Bezeichnungen f€r den Vorgang der Tr‚nensekretion sind vielf‚ltig und mit positiven, aber auch negativen Assoziationen verbunden: weinen (althochdeutsch „weinon“ = weh rufen), heulen, schluchzen, flennen, zennen, pl‚rren (mittelhochdeutsch „blerren“; franz.: pleurer = weinen), trauern, zetern, wehklagen, Tr‚nen vergie‡en – um nur einige Beispiele zu nennen. Geweint wird schon seit Menschengedenken. Kropiunigg beschreibt und vergleicht das Weinen in seinem Buch "Indianer Weinen nicht", 2003 [52] in den verschiedenen Kulturen und Epochen. Bereits in der Bibel wurde das Weinen erw‚hnt, auch die Helden der Odyssee haben reichlich Tr‚nen vergossen. Im Mittelalter war ƒffentliches Weinen gang und g‚be, z. B. bei Hinrichtungen, Predigten oder Prozessionen. Und auch noch im 17. und 18. Jahrhundert gehƒrte das Weinen in der ‰ffentlichkeit "zum guten Ton". Es galt selbst bei kriegserprobten Adeligen als objektivierbarer Gradmesser f€r hƒchste Moralit‚t und Ehrlichkeit. Schiller schrieb im Jahre 1795 in seinem „27. Brief €ber die •sthetische Erziehung des Menschen“, dass Hass und Gewalt der „Schw‚che“ weichen und „Tr‚nen […] eine Rache“ ersticken. Als sich das M‚nnlichkeitsideal im b€rgerlichen bzw. nationalistischen Zeitalter ver‚ndert, beherrschen Disziplin und Drill das Leben des Mannes. Was z‚hlt ist ein geh‚rteter und gest‚hlter Kƒrper. Und so wird das Weinen zunehmend mit negativen Attributen behaftet. Wird doch geweint, ist man entweder schwach (und damit unw€rdig und verachtenswert) oder hysterisch (also krank) ([52], Kropiunigg S.29.) 11 Und heute? Wie empfinden wir das Weinen und welche biologische bzw. physiologische und psychologische Bedeutung hat das Weinen? Biologisch, physiologische und psychologische Bedeutung des Weinens Weinen ist – psychobiologisch gesehen - ein starkes kommunikatives Signal. Am besten zu beobachten ist dies bei der Beziehung zwischen Babys und ihren Eltern. Wenn Kinder noch nicht sprechen kƒnnen, ist Weinen und Schreien die einzige Mƒglichkeit, um auf sich aufmerksam zu machen (Neugeborene haben zu Beginn nur die Mƒglichkeit zu schreien, da sie noch nicht in der Lage sind zu weinen. Diese F‚higkeit setzt erst nach einigen Monaten ein). Erwachsene reagieren ihrerseits immer mit einem ‚hnlichen Muster auf dieses Verhalten: Man ist besorgt um das Kind und bringt ihm Aufmerksamkeit und Zuwendung entgegen. Durch diesen Mechanismus entsteht nicht nur ein enges Bindungsverhalten zwischen Eltern und Kind, sondern es wird auch aufrechterhalten. Zwischen Erwachsenen erf€llt das Weinen oft immer noch eine solche Funktion: Hilfe erbitten und Hilfe anbieten (Nelson, 2000 [68]). Dabei wurde festgestellt, dass sich diesbez€glich Unterschiede in den Kulturen finden. In L‚ndern wie Finnland, Japan oder Korea werden die Augen und das Weinen weniger als kommunikatives Mittel eingesetzt als z.B. in arabischen oder lateinamerikanischen Gesellschaften (Fooladi, 2005 [30]). Nach Studien von Murube et al., 1999 [67] l‚sst sich nahezu jedes Weinen entweder der Hilferuf - Variante (Suffering – Symbol - Theorie) oder der Hilfe - und Solidarit‚ts - Variante (Symbol – Inversions - Theorie) zuordnen. Auch die Frage, ob Weinen bei M‚nnern St‚rke oder Schw‚che bedeutet, wird bei den Murubes beantwortet: Weint der Mann (ruft er also um Hilfe), dann schadet es ihm, denn es signalisiert Schw‚che; verh‚lt er sich allerdings solidarisch und weint mit jemanden (der Hilfe erbittet), so ist es nicht seine Schw‚che, denn er gew‚hrt Hilfe und Solidarit‚t. Lombardo et al., 1983 [62] untersuchten in diesem Zusammenhang, wie sich M‚nner und Frauen in Gegenwart anderer Personen verhalten, wenn sie weinen. Dabei zeigte sich, dass beide Geschlechter ungern vor fremden Personen weinen. Der 12 wesentliche Unterschied zwischen Männern und Frauen bestand darin, dass es Männern wesentlich unangenehmer ist, vor anderen Männern zu weinen als es Frauen ist, vor Männern zu weinen. Beide gaben an, dass es ihnen in Anwesenheit von Frauen leichter fällt zu weinen. Außerdem eruierten Cretser et al. das Verhalten von Personen, welche sich in der Gegenwart der Weinenden befinden. Dabei fanden sie heraus, dass Frauen weinenden Männern gegenüber wesentlich hilfsbereiter, empathischer und wohlwollender gesonnen sind als deren eigene Geschlechtsgenossen. Einig waren sich beide Geschlechter jedoch wiederum in dem Punkt, dass die größte Wahrscheinlichkeit zu weinen besteht, wenn man allein ist (Williams und Morris, 1996 [111]). Weinen-Häufigkeit Was die Häufigkeit des Weinens betrifft, wurde in Studien objektiviert, dass Frauen im Durchschnitt 2- bis 7-mal mehr weinen als Männer. Der Durchschnitt für gesunde nordamerikanische Frauen liegt Studien zufolge bei 5,3-mal pro Monat, für gesunde Männer bei 1,4-mal pro Monat. Im Vergleich dazu weinten gesunde ungarische Frauen nur 3,1-mal und gesunde ungarische Männer nur 0,7-mal pro Monat (Vingerhoets et al., 2000 [103]). Hastrup und Kraemer, 1986 [41] ermittelten in ihrer Studie mit amerikanischen College - Studenten, dass gesunde Frauen im Durchschnitt einmal pro Woche, die Männer nur etwa alle 2 Monate weinten. Williams und Morris, 1996 [111] erhielten von britischen und israelischen Erwachsenen folgende Ergebnisse: Israelische Frauen gaben an, 17,4-mal pro Jahr zu weinen, israelische Männer 4,8-mal pro Jahr. Sie verglichen die Ergebnisse mit britischen Frauen und Männern, die 31,7-mal pro Jahr bzw. 8,4-mal pro Jahr weinten. (Eine Übersicht über die Weinen-Häufigkeit in den verschiedenen Ländern zeigen Tabelle 1 (mit der Häufigkeit zu weinen pro Woche) und Abbildung 1 (mit der Häufigkeit zu weinen pro Jahr)) 13 Tabelle 1: Weinen-Hƒufigkeit pro Woche bei Mƒnnern und Frauen in verschiedenen Lƒndern Häufigkeit zu weinen pro Woche Herkunft Männer Frauen 0,35 1,33 Collage-Studenten 0,13 1 Ungarn 0,18 0,78 Israel 0,1 0,36 England 0,18 0,66 Nordamerika Amerikanische Abbildung 1: Graphische Darstellung der Weinen-Hƒufigkeit von Mƒnnern und Frauen bei verschiedenen Nationen (Ungarn, Nordamerika – Studie von Vingerhoets et al.; England, Israel – Studie von Williams und Morris; nordamerikanische CollageStudenten – Studie von Kraemer und Hastrup). 64,5 60 50 40 37,2 31,7 29,3 30 8,4 4,8 Is ra el 7,0 10 8,4 la nd 17,4 20 5,5 de nt en .S tu rd am no En g er ik a N or da m Männer Frauen 0 U ng ar n Mittelwert der geschätzten WeinenHäufigkeit in einem Jahr Angegebene Weinen-Hƒufigkeit pro Jahr Selbstbeurteilte Häufigkeit zu weinen in den letzten 12 Monaten 14 Vingerhoets und Becht (1997) [7] fassten in einer internationalen Studie zusammen, dass die höchste Häufigkeit zu weinen bei türkischen, chilenischen und nordamerikanischen Frauen gegeben ist, sowie bei italienischen, nordamerikanischen und nepalesischen Männern. Im Gegensatz dazu finden sich bei Frauen aus Nigeria, sowie bei Männern aus Peru, Bulgarien und Spanien geringe Werte, also eine niedrigere angegebene Häufigkeit zu weinen (siehe Abbildung 2). Abbildung 2: Graphische Darstellung der Weinen-Häufigkeit in der Vingerhoets Studie bei Männern und Frauen in unterschiedlichen Kulturen. Angegeben wurde 4,0 3,6 3,6 3,5 3,3 3,2 3,0 2,1 1,9 2,0 1,6 1,1 1,9 2 1,7 1,6 1,2 1,0 1,4 0,6 0,3 1,4 1 0,4 Männer N ig er ia hi na C Pe ru ep al N B ul ga rie n lie n Ita U .S D . eu ts ch la nd C hi le 0,0 Tü rk ei Mittelwert der geschätzten WeinenHäufigkeit in den letzten 4 Wochen der Mittelwert der geschätzten Weinen-Häufigkeit in den letzten 4 Wochen. Frauen Was die Reaktion auf Schmerzen betrifft, so weinen Schweden, Engländer und Deutsche weniger als Italiener und andere Nationen des Mittelmeerraumes (Fooladi, 2005 [30]). Es wurde auch untersucht, zu welcher Tageszeit wir am häufigsten weinen. Dabei fand sich ein Gipfel zwischen 19 und 22 Uhr. Dies deutet darauf hin, dass wir am Arbeitsplatz und damit in der Öffentlichkeit nicht gerne weinen oder aber, wie Vingerhoets, 2006 [101] vermutet, dass wir in den Abendstunden mit Menschen zusammen sind, denen wir vertrauen. 15 F€r den Unterschied der H‚ufigkeit des Weinens bei M‚nnern und Frauen gibt es viele mƒgliche Gr€nde. Die Erziehung spielt hierbei unter anderem eine wichtige Rolle. Nach Freys (1985) Hypothesen (aus Vingerhoets et al., 2000 [103], Vingerhoets et al. 1992 [102]), kƒnnte aber auch das Hormon Prolaktin die Hemmschwelle des Weinens senken. Dieses Hormon ist (was nachgewiesen ist) bei M‚dchen ab der Pubert‚t mehr vorhanden, was erkl‚ren w€rde, warum M‚dchen ab diesem Zeitpunkt h‚ufiger weinen. Denn bis zur Pubert‚t unterscheidet sich die Weinen-H‚ufigkeit von Jungen und M‚dchen nicht wesentlich. Oxytocin ist bisher nicht auf den Einfluss auf das Weinen untersucht worden. Dieses Hormon hat jedoch Wirkungen auf die Entwicklung und Steuerung des Bindungsverhaltens. Ursachen des Weinens Neben der H‚ufigkeit zu weinen ist eine weitere Frage das Wein - Verhalten: Wann und warum weinen wir? In welchen Situationen werden wir zu Tr‚nen ger€hrt? Dabei f‚llt auf, dass sich M‚nner und Frauen auch hier unterscheiden (De Fruit, 1997 [18]). Es zeigte sich, dass zwischen den Geschlechtern Unterschiede in den Situationen bestehen, in denen man Tr‚nen vergie‡t. F€r beide Geschlechter und alle Kulturen trifft zu, dass der Verlust eines geliebten Menschen als Ursache f€r Tr‚nen einen sehr hohen Stellenwert besitzt. Frauen weinen au‡erdem h‚ufiger aus Sorge, aus Angst und bei ‹rger oder Wut. Bei M‚nnern dagegen flie‡en Tr‚nen mehr aus Traurigkeit und aus Gr€nden des Gl€cks oder der R€hrung (Hƒren von Musik oder Gedichten) (Vingerhoets et al., 2000 [103]. Williams und Morris, 1996 [111] reichten ihren britischen Probanden eine Liste mit 30 verschiedenen Situationen mit der Frage, wann sie weinen. Frauen weinten insgesamt in allen Kategorien mehr als M‚nner. Dabei fanden sich besonders gro‡e Differenzen (das hei‡t, dass Frauen in diesen Punkten mehr weinen als M‚nner) bei den Kategorien „kritisiert zu werden“, „w€tend zu sein“, „angeschrieen zu werden“ und „Probleme bei der Arbeit zu haben“. Beide Geschlechter gaben an, beim Tod eines nahe stehenden Menschen oder beim Ende einer Beziehung leicht weinen zu kƒnnen. Vergleichbare Ergebnisse lieferte die Beobachtung von Israelischen Erwachsenen. Auch sie gaben an, beim Verlust eines geliebten Menschen zu weinen. Unterschiede zwischen M‚nnern und Frauen fanden sich - zugunsten eines 16 häufigeren Weinens bei Frauen - vor allem in den Bereichen "wenn Gefühle verletzt werden", "kritisiert zu werden", "wegen einer Enttäuschung", "Trennung von einer nahe stehenden Person", "wütend sein" und "angeschrieen zu werden". Zusammenfassend zeigte sich also, dass in allen bisherigen Untersuchungen bei der Frage, wann man denn weint, der erstgenannte Punkt der Verlust eines geliebten Menschen war, also das Signal für Gefährdung oder Verlust von Bindung. Einige Testpersonen (vor allem Männer, siehe oben) gaben an, auch aus positiven Gründen (glückliche Momente, bei Zärtlichkeiten und Rührung) zu weinen. Vingerhoets, 2006 [101] ging dieser Frage nach und wollte wissen, warum Menschen weinen, wenn sie glücklich sind. Er erklärte es damit, dass sich bei manchen in Momenten der Zufriedenheit auch ein paar schlechte oder traurige Gedanken aus der Vergangenheit einschleichen (beispielsweise, dass man nicht immer so glücklich war); und dass diese trüben Gedanken, in den Augenblicken des Glückes, für die Tränen verantwortlich sind. Ein anderer Aspekt den Vingerhoets anspricht ist, dass man in bestimmten Situationen vom Glück so überwältigt ist, dass man nicht weiß, was man sagen soll. Und so lässt man Tränen für sich sprechen (Vingerhoets, 2006 [101], S. 328) Effekte des Weinens Ein Punkt, über welchen bis heute noch kein Konsens gefunden wurde, ist die Frage, ob das Weinen uns gut tut und Erleichterung schafft oder ob es keinen Effekt auf das körperliche und seelische Wohlbefinden hat oder gar schadet. (Labott et al., 1992 [55]). Labott und Martin, 1990 [53] fanden heraus, dass häufiges Weinen mit körperlichen Beschwerden assoziiert ist. Von Crepeau wird unter anderem wiederum berichtet, dass in seiner Studie körperlich Gesunde mehr weinen und dem Weinen eine weitaus positivere Stellung einräumen (Nelson, 2000 [68]; Baum, 1985 [6]). Auch Vingerhoets et al., 1993 [105] erhielt signifikante Korrelationen von Weinen und selbst beurteilter Gesundheit. Bronstein et al., 1996 [13] Analysen zeigten wiederum eine positive Beziehung der Wein-Häufigkeit und dem Wohlergehen für das männliche, aber eine negative Beziehung für das weibliche Geschlecht. 17 Bolstad res€mierte in seinem Artikel (Bolstad, 2004 [10], dass sowohl das Weinen wie auch das Nicht-Weinen ungesund sein kƒnnen. Es gibt gen€gend Menschen, welche nicht weinen und dennoch keinerlei psychische oder psychosomatische Stƒrungen haben. Diese Leute kƒnnen evtl. andere Mechanismen besitzen, um ihre Emotionen auszudr€cken (z.B. kƒnnen sie mit jemandem dar€ber sprechen und erfahren so eine Entlastung ihrer bedr€ckenden Situation) Nelson, 2000 [68]). Kropiunigg beschreibt ([52], Seite 91ff.) sieben verschiedene Theorien des Weinens, die Versuche sind, emotionales Weinen zu systematisieren. Einige dieser Theorien sehen in den Tr‚nen ebenfalls einen heilenden und wohltuenden Effekt. Die Katharsis - Theorie beispielsweise beruht auf der psychischen Reinigung durch die Tr‚nen; die Clearance - Theorie besagt, dass €ber die Tr‚nen toxische Substanzen ausgeschieden werden; laut Arousal – Recovery - Theorie durchl‚uft das Weinen eine Phase emotionaler Spannung und geht dann in eine von Tr‚nen begleitete Entspannung €ber. Tabelle 2: Theorien des Weinens Theorie Beschreibung Katharsis-Theorie Tr‚nen bringen psychische Reinigung Clearance-Theorie •ber Tr‚nen erfolgt die Ausscheidung giftiger Kƒrpersubstanzen Arousal-Theorie Das Weinen durchl‚uft eine Phase emotionaler Spannung und geht in eine von Tr‚nen begleitete Entspannung €ber Kompressionstheorie (Darwin) Mechanische Kompression der Tr‚nendr€se lƒst Tr‚nensekretion aus Nasale Befeuchtungstheorie Tr‚nen sch€tzen durch Befeuchtung der Nasenschleimh‚ute vor Krankheiten Farewell-Theorie Tr‚nen ausgelƒst durch unbeabsichtigte Konditionierung: Fr€her wurde h‚ufig Feuer bei Abschied oder Beisetzungen eingesetzt. Der bei‡ende Rauch lƒste Tr‚nen aus allm‚hlich wurde der bei‡ende Emotionen verbunden Rauch mit traurigen 18 Fortsetzung Tabelle 2 Theorie Beschreibung Suffering-Symbol-Theorie bzw. Tr‚nen sind immer entweder ein Hilfeschrei oder Symbol-Inversions-Theorie ein Hilfeangebot (Murube) Andere Studien (Baum, 1985 [6]) zeigen sogar, dass Witwen, die nach dem Verlust ihres Mannes weinten, „ges€nder“ waren als Frauen, die ihre M‚nner nicht mit Tr‚nen betrauern konnten. „Home they brought her warrior dead. She nor swooned not uttered cry; All her maidens, watching, said, „She must weep or she will die. “ Alfred Lord Tennyson (englischer Dichter, 1809-1892) aus „The Princess“ (1847) Des Weiteren wurde anhand von Daten belegt, dass Witwer rascher nach dem Tod ihrer Ehefrau sterben als umgekehrt (Rees und Lutkins, 1967 [76]), wobei allerdings vƒllig offen ist, inwieweit die F‚higkeit, weinen zu kƒnnen, hierbei eine Rolle spielt. Vingerhoets schlie‡lich (2006 [101]) fasste 4 mƒgliche Thesen der Fachliteratur zusammen, wie das Weinen in der Theorie einen positiven Effekt auf das Befinden haben kƒnnte: I. Stimulation des Parasympathikus und dadurch Entspannung; II. "Ausschwemmen" kƒrpersch‚digender Stoffe; III. Freisetzung von Endorphinen; IV. K€hlung des Hypothalamus durch eingeatmete Luft bei Schluchzen. Eine Zeitlang wurde die Meinung vertreten, dass durch die Tr‚nen toxische Abfallprodukte (welche zum Beispiel bei Stress entstehen und sich im Kƒrper ansammeln) ausgeschieden werden kƒnnten. Untersuchungen von Tr‚nen und ihrer Inhaltsstoffe konnten diese These allerdings nicht belegen (Murube et al., 1999 [67]). Es fanden sich in Tr‚nen Stoffe wie Prolaktin, ACTH (adrenocorticotropes Hormon) und Leukin-Enkephalin. Des Weiteren Lysozym, diverse Proteine und Mangan (Frey et al., 1981 [31]. Man stellte auch fest, dass die Albuminkonzentration in Reflextr‚nen 19 und emotionalen Tr‚nen - zugunsten von 24% mehr Albumin bei emotionalen Tr‚nen - unterschiedlich hoch war. Jedoch erhielt man keinen Hinweis f€r toxische Substanzen. Die Effekte von Weinen wurden noch von einem anderen Gesichtspunkt betrachtet. In Studien wurde versucht herauszufinden, welche Wirkung Tr‚nen auf das Immunsystem haben (Martin et al., 1993 [64], Labott et al., 1990 [54]). Dabei zeigte sich, dass niedrige Spiegel von S-IgA (secretory immunglobulin A) mit emotionalem Weinen assoziiert sind; Weinen ist nach diesen Ergebnissen immunsuppressiv. Verschiedene Arten des Weinens Verschiedene Autoren stellten sich die Frage, ob es denn nicht mehrere Arten von Weinen geben kƒnnte (Patel, 1993 [71]). Zum einen ist die Rede von einer lang dauernden, intensiven und schwer zu stoppenden Form (sie scheint eine enge Verbindung zu einer ung€nstigen fr€hen Sozialentwicklung zu haben); zum anderen von einem k€rzeren, besser kontrollierbaren Weinen, welches unterschiedliche Erscheinungsformen aufweist (es tritt z.B. nach einem traurigen Film auf) (Williams und Morris, 1996 [111]). F€r Frauen ist beispielsweise beschrieben, dass sie im Vergleich zu M‚nnern eben nicht nur ƒfter, sondern auch intensiver und l‚nger weinen (Vingerhots et al., 2000 [103], Lombardo et al., 1983 [62]). Labott et al., 1990 [54] stellten zur Diskussion, ob man nicht grunds‚tzlich zwischen dem "nat€rlichen", spontanen Weinen und einem im „Labor“, also k€nstlich hervorgerufenen Weinen unterscheiden muss. In verschiedenen Studien (Vingerhoets et al., 2000 [103], Bernfeld, 1987 [8]) zeigte sich, dass gesunde Probanden, denen ein trauriger Film gezeigt wurde, direkt nach Ansehen des Filmes (und der Weinen-Episode) angaben, sich schlechter zu f€hlen als vor dem WeinEreignis. Eine erneute Befragung nach einigen Stunden (ob sie sich – r€ckwirkend betrachtet - direkt nach dem Weinen besser oder schlechter gef€hlt h‚tten) ergab, dass die Mehrheit der Probanden nun meinte, es h‚tte ihnen doch gut getan, in dieser Situation zu weinen und dass es ihnen danach besser gegangen sei. Man folgerte daraus, dass das provozierte Weinen an der realen Situation nichts ‚ndert und deshalb nicht befreiend wirken kann. 20 Weinen und Erziehung / Entwicklung Nelson, 2000 [68] beschreibt in ihrer Arbeit, dass Weinen auch mit dem sich entwickelten Bindungsverhalten zusammenh‚ngt. Bei einem sicheren Bindungsverhalten ist man in der Lage, mit Emotionen umzugehen, man kann weinen, wenn der Anlass besteht und einem danach ist und man f€hlt mit anderen, wenn diese weinen. Bei einem ‚ngstlich-ambivalenten Bindungsverhalten ist die Furcht vor mƒglicher Zur€ckweisung sehr gro‡ und es werden Emotionen €bertrieben eingesetzt, um Aufmerksamkeit zu erlangen und diese nicht mehr zu verlieren. Und schlie‡lich die Reaktionen auf ein (ver-) meidendes Bindungsverhalten: Hier wurde nie gelernt, wie auf bestimmte Situationen emotional reagiert werden kann. Diese Menschen weinen nicht und reagieren auch nicht auf das Weinen anderer. Sie m€ssen sich andere Formen der Stressbew‚ltigung suchen. Beispielsweise treten kƒrperliche Beschwerden als mƒgliche Expression von unterdr€ckten Gef€hlen auf (Lindahl, 1977 [59]). Oder wie Sir Henry Maudsley (englischer Kinderpsychiater, 1835-1918) schrieb: „Sorrows which find no vent in tears may soon make other organs weep. “ Neben allen wissenschaftlichen Untersuchungen hat das Weinen an sich nicht nur einen Effekt auf uns selbst (sei es durch Aktivierung von Botenstoffen oder Entgiftung), sondern es ist ein Signal f€r die Umwelt. Aus dieser Reaktion der Umwelt auf unser Weinen ergeben sich wiederum Folgen, die nicht spezifisch gemessen werden kƒnnen – Anteilnahme, Trost, Zuwendung oder aber auch Verachtung (Vingerhoets, 2006 [101]). Insgesamt l‚sst sich sagen, dass emotionales Weinen ein Verhalten mit Signalfunktion ist, welches vor allem dann auftritt, wenn Schmerzen erlitten wurden oder Bindungen gef‚hrdet oder verloren gegangen sind. Frauen weinen h‚ufiger als M‚nner; Einfluss haben neben dem Geschlecht auch kulturelle (z.B. ethnische) Einfl€sse. Beschrieben wurden verschiedene Formen des Weinens (vor allem hinsichtlich der Dauer und Intensit‚t). Wenig bekannt und erforscht sind zum einen die Effekte des Weinens (insbesondere auf subjektives Befinden und objektive Gesundheit), Weinverhalten. zum anderen die Einfl€sse psychischer Stƒrungen auf das 21 Die bisher angesprochenen Einflussfaktoren des Weinens sind zwar vielf‚ltig (Alter, Geschlecht, Schulbildung, soziokultureller Hintergrund,…) haben jedoch eine Einschr‚nkung: Diese Daten wurden unter Mithilfe gesunder Probanden erhoben. F€r unsere Arbeit ist aber von besonderem Interesse, inwiefern und ob das WeinVerhalten bei Patienten mit einer Grunderkrankung (wie z.B. einer Depression, einer Dissoziation oder einer somatoformen Stƒrung) von der "Norm" abweicht. Ein paar Autoren haben sich mit dieser Frage besch‚ftigt: Weinverhalten bei Patienten mit Depressionen und anderen Störungen Kraemer und Hastrup, 1986 [40] untersuchten die Zusammenh‚nge von Weinen und der Depression und fanden heraus, dass leicht depressive Patienten eine signifikant erhƒhte H‚ufigkeit zu weinen aufwiesen; der Umkehrschluss gilt jedoch nicht: Probanden, die h‚ufig weinen, sind mehrheitlich nicht depressiv. Mƒglicherweise spielen bei der erniedrigten Wein - Schwelle (neben den bereits erw‚hnten psychologischen Ursachen wie Kr‚nkungen oder Verluste) sowohl die biochemischen Ver‚nderungen, die mit einer Depression einhergehen, eine Rolle, als auch das Geschlecht (Nelson, 2000 [68]). So wie es in der Depression verschiedene Phasen gibt, ver‚ndert sich offenbar auch das Wein - Verhalten. Bei schweren Formen der Depression kann es dagegen vorkommen, dass Patienten nicht mehr in der Lage sind zu weinen (Danielsson und Johansson, 2005 [17]) Rottenberg et al., 2002 [79] gingen der Frage nach, ob ein Zusammenhang besteht zwischen der Depression und h‚ufigem, intensivem Weinen (die Patientengruppe mit Depression musste das Kriterium einer MDD (Major Depressive Disorder) nach DSM IV erf€llen [also das Kriterium einer schwereren Depression]. Des Weiteren standen von 71 depressiven Patienten 31 unter Pharmakotherapie). Die Untersuchung konnte die These von der Verbindung einer Depression mit h‚ufigem Weinen jedoch nicht best‚tigen. Diejenigen Probanden, die viel weinten und keine depressive Stƒrung aufwiesen, schilderten h‚ufigere Traurigkeit und hatten eine erhƒhte Herzfrequenz. Im Gegensatz dazu zeigte die depressive Gruppe keine derartigen emotionalen Regungen. Dies war, nach Aussage der Autoren, ein Zeichen f€r die emotionale Dysregulation bei depressiv Erkrankten. 