Diagnostik der Herzinsuffizienz

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© 2004
Schattauer GmbH
Diagnostik der Herzinsuffizienz
C. E. Angermann1, G. Ertl2
1
Medizinische Poliklinik und 2 Medizinische Klinik, Universität Würzburg
Schlüsselwörter
Herzinsuffizienz, kardiale Dysfunktion, Diagnostik, Ätiologie
Zusammenfassung
Die Diagnose einer Herzinsuffizienz (HI) gründet sich auf
Symptome und den objektiven Nachweis einer kardialen
Dysfunktion. Um das Management von Patienten mit kardialer Dysfunktion und HI zu verbessern, müssen standardisierte diagnostische Strategien entwickelt werden, deren
Umsetzung jedoch Symptome, Risikoprofil, Alter und Geschlecht des individuellen Patienten berücksichtigt. Das diagnostische Armamentarium umfasst neben Anamnese
und klinischem Status EKG, Röntgen-Thoraxaufnahme, Laboruntersuchungen, Echokardiographie, Magnetresonanztomographie und Herzkatheter.
Natriuretische Peptide eignen sich besonders zum Ausschluss einer kardialen Ursache von mit HI vereinbaren
Symptomen. Das Teilprojekt „Neue diagnostische Strategien/Bildgebung und Serum- und Plasmamarker“ des
Kompetenznetzes Herzinsuffizienz strebt die Verbesserung
der Primärdiagnostik der HI an, wobei die Möglichkeit des
Einsatzes portabler Echokardiographiegeräte und/oder eines BNP-Schnelltests in der Hausarztpraxis erprobt wird.
Weiter sollen MRT und Herzkatheter in der ätiologischen
Abklärung der HI verglichen und Betarezeptor-Antikörper
und -Polymorphismen untersucht werden. Als Ergebnis erwartet wird dabei auch eine Aufwertung der klinisch-diagnostischen Forschung und ein rationaler begründetes Management der HI in Deutschland.
D
ie Diagnose „Herzinsuffizienz“
gründet auf der Symptomatik, klinischen Befunden und dem objektiven Nachweis einer kardialen Dysfunktion. Die genaue Ursache und Klassifizierung der kardialen Dysfunktion (akut, chronisch, systolisch, diastolisch, myokardial,
koronar, valvulär) lässt sich nur mit geeigneten Methoden erzielen. Umbauprozesse
des Herzens („Remodelling“) sowie periphere und zentraleAdaptations- und Gegenregulationsmechanismen, die zur chronischen Herzinsuffizienz bzw. zum plötzlichen Herztod führen, können lange asymptomatisch bleiben.
Prognose und Therapie hängen wesentlich von der Ätiologie und dem Fortschrei-
Keywords
Heart failure, cardiac dysfunction, diagnosis, etiology
Summary
Diagnostic criteria of heart failure (HF) are the presence of
symptoms and the objective evidence of cardiac dysfunction. In order to improve the management of patients with
cardiac dysfunction and HF, standardized diagnostic strategies must be developed, the application of which should,
however, be tailored to symptoms, risk profile, age and sex
of the individual patient. Available tools include history and
clinical examination, ECG, chest-x-ray, laboratory testing,
echocardiography, magnetic resonance imaging (MRI) and
cardiac catheterization.
Natriuretic peptides are promising in particular for exclusion of cardiac causes in subjects suffering from symptoms
comparable with HF. The project “New diagnostic strategies/cardiac imaging and serum- and plasma-markers”
of the “National heart failure network of competence” aims
at improving the primary diagnosis of HF by evaluating the
use of handcarried echocardiography and BNP-testing in
general practise. It also compares the diagnostic potential
of MRI and cardiac catheterization for clarification of HF etiology and investigates betareceptor antibodies and polymorphism thus also promoting diagnostic HF research and
a more rationally founded HF management in Germany.
Diagnosis of heart failure
Med Welt 2004; 55: 359 – 66
ten der kardialen Dysfunktion ab. Um das
Management von Patienten mit kardialen
Funktionsstörungen und chronischer Herzinsuffizienz zu verbessern, müssen diagnostische Strategien für die Evaluierung
von Patienten mit Verdacht auf Herzinsuffizienz durch Hausarzt, Internisten, Kardiologen und schließlich klinische Einrichtungen
entwickelt werden. Im Einzelfall sollte das
diagnostische Vorgehen Symptomatik, Lebensalter, Geschlecht und Risikokonstellation berücksichtigen.
Die folgende Übersicht beschreibt einerseits den Stellenwert verschiedener diagnostischer Instrumente entsprechend den
Leitlinien der Fachgesellschaften, andererseits soll er das wissenschaftliche Konzept
des Teilprojekts 6 des Kompetenznetzes
Herzinsuffizienz („Neue Strategien in der
Diagnostik: Bildgebende Verfahren/Serumund Plasmamarker“) beleuchten, das einen
Beitrag dazu leisten will, rational begründete und patientenorientierte diagnostische
Vorgehensweisen bei Herzinsuffizienz zu
etablieren.
