ökologischer landbau BioRegio Bayern 2020 Ökolandbau Mehr Ökologische Lebensmittel aus heimischer Produktion für Bayern! von Dr. Stefan Gabler: Eigentlich ist die Situation äußerst erfreulich, denn Bayern nimmt im Öko-Bereich bundesweit den Spitzenplatz ein. Und trotzdem bestehen Wachstumschancen, die es zu nutzen gilt. Denn anders als im konventionellen Bereich, wo über den Eigenbedarf hinaus produziert wird, sind wir bei Öko auf Importe angewiesen. Staatsminister Brunner hat deshalb eine Verdoppelung der heimischen Öko-Produktion bis 2020 als politisches Ziel ausgegeben und dafür ein eigenes Landesprogramm „BioRegio Bayern 2020“ aufgelegt. In den vergangenen 10 Jahren haben sich die Zahl der Betriebe und die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Bayern verdoppelt. Aktuell sind es über 6 500 Öko-Betriebe und rund 210 000 Hektar Öko-Fläche. Fast ein Drittel der deutschen Biobetriebe wirtschaften in Bayern. Und mehr als die Hälfte der Öko-Milch kommt aus dem Freistaat. Auch bei der Verarbeitung von Öko-Erzeugnissen ist Bayern mit über 2 500 Unternehmen führend. Mit heimischer Produktion Nachfrage bedienen Die Nachfrage nach Bioprodukten hat sich in der Vergangenheit allerdings schneller entwickelt, als Betriebe auf ökologische Wirtschaftsweise umgestellt haben. So müssen viele Bioprodukte importiert werden – ganz im Gegensatz zum konventionellen Bereich. So kann beispielsweise im Gemüsebau und bei Schweine- oder Geflügelfleisch nicht einmal die Hälfte der Nachfrage mit heimischen Produkten bedient werden. Die Staatsregierung will deshalb erreichen, dass der Verbrauch von ökologischen Lebensmitteln künftig stärker aus heimischer regionaler Produktion gedeckt werden kann. Konkret hat Staatsminister Helmut Brunner in seiner Regierungserklärung am 18. April 2012 eine Verdoppelung der Erzeugung von Ökoprodukten aus Bayern bis zum Jahr 2020 als politische Zielvorgabe ausgegeben. Eine bessere Versorgung mit heimischen Öko-Produkten kommt Verbrauchern und Landwirten gleichermaßen zugute. Denn zum einen wollen die Menschen zunehmend Produkte aus der Region, wegen der Frische und der kurzen Transportwege. Aber auch wegen der Transparenz bei der Erzeugung und Verarbeitung. Gerade dem Öko-Landbau kommt dieser Trend entgegen. Und zum anderen bietet er den Betrieben die Chance, die Wertschöpfung für ihre Produkte zu verbessern. Ökologischer Landbau passt damit hervorragend zum Leitbild Bayerischer Agrarpolitik für eine nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft. Denn eines ist unstrittig: Die im bundesdeutschen und europäischen Vergleich größtenteils kleinund mittelbäuerlich strukturierten Betriebe in Bayern sind bei einer zunehmend globalisierten Lebensmittelerzeugung dauerhaft nur wettbewerbsfähig, wenn sie nicht ausschließ6 lich auf Masse setzen, sondern insbesondere auch für einen Premiummarkt mit höherem Wertschöpfungspotential produzieren. Ein zunehmend wichtiges Marktsegment für den „Feinkostladen Bayern“ sind hier zweifelsfrei auch ökologisch erzeugte Nahrungsmittel. Rahmenbedingungen mit ganzheitlichem Ansatz Die Politik kann und will den Öko-Landbau allerdings nicht verordnen, sondern nur die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Deshalb hat Staatsminister Brunner für die Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus ein eigenes Landesprogramm auf den Weg gebracht. Und weil Bio und Regio als eine untrennbare Einheit zu sehen sind, trägt das Programm den Namen „BioRegio Bayern 2020“. Begleitend zur Konzeption des Landesprogramms hat Staatsminister Brunner im vergangenen Oktober eine externe Firma beauftragt, den Öko-Landbau in Bayern zu evaluieren und geeignete Handlungsempfehlungen aufzuzeigen. Der Evaluierungsbericht wird in Kürze auf der Homepage des Staatsministeriums veröffentlicht. Die Schlussfolgerungen aus dem Bericht sollen bei der Ausgestaltung der neuen EU-Förderperiode Berücksichtigung finden. Dazu