Dokumentation: Stammzellenforschungsgesetz

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Dokumentation
Stammzellenforschungsgesetz
Update: 13.12.2012
Mit dem klaren Ja (64.4 Prozent) zum Stammzellenforschungsgesetz anlässlich der
Referendumsabstimmung im November 2004 haben sich die Stimmberechtigten ein weiteres
Mal
deutlich
für
die
Forschung
in
der
Schweiz
ausgesprochen.
Das
Stammzellenforschungsgesetz setzt klare Leitplanken für die Gewinnung und Erforschung
von embryonalen Stammzellen und ist seit dem 1. März 2005 in Kraft. Es erlaubt die
Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen und die Forschung an isolierten
Stammzellen und Stammzelllinien unter strengen Auflagen.
Inhaltsverzeichnis
Stammzellenforschung in der Schweiz
Hintergrund des Gesetzes
Das Gesetz im Überblick
Klonen
Position Interpharma
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Stammzellenforschung in der Schweiz
Stammzellen haben das Potenzial, in unserem Körper Zellen und Gewebe zu erneuern. Eine
Blutstammzelle kann beispielsweise alle Bestandteile des Blutes bilden. Die Medizin möchte diese
Fähigkeit nutzen. Gezielt könnten therapeutisch wertvolle Zelltypen, Gewebe oder gar ganze Organe
gezüchtet werden, welche krankes Gewebe und kranke Organe im Körper ersetzen. Die Hoffnung
besteht, dass mit der Stammzellenforschung neue therapeutische Anwendungen gefunden werden
und Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer oder Diabetes heilbar würden. Noch sind dies
Zukunftsvisionen. Damit sie Realität werden können, muss die Forschung mit Stammzellen möglich
sein.
Der rechtliche Rahmen für die Stammzellenforschung bildet in der Schweiz das
Stammzellenforschungsgesetz (StFG), das seit dem 1. März 2005 in Kraft ist. Es regelt die
Gewinnung embryonaler Stammzellen aus überzähligen Embryonen zu Forschungszwecken und die
Forschung mit embryonalen Stammzellen. Überzählige Embryonen fallen bei der In-vitro-Fertilisation,
einem Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung, an. Nach geltendem Recht müssen
diese überzähligen Embryonen vernichtet werden. Im Stammzellenforschungsgesetz ist festgelegt,
unter welchen strengen Voraussetzungen von diesen zur Vernichtung bestimmten überzähligen
Embryonen embryonale Stammzellen für Forschungszwecke entnommen werden dürfen. Die
Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken ist in der Schweiz aber verboten. Ziel des
Stammzellenforschungsgesetzes ist es, Missbräuche zu verhindern und die Menschenwürde zu
schützen.
Hintergrund des Gesetzes
Auslöser für eine gesetzliche Regelung der Stammzellenforschung war der Entscheid des
schweizerischen Nationalfonds vom Herbst 2001, das Gesuch einer Genfer Forschungsgruppe zu
bewilligen, welches den Import von menschlichen embryonalen Stammzellen aus den USA und deren
Erforschung vorsah. Das Gesuch machte deutlich, dass bezüglich der Verwendung überzähliger
Embryonen und der Forschung an embryonalen Stammzellen in der Schweiz eine Gesetzeslücke
bestand. Um Missbrauch vorzubeugen, musste diese Gesetzeslücke möglichst rasch geschlossen
werden.
Der Bundesrat entschied deshalb im Hinblick auf die Forschung an embryonalen Stammzellen ein
eigenes Bundesgesetz vorzulegen und nicht bis zum Erlass des geplanten Bundesgesetzes über die
Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz) zu warten. Am 20. November 2002 legte er
basierend auf Artikel 119 der Bundesverfassung einen Entwurf mit dem Kurztitel
"Embryonenforschungsgesetz" (EFG) vor.
Der bundesrätliche Entwurf wollte gleichzeitig mehrere Bereiche regeln: Die Forschung am Embryo,
die Gewinnung embryonaler Stammzellen aus überzähligen Embryonen zu Forschungszwecken und
die Forschung mit embryonalen Stammzellen. Die Stammzellenforschung ist jedoch nicht mit der
Embryonenforschung gleichzusetzen. Ziel der Embryonenforschung ist es, mehr über die
Entwicklung des Embryos zu erfahren, um Fehlgeburten zu verhindern oder um die Erfolgschancen
der In-vitro-Fertilisation zu erhöhen. Mit Hilfe der Stammzellenforschung wird hingegen versucht, die
Interpharma, Petersgraben 35, Postfach, CH-4003 Basel, Telefon +41 (0)61 264 34 00, Telefax +41 (0)61 264 34 01
[email protected], www.interpharma.ch, Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz
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Entwicklung von Zellen zu Geweben und Organen zu verstehen, um geeignet veränderte Zellen
therapeutisch nutzen zu können.