Herzinsuffizienz in der hausärztlichen Praxis diagnostizieren
Die Diagnose „Herzinsuffizienz“ stellt den
primär versorgenden Arzt häufig vor
Schwierigkeiten. In populationsbasierten
Studien erwiesen sich Sensitivität und Spezifität der Symptomatik und des klinischen
Befunds als erstaunlich gering (25). Von
122 konsekutiven Patienten, bei denen
Hausärzte anhand klinischer Kriterien die
Diagnose „Herzinsuffizienz“ neu gestellt
hatten, wiesen nur 29% bei Überprüfung
des Befunds mittels Röntgen-Thorax-Untersuchung und Echokardiographie in einer
Notfallklinik tatsächlich eine Herzinsuffizienz auf (8). In einer kürzlich publizierten
prospektiv, randomisiert und kontrolliert
durchgeführten Studie an 305 Patienten mit
Dyspnoe und/oder Ödemen erwies sich,
dass wiederum nur etwa bei der Hälfte der
eingeschlossenen Personen eine Herzinsuffizienz klinisch korrekt ausgeschlossen
bzw. nachgewiesen wurde (39).
Der Schweregrad von mit Herzinsuffizienz vereinbaren Symptomen wird nach
der NYHA (New York Heart Association)Klassifikation eingeteilt (Tab. 1). Bei Verdacht auf Herzinsuffizienz ist grundsätzlich
eine Objektivierung der kardialen Dysfunktion und ätiologische Abklärung notwendig.
Abbildung 1 gibt den in den aktuell gültigen
Leitlinien der Europäischen Gesellschaft
für Kardiologie vorgeschlagenen Algorithmus zu Diagnostik und Therapie wieder
(26).
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Angermann, Ertl
Anamnese
Bei Patienten mit Symptomen und klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz ergeben sich aus der Anamnese häufig Hinweise auf die Ätiologie, sodass die weitere
Diagnostik gezielt geplant werden kann. Eine positive Familienanamnese für Herzmuskelerkrankungen oder eine langjährige arterielle Hypertonie können auf mögliche Ursachen einer primär myokardialen Schädigung hinweisen; Gelenkrheumatismus in
Tab. 1 Einteilung des klinischen Schweregrads der Herzinsuffizienz nach der Klassifikation der New York Heart Association
(NYHA), gemäß Leitlinien für Diagnose und Therapie der chronischen Herzinsuffizienz der Europäischen Gesellschaft für Kardiolgie (26)
NYHA Stadium
Beschreibung
I
Herzerkrankung ohne körperliche Limitation,
alltägliche körperliche Belastung verursacht keine inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörungen,
Luftnot oder Angina pectoris
II
Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit,
keine Beschwerden in Ruhe, alltägliche körperliche Belastung verursacht Rhythmusstörungen,
Luftnot oder Angina pectoris
III
Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit
bei gewohnter Tätigkeit, keine Beschwerden in Ruhe, geringe körperliche Belastung verursacht
Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris
IV
Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Tätigkeiten und in Ruhe, Bettlägrigkeit
Abb. 1 Diagnostisches und therapeutisches Management bei Verdacht auf Herzinsuffizienz gemäß Leitlinien für Diagnose und Therapie der chronischen Herzinsuffizienz der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (26)
Med Welt 11–12/2004
früherem Lebensalter kann valvulären Erkrankungen ätiologisch zu Grunde liegen.
Die präzise Erfassung von Symptomen,
körperlicher Leistungsfähigkeit und kardialer Risikofaktoren ermöglicht häufig auch,
eine koronare Herzkrankheit als Ursache
der Herzinsuffizienz zu identifizieren (3).
Symptome und klinische Befunde
Unabhängig von der Ätiologie einer Herzinsuffizienz besteht kein enger Zusammenhang zwischen Symptomatik und Schweregrad der kardialen Dysfunktion (19, 24)
bzw. zwischen Symptomen und Prognose
(36). Typische Symptome sind Leistungsminderung, Belastungsdyspnoe, nächtliche
Dyspnoe, Husten und Ödemneigung; ihre
diagnostische Aussagekraft ist allerdings
gerade bei älteren Patienten, bei begleitenden Erkrankungen des Respirationstrakts
und bei Übergewichtigen begrenzt.
Typische Befunde, die bei der körperlichen Untersuchung Herzinsuffizienter in
wechselnder Ausprägung gefunden werden
und die großenteils auch in die Framingham-Kriterien für die klinische Diagnose
der Herzinsuffizienz (30) Eingang gefunden haben, sind periphere Ödeme, erhöhter
Jugularvenendruck oder positiver hepatojugulärer Reflux, Aszites, Hepatomegalie,
Kardiomegalie und pulmonale Stauung in
der Röntgen-Thoraxaufnahme, dritter Herzton, Tachykardie, pulmonale Rasselgeräusche und – in fortgeschrittenen Fällen – periphere Zyanose und kardiale Kachexie.
