Angemessen handeln Bischof Elmar Fischer zum Thema Minarett, Baupläne Moschee Feldkirch (pdf) In Bezug auf die jüngst veröffentlichten Pläne zum Bau einer Moschee in Bludenz sieht Bischof Elmar Fischer zwei wesentliche Überlegungen, die zu beachten sind. „Aus Sicht der Politik gilt es, wie seitens der entsprechenden Stellen publiziert“, so Bischof Elmar, „die geltenden Vorgaben, in diesem Fall sowohl religionsrechtliche Aspekte wie auch die Raumplanungsordnung, zu beachten. Es geht um angemessene Lösungen in Blick auf die konkrete Situation. In diesem Zusammenhang ist die Vorgangsweise der Stadt Bludenz zu begrüßen, da dort nach Einlangen der Baupläne eine Arbeitsgruppe gegründet wurde, in welche auch Vertreter der Kirche wie der Muslime berufen sind“. In der Erörterung des Vorhabens gehe es in weiterer Folge, so der Diözesanbischof, jedoch weit über den Bau einer Moschee oder eines Minaretts hinaus. Es gehe um die Realisierung einer neuen Form des Miteinanders. „Eine Moschee in der geplanten Dimension“, so Bischof Elmar, „eröffnet eine sehr konkrete Dimension im interreligiösen Dialog, in dem aus Anlass sehr präzise Fragen nach dem ‚Miteinander’ und der ‚Gegenseitigkeit’ gestellt werden müssen. Dabei geht es nicht nur um den interreligiösen Dialog selbst, sondern auch um die innere Geschlossenheit der Muslime im Land, um die eine Stimme, die für alle sprechen kann. Als Vertreter der Vorarlberger KatholikInnen frage ich mich ganz allgemein: Sind wir im Dialog so weit, dass der Bau einer Moschee, eines Minaretts angemessen ist? Sind wir in unserer gemeinsamen Identität so weit gestärkt und sind die Muslime in unserem Land so weit integriert, dass der Bau eines Minaretts ein gutes Miteinander fördert, anstelle zu spalten?“ Denk-mal (nach): Der Gebetsturm in Telfs Roman A. Siebenrock Erschienen in der Kirchenzeitung für Tirol: Nachdenken über den Turm (Minarettturm in Telfs), in: Tiroler Sonntag. Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck, Nr. 44 vom 30. Oktober 2005, 4. Türme, in den Himmel ragende Bauwerke, gibt es viele in unserem Land: Kirchtürme, GeiWi-turm, Brautürme und Sellatürme. Der Turm in Telfs erregt wohl deshalb unsere Gemüter, weil er etwas aufdeckt, was wir verdrängt haben. Was sagt er, was deckt er auf? 1. Er erinnert uns daran, dass die katholische Kirche sich ohne Einschränkung zur Religionsfreiheit bekannt hat. Und das bedeutet, dass sie die Werte anderer achtet und fördert. Deshalb können wir Christen diesen Turm begrüßen. 2. Dieser Turm zeigt auf. Er sagt: „Wir Muslime sind in diesem Land da und wollen hier bleiben. Er soll anzeigen, dass es Tirolerinnen und Tiroler muslimischen Glaubens gibt und geben wird. Zwar wurden wir als Gastarbeiter ins Land geholt. Aber es kamen und kommen Menschen mit ihren Hoffnungen und Ängsten. Vor allem sind wir Glaubende. Wir sind Muslime, die dem Willen Gottes gemäß leben wollen. Dazu benötigen auch wir eine öffentliche Erinnerung.“ Der Turm richtet sich daher gegen niemanden, sondern er kann alle, nicht nur uns an Gott und die richtige Beziehung zu ihm erinnern. Der Turm erinnert aber uns Christen daran, dass das Zweite Vatikanische Konzil lehrte, dass die Muslime mit uns den einen Gott anbeten. Wenn Johannes Paul II. sagte, dass jedes wirkliche Gebet vom Heiligen Geist getragen sei, dann können wir uns vom Beten der Muslime bereichern und anfragen lassen. Der Turm kann uns dazu aufrufen, gemeinsam nach dem Willen Gottes zum Wohl für dieses Land zu suchen und uns für alle Menschen in diesem Lande einzusetzen. Wenn die Rede vom „Heiligen Land“, die mir als ‚gelernter Tiroler’ wohl immer etwas fremd bleiben wird, irgendeine Bedeutung haben soll, dann zeigt sie sich im Umgang mit den Fremden in unserer Mitte. 