NACHRICHTEN UND TERMINE AUS IHREM LANDESVERBAND REGIONAL Liebe Leser, liebe Mitglieder, diese erste mobil-Ausgabe des Jahres 2017 beginnt mit einem Glückwunsch. Vor kurzem haben die Delegierten des Bundesverbandes der Deutschen Rheuma-Liga die bisherige Vizepräsidentin Rotraut Schmale-Grede zur neuen Präsidentin gewählt. Sie folgt auf Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, die sich acht Jahre in diesem Ehrenamt engagiert hat und der ich für die gute Zusammenarbeit in der Rheuma-Liga sehr herzlich danke. Ebenfalls in den Vorstand des Bundesverbandes wurde Dr. Matthias -PFALZ RHEINLAND Schmidt-Ohlemann gewählt, der auch ein langjähriges Mitglied des Beirats unseres Landesverbandes ist (dazu mehr auf Seite VIII). Meine Glückwünsche an ihn, an Rotraut Schmale-Grede und die anderen Vorstandsmitglieder des Bundesverbandes verbinde ich mit dem Dank für ihre Bereitschaft, sich ehrenamtlich für rheumakranke Menschen einzusetzen. In diesem Heft geht es auch um ein Thema, mit dem die meisten unserer Mitglieder wohl kaum vertraut sind: die Selbsthilfeförderung durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Die Krankenkassen fördern die gesundheits- Ausgabe 1•2017 bezogene Selbsthilfe vor Ort; lesen Sie dazu mehr im Interview auf Seite V. Die dafür notwendigen Anträge stellen bei der Rheuma-Liga die Vorstände der örtlichen Arbeitsgemeinschaften – auch dies ist Teil ihres Engagements im Ehrenamt. Ich danke der GKVGemeinschaftsförderung Selbsthilfe Rheinland-Pfalz für diese wichtige Unterstützung unserer Selbsthilfearbeit. Ihr Dr. Ulf Droste (Präsident) Die Rheuma-Liga Rheinland-Pfalz bietet bereits in einigen örtlichen Arbeitsgemeinschaften ein Trainingsprogramm zum Muskelaufbau für rheumakranke Menschen an. Wir haben das Programm in mobil 5/2016 vorgestellt. Im folgenden Interview beantwortet der orthopädische Rheumatologe Prof. Dr. med. Stefan Sell Fragen zu diesem Thema. Herr Professor Sell, warum sollte – ganz allgemein gefragt – ein rheumakranker Mensch Muskelaufbautraining machen? Das Muskelaufbautraining ist eine bei rheumatischen Erkrankungen etablierte und anerkannte Form der Therapie. Zum einen hilft ein solches Training, wenn es richtig durchgeführt wird, die Gelenke zu schützen. Es wirkt sich positiv auf die Schmerz- und Belastungssituation der Teilnehmer aus. Wichtig ist auch, dass – falls eine Operation erforderlich wird – ein Patient, der am Muskelauf1 • 2017 mobil bautraining teilnimmt, sehr viel besser auf die Operation vorbereitet ist. Wie lässt sich das Muskelaufbautraining sinnvoll in die Therapie und den Alltag rheumakranker Menschen integrieren? Im akuten Stadium einer Erkrankung ist die Behandlung etwa eines betroffenen Gelenks durch Physiotherapeuten wichtig. Wenn es im nächsten Stadium besser geht, hat der Patient verschiedene Möglichkeiten – dazu zählt auch das Funktionstraining bei der Rheuma-Liga. Je aktiver ein Patient ist, um so eher kann man mit dem Muskelaufbautraining beginnen. Diese Therapie erfolgt meist unter Anleitung insbesondere von Physiotherapeuten. Aber viele Patienten möchten, aus zeitlichen oder anderen Gründen, solche Aktivitäten gern in ihr eigenes Trainingsprogramm einbauen. Das war für mich auch ein wichtiger Grund, das Buch (s. „Ratgeber“ auf Seite III) zu schreiben: Beim Muskel- aufbautraining helfen 10 Minuten täglich oft besser als eine Stunde einmal pro Woche. Wichtig ist, das Training regelmäßig und konsequent durchzuführen – und vielen fällt es leichter, kurze Trainingseinheiten, wenn sie richtig erlernt sind, „nebenbei“ in ihren Tagesablauf einzubauen. Rhein land-Pfal z