B M Z E VA LU I E R U N G S B E R I C H T E 0 5 3 Entwicklungspolitische Projekte der Rhein-Donau-Stiftung Kurzfassung der Evaluierung 2 ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG Vorwort Seit Ende der 1980er Jahre fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Projekte der Rhein-Donau-Stiftung e.V. (RDS) in Entwicklungsländern. Nachdem Ende 2008 die Medien und der Deutsche Bundestag die Nähe der Rhein-Donau-Stiftung zur katholischen Personalprälatur Opus Dei thematisiert hatten, beauftragte das BMZ eine unabhängige Evaluierung von ausgewählten entwicklungspolitischen Projekten der RDS. Die Evaluierung hatte zum Ziel, die Vereinbarkeit der RDS-Maßnahmen mit den Förderrichtlinien und den Grundsätzen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu überprüfen und dabei zu berücksichtigen, dass Maßnahmen im Bereich der kirchlichen Verkündigung von der Förderung ausgeschlossen sind. Von besonderer Bedeutung war auch, ob diese Maßnahmen dem menschenrechtsbasierten Ansatz in der deutschen EZ entsprachen. Die Untersuchung diente als objektive Grundlage für die Entscheidung, ob das BMZ auch in Zukunft RDS-Projekte fördert. Die Evaluierung untersuchte exemplarisch fünf repräsentative Projekte der RDS in der DR Kongo, in Uruguay, Argentinien und in Peru. Diese befassen sich mit Gesundheit, beruflicher Bildung und Agrarförderung, den Schwerpunkten von RDS-Maßnahmen. Ein Gutachterteam der FAKT Beratung für Management, Bildung und Technologien GmbH unter Leitung von Annette Schmidt führte die Untersuchung durch und schloss sie im November 2010 ab. Für das BMZ-Management des Evaluierungsprozesses verantwortlich waren Rita Walraf und Frank Schwarzbeck. Die in dieser Untersuchung vertretenen Auffassungen sind die Meinung des unabhängigen externen Evaluierungsteams und entsprechen nicht notwendigerweise der des BMZ. Am Ende dieser Kurzfassung findet sich eine fachliche Stellungnahme des BMZ. Diese Kurzfassung ist online verfügbar unter http://www.bmz.de/de/publikationen/reihen/ index.html#evaluierungen. Sie sollte wie folgt zitiert werden: Schmidt, A. et al. (2011): Entwicklungspolitische Projekte der Rhein-Donau-Stiftung. Evaluierungsberichte 053. Bonn: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Langfassung des Syntheseberichts und die Projektfallstudien können beim BMZ-Referat „Evaluierung der Entwicklungszusammenarbeit; Außenrevision“ angefordert werden. Michaela Zintl Leiterin des Referats „Evaluierung der Entwicklungszusammenarbeit; Außenrevision“ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 3 ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG Zusammenfassung 1. HINTERGRUND Seit Ende der 1980er Jahre fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Arbeit der Rhein-Donau-Stiftung e. V. (RDS) gemäß den Förderrichtlinien für private deutsche Träger. In den vergangenen zehn Jahren erhielt die Stiftung circa 1,6 Millionen Euro Zuwendungen des BMZ. Sie wurde 1977 mit dem Ziel gegründet, privates unternehmerisches Handeln in Wissenschaft und Bildung zu fördern. Zu diesem Zweck arbeitet die Stiftung primär im Bereich Bildung und Ausbildung in Lateinamerika, Afrika und Asien. Die Arbeit der RDS ist nach eigenen Angaben christlich orientiert. Dabei beruft sie sich auf Aussagen des Heiligen Josemaría Escrivá, Gründer der katholischen Personalprälatur Opus Dei. Nachdem Ende 2008 sowohl die Medien als auch der Deutsche Bundestag diese Nähe der Rhein-DonauStiftung zur katholischen Personalprälatur Opus Dei thematisiert hatten, beauftragte das BMZ eine unabhängige Evaluierung, um die Vereinbarkeit der Maßnahmen der RDS mit den Förderrichtlinien und den Grundsätzen deutscher Entwicklungszusammenarbeit zu überprüfen und dabei zu berücksichtigen, dass Maßnahmen im Bereich der kirchlichen Verkündigung von der Förderung ausgeschlossen sind. Von besonderer Bedeutung war auch, ob diese Maßnahmen dem menschenrechtsbasierten Ansatz der deutschen EZ entsprachen. Die Untersuchung sollte als objektive Grundlage