Herzgeräusche können auf Vitien hinweisen, Befunde wie arterielle Hypertonie,
erhöhter Body Mass Index, abnormer Gefäßstatus oder Xanthelasmen geben Hinweise auf das individuelle Risikoprofil.
Allen Herzinsuffizienz-typischen Untersuchungsbefunden eignet wiederum nur eine begrenzte Sensitivität und Spezifität. So
fehlen beim adäquat therapierten Patienten
selbst bei schwerer kardialer Dysfunktion in
der Regel periphere Ödeme; umgekehrt
weisen auch kardial dekompensierte Patienten nicht immer eine Stauung der Jugularvenen auf. Nicht immer besteht bei Herzinsuffizienz eine Tachykardie, besonders nicht
unter Betarezeptorenblocker-Therapie, und
auch der positiv prädiktive Wert pulmonaler
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Diagnostik der Herzinsuffizienz
Rasselgeräusche ist gering. Erstaunlich
niedrig ist bei Nicht-Spezialisten zudem mit
<50% die Konkordanz zwischen von verschiedenen Untersuchern erhobenen Herzinsuffizienzsymptomen (12). Auch aus diesem Grund müssen selbst bei „typischer“
Klinik grundsätzlich objektive Tests die
Diagnose erhärten.
a)
b)
Röntgen-Thoraxaufnahme
Die Röntgenaufnahme des Thorax gehört
im Kontext mit Klinik und anderen Untersuchungen (10) zur Basisdiagnostik der Herzinsuffizienz (26). Bei chronischer Herzinsuffizienz sind Kardiomegalie, pulmonale Stauung und Pleuraergüsse nützliche Indikatoren einer systolischen kardialen Dysfunktion (Abb. 2a und 2b). Eine ätiologische Zuordnung der Herzinsuffizienz ist jedoch meist nicht möglich (6). Differenzialdiagnostisch wertvoll sind auch röntgenologische Hinweise auf pulmonale Erkrankungen als Ursache von Dyspnoe. Eine normale Röntgen-Thoraxaufnahme schließt eine
Herzinsuffizienz nicht sicher aus.
Laboruntersuchungen
Folgende Laborwerte gehören bei Herzinsuffizienzverdacht zur Basisdiagnostik:
Blutbild, Serum-Elektrolyte, -Kreatinin,
-Glukose, -Leberenzyme und Urinstatus
(26). Weitere Untersuchungen dienen dazu,
das individuelle Risikoprofil zu erfassen
und Komorbiditäten zu identifizieren. Dazu
gehören Plasmalipide, C-reaktives Protein,
HbA1c, Harnsäure, Harnstoff, Gerinnungsparameter und Schilddrüsenhormone. Proteinurie und/oder Glucosurie können Indikatoren eines Diabetes mellitus, einer nicht
ausreichend kontrollierten arteriellen Hypertonie oder einer primären Nierenkrankheit sein, also von Gesundheitsstörungen,
die ihrerseits zu Entstehung und Progression einer Herzinsuffizienz beitragen.
Seltener (und häufig assoziiert mit einer
Tachyarrhythmia absoluta als Leitsymptom) ist eine Hyperthyreose als Ursache einer Herzinsuffizienz. Eine Schilddrüsenunterfunktion kann aber ebenfalls zur Verschlechterung von Herzinsuffizienzsymp-
Abb. 2 Röntgen-Thoraxaufnahmen eines Patienten mit chronischer kompensierter Herzinsuffizienz bei dilatativer Kardiomyopathie. Die p. a. Aufnahme (a) zeigt eine Verbreiterung des Herzschattens bei vorwiegend linksventrikulärer Vergrößerung; die linsseitliche Aufnahme (b) zeigt zusätzlich die linksatriale Vergrößerung und einen Winkelerguss.
tomen beitragen. Bei akuter Symptomatik
sollte im Hinblick auf ein akutes Koronarsyndom als mögliche Ursache Troponin im
Serum bestimmt werden (2).
Für die Befundinterpretation (und weitergehende diagnostische und therapeutische Erwägungen) wichtige pathophysiologische Aspekte sind im Folgenden zusammengestellt: Einerseits ist eine Anämie
prognostisch ungünstig (31) und kann die
Symptomatik verschlechtern. Eine bestehende Herzinsuffizienz kann andererseits
zur Entwicklung einer Anämie beitragen
(21). Mit einem erhöhten Hämatokrit können Lungengerüsterkrankungen oder auch
zyanotische Vitien einhergehen.
Primär renale Erkrankungen mit ausgeprägter Nierenfunktionseinschränkung
können durch Flüssigkeitsretention Symptome hervorrufen, die denen einer Herzinsuffizienz ähnlich sind. Häufig ist die Koinzidenz von Herzinsuffizienz mit Nierenerkrankungen als Langzeitfolge eines Diabetes mellitus und/oder einer arteriellen
Hypertonie oder eine durch die Herzinsuffizienz und ihre Therapie verursachte Niereninsuffizienz. Während bei einer unbehandelten Herzinsuffizienz Elektrolytstörungen selten sind, werden unter Diuretika- und
ACE-Hemmertherapie Hypo- oder Hyperkaliämien (je nachdem, ob kaliumsparende
oder kaliumverlierende Diuretika eingesetzt wurden) beobachtet.