22 In einer weiteren Studie verglichen Rottenberg et al. [80] Patienten mit unterschiedlichen Stƒrungen (dysthymia (Dysthymie), adjustment disorder with depressed mood (Anpassungsstƒrung mit depressiver Stimmung), major depressive disorder (klassische Depression)) mit einer gesunden Kontrollgruppe bez€glich der Weinen - H‚ufigkeit, der vorausgehenden Gr€nde und der Konsequenzen nach dem Weinen - Ereignis. Sie stellten fest, dass Patienten, im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe, h‚ufiger aufgrund negativer Umst‚nde weinten (kein Unterschied fand sich bei positiven Umst‚nden) sowie Patienten mit einer Stƒrung seltener eine Stimmungs - Verbesserung nach dem Weinen angeben als Gesunde. Bei M‚nnern fanden sie au‡erdem eine signifikante Korrelation von zunehmender Depressionsst‚rke und zunehmender Tendenz sowie H‚ufigkeit zu weinen (bei Frauen konnte dieser Zusammenhang nicht nachgewiesen werden). Ein zusammenfassendes Modell des Weinens beschreibt Vingerhoets, 2006 [101]. Demnach resultieren aus Bewertungen Emotionen (z. B. eine Ungerechtigkeit ruft ‹rger hervor), die in ein so genanntes Emotions - Programm m€nden – einer kƒrperlichen Reaktion, die ein Ausdrucksverhalten mit einschlie‡t. So ist auch das Weinen die Reaktion auf Bewertungen. Moderiert wird das Weinen durch persƒnliche (z.B. Persƒnlichkeit, physiologische Zust‚nde …), soziodemographische (z.B. das Geschlecht) und situationsbezogene Faktoren (z.B. die Gegenwart anderer Personen). Vingerhoets stellte diese Zusammenh‚nge als "Tilburger Modell" (siehe Abbildung 3) dar, welches die Interaktion einer "komplexen Reihe von psychobiologischen, kognitiven und gesellschaftlichen Prozessen" f€r das Weinen verantwortlich macht. Durch diese unterschiedlichen beeinflussenden Faktoren, wird das Weinen zu einer Ausdrucksform, die vielerlei Gesichter haben kann. Soziokulturelle Einfl€sse, biologische Faktoren, das Temperament und psychologische Einsch‚tzungen m€ssen ber€cksichtigt werden, um den Tr‚nen eines Menschen gerecht zu werden (Vingerhoets et al., 1998 [104]). "Es ist ein Feld, das dringend der Zusammenarbeit von Experten mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund bedarf – von Biologen, Entwicklungspsychologen, klinischen Psychologen, Sozial- und Kulturwissenschaftlern. Mindestens ebenso dringend ist die Einbeziehung des 23 Spezialwissens von Neurologen, Ethologen und Semiotikern." (Vingerhoets, 2006 [101]). Abbildung 3: Das Weinen von Erwachsenen Determinierende Faktoren - - Objektive Situation (Neu) Einschätzung psychosoziale (z.B. demographische oder persönlichkeitsbezogene) Faktoren biologische (z.B. physischer Zustand, Hormonversorgung) situative (z.B. gesellschaftliche Normen, Ort, fremde Anwesende) Innere Repräsentation Verlust/Trennung Zurückweisung eigene Unfähigkeit Tadel/Zurechtweisung positive Einschätzungen Innere Assoziation Instrumentelle Unterstützung Kognitive Unterstützung Emotionaler Zustand Weinen Psychobiologische Mechanismen Emotionale Unterstützung Reaktionen des gesellschaftlichen Umfeldes "Tilburger Modell" , Vingerhoets, 2006 [101]. 24 Nun ist Weinen eine Form des Affektausdruckes. Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit ist, ob wir unsere Hypothese, dass Patienten mit einer dissoziativen Stƒrung (entweder in Form einer reinen Dissoziation oder als Begleiterscheinung im Rahmen einer somatoformen Stƒrung), als Zeichen des gestƒrten Affektausdruckes, weniger weinen (kƒnnen) als gesunde Probanden (bzw. Patienten ohne Dissoziation / somatoforme Stƒrung), mit unserer Studie best‚tigen kƒnnen. Affekte Affekte sind durch seelisch-kƒrperliche Merkmale gekennzeichnete emotionale Zust‚nde, die einerseits prim‚rer Ausdruck des eigenen Befindens, aber auch eine Reaktion auf ‚u‡ere Faktoren sein kƒnnen. Zu den Grundaffekten z‚hlen laut Descartes (franzƒsischer Philosoph, Mathematiker und Naturwissenschaftler, 15961650) Liebe, Hass, Verlangen, Freude, Traurigkeit und Bewunderung; nach Ansicht des niederl‚ndischen Philosophen Spinoza (1632-1677) gehƒren nur Freude Traurigkeit und Verlangen dazu. Paul Ekman (geb. 1934, amerikanischer Anthropologe und Psychologe) unterscheidet 7 "Basisemotionen": Frƒhlichkeit, Wut Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und •berraschung. Er fand in seinen Studien Beweise f€r die bereits von Darwin behauptete erbliche Bedingtheit zahlreicher emotionaler Ausdrucksformen. Danach sind die von ihm als elementar beschriebenen Gesichtsausdr€cke nicht kulturell erlernt, sondern genetisch bedingt und werden kultur€bergreifend bei allen Menschen in gleicher Weise erkannt und ausgedr€ckt. Die F‚higkeit zum Affektausdruck ist interindividuell unterschiedlich ausgepr‚gt, sie kann insbesondere auch in Sinne einer Stƒrung gekonnt oder unmƒglich sein. Stƒrungen des Affektausdruckes, die Teil der Persƒnlichkeit einer Person sind, werden als Hemmung, in schwerer Auspr‚gung als Alexithymie bezeichnet. Eine €berdauernde, sehr schwere Beeintr‚chtigung des Affektausdruckes findet sich – neben weiteren Symptomen – bei autistischen Stƒrungen. Eine durch ‚u‡ere, insbesondere traumatische Einfl€sse ausgelƒste Stƒrung des Affekterlebens findet sich bei der Dissoziation. 25 Die Dissoziation Das Krankheitsbild der Dissoziation ist von besonderem Interesse f€r uns, da wir unserer Hypothese nachgehen wollten, ob unter der Annahme, dass durch die Dissoziation die F‚higkeit Gef€hle auszudr€cken verloren geht oder eingeschr‚nkt ist, das “Weinen - Kƒnnen“, um sich zu erleichtern oder Emotionen zu zeigen, im Rahmen der Dissoziation weniger wird bzw. verloren geht. Jean Martin Charcot (1825 – 1893) entdeckte die psychodynamische Dimension der Hysterie. Er erkannte die Bedeutung von Tr‚umen, beschrieb nun die Hysterie als funktionelle Nervenstƒrung und verwarf die Theorie einer fr€her angenommenen sexuellen Genese (Porter, 2000 [73]). Seine Sch€ler Pierre Janet (1859 – 1947) und Sigmund Freud (1856 – 1939) bauten auf diese Theorien auf (Engels, 2002 [24]). Piere Janet schrieb 1889 (in: “L…Automanisme psychologique“): „In der Hysterie findet sich eine Abspaltung (franz. D‡sagr‡gation / dissociation) bestimmter Erlebnisanteile aus dem Bewusstsein, die weiterhin aktiv bleiben und so die dissoziativen Symptome hervorrufen.“ (Spitzer und Freyberger, 2003 [93]). Er pr‚gte so erstmalig den Begriff der „Dissoziation“. (Definition der Dissoziation nach ICD: „Zusammenfassende Bezeichnung f€r verschiedene Stƒrungen der integrativen Funktion von Bewusstsein, Ged‚chtnis und Identit‚t bzw. Wahrnehmung der Umwelt.“ (Pschyrembel, 2002 [74]) Synonym: Konversionsneurose; Definition der Dissoziation nach DSM: Hauptmerkmal der dissoziativen Stƒrung ist eine Unterbrechung der normalerweise integrativen Funktion des Bewusstseins, des Ged‚chtnisses, der Identit‚t oder der Wahrnehmung der Umwelt. Die Stƒrung ist Folge einer traumatischen Erfahrung, sie kann plƒtzlich oder allm‚hlich auftreten und sowohl vor€bergehend wie chronisch verlaufen). Die Dissoziation ist h‚ufig nur schwer zu erkennen und als Krankheit abzugrenzen, da auch bei Gesunden schwache Formen der Dissoziation im Alltagsleben vorkommen. Es sind „Absencen“, kurze Tagtr‚ume oder Situationen, in denen man sich „wie bet‚ubt“ f€hlt; zum Beispiel nach •berbelastungen oder •berm€dung (Bauer, 2002 [5]). Die st‚rkeren und pathologischen Formen der Dissoziation gehen einher mit einer vollst‚ndigen Trennung von Bewusstsein und Gef€hl aus der momentan realen Situation und kommen beim Gesunden nicht vor. 26 Untersuchungen haben ergeben, dass die Ursache dieser krankhaften Formen in einem erlebten schweren Trauma und / oder Gewalt liegt. Hier kann im Verlauf beobachtet werden, dass eine Komorbidit‚t zu anderen Stƒrungen besteht; wie z.B. den depressiven und Angst - Stƒrungen und dem Auftreten weiterer Symptome aus dem gesamten Formenkreis der somatoformen Stƒrungen (AWMF-Leitlinien [2], Saxe et al., 1994 [87]). Die somatoforme Störung Neben der Dissoziation ist f€r uns die somatoforme Stƒrung von Bedeutung in dieser Arbeit. Somatoforme Symptome kƒnnen evtl. als Ersatz f€r fehlende, nicht ausdr€ckbare Affekte gesehen werden. Aus diesem Grund stellen wir uns die Frage, ob unter der Voraussetzung, dass Dissoziation Somatisierung beg€nstigt, Weinen als zugelassener Affektausdruck umgekehrt proportional zur Somatisierung ist. (Definition der somatoformen Störung nach ICD: „Die somatoforme Stƒrung wird charakterisiert durch die wiederholte Darbietung kƒrperlicher Symptome in Verbindung mit hartn‚ckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und ‚rztlicher Versicherung, dass die Symptome nicht kƒrperlich begr€ndbar sind; tats‚chlich vorhandene somatische Stƒrungen erkl‚ren nicht Art und Ausma‡ der Symptome oder das Leiden des Patienten.“ (Pschyrembel, 2002 [74]); Definition nach DSM: „Das gemeinsame Merkmal der somatoformen Stƒrung ist das Vorhandensein von kƒrperlichen Symptomen, die einen medizinischen Krankheitsfaktor nahe legen und die durch einen medizinischen Krankheitsfaktor, durch die direkte Wirkung einer Substanz oder durch eine andere psychische Stƒrung nicht vollst‚ndig erkl‚rt werden kƒnnen.“ (DSM IV, S.509). Geschichtlich betrachtet sind die Begriffe und Krankheitsbilder der dissoziativen Stƒrung, der somatoformen Stƒrung und der Konversionsstƒrung entstanden aus einem gemeinsamen Krankheitsbild: der Hysterie. Sie gilt als die ‚lteste aller beobachteten psychischen Stƒrungen (DidiHuberman, 1997 [19]). Bereits im alten ‹gypten, etwa 2000 Jahre vor Christus, fanden sich Schriften €ber Erkrankungen des Uterus. Die Ursache sah man in einem durch sexuelle Abstinenz ausgelƒsten Umherwandern der Geb‚rmutter auf der "Suche nach Befriedigung". Angefangen bei Hippokrates (460 - 377 v. Chr.), welcher den Begriff der "Hysterie" (von hystera = griech.: Geb‚rmutter) pr‚gte und Platon (428-348 v. Chr.) (Engels, 2002 [24]) €ber Galen von Pergamon (129 bis ca. 216 n. Chr.) [114] bis zu William Harvey (1578-1675) (Entdecker des Blutkreislaufs) und Thomas Sydenham (1624- 27 1689) (der als „englischer Hippokrates“ galt), alle besch‚ftigten sich mit dem Ph‚nomen der Hysterie, welche durch ein vielf‚ltiges Beschwerdebild charakterisiert wurde. Ob nun sexuelle Abstinenz, ein Ungleichgewicht der Kƒrpers‚fte, womƒglich der Teufel oder doch psychosoziale Umst‚nde die Ursache waren, dar€ber herrschte lange Uneinigkeit. Erst im Laufe der Jahrhunderte wurde zwischen verschiedenen Symptomen unterschieden und abweichende Ursachen diskutiert. Pierre Briquets (1839 - 1918) Schwerpunkt in Bezug auf die Hysterie lag in erster Linie auf der Suche nach Ausf‚llen des Nervensystems. Zwar fanden auch psychische Faktoren seine Beachtung, jedoch spielte das Konzept der „Reflexirritation“ die beherrschende Rolle [114]. Jean Martin Charcot (1825-1893 hatte ((s.o.) die psychodynamische Komponente der Hysterie entdeckt, worauf sich auch Piere Janet (1859-1947) im Weiteren st€tzte. Freud stimme Janet zun‚chst in dem Sinne zu, dass auch er die Ursache von kƒrperlichen Symptomen in einem fr€her erlebten, schweren Trauma sah. Er ging zun‚chst davon aus, dass Neurosen auf sexuelle Gewalt / Traumata in der Kindheit zur€ckgingen. Sp‚ter verwarf er diese „Verf€hrungshypothese", und ging im Gegensatz zu Janet nicht mehr von etwas real Erlebtem, sondern von Phantasien und von Einbildungen erotischer W€nsche der Betroffenen aus. Au‡erdem benutzte Freud nicht den Begriff der Dissoziation, sondern bezeichnete die von ihm beobachteten Merkmale als Konversion. Mit der Konversion war ein neuer Begriff eingef€hrt worden und Freud sah darin (bzw. in den Konversionssymptomen) einen Mechanismus zur Abwehr von mit dem Bewusstsein nicht zu vereinbarenden Phantasien (Breunig, 2003 [11]. Er schrieb in seinen „Studien €ber Hysterie“ (1895): „Bei der Hysterie erfolgt die Unschƒdlichmachung der unertrƒglichen Vorstellung dadurch, dass deren Erregungssumme ins Kˆrperliche umgesetzt wird, wof€r ich den Namen Konversion vorschlagen mˆchte“ (Spitzer und Freyberger, 2003 [92]). Ein Zeitgenosse Freuds und sein sp‚terer persƒnlicher Arzt, Felix Deutsch (1884-1964), sah die Konversion als ubiquit‚r vorkommende physiologische Erscheinung an. Diese sei als notwendiges Geschehen konzipiert, „um wegen der Anpassungsnotwendigkeit des zivilisierten Menschen unverwendbare Libido im Kˆrper unterzubringen, was solange nicht schade, wie sie, in geringen Quantitƒten gleichmƒ‰ig verteilt, auch wieder abgef€hrt werden kˆnne“ (Meyer und Lamparter, 1994 [66]). Heute verstehen wir unter dem Begriff der Konversion in erster Linie eine "•bersetzung" verdr‚ngter Bewusstseinsinhalte in eine Kƒrpersprache. Auch das Krankheitsbild der somatoformen Stƒrung hat seinen Ausgangspunkt in der Antike mit der Hysterie. Im Jahre 1859 beschrieb Paul Briquet (1796-1881) in seiner Arbeit „Trait‡ clinique et th‡rapeutuque de l…hyst‡rie“ jedoch erstmals einen Sonderfall der Hysterie mit polysymptomatischem Erscheinungsbild (sensorische, motorische und vegetative Funktionsstƒrungen). In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Ideen von Briquet von einer Arbeitsgruppe an der Washington University in St. Louis erneut aufgegriffen und weiterentwickelt. Sie nannten den Symptomkomplex erstmals „Briquet-Syndrom“. 28 Heute (in DSM IV und ICD 10) wird das Briquet Syndrom als Somatisierungsstörung bezeichnet und wird als Unterpunkt neben weiteren Störungen, wie z.B. der Hypochondrie u.a., unter dem Überbebegriff der Somatoformen Störung geführt (Gündel und Kapfhammer, 2005 [38], Rudolph, 2004 [81], Foerster, 2004 [29]). 29 2. Patienten und Methoden 2.1. Studiendesign Diese Arbeit entstand in der Psychosomatischen Ambulanz des Universit‚tsklinikums Freiburg und umfasste neben dem Standard - Patientenfragebogen (persƒnliche Daten) und dem SCL-90R (Skala zur Selbsteinsch‚tzung der Beschwerden durch den Patienten) zus‚tzlich Fragen zu somatoformen Stƒrungen in Form des SOMS-2, Fragen zur Dissoziation in Form des FDS und Fragen zum Weinen in Form eines selbsterstellten Fragebogens. Innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten (1. April 2003 – 31. M‚rz 2004) sollte jeder Patient in der Ambulanz einen Fragebogen erhalten. Jeder Fragebogen wurde mit der PIZ (Patienten-Identifikationszahl) des Patienten versehen, die eine anonyme personenbezogene Auswertung gew‚hrleistete. Die Probanden wurden eine halbe Stunde vor ihrem eigentlichen Termin in der Psychosomatischen Ambulanz einbestellt, um genug Zeit zu bekommen, die Fragebƒgen im Vorfeld bearbeiten zu kƒnnen. 2.2. Stichprobenbeschreibung 2.2.1. Stichprobe Im vorgegebenen Zeitraum (1. April 2003 – 31. M‚rz 2004) wurden 459 Patienten in der Psychosomatischen Ambulanz der Uniklinik Freiburg im Rahmen unserer Studie erfasst, welche einen Fragebogen erhielten und diesen wieder ausgef€llt an uns zur€ckgaben. Die Auswertung der Daten dieser Studie bezieht sich auf 415 Patienten. Wegen nicht vollst‚ndig ausgef€llter bzw. unvollst‚ndig wieder abgegebener Fragebƒgen mussten 44 Patienten aus der Untersuchung wieder ausgeschlossen werden. Wegen Teilnahme an anderen Studien erhielten 85 30 Patienten, die im angegebenen Zeitraum die Ambulanz besuchten, keinen Fragebogen und wurden nicht mit aufgenommen. Insgesamt gab es im vorgegebenen Zeitraum in der psychosomatischen Ambulanz 985 Termine. 31 Patienten hatten mehrfache Episoden. Nicht alle Patienten, die im Zeitraum vom April 2003 bis März 2004 die psychosomatische Ambulanz besuchten, konnten durch unsere Fragebögen erfasst werden, da einige im Rahmen der freiwilligen Teilnahme an der Studie, die ihnen ausgehändigten Inventare leider nicht wieder an uns zurückgaben oder erst gar nicht annahmen. Tabelle 3 zeigt die Anzahl der Fragebogen, welche in die Studie eingeschlossen werden konnten, bzw. ausgeschlossen werden mussten Häufigkeit (n) Prozent (%) Einschluss 415 90,41 Ausschluss 44 9,59 gesamt 459 100 2.2.2. Soziodemographische Daten der untersuchten Stichprobe Die folgende Tabelle zeigt Charakteristika der Stichprobe bezüglich Geschlecht, Alter, Anzahl der Kinder, Schulbildung und der Partnersituation. Diese Angaben wurden von den Patienten im Patientenfragebogen gemacht; Alter und Geschlecht wurden vom externen Untersucher dokumentiert. 31 Tabelle 4: Darstellung der soziodemographischen Daten unserer Stichprobe: Geschlechterverteilung, das Alter (in Stufen und Kategorien eingeteilt), die Anzahl der Kinder, die Schulbildung und die Partnersituation. Häufigkeiten (n) Prozent (%) Männer 116 28 Frauen 299 72 gesamt 415 100 Geschlecht (missings=0) Graphische Darstellung der Geschlechterverteilung: 28% Männer 72% Frauen 32 Häufigkeit(n) Prozent (%) (16 – 30) 135 32,5 Mittel (31 – 60) 246 59,3 „‹ltere“ 34 8,2 415 100 Alter in Stufen (missings=0) Jung (> 60) gesamt Graphische Darstellung der Altersverteilung (in Stufen): 8% 33% Jung (16-30) Mittel (31-60) 59% "Ältere" (>60) 33 Häufigkeit(n) Prozent (%) 16-25 79 19,0 26-35 91 22,0 36-45 99 23,9 46-55 86 20,7 56-65 43 10,3 66-76 17 4,1 gesamt 415 100 Alter in Kategorien Graphische Darstellung des Alters in Kategorien: 30% 22% 25% 24% 16-25 Jahre 21% 19% 26-35 Jahre 20% 36-45 Jahre 15% 10% 10% 46-55 Jahre 4% 56-65 Jahre 5% 66-76 Jahre 0% 16-25 Jahre 26-35 Jahre 36-45 Jahre 46-55 Jahre 56-65 Jahre 66-76 Jahre 34 Häufigkeit(n) Prozent (%) 0 210 55,9 1 54 14,4 2 74 19,7 3 29 7,7 4 6 1,6 5 1 0,3 6 2 0,5 376 100 kurzfristig kein Partner 43 11,2 langfristig/dauerhaft kein Partner 107 27,8 9 2,3 fester Partner (Ehepartner) 133 34,5 fester Partner (nicht Ehepartner) 93 24,2 gesamt 385 100 Anzahl der Kinder (missings=39) gesamt Partnersituation (missings=30) wechselnde Partner 35 Häufigkeit(n) Prozent (%) 22 5,6 109 27,7 107 27,1 Fachabitur, Abitur 156 39,6 gesamt 394 100 Schulbildung (missings=21) Noch in der Schule/kein Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule Graphische Darstellung der Schulbildung: Noch in der Schule/kein Abschluss 6% 28% 39% 27% Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule Fachabitur, Abitur 36 2.2.3. Klinische Diagnosen Neben der Selbsteinsch‚tzung durch den Patienten im Rahmen der Fragebƒgen, sollten die klinischen Diagnosen, die durch die Therapeuten bei den Probanden gestellt wurden, noch zum Vergleich hinzugezogen werden. Um in der F€lle der ICD-10 Verschl€sselung den •berblick zu behalten, wurden die Diagnosen bei den weiteren Rechnungen (s.u.) in f€r die Studie relevante und sinnvoll erscheinende Gruppen eingeteilt. Tabelle 5: Klinische Diagnosen der teilnehmenden Probanden nach ICD10* (gestellt durch die Therapeuten der psychosomatischen Ambulanz); einzelnen Patienten können auch mehrere Diagnosen zugeordnet sein. Klinische Diagnose (ICD10) Häufigkeit (n) Prozent (%) 118 28,6 Dissoziation (F 44) 13 3,1 Affektive Stƒrungen 113 27,4 6 1,5 7 1,7 Essstƒrungen (F 50) 150 36,3 Fettleibigkeit (ohne 36 8,7 Somatoforme Stƒrung oder Somatisierung (F 45) (F 30 – F 39) Posttraumatische Belastungsstƒrung (F 43.1) Borderline Persƒnlichkeitsstƒrung (F 60.3) Essstƒrung) (E 66) 37 Häufigkeit (n) Prozent (%) Angststƒrung (F 40, F 41) 53 12,8 Zwangsstƒrung (F 42) 7 1,7 Schizophrenie (F 20 – F 29) 1 0,2 132 32,0 68 16,5 14 3,4 14 3,4 11 2,7 109 26,4 Andere Anpassungsstƒrungen (F 43, F 48) Andere Persƒnlichkeitsstƒrungen (F 61 - F 64, F 6) Psychosoziale Probleme (Z 65) Substanzmissbrauch (F 10 F 12, F 17, F 19, F 55) Andere psychische Diagnosen (F 51 - F 54, F 98, G 47) Verschiedene organische Diagnosen * missings = 2 2.3. Datenerhebung Im Zeitraum vom 01.04.2003 bis 31.03.2004 erhielten alle Patienten mit einem Termin in der psychosomatischen Ambulanz (mit Ausnahme jener Patienten, die schon an anderen Studien teilnahmen) die Fragebƒgen zu dieser Studie direkt bei Ankunft, noch bevor das Gespr‚ch mit den Therapeuten stattfand. Die Patienten wurden in der Regel eine halbe Stunde vor ihrem Gespr‚chstermin einbestellt, um die Fragebƒgen ohne Zeitdruck und in Ruhe ausf€llen zu kƒnnen. Danach wurden die Inventare von uns kopiert. Das Original wurde den einzelnen Therapeuten zur Verf€gung gestellt, die persƒnlichen Angaben und der SCL-90R kamen f€r statistische Zwecke der zust‚ndigen Datenerhebung dieser Studie verwendet. Abteilung zu; die Kopie wurde zur 38 Der Datensatz bestand aus einem Aufkl‚rungsblatt, auf welchem der Proband dar€ber informiert wurde, dass die Auswertung unter anderem zu wissenschaftlichen Zwecken genutzt werden sollte, was jedoch anonym, mit Hilfe der PIZ (PatientenIdentifikationszahl) geschah. Als zweites fanden die Patienten den „Patientenfragebogen“, in welchem nach den persƒnlichen Angaben gefragt wurde. Au‡erdem wurden die Patienten Patientenfragebogen und SCL-90R gebeten, gehƒren den zu SCL-90R den auszuf€llen. Basisfragebƒgen der psychosomatischen Ambulanz und werden im Rahmen jeder Studie, begleitet von zus‚tzlichen Inventaren benutzt. Die f€r diese Arbeit wichtigen Daten erhofften wir uns durch den SOMS-2 (Fragebogen zu Somatoforme Stƒrungen), den FDS (Fragebogen zu dissoziativen Symptomen) und einen Fragebogen zum Weinen zu erhalten. 2.3.1. Fragebƒgen 2.3.1.1 Patientenfragebogen Im Patientenfragebogen wurden die persƒnlichen Daten und Lebensverh‚ltnisse der Probanden erfasst. 2.3.1.2 SCL-90R Das SCL-90R-Testinventar ist ein in allen westlichen L‚ndern etabliertes medizinisches Untersuchungsinstrument zur Erfassung des Umfangs und Schweregrades psychischer und psychosomatischer Symptome. Es wurde in diese Studie nicht miteinbezogen, gehƒrt aber zu den StandardFragebƒgen in der psychosomatischen Ambulanz, weswegen er auch hier erw‚hnt wird. 39 2.3.1.3 SOMS-2 ( Rief et al., 1997 ) Der Fragebogen zu somatoformen Stƒrungen stellt ein Verfahren zur Erfassung selbsteingesch‚tzter starker Beeintr‚chtigungen des Befindens in den letzten zwei Jahren dar, f€r die von ‹rzten keine genaue Ursache gefunden wurde. Das Verfahren dient der Erleichterung der Klassifikation, der Quantifizierung sowie der Verlaufsbeschreibung von Personen mit somatoformen Stƒrungen. Die aktuelle Fassung des SOMS ber€cksichtigt alle kƒrperlichen Symptome, die f€r eine Somatisierungsstƒrung sowohl nach DSM IV als auch nach ICD10 von Relevanz sind. Der SOMS-2 enth‚lt einen Somatisierungssymptom-Teil (Items 1-53) sowie Fragen zu anderen somatoformen Stƒrungen (Hypochondrie, kƒrperdysmorphe Stƒrungen, somatoforme Schmerzstƒrungen). Zur Auswertung wird zum einen die Summe der aus den 53 Symptomen mit Ja beantworteten Fragen zum Beschwerdeindex Somatisierung zusammengefasst, der von seinen Entwicklern als „gutes Ma‡ f€r Somatisierungstendenzen aller Art“ beschrieben wurde (Rief et al., 1997 [77]). Zum anderen kann mit Hilfe des Somatisierungsindexes eruiert werden, ob eine somatoforme Stƒrung im Sinne des DSM IV (1. Zusammenz‚hlen der berichteten Symptome der folgenden Items: 1-11, 13, 16, 20, 32, 34-40, 42-51, 53 (Maximalwert 33), 2. Kontrollieren der mƒglichen Ausschlusskriterien und komorbiden Stƒrungen (Items 54-68). Folgende Punkte sind notwendig: 55=Nein, 54= mindestens 1 mal oder 58=ja, 62=Ja, 63=€ber 2 Jahre) und/oder des ICD10 (Zusammenz‚hlen der berichteten Symptome der folgenden Items: (2), (4 oder 5), (6), (10), (11), (13 oder 14), (18), (20 oder 21), (9 oder 22 oder 38), (28), (31), (33), (40 oder 41), (52) (Maximalwert 14), 2. Kontrollieren der mƒglichen Ausschlusskriterien und komorbiden Stƒrungen (Items 54-68). F€r eine Somatisierungsstƒrung ICD-10 sind folgende Kriterien wichtig: - 54: mindestens 3x, 55: Nein, - 56: Nein, - 57: Ja, - 61: Nein, - 63: €ber 2 Jahre) (Rief et al., 1997 [77]) vorliegt. 