Bewegung ohne (zu) starke Belastung Muskelaufbautraining: Interview mit Prof. Dr. Stefan Sell Prof. Dr. med. Stefan Sell ➤ I Ist das Training für jeden sinnvoll, oder nur bei bestimmten Erkrankungen? Im Prinzip ist das Muskelaufbautraining bei jeder rheumatischen Erkrankung sinnvoll. Aber es muss natürlich an die individuelle Situation angepasst werden und ist je nach Erkrankung unterschiedlich strukturiert. Wenn Sie infolge einer rheumatischen Erkrankung ein akut entzündetes Gelenk haben, ist es zunächst wichtig, dass diese Entzündung zurückgeht – dann erst starten Sie mit dem Training. Ein wichtiges Kriterium ist der Grad der Betroffenheit des Gelenks. Wenn die Erkrankung noch keine Spuren im Gelenk hinterlassen hat, brauchen Sie ein anderes Aufbautraining als bei einem bereits stark geschädigten Gelenk. Diese Faktoren beeinflussen die Gestaltung des Trainingsprogramms. Aber es ist bei allen Erkrankungen eine sinnvolle Maßnahme. Wirkt sich regelmäßige Bewegung wie beim Aufbautraining auch bei Erkrankungen wie Fibromyalgie aus? Ja, das Muskelaufbautraining ist auch hier sinnvoll, zumal bei Fibromyalgie jede Form der Operation eher zurückhaltend oder mit Skepsis gesehen wird. Deswegen ist das muskuläre Training eine der wesentlichen Möglichkeiten, den Patienten zu helfen. Wer am Funktionstraining der RheumaLiga teilnimmt, trainiert bei der Warm- Rhei nlan d-Pfalz Zur Person: II Prof. Dr. med. Stefan Sell ist seit 2015 Chefarzt und Direktor des Gelenkzentrums Schwarzwald in Neuenbürg. Außerdem leitet er den Lehrstuhl für Sportorthopädie und Belastungsanalyse am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), einer Universität des Landes Baden-Württemberg. Prof. Sell ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Schwerpunkt Rheumatologie und verfügt über die Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Handchirurgie, Chirotherapie, Physikalische Therapie und Rehabilitative Medizin. Zudem engagiert er sich ehrenamtlich in der Deutschen Rheuma-Liga, er ist Mitglied des Vorstands des Landesverbandes Baden-Württemberg. wasser- oder Trockengymnastik – ist das Muskelaufbautraining eher eine Ergänzung oder eine Alternative? Da muss man jeden Einzelfall individuell betrachten und auch die Entscheidung im einzelnen Fall treffen. Ich glaube, dass es eine ganze Reihe von Patienten gibt, die mit dem Funktionstraining schon ausreichend viel machen. Aber andere Patienten brauchen mehr; das hängt auch davon ab, welche Anforderungen man an die eigene Lebensqualität stellt. Kann man auch bei rheumatischen Erkrankungen „trainieren statt operieren“? In vielen Fällen ist eine Operation doch sinnvoll oder notwendig. Eine wesentliche Aufgabe von uns Orthopäden ist ja, das Muskelaufbautraining ist nicht nur gesundheitsrichtige Timing für den Patien- fördernd, sondern macht – besonders gemeinsam ten zu finden – die richtige Maß- mit anderen – auch Spaß. nahme zum richtigen Zeitpunkt. Ich habe viele Patienten, deren Gelenke Schub bewirken kann, ist eine zu hohe Beschon weit zerstört sind, die aber noch nicht lastung. Wenn ich etwa bei einer Arthrose bereit für die OP und auch psychisch noch die Belastung zu hoch fahre, kann ich ein nicht auf sie eingestellt sind. Solange das Gelenk dadurch stark reizen. Das muss ich nicht der Fall ist, ist eine konservative The- vermeiden – deshalb gilt es, das Training rapie sinnvoller. Wenn ich aber einen Pa- mit relativ wenig Belastung durchzuführen. Übrigens untersuchen wir derzeit am tienten möglichst frühzeitig überzeugt habe, dass Training ein wichtiger Bestandteil KIT (s. Kasten links) mit Hochleistungsseines