Hohes Lebensalter per se führt ebenfalls
zu einer progredienten Abnahme der Nie-
renfunktion, die sich nach Therapieeinleitung erstmals manifestieren kann. Eine Hyponatriämie bei renaler Dysfunktion und
Herzinsuffizienz ist prognostisch ungünstig. Erhöhte Leberenzymwerte können Ausdruck einer hepatischen Stauung sein.
Elektrokardiogramm in Ruhe und
unter Belastung
Bei allen Patienten mit Verdacht auf Herzinsuffizienz sollte ein 12-Kanal-EKG abgleitet werden. Der negativ prädiktive Wert
des normalen Ruhe-EKGs zum Ausschluss
einer linksventrikulären systolischen Dysfunktion liegt bei mehr als 90% (10, 27).
Q-Zacken in den links präkordialen Ableitungen oder ein kompletter Linksschenkelblock bei bekannter koronarer Herzkrankheit gehen im Gegensatz dazu fast regelhaft
mit einer eingeschränkten Pumpfunktion
einher (37).
Elektrokardiographische Zeichen einer
linksatrialen Belastung oder einer Myokardhypertrophie können bei systolischer,
aber auch bei isolierter diastolischer linksventrikulärer Dysfunktion vorliegen. Ihr
prädiktiver Wert ist jedoch gering. Darüber
hinaus ist das Ruhe-EKG zur Erkennung
von Erregungsleitungsstörungen (Cave:
Betarezeptorenblocker-Therapie!), Vorhofflimmern, Vorhofflattern oder ventrikulärer
Herzrhythmusstörungen als mögliche Ursachen einer neu aufgetretenen oder zuneh-
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Angermann, Ertl
menden Herzinsuffizienz geeignet. Der
diagnostische Beitrag des Ruhe-EKGs lässt
sich durch Interpretation im klinischen
Kontext meist erheblich steigern (26).
Die Indikation zum Belastungs-EKG
kann gestellt werden, wenn eine koronare
Herzkrankheit als Ursache von neu aufgetretenen oder zunehmenden Herzinsuffizienzsymptomen vermutet wird (2). Ein altersentsprechend normales Leistungsniveau
bei der Ergometrie schließt darüber hinaus
eine Herzinsuffizienz als Ursache von
Symptomen bei unbehandelten Patienten
mit großer Sicherheit aus. Eine detaillierte
Darstellung von Nutzen und auch Risiken
von Belastungstests bei chronischer Herzinsuffizienz wurde kürzlich publiziert (4).
Bei akut dekompensierter Herzinsuffizienz
sind Belastungstests kontraindiziert.
Natriuretische Peptide
Die Bestimmung der Plasmakonzentration
insbesondere des B-Typ-natriuretischen
Peptids (BNP) bzw. des N-terminalen Fragments des proBNP (NT-proBNP) gewinnt
für die Herzinsuffizienzdiagnostik zunehmend an Bedeutung, seit für beide Marker
schnelle und verlässliche Testsverfahren
verfügbar sind. Nach den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie
können sie bei der Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz frühzeitig eingesetzt werden
(26). Bei gesunden Menschen liegt die Plasmakonzentration von BNP meist unter 20
pg/ml, allerdings abhängig von Alter, Geschlecht und genetischen Faktoren (12, 29).
Bei akuter Dyspnoe hat sich ein BNPPlasmaspiegel von 100 pg/ml als hoch sensitiver und dabei noch befriedigend spezifischer Cut-off-Wert zur Identifizierung bzw.
zum Ausschluss kardialer Ursachen erwiesen (17). BNP- bzw. NT-proBNP-Plasmaspiegel korrelieren bei akuter Herzinsuffizienz mit intrakardialen Drücken und der
NYHA-Klasse (16, 18). Es kann aber anhand der Marker nicht sicher unterschieden
werden, ob den Symptomen eine systolische oder diastolische Dysfunktion zu
Grunde liegt (17). Pulmonale Erkrankungen, z. B. Cor pulmonale, akute Lungenembolie oder Malignome, sowie beispielsweise eine Niereninsuffizienz oder eine
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Hochdruckkrise können ebenfalls mit erhöhten Plasmaspiegeln natriuretischer Peptide einhergehen, wobei allerdings Spiegel
von 400 pg/ml kaum überschritten werden
(18).