gibt es auch einen entsprechenden Beschluss des Bayerischen Landtags vom Dezember 2012. BioRegio Bayern 2020 verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz in den Bereichen Bildung, Beratung, Förderung, Vermarktung und Forschung. Dafür stehen insgesamt 5,4 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren bereit, wobei diese Mittel nicht umgeschichtet bzw. zu Lasten der konventionellen Betriebe bereitgestellt werden. Es handelt sich ausschließlich um Gelder, die für BioRegio Bayern 2020 zusätzlich verfügbar sind. Und die Gelder sind gut angelegt. So wurde im letzten halben Jahr im Rahmen von BioRegio Bayern 2020 eine Vielzahl von Vorhaben auf den Weg gebracht: Bildung mit Fachschulen und Akademien Im Oktober eröffnet die landesweit zweite Fachschule für Öko-Landbau in Weilheim (Oberbayern). Erfreulich ist, dass mit 16 Anmeldungen praktisch aus dem Stand die geforderte Mindeststudierendenzahl erreicht wird. Damit gibt es zusamSuB 9-10/2013 ökologischer landbau Wissenstransfer durch Öko-Kompetenzzentrum An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wurde im Frühjahr am Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz ein Kompetenzzentrum für Öko-Landbau (Internet www.lfl.bayern.de/iab/landbau/049638/index.php) eingerichtet, das alle Aktivitäten in der Forschung und beim Wissenstransfer bündelt. Personell gestärkt soll es den mit BioRegio Bayern 2020 verbundenen Aufgabenzuwachs bewältigen können. Praxisnahe Beratung durch BioRegio-Betriebsnetz Um bei der Beratung Akzente zu setzen, wurde vom ÖkoKompetenzzentrum im zurückliegenden Monat ein landesweites Netz an Vorzeigebetrieben eingerichtet. Die ÖkoLandbau-Erzeugerringe von Bioland, Naturland, Biokreis und Demeter haben dafür über 200 regionstypische und sehr gut geführte Betriebe an das Kompetenzzentrum gemeldet. Ein Gremium, dem auch die Landesvereinigung für ökologischen Landbau (LVÖ) und der Bayerische Bauernverband (BBV) angehört haben, hat daraus repräsentative ÖkoBetriebe für das BioRegio-Betriebsnetz ausgewählt, von denen sich über 80 Betriebe zur Teilnahme bereit erklärt haben. Das Betriebsnetz ist in dieser Form eine deutschlandweit einmalige Einrichtung. Die Betriebe stehen für Schulungen, Führungen und Betriebsbesichtigungen zur Verfügung und bieten allen Interessierten praktische Einblicke in die Arbeit eines Öko-Betriebs. Sie repräsentieren gebietstypische SuB 9-10/2013 Betriebsformen, Nutztierarten und Spezialkulturen. Auf der Internetseite der LfL finden sich unter http://www.lfl.bayern. de/iab/landbau/049619/index.php die Standorte und weitere Informationen zum BioRegio-Betriebsnetz. Marketingoffensive der alp Mit einer Marketing-Offensive und einer Informationskampagne möchte die Agentur für Lebensmittel-Produkte aus Bayern (alp) die Nachfrage nach Bio-Produkten aus Bayern ankurbeln. Im Rahmen einer Vielzahl an Aktionen wird über BioProdukte informiert werden, damit sich die Menschen an der Ladentheke bewusst entscheiden können. Für die MarketingOffensive stehen insgesamt zwei Millionen Euro bereit. Regionale Wertschöpfungsketten Aktuell erarbeitet die LfL gemeinsam mit den Öko-Anbauverbänden ein Konzept für den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten für Bio-Schweine- und -Geflügelfleisch. Gerade in diesen Bereichen ist die Nachfrage deutlich größer als das Angebot. Zielsetzung ist es, Fleisch anzubieten, das mit regional produziertem Futter unter besonders tiergerechten Bedingungen in Bayern erzeugt wurde. Eine Umsetzung des Konzepts soll bis zum Jahr 2017 erfolgt sein. Öko- Betriebe in der Agrarförderung Bayern hat seinen Spitzenplatz im Öko-Landbau ganz maßgeblich den Rahmenbedingungen zu verdanken, die der Freistaat in den rückliegenden Jahren hier gesetzt hat. Schon heute werden die Agrarumweltleistungen der Öko-Betriebe über das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) jährlich mit über 40 Millionen Euro honoriert. Das