für die Entscheidung über eine weitere Förderung der RDS dienen. Es war nicht Ziel, das Opus Dei an sich zu untersuchen, sondern fünf konkrete Vorhaben der RDS vor Ort zu evaluieren. Diese waren: — Demokratische Republik Kongo/Kinshasa: „Verbesserung der Gesundheit von Müttern und Kleinkindern“ (Unterstützung eines Kran- kenhauses und Bau eines Schwesternschülerinnenwohnheims), durchgeführt von der Partnerorganisation Centre Congolais de Culture, de Formation et de Développement (CECFOR). (Einmalige Zuwendung von circa 450.000 Euro in den Jahren 2006 bis 2009) — Argentinien/Santo Tomé: „Verbesserung der Zugangschancen zum Arbeitsmarkt für Frauen“ (Krankenschwesterausbildung), durchgeführt von der Partnerorganisation Instituto Tecnólogico Irupé, in Trägerschaft des örtlichen Bistums. (Einmalige Zuwendung von circa 150.000 Euro in den Jahren 2006 bis 2007) — Argentinien/Rosario: „Erweiterung eines Jugendbildungszentrums und Ergänzung um berufliche Ausbildung im Stadtrandgebiet von Rosario“ (Hausaufgabenbetreuung und Berufsausbildung), durchgeführt von der Partnerorganisation Asociación Rosarina de Ayuda Solidaria (ARAS). (Einmalige Zuwendung von circa 417.000 Euro in den Jahren 2008 bis 2010) — Uruguay/Montevideo: „Bau eines Centro Educativo mit Werkstätten“ (Hausaufgabenbetreuung und Berufsausbildung), durchgeführt von der Partnerorganisation Asociación Cultural y Técnica (ACT). (Einmalige Zuwendung von circa 417.000 Euro in den Jahren 2001 bis 2004) — Peru/Cañete/Valle Grande: „Ökologischer Anbau von Medizinalpflanzen“, durchgeführt von der Partnerorganisation Promotora de Obras Sociales y de Instrucción Popular (PROSIP). (Einmalige Zuwendung von circa 133.000 Euro in den Jahren 2004 bis 2006) 4 ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG Im Juli und August 2010 evaluierten jeweils ein deutscher Gutachter bzw. eine Gutachterin, begleitet von lokalen Gutachtern, die fünf Vorhaben in den vier Ländern. Vor Ort führten sie Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern von zahlreichen Institutionen und nahmen die Projekte in Augenschein. Die Interviews befassten sich mit — der Bewertung der entwicklungspolitischen Wirksamkeit, — der Beachtung der Menschenrechte und Gleichberechtigung der Geschlechter, — dem Zugang zu den Projektleistungen und — der Beachtung des Verbots kirchlicher Verkündigung. Für jedes Vorhaben wurde ein Fallstudienbericht erstellt, lediglich die beiden ähnlichen Vorhaben in Rosario und Montevideo sind in einem Bericht zusammengefasst. 2. WESENTLICHE FESTSTELLUNGEN UND SCHLUSSFOLGERUNGEN Entwicklungspolitische Wirksamkeit Für alle Vorhaben gilt gleichermaßen, dass ihre Konzeptionen kohärent, schlüssig und überzeugend sind. Die übergeordneten entwicklungspolitischen Wirkungen aller Vorhaben stehen im Einklang mit den nationalen und sektoralen Strategien der Partnerländer, mit den Millenniumszielen und mit den Zielen der deutschen Entwicklungspolitik. Der Nachweis, dass die Vorhaben tatsächlich zu Veränderungen auf einer übergeordneten Wirkungsebene beitragen können, ist aufgrund des geringen Umfangs der Vorhaben nicht zu erbringen, es scheint aber plausibel. Nachweisbar sind hingegen die direkten Wirkungen. So hat sich vor allem die wirtschaftliche Situation der vorwiegend aus armen Verhältnissen stammenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Ausbildungsprojekten deutlich verbessert. Sie fanden zu einem sehr großen Teil nach Abschluss der Ausbildung eine feste Anstellung. Das Vorhaben in Peru trägt dazu bei, dass durch den Anbau und das Sammeln von Heilkräutern arme Familien mit kleinen Anbauflächen einen zusätzlichen Verdienst erzielen. Die Hausaufgabenbetreuung in Rosario und Montevideo führt dazu, dass sich die Schulleistungen von Kindern aus schwierigen Verhältnissen deutlich verbessern und die Schulabbrecherquote zurückgeht. Überzeugend ist auch das Finanzierungssystem des Krankenhauses in Kinshasa. Gängige Praxis in der DR Kongo ist es, dass Patientinnen und Patienten