Auch bei erhöhten natriuretischen Peptiden muss daher mittels Bildgebung die
Ätiologie der Dyspnoe und gegebenenfalls
der Herzinsuffizienz geklärt werden. Bei
dekompensierter Herzinsuffizienz ist eine
Prognosebeurteilung anhand der initial bestimmten BNP-Werte möglich (11, 35). Limitationen ergeben sich dagegen beim
Screening asymptomatischer Patienten, bei
denen nur hochgradige Pumpfunktionsstörungen mit ausreichender Sensitivität und
Spezifität diagnostiziert werden können
(14, 23). Bei chronischer stabiler Herzinsuffizienz werden selbst bei schlechter Pumpfunktion manchmal normale (<100 pg/ml)
BNP-Spiegel gefunden, die natriuretischen
Peptide sind hier also diagnostisch weniger
aussagekräftig als in derAkutsituation (34).
Besondere Bedeutung könnten natriuretische Peptide in Zukunft für die Ausschlussdiagnostik der Herzinsuffizienz gewinnen, da sie einen sehr hohen negativ prädiktiven Wert haben (5).
Spezielle kardiologische
Diagnostik
Nuklearmedizinische Verfahren
Nuklearmedizinische Verfahren zur Beurteilung der rechts- und linksventrikulären
Funktion (Radionuklidventrikulographie)
und zur Untersuchung der Myokardperfusion in Ruhe und unter Belastung (Myokardszintigraphie) stellen in der Herzinsuffizienzdiagnostik keine Routinemethoden
dar (26). Beide Untersuchungen liefern zudem nur bei Patienten mit Sinusrhythmus
reproduzierbare Ergebnisse.
Echokardiographie
Die transthorakale Echokardiographie ist
trotz der unbestreitbaren Abhängigkeit der
diagnostischen Validität von der Erfahrung
des Untersuchers die wichtigste Methode
zur Objektivierung einer kardialen Dysfunktion in Ruhe. Sie ist sicher, rasch durchführbar, relativ kostengünstig und weithin
verfügbar. Erst durch die direkte Bildgebung des Herzens kann die Diagnose einer Herzinsuffizienz sichergestellt werden.
Echokardiographisch beurteilt werden
können ventrikuläre und atriale Größenverhältnisse und die globale und regionale systolische linksventrikuläre Funktion (22), die
Dicke der Herzwände sowie die Struktur
und Funktion der Herzklappen, die Morphologie der großen Gefäße und die Größe
von Perikardergüssen (Abb. 3a und 3b). An
der trikuspidalen Regurgitationsgeschwindigkeit kann mit dem CW-Doppler der systolische Pulmonalarteriendruck nicht invasiv abgeschätzt werden (38).
Exakte quantitative Messungen der
linksventrikulären Auswurffraktion erfordern eine gute Darstellung des gesamten
Endokards, die sich nicht immer erreichen
lässt. Die Reproduzierbarkeit der gemessenen Ejektionsfraktion durch verschiedene
Untersucher liegt daher deutlich unter der
beispielsweise mit der MRT erzielbaren. Erfahrende Untersucher können anhand des
bewegten zweidimensionalen Ultraschallschnittbilds jedoch qualitativ eine eingeschränkte Pumpfunktion mit guter Sensitivität und Spezifität erkennen (26). Auch eine erhaltene systolische Funktion bei normalem oder nicht wesentlich vergrößertem
Ventrikelcavum und gleichzeitigem Fehlen
signifikanter Herzklappenanomalien, wie
sie für die klinische Diagnose der diastolischen Herzinsuffizienz Voraussetzung ist,
lässt sich qualitativ mit der Echokardiographie sicher beurteilen. Dagegen ist die in
der klinischen Praxis vielfach geübte semiquantitative Einteilung der systolischen
Dysfunktion anhand des zweidimensionalen Echokardiogramms in leicht, mittelgradig und schwer kaum zu standardisieren und
daher problematisch.
Wesentliche Kriterien der linksventrikulären diastolischen Dysfunktion sind eine
eingeschränkte Relaxation und/oder verminderte diastolische Dehnbarkeit des Ventrikelmyokards. Eine direkte Quantifizierung der Relaxationsgeschwindigkeit und
Dehnbarkeit kann nur invasiv geschehen
und eignet sich daher nicht für die Routinediagnostik.
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Diagnostik der Herzinsuffizienz
Detaillierte Kriterien für die Diagnose
einer diastolischen Herzinsuffizienz bei
erhaltener systolischer Ventrikelfunktion
wurden kürzlich vorgelegt (1). Nicht invasiv
kann die diastolische Funktion anhand verschiedener Doppler-echokardiographischer
Messungen, wie z. B. des transmitralen und
pulmonalvenösen Flusses sowie mittels Gewebedoppler-Echokardiographie des Mitralringanulus quantifiziert werden. Zu beachten ist dabei, dass alle diese Parameter
altersabhängig sind. In die Beurteilung mit
einbezogen werden können zudem Wanddicken und Vorhofgröße, da eine diastolische
Dysfunktion häufig mit einer atrialen Vergrößerung und linksventrikulären Hypertrophie vergesellschaftet ist (Abb. 3b).
Die Echokardiographie kann schließlich
ätiologische Information liefern, da sie erlaubt, valvuläre Läsionen, regionale Wandbewegungsstörungen und Narben als Surrogatmarker für koronare Herzkrankheit, oder
primär myokardiale Anomalien etwa bei
hypertropher Kardiomyopathie oder Amyloidose als mögliche Herzinsuffizienzursachen zu identifizieren.