ist in dieser Dimension bundesweit einzigartig, was auch das letztjährige Ranking des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft bestätigte. Trotzdem sollen bei der Neuausrichtung des KULAP in der neuen EU-Förderperiode weitere Verbesserungen vorgenommen werden, z. B. eine stärkere Differenzierung zwischen der Dauerprämie im Öko-Bereich (aktuell 200 €/ha Acker- und Grünland) und den Prämien für konventionelle Agrarumweltmaßnahmen. Denn die jetzigen Abstände sind auf Dauer nicht attraktiv genug. Bereits für das kommende Jahr wird – die Zustimmung durch die EU-Kommission vorausgesetzt – die Umstellungsprämie für Neueinsteiger in den ökologischen Landbau von derzeit 280 €/ha auf 350 €/ha Acker- und Grünland spürbar angehoben. Deutliche Verbesserungen wurden im Frühjahr zudem bei der Einzelbetrieblichen Investitionsförderung vorgenommen. Für die Umstellung auf besonders tiergerechte Haltungssysteme wird aktuell ein Zuschlag von zehn Prozentpunkten gewährt, der Höchstfördersatz beträgt damit 35 Prozent. Das erleichtert größere Investitionen auch im Öko-Landbau. Zudem wurde für heuer ein Sonderprogramm aufgelegt, das die Anpassung von Öko-Betrieben an die ab 2014 verschärften Vorgaben der EG-Öko-Verordnung 7 ökolandbau men mit Landshut/Schönbrunn zwei Fachschulstandorte in Bayern, die komplett auf den Ökologischen Landbau spezialisiert sind. Die neue Schule ermöglicht den Landwirten in Oberbayern und im Allgäu eine standortnahe Bildung und Meisterprüfung – Schwerpunkte sind Milchviehhaltung und Grünlandbewirtschaftung. Zudem werden die 27 Landwirtschaftsschulen in Bayern künftig mehr Lerninhalte zum ÖkoLandbau vermitteln. Die Lehrpläne wurden aktuell ergänzt und verbindliche Seminare zum Öko-Landbau eingeführt. Zwei Akademien für Ökologischen Landbau in Bamberg und Kringell (Lkr. Passau) starten ihren Betrieb im September. Das bayernweite Bildungsangebot richtet sich an interessierte Landwirte und Profis im ökologischen Landbau. Dabei haben die beiden Bildungseinrichtungen unterschiedliche Schwerpunkte: Während in der Akademie am Lehr-, Versuchs und Fachzentrum (LVFZ) Kringell die ökologische Tierhaltung im Vordergrund steht, liegt der Fokus in der am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bamberg eingerichteten zweiten Öko-Akademie auf dem ökologischen Gemüse-, Obst- und Weinbau. Bamberg setzt dabei auf eine enge Kooperation mit der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim sowie dem Versuchsbetrieb für ökologischen Gemüsebau in Bamberg-Galgenfuhr, den der Freistaat für fast fünf Millionen Euro zu einem bundesweit einzigartigen Versuchsbetrieb weiterentwickelt hat. Ökolandbau ökologischer landbau in der Tierhaltung erleichtern soll. Mit einem Fördersatz von 35 Prozent können damit kleinere Investitionen etwa in tiergerechte Laufhöfe bezuschusst werden. Imker in Bayern, die ökologisch wirtschaften wollen, erhalten künftig einen jährlichen Zuschuss von 200 Euro pro Betrieb zu den Öko-Kontrollkosten. Dass diese Kosten gerade für kleinere Imker ein Umstellungshindernis sind, zeigt die geringe Zahl an Öko-Imkern: Von landesweit 30 000 Imkern wirtschaften nur gut 180 nach ökologischen Vorgaben. Der Großteil des nachgefragten Bio-Honigs muss deshalb derzeit nach Bayern importiert werden. Zudem stehen heuer rund eine Million Euro Fördermittel bereit, um die Verarbeitung und Vermarktung bayerischer Öko-Produkte voranzubringen. Damit können Investitionen wie etwa Verkaufs- oder Kühlräume, aber auch Begleitmaßnahmen wie Werbeaktionen mit bis zu 30 Prozent bezuschusst werden. Der maximal mögliche Zuschussbetrag für Öko-Vorhaben beträgt 75 000 Euro. Wettbewerb Öko-Modellregionen Mit einem eigens initiierten Wettbewerb möchte Staatsminister Brunner die Produktion heimischer Öko-Lebensmittel und das Bewusstsein für regionale Identität voranbringen. Dabei sollen die besten Konzepte von Gemeindebündnissen zur Entwicklung