erst die Arztrechnung begleichen müssen, bevor sie untersucht und behandelt werden. Anders im Centre Hospitalier de Monkolé: Dort wird zunächst jede Person sofort und gleich gut behandelt und muss erst anschließend – je nach finanzieller Situation in eine von vier Kategorien eingeteilt – entsprechend ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten die Rechnung begleichen. Auf diese Weise zahlen arme und bedürftige Menschen relativ wenig, wohlhabendere und reiche Patientinnen und Patienten dafür umso mehr. Die Leistungen, die im Rahmen der Projekte geplant waren, zum Teil Baumaßnahmen, zum Teil inhaltliche Unterstützung, wurden generell in sehr guter Qualität erbracht. Alle fünf Projektpartner genießen unter Fachleuten, das heißt den Experten und Expertinnen für Bildung, Gesundheit und Landwirtschaft, den Vertreterinnen und Vertretern der lokalen Verwaltungen und den lokalen und nationalen Regierungen ein uneingeschränkt hohes Ansehen. Den Einrichtungen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden große Professionalität, überdurchschnittliches Engagement und vorbildliche Leistungen attestiert. Auch die Begünstigten, das heißt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den (berufsbildenden) Kursen, die Schülerinnen und Schüler und die Patientinnen und Patienten sind mit den Angeboten sehr zufrieden und identifizieren sich stark mit den 5 ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG Institutionen. In vielen Bereichen kann die Nachfrage kaum gedeckt werden. Es gibt aber auch manche kritische Stimmen bezüglich der Opus Dei-Nähe allgemein und dem eingeschränkten Zugang von Mädchen und Frauen zu einigen Projektleistungen. Nachhaltigkeit Neben den Aspekten Relevanz, Effektivität und Wirkungen stellt die Evaluierung den Vorhaben auch in Bezug auf die wirtschaftliche Nachhaltigkeit gute Noten aus, zum Teil jedoch mit Abstrichen. Dank der vielfältigen Verflechtungen der Berufsbildungsprojekte in Rosario und Montevideo mit Firmen, deren Besitzer entweder dem Opus Dei angehören, ihm nahe stehen oder zumindest dessen Arbeit sehr schätzen, scheint die Finanzierung der Einrichtungen auch langfristig gesichert. Außerdem erhalten sie staatliche Unterstützung für die Kurse, ebenso wie die Krankenschwesterschule in Santo Tomé. Das Krankenhaus in Kinshasa hingegen wird sich vermutlich auf absehbare Zeit nicht alleine tragen können und weiterhin auf ausländische Zuschüsse angewiesen sein. Grund dafür ist der sehr hohe Anteil an bedürftigen Patientinnen und Patienten, die nichts oder nur wenig für die Behandlungen bezahlen. Auch die Anzahl der Stipendien, die ausschlaggebend dafür ist, dass junge Frauen aus armen Verhältnissen an der Pflegehochschule in Kinshasa studieren können, schwankt und ist von allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen abhängig. Bei dem Vorhaben in Peru ist die wirtschaftliche Nachhaltigkeit gesichert, allerdings sind die Bäuerinnen und Bauern, die sich auf den Anbau von Medizinalpflanzen spezialisiert haben, bei der Vermarktung noch immer auf das landwirtschaftliche Institut angewiesen. Die Bauernorganisation konnte bislang keinen direkten Kontakt zu der Aufkäuferfirma knüpfen und auch keine Erfahrungen in Verkaufsverhandlungen sammeln. Die Vermarktung läuft ausschließlich über den Projektträger. Sollte sich dieser aus der Vermittlerrolle zurückziehen, wäre die Bauernorganisation nicht in der Lage, diese Aufgaben zu übernehmen. Einhaltung der Menschenrechte Alle fünf Vorhaben stehen auf unterschiedliche Art und Weise in Verbindung mit dem Opus Dei. Eine Ausnahme bildet die Krankenpflegeschule in Santo Tomé, die zwar von einem Opus Dei-Bischof gegründet wurde, seit dessen Wegzug aus der Provinz aber keine enge Beziehung mehr zum Opus Dei pflegt. Die anderen vier Einrichtungen werden von Opus Dei-Mitgliedern geleitet. Im Sprachgebrauch der Personalprälatur gelten die Einrichtungen in Kinshasa, Montevideo und Peru als korporative Werke des Opus Dei. Das bedeutet, dass