40 2.3.1.4 FDS / DES Der FDS von Freyberger et al. (1999) ist ein Screening-Instrument zur syndromalen Diagnostik dissoziativer Ph‚nomene, eingeschlossen Derealisation und Depersonalisation. Grundlage des FDS ist die Dissociative Experience Scale (DES) von E.R. Bernstein und F.W. Putnam (1986). Die DES wurde ins Deutsche €bersetzt und um 16 Items erweitert, wobei zehn dieser Items pseudoneurologische Konversionssymptome erfragen. Der resultierende neue Fragebogen umfasst die vier Subskalen Amnesie, Absorption, Derealisation und Konversion. Da in unserer Studie der FDS verwendet wurde (welcher – siehe oben – eine erweiterte Fassung des DES ist), konnten wir durch Auswertung der entsprechenden Items auch R€ckschl€sse auf eine mƒgliche dissoziative Stƒrung nach Kriterien des DES ziehen. Der FDS wurde bei der Beantwortung von mindestens 42 der 44 Items gewertet. Der DES bei mindestens ausgef€llten 26 Items von 28 Items. F€r beide Versionen gilt, dass der Mittelwert (Itemwerte, welche in Prozentzahlen von 0 % bis 100 % angegeben werden kƒnnen, werden zu einem Summenwert addiert und dann durch die entsprechende Itemzahl dividiert – 28 respektive 44) als allgemeines Dissoziationsma‡ gewertet werden kann (Freyberger et al., 1999, [33]) Als pathologisch und damit hinweisend auf eine dissoziative Stƒrung wurden, unter Absprache mit Herrn Dr. Spitzer, Werte des FDS von ≥ 8 angenommen, beim DES Werte von ≥ 20 . 41 2.3.1.5 Fragebogen zum Weinen bei Erwachsenen Der verwendete Weinen-Fragebogen wurde individuell f€r diese Studie von Prof. Bauer entworfen. Er sollte uns Informationen €ber die H‚ufigkeit des Weinens liefern, sowie subjektive Zusammenh‚nge mit kƒrperlicher und seelischer Gewalt schildern und Emotionen und Gef€hle w‚hrend und nach dem Weinen beschreiben. 2.4. Statistische Auswertung Die statistischen Anwendungen erfolgten mit dem Statistikprogramm SPSS (Statistical Package for the Social Sciences) in der Version 13.0, mit welchem eine vollst‚ndige Definition und Skalierung aller Daten mƒglich ist und welches eine Kontrolle der Datenerfassung ermƒglicht; sowie mit dem Datenbankprogramm Microsoft Access, welches die Verwaltung von Daten und die Entwicklung von Datenbankanwendungen gew‚hrleistet. Die Angaben des Signifikanzniveaus orientieren sich an folgender Einteilung: Hoch signifikant: p ≤ .01 Signifikant: .01 < p ≤ .05 Tendenziell bedeutsam: .05 < p ≤ .10 Keine Signifikanz: p > .10 Folgende statistischen Verfahren kamen zur Anwendung: - Chi – Quadrat – Tests - Mann – Whitney – U – Tests - Kruskal-Wallis-Test - Logistische und lineare Regressionen 42 2.5 Zusatz: DSM IV und ICD-10 Zum Schluss sei noch erwähnt, dass wir in unserer Studie dissoziative und somatoforme Störungen sowohl nach DSM als auch nach ICD berücksichtigten Allerdings werden heute die Dissoziation und die somatoforme Störung in den beiden Systemen unterschiedlich definiert und eingeteilt: Um Störungen einteilen und katalogisieren zu können wurden die Systeme der DSM (Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen) von der Amerikanischen Psychiatrischen Assoziation (APA) und die ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) von der WHO eingeführt. Ursprünglich geht die ICD auf die 1893 von Bertillon eingeführte internationale Liste für Todesursachen zurück (Herausgeber war das Reichsgesundheitsamt (Scheuer, 2003 [88], DIMDI [20]); das DSM psychischer Störungen entsprang einer Volkszählung in Form von Schwachsinn und Wahnsinn aus dem Jahre 1840. Im Jahr 1952 wurde der erste Entwurf eines Diagnostisch Statistischen Manuals (DSM) (Scheuer, 2003 [88]) veröffentlicht, in welchem versucht wurde, die Codierungsziffern mit der damaligen ICD-6 abzustimmen. Im weiteren Verlauf entfernten sich die Einteilungen der beiden Systeme jedoch wieder voneinander. Die aktuelle Version des DSM (DSM-IV), die 1994 herausgegeben wurde, unterscheidet die dissoziative (300.6, 300.12-15) von der somatoformen (300.81) Störung, wobei die Konversionsstörung (300.11) (die aus der Theorie der Hysterie entstanden war) lediglich als Untergruppe der somatoformen Störung ihren Platz findet. Die ICD-10 von 1991 unterscheidet zwar ebenfalls zwischen oben genannten Störungsbildern, subsumiert jedoch die Konversionsstörung (F44.4-9) im Gegensatz zum DSM-IV nicht unter die somatoforme Störung (F45) sondern unter die dissoziative Störung (F44) (Spitzer et al., 1996 [93], Spitzer et al., 2006 [91]). 43 3. Ergebnisse Im Ergebnisteil erfolgt die statistische Auswertung der Fragebƒgen SOMS-2, FDS / DES und des Weinen – Fragebogens, welche auch mit allgemeinen Daten in Beziehung gesetzt werden sollen, um einen besseren •berblick zu erhalten. In der allgemeinen Auswertung der Fragebƒgen (3.1.) (beginnend mit dem SOMS-2, im Anschluss folgt der DES und FDS) soll zun‚chst dargestellt werden, wie viele unserer Probanden die Kriterien des jeweiligen Fragebogens erf€llen. Es folgen Aussagen €ber die Geschlechterverteilung, Altersverteilung und die Beziehung zur Schulbildung der Patienten. Schlie‡lich wird betrachtet, inwieweit die klinische Diagnose einer somatoformen Stƒrung (bzw. einer Dissoziation) mit dem Vorliegen einer somatoformen Stƒrung gem‚‡ SOMS-2 (bzw. einer Dissoziation gem‚‡ FDS/DES) €bereinstimmt und wie hoch der Somatisierungsindex bei Patienten mit und ohne eine somatoformen Stƒrung nach ICD-10, DSM IV und klinischer Diagnose (bzw. der Beschwerdeindex bei Patienten mit und ohne eine dissoziativer Stƒrung nach FDS, DES und klinischer Diagnose) ist. Beim Weinen-Fragebogen soll ebenfalls zun‚chst mit allgemeinen Aussagen begonnen werden (Geschlecht- und Altersverteilung, Beziehung zur Schulbildung), bevor gezeigt wird, inwiefern die von den Probanden selbst eingesch‚tzte Tendenz zu weinen (Skala von 1-10; 1= ich weine nie, 10= ich weine sehr schnell) mit der angegebenen Weinen - H‚ufigkeit (Weinen - H‚ufigkeit in den letzten 12 Monaten; gar nicht, 1-2mal im Jahr, 1-2mal im Monat, 1-2mal in der Woche, h‚ufiger) synchronisiert. In Abschnitt 3.2 wird nach Einteilung der Probanden nach bestehenden Stƒrungen in bestimmte Diagnosegruppen (Gesamtheit der Patienten/ alle Patienten; Patienten ohne Ess- und affektive Stƒrung; Patienten mit Essstƒrungen; Patienten mit affektiver Stƒrung; Patienten mit somatoformen Stƒrungen und Patienten mit einer Dissoziation) innerhalb der einzelnen Gruppen eruiert, wie viele Patienten (insgesamt und M‚nner und Frauen gesondert betrachtet) unter einer dissoziativen Stƒrung (nach DES und FDS) und unter einer somatoformen Stƒrung (nach DSM IV) leiden. Zus‚tzlich wird gezeigt, wie viele Patienten in den einzelnen Diagnosegruppen 44 angaben "viel" (1-2mal pro Woche oder h‚ufiger) bzw. "wenig" (nie, 1-2 mal im Jahr, 1-2mal im Monat) zu weinen. Auch hier wurden neben den Patienten insgesamt die Geschlechter getrennt betrachtet. Der weiterf€hrende Teil der Ergebnisse (3.3) besch‚ftigt sich intensiver mit dem Weinen. Es werden Fragen zum seelischen und kƒrperlichen Befinden der Probanden (I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“) gestellt. Die Einteilung der Patienten erfolgt auch hier in oben genannte Diagnosegruppen. Zun‚chst werden bei den Auswertungen geschlechtsspezifische Unterschiede gegen€bergestellt; im Anschluss liegt das Augenmerk auf Unterschieden zwischen Probanden, die angaben "viel" zu weinen und anderen, die angaben "wenig" zu weinen. Zum Schluss zeigt die Berechnung der Regressionen den Voraussagewert von Pr‚diktoren auf bestimmte abh‚ngige Variablen. Diese Variablen sind: die H‚ufigkeit zu weinen, die Tendenz zu weinen, der Somatisierungsindex, erf€llte EinschlussKriterien einer somatoformen Stƒrung nach DSM sowie die dissoziative Stƒrung nach DES. Des Weiteren wurden signifikante Pr‚diktoren f€r die mit "Ja" beantworteten Fragen zum Befinden nach dem Weinen (s.o.) eruiert. 3.1. Allgemeine Auswertung 3.1.1. Auswertung des Fragebogens SOMS-2: 3.1.1.1 Erf€llung der Kriterien einer somatoformen Stƒrung nach DSM IV und ICD-10 Unter allen teilnehmenden Patienten unserer Stichprobe erf€llten 20,5 % (n=85) die Kriterien einer somatoformen Stƒrung nach DSM IV. Dabei waren 68,2 % (n=58) Frauen und 31,8 % (n=27) M‚nner. Von allen weiblichen Probandinnen litten 45 demnach 19,4 % unter einer somatoformen Stƒrung, bei allen teilnehmenden M‚nnern galt dies f€r 23,3 %. Nach ICD-10 Kriterien – welche wesentlich strenger angelegt werden (siehe oben) – erf€llten insgesamt 10,1 % (n=42) die Bedingungen um eine somatoforme Stƒrung. Frauen machten hier einen Anteil von 61,9 % (n=26) aus, die M‚nner lagen bei 38,1% (n=16). Dies entsprach einem Anteil von 8,7 % aller Frauen und 13,8% der M‚nner. Tabelle 6: Darstellung der Häufigkeit von somatoformen Störungen in unserer Stichprobe insgesamt und die Verteilung von Männern und Frauen, gemessen durch den Fragebogen zu somatoformen Störungen SOMS-2; getrennte Auswertung nach ICD-10 und DSM IV-Kriterien Kriterien einer somato- Frauen ♀ M‚nner ♂ formen Stƒrung nach: DSM IV 20,5 % 68,2 % ICD-10 (n=58) 10,1 % 61,9 % (n=26) (n=85) 31,8 % (n=27) (n=42) 38,1 % (n=16) 46 3.1.1.2 Übereinstimmung von klinischer Diagnose einer somatoformen Störung und Vorhandensein einer Störung gemessen mit SOMS-2 Von den Patienten mit der klinischen Diagnose einer somatoformen Störung (erstellt von den Therapeuten der psychosomatischen Ambulanz), erfüllten 30,5 % (n=36) auch die Kriterien für diese Störung nach DSM IV (eruiert durch SOMS-2). Nach ICD-10 Kriterien war bei 17,8 % (n=21) der Patienten mit der klinischen Diagnose auch eine somatoforme Störung nach SOMS-2 nachweisbar. Tabelle 7: Überprüfung der Übereinstimmungen einer somatoformen Störung nach klinischer Diagnose und Kriterien einer somatoformen Störung nach ICD-10 (gemessen durch den Fragebogen zu somatoformen Störungen SOMS-2) Kriterien einer somatoformen Störung mit Klin. SOMS-2 nach ICD-10 Diagnose einer somatof. Störung bzw. erfüllt nicht erfüllt gesamt Somatisierung (F45) ja 17,8 % (n=21) nein 7,1 % 82,2 % (n=97) 92,9 % (n=21) (n=274) 100% (n=118) 100% (n=295) 47 Tabelle 8: Überprüfung der Übereinstimmungen einer somatoformen Störung nach klinischer Diagnose und Kriterien einer somatoformen Störung nach DSM IV (gemessen durch den Fragebogen zu somatoformen Störungen SOMS-2) Kriterien einer somatoformen Störung mit Klin. SOMS-2 nach DSM IV Diagnose einer somatof. Störung bzw. erfüllt nicht erfüllt gesamt Somatisierung (F45) ja 30,5 % (n=36) nein 16,6 % (n=49) 69,5 % (n=82) 83,4 % (n=246) 100% (n=118) 100% (n=295) 3.1.1.3 Somatisierungsindex (nach ICD 10) bei Pat. mit/ohne Störung nach DSM IV/ICD-10/klinischer Diagnose Nach ICD-10: Das Ausmaß (die Stärke) der Somatisierung bei Patienten mit der Diagnose nach ICD-10 lag im Durchschnitt bei 6,02 (min: 1; max: 11). Bei Patienten ohne eine solche Störung wurde ein Wert von 4,33 (min: 0; max: 13) im Durchschnitt festgestellt. 48 Abbildung 4: Graphische Darstellung des Somatisierungsindexes (Gradmesser für die Stärke einer somatoformen Störung) bei Patienten mit und ohne Kriterien einer somatoformen Störung nach ICD-10 (gemessen durch Fragebogen zu somatoformen Störungen SOMS-2) 6,02 Somatisierungsindex 6 4,5 5 Mit somatoformer Störung nach ICD-10 4,33 4 3 Ohne somatoformeStörung nach ICD-10 2 Alle 1 0 nach DSM IV: Bei Patienten welche die Kriterien der Störung nach DSM IV erfüllten lag der Wert bei 5,89 (min: 0; max: 12), bei Patienten ohne erfüllte Kriterien bei 4,15 (min: 0; max: 13). Abbildung 5: Graphische Darstellung des Somatisierungsindex (Gradmesser für die Stärke einer somatoformen Störung) bei Patienten mit und ohne Kriterien einer somatoformen Störung nach DSM-IV (gemessen durch Fragebogen zu somatoformen Störungen SOMS-2) 5,89 Somatisierungsindex 6 5 4,5 Mit somatoformer Störung nach DSM-IV 4,15 4 3 Ohne somatoformeStörung nach DSM-IV 2 Alle 1 0 49 nach klinischer Diagnose: Patienten mit der klinischen Diagnose einer somatoformen Störung zeigten Werte von 5,42 (min: 0; max: 13), ohne Störung 4,17 (min: 0; max: 13). Abbildung 6: Graphische Darstellung des Somatisierungsindex (Gradmesser für die Stärke einer somatoformen Störung) bei Patienten mit und ohne klinische Diagnose einer somatoformen Störung (Erhebung der klinischen Diagnose durch die Therapeuten der psychosomatischen Ambulanz) Somatisierungsindex 6 5 4 5,42 4,5 4,17 Mit somatoformer Störung nach klinischer Diagnose 3 Ohne somatoformeStörung nach klinischer Diagnose 2 Alle 1 0 Es zeigte sich, dass in allen 3 Gruppen Patienten mit somatoformer Störung einen signifikant höheren Index aufweisen als Patienten ohne Störung. 50 3.1.1.4 Geschlechterverteilung (Geschlechterverteilung im Rahmen der somatoformen Störung mittels des SOMS-2 nach DSM IV und ICD-10 siehe 3.1.1.1) Unter den Patienten mit der klinischen Diagnose einer somatoformen Störung befanden sich 64,4 % (n=76) Frauen und 35,6 % (n=42) Männer. Das entspricht einem Geschlechteranteil von 25,6 % der an der Studie beteiligten Frauen und 36,2 % der Männer. Die Stärke der Somatisierung (Beschwerdeindex Somatisierung) ergab für die weiblichen Probandinnen einen Mittelwert von 7,52 (min: 0, max: 23) und bei den männlichen von 6,25 (min: 0, max: 22). Abbildung 7: Graphische Darstellung des Somatisierungsindex (Gradmesser für die Stärke einer somatoformen Störung) der Gesamtstichprobe bei Männern und Frauen und insgesamt 8 Beschwerdeindex 7 7,52 7,17 6,25 Frauen 6 5 Männer 4 3 2 1 0 Insgesamt (Männer und Frauen) 51 Abbildung 8: Graphische Darstellung des Somatisierungsindex (Gradmesser für die Stärke einer somatoformen Störung) bei Männern, Frauen und insgesamt mit und ohne eine somatoforme Störung nach ICD-10, DSM IV und klinischer Diagnose Somatisierungsindex 12 10 8 6 4 2 0 ICD-10 DSM IV klinische Diagnose Frauen mit somatoformer Störung Männer mit somatoformer Störung Alle (Männer und Frauen mit somatoformer Störung) Frauen ohne somatoforme Störung Männer ohne somatoforme Störung Alle (Männer und Frauen ohne somatoforme Störung 3.1.1.5 Altersverteilung Insgesamt betrachtet lag der Altersdurchschnitt aller Probanden bei 39,71 Jahren. Die Frauen unserer Stichprobe zeigten im Mittel ein Alter von 38,01 Jahren (min: 19 Jahre; max: 74 Jahre), die Herren von 44,09 Jahre (min: 20 Jahre; max: 74 Jahre). Die Patienten mit einer Stƒrung nach SOMS-2 (DSM IV – Kriterien) zeigten einen Altersdurchschnitt von 38,8 Jahren. Patienten, die die Kriterien nicht erf€llten, waren im Durchschnitt 40 Jahre alt. Nach ICD-10 Kriterien zeigten Patienten mit einer somatoformen Stƒrung einen Altersdurchschnitt von 42 Jahren, die Patienten ohne eine solche Stƒrung 39,5 Jahre. Auch bei Betrachtung der Patienten mit klinischer Diagnose fand sich ein (signifikanter) Unterschied: Probanden mit der Stƒrung waren im Durchschnitt 45,9 Jahre, ohne Stƒrung 37,3 Jahre alt. 52 Abbildung 9: Graphische Darstellung des Altersdurchschnittes von Patienten mit und ohne somatoforme Störung nach Kriterien des ICD-10, DSM IV (gemessen mit Fragebogen zu somatoformen Störungen SOMS-2) und nach klinischer Diagnose (gestellt durch die Therapeuten) 50 Mit somatoformer Störung 45,9 Alter in Jahren 45 42 40 38,8 40 39,7 39,5 Alle Patienten 37,3 35 Ohne somatoforme Störung 30 DSM IV ICD-10 klinische Diagnose Alle Patienten Abbildung 10: Graphische Darstellung des Altersdurchschnittes von Männern und Frauen unserer Stichprobe 50 44,09 Alter in Jahren 45 Insgesamt 40 35 38,01 39,7 Frauen Männer 30 Der Beschwerdeindex zeigte eine negative Korrelation (allerdings nicht signifikant) in Bezug auf das Alter (d.h. je jünger die Patienten, desto höher der Beschwerdeindex) 53 3.1.1.6 Beziehung zur Schulbildung Nach DSM IV Kriterien waren 3,7 % (n=3) der Patienten mit somatoformer Störung noch in der Schule oder besaßen keinen Schulabschluss, 25,9 % (n=21) besuchten die Sonder-, Haupt- oder Volksschule, 27,2 % (n=22) kreuzten Realschule, mittlere Reife oder polytechnische Oberschule an und 43,2 % (n=35) gaben an Fachabitur oder Abitur zu haben. Im Vergleich dazu befanden sich, nach Kriterien des ICD-10, unter den Patienten 7,5 % (n=3) ohne Schulabschluss bzw. noch in der Schule, 20 % (n=8) besuchten Sonder-, Haupt- oder Volksschule, 27,5 % (n=11) waren in der Realschule und 45 % (n=18) gaben an, Abitur zu haben. Tabelle 9: Darstellung der angegebenen Schulbildung der teilnehmenden Patienten mit und ohne somatoforme Störung nach Kriterien des DSM IV (gemessen durch den Fragebogen zu somatoformen Störungen SOMS-2) Kriterien einer somatoformen Störung mit SOMS-2 nach DSM IV Schulbildung Noch in der Schule/kein erfüllt nicht erfüllt 3,7 % (n= 3) 6,1 % (n= 19) 25,9% (n=21) 28,1 % (n= 88) 27,2% (n=22) 27,2 % (n= 85) 43,2% (n=35) 38,7 % (n=121) Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule Fachabitur, Abitur gesamt 100 % (n=81) 100 % (n=313) 54 Tabelle 10: Darstellung der angegebenen Schulbildung der teilnehmenden Patienten mit und ohne somatoforme Störung nach Kriterien des ICD-10 (gemessen durch den Fragebogen zu somatoformen Störungen SOMS-2) Kriterien einer somatoformen Störung mit SOMS-2 nach ICD-10 Schulbildung Noch in der Schule/kein erfüllt nicht erfüllt 7,5 % (n= 3) 5,4 % (n= 19) 20 % (n= 8) 28,5 % (n=101) 27,5 % (n=11) 27,1 % (n= 96) 45 % (n=18) 39 % (n=138) 100% (n=40) 100% (n=354) Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule Fachabitur, Abitur gesamt Der Beschwerdeindex ergab für die Gruppe der Schüler bzw. derer ohne Abschluss einen Wert von 7,68 (min: 1, max: 16), die Hauptschulgruppe erhielt einen Wert von 8,36 (min: 0, max: 23), die Realschulabgänger hatten im Mittel 7,08 (min: 0, max: 22) und die Abiturienten 6,19 (min: 0, max: 20). 55 Abbildung 11: Graphische Darstellung der Stärke der somatoformen Störung (Beschwerdeindex) bei den Probanden; eingeteilt wurden die Patienten in die von ihnen angegebene Schulbildung Beschwerdeindex 10 7,68 Schüler / kein Abschluss 8,36 7,08 6,19 Sonder-, Hauptschule 5 Realschule Abitur 0 Schulabschluss Eine Signifikanz konnte nicht nachgewiesen werden. 3.1.2. Auswertung des FDS / DES: 3.1.2.1 Erfüllung der Kriterien einer dissoziativen Störung nach FDS/DES Insgesamt erfüllten deutlich mehr Patienten (42,6 %) die Kriterien einer dissoziativen Störung nach FDS als nach DES (15,5 %). Der Männer- und Frauenanteil verhielt sich dabei ähnlich (siehe auch Kapitel 3.2.1.1). 3.1.2.2 Übereinstimmung von klinischer Diagnose und FDS/DES FDS: Von den Patienten mit der klinischen Diagnose einer dissoziativen Störung konnte bei 76,9 % (n=10) auch im Rahmen des FDS eine solche Störung nachgewiesen werden. 56 Tabelle 11: Überprüfung der Übereinstimmung einer dissoziativen Störung nach klinischer Diagnose und den Kriterien einer dissoziativen Störung nach dem Fragebogen zu dissoziativen Symptomen (FDS) Kriterien einer dissoziativen Stƒrung (nach FDS) Klinische Diagnose einer Dissoziation (F44) erf€llt nicht erf€llt (Mittelwert ≥ 8 ) (Mittelwert < 8 ) Ja 76,9 % Nein 58,6% (n= 10) 23,1 % (n=222) 41,4 % gesamt (n= 3) 100 % (n= 13) (n=157) 100 % (n=379) DES: Von den Patienten mit der klinischen Diagnose einer dissoziativen Stƒrung wurde bei 30,8 % (n=4) auch im Rahmen des DES eine solche Stƒrung nachgewiesen. Tabelle 12: Überprüfung der Übereinstimmung einer dissoziativen Störung nach klinischer Diagnose und den Kriterien einer dissoziativen Störung nach der Dissociative Experience Scale (DES) Kriterien einer dissoziativen Stƒrung (nach DES) Klinische Diagnose einer Dissozia- erf€llt nicht erf€llt gesamt tion (F44) Ja 30,8 % (n= 4) 69,2 % (n= 9) 100 % (n= 13) Nein 15,1 % (n= 58) (n=326) 100 % (n=384) 84,9 % 57 3.1.2.3 Stärke/Ausmaß der Dissoziation bei Patienten mit und ohne Störung nach FDS, DES und klinischer Diagnose Da sowohl der DES als auch der FDS betrachtet wurde, gab es 2 differente Möglichkeiten, die Stärke der Dissoziation zu eruieren. Das heißt, dass das Dissoziationsmaß auf verschiedenen Wegen berechnet wird. Hier soll vor allem auf die Auswertung des Dissoziationsmaßes nach FDS eingegangen werden, weshalb sich die Ergebnisse nach DES kursiv in Klammer im Anschluss an die Ergebnisse nach FDS befinden. Störung nach FDS: Das Ausmaß (die Stärke) der Dissoziation bei Patienten mit der Diagnose nach FDS lag im Durchschnitt bei 15,61 (min: 8,18; max: 57,27); (17,93; min: 3, max: 62). Bei Patienten ohne eine solche Störung wurde ein Wert von 3,45 (min: 0; max: 7,95); (4,19; min: 0, max: 12) im Durchschnitt festgestellt. Abbildung 12: Graphische Darstellung der Stärke der Dissoziation bei Patienten mit und ohne Diagnose einer Dissoziation (nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen [FDS] ) Stärke der Dissoziation 20 Mit Diagnose einer Dissoziation nach FDS 15,61 15 8,63 10 5 0 Ohne Diagnose einer Dissoziation nach FDS 3,45 Alle 58 Störung nach DES: Bei Patienten mit der Diagnose nach DES lag der Durchschnittswert bei 22,92 (min: 14,55; max: 57,27); (27,01; min: 20, max: 62). Bei Patienten ohne eine solche Störung bei 6,07 (min: 0; max: 22,05); (6,99; min: 0, max: 19) Abbildung 13: Graphische Darstellung der Stärke der Dissoziation bei Patienten mit und ohne Diagnose einer Dissoziation (nach Kriterien einer dissoziativen Störung nach der Dissociative Experience Scale [DES] ) Stärke der Dissoziation 25 22,92 Mit Diagnose einer Dissoziation nach DES 20 15 8,63 10 6,07 Ohne Diagnose einer Dissoziation nach DES Alle 5 0 Klinische Diagnose: Die Dissoziationsstärke von Patienten mit der klinischer Diagnose ergab in unserer Untersuchung im Durchschnitt 16,26 (min: 1,14; max: 43,86); (18,08; min: 2, max: 49). Für Patienten ohne eine solche Störung wurde ein Wert von 8,38 (min: 0; max: 57,27); (9,83; min: 0, max: 62) im Durchschnitt festgestellt. Es besteht eine signifikante Korrelation zwischen Patienten mit der klinischen Diagnose einer dissoziativen Störung und der Stärke der Dissoziation; sowohl nach FDS (p = .004) als auch nach DES (p = .013). 