zertifizierter Öko-Modellregionen prämiert werden. In erster Linie geht es dabei um Projekte zur Förderung ökologischer Lebensmittel – von der Erzeugung und Verarbeitung bis zur Vermarktung. Aber auch Aspekte wie erneuerbare Energien, Energieeffizienz, soziales Engagement im Umweltbildungsbereich und kommunale Aktivitäten für den Natur- und Ressourcenschutz spielen bei der Beurteilung der Konzepte eine Rolle. Interessierte Gemeindezusammenschlüsse entwickeln dazu unter dem Dach der Integrierten Ländlichen Entwicklung anhand eines Kriterienkatalogs ihre künftige Öko-Modellregion. Die fertigen Konzepte können bis 31. Oktober 2013 beim Öko-Kompetenzzentrum der LfL eingereicht werden. Eine Jury mit Experten aus Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Gastronomie, Vermarktung, Energieerzeugung, Regionalplanung sowie Umwelt- und Naturschutz wird die besten Konzepte auswählen. Deren Umsetzung wird über die zuständigen Ämter für Ländliche Entwicklung mindestens zwei Jahre lang mit bis zu 75 Prozent gefördert. Weitergehende Informationen zum Wettbewerb finden sich auf der Internetseite des Staatsministeriums www.stmelf. bayern.de/landwirtschaft/oekolandbau/041255/index.php. Vorbild beim Einsatz von Öko-Lebensmittel Am Kompetenzzentrum für Ernährung in Kulmbach (KErn) wurde bereits Mitte Mai die Projektstelle Ökologische Lebensmittel eingerichtet, die in einem Schwerpunkt den Einsatz von regionalen Öko-Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung, beginnend in Betriebskantinen, weiter 8 voranbringen soll. Zu den ersten Aufgaben gehört, gemeinsam mit dem Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Kringell, dort ein praxisorientiertes überregionales Fortbildungsangebot zum Bio-Einsatz in der Gemeinschaftsverpflegung zu entwickeln, das sich an Küchenleiter, Multiplikatoren sowie Hauswirtschafts- und Ernährungsfachkräfte wendet. Dies ist Teil des Konzepts Ernährung in Bayern, zu dessen Zielen neben Gesundheitsförderlichkeit und Akzeptanz auch der regelmäßige Einsatz ökologischer Produkte in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Gesundheits- und Sozialeinrichtungen und Betrieben gehört. Das KErn entwickelt dazu derzeit Leitlinien zur Betriebsverpflegung, die einen Mindeststandard für die Ausschreibungen von Kantinen im Landwirtschaftsressort und darüber hinaus definieren werden. Die acht Fachzentren Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung bieten schon jetzt für Küchenleiter und Verpflegungsverantwortliche Informationen zur Nachhaltigkeit. Das bayerische Schulfruchtprogramm sorgt dafür, dass Grundschulkinder regelmäßig und kostenlos frisches Obst und Gemüse bekommen. Über 80 Prozent aller Grundschulen in Bayern machen mit. Erfreulich dabei ist, dass bereits 40 Prozent der Gemüse- und Obstlieferungen des Schulfruchtprogramms aus ökologischem Anbau stammen. Festzuhalten bleibt Bayern will als „Land der Spezialitäten“ mit dem Landesprogramm BioRegio Bayern 2020 auch für den Ökologischen Landbau die bestmöglichen Rahmenbedingungen setzen. Ökologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe sind bei der Ausrichtung der bayerischen Agrarpolitik keine Konkurrenten, sondern Partner. Beide erzeugen gesunde und qualitativ hochwertige Lebensmittel. Dem Verbraucher müssen wir noch stärker vermitteln, dass es für ihn einen Mehrwert bedeutet, wenn er hochwertigste Lebensmittel aus heimischem Anbau kauft. Dann profitieren der Landwirt, die Region, die Umwelt und ganz Bayern. Sehr erfreulich ist, dass sowohl der Bayerische Bauernverband als auch die Landesvereinigung für ökologischen Landbau in Bayern das Landesprogramm uneingeschränkt unterstützen. Das unterstreicht, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dr. Stefan gabler Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten [email protected] 40 Jahre „Schule und Beratung“ im Intranet 7-8/79: Ertrag und Qualität 12/81: Ertragsvergleich SuB 9-10/2013