3. Der Turm ist ein öffentliches Zeichen und erinnert uns alle daran, dass die Welt ein Dorf geworden ist. Wir hängen alle von einander ab: auf Gedeih und Verderb. Der Turm erinnert uns Christen daran, wie wir es mit unserem Glauben in der Öffentlichkeit halten. Er gibt uns zu bedenken, dass sich die Religionszugehörigkeiten in diesem Lande erheblich verschieben. Und wenn der Trend anhält, werden die Muslime bald die zweitgrößte Religionsgemeinschaft sein. Er erinnert uns daher auf seine für uns jetzt noch fremde Weise an Gott. Und es ist nicht sicher, ob er das noch tun wird, wenn er zum normalen Erscheinungsbild des Marktes geworden ist. 4. Symbole, so auch Türme, sind gefährliche Zeichen. Sie haben nie nur eine Sinnrichtung; und nie nur jene, die deren Schöpfer beabsichtigten. So erinnert der Turm die Muslime daran, dass sie Muslime in Europa sind und deshalb innerhalb einer pluralen, offenen und freien Gesellschaft noch erst entdecken und zu leben lernen müssen, was Islam in Europa bedeutet. Dazu hat der Islam in Österreich beste Voraussetzungen. Von außen kann man jedoch den Eindruck gewinnen, dass der Weg zu einer solchen Identität noch lange sein wird. Die Muslime stehen vor der Herausforderung, sich in einer kritischen Unterscheidung den Werten einer anderen Kultur zu öffnen. Die Stellung der Frau ist hierfür eine der sensibelsten Gradmesser; gerade weil die Türkei in die EU kommen möchte. Es wäre z.B. auch wünschenswert, dass ihre geistlichen Leiter, die ja vielfach vom türkischen Staat unterstützt werden, z.B. besser deutsch sprechen könnten. Solange dieser Turm steht, wird er aber auch an jene, die sich in seinem Schatten versammeln, die Frage stellen, wie es um Türme christlicher Gemeinden in den mehrheitlich muslimischen Ländern steht. Religionsfreiheit ist unteilbar. Die Situation christlicher Gemeinden oder Andersgläubigen in den muslimischen Ländern ist zumeist wenig rosig; sie entspricht, wie z.B. in Saudi-Arabien nicht einmal den Bestimmungen des Korans. Dieser Turm ist ein Denk-mal. Denk einmal über Deine Beziehung zu Gott und zum Nächsten nach. Vor allem aber fragt er uns: Wie hälst Du es mit dem Gebet? Anhang: Minarettbau in Telfs Bei seinem Zusammentreffen mit Vertretern muslimischer Gemeinschaften in Köln hat Papst Benedikt XVI. seinen Respekt gegenüber dem Islam unterstrichen, indem er gesagt hat: "Liebe Freunde, ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir, ohne dem negativen Druck der Umgebung zu weichen, die Werte der gegenseitigen Achtung, der Solidarität und des Friedens bekräftigen müssen." Und weiter: "Ich versichere Ihnen, dass die Kirche fortfahren will, Brücken der Freundschaft mit den Anhängern aller Religionen zu bauen, mit dem Ziel, das echte Wohl jedes Menschen und der Gesellschaft im Ganzen zu suchen." In der Diözese Innsbruck gibt es seit vielen Jahren tragfähige Kontakte im interreligiösen Dialog und gelebte Toleranz. Nur auf diese Weise kann gemeinsames Leben gelingen und ein friedliches Miteinander möglich werden. Es ist eine Tatsache, dass in unserem Land, besonders in manchen Gemeinden und Städten, eine große Anzahl von muslimischen Gläubigen wohnt. Wenn diese Tatsache geleugnet oder verdrängt wird, kann das zum Nährboden für Aggression und Gewalt werden. Das Bemühen um eine nachhaltige Integration und die klare Absage an jede Art von Fundamentalismus und Gewalt ist unmissverständliches Anliegen der katholischen Kirche. Dieses Bemühen erwarten wir uns auch von anderen Religionsgemeinschaften. Wir erwarten uns auch, dass Christen in muslimischen Ländern ihren Glauben frei und öffentlich ausüben können. Ein Minarett erinnert Muslime an das Gebet. Es erinnert uns Christen auch an die Tatsache, dass wir mit Menschen anderer Religionen zusammenleben. Zugleich sehen wir uns als Christen herausgefordert, unseren eigenen Glauben zu bezeugen und zu leben. Einem Minarett, das als Zeichen des Glaubens und des Gebetes und nicht als Zeichen der Provokation verstanden und im Einvernehmen mit den Verantwortlichen vor Ort errichtet wird, wollen wir als Kirche nicht entgegen stehen, denn Religion und Frieden gehen Hand in Hand. 10.11.2005 14:06 Quelle: http://www.tirol.com/politik/innsbruck/23647/index.do