59 Abbildung 14: Graphische Darstellung der Stärke der Dissoziation bei Patienten mit und ohne klinische Diagnose einer Dissoziation (erhoben durch die Therapeuten der psychosomatischen Ambulanz) Stärke der Dissoziation 20 Mit klinischer Diagnose einer Dissoziation 16,26 15 8,38 10 Ohne klinische Diagnose einer Dissoziation 8,63 5 Alle 0 3.1.2.4 Geschlechterverteilung Alle teilnehmenden Frauen zusammen betrachtet, zeigten bei der Auswertung des Dissoziationsmaßes einen Mittelwert von 9,05 (min: 0, max: 57,27); bei den Männern dagegen fand sich ein hoch signifikant (p < .001) niedrigerer Wert, der bei 7,55 lag. Abbildung 15: Graphische Darstellung des Dissoziationsmaßes bei unseren Probanden insgesamt, aufgeteilt in Männer und Frauen 10 9,05 Stärke der Dissoziation 7,55 8,63 8 Frauen 6 Männer 4 2 0 Alle 60 In der Unterscheidung von Männern und Frauen in Bezug auf klinische Diagnose einer dissoziativen Störung, FDS und DES zeigte sich Folgendes: Zunächst die Ergebnisse nach FDS-Dissoziationsmaßauswertung: Die teilnehmenden Frauen mit der klinischen Diagnose einer dissoziativen Störung zeigten im Durchschnitt ein Dissoziationsmaß von 20,06 (min: 5,45; max: 43,86), ohne eine klinische Diagnose lag der Wert bei 8,74 (min: 0; max: 57,27). Die Männer mit Störung lagen bei 10,16 (min: 1,14; max: 16,28) und ohne bei 7,42 (min: 0; max: 34,32). Frauen mit einer Störung nach FDS zeigten ein Dissoziationsmaß von 16,14 (min: 8,18; max: 57,27), ohne Störung von 3,40 (min: 0; max: 7,95). Männer lagen mit Störung bei 13,99 (min: 8,18; max: 34,32) und ohne bei 3,57 (min: 0; max: 7,95). Nach Kriterien einer dissoziativen Störung nach DES waren bei Frauen mit der Diagnose 22,94 (min: 14,55; max: 57,27), ohne Diagnose 6,01 (min: 0; max: 19,77) festzustellen. Bei den Männern ergaben sich mit der Störung Werte von 22,85 (min: 17,05; max: 34,32) und ohne von 6,19 (min: 0; max: 22,05). 61 Abbildung 16: Graphische Darstellung des Dissoziationsmaßes (Grad für die Stärke einer Dissoziation) bei Männern und Frauen mit und ohne Störung einer Dissoziation nach FDS, DES und klinischer Diagnose (Auswertung nach DissoziationsmaßKriterien des FDS) Stärke der Dissoziation 25 20 15 10 5 0 FDS DES klinische Diagnose Frauen mit Dissoziation (Auswertung nach FDS) Männer mit Dissoziation (Auswertung nach FDS) Alle (Männer und Frauen mit Dissoziation) Frauen ohne Dissoziation (Auswertung nach FDS) Männer ohne Dissoziation (Auswertung nach FDS) Alle (Männer und Frauen ohne Dissoziation) Nun die Ergebnisse nach DES-Dissoziationsmaßauswertung: Die teilnehmenden Frauen mit der klinischen Diagnose einer dissoziativen Störung zeigten im Durchschnitt ein Dissoziationsmaß von 22,56 (min: 7; max: 49), ohne eine klinische Diagnose lag der Wert bei 10,37 (min: 0; max: 62). Die Männer mit Störung lagen bei 10,93 (min: 2; max: 18) und ohne bei 8,40 (min: 0; max: 36). Frauen mit einer Störung nach FDS zeigten ein Dissoziationsmaß von 18,74 (min: 3; max: 62), ohne Störung von 4,18 (min: 0; max: 12). Männer lagen mit Störung bei 15,50 (min: 9; max: 36) und ohne bei 4,20 (min: 0; max: 11). 62 Nach Kriterien einer dissoziativen Störung nach DES waren bei Frauen mit der Diagnose 27,13 (min: 20; max: 62), ohne Diagnose 7,01 (min: 0; max: 19) festzustellen. Bei den Männern ergaben sich mit der Störung Werte von 26,28 (min: 20; max: 36) und ohne von 6,93 (min: 0; max: 19). Abbildung 17: Graphische Darstellung des Dissoziationsmaßes (Gad für die Stärke einer Dissoziation) bei Männern und Frauen mit und ohne Störung einer Dissoziation nach FDS, DES und klinischer Diagnose (Auswertung nach DissoziationsmaßKriterien des DES) Stärke der Dissoziation 30 25 20 15 10 5 0 FDS DES klinische Diagnose Frauen mit Dissoziation (Auswertung nach DES) Männer mit Dissoziation (Auswertung nach DES) Alle (Männer und Frauen mit Dissoziation) Frauen ohne Dissoziation (Auswertung nach DES) Männer ohne Dissoziation (Auswertung nach DES) Alle (Männer und Frauen ohne Dissoziation) 63 3.1.2.5 Altersverteilung FDS: Die Betrachtung der Zusammenhänge mit dem Alter ergab eine negative Korrelation. Es zeigte sich eine signifikante (p < .001) Erhöhung von Dissoziationswerten in jüngeren Jahren. Der Altersdurchschnitt bei Patienten mit dissoziativer Störung nach FDS betrug 36,39 Jahre (min: 19 Jahre; max: 72 Jahre), bei Patienten ohne Störung 42,13 Jahre (min: 19 Jahre; max: 74 Jahre). Abbildung 18: Graphische Darstellung der Altersverteilung bei Patienten mit und ohne dissoziativer Störung nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen (FDS) ) 50 Alle Patienten Alter in Jahren 42,13 40 36,39 39,71 Mit Diagnose einer Dissoziation nach FDS 30 Ohne Diagnose einer Dissoziation nach FDS 20 DES: Eine Signifikanz ergab auch der Zusammenhang von Alter und dissoziativer Störung nach DES. Jüngere Patienten scheinen hier häufiger Symptome zu zeigen (p = .004). Im Durchschnitt waren Patienten mit Störung 35,29 Jahre alt (min: 19 Jahre; max: 72 Jahre), Patienten ohne Störung 40,50 Jahre (min: 19 Jahre; max: 74 Jahre). 64 Abbildung 19: Graphische Darstellung der Altersverteilung bei Patienten mit und ohne dissoziativer Störung (nach Kriterien einer dissoziativen Störung nach der Dissociative Experience Scale [DES ] ) 50 Alter in Jahren Alle Patienten 40,50 40 39,71 35,29 Mit Diagnose einer Dissoziation nach DES 30 Ohne Diagnose einer Dissoziation nach DES 20 Klinische Diagnose einer dissoziativen Störung (F 44): Der Altersdurchschnitt der Patienten mit der klinischen Diagnose lag bei 45,15 Jahren (min: 23 Jahre; max: 62 Jahre), jener bei Patienten ohne Diagnose bei 39,56 Jahren (min: 19 Jahre; max: 74 Jahre). Es ergab sich daraus keine Signifikanz (p = .116). Abbildung 20: Graphische Darstellung der Altersverteilung bei Patienten mit und ohne dissoziativer Störung nach klinischer Diagnose (gestellt durch die Therapeuten) Alter in Jahren 50 40 45,15 Alle Patienten 39,56 39,71 Mit klinischer Diagnose einer Dissoziation 30 Ohne klinische Diagnose einer Dissoziation 20 65 3.1.2.6 Beziehung zur Schulbildung Es fand sich bei der Gesamtstichprobe zwischen dem Dissoziationsmaß und der Schulbildung eine signifikante Korrelation (p = .012). Niedrigere Schulbildung steht in unserer Studie im Zusammenhang mit erhöhten Dissoziationswerten (Sonder-, Haupt- oder Volksschule: 9,73); umgekehrt haben Probanden mit Abitur/Fachabitur niedrigere Werte (7,44). Tabelle 13: Dissoziationsmaß der gesamten Patientenstichprobe, aufgeteilt nach Schulbildung Dissoziationsmaß Schulbildung (Mittelwert) Noch in der Schule/kein Abschluss 8,23 (min: 0,23; max: 19,77) Sonderschul-, Hauptschul-, 9,73 (min: 0; max: 37,67) 9,39 (min: 0; max: 34,32) Fachabitur, Abitur 7,44 (min: 0; max : 57,27) gesamt 8,61 (min: 0; max: 57,27) Volksschulabschluss Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule 9,73 10 9,39 Stärke der Dissoziation 8,61 8,23 7,44 Schüler / kein Abschluss Sonder-, Hauptschule Realschule 5 Abitur gesamt 0 Schulabschluss Bei den Patienten unterscheiden sich diejenigen mit Abitur/Fachabitur von den restlichen Probanden. Sie zeigen einen signifikant niedrigeren Mittelwert, und damit ein weniger häufiges Auftreten einer dissoziativen Störung. 66 Tabelle 14: Darstellung der Schulbildung von Patienten mit und ohne dissoziative Störung (nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen (FDS) ) Mittelwerte Schulbildung Noch in der Schule/kein Mit dissoziativer Störung Ohne dissoziative nach FDS Störung nach FDS 11,74 Abschluss 2,97 (min: 8,18; max: 19,77) Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss 16,94 (min: 0,23; max: 7,5) 3,49 (min: 8,18; max: 37,67) Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische 15,8 (min: 0; max: 7,95) 3,67 (min: 8,18; max: 34,32) (min: 0; max: 7,73) Oberschule Fachabitur, Abitur 15,75 3,33 (min: 8,18; max: 57,27) (min: 0; max:7,95) gesamt 15,8 3,44 (min: 8,18; max: 57,27) (min: 0; max:7,95) 20 16 12 8 4 0 Noch in der Schule/kein Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Patienten mit Dissoziation Realschule/mittlere Reife/polytech. Oberschule Patienten ohne Dissoziation Fachabitur, Abitur Alle Patienten 67 Tabelle 15: Darstellung der Schulbildung von Patienten mit und ohne dissoziativer Störung (nach Kriterien einer dissoziativen Störung nach der Dissociative Experience Scale (DES ) ) dissoziative Störung Kriterien nach DES Schulbildung erfüllt Noch in der Schule/ nicht erfüllt 1,7 % (n= 1) 6,0 % (n= 19) 35,0 % (n=21) 24,5 % (n= 78) 36,6 % (n=22) 26,0 % (n= 83) Fachabitur, Abitur 26,7 % (n=16) 43,5 % (n=139) gesamt 100 % (n=60) 100 % (n=319) kein Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule 50% 40% 30% 20% 10% 0% Noch in der Schule/kein Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Patienten mit Dissoziation Realschulabschluss, m ittlere Reife, polytechnische Oberschule Patienten ohne Dissoziation Fachabitur, Abitur Alle Patienten Es zeigte sich ein signifikanter (p = .024) Zusammenhang zwischen den Variablen. 68 Tabelle 16: Darstellung der Schulbildung von Patienten mit und ohne dissoziativer Störung (nach Kriterien einer dissoziativen Störung nach FDS) dissoziative Störung Kriterien nach FDS Schulbildung erfüllt Noch in der Schule/ nicht erfüllt 7,6 % (n= 12) 3,7 % (n= 8) 28,7 % (n= 45) 23,9 % (n= 52) 31,2 % (n= 49) 25,2 % (n = 55) Fachabitur, Abitur 32,5 % (n= 51) 47,2 % (n=103) gesamt 100 % (n=157) 100 % (n=218) kein Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule 50% 40% 30% 20% 10% 0% Noch in der Schule/kein Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Patienten mit Dissoziation Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule Patienten ohne Dissoziation Fachabitur, Abitur Alle Patienten Es zeigte sich ein signifikanter (p = .022) Zusammenhang zwischen den Variablen. 69 3.1.3. Auswertung des Weinen - Fragebogens: 3.1.3.1 Geschlechterverteilung Bez€glich der H‚ufigkeit zu weinen, also einer Einsch‚tzung wie oft in den letzten 12 Monaten geweint wurde (Ankreuzmƒglichkeiten: gar nicht, 1-2 mal im Jahr, 1-2mal im Monat, 1-2 mal in der Woche, h‚ufiger) ergab sich bei den Frauen ein deutliches Gef‚lle in Richtung „mehr“ weinen: 45,5 % (n=133) weinen nach eigenen Angaben 12 mal in der Woche oder h‚ufiger, im Vergleich zu lediglich 13,3 % (n=15) der M‚nner. Im Gegensatz dazu gaben €ber die H‚lfte der M‚nner an, maximal 1-2-mal im Jahr zu weinen: 54,8 % (n=62), im Vergleich zu 21,6 % (n=63) bei den Frauen. Dieser Zusammenhang zeigte mit p < .001 eine hohe Signifikanz: Abbildung 21: Graphische Darstellung der Geschlechterverteilung bei der Frage nach der angegebenen Häufigkeit des Weinens. Die Einteilung erfolgte in "viel weinen" (= 1-2 mal in der Woche oder häufiger) und "wenig-weinen" (=1-2 mal im Monat oder Häufigkeit von viel bzw wenig weinen in % seltener) 86,7% 80% 60% 40% 20% 54,5% 63,5% Männer 45,5% 36,5% Frauen 13,3% 0% "viel weinen" (1-2 mal in der Woche oder häufiger) "wenig weinen" (1-2 mal im Monat oder seltener) Insgesamt (Männer und Frauen) 70 Abbildung 22: Graphische Darstellung der aufgeschlüsselten Weinen-Häufigkeit bei Männern, Frauen und insgesamt. Die Einteilung erfolgte in: gar nicht (geweint in den letzten 12 Monaten), 1-2mal im Jahr, 1-2mal im Monat, 1-2mal pro Woche, häufiger als 1-2mal pro Woche geweint in den letzten 12 Monaten. Häufigkeit in % 40% 33,6% 31,9% 32,9% 29,1% 30% 21,2% 20% 10% 17,8% 16,4% 32,6% 8,6% 3,8% 22,2% 6,2% 7,1% 13,8% 22,7% 0% gar nicht 1-2mal im Jahr 1-2mal im Monat 1-2mal pro Woche häufiger als 1-2mal proWoche Selbstbeurteilte Häufigkeit zu weinen in den letzten 12 Monaten Männer Frauen Insgesamt (Frauen und Männer) Die Weinen – Tendenz (welche mit einem Zahlenwert von 1 (ich weine fast nie) bis 10 (ich weine schnell) angegeben werden konnte), zeigte bei den Frauen weinen Wert von 5,76 (min: 1, max: 10) im Durchschnitt, w‚hrend es bei den M‚nnern nur 3,03 (min: 1, max: 10) waren. Wir erhielten eine hohe Signifikanz von p < .001. Abbildung 23: Graphische Darstellung der Geschlechterverteilung in der selbst von den Probanden eingeschätzten Tendenz zu weinen (Die Messung der Tendenz Tendenz zu weinen (1=ich weine fast nie; 10=ich weine schnell) erfolgte durch eine Skala von 1 bis 10. 1=ich weine fast nie; 10=ich weine schnell) 7 Frauen 5,76 6 4,98 5 Männer 4 3,03 3 2 1 0 Insgesamt (Fauen und Männer) 71 3.1.3.2 Altersverteilung In der Altersverteilung zeigte sich bez€glich der Weinen - H‚ufigkeit ein hoch signifikanter (p = .004) Zusammenhang von Jugend und h‚ufigem Weinen. W‚hrend Patienten mit der Angabe in den letzten 12 Monaten gar nicht geweint zu haben einen Altersdurchschnitt von 44,14 Jahren (min: 26 Jahre, max: 67 Jahre) hatten, ergab sich bei denjenigen, welche sagten 1-2-mal pro Woche zu weinen, ein Mittel von 35,09 Jahren (min: 20 Jahre, max: 62 Jahre) Abbildung 24: Graphische Darstellung des Altersdurchschnittes aller Probanden bei den angegebenen unterschiedlichen Häufigkeiten des Weinens in den letzten 12 Monaten (gar nicht;1-2mal im Jahr; 1-2mal im Monat; 1-2mal in der Woche; häufiger als 1-2mal in der Woche) 50 Alter in Jahren 44,14 41,82 39,32 40 35,09 38,72 gar nicht (min:26, max:67) 1-2 mal im Jahr (min:19, max:70) 30 20 1-2 mal im Monat (min:19, max:74) 10 1-2 mal in der Woche (min:20, max:27) gar nicht 1-2mal im Jahr 1-2mal im Monat 1-2 mal häufiger in der Woche häufiger (min:19, max:74) Auch bei den Analysen der Tendenz zu weinen zeigte sich, dass mit zunehmendem Alter die Tendenz zu weinen eher abnimmt. W‚hrend der Mittelwert bei denjenigen mit der Tendenz „2“ bei 43,35 Jahren (min: 19, max: 70) lag, waren Personen mit der Tendenz „7“ im Altersdurchschnitt nur 34, 54 Jahre (min: 19, max: 59) alt. Auch in diesem Kontext ergab sich eine hohe Signifikanz von p < .001. 72 Abbildung 25: Graphische Darstellung des Altersdurchschnittes der Probanden nach Angabe der selbsteingeschätzten Tendenz zu weinen (Skala von 1 bis 10. 1= ich weine fast nie; 10= ich weine schnell) Alter in Jahren 45 42,97 43,35 42,55 39,65 40 1 (min:21, max:69) 40,34 38,83 2 (min:19, max:70) 3 (min:20, max:72) 36,35 35,97 34,54 32,62 35 4 (min:20, max:67) 5 (min:20, max:66) 6 (min:20, max:68) 30 7 (min:19, max:59) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Tendenz zu Weinen (1=ich weine fast nie; 10=ich weine schnell) 10 8 (min:20, max:74) 9 (min:20, max:69) 10 (min:19, max:74) 3.1.3.3 Beziehung zur Schulbildung Die Berechnung des Zusammenhangs der Weinen – H‚ufigkeit mit der Schulbildung ergab eine negative Korrelation mit einer Signifikanz von p = .022. Je hƒher demnach die Schulbildung, desto weniger wird geweint 73 Tabelle 17: Darstellung des Zusammenhanges der angegebenen Weinen-Häufigkeit der Probanden (eingeteilt in "viel-weinen" = 1-2mal in der Woche oder häufiger, "wenig-weinen" = gar nicht bis 1-2mal im Monat) und der Schulbildung Schulabschluss Noch in der Sonder-, Realschule, Weinen- Schule/kein Haupt-, mittlere Häufigkeit Abschluss Volksschule Reife Fachabitur 5,8 % 33,1 % 29,5 % Abitur/ gesamt Viel weinen (1-2 mal die Woche oder (n = 8) (n = 46) 31,6 % (n = 44) 100% (n = 41) (n = 139) häufiger) Wenig weinen (gar nicht bis 1- 5,7 % 2 mal im 24,4 % (n = 14) (n = 60) 25,2 % (n = 62) 44,7 % 100% (n = 110) (n = 240) Monat) 50% 40% 30% 20% 10% 0% Noch in der Schule/kein Abschluss Sonderschul-, Hauptschul-, Volksschulabschluss Realschulabschluss, mittlere Reife, polytechnische Oberschule Patienten mit der Angabe "viel" weinen Patienten mit der Angabe "wenig" weinen Alle Patienten Fachabitur, Abitur 74 Bei Beobachtung der Weinen - Tendenz mit der Schulbildung konnten keine Signifikanz (p = .212) beobachtet werden. Abbildung 26: Graphische Darstellung der berechneten Mittelwerte der angegebenen Weinen-Tendenz (Skala von 1-10. 1=ich weine fast nie; 10=ich weine schnell) Tendenz zu Weinen (1=ich weine fast nie; 10=ich weine schnell) unserer Probanden, eingeteilt in ihre unterschiedliche Schulbildung 6 5 4,68 5,01 5,44 4,68 4 Schüler / kein Abschluss Sonder-, Hauptschule 3 2 Realschule 1 Abitur 0 Schulabschluss 3.1.3.4 Weinen - H‚ufigkeit vs. Weinen – Tendenz Weiterhin verglichen wir die Angaben der Patienten auf die zwei Fragen (nach der Weinen - H‚ufigkeit und der Weinen – Tendenz) um damit herauszufinden, wie sich die Probanden, bez€glich ihres Wein- Verhaltens, selbst einsch‚tzen. 75 Tabelle 18: In der folgenden Tabelle soll der Zusammenhang der Angaben zur Tendenz und zur Häufigkeit des Weinens dargestellt werden. Alle Probanden sollten sowohl angeben, wie oft sie in den letzten 12 Monaten geweint hatten, als auch wie sie selbst ihre Tendenz zu weinen einschätzen. Die fettgedruckten Zahlen geben jeweils die höchste Prozentzahl bei der angegebenen Häufigkeit zu weinen in Bezug auf die Tendenz zu weinen an. Weiterhin kann man der Tabelle entnehmen, dass z.B. 3 Patienten angaben, häufiger als 1-2mal in der Woche zu weinen und dennoch ihre Tendenz zu weinen mit "1" beschrieben (=ich weine fast nie). Umgekehrt schätzte ein Proband seine Tendenz zu weinen mit einer 10 ein (=ich weine schnell) und gab gleichzeitig an, in den letzten 12 Monaten nicht geweint zu haben. Häufigkeit zu weinen (geweint in den letzten 12 Monaten) Tendenz zu weinen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 gar nicht 1-2 mal im Jahr 1-2 mal im Monat 35,1 % (n=27) 0% (n= 0) 4,3 % (n= 2) 0% (n= 0) 2,6 % (n= 1) 0% (n= 0) 4,2 % (n= 1) 1,7 % (n= 1) 0% (n= 0) 2,1 % (n= 1) 45,5 % (n=35) 64,9 % (n=24) 31,9 % (n=15) 12,1 % (n= 4) 12,8 % (n= 5) 0% (n= 0) 4,2 % (n= 1) 1,7 % (n= 1) 2,1 % (n= 1) 7,7 % (n= 1) 14,3 % (n=11) 24,3 % (n= 9) 55,3 % (n=26) 69,7 % (n=23) 43,6 % (n=17) 50 % (n=10) 37,5 % (n= 9) 30,5 % (n=18) 30,8 % (n= 4) 10,4 % (n= 5) 1-2 mal in der Woche 1,3 % häufiger 3,9 % (n= 1) 2,7 % (n= 3) 8,1% (n= 1) 2,1 % (n= 3) 6,4 % (n= 1) 3,0 % (n= 1) 10,3 % (n= 4) 20 % (n= 4) 25 % (n= 6) 42,4 % (n=25) 30,8 % (n= 4) 16,7 % (n= 8) (n= 3) 15,2 % (n= 5) 30,8 % (n=12) 30 % (n= 6) 29,2 % (n= 7) 23,7 % (n=14) 30,8 % (n= 4) 68,8 % (n=33) 76 3.2. SOMS-2, FDS / DES und viel / wenig Weinen bei unterschiedlichem Diagnosegruppen Um Unterschiede im Wein-Verhalten sowie das Auftreten von somatoformen Stƒrungen und dissoziativen Symptomen unter den Patienten besser darstellen und verstehen zu kƒnnen, erfolgt nun die Einteilung der Probanden in Diagnosegruppen: - Gesamtheit der Patienten/ alle Patienten - Patienten ohne Ess- und affektive Stƒrung - Patienten mit Essstƒrungen - Patienten mit affektiver Stƒrung - Patienten mit somatoformen Stƒrungen und - Patienten mit einer Dissoziation. Viel / Wenig weinen, das Auftreten einer dissoziativen Stƒrung (nach FDS / DES) sowie das Vorhandensein einer somatoformen Stƒrung wurde f€r diese unterschiedliche Diagnosegruppen einzeln berechnet und betrachtet. „Viel“ weinen wurde definiert als 1-2-mal pro Woche oder h‚ufiger zu weinen; dementsprechend fielen unter die Einteilung „wenig“ weinen: gar nicht, 1-2-mal im Jahr und 1-2 Mal im Monat. Zeichen einer dissoziativen Stƒrung nach FDS waren gegeben bei einem Mittelwert ≥ 8; nach Kriterien des DES bei ≥ 20 (siehe auch Kapitel 2.3.1.4). Eine somatoforme Stƒrung wurde angenommen bei Probanden, welche die Kriterien nach DSM (siehe auch Kapitel 2.3.1.3) erf€llt hatten (in den folgenden Rechnungen wurde lediglich auf die Ergebnisse nach erf€llten Kriterien des DSM IV eingegangen und nicht nach ICD-10. Die Ein- und Ausschlusskriterien des deutschen ICD 10 sind wesentlich strenger gefasst und h‚tten nur die Begutachtung einer sehr kleinen Patientenstichprobe zugelassen. Des Weiteren sind die Kriterien des DSM IV internationaler Standart und lassen internationalen Literatur vergleichen.) sich somit mit den Ergebnissen der 77 3.2.1. Gesamtstichprobe 3.2.1.1 FDS / DES Nach FDS: Bei 42,6 % (n=168) der Patienten ergab sich nach FDS-Kriterien ein Hinweis auf dissoziative Symptome. Davon waren 75 % Frauen und 25 % Männer. Von allen gaben demnach insgesamt 44,4 % (n=126) der Frauen und 38,2 % (n=42) der Männer dissoziative Symptome an. Nach DES: Nach den DES Kriterien fanden sich bei 15,5 % (n=62) der Probanden dissoziative Phänomene. 85,5 % davon waren weiblichen und 14,5 % männlichen Geschlechts. Von den Frauen dieser Stichprobe zeigten 18,3 % (n=53) solche Symptome, von den Männern 8,2 % (n=9) Abbildung 27: Graphische Darstellung der dissoziativen Symptome (zum einen nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen (FDS), zum anderen nach Kriterien der Dissociative Experience Scale (DES) ) bei allen Frauen, allen Häufigkeit dissoziativer Symptome in % Männern und insgesamt allen teilnehmenden Probanden 50% 40% alle Patienten (Männer & Frauen) 30% Frauen insgesamt 20% Männer insgesamt 10% 0% nach FDS nach DES 3.2.1.2 SOMS-2 Unter allen teilnehmenden Probanden gab es 20,5 % (davon 68,4 % Frauen und 32,6 % Männer) welche Zeichen einer somatoformen Störung nach DSM IV Kriterien aufwiesen. Dies ergab für die Frauen der Stichprobe, dass 19,4 % (n=58) betroffen waren, von den Männern 23,3 % (n=27). 78 Abbildung 28: Graphische Darstellung der Häufigkeit einer somatoformen Störung nach Kriterien des DSM IV (gemessen durch den Fragebogen zur somatoformen Häufigkeit somatoformer Symptome in % Störung SOMS-2) bei allen Frauen, allen Männern und allen Probanden insgesamt. 30% alle Patienten (Männer & Frauen) 25% 20% Frauen insgesamt 15% 10% Männer insgesamt 5% 0% DSM IV 3.2.1.3 Weinen Bei allen Patienten zusammen wurde festgestellt, dass 36,5 % angaben viel zu weinen (Definition siehe oben). 89,9 % dieser Personen waren Frauen; 10,1 % waren Männer. Für die Geschlechter im einzelnen ergab sich, dass insgesamt 45,5 % (n=133) aller Frauen glauben viel zu weinen, dagegen nur 13,3 % (n=15) der Männer Abbildung 29: Graphische Darstellung der angegebenen Häufigkeit zu weinen ("Vielweinen"=1-2mal pro Woche und häufiger und "wenig-weinen"=1-2mal im Monat und Häufigkeit von viel und wenig weinen in % seltener) bei Frauen, Männern und insgesamt allen teilnehmenden Probanden 100% 80% Alle Patienten (Männer & Frauen) 60% Frauen insgesamt 40% Männer insgesamt 20% 0% viel weinen wenig weinen 79 3.2.2. Patientenstichprobe ohne Ess- und affektive Störung 3.2.2.1 FDS/DES Nach FDS: Von den Probanden dieser Gruppe hatten 34,7 % Anzeichen einer Dissoziation. Darunter waren 62,1 % Frauen und 37,9 % Männer. Von den Frauen ohne Ess- und Affektive Störung waren dies 34 % (n=36), von den Männern 36,1 % (n=22). Nach DES: Nach DES Kriterien fanden sich bei 12,4 % der Patienten Hinweise für Dissoziation (Frauen hatten einen Anteil von 76,2 %, Männer von 23,8 %). Von den Frauen dieser Diagnosegruppe zeigten sich die Symptome bei 14,8 % (n=16) und bei 8,2 % (n=5) der Männer. Abbildung 30: Graphische Darstellung der dissoziativen Symptome (zum einen nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen (FDS), zum anderen nach Kriterien der Dissociative Experience Scale (DES) ) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) der Patientenstichprobe ohne Ess- und affektive Häufigkeit dissoziativer Symptome in % Störung 50% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 40% Frauen dieser Diagnosegruppe 30% 20% Männer dieser Diagnosegruppe 10% 0% nach FDS nach DES 3.2.2.2 SOMS-2 20 % der Probanden zeigten auffällige Werte im Sinne einer somatoformen Störung nach SOMS-2. Das Verhältnis Männer zu Frauen betrug hierbei 34,3 % zu 65,7 %. Gesondert betrachtet ergab dies ein Auftreten der Symptome bei 20,9 % (n=23) der Frauen und 18,5 % (n=12) der Männer. 