Magnetresonanztomographie
(MRT)
Die Kernspintomographie ist die genaueste
und am besten reproduzierbare Technik
zur Bestimmung der kardialen Volumina,
Wanddicken und ventrikulären Masse. Die
Klappenstruktur bildet sie vollständiger ab
als alle anderen Bildgebungsmethoden. Ein
verdicktes Perikard oder ein entzündliches
Myokardödem lassen sich darstellen, myokardiale Nekrosen, Perfusion und Funktion
quantifizieren.
In einem Untersuchungsgang können regionale und globale Wandbewegung, Mikrozirkulation und Gewebetextur beurteilt
werden. Die Methode hat ferner das Potenzial, vitales hibernierendes Myokard von
Narbengewebe zu unterscheiden. Die Magnetresonanztomographie wird – auch wegen
der beschränkten Verfügbarkeit und Kostspieligkeit – derzeit nur eingesetzt, wenn
mit anderen bildgebenden Verfahren keine
ausreichende Diagnose erzielt wurde. In
den aktuellen Leitlinien wird jedoch explizit festgestellt, dass momentan die Rolle
a)
b)
Abb. 3 Echokardiographische Schnittbilder von Patienten mit Herzinsuffizienzsymptomen: a) parasternaler Längsschnitt,
Kurzachsenschnitt und apikaler 4-Kammerblick bei dilatativer Kardiomyopathie und linksventrikulärer systolischer Funktionsstörung – Patient von Abb. 2. b) gleiche Schnittebenen wie in a) bei hypertensiver Herzerkrankung mit linksventrikulärer Hypertrophie und normaler Pumpfunktion; die Herzinsiffzienzsymptome sind hier auf diastolische Dysfunktion zurückzuführen. LV, RV: linker, rechter Ventrikel; LA, RA: linker, rechter Vorhof; MK: Mitralklappe; Ao: Aorta
dieser besonders aussagekräftigen quantitativen Methode bei der Diagnostik der Herzinsuffizienz noch nicht abschließend geklärt ist und dass weiter wachsendes pathophysiologisches Verständnis und neue
Therapieformen einen breiteren Einsatz der
Magnetresonanztomographie sinnvoll und
notwendig machen könnten (26).
Herzkatheterdiagnostik
Eine Herzkatheteruntersuchung ist in der
Regel nicht erforderlich, um die Diagnose
einer chronischen Herzinsuffizienz zu stellen. Sie kann jedoch zur Klärung der Ursache wichtig sein. Als indiziert angesehen
wird sie derzeit zur Differenzialdiagnose
bei allen Patienten mit linksventrikulärer
Dysfunktion unklarer Ätiologie (26) sowie
bei operationsbedürftigen Mitral- und Aortenklappenvitien. Eine Koronarangiographie sollte bei typischer Angina pectoris
bzw. anderen myokardialen Ischämiezeichen und unbekanntem Koronarstatus immer erfolgen, insbesondere, wenn kein aus-
reichendes Ansprechen auf antianginöse
Therapie erreicht werden kann. Bei Patienten mit akuter oder akut dekompensierter
chronischer Herzinsuffizienz wird auch im
Hinblick auf die Möglichkeit therapeutischer Akutinterventionen ebenfalls eine
Herzkatheteruntersuchung empfohlen (26).
Nicht indiziert ist jede Form der invasiven Diagnostik im Endstadium einer Herzinsuffizienz, wenn eine Myokardrevaskularisation oder Klappenoperation nicht in Frage kommt, sowie bei bekannter Koronaranatomie ohne signifikante Verschlechterung der klinischen Symptomatik oder erneuten Myokardinfarkt. Vor einer Herztransplantation wird in der Regel zur Prüfung des pulmonalen Widerstands eine
Rechtsherzkatheteruntersuchung gefordert.
Aktuelle Perspektiven der
Herzinsuffizienzdiagnostik
Herzinsuffizienz ist eine sehr häufige Gesundheitsstörung, ihre Therapie ist kost-
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Angermann, Ertl
spielig, und sie kann – wie aus großen Pharmakotherapiestudien zu erkennen ist – hinsichtlich Mortalität und Morbidität medikamentös günstig beeinflusst werden. Es ist
zudem belegt, dass auch Patienten ohne klinische Herzinsuffizienzsymptome nur auf
Grund einer eingeschränkten linksventrikulären Pumpfunktion eine reduzierte Lebenserwartung haben, langfristig Herzinsuffizienzsymptome entwickeln und an einem
plötzlichen Herztod versterben können (9).