Lebens ist, und er muss dann eines sportlern, ob bei aktiven Arthrosepatienten Tages doch operiert werden, dann kommt er mit höheren Gewichten ein schnellerer in einem viel besseren Zustand zu mir. Ist er Muskelaufbau gelingt. Zu möglichen Erüberzeugt und auch muskulär vorbereitet, gebnissen kann ich Ihnen vermutlich in geht er besser mit mir durch die Operation. einem halben Jahr mehr sagen. Wir verIch merke das deutlich, der Unterschied suchen, die Erkenntnisse aus dieser Studie zwischen trainierten und untrainierten Pa- auf das Training für Menschen mit rheumatienten ist dabei groß. Auch in der Reha tischen Erkrankungen zu übertragen. nach einer Operation werden trainierte Wenn ich eine Arthrose habe – macht Patienten deutlich schneller wieder fit. Sport bzw. Training meine Situation nicht Manchmal ist es erstaunlich zu sehen, wie noch schlimmer? schnell das bei einem vortrainierten Men- Nein, aber auch hier gilt, dass die Gelenke schen geht, während Untrainierte deutlich nicht übermäßig belastet werden dürfen. Wenn wir beispielsweise jemanden aufs länger brauchen. Wie ist es in einer akuten Schubphase: Fahrrad setzen, wird er, je gereizter sein GeKann Muskelaufbautraining einen Schub lenk ist, um so weniger Widerstand auf auslösen? Und sollte man in einer sol- dem Rad wählen. Wenn er merkt, dass das chen Phase oder bei einer aktivierten Ar- betreffende Gelenk weniger gereizt ist, kann er den Widerstand erhöhen, was eithrose die Muskulatur belasten? Nein, das Muskelaufbautraining allein löst nen schnelleren und besseren Muskelaufkeinen Schub aus. Was natürlich einen bau bedeutet. mobil 1 • 2017 Ratgeber: Das Buch „Hausaufgaben für Patienten mit Arthrose“ von Prof. Sell haben wir in mobil Rheinland-Pfalz 5/2016 vorgestellt. Neben Informationen über Diagnose und Therapie bietet es eine Checkliste, mit der man geeignete Übungen finden kann. Mit zahlreichen Abbildungen zeigt das Buch dann praktische Heimübungen zur Schmerzreduktion und Muskelkräftigung, für Beweglichkeit und Koordination. Prof. Dr. Stefan Sell u. a.: Hausaufgaben für Patienten mit Arthrose (Band 1): Übungen bei Arthrose der Knie- und Hüftgelenke – ISBN 978-3-7780-1471-4 (14,90 Euro) Leseprobe: www.sportfachbuch.de/pdfs/1471.pdf Vortrag: In diesem Jahr ist eine Informationsveranstaltung mit Prof. Sell in RheinlandPfalz geplant. Dabei soll es vor allem um das Thema Bewegung bei Rheuma und speziell um das Muskelaufbautraining gehen. Noch sind wir in der Vorplanung, wir werden Sie in „mobil“ bzw. im Infoverteiler über den Termin informieren. sam mit dem betreuenden Therapeuten wird analysiert, warum dieser Schmerz auftritt, wobei es verschiedene mögliche Ursachen gibt. Vielleicht führen Sie die Übung falsch durch, vielleicht machen Sie einen technischen Fehler, der dazu führt, dass Ihr Gelenk überbelastet wird. Möglicherweise passt auch die Übung nicht für Ihr Gelenk. Im ersten Fall muss die Ausführung korrigiert werden, in zweiten Fall werden Sie mit dem Therapeuten eine besser passende Übung wählen. Es kann durchaus passieren, dass ich mit dem Patienten zunächst bestimmte Übungen plane, dann aber feststelle, dass er dabei Schmerzen entwickelt. In einem solchen Fall ist diese Übung für ihn nicht geeignet. Auch hier spielt die kompetente Begleitung eine große Rolle. Vom Muskelaufbautraining einmal abgesehen – welche Bewegungs- oder Sportarten sind bei Menschen mit Rheuma sinnvoll, welche sollte man vermeiden? Alle Sportarten, die rhythmische Bewegung beinhalten, sind im Prinzip gut geeignet. Dazu zählen beispielsweise Nordic Walking, Schwimmen (besonders Kraulen) oder Rad