Weiterführender Artikel zur Vertiefung des Themas

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Risikobeurteilungen zur Verhinderung von
Straftaten
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
Sommerkademie 2013
Moderne Forensische
Psychiatrie/Psychologie
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
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Moderne Forensische Psychiatrie/Psychologie
 Prävention von Gewalt- und Sexualstraftaten
o Risikokalkulationen
(Gefährlichkeitseinschätzungen)
o Schlüsselprozess für jegliche Prävention
o Deliktpräventive Therapien
o Langfristiges Risikomanagement versus „Heilung“
o 30-50% weniger Rückfälle durch spezifische Therapien
o Unbehandelbare Hoch-Risiko-Täter = lebenslange
Sicherung
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Menschliches
Verhalten ist nicht
vorhersagbar !
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
Zitat eines Prognoseskeptikers
"Aufs Ganze gesehen liegt aber in den
begrenzten Prognosemöglichkeiten ein
Gewinn, weil exakt prognostizierbares
Entscheidungsverhalten des Menschen
notwendigerweise auch manipulierbar
wäre." (Zipf 1992)
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Früherkennung = Schlüsselprozess
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Früherkennung von zentraler Bedeutung
o Früherkennung hat zentrale Bedeutung für die
Prävention schwerer Gewalt- und Sexualtaten
Früherkennung potentieller Gewalt- und
Sexualstraftäter
o Spezifischer Vorlauf bei vielen schweren Gewalt- und
Sexualstraftaten
o
o
o
o
o
„Amoktaten“ versus geplante Massenmorde
Vorausgehende Drohungen
Vorbereitungshandlungen
Sukzessive Eskalationen
Auffällige Verhaltensweisen bei Risikopersonen
Diagnose und Risiko
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
Risikobeurteilung und Diagnose
Keine Diagnose
Diagnose
Gefährlich
Gefährlich
& Gesund
Gefährlich
& Krank
Ungefährlich
Ungefährlich
& Gesund
Ungefährlich
& Krank
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Schuld vs. Risiko vs. Beeinflussbarkeit
o Risiko (+): Hohes Risiko
o Schuld (-): Verminderte Schuldfähigkeit/Entwicklungsrückstand
o Veränderbarkeit (+): Hohe präventive Veränderbarkeit
Risiko (+)
Veränderbarkeit (+)
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Schuld (-)
Prognostische Syndrome
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Chronifizierte Vergewaltigungsdisposition*
o Eine Person erlebt (auch) gegen den Willen des
Sexualpartners herbeigeführte sexuelle
Handlungen als attraktiv
o Es besteht eine überdauernde Disposition für
gewaltsam herbei geführte Sexualkontakte
o
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*gemäss FOTRES
Delinquenzfördernde Weltanschauung*
o Die politische, religiöse oder weltanschauliche
Einstellung einer Person stellt eine
Motivationsgrundlage für delinquentes Verhalten
dar.
o Beispiele:
o „Vergewaltigung in der Ehe gibt es nicht. Es ist das Recht
des Mannes ...“
o Terroristen, die im Namen einer religiösen oder politischen
Überzeugung schwere Gewaltdelikte begehen.
o Die Überzeugung, dass sexuelle Kontakte mit Jungfrauen
von AIDS heilen können.
o
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*gemäss FOTRES
Dominanzfokus*
o Disposition, eine dominante Position in
Beziehungen anzustreben, sowie Personen und
Situationen zu kontrollieren.
o Merkmale:
o Kontrollbedürfnis
o Dominanzstreben
o Ignorieren der Bedürfnisse Anderer
o
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*gemäss FOTRES
Essentials der Prognostik
oder:
Persönlichkeits- versus Situationstäter
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Essentials der Risikokalkulation I
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• Möglichst vollständige Erfassung aller
risikorelevanten Merkmale einer Persönlichkeit
• Individuelle Risikodisposition
• Risikokalkulation
Essentials der Risikokalkulation II
o Risikokalkulationen = Wahrscheinlichkeitsaussagen
o Die Ausprägung der Risikodisposition steht in
einem inversen Zusammenhang zur Ausprägung
situativer Faktoren
o Unterscheidung diagnoserelevanter und
prognoserelevanter Faktoren
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Persönlichkeitstäter:
Risikomerkmale fester Teil der Persönlichkeit
Persönlichkeitstäter
o Risikorelevante Persönlichkeitsmerkmale stark
ausgeprägt
o Deliktdynamik entwickelt sich aus der Persönlichkeit
o Täter (-persönlichkeit)  Tatmotivation  (Tat-)
Situation
o Regeln und Normen sind unwichtig
o Gewalt- und Sexualtäter sind meist Persönlichkeitstäter
o Strafe & Abschreckung wirkungslos !
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Situationstäter: Gelegenheit macht Täter
Situationstäter
o Risikorelevante Persönlichkeitsmerkmale schwach
ausgeprägt
o Deliktdynamik entwickelt sich aus der Situation
o (Tat-) Situation  Tatmotivation  „Latente
Persönlichkeitsanteile werden geweckt“
o Strafe & Abschreckung wirksam !