Der Ständerat beschloss in der Frühjahrssession 2003 eine Entflechtung der beiden
Forschungsbereiche und hat den Gesetzesentwurf zu einem Embryonenforschungsgesetz auf ein
Stammzellenforschungsgesetz, dem Bundesgesetz über die Forschung an embryonalen
Stammzellen (StFG), reduziert. Der Ständerat stimmte dieser von der ständerätlichen
Wissenschaftskommission (WBK-SK) vorgeschlagenen Entflechtung zu, weil er vermeiden wollte,
dass die breit abgestützte Zustimmung zur Stammzellenforschung mit einer Diskussion über
Reproduktionsmedizin vermischt wird. Die Forschung am Embryo soll erst im geplanten
Humanforschungsgesetz geregelt werden.
Das Stammzellenforschungsgesetz wurde in der Schlussabstimmung vom 19. Dezember 2003 mit
grossem Mehr angenommen. Der Ständerat stimmte dem Gesetz mit 35 zu 1 Stimmen zu, der
Nationalrat befürwortete das neue Gesetz mit 103 zu 57 Stimmen bei 25 Enthaltungen. Gegen das
Stammzellenforschungsgesetz wurde in der Folge das Referendum ergriffen. Die Gruppierungen
'Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind', 'Ja zum Leben' und 'Basler Appell gegen Gentechnologie'
hatten unabhängig voneinander Unterschriften gesammelt. Die Volksabstimmung fand am 28.
November 2004 statt. 66.4% der Wählerinnen und Wähler haben das Stammzellenforschungsgesetz
angenommen. Auch die Kantone standen einstimmig hinter dem neuen Bundesgesetz über die
Forschung an embryonalen Stammzellen. Am 1. März 2005 trat das Gesetz in Kraft.
Gesetz im Überblick
Das Stammzellenforschungsgesetz regelt die Gewinnung embryonaler Stammzellen aus
überzähligen Embryonen zu Forschungszwecken und die Forschung mit embryonalen Stammzellen.
Das Gesetz soll Missbräuche verhindern und die Menschenwürde schützen.
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Es ist verboten, Embryonen zu Forschungszwecken zu erzeugen, überzählige Embryonen
ein- oder auszuführen und Stammzellen aus einem überzähligen Embryo nach dem 7. Tag
seiner Entwicklung zu gewinnen oder zu verwenden.
Es ist vorsorglich verboten, Stammzellen aus Parthenoten zu erzeugen. Dies sind
Organismen, die aus einer unbefruchteten Eizelle entstehen (Jungfernzeugung).
Das betroffene Paar muss über die mögliche Verwendung ihres überzähligen Embryos
aufgeklärt werden und seine Einwilligung erteilen.
Überzählige Embryonen oder embryonale Stammzellen dürfen nicht gegen Entgelt
veräussert oder erstanden werden. Beide dürfen nur für Forschungszwecke und nur im
Rahmen konkreter, bewilligter Forschungsprojekte verwendet werden. Die Verwendung für
kommerzielle Zwecke ist untersagt.
Ein Forschungsprojekt mit überzähligen Embryonen muss vom Bundesamt für Gesundheit
bewilligt werden. Die Forschung an embryonalen Stammzellen setzt die befürwortende
Stellungnahme der zuständigen Ethikkommission voraus.
Ein Forschungsprojekt mit überzähligen Embryonen darf nur dann durchgeführt werden,
wenn gleichwertige Ziele nicht auf einem anderen Weg erreicht werden können. Die
Forschungsziele müssen hochrangig sein und den im Gesetzesentwurf umschriebenen
Forschungszielen entsprechen.
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Embryonale Stammzellen dürfen nur dann in die Schweiz eingeführt werden, wenn sie, wie
in der Schweiz verlangt, von überzähligen Embryonen stammen. Auch das betroffene Paar
muss seine Einwilligung gegeben haben.
Die gesetzte Frist zur Vernichtung der überzähligen Embryonen wird verlängert. Für die
Verwendung in der Stammzellenforschung, insbesondere für eine Entnahme von
Stammzellen, dürfen sie bis zum 31. Dezember 2008 aufbewahrt werden.