sie von Opus DeiMitgliedern geführt werden und dass Opus Dei für deren Qualität und christliche Orientierung bürgt. Träger sind aber nicht-kirchliche Vereine, die sich vor allem um die Finanzierung kümmern, denn diese wird nicht vom Opus Dei übernommen. Das Vorhaben in Rosario gilt nicht als korporatives Werk, sondern ist lediglich eine Initiative einzelner Opus Dei-Mitglieder. Die Schwesternschule in Kinshasa und das Jugendbildungszentrum in Rosario informieren die Öffentlichkeit nach Auffassung des Evaluierungsteams nicht ausreichend über ihre religiöse Ausrichtung. Dies gilt eingeschränkt auch für das Jugendbildungszentrum in Montevideo. Das BMZ hat sich verpflichtet, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit auf die Einhaltung der Menschenrechte zu achten. Bei dieser Evaluierung war die Frage von besonderer Bedeutung, ob in den untersuchten Projekten jemand aufgrund seines Geschlechts oder seiner Religion diskriminiert wird. Die Gutachterteams schenkten der Frage nach dem Zugang zu den Einrichtungen auch für Konfessionslose und Mitglieder anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften besondere Beachtung, konnten aber keine Verstöße feststellen. Schüler, Berufsschülerinnen, Patientinnen, Bauern und Bäuerinnen aller Glaubensrichtungen sind in den Einrichtungen willkommen, niemand wird aufgrund seiner Glaubenszugehörigkeit bevorzugt oder benachteiligt, niemandem wird die Konversion zur katholischen Kirche oder zum Opus Dei nahe gelegt. Dies gilt auch für die Beschäftigten der Einrichtungen. 6 ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG Folgende zwei Aspekte schränken diese Eindrücke allerdings ein: a) Geschlechtergerechter Zugang zu Bildungseinrichtungen Die Hausaufgabenbetreuung in Rosario richtet sich ausschließlich an Jungen. Einige Mädchen können lediglich einmal in der Woche in der gleichen Einrichtung betreut werden oder eine kleinere Einrichtung eines anderen privaten Trägers besuchen. Diese Angebote sind jedoch nicht gleichwertig zu den Angeboten für Jungen. In Montevideo bietet zwar eine Paralleleinrichtung des Opus Dei Mädchen Hausaufgabenbetreuung an, aber junge Frauen haben lediglich zu einem der drei berufsbildenden Kurse Zugang. Mit dieser strengen Geschlechtertrennung gehen die beiden Einrichtungen konform mit anderen dem Opus Dei nahe stehenden Bildungseinrichtungen, die sich zum überwiegenden Teil immer nur an ein Geschlecht richten. Sie stoßen damit bei vielen Gesprächspartnern vor Ort auf Kritik, die die Monoedukation und die damit einhergehenden Zugangsbeschränkungen für Mädchen und junge Frauen für antiquiert und wenig dienlich halten, um die Gleichberechtigung der Geschlechter voranzubringen. b) Umgang mit dem Thema Verhütung In den beiden Gesundheits-Projekten in Kinshasa und Santo Tomé stellt sich insbesondere die Frage nach dem Recht auf Gesundheit. Die beiden Vorhaben leisten einen wesentlichen Beitrag zur Beachtung der Menschenrechte in diesem Bereich, allerdings stellt der Zugang zu Verhütungsmitteln ein Problem dar: Das Recht auf Gesundheit impliziert gemäß dem Menschenrechtsansatz des BMZ auch das Unterlassen von Maßnahmen, die den Zugang zu Verhütungsmitteln beschränken. In Projekten, die der katholischen Kirche und dem Opus Dei nahe stehen, wird in der Regel eine restriktive Einstellung zum Thema Verhütung vertreten. In den beiden Vorhaben der Krankenschwesternausbildung erhal- ten die Schülerinnen dennoch umfassende Informationen über die verschiedenen Verhütungsmethoden. Im Hinblick auf Verhütung und den Schutz vor HIV/AIDS im Krankenhaus in Kinshasa klärt das Personal des Krankenhauses zwar über die verschiedenen Methoden auf, favorisiert jedoch Abstinenz, eheliche Treue und natürliche Verhütungsmethoden. Das Krankenhaus behindert nicht den Zugang zu Verhütungsmitteln, sieht sich aber auch nicht verpflichtet, den Patientinnen und Patienten aktiv einen Zugang zu diesen zu verschaffen. Dennoch unterstützt der „Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria“ (GFATM) das Krankenhaus als wichtigen Partner bei der Bekämpfung und Behandlung von HIV/AIDS. Indes verstoßen die Projekte im Bereich Verhütung nicht gegen die Menschenrechte, denn das Nichtverteilen von Verhütungsmitteln in einem Krankenhaus kann nicht als eine Maßnahme bezeichnet werden, die den Zugang zu Verhütungsmitteln beschränkt. Kritischer ist allerdings die Frage zu bewerten, ob die Maßnahme sich in diesem Aspekt im Einklang mit der Position der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit befindet, denn diese geht wesentlich weiter als der Menschenrechtsansatz. Hier gilt: Programme und Ansätze, die sich ausschließlich auf Enthaltsamkeit und Treue konzentrieren („abstinence only“, „altersgemäßer Zugang“), werden auch in Bezug auf Jugendliche als eine Einschränkung des Rechts auf Information betrachtet, die ebenso unangemessen wie wissenschaftlich anfechtbar ist und die Möglichkeit der Selbstbestimmung unter Umständen massiv beeinträchtigt. In dieser Hinsicht steht das Vorgehen im Krankenhaus nicht im Einklang mit der Position des BMZ. Kirchliche Verkündigung Weiterhin gingen die Gutachterteams intensiv der Frage nach der kirchlichen Verkündigung in den Vorhaben nach. Sie konnten in keinem der Projekte Aktivitäten feststellen, die dem Verbot der kirchlichen Verkündigung widersprechen und die über 7 ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG den Rahmen dessen hinausgehen, was in Ländern wie der DR Kongo, Peru, Argentinien oder Uruguay an religiösen Praktiken üblich ist. Das heißt zum Beispiel, dass in den beiden Krankenschwesternschulen ein verpflichtender Religionsunterricht stattfindet, der aber im gesamten Lehrplan eine untergeordnete Rolle spielt. In allen Interviews versicherten die Gesprächspartnerinnen und -partner, dass ihnen keine Verkündigungsaktivitäten innerhalb der Einrichtungen bekannt seien. Weder die Schülerinnen und Schüler noch die Bäuerinnen und Bauern oder die Kinder werden zu religiösen Gesprächskreisen oder ähnlichen Veranstaltungen eingeladen. Dies bestätigten auch einige Interviewpartnerinnen aus dem laizistischen Uruguay, die dem Opus Dei sehr kritisch gegenüber stehen. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Proselytismus betrieben wird, es werden also keine Projektbegünstigten für das Opus Dei angeworben. Fazit Die Ergebnisse der Untersuchung führen zu dem eindeutigen Schluss, dass die Arbeit der RDS-Projektpartner dem entwicklungspolitischen Interesse der Bundesregierung entspricht. Auch wenn es einige Schwächen bei der Projektkonzeption (Verhütung und Zugang zu Bildung für Mädchen und Frauen), dem Monitoring und der Umsetzung (Partizipation im Medizinalpflanzenprojekt) gibt, so überwiegen die positiven Ergebnisse und Wirkungen bei weitem. Die Projekte berücksichtigen die im Koalitionsvertrag vom 26.10.2009 primär genannten Schlüsselsektoren Bildung/Ausbildung, Gesundheit und ländliche Entwicklung. Sie richten sich vor allem an arme Bevölkerungsgruppen und verbessern nachhaltig deren wirtschaftliche und soziale Situation. Eine Zugangsbeschränkung zu den Projektleistungen aufgrund der Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft konnte das Evaluierungsteam nicht konstatieren. Die Menschenrechte wurden beachtet. Es gibt keine Hinweise darauf, dass in einem der Vorhaben gegen das Verbot der kirchlichen Verkündigung verstoßen wurde. 3. EMPFEHLUNGEN Für die Optimierung der untersuchten Projekte gibt die Evaluierung unter anderem folgende Empfehlungen: Verbesserung der Gesundheit von Müttern und Kleinkindern (DR Kongo) — Ein lokales Referenzkrankenhaus wie das Krankenhaus Centre Hospitalier de Monkolé sollte über die unterschiedlichen Methoden der Empfängnisverhütung nicht nur informieren, sondern auch Verhütungsmittel anbieten, wenn sie gewünscht werden. — Auf die ökologische und damit auch betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeit der Betriebskonzepte sollte in Zukunft besser geachtet werden. — Die Pflegehochschule