fahren. Abzuraten ist von Sportarten mit Impulsbelastung, etwa Fußball, Springreiten, Hoch- oder Weitsprung oder Kampfsportarten wie Judo. Auch exzessive Bewegung gilt es zu vermeiden: Wenn bei einer rheumatischen Erkrankung die Hüfte betroffen ist und Sie ständig versuchen, die Hüfte bis an die Grenze zu drehen, dann entwickeln Sie auf Dauer einen Reizzustand, den Ihre Hüfte irgendwann nicht mehr mitmacht. Sportarten wie Golf und Tennis können geeignet sein, wenn Sie dabei auf Ihre Gelenke achten. Wichtig ist, die geeignete Art der Bewegung zu finden – und sie dann auch regelmäßig auszuüben. Vielen Dank, Herr Professor Sell, für dieses Gespräch! Seminare – Die ersten vier Termine 2017 Die Rheuma-Liga Rheinland-Pfalz veranstaltet auch in diesem Jahr mehrere Seminare für ihre Mitglieder und Patientenschulungen für rheumakranke Menschen. Die Übersicht mit geplanten Terminen für 2017 haben wir in der Dezember-Ausgabe von „mobil“ Rheinland-Pfalz veröffentlicht. In den kommenden Wochen – Anfang März bis Mitte April – finden vier Seminare statt: Information, Erfahrungsaustausch und Entspannung für Menschen mit dem Fibromyalgie-Syndrom Nr. 2017-03-10 A (Bad Kreuznach) 1 • 2017 mobil Negative Stressbelastungen am Arbeitsplatz und im Alltag stellen Risikofaktoren für die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines Fibromyalgie-Syndroms (FMS) dar. In diesem Seminar werden Auswirkungen des Krankheitsbildes unter psychologischen und sozialen Gesichtspunkten zusammengetragen. In einer akzeptierenden Atmosphäre wird erarbeitet, welche äußeren Faktoren, aber auch seelischen Belastungen diese Krankheit beeinflussen können. Neben dem gemeinsamen Erfahrungsaustausch werden verschiedene Entspan- nungstechniken und weitere Methoden der Stress- und Schmerzbewältigung vermittelt. Sie dienen der Überwindung von Unsicherheiten und Hilflosigkeit im Umgang mit der Erkrankung. Dieses Programm setzt neue Impulse für die Krankheitsbewältigung. Beginn: Fr., 10. März (15 Uhr) Ende: Sa., 11. März (17 Uhr) Leitung: Sylvia Rotheimer-Hering und Bernhard Kübler-Nolde, Psychologische Psychotherapeuten Verwaltungsbeitrag: 28 Euro ➤ Rhein land-Pfal z Warum kann oder sollte ich zum Muskelaufbau nicht einfach in ein Fitness-Studio gehen? Wenn Sie in einem Fitnessstudio einen kompetenten Mitarbeiter antreffen, der Ihnen genau zeigt, wie Ihre Gelenke nicht belastet werden, dann habe ich damit kein Problem. Aber sobald Sie ans Gerätetraining gehen, brauchen Sie jemanden, der sehr viel Ahnung davon hat, wie Sie Ihre Gelenke am Gerät belasten dürfen. Im Extremfall können zehn Minuten falsches Training das zunichte machen, was Sie zuvor in drei Wochen erreicht haben. Zum Muskelaufbautraining gehören auch Komponenten wie die Schulung des Gangbildes. Dabei und am Gerät braucht man sehr viel Unterstützung und hoch kompetente Anleitung. Auch in Fitnessstudios gibt es solche hoch qualifizierten Mitarbeiter, und ich habe überhaupt nichts dagegen, dass auch rheumakranke Menschen ins Fitnessstudio gehen – aber eben mit kompetenter Begleitung. Und das nicht nur in Bezug auf den Muskel, sondern auch mit dem Wissen um die rheumatische Erkrankung des Patienten. Zum Thema Muskeln findet sich viel Kompetenz in Studios, über Rheuma eher weniger. Doch derjenige, der ein Training für rheumakranke Menschen anleitet, muss beides verstanden haben und kennen. Wenn beim Muskelaufbautraining oder kurz darauf Schmerzen auftreten, sollte ich dann mit dem Training aufhören? Sobald der Schmerz auftritt, sollten Sie in der Tat erst einmal stoppen. Dann folgt die Suche nach möglichen Ursachen: Gemein- III