In diesem Gesetz bedeuten:
 Embryo: Die Frucht von der Kernverschmelzung bis zum Abschluss der Organentwicklung
 Überzähliger Embryo: Im Rahmen der In-vitro-Fertilisation erzeugter Embryo, der nicht zur
Herbeiführung einer Schwangerschaft verwendet werden kann und deshalb keine
Überlebenschance hat
 Embryonale Stammzelle: Zelle aus einem Embryo, die sich in die verschiedenen Zelltypen zu
differenzieren, aber nicht zu einem Menschen zu entwickeln vermag.
Klonen
In der Schweiz ist die Stammzellenforschung mit überzähligen Embryonen unter strengen
Voraussetzungen erlaubt, der Zellkerntransfer aber ist verboten. Für den Schweizer Gesetzgeber
bestand aus ethischer Sicht ein Unterschied zwischen der Verwendung von überzähligen Embryonen
für die medizinische Forschung und dem Zellkerntransfer zum therapeutischen Klonen. Im ersten Fall
werden überzählige Embryonen, die gemäss geltendem Recht vernichtet werden müssen, für die
medizinische Forschung genutzt. Im zweiten Fall würden Embryonen zum Zweck der Forschung
geschaffen.
Ende 1998 war es Forschern erstmals gelungen, menschliche embryonale Stammzellen durch
Zellkerntransfer zu erzeugen und in Kultur zu vermehren. Damit rückten neue Behandlungsansätze in
der Medizin zur Erneuerung von beschädigten Geweben und Organen in den Bereich des Möglichen.
Die durch therapeutisches Klonen hergestellten Stammzellen sollen dazu angeregt werden, sich zu
einem bestimmten Gewebe oder Organ zu entwickeln, z.B. zu Insulin produzierenden Zellen für
Diabetiker oder zu Herzmuskelzellen für Herzinfarktpatienten. Diese Forschung steht erst am Anfang
und ist in einigen Staaten, wie Grossbritannien, bereits heute erlaubt.
Vom therapeutischen Klonen zu unterscheiden ist das reproduktive Klonen eines ganzen Menschen.
Gemäss nationalen und internationalen Regelungen ist das Klonen zur künstlichen Erzeugung eines
Menschen verboten. Es wird beinahe einhellig und eindeutig als unethisch und medizinisch
unverantwortlich abgelehnt. Das Klonen von Menschen ist in der Schweiz durch die
Bundesverfassung verboten. Artikel 119 schützt den Menschen und seine Umwelt vor Missbräuchen
der Fortpflanzungsmedizin und der Gentechnologie im Humanbereich. Bezüglich des Klonens heisst
es in der Bundesverfassung:
BV Art. 119 2a.
Alle Arten des Klonens und Eingriffe in das Erbgut menschlicher Keimzellen und Embryonen sind
unzulässig.
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In den Brennpunkt der öffentlichen Diskussion geriet das Klonen, als 1997 mit dem Schaf "Dolly" das
erste klonierte Säugetier der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Plötzlich war nicht mehr
auszuschliessen, dass jemand versuchen könnte, einen Menschen künstlich zu kopieren.
Position Interpharma
Der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz begrüsst das
Stammzellenforschungsgesetz, das klare Leitplanken für die Gewinnung von und die Forschung an
embryonalen Stammzellen enthält. Es erlaubt die Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen
Embryonen und die Forschung an isolierten Stammzellen und Stammzelllinien unter strengen
Auflagen. Die Interpharma unterstützt die vom Bundesrat im Rahmen der Patentgesetzrevision
vorgeschlagene Regelung, dass nur modifizierte Stammzellen und Verfahren zum Umgang mit
Stammzellen patentierbar sein sollten, nicht aber unveränderte Stammzellen. Genetisch modifizierte
Stammzell-Linien,
die
beispielsweise
dank
genetischer
Veränderungen
weniger
Abstossungsreaktionen im Transplantationsempfänger hervorrufen, können den Kriterien der
Patentierbarkeit (Neuheit, Erfindung, gewerbliche Anwendung) entsprechen.
Die Forschung der pharmazeutischen Firmen der Schweiz leistet einen wesentlichen Beitrag zu den
Fortschritten auf dem Gebiet der Zelltherapie und der Transplantationsmedizin. Gerade auf diesen
Gebieten besteht Hoffnung, dass die Stammzellforschung dereinst Ergebnisse hervorbringt, die zum
Nutzen von Patientinnen und Patienten eingesetzt werden können. Die Pharmaindustrie erachtet
deshalb die Forschung an Stammzellen als ethisch vertretbar, wenn akzeptierbare und rechtlich
bindende Rahmenbedingungen bestehen.
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