80 Abbildung 31: Graphische Darstellung der Häufigkeit einer somatoformen Störung nach Kriterien des DSM IV (gemessen durch den Fragebogen zur somatoformen Störung SOMS-2) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) Häufigkeit somatoformer Symptome in % in der Patientenstichprobe ohne Ess- und affektive Störung 30% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 25% 20% Frauen dieser Diagnosegruppe 15% Männer dieser Diagnosegruppe 10% 5% 0% DSM IV 3.2.2.3 Weinen In der Stichprobe ergab sich, dass insgesamt 26,5 % der Probanden viel weinen. Davon entfielen 88,9 % auf Frauen und 11,1 % auf Männer. 37 % (n=40) der weiblichen und 8,1 % (n=5) der männlichen Probanden weinten viel. Abbildung 32: Graphische Darstellung der angegebenen Häufigkeit zu weinen ("Vielweinen"=1-2mal pro Woche und häufiger und "wenig-weinen"=1-2mal im Monat und seltener) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) in der Häufigkeit von viel und wenig weinen in % Patientenstichprobe ohne Ess- und affektive Störung 100% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 80% Frauen dieser Diagnosegruppe 60% 40% Männer dieser Diagnosegruppe 20% 0% viel weinen wenig weinen 81 3.2.3. Patienten mit Essstörungen 3.2.3.1 FDS/DES Nach FDS: Unter den Patienten der Essstörungsgruppe zeigte sich bei 46,9 % (davon 92,5 % Frauen und 7,5 % Männer) Zeichen einer Dissoziation. Damit waren 47,3 % (n=62) der Frauen und 41,7 % (n=5) der Männer betroffen. Nach DES: Nach DES Kriterien fanden sich bei 19,4 % (davon wieder 92,9 % Frauen und 7,1 % Männer) mögliche Symptome. Unter den Geschlechtern waren damit 19,7 % (n=26) der Frauen und 16,7 % (n=2) der Männer dieser Gruppe dissoziativ. Abbildung 33: Graphische Darstellung der dissoziativen Symptome (zum einen nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen (FDS), zum anderen nach Kriterien der Dissociative Experience Scale (DES) ) bei Frauen, Männern und Häufigkeit dissoziativer Symptome in % insgesamt (Männer und Frauen) in der Patientenstichprobe mit Essstörung 50% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 40% Frauen dieser Diagnosegruppe 30% 20% Männer dieser Diagnosegruppe 10% 0% nach FDS nach DES 3.2.3.2 SOMS-2 Bei 18 % der Probanden der beobachteten Stichprobe (Verhältnis Frauen zu Männer 77,8 % zu 22,2 %) zeigten sich Merkmale einer somatoformen Störung. Unter den Frauen waren 15,3 % (n=21) betroffen, bei den Männern 46,2 % (n=6). 82 Abbildung 34: Graphische Darstellung der Häufigkeit einer somatoformen Störung nach Kriterien des DSM IV (gemessen durch den Fragebogen zur somatoformen Störung SOMS-2) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) Häufigkeit somatoformer Symptome in % in der Patientenstichprobe mit Essstörung 50% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 40% Frauen dieser Diagnosegruppe 30% 20% Männer dieser Diagnosegruppe 10% 0% DSM IV 3.2.3.3 Weinen Insgesamt meinten 44,9 % der Patienten mit einer Essstörung viel zu weinen, wobei Frauen einen Anteil von 95,5 % und Männer einen Anteil von 4,5 % ausmachten. Von den Frauen mit Essstörung sahen sich 47 % (n=63) viel weinen, bei den Männern waren es 23 % (n=3). Abbildung 35: Graphische Darstellung der angegebenen Häufigkeit zu weinen ("Vielweinen"=1-2mal pro Woche und häufiger und "wenig-weinen"=1-2mal im Monat und seltener) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) in der Häufigkeit von viel und wenig weinen in % Patientenstichprobe mit Essstörung 100% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 80% Frauen dieser Diagnosegruppe 60% 40% Männer dieser Diagnosegruppe 20% 0% viel weinen wenig weinen 83 3.2.4. Patienten mit affektiven Störungen 3.2.4.1 FDS/DES Nach FDS: 46,2 % der Probanden zeigten dissoziative Phänomene, wobei die Frauen einen Anteil von 69,4 %, die Männer von 30,6 % daran hatten. Von den Frauen dieser Gruppe waren damit 50,7 % (n=34) im Gegensatz zu 38,5 % (n=15) der Männer betroffen. Nach DES: Nach DES Kriterien fanden sich bei 14,8 % (davon 87,5 % Frauen und 12,5 % Männer) der Patienten Auffälligkeiten. Unter den Frauen separat betrachtet zeigten sich 20,3 % (n=14) dissoziativ, bei den Männern waren es 5,1 % (n=2). Abbildung 36: Graphische Darstellung der dissoziativen Symptome (zum einen nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen (FDS), zum anderen nach Kriterien der Dissociative Experience Scale (DES) ) bei Frauen, Männern und Häufigkeit dissoziativer Symptome in % insgesamt (Männer und Frauen) in der Patientenstichprobe mit affektiver Störung 50% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 40% Frauen dieser Diagnosegruppe 30% 20% Männer dieser Diagnosegruppe 10% 0% nach FDS nach DES 3.2.4.2 SOMS-2 Hinweise einer somatoformen Störung konnten in dieser Patientengruppe bei 26,5 % der Fälle (Verhältnis Frauen zu Männern war 69,4 % zu 30,6 %) gefunden werden. Damit waren 28,8 % (n=21) der weiblichen Probanden und 22,5 % (n=9) der männlichen Probanden betroffen. 84 Abbildung 37: Graphische Darstellung der Häufigkeit einer somatoformen Störung nach Kriterien des DSM IV (gemessen durch den Fragebogen zur somatoformen Störung SOMS-2) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) in der Häufigkeit somatoformer Symptome in % Patientenstichprobe mit affektiver Störung 30% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 25% 20% Frauen dieser Diagnosegruppe 15% Männer dieser Diagnosegruppe 10% 5% 0% DSM IV 3.2.4.3 Weinen Von den Probanden dieser Gruppe sagten 45,5 %, dass sie viel weinen; das Verhältnis Männer zu Frauen betrug 84 % zu 16 %. Von den betreffenden Frauen der Stichprobe weinten 60 % (n=42) viel, von den Männern waren es 20 % (n=8). Abbildung 38: Graphische Darstellung der angegebenen Häufigkeit zu weinen ("Vielweinen"=1-2mal pro Woche und häufiger und "wenig-weinen"=1-2mal im Monat und seltener) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) in der Häufigkeit von viel und wenig weinen in % Patientenstichprobe mit affektiver Störung 100% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 80% Frauen dieser Diagnosegruppe 60% 40% Männer dieser Diagnosegruppe 20% 0% viel weinen wenig weinen 85 3.2.5. Patienten mit somatoformen Störungen 3.2.5.1 FDS/DES Nach FDS: Es zeigte sich bei 62,7 % der Patienten dieser Stichprobe neben einer somatoformen Störung auch Hinweise einer Dissoziation. 71,2 % der Betroffenen waren Frauen, 28,8 % Männer. Mit Blick auf die Geschlechter wurde ersichtlich, dass 64,9 % (n=37) der Frauen dieser Gruppe und 57,7 % (n=15) der Männer neben somatoformen auch dissoziative Phänomene zeigten. Nach DES: Hier ergab sich folgende Verteilung: 26,5 % der Probanden dieser Gruppe zeigten auch dissoziative Symptome. Davon waren 77,3 % Frauen und 22,7 % Männer. Damit gaben diese Störung 29,8 % (n=17) der Frauen und 19,2 % (n=5) der Männer an. Abbildung 39: Graphische Darstellung der dissoziativen Symptome (zum einen nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen (FDS), zum anderen nach Kriterien der Dissociative Experience Scale (DES) ) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) in der Patientenstichprobe mit somatoformer Häufigkeit dissoziativer Symptome in % Störung 60% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 40% Frauen dieser Diagnosegruppe 20% Männer dieser Diagnosegruppe 0% nach FDS nach DES 86 3.2.5.2 Weinen Im Rahmen dieser Patientengruppe wurde festgestellt, dass insgesamt 35,7 % angaben viel zu weinen. Davon entfielen 83,3 % auf Frauen und 16,7 % auf Männer. Von den Frauen dieser Stichprobe weinten 43,1 % (n=25) viel, bei den Männern waren es 19,2 % (n=5). Abbildung 40: Graphische Darstellung der angegebenen Häufigkeit zu weinen ("Vielweinen"=1-2mal pro Woche und häufiger und "wenig-weinen"=1-2mal im Monat und seltener) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) in der Häufigkeit von viel und wenig weinen in % Patientenstichprobe mit somatoformer Störung 100% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 80% Frauen dieser Diagnosegruppe 60% 40% Männer dieser Diagnosegruppe 20% 0% viel weinen wenig weinen 3.2.6. Patienten mit einer Dissoziation 3.2.6.1 SOMS-2 Patienten mit der Diagnose einer dissoziativen Störung nach Kriterien des FDS zeigten zu 69 % (n=116) eine Komorbidität zu somatoformen Störungen. Davon waren 76,7 % weiblichen und 23,3 % männlichen Geschlechts. Insgesamt betrachtet, konnte bei 70,6 % (n=89) der Frauen dieser Gruppe und bei 64,3 % (n=27) der Männer ein Anzeichen beider Störungen beobachtet werden. 87 Bei Patienten mit einer dissoziativen Stƒrung nach Kriterien des DES (DES≥20) wurden bei 35,5 % (n=22) auch Anzeichen einer somatoformen Stƒrung festgestellt. Davon waren 77,3 % Frauen und 22,7 % M‚nner. Aus der Patientenstichprobe zeigten 32,1 % (n=17) der Frauen und 55,6 % (n=5) der M‚nner eine begleitende somatoforme Stƒrung. Abbildung 41: Graphische Darstellung der Häufigkeit einer somatoformen Störung nach Kriterien des DSM IV (gemessen durch den Fragebogen zur somatoformen Störung SOMS-2) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) in der Patientenstichprobe mit dissoziativer Störung (zum einen nach Kriterien des Fragebogens zu dissoziativen Symptomen (FDS), zum anderen nach Kriterien der Häufigkeit somatoformer Symptome in % Dissociative Experience Scale (DES) ) Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 60% Frauen dieser Diagnosegruppe 40% 20% Männer dieser Diagnosegruppe 0% nach FDS nach DES 3.2.6.2 Weinen Von den Patienten mit dissoziativer Stƒrung weinten nach eigenen Angaben 58,3 % viel. 95,3 % entfielen dabei auf Frauen, 4,7 % auf M‚nner. Geschlechtsspezifisch betrachtet waren dies 64,7 % (n=33) der Frauen dieser Gruppe und 22,2 % (n=2) der M‚nner. 88 Abbildung 42: Graphische Darstellung der angegebenen Häufigkeit zu weinen ("Vielweinen"=1-2mal pro Woche und häufiger und "wenig-weinen"=1-2mal im Monat und seltener) bei Frauen, Männern und insgesamt (Männer und Frauen) in der Häufigkeit von viel und wenig weinen in % Patientenstichprobe mit dissoziativer Störung 3.2.6 100% Männer & Frauen dieser Diagnosegruppe 80% 60% Frauen dieser Diagnosegruppe 40% 20% Männer dieser Diagnosegruppe 0% viel weinen Übersichtsvergleich wenig weinen der Weinen-Häufigkeit in den unterschiedlichen Diagnosegruppen Um das Wein-Verhalten zwischen den Diagnosegruppen besser vergleichen zu können, ist in den folgenden Graphiken die Weinen-Häufigkeit ("viel-weinen" und "wenig-weinen") bei Männern, Frauen und insgesamt in den Diagnosegruppen verglichen. 89 Abbildung 43: Graphische Darstellung der von den Probanden gemachten Angabe "viel-weinen" (= 1-2mal in der Woche und häufiger) in den verschiedenen Männer (dieser Diagnosegruppe 60% 40% 20% Frauen (dieser Diagnosegruppe Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatie nten 0% Alle Häufigkeit von "viel" weinen in % Diagnosegruppen insgesamt (Männer und Frauen einer Diagnosegruppe) Abbildung 44: Graphische Darstellung der von den Probanden gemachten Angabe "wenig-weinen" (= 1-2mal im Monat und seltener) in den verschiedenen 100% Männer (dieser Diagnosegruppe 80% 60% 40% Frauen (dieser Diagnosegruppe 20% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatien ten 0% Alle Häufigkeit von "wenig" weinen in % Diagnosegruppen insgesamt (Männer und Frauen einer Diagnosegruppe) 90 3.3. Selbst beurteiltes kƒrperliches und seelisches Befinden nach dem Weinen in den verschiedenen Diagnosegruppen Um beurteilen zu kƒnnen wie das Weinen von den teilnehmenden Probanden empfunden wird, sollten sie Fragen beantworten, welche sich auf das seelische und kƒrperliche Befinden nach dem Weinen beziehen. Es wurde dabei unterschieden zwischen M‚nnern und Frauen. Die unten aufgef€hrten Tabellen beziehen sich jeweils auf den Teil der Patienten, welche die Fragen mit „Ja“ beantworteten. Folgende Fragen wurden den Patienten unter anderem gestellt: I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“ II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“ III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“ IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ 3.3.1. Beantwortung der Weinen – Fragen in den unterschiedlichen Diagnosegruppen bei M‚nnern und Frauen In den folgenden Tabellen wurden die Ergebnisse der Weinen-Fragen (s.o.) in den einzelnen Diagnosegruppen betrachtet, um herauszufinden, ob bei einer Frage oder sogar mehreren Fragen innerhalb dieser Gruppe Signifikanzen auftreten. 91 Tabellen 19 - 24: Beantwortung der Weinen – Fragen bei Frauen und M‚nner in den einzelnen Diagnosegruppen (Alle Patienten, Patienten ohne Ess- und Affektstƒrung, Patienten mit Essstƒrung, Patienten mit affektiver Stƒrung, Patienten mit somatoformen Stƒrungen, Patienten mit Dissoziation) 3.3.1.1 Alle Patienten Tabelle 19: Vergleich der Ergebnisse von Mƒnnern und Frauen in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit allen Patienten. (Signifikanzen zwischen den Geschlechtern in den einzelnen Fragen sind – falls vorhanden - fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Geschlecht Frauen M‚nner Insgesamt (♂ und ♀) *Frage I. „Weinen Frage I 45,7 % (n=132) 27,4 % (n= 31) 40,5 % (n=163) Frage II 57,1 % (n=164) 50,5 % (n= 55) 55,3 % (n=219) Frage III 16,8 % (n=48) 14,8 % (n=16) 16,3 % (n=64) Frage IV 28,5 % (n=81) 15,3 % (n=17) 24,8 % (n= 98) hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Es ergab sich eine hohe Signifikanz von p = .001 bei Frage I und p = .006 bei Frage IV. 92 3.3.1.2 Patienten ohne Essstƒrung und ohne affektive Stƒrung Tabelle 20: Vergleich der Ergebnisse von Mƒnnern und Frauen in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit ohne Essstˆrung und ohne affektive Stˆrung. (Signifikanzen zwischen den Geschlechtern in den einzelnen Fragen sind – falls vorhanden - fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Geschlecht Frauen M‚nner Insgesamt (♂ und ♀) *Frage I. „Weinen Frage I 45,8 % (n=49) 21,9 % (n=14) 36,8 % (n=63) Frage II 62,5 % (n=65) 48,3 % (n=29) 57,3 % (n=94) Frage III 17,8 % (n=18) 15,3 % (n= 9) 16,9 % (n=27) Frage IV 21,4 % (n=22) 11,3 % (n= 7) 17,6 % (n= 29) hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Es ergab sich eine hohe Signifikanz von p = .002 bei Frage I. 3.3.1.3 Patienten mit Essstƒrungen Tabelle 21: Vergleich der Ergebnisse von Mƒnnern und Frauen in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit Essstˆrungen. (Signifikanzen zwischen den Geschlechtern in den einzelnen Fragen sind – falls vorhanden - fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Geschlecht Frauen M‚nner Insgesamt (♂ und ♀) *Frage I. „Weinen Frage I 45,8 % (n=60) 23,1 % (n= 3) 43,8 % (n=63) Frage II 55,6 % (n=74) 53,8 % (n= 7) 55,5 % (n=81) Frage III 17 % (n=23) 15,4 % (n= 2) 16,9 % (n=25) Frage IV 27,3 % (n=36) 23,1 % (n= 3) 26,9 % (n= 39) hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Signifikanzen konnten nicht nachgewiesen werden. 93 3.3.1.4 Patienten mit affektiven Stƒrungen Tabelle 22: Vergleich der Ergebnisse von Mƒnnern und Frauen in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit affektiven Stˆrungen. (Signifikanzen zwischen den Geschlechtern in den einzelnen Fragen sind – falls vorhanden - fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Geschlecht Frauen M‚nner Insgesamt (♂ und ♀) *Frage I. „Weinen Frage I 42,3 % (n=30) 39,5 % (n=15) 41,3 % (n=45) Frage II 57,1 % (n=40) 52,6 % (n=20) 55,6 % (n=60) Frage III 12,9 % (n= 9) 15,8 % (n= 6) 13,9 % (n=15) Frage IV 42 % (n= 29) 21,1 % (n= 8) 34,6 % (n= 37) hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Es ergab sich eine Signifikanz von p = .035 bei Frage IV. 3.3.1.5 Patienten mit somatoformen Stƒrungen Tabelle 23: Vergleich der Ergebnisse von Mƒnnern und Frauen in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit somatoformen Stˆrungen. (Signifikanzen zwischen den Geschlechtern in den einzelnen Fragen sind – falls vorhanden - fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Geschlecht Frauen M‚nner Insgesamt (♂ und ♀) *Frage I. „Weinen Frage I 35,7 % (n=20) 23,1 % (n= 6) 31,7 % (n=26) Frage II 41,8 % (n=23) 50 % (n=13) 44,4 % (n=36) Frage III 17,5 % (n=10) 19,2 % (n= 5) 18,1 % (n=15) Frage IV 36,4 % (n= 20) 19,2 % (n= 5) 30,9 % (n= 25) hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Eine Signifikanz konnte in dieser Stichprobe nicht nachgewiesen werden. 94 3.3.1.6 Patienten mit einer Dissoziation Tabelle 24: Vergleich der Ergebnisse von Mƒnnern und Frauen in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit einer dissoziativen Stˆrung. (Signifikanzen zwischen den Geschlechtern in den einzelnen Fragen sind – falls vorhanden - fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Geschlecht Frauen M‚nner Insgesamt (♂ und ♀) *Frage I. „Weinen Frage I 32 % (n=16) 33,3 % (n= 3) 32,2 % (n=19) Frage II 47,1 % (n=24) 44,4 % (n= 4) 46,7 % (n=28) Frage III 21,6 % (n=11) 22,2 % (n= 2) 21,7 % (n=13) Frage IV 44,2 % (n=23) 11,1 % (n= 1) 39,3 % (n=24) hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Signifikanzen konnten nicht gefunden werden. 95 3.3.2. Graphische Darstellung der Ergebnisse bezüglich des Befindens nach dem Weinen zwischen Männern und Frauen (Abbildungen 45-48) Bei den im Anschluss gezeigten Graphiken wurden nicht, wie im vorangegangenen Kapitel, die Diagnosegruppen mit den einzelnen Fragen betrachtet. Die folgenden Darstellungen beziehen sich zwar auch auf die Weinen-Fragen I-IV, sollen jedoch verdeutlichen, welche unterschiedlichen Ergebnisse sich zwischen den einzelnen Diagnosegruppen in Bezug auf Frage I, II, III und IV, separat betrachtet, ergeben. Eine graphische Übersicht der mit "Ja" beantworteten Fragen I bis IV bei Männern und Frauen gemeinsam findet sich in Abbildung 49. Abbildung 45: Graphische Darstellung der Unterschiede von Männern, Frauen und insgesamt (Männer und Frauen) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit Frage I: „Weinen hilft mir mit meinen Problemen "Ja" beantworteten umzugehen.“ Schraffiert gekennzeichnet sind die Ergebnisse (von Männern und Frauen zusammen) einer bestimmen Diagnosegruppe, welche Signifikanzen aufweisen im Vergleich zu den Probanden ohne entsprechende Störung. In diesem Fall gaben Essstörungspatienten (bzw. Affektstörungspatienten) im Vergleich zu Patienten ohne Ess- (bzw. Affekt-) Störung signifikant öfter an, dass Weinen ihnen 50% Männer 40% 30% 20% Frauen 10% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatien ten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage I in % hilft mit Problemen umzugehen. Insgesamt (Männer und Frauen) 96 Abbildung 46: Graphische Darstellung der Unterschiede von Männern, Frauen und insgesamt (Männer und Frauen) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage II: „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f‚hle, nachdem ich geweint habe.“ Schraffiert gekennzeichnet sind die Ergebnisse (von Männern und Frauen zusammen) einer bestimmen Diagnosegruppe, welche Signifikanzen aufweisen im Vergleich zu den Probanden ohne entsprechende Störung. In diesem Fall gaben Essstörungspatienten im Vergleich zu Patienten ohne Essstörung signifikant öfter an, dass sie sich seelisch besser fühlen, nachdem sie 70% Männer 60% 50% Frauen 40% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatie nten 30% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage II in % geweint haben. Insgesamt (Männer und Frauen) 97 Abbildung 47: Graphische Darstellung der Unterschiede von Männern, Frauen und insgesamt (Männer und Frauen) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage III: „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“ Schraffiert gekennzeichnet sind die Ergebnisse (von Männern und Frauen zusammen) einer bestimmen Diagnosegruppe, welche Signifikanzen aufweisen im Vergleich zu den Probanden ohne entsprechende Störung. In diesem Fall gaben Essstörungspatienten im Vergleich zu Patienten ohne Essstörung signifikant öfter an, dass körperliche Beschwerden besser sind, nachdem 25% Männer 20% 15% Frauen 10% 5% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatien ten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage III in % sie geweint haben. Insgesamt (Männer und Frauen) 98 Abbildung 48: Graphische Darstellung der Unterschiede von Männern, Frauen und insgesamt (Männer und Frauen) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage IV: „Nachdem ich geweint habe, f‚hle ich mich oft 50% Männer 40% 30% 20% Frauen 10% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatienten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage IV in % schlechter als zuvor.“ Insgesamt (Männer und Frauen) Abbildung 49: Graphische Übersicht der mit "Ja" beantworteten Fragen I bis IV bei Männern und Frauen gemeinsam (I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“ II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“ III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“ IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Frage I Frage II Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatien ten Frage III Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Fragen in % zuvor.“) Frage IV 99 3.3.3. Beantwortung der Weinen – Fragen in den unterschiedlichen Diagnosegruppen bei Patienten welche viel und wenig weinen Um Unterschiede im Verhalten derjenigen Probanden, die viel weinen, im Vergleich zu denen, die wenig weinen, feststellen zu kƒnnen, stellten wir die 4 Fragen den „Viel“ - Weinenden und „Wenig“ - Weinenden (in den entsprechenden Diagnosegruppen) gegen€ber. „Viel“ weinen wurde definiert als: 1-2-mal weinen pro Woche oder h‚ufiger. „Wenig“ weinen wurde definiert als: Gar nicht weinen, 1-2-mal pro Jahr oder 1-2mal im Monat Tabellen 25 - 30: Beantwortung der Weinen – Fragen I-IV bei „Viel-Weinenden“ (Definition s.o.) und „Wenig-Weinenden“ (Definition s.o.) in den einzelnen Diagnosegruppen (Alle Patienten, Patienten ohne Ess- und Affektstƒrung, Patienten mit Essstƒrung, Patienten mit affektiver Stƒrung, Patienten mit somatoformen Stƒrungen, Patienten mit Dissoziation) Tabellen 25a – 30a: Beantwortung der Weinen – Fragen I-IV separat betrachtet nur bei „Viel-Weinenden“ Frauen (Definition s.o.) und „Wenig-Weinenden“ Frauen (Definition s.o.) in den einzelnen Diagnosegruppen (Alle Patientinnen, Patientinnen ohne Ess- und Affektstƒrung, Patientinnen mit Essstƒrung, Patientinnen mit affektiver Stƒrung, Patientinnen mit somatoformen Stƒrungen, Patientinnen mit Dissoziation) 100 3.3.3.1 Alle Patienten (♀+♂) Tabelle 25: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und hƒufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit allen Patienten. (Signifikanzen – falls vorhanden sind fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: ♀+♂ Frage I Frage II Frage III Weinen 51,4 % (n=75) 22,1 % (n=32) „Viel“ 54,5 % (n= 79) 34,1 % (n=85) 13,2 % (n=32) „Wenig“ 55,5 % (n=136) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich Frage IV 34,3 % (n=49) 19,6 % (n=48) mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Es ergab sich eine Signifikanz von p = .024 bei Frage III und eine hohe Signifikanz von p= .001 bei Frage I und p = .002 bei Frage IV. Alle Patientinnen Tabelle 25a: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und hƒufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit allen Patientinnen. (Signifikanzen – falls vorhanden sind fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Weinen Frage I Frage II Frage III bei ♀ 52,7 % (n=69) 22,3 % (n=29) „Viel“ 54,6 % (n=71) 39,0 % (n=60) 12,6 % (n=19) „Wenig“ 58,8 % (n=90) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich Frage IV 35,9 % (n=46) 23,2 % (n=35) mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Eine Signifikanz ergab sich bei Frage I mit p=.023, bei Frage III p=.038 und bei Frage IV p=.024. 