autoimmunerkrankungen – wenn der körper sich selbst angreift

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IMMUNREGULATION
„DIE IMMUNOLOGIE ALS FORSCHUNGSZWEIG IST NAH AM LEBEN.
SIE HAT EINE GROSSE RELEVANZ FÜR JEDERMANN. UND DESHALB
BIN ICH IMMUNOLOGIN. “
Dr. Dunja Bruder, Arbeitsgruppenleiterin Immunregulation
AUTOIMMUNERKRANKUNGEN – WENN DER KÖRPER SICH SELBST ANGREIFT
Diabetes mellitus, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Morbus Crohn – all diese Krankheiten haben eins gemeinsam: Sie entstehen, wenn unser Immunsystem sich gegen uns selbst richtet. Das Ziel seiner Abwehrmaßnahmen sind
dann nicht länger nur Krankheitserreger, die von außen versuchen, sich in unserem Körper einzunisten, sondern unsere
eigenen Zellen. Dann hält das Immunsystem nicht gesund, sondern macht krank. Was diesen Umschwung in unserer
Abwehr auslöst und wie dem Immunsystem dabei zu helfen ist, den Freund nicht länger als Feind zu sehen, erforscht
Dunja Bruder.
k transgene Mäuse
„Um das Immunsystem bei der Entstehung einer Auto-
len, mit anderen transgenen Mäusen, die Immunzellen
Genetisch veränderte
immunerkrankung beobachten zu können, haben wir
tragen, die genau dieses Virusprotein erkennen können.
Mäuse, mit zusätzlichen
transgene Mäuse entwickelt“, erzählt sie. „Die Mäuse
Und das Immunsystem dieser gekreuzten Nachkommen
Genen aus anderen
tragen ein zusätzliches Gen in ihrer Erbinformation.“
springt auf das Virus-Protein an, als würde tatsächlich
Arten.
Dieses neue Gen, das die Natur für Mäuse gar nicht
ein Influenza-Virus die Mäuse attackieren. „Für unsere
vorgesehen hat, stammt aus dem Grippevirus. Es sorgt
Forschung ist allerdings nicht wichtig, dass es sich um
dafür, dass die Lungenzellen der Mäuse – oder auch die
ein Influenza-Protein handelt“, betont Dunja Bruder. „Es
Insulin-produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse
könnte auch das Protein eines anderen Infektionser-
– einen Eiweißstoff herstellen, mit dem sich normaler-
regers sein. Wichtig ist, dass eine Entzündung entsteht,
weise das Virus Zutritt in unsere Zellen verschafft. Bei
die nach kurzer Zeit zu einer Autoimmunerkrankung wird
einer Infektion ist dieser Baustein die Kopplungsstelle
– und diese stehen im Fokus unserer Forschung.“
zwischen Virus und Wirt. Außerdem erkennt unser
Immunsystem an diesem Protein : Dort greift ein Influenza-Virus an. „Unsere Mäuse, die das
Virus-
Gen ständig in ihrem Lungengewebe
k Autoimmunerkrankung
herstellen, werden jedoch nicht krank.
Krankheiten, bei denen
wird nicht vom Immunsystem als
das Immunsystem über-
Grippeangriff erkannt. Es treten kei-
schießend reagiert und
ne Abwehrreaktionen wie Fieber
sich gegen körper-
und Entzündung auf.“
Es gehört zu ihrem Organismus und
eigenes Gewebe richtet.
