11. Woche - Mathematik - Heinrich-Heine

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Fakultät für Mathematik
Heinrich Heine-Universität Düsseldorf
PD Dr. Markus Perling
Sommersemester 2014
Lineare Algebra 1
Elfte Woche, 18.6.2014
§7 Lineare Abbildungen und Matrizen
Auch in diesem Abschnitt sei K stets ein Körper.
Satz: Es sei V ein K-Vektorraum mit Basis b1 , . . . , bn und W ein beliebiger K-Vektorraum.
Dann gibt es zu jeder Familie von Elementen w1 , . . . , wn ∈ W genau eine lineare Abbildung f : V −→ W , so daß f (bi ) = wi für alle 1 ≤ i ≤ n.
Definition: Es sei V ein K-Vektorraum mit Basis B = b1 , . . . bn und man betrachte eine
Zuordnung B −→ W bi 7→ wi . Dann nennen wir die dadurch gegebene lineare Abbildung
die lineare Fortsetzung dieser Zuordnung.
Beispiel: Es seien m, n ∈ N und A = (aij ) ∈ Matm×n (K). Dann haben wir in §5 gesehen,
daß A eine lineare Abbildung φA : K n −→ K m , v 7→ A · v definiert. Für die Standardbasis
e1 , . . . , en gilt insbesondere:


α1j
 α2j 


φA (ei ) = A · ej =  ..  ∈ K m
 . 
αmj
für alle 1 ≤ j ≤ n. Insbesondere gilt also, daß die Spalten der Matrix A, als Vektoren in
K m aufgefaßt, das Bild der Abbildung φA in K m erzeugen.
Man kann auch den umgekehrten Weg gehen: wir bezeichnen die Standardbasis von
K n und K m mit e1 , . . . , en , bzw. f1 , . . . , fm und es sei f : K n −→ K m irgendeine lineare
Abbildung. Dann gilt für jedes 1 ≤ j ≤ n:
f (ej ) =
m
X
αij fi
i=1
mit αij ∈ K. Laufen wir über alle i, j, so können wir die αij zu einer Matrix zusammenfassen.
Definition: Für obige Abbildung f bezeichnen wir die durch die Bilder der Basisvektoren
definierte Matrix (αij ) 1≤i≤m mit Mf .
1≤j≤n
Satz: Es seien m, n ∈ N.
(i) Es sei f : K n −→ K m eine lineare Abbildung. Dann gilt: φMf = f .
(ii) Es sei A ∈ Matm×n (K). Dann gilt MφA = A.
(iii) Die Abbildung Φ : Matm×n (K) −→ Hom(K n , K m ), A 7→ φA ist ein Vektorraumisomorphismus mit Umkehrrabbildung Ψ : Hom(K n , K m ) −→ Matm×n (K), f 7→ Mf .
Wir erinnern uns aus §5 daran, daß Matn×n (K) mit Hilfe der Matrixmultiplikation
sogar ein Ring ist.
Korollar: Die Abbildung Φ : Matn×n (K) −→ End(K n ) ist ein Ringisomorphismus.
Satz: Es sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum und es bezeichne e1 , . . . , en die Standardbasis von K n .
(i) Ist B = b1 , . . . , bn eine Basis von V , dann ist die durch die Zuordnung bi 7→ ei
definierte lineare Abbildung ψB : V −→ K n ein Isomorphismus.
(ii) Ist g : V −→ K n ein Vektorraumisomorphismus, dann bilden g −1 (e1 ), . . . , g −1 (en )
eine Basis von V .
Insbesondere ist also jeder n-dimensionale K-Vektorraum isomorph zu K n .
Definition: Es seien V, W K-Vektorräume mit Basen B = b1 , . . . , bn und C = c1 , . . . , cm
für V , bzw. W und f : V −→ W eine lineare Abbildung. Dann heißt
MCB (f ) := ψC ◦ f ◦ ψB−1 : K n −→ K m
die Koordinatendarstellung von f bzgl. der Basen B und C. Hierbei sind ψB und ψC
Isomorphismen wie im vorigen Satz.
Man kann die Koordinatendarstellung auch mit Hilfe eines kommutativen Diagramms
verbildlichen:
f
/W
VO
−1
ψB
Kn
−1
ψc ⊗f ◦ψB
/
ψC
Km
Definition: Es sei V ein endlich-dimensionaler K-Vektorraum und B, B 0 Basen von V .
Dann setzen wir:
TBB0 := MBB0 (idV ) = ψB 0 ◦ ψB−1 .
TBB0 heißt Basiswechsel oder auch Koordinatentransformation.
Satz (Basiswechsel): Es seien V, W endlich-dimensionale K-Vektorräume und B, B 0 Basen von V und C, C 0 Basen von W . Dann gilt für eine Abbildung f : V −→ W :
0
0
MCB0 = TCC0 ◦ MCB (f ) ◦ TBB .
Bemerkung: Mit der hier eingeführten Notation gilt für eine Matrix A ∈ Matm×n (K),
daß A = MFE (φA ), wobei E und F die Standardbasen von K n bzw. K m sind. Um schwerfällige Schreibweisen wie z.B. φMCB (f ) zu vermeiden, werden wir im Folgenden an einigen
Stellen eine Matrix A mit ihrer Abbildung φA identifizieren. Man achte beim Lesen darauf, was an der entsprechenden Stelle gemeint ist, da die Unterscheidung wesentlich sein
kann.
Wir beobachten, daß für Basen B, B 0 , B 00 von V gilt:
0
TBB00 ◦ TBB0 = TBB00 .
Weiterhin können wir im Spezialfall mit V = W , B = C, B 0 = C 0 , mit A := MBB (f ),
0
A0 := MBB0 (f ), T := TBB0 schreiben:
A0 = T ◦ A ◦ T −1 .
Man beachte, daß für je zwei Basen B, B 0 , die Koordinatentransformationen TBB0 und
TB invers zueinander sind, d.h. es gilt:
B0
0
TBB0 ◦ TBB = ψB 0 ◦ ψB−1 ◦ ψB ◦ ψB−10 = idK n ,
sowie
0
TBB ◦ TBB0 = idK n .
Definition: Es sei n ∈ N.
(i) Wir bezeichnen mit 1n ∈ Matn×n (K)