101 3.3.3.2 Patienten ohne Essstƒrung und ohne affektive Stƒrung (♀+♂) Tabelle 26: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und häufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe ohne Essstörung und ohne affektive Störung. Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: ♀+♂ Frage I Weinen „Viel“ 43,2 % (n=19) „Wenig“ 35 % (n=43) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Frage II 62,2 % (n=28) 55,2 % (n=64) Frage III 23,3 % (n=10) 14,8 % (n=17) Frage IV 27,9 % (n=12) 13,4 % (n=16) Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Signifikante Unterschiede konnten nicht nachgewiesen werden. Patientinnen ohne Essstƒrung und ohne affektive Stƒrung Tabelle 26a: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und häufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientinnengruppe ohne Essstörung und ohne affektive Störung. Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Weinen Frage I Frage II Frage III bei ♀ „Viel“ 43,6 % (n=17) 60,0 % (n=24) 23,7 % (n=9) „Wenig“ 46,3 % (n=31) 63,5 % (n=40) 14,5 % (n=9) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich Frage IV 28,9 % (n=11) 17,2 % (n=11) mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Signifikante Unterschiede konnten nicht nachgewiesen werden 102 3.3.3.3 Patienten mit Essstƒrungen (♀+♂) Tabelle 27: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden"(1-2mal pro Woche und hƒufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit Essstˆrung. (Signifikanzen – falls vorhanden sind fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: ♀+♂ Weinen „Viel“ „Wenig“ *Frage Frage I 60,6 % (n=40) 28,6 % (n=22) Frage II 57,8 % (n=37) 53,1 % (n=43) Frage III 27,3 % (n=18) 8,6 % (n= 7) Frage IV 29,2 % (n=19) 25,6 % (n=20) I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Es ergab sich eine hohe Signifikanz von p < .001 bei Frage I und p = .004 bei Frage III. Patientinnen mit Essstƒrungen Tabelle 27a: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und hƒufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientinnengruppe mit Essstˆrung. (Signifikanzen – falls vorhanden sind fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Weinen Frage I Frage II Frage III bei ♀ 61,9 % (n=39) 27,0 % (n=17) „Viel“ 57,4 % (n=35) 29,9 % (n=20) 8,5 % (n= 6) „Wenig“ 53,5 % (n=38) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich Frage IV 29,0 % (n=18) 26,5 % (n=18) mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Es fand sich eine Hohe Signifikanz bei Frage I mit p<.001 und bei Frage III mit p=.006 103 3.3.3.4 Patienten mit affektiven Stƒrungen (♀+♂) Tabelle 28: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und hƒufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit affektiven Stˆrungen. (Signifikanzen – falls vorhanden sind fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: ♀+♂ Frage I Weinen „Viel“ 42,9 % (n=21) „Wenig“ 38,6 % (n=22) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Frage II 41,7 % (n=20) 66,7 % (n=38) Frage III 10,2 % (n= 5) 17,9 % (n=10) Frage IV 48,9 % (n=23) 24,6 % (n=14) Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Es ergab sich eine Signifikanz von p = .012 bei Frage II und p = .012 bei Frage IV. Patientinnen mit affektiven Stƒrungen Tabelle 28a: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und hƒufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientinnengruppe mit affektiven Stˆrungen. (Signifikanzen – falls vorhanden sind fett gedruckt) Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Weinen Frage I Frage II Frage III bei ♀ 45,0 % (n=18) „Viel“ 43,9 % (n=18) 9,8 % (n=4) 74,1 % (n=20) „Wenig“ 37,0 % (n=10) 19,2 % (n=5) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich Frage IV 53,8 % (n=21) 29,6 % (n= 8) mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Eine Signifikanz von p=.024 zeigte sich bei Frage II; Frage IV tendenziell bedeutsam aber nicht signifikant. war mit p=.077 104 3.3.3.5 Patienten mit somatoformen Stƒrungen (♀+♂) Tabelle 29: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und häufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit somatoformen Störungen. Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: ♀+♂ Frage I Weinen „Viel“ 40 % (n=12) „Wenig“ 27,5 % (n=14) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Frage II 41,4 % (n=12) 46,2 % (n=24) Frage III 16,7 % (n= 5) 18,9 % (n=10) Frage IV 39,3 % (n=11) 26,4 % (n=14) Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ In dieser Probanden - Gruppe fanden sich keine Signifikanzen. Patientinnen mit somatoformen Stƒrungen Tabelle 29a: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und häufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientinnengruppe mit somatoformen Störungen. Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Weinen Frage I Frage II Frage III bei ♀ „Viel“ 44,0 % (n=11) 37,5 % (n= 9) 16,0 % (n=4) „Wenig“ 29,0 % (n= 9) 45,2 % (n=14) 18,8 % (n=6) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich Frage IV 43,5 % (n=10) 31,2 % (n=10) mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ In dieser Probandinnen - Gruppe fanden sich keine Signifikanzen. 105 3.3.3.6 Patienten mit einer Dissoziation (♀+♂) Tabelle 30: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und häufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientengruppe mit Dissoziation. Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: ♀+♂ Weinen „Viel“ „Wenig“ *Frage I. Frage I 37,1 % (n=13) 26,1 % (n= 6) Frage II 48,6 % (n=17) 45,8 % (n=11) Frage III 25,7 % (n=9) 16,7 % (n=4) Frage IV 45,7 % (n=16) 33,3 % (n= 8) „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Signifikante Unterschiede konnten nicht nachgewiesen werden. Patientinnen mit einer Dissoziation Tabelle 30a: Vergleich der Ergebnisse von "Viel-Weinenden" (1-2mal pro Woche und häufiger) und "Wenig-Weinenden" (1-2 mal im Monat und seltener) in Bezug auf die Beantwortung der Fragen I-IV* in der Patientinnengruppe mit Dissoziation. Prozentangaben der mit „Ja“ beantworteten Fragen*: Weinen Frage I Frage II Frage III bei ♀ „Viel“ 36,4 % (n=12) 48,5 % (n=16) 24,2 % (n=8) „Wenig“ 25,0 % (n= 4) 47,1 % (n= 8) 17,6 % (n=3) *Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich Frage IV 45,5 % (n=15) 47,1 % (n= 8) mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Signifikante Unterschiede konnten nicht nachgewiesen werden. 106 3.3.4. Graphische Darstellung der Ergebnisse bez€glich des Befindens nach dem Weinen zwischen „Viel-“ und „Wenig-Weinern“ W‚hrend in den vorangegangenen Tabellen darauf geachtet wurde, ob innerhalb der einzelnen Diagnosegruppen Signifikanzen bei Beantwortung der Weinen - Fragen auftreten, soll in den folgenden Graphiken der Unterschied zwischen den Diagnosegruppen bei Beantwortung der Weinen - Fragen I-IV dargestellt werden. Die Patienten wurden nicht wie im vorangegangenen Kapitel in M‚nner und Frauen unterteilt, sondern in "Viel-Weinende" (1-2mal pro Woche und h‚ufiger) und "WenigWeinende" (1-2mal pro Monat und seltener). Die Graphiken 50a bis 53a zeigen ebenfalls den Vergleich der Beantwortung der Fragen nach dem Befinden nach dem Weinen in den unterschiedlichen Diagnosegruppen. Jedoch wurden hier nur die Frauen betrachtet und diese wiederum eingeteilt in „viel-weinende“ Frauen und „wenig-weinende“ Frauen. 107 Abbildung 50: Graphische Darstellung der Unterschiede von Patienten mit der Angabe "viel-weinen" (=1-2mal in der Woche und hƒufiger) und "wenig-weinen" (=12mal im Monat und seltener) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit 60% 40% "Viel" Weinen 20% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspati enten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage I in % "Ja" beantworteten Frage I: „Weinen hilft mir mit meinen Problemen um zugehen.“ "Wenig" Weinen Abbildung 50a: Graphische Darstellung der Unterschiede von Patientinnen mit der Angabe "viel-weinen" (=1-2mal in der Woche und hƒufiger) und "wenig-weinen" (=12mal im Monat und seltener) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit 60% 40% "Viel" Weinen 20% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspa tienten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage I in % "Ja" beantworteten Frage I: „Weinen hilft mir mit meinen Problemen um zugehen.“ "Wenig" Weinen 108 Abbildung 51: Graphische Darstellung der Unterschiede von Patienten mit der Angabe "viel-weinen" (=1-2mal in der Woche und hƒufiger) und "wenig-weinen" (=12mal im Monat und seltener) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage II: „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, 60% 40% "Viel" Weinen 20% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatien ten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage II in % nachdem ich geweint habe.“ "Wenig" Weinen Abbildung 51a: Graphische Darstellung der Unterschiede von Patientinnen mit der Angabe "viel-weinen" (=1-2mal in der Woche und hƒufiger) und "wenig-weinen" (=12mal im Monat und seltener) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage II: „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, 80% 60% 40% "Viel" Weinen 20% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspati enten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage II in % nachdem ich geweint habe.“ "Wenig" Weinen 109 Abbildung 52: Graphische Darstellung der Unterschiede von Patienten mit der Angabe "viel-weinen" (=1-2mal in der Woche und hƒufiger) und "wenig-weinen" (=12mal im Monat und seltener) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage III: „Ich finde, dass kˆrperliche Beschwerden besser sind, 30% 20% "Viel" Weinen 10% "Wenig" Weinen Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatie nten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage III in % nachdem ich geweint habe.“ Abbildung 52a: Graphische Darstellung der Unterschiede von Patientinnen mit der Angabe "viel-weinen" (=1-2mal in der Woche und hƒufiger) und "wenig-weinen" (=12mal im Monat und seltener) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage III: „Ich finde, dass kˆrperliche Beschwerden besser sind, 30% 20% "Viel" Weinen 10% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspati enten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage III in % nachdem ich geweint habe.“ "Wenig" Weinen 110 Abbildung 53: Graphische Darstellung der Unterschiede von Patienten mit der Angabe "viel-weinen" (=1-2mal in der Woche und hƒufiger) und "wenig-weinen" (=12mal im Monat und seltener) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage IV: „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft 50% 40% 30% "Viel" Weinen 20% 10% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatie nten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage IV in % schlechter als zuvor.“ "Wenig" Weinen Abbildung 53a: Graphische Darstellung der Unterschiede von Patientinnen mit der Angabe "viel-weinen" (=1-2mal in der Woche und hƒufiger) und "wenig-weinen" (=12mal im Monat und seltener) in den verschiedenen Diagnosegruppen, bei der mit "Ja" beantworteten Frage IV: „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft 60% 40% "Viel" Weinen 20% Mit Dissoziativer Störung Mit Somatoformer Störung Mit Affektstörung Mit Essstörung Ohne Ess- und Affektstörungspatien ten 0% Alle Häufigkeit der mit "Ja" beantworteten Frage IV in % schlechter als zuvor.“ "Wenig" Weinen 111 3.5. Regressionen Um signifikante Abh‚ngigkeiten herausfinden zu kƒnnen, f€hrten wir logistische und lineare Regressionen durch, wobei die abh‚ngigen Variablen verschiedenen, sie eventuell beeinflussenden Faktoren gegen€bergestellt wurden. Von besonderem Interesse waren f€r uns dabei das Geschlecht, das Alter, die Schulbildung, bestimmte somatoforme klinische Diagnosen Stƒrung, Postbelastungsstƒrung, (Substanzmissbrauch; Dissoziation, Anpassungsstƒrung; Angstandere und affektive Stƒrung; Zwangstƒrungen, psychischen Stƒrungen; Essstƒrung; Borderline-Stƒrung, andere Persƒnlichkeitsstƒrungen; Fettleibigkeit), die Tendenz zu weinen und die H‚ufigkeit des Weinens, au‡erdem, in speziellen F‚llen, der Somatisierungsindex und das Kriterium f€r eine somatoforme Stƒrung nach DSM sowie Zeichen einer dissoziativen Stƒrung (gemessen durch den DES). Als abh‚ngige Variablen wurden die Tendenz zu weinen, das „Vielweinen“ (definiert als h‚ufiger weinen als 1 - 2-mal in der Woche), der DES (bzw. FDS) sowie der Somatisierungsindex und das erf€llte Kriterium einer somatoformen Stƒrung nach DSM IV verwendet. Au‡erdem wurden die Fragen nach den Befinden nach einem Wein-Ereignis als abh‚ngige Variable €berpr€ft (Frage I: „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II: „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III: „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV: „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“) . Um ausschlie‡en zu kƒnnen, dass die unabh‚ngigen Variablen der Tendenz und der H‚ufigkeit des Weinens, sich gegenseitig die Signifikanz „stehlen“, wurden verschiedene Rechnungen durchgef€hrt, in welchen die beiden Variablen sowohl gemeinsam vorkamen als auch getrennt ber€cksichtigt wurden. Folgende mƒglichen Pr‚diktoren wurden untersucht: Das Auftreten (nach den Kriterien des DSM IV) und die St‚rke der Somatisierung (Somatisierungsindex) sollten vorhergesagt werden durch: 112 - das Geschlecht - das Alter - den Schulabschluss - den DES - die Tendenz zu weinen (Skala von 1 - 10; 1 = ich weine fast nie, 10 = ich weine schnell) - die Weinhäufigkeit (in den letzten 12 Monaten : gar nicht; 1 bis 2 mal im Jahr; 1 bis 2 mal im Monat; 1 bis 2 mal in der Woche; häufiger) Die Häufigkeit und die Tendenz zu weinen sollte vorhergesagt werden durch: - das Geschlecht (Frauen / Männer) - das Alter - den Schulabschluss (Fachabitur / Abitur; Realschule / mittlere Reife / polytechnische Oberschule; Sonder-, Haupt- oder Volksschule; noch in der Schule / kein Abschluss) - den DES (Vorhandensein einer dissoziativen Störung) - die klinischen Diagnosen (F1= Substanzmissbrauch; F3= affektive Störung; F4= somatoforme Störung, Dissoziation, Angst- und Zwangstörungen, Postbelastungsstörung, Störungen; F50= Anpassungsstörung; Essstörung; F6= F5= andere psychischen Borderline-Störung, andere Persönlichkeitsstörungen; E6= Fettleibigkeit) Das Auftreten einer dissoziativen Störung (des DES-Mittelwert) sollte vorhergesagt werden durch: - das Geschlecht - das Alter - den Schulabschluss - die Tendenz zu weinen - die Weinen - Häufigkeit - den Somatisierungsindex (nach DSM IV) - das DSM-Kriterium für eine somatoforme Störung 113 Tabelle 31 zeigt als abhängige Variable den Somatisierungsindex (Maß für die Stärke einer somatoformen Störung). Berücksichtigte Prädiktoren (zur Voraussage des Somatisierungsindexes) sind bei dieser Regressionsberechnung: - das Geschlecht, - das Alter, - der Schulabschluss, - der DES >26 (= dissoziative Störung nach DES), - die Tendenz zu weinen (Skala von 1 - 10; 1 = ich weine fast nie, 10 = ich weine schnell), - die Weinhäufigkeit (in den letzten 12 Monaten : gar nicht; 1 bis 2 mal im Jahr; 1 bis 2 mal im Monat; 1 bis 2 mal in der Woche; häufiger). Berechnet werden die Prädiktoren für einen hohen Somatisierungsindex bei 4 unterschiedlichen Diagnosegruppen. In der Tabelle finden sich, in den entsprechenden Spalten für die Diagnosegruppen, die signifikanten Prädiktoren, in der Reihenfolge des Signifikanzniveaus. Fett dargestellt sind Signifikanzen, welche sich in allen Diagnosegruppen wieder finden. Signifikante Prädiktoren zur Voraussage des Somatisierungsindexes in den einzelnen Diagnosegruppen: Abhängige Alle Variable Pat. mit Essstörungs- Pat. ohne affektiver patienten affektive/ Störung Somatisierungsindex 1 DES >26; p < .001 2 3 1 Essstörung 1 DES >26; p < .001 niedrige Schulbildung; p = .005 2 niedrige Schulbildung; p = .036 häufiges Weinen; p = .044 4 keine Schulbildung; p = .041 DES >26; p = .002 1 DES >26; p < .001 1 = DES>26 : Zeichen einer dissoziativen Störung (min. 26 Items beantwortet) 2 = Sonder-, Hauptschul- oder Volksschulabschluss 3 = häufiger weinen als 1- bis 2-mal in der Woche 4 = noch in der Schule / kein Schulabschluss 114 Tabelle 32 zeigt als abhängige Variable die erfüllten Einschluss-Kriterien für eine somatoforme Störung nach DSM. Berücksichtigte Prädiktoren (zur Voraussage der Einschluss-Kriterien) sind bei dieser Regressionsberechnung: - das Geschlecht, das Alter, - der Schulabschluss, - der DES >26 (= Dissoziative Störung nach DES), die Tendenz zu weinen (Skala von 1 - 10; 1 = ich weine fast nie, 10 = ich weine schnell), - die Weinhäufigkeit (in den letzten 12 Monaten : gar nicht; 1 bis 2 mal im Jahr; 1 bis 2 mal im Monat; 1 bis 2 mal in der Woche; häufiger). Berechnet werden die Prädiktoren für die erfüllte Einschluss-Kriterien einer somatoformen Störung nach DSM bei 4 unterschiedlichen Diagnosegruppen. In der Tabelle finden sich, in den entsprechenden Spalten für die Diagnosegruppen, die signifikanten Prädiktoren, in der Reihenfolge des Signifikanzniveaus. Fett dargestellt sind Signifikanzen, welche sich in allen Diagnosegruppen wieder finden. Signifikante Prädiktoren zur Voraussage der EinschlussKriterien für eine somatoforme Störung nach DSM in den einzelnen Diagnosegruppen: Abhängige Variable Alle Pat. mit Essstörungs- Pat. ohne affektiver patienten affektive/ Störung 1 Einschluss- DES >26; p < .001 1 DES >26; p = .029 Essstörung 1 DES >26; p = .035 1 DES >26; p = .008 Kriterien für SOMS nach niedriges Alter; ♂ Geschlecht; p = .031 p = .040 DSM 1 = DES>26: Zeichen einer dissoziativen Stƒrung (mindestens 26 Items wurden beantwortet) 115 Tabelle 33 zeigt als abhängige Variable die erhöhte Tendenz zu weinen. Berücksichtigte Prädiktoren (zur Voraussage der Weinen - Tendenz) sind bei dieser Regressionsberechnung: das Geschlecht (Frauen / Männer), - das Alter, - der Schulabschluss (Fachabitur / Abitur; Realschule / mittlere Reife / polytechnische Oberschule; Sonder-, Haupt- oder Volksschule; noch in der Schule / kein Abschluss), - der DES (Vorhandensein einer dissoziativen Störung), - die klinischen Diagnosen (F1= Substanzmissbrauch; F3= affektive Störung; F4= somatoforme Störung, Dissoziation, Angst- und Zwangstörungen, Postbelastungsstörung, Anpassungsstörung; F5= andere psychischen Störungen; F50= Essstörung; F6= Borderline-Störung, andere Persönlichkeitsstörungen; E6= Fettleibigkeit). Berechnet werden die Prädiktoren für die Tendenz zu weinen bei 4 unterschiedlichen Diagnosegruppen. In der Tabelle finden sich, in den entsprechenden Spalten für die Diagnosegruppen, die signifikanten Prädiktoren, in der Reihenfolge des Signifikanzniveaus. Signifikante Prädiktoren zur Voraussage der Tendenz zu weinen in den einzelnen Diagnosegruppen: Abhängige Alle Variable Pat. mit Essstörungs- Pat. ohne affektiver patienten affektive/ Störung Essstörung ♀ Geschlecht; ♀ Geschlecht; Keine p < .001 p = .010 Signifikanzen nachweisbar 1 F3; p = .004 ♀ Geschlecht; p < .001 niedriges Alter; p = .020 3 niedriges Alter; p = .007 Erhöhte Tendenz zu weinen 2 niedrige Schulbildung; p = .038 keine Schulbildung; p = .023 4 F4; p = .023 5 F5; p = .045 116 1 = F3 : Affektive Störung 2 = Sonder-, Hauptschul- oder Volksschulabschluss 3 = noch in der Schule / kein Schulabschluss 4 = F4 : somatoforme, dissoziative, Zwang- und Angststörung, Postbelastungs- und Anpassungsstörung 5 = F5 : andere psychische Störungen 117 Tabelle 34 zeigt als abhängige Variable "viel weinen" (1-2 mal und der Woche oder häufiger). Prädiktoren (zur Voraussage von "viel weinen") sind bei dieser Regressionsberechnung: das Geschlecht (Frauen / Männer), - das Alter, - der Schulabschluss (Fachabitur / Abitur; Realschule / mittlere Reife / polytechnische Oberschule; Sonder-, Haupt- oder Volksschule; noch in der Schule / kein Abschluss), - der DES (Vorhandensein einer dissoziativen Störung), - die klinischen Diagnosen (F1= Substanzmissbrauch; F3= affektive Störung; F4= somatoforme Störung, Dissoziation, Angst- und Zwangstörungen, Postbelastungsstörung, Anpassungsstörung; F5= andere psychischen Störungen; F50= Essstörung; F6= Borderline-Störung, andere Persönlichkeitsstörungen; E6= Fettleibigkeit). Berechnet werden die Prädiktoren für das "Vielweinen" bei 4 unterschiedlichen Diagnosegruppen. In der Tabelle finden sich, in den entsprechenden Spalten für die Diagnosegruppen, die signifikanten Prädiktoren, in der Reihenfolge des Signifikanzniveaus. Signifikante Pr€diktoren zur Voraussage von „viel weinen“ in den einzelnen Diagnosegruppen: Abh€ngige Alle Variable Pat. mit Essstƒrungs- Pat. ohne affektiver patienten affektive/ Stƒrung ♀ Geschlecht; ♀ Geschlecht; p < .001 p = .001 1 Vielweinen DES >26; niedriges Alter; p = .002 p = .042 (1-2mal in 2 niedrige Schulbildung; oder h€ufiger) p = .005 der Woche 3 F3; p = .011 Essstƒrung 1 DES >26; ♀ Geschlecht; p = .004 p < .001 4 F4; p = .008 118 1 = DES>26: Zeichen einer dissoziativen Störung (mindestens 26 Items wurden beantwortet) 2 = Sonder-, Hauptschul- oder Volksschulabschluss 3 = F3 : affektive Störung 4 = F4 : somatoforme, dissoziative, Zwang- und Angststörung, Postbelastungs- und Anpassungsstörung 119 Tabelle 35 zeigt als abhängige Variable eine dissoziative Störung (gemessen nach DES). Prädiktoren (zur Voraussage einer Dissoziation) sind bei dieser Regressionsberechnung: - das Geschlecht, - das Alter, - den Schulabschluss, - die Tendenz zu weinen, - die Weinen - Häufigkeit, - den Somatisierungsindex (nach DSM IV), - das DSM-Kriterium für eine somatoforme Störung. Berechnet werden die Prädiktoren für eine dissoziative Störung bei 4 unterschiedlichen Diagnosegruppen. In der Tabelle finden sich in den entsprechenden Spalten für die Diagnosegruppen, die signifikanten Prädiktoren, in der Reihenfolge des Signifikanzniveaus. Fett dargestellt sind Signifikanzen, welche sich in allen Diagnosegruppen wieder finden. Signifikante Prädiktoren zur Voraussage einer dissoziativen Störung (nach DES) in den einzelnen Diagnosegruppen: Abhängige Alle Variable Pat. mit Essstörungs- Pat. ohne affektiver patienten affektive/ Störung Essstörung hoher hoher hoher hoher Somat.index; Somat.index; Somat.index; Somat.index; p < .001 p = .007 p < .001 p < .001 Dissoziative Störung (nach DES) niedriges Alter; 3 mittlere niedriges Alter; p < .001 Schulbildung; p = .004 p = .014 1 häufiges Weinen; p = .009 4 keine Schulbildung; p = .035 2 DSM Kriterium; p = .023 1 = häufiger weinen als 1- bis 2-mal in der Woche 2 = Erfülltes Kriterium für eine somatoforme Störung nach DSM IV 3 = Realschule, mittlere Reife, polytechnische Oberschule 4 = noch in der Schule / kein Schulabschluss 120 In den von uns gerechneten Regressionen, in welchen die H‚ufigkeit zu weinen getrennt von der Tendenz zu weinen (als Pr‚diktor) betrachtet wurde, zeigten sich keine oder nur minimale Unterschiede in den Signifikanzen. Die Berechnungen der Regressionen mit der deutschen Fassung des DES (dem FDS = Fragebogen zu dissoziativen Symptomen) ergab im Vergleich zur englischen keine wesentlichen Ver‚nderungen der Signifikanzen. Eine Differenz zeigte sich lediglich in der Patientengruppe mit affektiven Stƒrungen, in welcher neben dem FDS (p = .004) auch das Geschlecht (p = .022) als signifikanter Pr‚diktor f€r „viel weinen“ festgestellt wurde. Tabelle 36 zeigt eine Übersicht der Ergebnisse (der signifikanten Prädiktoren für die in Tabelle 31-35 berechneten abhängigen Variablen) für die Patientengruppe "Alle" (= unsere Patientenstichprobe). Berechnete abh‚ngige Variablen Somatisie- Einschluss- Erhöhte Vielweinen rungsindex Kriterien Tendenz zu (1-2mal für SOMS weinen der nach DSM Dissoziative in Störung Woche (nach DES) oder häufiger) DES >26; p < .001 niedrige Schulbildung; p = .005 Alle h‚ufiges Weinen; p = .044 DES >26; ♀ p < .001 Geschlecht; p < .001 F3; p = .004 ♀ Geschlecht; p < .001 hoher Somat.index; p < .001 F3; niedriges Alter; p < .001 p = .011 niedrige niedrige Schulbildung; Schulbildung; h‚ufiges p = .038 p = .005 Weinen; p = .009 1 niedriges DES >26; Alter; p = .002 DSM p = .020 Kriterium; p = .023 121 In den Tabellen 36-38 ist dargestellt, welche Pr‚diktoren Signifikanzen aufweisen bei der Voraussage der Fragen nach dem Befinden nach einem Wein-Ereignis (Abh‚ngige Variablen sind die mit "Ja" beantworteten Fragen: Frage I. „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“, Frage II. „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“, Frage III. „Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“, Frage IV. „Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor.“) Als Pr‚diktoren wurden €berpr€ft: das Alter, das Geschlecht, die Weinen-H‚ufigkeit (nie, ein- bis zweimal im Jahr, ein- bis zweimal im Monat, ein- bis zweimal pro Woche, h‚ufiger), die Weinen-Tendenz, die Schulbildung, das erf€llte Kriterium f€r eine somatoforme Stƒrung nach DSM, der Somatisierungsindex ebenfalls nach DSM, eine dissoziative Stƒrung (gemessen durch den DES mit >26 beantworteten Items) sowie verschiedene klinische Diagnosen (f1= Substanzmissbrauch, f3= affektive Stƒrung, f4= somatoforme Stƒrung / Somatisierung, Dissoziation, Angst, Zwang, posttraumatische Belastungsstƒrung oder Anpassungsstƒrung, f50= Essstƒrung, e6= Fettleibigkeit, f5= andere psychische Stƒrungen, f6= Persƒnlichkeitsstƒrungen) Tabelle 37 zeigt die signifikanten Prƒdiktoren der Frage I („Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“). Mit Stern (*) gekennzeichnet sind Prƒdiktoren, welche negativ signifikant sind. Das hei‰t, dass Patienten mit diesen Prƒdiktoren eine signifikant verminderte Chance haben, dass das Weinen ihnen hilft mit Problemen umzugehen. Abh‚ngige Variable Frage I: „Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen.“ Signifikante - Weinen - Tendenz (p = .011) Pr‚diktoren - *Weinen - H‚ufigkeit (ich weine gar nicht) (p = .011) 122 Tabelle 38 zeigt die signifikanten Prƒdiktoren der Frage II („Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“). Mit Stern (*) gekennzeichnet sind Prƒdiktoren, welche negativ signifikant sind. Das hei‰t, dass Patienten mit diesen Prƒdiktoren eine signifikant verminderte Chance haben, dass sie sich seelisch besser f€hlen, nachdem sie geweint haben. Abh‚ngige Variable Frage II: „Ich finde, dass ich mich seelisch besser f„hle, nachdem ich geweint habe.“ Signifikante - Weinen - H‚ufigkeit (ich weine 1-2mal im Jahr) (p = .037) Pr‚diktoren - *Weinen - H‚ufigkeit (ich weine gar nicht) (p = .005) - *Erf€lltes Kriterium f€r eine Somatisierungsstƒrung nach DSM (p = .035) - * Diagnose e6 = Fettleibigkeit (p = .012) Bei Frage III („Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“) konnten keine signifikanten Pr‚diktoren gefunden werden. 123 Tabelle 39 zeigt die signifikanten Prƒdiktoren der Frage IV („Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor“). Mit Stern (*) gekennzeichnet sind Prƒdiktoren, welche negativ signifikant sind. Das hei‰t, dass Patienten mit diesen Prƒdiktoren eine signifikant verminderte Chance haben, dass sie sich nach dem Weinen schlechter f€hlen als zuvor. Abhängige Variable Frage IV: „Nachdem ich geweint habe, f„hle ich mich oft schlechter als zuvor.“ Signifikante - Diagnose f3= Affektive Störung (p =.008) Prädiktoren - Diagnose e6 = Fettleibigkeit (p= .012) - Dissoziativer Störung (nach DES) (p = .026) - *männliches Geschlecht (p =.037) - *Weinen-Häufigkeit (ich weine 1-2mal im Jahr) (p = .003) - *niedrige Schulbildung (Volks-, Hauptschule) (p = .013) - *Diagnose f6 = Persönlichkeitsstörung (p = .044) 124 4. Diskussion 4.1. Kurzzusammenfassung der eigenen Daten Untersucht wurde ein nichtselektives Patienten-Kollektiv, welches alle innerhalb eines Jahres in einer psychosomatischen Ambulanz gesehenen Patienten (n=415) umfasste. Die allgemeine Auswertung der Fragebögen ergibt, dass in Bezug auf eine somatoforme Störung 20,5% des Patientenkollektives die Kriterien nach DSM IV erfüllen. Das Verhältnis Männer zu Frauen innerhalb der Patienten mit somatoformer Störung beträgt 31,5% zu 68,5%. Nach ICD-10 Kriterien zeigen 10,1% der Probanden eine somatoforme Störung (Männer 38,1%, Frauen 61,9%). Es zeigt sich, dass der Somatisierungsindex (Maß für die Stärke der somatoformen Störung) bei Patienten mit der Diagnose nach DSM IV (Som.index 5,89), nach ICD10 (Som.index 6,02) und nach klinischer Diagnose (Som.index 5,42) signifikant erhöht ist im Vergleich zu Patienten ohne Störung (4,15; 4,33; 4,17). Frauen zeigen insgesamt einen höheren Beschwerdeindex (7,52) als Männer (6,25). Patienten mit Störung sind im Durchschnitt nach ICD-10 (42 Jahre) und klinischer Diagnose (45,9 Jahre) älter als Patienten ohne Störung (39,5 bzw. 37,3 Jahre). Nach DSM IV stellt sich dieser Zusammenhang umgekehrt dar (38,8 Jahre mit Störung; 40 Jahre ohne Störung). 43,2% der Probanden mit Störung nach DSM IV (bzw. 45% nach ICD 10) haben Fachabitur / Abitur. Je niedriger die Schulbildung, desto geringer ist die Anzahl der Patienten mit Störung. 125 Eine dissoziative Störung nach FDS erf€llen 42,6% (♂=25%, ♀=75%) der Patienten; nach DES 15,5% (♂=14,5%, ♀=85,5%). Die St‚rke der Dissoziation ist bei Patienten mit Stƒrung nach DES (22,92), nach FDS (15,61) und nach klinischer Diagnose (16,38) signifikant erhƒht im Vergleich zu Pat. ohne Stƒrung (DES 6,07, FDS 3,45, klinische Diagnose 8,38). Das Dissoziationsma‡ ist insgesamt bei Frauen (9,05) hƒher als bei M‚nnern (7,55). Patienten mit einer Dissoziation sind nach DES im Durchschnitt 35,29 Jahre alt (nach FDS 36,39 Jahre alt und damit signifikant j€nger als Probanden ohne Stƒrung (DES 40,5 und FDS 42,13 Jahre). Bei der klinischen Diagnose stellt sich dieser Zusammenhang umgekehrt dar (39,56 Jahre ohne, 45,15 Jahre mit Dissoziation). Die Schulbildung zeigt einen signifikanten Zusammenhang mit der Dissoziation auf. Je hƒher die Bildung desto niedriger die St‚rke der Dissoziation (Abitur 7,44; Hauptschule 9,73). Bez€glich der Weinen-H‚ufigkeit geben 45,5% der Frauen an "viel" zu weinen (definiert als 1-2mal pro Woche und ƒfter), dagegen nur 13,3% der M‚nner. Bei der Tendenz zu weinen (Skala von 1-10) zeigen Frauen einen Mittelwert von 5,76 w‚hrend M‚nner bei 3,03 liegen. Patienten mit niedrigem Alter weinen signifikant mehr. Dies gilt f€r die WeinenH‚ufigkeit (Altersdurchschnitt 44,14 Jahre bei "Ich weine gar nicht", 35,09 Jahre bei " "1-2mal in der Woche") wie auch f€r die Weinen-Tendenz (Tendenz "2": 43,35 Jahre; Tendenz "7": 34,54 Jahre). Signifikant ist auch der Zusammenhang der Schulbildung mit der Weinen-H‚ufigkeit. Je hƒher demnach die Schulbildung desto weniger wird geweint (44,7% der "Wenig"Weiner hatten Abitur/Fachabitur). Die Weinen-Tendenz zeigt keine Signifikanz zur Schulbildung. 126 Nach Differenzierung der Diagnosegruppen und Betrachtung der Komorbidit‚ten zeigt sich Folgendes: Bei "Allen Patienten" erf€llen nach FDS 42,6% die Kriterien einer dissoziativen Stƒrung (davon 75% Frauen und 25% M‚nner); nach DES-Kriterien haben 15,5 % eine Dissoziation (85,5% sind weiblich, 14,5% m‚nnlich). Eine somatoforme Stƒrung nach DSM IV findet sich bei 20,5% (♀=68,4%, ♂=32,6%). 36,5% geben an "viel" zu weinen (Frauen machen hier einen Anteil von 89,9%, M‚nner 10,1%). In der Patientenstichprobe ohne Ess- und affektive Störung leiden 34,7% unter einer Dissoziation nach FDS (♀=62,1%, ♂=37,9%); nach DES sind dies 12,4% der Probanden (das Verh‚ltnis M‚nner zu Frauen ist hier 76,2% zu 23,8%). Unter einer somatoformen Stƒrung leiden genau 20% (♀=65,7%, ♂=34,3%). In dieser Diagnosegruppe meinen 26,5% "viel" zu weinen, wobei Frauen 88,9% und M‚nner zu 11,1% an diesem Ergebnis beteiligt sind. In der Patienten-Diagnosegruppe mit Essstörungen ergibt der FDS bei 46,9% eine dissoziative Stƒrung (♀=92,5%, ♂=7,5%); nach DES finden sich bei 19,4% der Befragten eine Dissoziation. Davon 92,2% Frauen und 7,1% M‚nner. Eine somatoforme Symptomatik kƒnnen wir bei 18% feststellen (♀=77,8%, ♂=22,2%). "Viel" zu weinen, meinen 44,9% der Essstƒrungspatienten (davon 95,5% Frauen und 4,5% M‚nner. Patienten mit affektiver Störung zeigen zu 46,2% eine Dissoziation nach Kriterien des FDS. Hierbei sind die Frauen mit 69,4% vertreten, M‚nner mit 30,6%. Nach DES sind es 14,8% (♀=87,5%, ♂=12,5%). 127 Bei 26,5% wird eine somatoforme Stƒrung festgestellt; Frauen liegen hier bei 69,4%, M‚nner bei 30,6%. 45,5% der Probanden dieser Gruppe geben an, "viel" zu weinen. Das Verh‚ltnis Frauen zu M‚nnern betr‚gt 84% zu 16%. In der Diagnosegruppe mit somatoformen Störungen liegt nach dem FDS bei 62,7% (♀=71,2%, ♂=28,8%), nach DES bei 26,5% (♀=77,3%, ♂=22,7%) eine Dissoziation vor. "Viel" zu weinen, sagen hier 35,5%, wobei Frauen einen Anteil von 83,3% und M‚nner 16,7% haben. Die Gruppe der Patienten mit Dissoziation (nach FDS Kriterien) zeigt zu 69% Zeichen einer somatoformen Stƒrung (♀=76,7%, ♂=23,3%); nach DES Kriterien sind es 35,5% (♀=77,3%, ♂=22,7%). 58,3% der Diagnosegruppe geben an, "viel" zu weinen. 95,3% davon sind Frauen, 4,7% M‚nner. In der Zusammenschau des Weinverhaltens in den verschiedenen Diagnosegruppen f‚llt damit auf, dass Patienten mit Dissoziation mit 58,3% die hƒchsten Prozents‚tze derer aufweisen, die angeben, "viel" zu weinen (definiert als 1-2mal in der Woche und h‚ufiger). Gefolgt von der Gruppe der Patienten mit affektiver Stƒrung mit 45,5%. Danach kommen Patienten mit Essstƒrungen 44,9%, alle Patienten mit 36,5%, die Gruppe mit somatoformen Stƒrungen mit 35,5% und zuletzt Patienten ohne Essstƒrung und affektive Stƒrung mit 26,5%. Bei der Frage nach dem Befinden der Probanden (eingeteilt in Diagnosegruppen) nach einem Weinen-Ereignis zeigt sich folgendes Ergebnis im Vergleich der Geschlechter: 128 Bei Frage I ("Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen") zeigt die Gruppe aller Patienten einen signifikanten Unterschied zwischen M‚nnern und Frauen (27,4% zu 45,7%). Gleiches trifft f€r die Gruppe der Patienten ohne Essstƒrung und affektive Stƒrung zu (21,9% zu 45,8%). Am h‚ufigsten kreuzen M‚nner der AffektStƒrungsgruppe bei dieser Frage "Ja" an (39,5%), gefolgt von den M‚nnern mit Dissoziation (33,3%). Bei den Frauen sind Patientinnen der Gruppen "mit Essstƒrung" und "ohne Essstƒrung und affektive Stƒrung" gleichauf mit 45,8%. Bei Frage II ("Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe") finden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen M‚nnern und Frauen. Frauen aus den Gruppen "Ohne Ess- und affektive Stƒrung" (62,5%), "alle" (57,1%) und "mit Affektstƒrung" (57,1%) zeigen hier die hƒchsten Werte. Bei den M‚nnern ist die Gruppe "mit Essstƒrung" (53,8%) vor der Gruppe "mit Affektstƒrung" (52,6%) zu finden. Frage III lautet: "Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe." Auch hier gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen M‚nnern und Frauen. Patienten mit Dissoziation bejahen diese Frage jedoch bei M‚nnern und Frauen am h‚ufigsten (♂=22,2%, ♀= 21,6%), gefolgt von M‚nnern und Frauen der Gruppe "mit somatoformer Stƒrung" (19,2%, 17,5%). Bei Frage IV ("Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor"), zeigt die Gruppe "alle" Patienten (♀=28,5%, ♂=15,3%) und "mit affektiver Stƒrung" (♀=42%, ♂=21,1%) eine Signifikanz zwischen M‚nnern und Frauen. Frauen mit Dissoziation (44,2%) f€hlen sich am h‚ufigsten schlechter nach dem Weinen, gefolgt von Patientinnen mit Affektstƒrung (42%). Bei den M‚nnern liegen Probanden mit Essstƒrung (23,1%) und Affektstƒrung (21,1%) an der Spitze. Es folgen die Ergebnisse nach Trennung der Patienten in den unterschiedlichen Diagnosegruppen in "Viel-Weiner" (= 1-2mal pro Woche und h‚ufiger) und "WenigWeiner" 1-2 mal im Monat und weniger). 129 Signifikante Unterschiede zwischen "Viel- und Wenig - Weinern" finden sich bei Frage I ("Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen") in der Gruppe "alle" ("Viel"=51,4%, "Wenig"=34,1%) und Patienten mit Essstörung ("Viel"=60,6%, "Wenig"=28,6%). Aus diesen beiden Gruppen stammen auch die höchsten Zahlen bei "Viel-Weiner". "Wenig-Weiner" stimmten dieser Frage am häufigsten in der Gruppe mit Affektstörungen zu (38,6%). Frage II ("Ich finde, dass ich mich seelisch besser fühle, nachdem ich geweint habe") weist bei Patienten mit Affektstörung Signifikanzen auf: ("Viel"=41,1%, "Wenig"=66,7%). Dies ist gleichzeitig auch die höchste Angabe unter den "WenigWeinern". Patienten, in der Gruppe ohne Ess- und Affektstörung, die viel weinen, kreuzen bei dieser Frage am häufigsten "Ja" an (62,2%). Die Diagnosegruppen "Alle" und "mit Essstörung" zeigen bei Frage III ("Ich finde, dass körperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.") Signifikante Unterschiede ("Viel"=22,1%, "Wenig"=13,2% bzw. "Viel"=27,3%, "Wenig"=8,6%). Patienten mit Essstörung, die "viel weinen", zeigen damit die höchsten Werte bei dieser Frage; Patienten, die eine somatoforme Störung haben (18,9%) liegen bei den "Wenig-Weinern" vorn. Bei Frage IV ("Nachdem ich geweint habe, fühle ich mich oft schlechter als zuvor") finden sich Auffälligkeiten bei "Alle" ("Viel"=34,3%, "Wenig"=19,6%) und "mit Affektstörung" ("Viel"=48,9%, "Wenig"=24,6%). Am höchsten ist der Ausschlag der "Viel-Weiner" bei der Affektstörung, gefolgt von Patienten mit Dissoziation (45,7%). Bei den "Wenig-Weinern" liegt ebenfalls die Gruppe der Patienten mit Dissoziation vorn (33,3%). In den Regressionen zeigt sich, dass - ein hoher Somatisierungsindex (als abhängige Variable) in allen Diagnosegruppen durch einen Wert von DES>26 vorausgesagt werden konnte (Signifikanzen von p<.001 bis p=.002). DES>26 ist somit ein einheitlich signifikanter Prädiktor. Dies bedeutet, dass das Vorhandensein einer Dissoziation mit einem hohen Somatisierungsindex korreliert ist. (Weitere 130 signifikante Pr‚diktoren waren in der Gruppe "alle" niedrige Schulbildung p=.005 und h‚ufiges Weinen p=.044; bei den "Essstƒrungspatienten" fanden sich noch niedrige und keine Schulbildung mit p=.036 bzw. p=.041). - Dasselbe gilt auch f€r das erf€llte Kriterium einer somatoformen Stƒrung nach DSM (als abh‚ngige Variable). Ein DES>26 ist in allen Gruppen signifikant (p<.001 bis p=.035). Damit ist in unserer Studie nachgewiesen, dass eine Komorbidit‚t der somatoformen Stƒrung (erf€lltes Kriterium nach DSM als abh‚ngige Variable) mit der Dissoziation (DES>26 als Pr‚diktor) besteht (Weitere Pr‚diktoren waren bei "Essstƒrungspatienten": ♂ Geschlecht p=.040, bei Patienten mit affektiver Stƒrung: niedriges Alter p=.031). - Die hohe Tendenz zu weinen (als abh‚ngige Variable) hat in 3 von 4 Gruppen das Geschlecht (weiblich) als signifikanten Pr‚diktor (p<.001 bis p=.010). Nur in der Gruppe der Essstƒrungspatienten gibt es keinerlei Signifikanzen (Bei "allen" waren au‡erdem die klinische Diagnose F3=affektive Stƒrung mit p=.004 signifikant sowie niedriges Alter p=.020 und niedrige Schulbildung p=.038; bei "Patienten ohne Affekt- und Essstƒrung" waren niedriges Alter p=.007, keine Schulbildung p=.023 und die Diagnosen F4=[somatoforme, dissoziative, Angst- und Zwang-Stƒrung, Postbelastungs- und Anpassungsstƒrung] mit p=.023 und F5=andere psychische Stƒrungen mit p=.045 signifikant). - "Viel-Weinen" (als abh‚ngige Variable) hat, wie auch die Tendenz zu weinen, das weibliche Geschlecht als signifikanten Pr‚diktor in 3 Gruppen (p<.001 bis p=.001). In der Essstƒrungsgruppe war der DES>26 hoch signifikant p=.004 (wie auch in der Gruppe "alle" p=.002; hier fanden sich au‡erdem niedrige Schulbildung p=.005 und die klinische Diagnose F3=affektive Stƒrung mit p=.011 als signifikante Pr‚diktoren; bei "Pat. mit affektiver Stƒrung" waren weiterhin niedriges Alter p=.042, bei "Pat. ohne Affekt- und Essstƒrung" die klinischen Diagnosen F4 (siehe oben) mit p=.008 signifikant). 131 - Eine dissoziative Stƒrung nach DES (als abh‚ngige Variable) kann in allen Gruppen durch einen hohen Somatisierungsindex vorhergesagt werden (p<.001 bis p=.007). In den Gruppen "Alle" und "Essstƒrungspatienten" findet sich au‡erdem noch niedriges Alter als hoch signifikanter Pr‚diktor. Des Weiteren sind zu erw‚hnen: bei "alle" h‚ufiges Weinen p=.009 und DSMKriterium erf€llt p=.023; bei "Pat. mit affektiver Stƒrung" mittlere Schulbildung p=.014 und bei "Essstƒrungspatienten" keine Schulbildung p=.035. Bei den Fragen zum Befinden nach dem Weinen, ergeben die Regressionen, dass - bei Frage I ("Weinen hilft mir mit meinen Problemen umzugehen") als abh‚ngiger Variable, die Weinen - Tendenz (p = .011) ein signifikanter Pr‚diktor ist sowie die Weinen - H‚ufigkeit (ich weine gar nicht) (p = .011) negativ signifikant ist, was bedeutet, dass Patienten welche gar nicht weinen eine signifikant verminderte Chance haben, dass weinen ihnen hilft mit Problemen umzugehen. - bei Frage II („Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe.“) als abh‚ngiger Variable, die Weinen - H‚ufigkeit (ich weine 12mal im Jahr) (p = .037) signifikant ist sowie die Weinen - H‚ufigkeit (ich weine gar nicht) (p = .005), das erf€llte Kriterium f€r eine Somatisierungsstƒrung nach DSM (p = .035) und die Diagnose e6= Fettleibigkeit (p = .012) negativ signifikante Pr‚diktoren sind; was bedeutet, dass die letztgenannten 3 Pr‚diktoren eine signifikant verminderte Chance haben, dass man sich nach dem Weinen seelisch besser f€hlt. - bei Frage III („Ich finde, dass kƒrperliche Beschwerden besser sind, nachdem ich geweint habe.“) sind keine Signifikanzen zu finden. - bei Frage IV („Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor“) als abh‚ngige Variable, die Diagnose f3= affektive Stƒrung (p =.008), die Diagnose e6 = Fettleibigkeit (p= .012) und die dissoziative Stƒrung (nach DES) (p = .026) signifikant sind. Das m‚nnliches Geschlecht (p =.037), die Weinen-H‚ufigkeit (ich weine 1-2mal im Jahr (p = .003), eine niedrig 132 Schulbildung (Volks-, Hauptschule) (p = .013) und die Diagnose f6 = Persƒnlichkeitsstƒrung (p = .044) sind signifikant negative Pr‚diktoren, das hei‡t, dass sie eine signifikant geringere Chance haben sich nach dem Weinen schlechter zu f€hlen als zuvor. 4.2. Limitationen Unsere Studie war f€r die Dauer eines Jahres angelegt, sodass uns nach dieser Zeit insgesamt von 415 Patienten regelrecht ausgef€llte Fragebƒgen vorlagen (von zur€ckerhaltenen 459 Inventaren mussten 44 verworfen werden, da sie gar nicht oder nicht vollst‚ndig beantwortet waren). In dem angegebenen Zeitraum (vom 01.04.2003 - 31.03.2004) gab es insgesamt 985 Termine in der psychosomatischen Ambulanz des Universit‚tsklinikums Freiburg. 31 Patienten hatten Mehrfachepisoden. Jeder Patient in der Ambulanz (sofern er / sie nicht bereits in einer anderen Studie eingeschlossen war) bekam ein Inventar ausgeh‚ndigt, unabh‚ngig davon, wer der behandelnde Therapeut oder welche Grunderkrankung der Grund des Besuches in der Ambulanz war. Da das Ausf€llen und wieder Abgeben der Fragebƒgen nat€rlich auf freiwilliger Basis beruhte, war es uns nicht mƒglich, von allen Patienten / Patientinnen, welche die Bƒgen erhielten, auch Daten zu erheben, da die Bƒgen zum Teil nicht wieder an uns zur€ckgegeben wurden. Des Weiteren ist bei der Interpretation der Ergebnisse darauf zu achten, dass es sich bei unseren Teilnehmern nicht um eine repr‚sentative Stichprobe der Allgemeinbevƒlkerung handelt, sondern um Patienten der psychosomatischen Ambulanz. Schlie‡lich ist zu erw‚hnen, dass wir – wie Kollegen in anderen Studien auch – auf die ehrliche Beantwortung der Fragebƒgen durch die Patienten angewiesen waren. Vor allem bei Fragen, die als sehr persƒnlich und damit eventuell als unangenehm empfunden werden, ist diese Fehlerquelle zu ber€cksichtigen. 133 4.3. Diskussion der eigenen im Vergleich zu anderen Daten (Literatur Vergleiche) In Bezug auf das Weinen fanden wir in zahlreichen Punkten •bereinstimmungen von unseren Daten im Vergleich zu vorbestehenden Arbeiten. Frauen weinen wesentlich h‚ufiger (Weinen - H‚ufigkeit) und auch leichter (Weinen - Tendenz, s.o.) als M‚nner (Vingerhoets et al., 2000 [103], Lombardo et al., 1983 [62], Hastrup und Kraemer, 1986 [41], Bernfeld, 1987 [8], Wagner et al., 1997 [108], Becht und Vingerhoets, 2002 [7]. Offenbar stellt die Nationalit‚t, unterschiedliche Kulturkreise, Lebensumst‚nde und Berufsgruppen im Zusammenhang mit h‚ufigem Weinen eine Einflussgrƒ‡e dar (Vingerhoets et al., 2000 [103], Williams und Morris, 1996 [111], 1996 Hastrup und Kraemer, 1986 [41], McCardell, 2003 [65], Wagner et al., 1997 [108]). Bez€glich des Alters zeigten unsere Ergebnisse einen signifikanten Zusammenhang von niedrigem Alter und h‚ufigerem Weinen, was jedoch in einer Studie von Frey (Bernfeld 1987 [8]) nicht best‚tigt werden konnte. Es fanden sich hierbei bei seinen gesunden Probanden keine signifikanten Zusammenh‚nge der Weinen-H‚ufigkeit mit dem Alter. Als weiteren Punkt stellten wir fest, dass Probanden mit hƒherer Schulbildung weniger oft weinten als Patienten mit niedriger Schulbildung. Vingerhoets, 2006 [101] h‚lt fest, dass M‚nner in traditionellen Rollen (strenge Erziehung, Vermittlung von Weinen als Schw‚che) weniger weinen als M‚nner, die aus dieser Rolle etwas ausbrechen. „Da ein hohes Ausbildungsniveau oft mit einem hohen sozioƒkonomischen Status und einem wenig traditionellen Rollenverhalten korreliert, kann man davon ausgehen, dass M‚nner mit hohem Ausbildungsgrad ƒfter weinen.