32 Pflanze BAUERNBLATT l 1. Februar 2014 ■ Markt aktuell Braugerstenanbau rückläufig Typisch für Schleswig-Holstein ist der Weizen- und Rapsanbau, Braugerste führt nur ein Schattendasein. In den Medien ist Braugerste kaum vertreten, präsenter ist dagegen das daraus hergestellte Produkt Bier. Zuletzt machten die Bierbrauer nicht gerade positiv von sich reden, die illegalen Preisabsprachen wurden mit hohen Geldstrafen belegt. Die Braugerste ist davon nicht betroffen. In Schleswig-Holstein hat die Braugerste in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren. Die Braugerstengemeinschaft in München veröffentlichte jüngst Zahlen zum Anbau von Braugerste in Deutschland. In diesen Statistiken taucht Schleswig-Holstein wie auch einige andere Bundesländer schon nicht mehr auf. In der offiziellen Statistik wird der Sommergerstenanbau in Deutschland mit 350.700 ha im Jahr 2013 angegeben. Aber nicht jede angebaute Sommergerste erreicht die Braugerstenqualität. Ein niedriger Eiweißgehalt zwischen 9,5 und 11,5 % und ein hoher Vollgerstenanteil (mindestens 90 %) sowie eine hohe Keimfähigkeit sind Voraussetzungen zum Erreichen der Braugerstenqualität. Die in Deutschland geerntete Sommergerste 2013 weist mit einem Eiweißgehalt von 10,1 % einen angestrebten niedrigen Wert auf. Auch der Vollgerstenanteil von 89,6 % weist der Braugerste eine gute Sortierung zu. Die Experten der Braugerstenvereinigung schätzen aufgrund dieser Zahlen und den Meldungen aus den einzelnen Landesverbänden eine Erntemenge von 1,25 Mio. t. Nach diesen Auswertungen liegt die größte Anbaufläche innerhalb Deutschlands mit 100.000 ha in Bayern, die erwartete Erntemenge an Braugerste wird auf 360.000 t geschätzt. Im benachbarten BadenWürttemberg wurde auf 44.000 ha eine Menge von 190.000 t geerntet. Ein ebenfalls großes Anbaugebiet liegt in Rheinland-Pfalz mit 40.100 ha, die Ernte lag dort bei 185.000 t im Jahr 2013. Als weitere größere Anbauregionen sind Thüringen und Niedersachen mit 28.000 ha beziehungsweise 20.000 ha zu nennen. Die Ernte 2013 lag in Thüringen mit 150.000 t auf Vorjahresniveau, in Niedersachen wurde dieses mit 120.000 t um 5.000 t überschritten. bedeuten. Von einigen Vermarktern in Schleswig-Holstein wurde diese Schätzung als noch zu hoch angesehen. In der Ernteberichterstattung des Statistischen Landesamtes für Hamburg und Schleswig-Holstein wurde eine durchschnittliche Sommergerstenernte im Zeitraum 2007 bis 2012 von 41.000 t ermittelt. Der durchschnittliche Ertrag wurde mit 41 dt/ha angegeben. In den vergangenen beiden Jahren konnte der Ertrag auf 45 beziehungsweise 48 dt/ha gesteigert werden. Tendenziell kann von einer rückläufigen Fläche für Sommergerste ausgegangen werden, wobei sich der Anbau in den vergangenen drei Jahren zwischen 8.100 und 9.600 t eingependelt hat. Die Anbaufläche hängt nicht unwesentlich von den Anbaubedingungen sowie von der Auswinterung der Wintergetreidearten ab. 2007 und 2008 wurden mit 10.400 ha beziehungsweise 14.300 ha noch deutlich über 10.000 ha SomDie Verarbeitung der in Schleswig-Holstein erzeugten Braugerste erfolgt über- mergerste angebaut. wiegend in der Mälzerei Tivoli in Hamburg. Foto: Dr. Ulfried Obenauf Insgesamt zeigte man sich bei der Drittel der Sommergerste als BrauBraugerstengemeinschaft mit der gerste zu verwenden. Nach den AnBraugerstenernte 2013 zufrieden. gaben des Statistischen Landesamtes wurden in Schleswig-Holstein im Anbau in Schleswig-Holstein Jahr 2013 rund 9.000 ha mit Sommergerste bestellt, geerntet wurde auf niedrigem Niveau eine Menge von 48.000 t. Unterstellt Geht man von den Ergebnissen man eine Ausbeute von rund 66 %, und Schätzungen der Braugersten- würde das eine Braugerstenernte gemeinschaft aus, so sind rund zwei von 32.000 t für Schleswig-Holstein Abbildung: Entwicklung der Gerstenpreise im Bundesgebiet 300 €/t 250 Braugerste 200 150 Futtergerste 100 50 0 Preisdifferenz Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov 10 10 10 10 10 10 11 11 11 11 11 11 12 12 12 12 12 12 13 13 13 13 13 13 Gründe für den Rückgang Wie auch bei vielen anderen Sommerungen wird die Verdrängung durch den zunehmenden Silomaisanbau begründet. Durch die Verwertung von Silomais über die Biogasanlagen hat sich die Wirtschaftlichkeit von Silomais erhöht, die Sommerungen wie Hafer, aber auch Sommergerste haben das Nachsehen. Neben dem insgesamt rückläufigen Anbau von Sommergerste hat aber auch die Verwendung als Braugerste nachgelassen. Für die Produktion von Braugerste ist eine Prämie gegenüber der Verwendung als Futtergerste erforderlich, um den höheren Aufwand zu entlohnen. In den vergangenen Jahren ist diese aber immer geringer geworden. Dieses liegt unter anderem an der gestiegenen Nachfrage nach Futtergerste. Durch die große Nachfrage für den Export von Gerste stieg besonders der Futtergerstenpreis im Norden des Bundesgebietes stärker als in vielen anderen Regionen an. So wurden im ersten Halbjahr des Wirtschaftsjahres 2013/14 bereits Exportlizenzen für Gerste in Höhe von 4,72 Mio. t von der EU vergeben. Ein Jahr zuvor waren es für den gleichen Pflanze ■ BAUERNBLATT l 1. Februar 2014 Zeitraum nur 2,62 Mio. t gewesen. Diese Mengen sind vorrangig nach Saudi-Arabien verkauft worden. Daneben sorgte die hohe Nachfrage der Veredelungsregion Südoldenburg für einen zusätzlichen positiven Impuls für den Futtergerstenpreis. Unveränderter Braugerstenpreis Derzeit wird auf Bundesebene ein Braugerstenpreis von 187 €/t von der AMI im Rahmen des VLK/Kammerprogramms als Erzeugerpreis ermittelt. Die Bandbreite reicht dabei von 170 bis 195 €/t. Seit einigen Wochen halten sich diese Preise auf dem erreichten Niveau. Bei der Futtergerste wird ein Preis von 168 €/t ausgewiesen, die Spanne reicht dabei von 159 bis 182 €/t. Zuletzt fiel der Preis aufgrund schwächerer Nachfrage aus dem Exportbereich und allgemein rückläufiger Preise für Getreide zurück. In der Abbildung zeigt sich die geringe Preisdifferenz zwischen Futter- und Braugerste auf Bundesebene. In Süddeutschland liegt der Braugerstenpreis höher, der Futtergerstenpreis niedriger, hier erreicht die Braugerste aufgrund der höheren Differenz auch die Wirtschaftlichkeit. Im Norden dürfte aufgrund der schwächeren Braugerstenpreise und der höheren Futtergerstenpreise die Wirtschaftlichkeit schwieriger zu erreichen sein. Entscheidend für den Braugerstenpreis sind die Entwicklung des Angebotes sowie die Nachfrage der Mälzereien. Ausgehend von der Außenhandelsbilanz für Deutschland wurden im Jahr 2011/12 rund 260.540 t geröstetes und ungeröstetes Malz eingeführt. Dem stehen Ausfuhren von rund 423.660 t gegenüber. Daran lässt sich schon ein Exportüberschuss ablesen. Auch im laufenden Wirtschaftsjahr wird nach Angaben der Braugerstengemeinschaft von einem Exportüberschuss ausgegangen. Für Europa schätzt diese Gemeinschaft einen Exportüberschuss von 1,7 bis 1,9 Mio. t. Dabei wird auf eine höhere Ernte in Skandinavien und Großbritannien verwiesen. Auch Frankreich hat trotz einer Einschränkung der Anbaufläche mehr als benötigt geerntet. Damit können die Mälzereien auf ein mehr als ausreichendes Angebot an Braugerste zurückgreifen, wobei aufgrund eines rückläufigen Bierkonsums die Nachfrage tendenziell schwächer gesehen wird. Ausblick für kommende Saison Für die kommende Saison werden bereits Preise genannt. Diese liegen nach Angaben der AMI und des Handels vor Ort rund 15 bis 18 €/t über den derzeitigen Kursen. Höhere Preisaufschläge zur alten Ernte werden kaum erwartet, dann würde es eher zu einer Überlagerung der alten Ernte kommen. Daher werden jetzt bereits schon wieder niedrigere Preisaufschläge zur alten Ernte genannt. Angesichts der guten Aussaatbedingungen im Herbst wird eher von einer kleineren Anbaufläche für Sommergerste ausgegangen. Daher ist man vonseiten der Mälzereien bereit, einen Preisaufschlag auf die derzeitigen Kurse zu zahlen. FAZIT Es bleibt abzuwarten, ob sich noch Auswinterungsschäden ergeben. Sollte dies der Fall sein, könnte sich durchaus die Anbaufläche für Sommergerste erhöhen. Hierzulande versuchen einige Handelshäuser, Braugerste wieder stärker zu fördern. Entscheidend wird letztlich jedoch sein, wie hoch die Prämie zum Futtergerstenpreis ausfällt. Denn nur bei einer ausreichenden Wirtschaftlichkeit und angemessener Risikoverteilung zwischen Erzeuger, Handel und Mälzerei wird sich der Anbau von Braugerste wieder steigern lassen. Angesichts des ohnehin schon vorhandenen Exportüberschusses in der EU sind dem Braugerstenmarkt aber auch von dieser Seite Grenzen gesetzt. Bernd Irps Landwirtschaftskammer Tel.: 0 43 31-94 53-221 [email protected] 33