sollte noch aktiver nach Stipendien für bedürftige junge Frauen aus der Provinz suchen, auch um die Kapazität des Schwesternwohnheims besser auszulasten. — Das Monitoringsystem sollte klarer strukturiert werden, quantitative und qualitative Indikatoren aufweisen, die Zuordnung von Wirkungen erlauben und analytisch genutzt werden. Verbesserung der Zugangschancen zum Arbeitsmarkt für Frauen (Argentinien) — Der Schulleitung wird nahegelegt, die Suche nach Stipendien für bedürftige junge Frauen und Männer zu intensivieren. — Die Verhandlungen mit dem Management des Krankenhauses in Santo Tomé sollen intensiv weitergeführt werden, damit die Krankenschwesternschülerinnen und die Pflegerschüler für ihr Krankenhauspraktikum im letzten Ausbildungsjahr eine Bezahlung erhalten. Zentren für außerschulische und berufliche Bildung (Uruguay und Argentinien) — Die Gründung einer Einrichtung zur Hausaufgabenbetreuung für Mädchen in Cuatro Vientos (Rosario) sollte zügig vorangetrieben wer- 8 — — ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG den. Ist dies nicht möglich, dann sollte die bereits bestehende Einrichtung auch für Mädchen geöffnet werden. Die berufsbildenden Kurse in Los Pinos (Montevideo) sollten auch für junge Frauen geöffnet werden. Die Verbindung der Einrichtungen zum Opus Dei sollte besser kommuniziert werden, damit die Begünstigten wissen, dass es sich um eine Einrichtung dieser kirchlichen Ausrichtung handelt und sie sich auf dieser Wissensbasis aktiv für oder gegen die Einrichtung entscheiden können. Ökologischer Anbau von Medizinalpflanzen (Peru) — Zur Verbesserung der Partizipation der Zielgruppen und der Nachhaltigkeit des Vorhabens sollte in Zukunft der Ausbildung der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Bezug auf die Organisation und Finanzsteuerung der Sammlung, Verarbeitung und Vermarktung vor Ort größere Beachtung geschenkt werden. 9 ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG Fachliche Stellungnahme des BMZ Das BMZ teilt überwiegend die im Evaluierungsbericht dargelegten Beobachtungen, kritischen Bemerkungen und Empfehlungen. Der Bericht bietet der Rhein-Donau-Stiftung wertvolle Hinweise nicht nur für die evaluierten überwiegend abgeschlossenen Vorhaben, sondern auch für die Konzeption und Durchführung künftiger Maßnahmen. Auch dem BMZ bietet der Bericht wichtige Unterstützung bei der Prüfung und Kontrolle von NRO-Vorhaben über die RDS hinaus. Kein Projekt der Rhein-Donau-Stiftung verstößt gegen das Verbot der kirchlichen Verkündigung. Die Förderung der RDS durch das BMZ wird daher wieder aufgenommen. Die positiven Eindrücke der evaluierten Vorhaben überwiegen deutlich. Dennoch gibt es Abstriche. Diese führen zu folgenden Aufla- gen des BMZ, die mit der Weiterförderung der RDS verknüpft werden: — keine Unterstützung von Vorhaben der Monoedukation, sofern nicht vergleichbare Einrichtungen für das jeweils andere Geschlecht bestehen — vom BMZ geförderte Einrichtungen müssen ihre Verbindung zu Opus Dei für die Zielgruppe durchgehend transparent machen und — Maßnahmen im Bereich der reproduktiven Gesundheit und Familienplanung müssen sich im Einklang mit der Position des BMZ befinden. Einzelne Schwächen bei Partizipation und Nachhaltigkeit der geprüften Projekte werden zum Anlass genommen, neue Projektanträge hierauf kritisch zu beleuchten. 10 ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PROJEKTE DER RHEIN-DONAU-STIFTUNG IMPRESSUM Herausgeber Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit Redaktion BMZ, Referat Evaluierung der Entwicklungszusammenarbeit; Außenrevision to the point communication, Königswinter Gestaltung und Korrektorat BLOCK DESIGN Kommunikation & Werbung, Berlin Stand Februar 2011 Postanschriften der Dienstsitze BMZ Bonn BMZ Berlin | im Europahaus Dahlmannstraße 4 Stresemannstraße 94 53113 Bonn 10963 Berlin Tel. + 49 (0) 228 99 535 - 0 Tel. +49 (0) 30 18 535 - 0 Fax + 49 (0) 228 99 535 - 3500 Fax +49 (0) 30 18 535 - 2501 [email protected] www.bmz.de