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Kritische Situationsparameter
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Situative „Risiko-Trias“: Für Situationstäter
1. Geringes Bestrafungsrisiko
o
o
Grenzverletzendes Verhalten ist erlaubt oder wird befohlen
Geringe Entdeckungs- oder Bestrafungswahrscheinlichkeit
2. Sehr grosses Machtgefälle
o
o
o
Z.B. sexueller Missbrauch in kirchlichen Strukturen
Inzest-Taten
KZ-Wärter
3. Ansatzpunkte für Legitimationsstrategien
o
o
o
Opfer selber schuld, haben es so verdient
Opfer rechtlos (z.B. keine eigene Identität, minderwertig)
Eigene emotionale Evidenz („gerechte Rache“)
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Persönlichkeitstäter und situative „Risiko-Trias“
Persönlichkeitstäter
o Regeln und Normen sind unwichtig  nutzen sich
bietende Gelegenheiten exzessiv aus
o Z.B. unforced killings (Soldaten, die Frauen, Männer und
Kinder „unerlaubterweise“ töteten): Häufiger
Verhaltensauffällige, Freiwillige, Personal Violence History,
Schulabbrecher (Yager 1975)
o Besonders sadistische KZ-Wärter
o Ausgeprägte Wirtschaftskriminalität
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Situationstäter und situative „Risiko-Trias“
Situationstäter
o Regeln und Normen sind wichtig  erst die
Gelegenheit macht sie zu Tätern
o
o
o
o
o
Z.B. Abu Grahib
Milgram-Experiment
Standford-Experiment
Vergewaltigungen in Kriegen
… Trader
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Präventionsstrategien
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Allgemeine Präventionsstrategie
o Situationstäter: Risikozonen entschärfen!
o Keine rechtsfreien Räume!
o Delinquenznahe Kulturen bekämpfen (z. B.
Verantwortungs- & Skrupellosigkeit in der Gesellschaft
insbesondere in Wirtschaft und Politik)
o Persönlichkeitstäter: Risikotäter identifizieren
o Klare Grenzen setzen
o Rückfallrisiken mit individuellen Massnahmen vermindern
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
State of the art
der Risikobeurteilung
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
State of the art der Risikokalkulation
1. Statistische
Instrumente
Verwendbar als „Laborwert“
2. Individuelle
Einzelfallanalyse
Genaue
Aktenanalyse
(Tatmusteranalyse)
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
Persönlichkeit des
Täters
(z.B. Exploration)
FOTRES: QM Instrument für den Kernprozess
1. Statistische Instrumente als „Laborwert“
2. Individuelle Einzelfallanalyse = Kernprozess
o Genaue Akten- (Tatmusteranalyse)
o Exploration des Täters
o FOTRES* = QM der Einzelfallanalyse
o Operationalisierung
o Standardisierung und
o QM der individuellen
*FOTRES = Forensisches Operationalisiertes Therapie- und Risiko-Evaluations-System
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Unbehandelbarkeit
von High-Risk-Offendern
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
Entlassungen nicht therapierbarer Insassen
Jahr
Anlassdelikte
Vorstrafen
1997
5 Vergewaltigungen, 1 Sexualmord
Ersttäter
1997
1 Tötung, mehrfacher Raub
Raub, Eigentum etc.
1998
1 Mord
Sex. Handlungen etc.
1999
1 Vergewaltigung, andere Sexuald.
Mord, Vergewaltigung etc.
2000
Mehrfache sexuelle Handlungen
KV, sexuelle Hand., Eigent.
2000
Vergewaltigung
4 Vergewaltigungen etc.
2001
2 Mordversuche, 2x Lebensgefährdung,
Raub etc.
Eigentum, Waffentr. etc.
2002
Raub, schwere KV, sex. Nötigung etc.
Ersttäter
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
Unbehandelbarkeit im FOTRES
BEE = 0.0-0.5
(Min)
ST-R: 3.5-4.0
(Max)
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
DY-R: 0.0-0.5
(Min)
Entlassungen nicht therapierbarer Insassen
Jahr
Vollzug
Rückfall
Status
1997
Ablauf
4 Vergewaltigungen
Verwahrung
1997
Ablauf
1 x Mord, 1 x v. Mord etc.
Verwahrung
1998
Ablauf
Sexuelle Handlungen (>10)
Suizid
1999
Ablauf
Vergewaltigung, Erpressung etc.
Verwahrung
2000
Prob. Entlass.
Mehrfache sexuelle Handlungen
Verwahrung
2000
Ablauf
Vergewaltigung
Verwahrung
2001
Ablauf
Mehr. sex. Hand., mehr. Verg., etc.
Verwahrung
2002
Ablauf
KV, Erpressung
Verwahrung
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Bilanz der Zürcher Studie
8 Täter
24 Opfer schwerer
Gewalt- und Sexualstraftaten
Prof. Dr. med. Frank Urbaniok
Literatur
• Urbaniok, F. (2003): Was sind das für Menschen Was können wir tun? Bern: Zytglogge.
o Endrass J., Rossegger A., Urbaniok F., Borchard B.
(Hrsg.) (2012): Interventionen bei Gewalt- und
Sexualstraftätern - Risk-Management, Methoden
und Konzepte der forensischen Therapie. Berlin:
Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
Spezielle Literatur
• Grundsatzartikel über Prognostik:
Urbaniok F, Rinne T, Held L, Rossegger A, EndrassJ (2008):
Forensische Risikokalkulationen: Grundlegende methodische
Aspekte zur Beurteilung der Anwendbarkeit und Validität
verschiedener Verfahren. Fortschritte der Neurologie Psychiatrie:
76: 470-477
• Studie zur nachträglichen Verwahrung:
Urbaniok F, Rossegger A, Endrass J (2007): Can high-risk
offenders be reliably identified? A follow-up study on dangerous
offenders in Switzerland released from prison for legal reasons.
Swiss Medical Weekly: 136: 761–768
Internet
o Forschung & Studien:
www.zurichforensic.org
o FOTRES:
www.fotres.ch
o Behandlungsinitiative (D): www.bios-bw.de
Zürcher Opferschutz-Charta:
www.z-o-c.org
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