1
0
.

1n :=  ..
.
 ..
0
die Einheitsmatrix

0 0 ··· 0
1 0 · · · 0

.
. . .. 
. . .
0 ..

.. . .
. . . . 0
.
0 ··· 0 1
(ii) Eine Matrix A ∈ Matn×n (K) heißt invertierbar, wenn es eine Matrix A−1 ∈ Matn×n (K)
gibt, mit A−1 · A = A · A−1 = 1n .
Die Menge der invertierbaren Matrizen bildet offenbar die Einheitengruppe im Matrizenring Matn×n (K).
Definition: Wir bezeichnen mit GLn (K) die Gruppe der invertierbaren Matrizen in
Matn×n (K). Dies Gruppe heißt die allgemeine lineare Gruppe.
Definition: Zwei Matrizen A, A0 heißen ähnlich oder konjugiert zueinander, wenn es ein
T ∈ GLn (K) gibt, so daß A0 = T ◦ A ◦ T −1 .
Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf den Begriff der Konjugation
zurückkommen.
Satz: Es sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum und B = b1 , . . . , bn eine Basis. Dann
ist die Abbildung
Φ : End(V ) −→ Matn×n (K), f 7→ MBB (f )
ein Ringisomorphismus mit Umkehrabbildung
Ψ : Matn×n (K) −→ End(V ), A 7→ ψB · φA · ψB−1 .
Die Einschränkung von Φ auf Aut(V ) ergibt einen Gruppenisomorphismus Aut(V ) −→
GLn (K).
Bemerkung: Es sei A ∈ GLn (K). Dann sind die Spaltenvektoren die Bilder der Standardbasisvektoren von K n bzgl. der Abbildung φA und bilden eine Basis, da φA nach dem
letzten Satz ein Isomorphismus ist. Umgekehrt kann man jede geordnete Basis b1 , . . . , bn
von K n als Spalten einer n × n-Matrix auffassen, notwendigerweise in GLn (K) enthalten
ist.
Wir betrachten nun einen Vektorraum V und eine Basis B = b1 , . . . , bn . Wir wollen
den Aspekt des Basiswechsels in V unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten.
Per Definition ist ein Basiswechsel gegeben durch die Auswahl einer Basis B 0 von V , und
wir haben:
id
/V
VO
−1
ψB
ψB 0
B
TB
0
/ Km
Kn
Andererseits ergibt noch obiger Bemerkung die Wahl einer Basis B 0 eine invertierbare
Abbildung fBB0 : V −→ V , bi 7→ b0i , d.h. wir haben bezüglich der festen Basis B ein
Diagramm
B
fB
0
VO
−1
ψB
Kn
B (f B )
MB
B0
/
/
V
ψB
Km
wobei MBB (fBB0 ) = ψB ◦ fBB0 ◦ ψB−1 . Wie hängen TBB0 und MBB (fBB0 ) zusammen? Wir rechnen
nach, daß für einen Standardbasisvektor ei von K n gilt:
TBB0 ◦ MBB (fBB0 )(ei ) = ψB 0 ◦ ψB−1 ◦ ψB ◦ f ◦ ψB−1 (ei )
= ψB 0 ◦ f ◦ ψB−1 (ei )
= MBB0 (f )(ei )
= ei .
0
Somit ist also TBB0 ◦ MBB (fBB0 ) = idK n und somit ist MBB (fBB0 ) = TBB das Inverse zu TBB0 .