Es greift körpereigenes
Mit dieser transgenen Maus allein
Gewebe wie einen
kommen die Immunbiologen bei ihren
Fremdkörper an. Die
Untersuchungen des Immunsystems also
Folge: Entzündungs-
nicht weiter. Erst der nächste Schritt führt Dunja
für das
reaktionen, die die
Bruder zu den Entzündungen und Autoimmunerkran-
erkranken die
betroffenen Organe
kungen, die sie erforschen möchte: Sie kreuzt die trans-
kein Virus da, das sie infizieren könnte.
schwer schädigen.
genen Mäuse, die das Virusprotein in der Lunge herstel-
Der Influenza-Baustein
ist also nur ein Lockmittel
Immunsystem. An Grippe
Mäuse nicht – wie auch, es ist ja gar
An diesen Mäusen mit krankem Immunsystem lernen
bestimmte Sorte von Immunzellen in besonders hoher
die Immunbiologen beispielsweise, was eigentlich im
Zahl – die Auslöser für die Autoimmunerkrankung. „Aber
Körper geschieht, wenn ein Raucher nicht vom Glimm-
unter gewissen Bedingungen – die wir gerade unter-
stängel lassen kann und eine chronisch obstruktive
suchen – können diese Zellen sich in eine andere
k Wirt
Lungenkrankheit – im Volksmund COPD oder Raucher
Sorte von Immunzellen verwandeln. Diese veränderten
Lebewesen, das
husten genannt – entwickelt; oder wie die Zuckerkrank-
Immunzellen greifen dann nicht mehr unsere Zellen an,
außer sich selbst noch
heit Diabetes mellitus oder die Darmkrankheit Morbus
sondern regulieren die Reaktion des Immunsystems. Sie
andere Organismen
Crohn entstehen. All diese Krankheiten sind zwar inzwi-
haben das Potenzial die Auslöser der Autoimmunerkran-
mit lebensnotwendigen
schen einigermaßen gut kontrollier-, aber immer noch
kung abzuschalten.“ Und an dieser Regulationsstelle
Nährstoffen versorgt.
unheilbar, denn ihren Auslöser im Körper auszuschalten,
eingreifen zu können, würde eine echte Therapie von
würde bedeuten, das Immunsystem auszuschalten.
chronischen Lungenkrankheiten, Diabetes und auch
Bei der Diabetes- oder COPD-Therapie werden nur die
Allergien bedeuten. Eine Vision, die Dunja Bruder mit
Symptome behandelt. Die Forscher am HZI um Dunja
immer neuen Ideen ans Labor fesselt.
Bruder nähern sich nun den Ursachen und ebnen damit
den Weg für zukünftige Therapien.
Gewebeschnitte von Lungen aus
Mäusen, die an chronischer
Erkrankung der Lunge leiden.
k COPD:
chronic obstructive
pulmonary disease.
Sammelbegriff für
Krankheiten der Lunge.
Charakteristische
Symptome: Husten,
vermehrter Auswurf,
Atemnot bei Belastung.
Besonders die Ausatmung ist behindert.
Dunja Bruder und ihr Team sind dabei, die Mechanismen
zu entdecken, mit denen sich das Immunsystem selbst
steuert. Beispielhaft haben sie das für COPD gemacht.
Bei dieser Krankheit finden sie in der Lunge eine
DUNJA BRUDER
Dunja Bruder hat an der TU Braunschweig Biotechnologie studiert (1990-1996). Schon während
ihres Studiums hat sie sich für die Immunologie begeistert. Während ihrer Dissertation, die sie
am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung angefertigt hat, hat sich Dunja Bruder mit Immunantworten gegen bakterielle Toxine beschäftigt (1996-1999). In den folgenden Jahren hat sie als
Postdoc in der Nachwuchsgruppe Mukosale Immunität am HZI maßgeblich an der Etablierung
transgener Mausmodelle für die Erforschung von Autoimmunerkrankungen wie COPD, Typ-IDiabetes und Morbus Crohn beigetragen. In einer Vielzahl von Auslandsaufenthalten, u. a. an der
Harvard Medical School in Boston und der Yale University School of Medicine in New Haven, hat sie
gefestigt. National ist sie derzeit in drei an der Medizinischen Hochschule Hannover angesiedelten
Sonderforschungsbereichen integriert und Projektleiterin in der Helmholtz-Allianz „Immunotherapy
of Cancer“. Seit Oktober 2006 leitet sie die Arbeitsgruppe Immunregulation am HZI.
Stand: April 2009
ihr immunologisches Methodenspektrum erweitert und wichtige wissenschaftliche Kooperationen
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