Auch diese Patienten profitieren hinsichtlich Überleben und Morbidität von einer medikamentösen Therapie. Die Leitlinien für die Behandlung der Herzinsuffizienz
wurden basierend auf den Ergebnissen der
o. g. Therapiestudien formuliert. Deren Studienteilnehmer hatten in der Regel eine
nach dem Echokardiogramm erniedrigte
Ejektionsfraktion oder einen pathologischen Wandbewegungs-Score als Einschlusskriterium. Dies bedeutet, dass letztlich Therapiestudien, die an solche Selektionskriterien gebunden sind, auch nurAussagen über das Kollektiv mit systolischer Dysfunktion meist auf Grund einer koronaren
Herzkrankheit mit stattgehabtem Myokardinfarkt erlauben. Diese Patienten sind ganz
überwiegend männlich und in mittlerem bis
höherem Lebensalter.
Dem gegenüber zeigen aber epidemiologische Studien, dass 40–50% der Menschen
mit Herzinsuffizienz eine normale Auswurffraktion haben (23) und dass in dieser
Gruppe die Mehrzahl weiblich und älter ist
(7). In einer großen schottischen Kohorte
konsekutiver stationär wegen Herzinsuffizienz aufgenommener Patienten waren 53%
weiblich und das mittlere Alter lag mit 75
Jahren weit über dem aller publizierten
Pharmakotherapiestudien (15).
In einer Erhebung an französischen
Krankenhäusern wurde kürzlich festgestellt, dass selbst in der Klinik nur bei
77% der Patienten mit Herzinsuffizienzsymptomen ein Echokardiogramm durchgeführt wurde; 67% der Frauen wurden ausschließlich vom Hausarzt betreut, hingegen
72% der Männer vom Kardiologen (7).
Nach eigenen Untersuchungen (33) und
publizierten Daten anderer Autoren sterben
Patienten mit Herzinsuffizienz trotz gleichen Schweregrads signifikant häufiger,
wenn bei ihnen eine Depression vorliegt –
Med Welt 11–12/2004
eine zukünftige Aufgabe der Diagnostik
prospektiver Studien zur antidepressiven
Langzeittherapie bei Herzinsuffizienz.
Die Erstdiagnostik der Herzinsuffizienz
erfolgt meist anhand des klinischen Bildes
durch den Hausarzt. Systematische Untersuchungen dazu, ob der Einsatz objektiver
Methoden als Screeningverfahren bei
symptomatischen Patienten in der Hausarztpraxis möglich, im Hinblick auf eine
verbesserte diagnostische Versorgung der
Bevölkerung sinnvoll und schließlich auch
ökonomisch vertretbar ist, liegen bisher
nicht vor. Ebenso wenig ist geklärt, wie vorgegangen werden soll, um im Wege einer
„Vorsorgeuntersuchung für das Herz“ Patienten mit asymptomatischer linksventrikulärer Dysfunktion – also Risikokandidaten für Herzinsuffizienz – zu identifizieren.
Dies wäre prinzipiell von hoher therapeutischer Relevanz, da die Dunkelziffer von
Patienten mit eingeschränkter Ventrikelfunktion etwa ebenso hoch ist, wie die Anzahl der Patienten mit manifester Herzinsuffizienz (26).
Schließlich gehen die meisten Therapiestudien nicht systematisch auf die Diagnostik der Ätiologie der Herzinsuffizienz ein.
Da die Ätiologie für die Therapie von entscheidender Bedeutung sein kann, sehen die
Leitlinien bei einer Herzinsuffizienz unklarer Ursache grundsätzlich die Indikation
zur Herzkatheteruntersuchung (26). Bei
dem Kollektiv überwiegend sehr betagter,
multimorbider Patienten und Patientinnen
mit Herzinsuffizienz sollte andererseits die
Indikation zur invasiven Diagnostik kritisch
und zurückhaltend gestellt werden. Während zur Indikationsstellung für eine spezifische Koronarintervention oder -operation
eine Herzkatheteruntersuchung derzeit obligate Voraussetzung ist, könnte ein nichtinvasives Verfahren wie die MRT, welche die
globale und regionale Ventrikelfunktion
und die Myokardperfusion in Ruhe und
unter Belastungsbedingungen verlässlich
evaluieren kann, für viele Therapieentscheidungen bei Herzinsuffizienz ausreichen.
Der Schweregrad und das Fortschreiten
einer Herzinsuffizienz sind nach neueren
Erkenntnissen auch mit Polymorphismen
von Rezeptoren und rezeptorassoziierten
Proteinen verknüpft. Antikörper gegen die
Beta-1-Rezeptoren des Herzmuskels kön-
nen Kardiomyopathien induzieren und ihre
Progression fördern (13). Langfristig wirken sich im Blut nachweisbare Antikörper
gegen Beta-1-Rezeptoren bei Patienten mit
dilatativer Kardiomyopathie prognostisch
ungünstig aus (32). Welche bevölkerungsbezogenen diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen sich aus diesen sehr
akutellen Befunden zukünftig ergeben werden, ist noch völlig offen.
Für die Pharmakotherapie ist in diesem
Zusammenhang von Bedeutung, dass außerdem Polymorphismen verschiedener Enzymsysteme die Bioverfügbarkeit von
Herzinsuffizienzmedikamenten verändern
(20). So konnte für Carvedilol gezeigt werden, dass die genetische Zugehörigkeit zu
bestimmten Subtypen im ZytochomP-450-Genotyp die Empfindlichkeit für eine Betablocker-Therapie modifizieren kann
(40).