“ Im Umkehrschluss m€sste dann f€r Frauen (so sagt Vingerhoets), welche sich in gesellschaftlich gehobener Stellung befinden, gelten, dass sie im Zuge der Emanzipation weniger weinen. Diese Thesen m€ssen jedoch noch durch Studien verifiziert werden. Eine aus medizinischer Sicht zentrale Frage ist, ob Weinen nun "gesund" ist oder befreiend wirkt, "krank macht" oder das Befinden der Betroffenen verschlechtert. (Tezcan et al., 2003 [98]). In unserer Arbeit fiel auf, dass vor allem Frauen mit einer 134 dissoziativen (gefolgt von Affekt-) Stƒrung angaben, sich nach dem Weinen emotional schlechter zu f€hlen als zuvor (Frage IV: "Nachdem ich geweint habe, f€hle ich mich oft schlechter als zuvor." Betrachtet man die verschiedenen Diagnosegruppen eingeteilt nach „Vielweinen“ und „Wenigweinen“ so zeigte sich, dass auch hier die Gruppe der Patienten mit Affektstƒrung (diesmal gefolgt von Dissoziativen) am h‚ufigsten angaben, sich nach dem Weinen schlechter zu f€hlen. Seelisch besser (Frage II: "Ich finde, dass ich mich seelisch besser f€hle, nachdem ich geweint habe) f€hlten sich, nach unseren Ergebnissen, nach dem Weinen 57,1% der Frauen und 50,5 % der M‚nner, w‚hrend Bernfeld in seiner Zusammenfassung von Freys Ergebnissen (1987 [8]) f€r gesunde Frauen einen Wert von 85 % und bei gesunden M‚nnern von 73% feststellt. Cornelius (1997 [16]) fasste die Inhalte von 70 Artikeln €ber das Weinen zusammen, in einem Zeitraum von 1848 bis 1985 (teils wissenschaftliche Untersuchungen und teils „nur“ •berlegungen von den betreffenden Autoren). Interessanterweise kamen die Autoren in 94% zu dem Schluss, dass Weinen etwas Gesundes ist, etwas das „gut f€r einen“ ist. Hendriks und Vingerhoets (2002 [42]) stellten zur Debatte, ob Weinen – ungeachtet anderer mƒglicher Einflussfaktoren - sogar nur dann als positiv empfunden wird, wenn die Umwelt positiv auf den weinenden Menschen reagiert. In einer seiner Studien untersuchte Vingerhoets (2002 [7]) das Befinden und Verhalten nach dem Weinen und in verschiedenen L‚ndern. Er kam zu dem Ergebnis, dass es den Probanden (gesunde Patientenstichprobe) insgesamt besser ging nach dem Weinen (wobei sich Unterschiede zwischen verschiedenen L‚ndern fanden); au‡erdem stellte er fest, dass M‚nner (auch hier fanden sich landesspezifische Unterschiede) sich mehr f€r ihre Tr‚nen sch‚mten als Frauen. Labott und Teleha (1996 [57]) zeigten gesunden Probanden einen traurigen Film. Eine Gruppe der Teilnehmer sollte – dies war die Vorgabe seitens des Versuchsleiters - das Weinen unterdr€cken, die andere Gruppe durfte weinen. Entgegen ihrer Erwartung f€hlten sich beide Patientengruppen nach Ansehen des Filmes schlechter; ob sie nun geweint hatten oder nicht. Dabei ist jedoch zu erw‚hnen, dass diese Tr‚nen keine spontanen, sondern provozierte Tr‚nen (als 135 Reaktion auf den traurigen Film) waren. Oder, wie auch mehrfach geschildert wurde (Bolstad, 2004 [10]), dass das Weinen nur dann positive Effekte haben kann, wenn damit ein Problem in irgend einer Form gebessert wird (z.B., dass man durch das Weinen Zuneigung und Anteilnahme von anderen bekommt und dadurch mit einem Problem nicht mehr alleine steht, sondern Hilfe erfährt.) Eine weitere interessante Frage in unseren Untersuchungen bezüglich des Weinens war, inwiefern das Weinen und die somatoforme bzw. dissoziative Störung zusammenhängen. Unsere Hypothese war, dass Weinen ein negativer Prädiktor für Dissoziation / Somatisierung ist, was sich jedoch nicht bestätigte. Es zeigte sich sogar, dass Patienten mit einer dissoziativen Störung besonders viel weinen (gefolgt von der Gruppe mit Affektstörung und Somatisierung). Dies bedeutet, dass die Unfähigkeit, Affekte zu erleben (dissoziative Störung), nicht bedeutet, dass Betroffene nicht viel weinen, im Gegenteil. Auch in der Literatur herrscht zu den Zusammenhängen des Weinens mit psychosomatischen / psychischen Erkrankungen Uneinigkeit. Während es Arbeiten gibt, wonach häufiges Weinen oft mit körperlichen Beschwerden, Stimmungsschwankungen und Depressionen assoziiert ist (Labott und Martin, 1987 [56], Labott und Martin, 1990 [53], Hastrup et al., 1986 [40]), beschreiben andere Untersuchungen, dass kein Zusammenhang von psychosomatischen / psychischen Erkrankungen und häufigerem Weinen nachgewiesen werden konnte (Rottenberg et al., 2002 [79]), bzw. sogar, dass körperlich Gesunde mehr weinen (Nelson, 2000 [68]). Die Mehrheit der Studien (s.o.) beschreibt in Bezug auf die Depression, dass Patienten mit dieser Störung mehr weinen als gesunde Probanden. Dies stimmt mit den Ergebnissen unserer Arbeit überein. Bei schweren Formen der Depression hingegen, kann es einerseits zu einer Steigerung des Weinens (Intensität / Häufigkeit) kommen, andererseits aber auch zur Unfähigkeit, Tränen zu vergießen (Danielssson und Johansson, 2005 [17]). 136 Bez€glich der somatoformen Stƒrung ist zun‚chst einmal festzuhalten, dass ihre Pr‚valenz offenbar zunimmt. Das belegt eine Metaanalyse von Wittchen und Jacobi der Technischen Universit‚t Dresden im Jahr 2005 [113], in welcher die Ergebnisse von 27 Studien mit mehr als 150 000 Teilnehmern zusammengefasst wurden. Sie ergab, dass jeder vierte Europ‚er (27 Prozent) einmal im Jahr eine psychische Stƒrung entwickelt. Betrachtet man die somatoforme Stƒrung separat, so gibt es in der Europ‚ischen Union demnach gesch‚tzte 18,9 Millionen Patienten mit einer somatoformen Stƒrung. Studien haben gezeigt, dass etwa 20% der Patienten in haus‚rztlichen Praxen und ca. 10 – 40% der station‚ren Klinikpatienten von einer somatoformen Stƒrung betroffen sind (AWMF-Leitlinien [2]), und im Durchschnitt 22 medizinische Konsultationen pro Jahr aufweisen (Von Hiller, 2005 [107], Lipowski, 1987 [60], Bass et al., 2001 [4], Kellner, 1991 [49], Kellner, 1990 [50]). In unserer Studie konnten wir bei den Probanden bei 20,5% nach DSM IV-Kriterien und bei 10,1% nach ICD-10 Kriterien eine somatoforme Stƒrung feststellen. Die Ergebnisse fr€herer Studien (Wittchen et al., 2005 [113]), AWMF-Leitlinien [2], Tagay et al., 2004 [97], Brown et al., 2005 [14], Von Hiller, 2005 [107], Piccinelle und Simon, 1997 [72], Karvonen et al., 2006 [48], Hessel et al., 2005 [43]) zeigten au‡erdem, dass Frauen im Durchschnitt h‚ufiger an einer somatoformen Stƒrung leiden als M‚nner. In unserer Studie war die Anzahl der somatoformen Stƒrungen unter den Frauen zwar prozentual geringer als unter den M‚nnern, jedoch untersuchten wir ein spezielles Patientenkollektiv (s.o.) und das Verh‚ltnis der eingeschlossenen Probanden zu Probandinnen betrug fast 1:3; so ist davon auszugehen, dass bei etwa ausgewogener Geschlechterverteilung auch bei uns Frauen h‚ufiger somatisieren. Was wir an Hand unserer Daten best‚tigen konnten war, dass das weibliche Geschlecht unter mehr und st‚rkeren Symptomen leidet (hƒherer Beschwerdeindex) als m‚nnliche Betroffene (Hessel et al., 2005 [43]). Wittchen und Kollegen (2005 [113]) beschrieben ein vermehrtes Auftreten der somatoformen Stƒrung bei jungen Erwachsenen (18-24 Jahre) im Vergleich zu Jugendlichen (14-17 Jahre). Hessel et al. (2005 [45]) kamen zum gleichen Ergebnis (dass im Alter die Wahrscheinlichkeit f€r eine somatoforme Stƒrung zunimmt). Auch 137 unsere Untersuchungen ergaben, dass Patienten mit der klinischen Diagnose (einer somatoformen Störung) und nach Kriterien des ICD-10 im Durchschnitt älter waren als nicht Erkrankte (nach DSM IV Kriterien waren Patienten ohne Störung im Durchschnitt 1,2 Jahre älter). Im Rahmen einer Studie von Piccinelle und Simon (1997 [72]) mit Pobanden aus 14 verschiedenen Ländern wurde das Auftreten von somatoformen Störungen untersucht. Dabei zeigte sich eine leichte Tendenz zu häufigerem Vorkommen der Erkrankung (ohne Signifikanz) in weniger gut entwickelten Ländern. Auch dieser Zusammenhang wird von Hessel et al. (2005 [43]) unterstützt. In unserer Analyse war bei Patienten mit höherer Schulbildung zwar ein etwas häufigeres Auftreten der Störung, jedoch mit einem geringeren Beschwerdeindex als bei Patienten mit niedrigerer Schulbildung festzustellen. Ähnlich wie bei der somatoformen Störung beschreiben beispielsweise Sar et al. (2004 [84]) auch für die Dissoziation eine höhere Prävalenz bei Frauen. In einer aktuellen Studie (der Allgemeinbevölkerung) (Sar et al., 2007 [85]) zeigten 18,3 % der Frauen eine dissoziative Störung. Im Rahmen unserer Untersuchungen fand sich nach Kriterien des DES die exakt gleiche Prozentzahl bei den Frauen (18,3 %; bei den Männern 8,2 %), nach Kriterien des FDS waren es sogar 44,4 % (die Männer kamen auf 38,2 %). In anderen Analysen, welche sich mit diesem Thema beschäftigten, z.B. von Spitzer et al. (2003 [94]; hierbei wurden die Daten von 2153 Probanden aus verschiedenen Studien verglichen. Die Teilnehmer waren einerseits gesund, andererseits waren es chirurgische, psychosomatische, psychiatrische oder neurologische Patienten, Alkoholiker und forensische Patienten), waren jedoch keine Signifikanzen zwischen den Geschlechtern nachweisbar. Es wird darauf verwiesen, dass die Häufigkeit dieser Störung weniger vom Geschlecht an sich, als viel mehr vom sozialen Umfeld und den Erlebnissen (z. B. sexueller Missbrauch, betrifft häufiger Mädchen als Jungen, daher auch später häufiger Dissoziation bei Frauen) sowie vom transkulturellen Aspekten (Eskobar, 1995 [25]) abhängt. In unseren Studien litten Frauen öfter und zugleich stärker (gemessen Dissoziationsmaß) unter einer dissoziativen Störung als Männer. durch das 138 Was in der Literatur bereits mehrfach eindr€cklich eruiert wurde, ist die bestehende Komorbidit‚t einer Somatoformen Stƒrung und der Dissoziation (Brown et al., 2005 [14], Sar et al., 2007 [85], Sar et al., 2007 [86], Pribor et al., 1993 [75]. Die Dissoziation, die somatoforme Stƒrung (und auch die posttraumatische Belastungsstƒrung (PTBS)) sind Adaptationsmechanismen auf ein erlebtes Trauma und meist eng miteinander verkn€pft (Sar et al., 2004 [84], Hall, 2003 [39], Farley und Keaney, 1997 [27], Tezcan et al., 2003 [98], Spitzer et al., 1999 [95], Freyberger und Spitzer, 2005 [32]). Sie treten manchmal zusammen, einzeln oder als Kombination auf (Van der Kolk et al., 1996 [99]. Mƒglicherweise deutet die Komorbidit‚t der Stƒrungen auf einen schwereren Krankheitsverlauf hin (Sar et al., 2004 [84]), oder aber sie ist ein Zeichen f€r die Schwere des zur€ckliegenden erlebten Traumas (Farley und Keaney, 1997 [27]). In vielen Studien lie‡ sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen somatoformen Stƒrungen, Dissoziation und beispielsweise sexuellem Missbrauch oder anderer kƒrperlicher Gewalt in der Kindheit nachweisen (Tagay et al., 2004 [97], Stein et al., 2004 [96], Servan-Schreiber et al., 2000 [90], Kinzel et al., 1995 [51], Salmon et al., 2003 [83], Roelofs et al., 2002 [78], Atlas et al., 1995 [1], Nijenhuis et al., 1998 [69], Jans und Warnke, 1999 [47], Brunner et al., 2000 [15], Irwin, 1995 [45]). In unserer Studie fand sich ein hochsignifikanter Zusammenhang der beiden Erkrankungen (somatoforme Stƒrung und Dissoziation). Dabei spielte es keine Rolle, nach welchen Diagnosesystemen ausgewertet wurde und ob es Frauen oder M‚nner betraf. Leider gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen, welche sich, wie wir es versucht haben, breit gef‚chert f€r die H‚ufigkeit einer somatoformen bzw. dissoziativen Stƒrung auch bei Patienten mit anderen psychosomatischen / psychischen Hauptdiagnosen besch‚ftigten. Dennoch l‚sst sich feststellen, dass beide Erkrankungen auff‚llig h‚ufig mit ‚hnlichen Begleitsymptomen / -diagnosen einhergehen (Lipsanen et al., 2004 [61]). So ist f€r die Somatoforme Stƒrung eine Verbindung mit Depressionen, Affekt-Stƒrungen und der Alexithymie (Def.: „Unvermƒgen, Gef€hle hinreichend wahrzunehmen, zu beschreiben und von kƒrperlichen Folgen einer Belastungssituation zu unterscheiden.“ Pschyrembel, 2002 139 [76]) beschrieben (Brown et al., 2005 [15], Waller und Scheidt, 2004 [110], Waller und Scheidt, 2006 [109], Ebeling et al., 2001 [21], Birket-Smith, 1999 [9]). Nur selten findet sich keinerlei Zusammenhang (z.B. von Alexithymie und somatoformen Beschwerden (Lund und Simonsson-Sarnecki, 2001 [64]). Erstgenannte These konnten auch wir in unserer Studie unterstützen, wonach Patienten mit Affektstörungen (hinter der Gruppe der Dissoziationspatienten) am meisten somatisierten. Bei Betrachtung der Dissoziation verhält es sich ganz ähnlich. Auch hier sind mehrfach Assoziationen zu Alexithymie, reduziertem / gestörtem Affekt-Verhalten sowie Zwangsstörungen und Anorexie beschrieben (Elzinga et al., 2002 [23], Grabe et al., 2000 [35], Briere, 2006 [12], Farrington et al., 2002 [28], Grabe et al., 1999 [34]). In unseren Ergebnissen lagen Patienten mit einer Affektstörung fast gleichauf mit Essstörungspatienten; jedoch mit deutlichem Abstand nach oben zur Gruppe mit Somatisierung, aber auch nach unten im Vergleich zu Patienten ohne Ess- oder affektive Störung. Bei weiterer Recherche zeigte sich, dass sich noch andere Studien mit dem Thema der Wahrnehmung und dem Ausdruck von Gefühlen beschäftigt haben. Elzinga et al., (2002 [23]) fanden in ihrer Studie, dass Patienten mit Dissoziation und Patienten mit Alexithymie in der Unfähigkeit Gefühle differenziert wahrnehmen zu können, vergleichbar sind. Diese Verbindung wurde teilweise durch verschiedene Stress-Intensitätsstufen getriggert. Irwin (1997 [46]) beschreibt, dass nur einige und nicht alle Aspekte der Alexithymie eine Dissoziation vorhersagen können. Die Unfähigkeit, Gefühle differenziert wahrzunehmen, gehört dazu, andere Facetten der Alexithymie jedoch nicht. In weiteren Untersuchungen stellte Irwin fest, dass ein hohes Maß an Dissoziation häufiger assoziiert war mit der früheren Erfahrung eines negativen Affekts (1995 [45]). Er schloss daraus, dass diese Daten bestätigen, dass trauma-getriggerte Affekte bei der Entstehung einer Dissoziation eine wesentliche Rolle spielen. Des Weiteren kam Irwin zu dem Schluss (1998 [44]), dass Scham- und 140 Schuldgefühle bei Erwachsenen (sowie das Alter) signifikante Prädiktoren für eine dissoziative Störung waren. Auch dies unterstützt die These, dass traumatische Erfahrungen in der Kindheit (wie z.B. sexueller Missbrauch, wonach die Betroffenen oft glauben es sei ihre eigene Schuld gewesen), zu einer dissoziativen Störung führen können. Grabe at al., (2000 [35]) stellten in ihrer Studie eine signifikante Korrelation zwischen Dissoziation und Alexithymie fest. Nach ihrer Meinung trägt die Alexithymie durchaus zur Entstehung von Symptomen der Dissoziation und Stress bedingten Störungen (z. B. PTBS) bei. Waller & Scheidt (2004 [110]) verglichen gesunde Personen mit Patienten mit Somatisierung und stellten fest, dass ein Zusammenhang besteht zwischen Patienten mit Somatisierung und der Häufigkeit, Gefühle undifferenziert wahrzunehmen. Daraus schlossen sie, dass im Prozess der Somatisierung eine beeinträchtigte Fähigkeit zum Erleben und Ausdrücken von Affekten und Gefühlen eine bedeutende Rolle spielt. Weiterhin zeigten sie in einer Übersichtsarbeit (2006 [109]), dass bei Patienten mit somatoformen Störungen einerseits die bewusste Wahrnehmung und Differenzierung von Gefühlen und andererseits auch deren angemessener Ausdruck beeinträchtigt ist. Lundh & Simonsson-Sarnecki (2001 [63]) konnten zwar den Zusammenhang zwischen Alexithymie mit somatischen Beschwerden in ihrer Untersuchung nicht bestätigen, jedoch stellten sie eine negative Korrelation zwischen Alexithymie und positivem Affektausdruck und eine positive Korrelation zu negativen Affektausdruck fest. Insgesamt ist zu sagen, dass die Fähigkeit, Gefühle empfinden oder ausdrücken zu können, keine Eigenschaft ist, die man automatisch besitzt. Menschen sind vermutlich in der Lage, dieses Verhalten zu erlernen. Leider bedeutet dies im Umkehrschluss auch, dass Menschen es wieder verlieren können. In einer Studie (Van der Kolk et al., 1996 [99]) zeigte sich, dass das familiäre Umfeld (und damit der in der Familie vorgelebte Umgang und Ausdruck von Emotionen und 141 Gefühlen) in der Entstehung einer somatoformen Störung eine Rolle spielt. Ebenso fanden Ebeling et al., (2001 [21]) heraus, dass unerträgliche Emotionen (z.B. durch Traumatisierung) bereits bei Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen zu Symptomen der Alexithymie und Somatisierung führen können. Dass solche Teenager nicht mit ihren Gefühlen umgehen können, liegt oft daran, dass bereits die Eltern nicht in der Lage sind, Emotionen zu zeigen. Entweder grundsätzlich oder weil sie selbst durch traumatische Vorerfahrungen beeinträchtigt sind. Diese vorgelebte Gefühlsarmut oder Emotionslosigkeit, beraubt die Jugendlichen der Chance ein gesundes Gleichgewicht zwischen dem Ausdrücken und Zurückhalten von Gefühlen zu finden. Waller und Scheidt (2006 [109]) sehen einen ähnlichen Zusammenhang: nämlich zwischen der Entwicklung somatoformer Symptome und einem fehlenden Bindungsverhalten. Oft entwickeln die Patienten aufgrund der emotionalen Zurückweisung in ihrer Kindheit unbewusst ein unsicheres Bindungsverhalten und eine Selbstwertproblematik. Wenn es dann im Erwachsenenalter zu Belastungs- und Stresssituationen oder inneren Konfliktsituationen kommt, stehen den Betroffenen nur unreife Konfliktbewältigungsstrategien zur Verfügung (wie z. B. Wenden gegen das Selbst) und sind damit meist Auslöser für das Schmerzgeschehen. Die bereits vergessen geglaubten Erlebnisse treten in Form von körperlichen Schmerzen wieder zutage (Egle et al., 2000 [22]). Farley und Barkan (1997 [26]) zeigten in ihrer Studie auf, dass Patienten mit dissoziativen und somatoformen Störungen multiple positive aber auch negative (pathologische) Verhaltensweisen zeigen, um emotionale Anspannungen zu verringern. Diese sind nur zum Teil hilfreich und unterstützend, zum anderen Teil sogar selbstzerstörerisch. Insgesamt ist anhand der bestehenden Forschungsergebnisse in der Literatur festzuhalten, dass Traumatisierung und / oder fehlende Bindung und / oder das Erleben (Leben) in einer Familie mit wenig Affektausdruck, das Risiko für eine dissoziative Störung erhöht. Als Folge der entstehenden Unfähigkeit der Betroffenen, psychische Inhalte durch Affekte ausdrücken zu können, wird wiederum die Entstehung einer körperlichen (somatoformen) Störung begünstigt. Mit den 142 Ergebnissen unserer Studie konnten wir aber feststellen, dass trotz eines fehlenden (eingeschränkten) Affektausdruckes ein Weinen stattfindet. Denn es zeigte sich, dass, entgegen unseren Hypothesen, weder die somatoforme Störung noch die Dissoziation umgekehrt proportional zum Weinen sind. Es fanden sich stattdessen Hinweise, dass positive Korrelationen bestehen und bei einem Teil der Patienten mit dissoziativer / somatoformer Störung ein besonders hochfrequentes Weinen auftritt. Bei der Frage nach "Viel- und Wenig-Weinern" fiel die Diagnosegruppe der Patienten mit Dissoziation besonders auf, da sie noch vor allen anderen Diagnosegruppen lagen und am meisten "Viel-Weiner" aufweisen konnten. Auch bei der Frage, ob körperliche Beschwerden nach dem Weinen besser sind, lag die Patientengruppe mit dissoziativer Störung deutlich über dem Durchschnitt. Die Regressionen bestätigten diese Tendenz. Eine dissoziative Störung fand sich beispielsweise als signifikanter Prädiktor für die abhängige Variable "Vielweinen" (umgekehrt war häufiges Weinen ein signifikanter Prädiktor für eine dissoziative Störung als abhängige Variable). Für die somatoforme Störung waren die Ergebnisse nicht so eindeutig, jedoch konnte auch hier häufiges Weinen als signifikanter Prädiktor für einen hohen Somatisierungsindex als abhängige Variable beobachtet werden. Andererseits muss auch resümiert werden, dass unsere Probanden mit einer dissoziativen Störung, einer somatoformen Störung und einer Affektstörung jeweils überdurchschnittlich oft angaben, dass das Weinen als wenig erleichternd erlebt wird und sie sich sogar danach schlechter fühlen als zuvor. 143 5. Zusammenfassung In unserer Studie kamen wir zu dem Ergebnis, dass Weinen - entgegen unseren Hypothesen – weder ein negativer Pr‚diktor f€r eine dissoziative noch f€r eine somatoforme Stƒrung darstellt. Das Gegenteil war der Fall. Patienten mit der Diagnose einer Dissoziation (gefolgt von Patienten mit Affekt- und somatoformer Stƒrung) gaben prozentual gesehen am h‚ufigsten an "viel" zu weinen (=1-2mal in der Woche und h‚ufiger). Dieser Zusammenhang von Dissoziation und somatoformer Stƒrung mit dem Weinen best‚tigte sich auch in der Regression. Die Ergebnisse der Fragen zum Befinden nach dem Weinen ergaben, dass Patienten welche "viel" weinen (sowohl bei Patienten mit Dissoziation als auch mit somatoformer Stƒrung) h‚ufiger angaben, dass Weinen ihnen hilft mit Problemen umzugehen. Seelisch besser nach dem Weinen f€hlten sich bei den Dissoziativen mehrheitlich die "Viel-Weiner", bei der somatoformen Gruppe die "Wenig-Weiner". Diese Verteilung zeigte sich auch bei der Frage, ob kƒrperliche Beschwerden besser sind nach dem Weinen. •berraschend war die Auswertung der Aussage, dass man sich nach dem Weinen oft schlechter f€hlt als zuvor. In beiden Diagnosegruppen (mit Dissoziation und somatoformer Stƒrung) gaben die Probanden, die "viel" weinen, deutlich ƒfter an, dass diese Aussage zutrifft, als Patienten die "wenig" weinen. In den Regressionen zeigte sich ebenfalls, dass Weinen keinen protektiven Einfluss auf eine Dissoziation oder somatoforme Stƒrung besitzt. Bei der Frage nach einem Zusammenhang von somatoformer Stƒrung und Dissoziation erwiesen sich unsere Ergebnisse als sehr eindeutig. Patienten mit einer somatoformen Stƒrung zeigten mit Abstand das hƒchste gleichzeitige Vorhandensein einer Dissoziation, sowohl nach Berechnungen der FDS als auch der DES. Auch die Regressionen zeigten eindrucksvoll mit hochsignifikanten Ergebnissen, dass Dissoziation und Somatisierung eng miteinander verkn€pft sind. 144 6. Literatur 1 Atlas JA, Wolfson MA, Lipschitz DS (1995) Dissociation and somatization in adolescent inpatients with and without history of abuse. 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Hansjörg Rupp, Arzt für Allgemeinmedizin Geschwister: eine Schwester, Gudrun, geboren 1975, freie Schriftstellerin und Übersetzerin Schulische Ausbildung: 08/1986-07/1990 Grundschule Weststadt in Ravensburg 08/1990-06/1999 Albert-Einstein-Gymnasium Ravensburg 21.06.1999 Erlangung der allgemeinen Hochschulreife Studium der Humanmedizin an der Albert- Ludwigs-Universität Freiburg: 10/1999-05/2006 21.03.2002 Ärztliche Vorprüfung 16.04.2003 1. Staatsexamen 01.04.2005 2. Staatsexamen 04/2005-02/2006 Ausübung des Praktischen Jahres 11.05.2006 3. Staatsexamen ab 18.09.2006: Assistenzärztin im Hegau-Klinikum-Singen, Abteilung Pädiatrie ab 09.11.2007 in Mutterschutz und Elternzeit seit 01.03.2009: Assistenzärztin im Florence Nightingale Klinikum Kaiserswerth, Abteilung Pädiatrie