Permutationsmatrizen
Basen sind immer geordnet, d.h. für eine Basis B = b1 , . . . , bn und eine Permutation σ ∈
Symn betrachten wir die Basen B und σ(B) := bσ(1) , . . . , bσ(n) als voneinander verschieden.
Die entsprechende Koordinatentransformation berechnen wir wie folgt. Für alle 1 ≤ i ≤ n
gilt:
B
Tσ(B)
(ei ) = ψσ(B) ◦ ψB−1 (ei ) = ψσ(B) (bi ) = eσ−1 (i) .
Man beachte im letzten Schritt, daß gilt j = σ −1 (i) ⇔ σ(j) = i, da σ nach Voraussetzung
eine Bijektion ist. Umgekehrt berechnet man:
σ(B)
TB
−1
(ei ) = ψB ◦ ψσ(B)
(ei ) = ψB (bσ(i) ) = eσ(i) .
σ(B)
B
Wir bezeichnen mit Pσ und Qσ die darstellenden Matrizen von Tσ(B)
bzw. von TB .
−1
Dann gilt offensichtlich Pσ = Qσ = Pσ−1 . Die Einträge von Pσ und Qσ sind wie folgt:
(
1 wenn i = σ −1 (j) (⇔ σ(i) = j)
Pσ = (pij )1≤i,j≤n , mit pij =
0 sonst.
(
1 wenn i = σ(j)
Qσ = (qij )1≤i,j≤n , mit qij =
0 sonst.
Zwei Matrizen Pσ und Qσ sind somit nicht nur invers zueinander, sondern auch transponiert, d.h. es gilt pij = qji für alle 1 ≤ i, j ≤ n. Für zwei Permutationen σ, τ rechnen wir
nach:
Qτ ◦σ = Qτ ◦ Qσ .
Satz: Die Abbildung Symn −→ GLn (K), σ 7→ Qσ ist ein injektiver Gruppenhomomorphismus.
Wir betrachten nun eine lineare Abbildung f : V −→ W , wobei wir für V und W Basen B = b1 , . . . , bn und C = c1 , . . . , cm haben. Außerdem wählen wir zwei Permutationen
σ ∈ Symn und τ ∈ Symn mit denen wir die permutierten Basen σ(B) und τ (C) erhalten.
Damit haben wir folgende Koordinatentransformationen:
VO
−1
ψσ(B)
Kn
/
id
ψB
σ(B)
/
f
VO
−1
ψB
Kn
TB
/
ψC
B (f )
MC
/
/
id
WO
−1
ψC
Km
σ(B)
TτC(C)
/
W
ψτ (C)
Km
σ(B)
=
Die neue Darstellende Matrix für f ist somit Mτ (C) (f ) = TτC(C) ◦ MCB (f ) ◦ TB
B
Pτ ◦ MC (f ) ◦ Qσ , wobei Pτ ∈ GLm (K) und Qσ ∈ GLn (K) die entsprechenden Permutationsmatrizen sind. Man rechnet nach, daß folgende Rechenregeln für eine Matrix
A ∈ Matm×n (K) und σ ∈ Symn , τ ∈ Symm gelten:
1) Die Matrix A · Qσ entsteht aus der Matrix A durch Vertauschung der Spalten von A
gemäß der Permutation σ.
2) Die Matrix Pτ · A entsteht aus der Matrix A durch Vertauschung der Zeilen von A
gemäß der Permutation τ −1 .
Literatur-/Lesevorschläge
S. Bosch, Lineare Algebra, §7.5, Aufgabe 3
G. Fischer, Lineare Algebra, §2.6
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