Die praktische Relevanz all dieser Feststellungen und Beobachtungen für die diagnostische und therapeutische Versorgung
der Bevölkerung und die Prognose bei
Herzinsuffizienz ist nicht ausreichend bearbeitet. Bisher fehlte eine geeignete Forschungsstruktur für die Planung und Durchführung multizentrisch kontrollierter Studien zu folgenden Themen: der Objektivierung und ätiologiespezifischen Abklärung
der kardialen Dysfunktion, der Rolle der
nicht invasiven Bildgebung sowie der Bedeutung von Serum- und Plasmamarkern
für die Primärdiagnostik der Herzinsuffizienz. Auch zur Bedeutung des Antikörperstatus und der genetischen Disposition für
die Entwicklung und Progression der Herzinsuffizienz sind bevölkerungsbasierte Studien erforderlich, die ohne eine zentrale Organisationsstruktur nicht machbar wären.
Ziele des Teilprojekts 6
Ziel des diagnostikorientierten Teilprojekts
6 „Neue Strategien in der Diagnostik – Bildgebende Verfahren/Serum- und Plasmamarker“ des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz ist es, solche Forschungsstrukturen
zu etablieren und Studien zu den aufgeworfenen Fragestellungen durchzuführen. Es
wurde in Würzburg ein klinisches Studien-
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Diagnostik der Herzinsuffizienz
zentrum eingerichtet. Ein überregionales
Expertengremium beschäftigt sich themenbezogen und in enger Kooperation mit dem
Koordinationszentrum für Klinische Studien in Leipzig mit der Planung einzelner Studien, deren Durchführung vom Studienzentrum Würzburg aus logistisch gestützt wird.
Derzeit befindet sich eine Untersuchung
bereits in der Durchführungsphase. Im Rahmen der „Handheld-BNP-Studie“ wird in
einem multizentrischen, prospektiven und
randomisierten 4-armigen Design geprüft,
ob und wenn ja, wieviel sich die Rate korrekter Diagnosen bei nicht technisch-apparativ voruntersuchten Patienten mit Herzinsuffizienzsymptomen in der hausärztlichen Praxis steigern lässt, wenn neben
Anamnese und klinischem Befund zur
Diagnostik entweder ein miniaturisiertes,
zur qualitativen Screening-Diagnostik geeignetes Echokardiographiegerät oder ein
Point-of-Care BNP-Test oder aber beide
Zusatzuntersuchungen verwendet werden
können.
Fazit für die Praxis
Das Teilprojekt 6 des Kompetenznetzes
soll den Status des heute in den Praxen
und Kliniken üblichen diagnostischen
Vorgehens und seine Abhängigkeit von
Alter und Geschlecht des Patienten erheben. Es sollen Methoden zur genauen Diagnose der Ätiologie der kardialen Dysfunktion und zur Objektivierung der
Herzinsuffizienz weiter entwickelt, ihre
Relevanz für die Therapie gesichert und
die Umsetzung in die Praxis überprüft
werden.
Langfristig werden durch dieses Studienprogramm vertikale und horizontale
diagnostische Netzwerke etabliert und
neue Kooperationsformen erprobt werden, die dauerhaft für die Überprüfung
diagnostischer Verfahren bei Herzinsuffizienz zur Verfügung stehen. Erwartet
werden darf dabei eine Aufwertung der
klinisch-diagnostischen Forschung in
Deutschland ebenso wie ein in Zukunft
rationaler begründetes diagnostisches
und therapeutisches Vorgehen bei Herzinsuffizienz.
Dass Hausärzte im Rahmen eines standardisierten und strukturierten Trainingsprogramms durch Experten in einem vertretbaren zeitlichen Rahmen in der Anwendung beider Methoden zur Herzinsuffizienz-Primärdiagnostik erfolgreich geschult werden können, wurde im Rahmen
der Studie bereits belegt (28).
In Planung befindet sich ferner eine Studie zur Bewertung der nicht invasiven MRT
im Vergleich zur Herzkatheteruntersuchung
für die ätiologische Diagnostik der Herzinsuffizienz. Weitere Studien in Vorbereitung betreffen beispielsweise die Prävalenz
von gegen Betarezeptoren gerichteten Antikörpern in der Bevölkerung und bei Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie und Behandlungsstrategien bei Vorhandensein dieser Antikörper, sowie Möglichkeiten einer
spezifischen Diagnostik und Therapie bei
Herzinsuffizienten mit Depression.
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Korrespondenzadresse
Prof. Dr. C. E. Angermann
Schwerpunkt Kardiologie
Medizinische Poliklinik der Universität Würzburg
Klinikstraße 6–8
97070 Würzburg
Tel.: 09 31 / 20 17 04 50
Fax: 09 31 / 20 17 12 40
E-Mail: [email protected]
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