Anwendungsbeispiel Ausgangssituation: Herr X ist Leiter eines großen Supermarktes und muss nach dem ersten halbjährigen Report feststellen, dass der Umsatz im Vergleich zu den vergangenen Perioden gesunken ist. Da der durchschnittliche Einkaufswert gleich geblieben ist, vermutet er, dass weniger Personen seinen Supermarkt aufsuchen bzw. sein Supermarkt weniger regelmäßig aufgesucht wird. Gerne würde er in Marketingmaßnahmen investieren, damit seine Umsätze im nächsten Halbjahr wieder ansteigen. Da er keine richtigen Ansatzpunkte für Maßnahmen sieht, wendet er sich an ein Markforschungsinstitut. Artikuliertes Problem mit Entscheidungsproblem: Sinkende Umsätze/sinkende Loyalität welche Maßnahmen sind sinnvoll um Loyalität zu steigern? Identifikation des Informationsbedürfnisses (durch Gespräch mit Marktforschungsmitarbeitern): Keine Kenntnis der Kaufgründe/Loyalitätstreiber vorhanden => kein Ansatzpunkt für Ursachenforschung und damit kein Ansatz für Maßnahmengestaltung da wenig Wissen vorliegt => explorativer Forschungsansatz 1. Forschungsproblem/Forschungsziel: Identifizierung von Kaufgründen bzw. Nichtkaufgründen Passender Forschungsansatz: explorativ - Gruppendiskussion mit Kunden des Supermarktes (Untersuchungseinheit) zu den Kaufgründen bzw. möglichen Nicht-Kaufgründen (relevante Variablen) Zieldefinition und Prognose des Informationswertes: Herr X stimmt Forschungsziel zu, Nutzen der Informationen sind ihm die Kosten der explorativen Studie wert und die Umsetzbarkeit ist auch gegeben (da er kein Problem in der Gewinnung von Kunden seines Supermarktes für die Gruppendiskussion sieht, er stellt dafür sogar ein paar Einkaufsgutscheine zur Verfügung) Erkenntnisse aus 1. Forschung: Kunden nutzen den Supermarkt, weil er in der Nähe ist (Situation/Logistik), der Preis der Produkte zu ihren preislichen Vorstellungen passt (Preis), es viele frische Produkte gibt (Frische), die Sortimentsbreite nicht zu schmal ist (Sortimentsbreite) und es freundliche Ansprechpartner gibt (Service) Einige Kunden sind jedoch unzufrieden mit der preislichen Entwicklung, manchmal auch mit dem Service, und sie scheinen einen Rückgang an frischen Produkten festgestellt zu haben Unzufriedenheit mit einigen Faktoren könnte ein Grund sein, warum manche Kunden wegbleiben oder nicht mehr so häufig kommen Identifikation weiterer Informationsbedürfnisse: Wie viele Kunden sind wirklich unzufrieden und mit welchen Faktoren? (Bestimmung Anteil unzufriedener Kunden) Repräsentativität Ist die Unzufriedenheit in einer Kundengruppe besonders hoch? Die Unzufriedenheit mit welchen Faktoren führt zu einem Rückgang der Loyalität? 2. Forschungsproblem/Forschungsziel: Identifizierung der Unzufriedenheit mit bestimmten Faktoren unter den Kunden, Erfassung von Kundencharakteristika, Überprüfung des Einflusses von Zufriedenheitsfaktoren auf Loyalität Passender Forschungsansatz: deskriptiv für Beschreibung der Unzufriedenheit allgemein und in bestimmten Kundengruppen, kausal für die Bestimmung des Einflusses der Unzufriedenheit mit bestimmten Faktoren/Variablen auf die Loyalität standardisierte Befragung Untersuchungseinheit: Kunden Relevante Variablen: Zufriedenheit mit den einzelnen Faktoren Preis, Situation, Service, Frische und Sortimentsbreite, Einkaufsstättenloyalität, Soziodemografika Zieldefinition und Prognose des Informationswertes: Herr X stimmt auch diesem Forschungsziel zu; der Nutzen der Informationen sind ihm immer noch die Kosten der Befragung wert; die Umsetzbarkeit scheint wieder gegeben, da er zahlreiche Möglichkeiten sieht, wie seine Kunden an der Befragung teilnehmen können (z.B. Vorort-Befragung) Hypothese(n) des kausalen Forschungsansatzes: H1: Je zufriedener mit dem Service, desto loyaler der Kunde. H2: … Zufriedenheit – hypothetisches Konstrukt? : ja Möglichkeiten der Konzeptualisierung der Zufriedenheit: 1. Ordnung (eindimensional) 2. Ordnung (mehrdimensional) Möglichkeiten der Operationalisierung: Reflektiv: formativ: ACSI (von Fornell et. al. 1996) Mit … bin ich rund um zufrieden. Die … erfüllen ganz meine Erwartungen. Die … kommen nahe an meine Idealvorstellungen. Hier: Wahl fällt auf eindimensionale Konzeptualisierung und reflektive Multi-Item-Messung Skalierung: Der Skalenauswahlprozess: Entscheidung für Intervallskala mit sieben Merkmalskategorien/Ausprägungen: sehr zufrieden bis sehr unzufrieden (bei Auswertungen Zuweisungen von Zahlen: entweder 1 bis 7 oder -3 bis 3) Skala: fertiges, sichtbares Resultat, welches dem Proband vorgelegt wird (Indikatoren plus Antwortmöglichkeiten der Intervallskala) Messen: Der tatsächliche Befragungsprozess, wobei die jeweiligen Antworten/Ausprägungen der Probanden erhoben und den Antwortkategorien zugewiesen werden. Daten: das erfasste Resultat, die erfasste, gespeicherte Information pro Proband Erkenntnisse aus 2. Forschung: Güte der Messung: Gütekriterien sind erfüllt Deskriptive Erkenntnisse: 25% der Kunden sind unzufrieden, wobei 10% mit der preislichen Entwicklung und 20% mit dem Rückgang von Frischeangeboten unzufrieden sind Die unzufriedenen Kunden sind vorrangig unter 40 Jahre. Kausale Erkenntnisse: Der Faktor (Frische) hat den höchsten Einfluss auf die Loyalität … … Entscheidung von Herrn X: