12/25 © 2001 Schattauer GmbH Hämostasestörungen durch Antibiotika K. Schrör Institut für Pharmakologie und Klinische Pharmakologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Schlüsselwörter Keywords Antibiotika, Plättchenfunktionsstörungen, Vitamin-Kabhängige Gerinnungsfaktoren, Thrombozytopenie, erworbene Gerinnungsstörungen Antibiotics, disturbed platelet function, vitamin K-dependent coagulation factors, thrombocytopenia, acquired hemostatic disorders Zusammenfassung Summary Hämostasestörungen durch Antibiotika können sowohl die plasmatischen Komponenten des Gerinnungssystems als auch die Thrombozyten betreffen. Ersteres beinhaltet eine verminderte Bildung von Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren durch Zerstörung der Vitamin-K-bildenden Darmflora (z.B. ß-Laktamantibiotika) und/oder Hemmung der Vitamin-K-Epoxidhydrolase (NMMT-substituierte Zephalosporine) mit nachfolgender Hypoprothrombinämie. Eine Immunthrombozytopenie tritt vor allem nach Trimethoprim/Sulfmethoxazol und anderen Sulfonamidantibiotika auf, ist aber auch für andere Antibiotika gut dokumentiert. Darüber hinaus wird eine direkte Hemmung der Plättchenfunktion durch Interferenz mit der Bindung von Agonisten (ADP, Adrenalin) vorwiegend für Penizilline und einige Zephalosporine beschrieben. Das klinische Bild dieser erworbenen Hämostasestörungen ist zusätzlich durch Risikofaktoren seitens des Patienten bestimmt. Erschwerend wirken schlechter Ernährungsszustand (Hypalbuminämie), parenterale Ernährung (niedriger Vitamin-K-Plasmaspiegel), Niereninsuffizienz (reduzierte Antibiotika-Clearance) und Komedikation zytotoxischer Substanzen (Zytostatika). Therapieoptionen sind neben dem Absetzen der Substanz in Abhängigkeit von Ursache und Schweregrad der Hämostasestörung Vitamin K1, Plättchenkonzentrate oder Frisch-(gefrorenes)Plasma. Disturbed hemostasis subsequent to intake of antibiotics might affect both the plasmatic coagulation as well as platelet aggregation. Disturbed plasmatic coagulation is caused by reduced generation of vitamin K-dependent clotting factors subsquent to elimination of vitamin K-producing microorganisms in the gut (e. g. ß-lactam antibiotics) and/or inhibition of the vitamin K-epoxyidhydrolase (NMMT-substituted cephalosporins), eventually resulting in hypoprothrombinemia. Immunthrombocytopenias are observed particularly with the use of trimethoprime/sulfmethoxazole and other sulfonamides, but have also been described for a variety of other antibiotics. In contrast, direct inhibition of platelet function caused by interference with platelet agonists (ADP, adrenaline) appears to be specific for penicillines and several cephalosporins. The clinical picture of these acquired disorders in hemostasis is additionally determined by risk factors at the patient´s site. Aggravation is seen in malnutrition (hypalbuminemia), parenteral nutrition (reduced vitamin K-plasma level), renal failure (reduced antibiotic clearance) and comedication of cytotoxic drugs (cytostatics). Therapeutic options besides removal of the drug in dependency on cause and severity of the disease include vitamin K1 administration, administration of platelet concentrates and of fresh-frozen plasma. Disturbed hemostasis subsequent to antibiotics Hämostaseologie 2001; 21: 12–6 A ntibiotika können über verschiedene Mechanismen zu Hämostasestörungen mit dem Auftreten von Blutungen führen. Für die in dieser Hinsicht am besten untersuchten ß-Laktamantibiotika (Penizilline, Zephalosporine) wurden Störungen der Plättchenfunktion, Reduktion der Synthese Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren mit nachfolgender Hypoprothrombinämie und Hemmung der Fibrinpolymerisation beschrieben (Tab. 1). Obwohl dies nicht in jedem Fall zu klinisch relevanten Blutungen führt, ist zweifellos eine hämorrhagische Diathese gegeben. Diese wird unter erschwerenden klinischen Bedingungen, wie Hemmung der Antibiotika-Clearance mit erhöhten Plasmaspiegeln der Substanzen (Urämie, hepatische Insuffizienz), chronische Erkrankungen mit schlechtem Ernährungszustand (Hypalbu- minämie) oder parenterale Ernährung (reduzierte Plasmaspiegel von Vitamin K1) sowie Komedikation von antihämostatischen Arzneimitteln (Heparin, orale Antikoagulanzien) und Zytostatika im Rahmen einer Chemotherapie (Knochenmarkdepression), verstärkt (19). Neben einer thrombozytären Dysfunktion sind antibiotikainduzierte Thrombozytopenien eine weitere Ursache thrombozytenassoziierter Hämostasestörungen. Diese können Folge einer langdauernden, hochdosierten Antibiotikatherapie sein oder auch immunologisch ausgelöst werden. Thrombozytopenien müssen bei ansonsten normaler Plättchenfunktion nicht mit Blutungen einhergehen, diese sind erst bei Thrombozytenzahlen von ≤ 10000/µl zu erwarten (20).Aber auch hier ist eine hämorrhagische Diathese zweifellos gegeben, die unter den beschriebenen besonderen klinischen Bedingungen zum Auftreten von Blutungen führen kann. Pathophysiologisch kann man zwischen Störungen der plasmatischen Koagulation, Störungen der Thrombozytenfunktion und Thrombozytopenien unterscheiden . Interferenz mit der Synthese Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren Klinik Antibiotika, vorzugsweise aus der Reihe der ß-Laktame, können auf verschiedenen Wegen mit der Synthese Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren (vorzugsweise Prothrombin) interferieren. Klinisch kommt es zu einer Hypoprothrombinämie, vor allem unter Bedingungen eines Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Hämostaseologie 1/2001 13/26 Schrör Tab. 1 Mechanismen von Hämostasestörungen durch Antibiotika latenten Vitamin-K-Mangels, zum Beispiel bei Patienten mit Ernährungsstörungen bzw. reduziertem Vitamin-K1-Spiegel im Serum (21). So kam es bei allen 7 parenteral ernährten Patienten unter Anwendung von Latamoxef zu einer Hypoprothrombinämie, Abfall von Vitamin K im Plasma und Abfall von Protein C innerhalb von 4 Tagen, die durch Gabe von Vitamin K1 behoben werden konnte (22). (Cefazolin) im Molekül. Alle diese Substanzen führen nach Gabe von Vitamin K1 zu einem Anstieg des Plasmaspiegels von Vitamin-K1-2,3-Epoxid, während Zephalosporine ohne dieses Strukturelement (Cefotaxim, Cefoxitin) keine solche Wirkung zeigen (22, 25). Außerdem können Zephalosporine zumindest in höheren Konzentrationen wie auch andere ß-Laktamantibiotika direkt die Plättchenaggregation hemmen (1) (Tab. 1). Pathophysiologie Verschiedene Mechanismen werden für die Störung der Synthese von VitaminK-abhängigen Gerinnungsfaktoren nach Antibiotika verantwortlich gemacht. Hierzu gehört zunächst die Elimination der Vitamin-K-synthetisierenden Darmflora durch alle Antibiotika, die über ein entsprechendes Wirkungsspektrum verfügen (23). Ein weiterer Mechanismus ist die Hemmung der hepatischen Vitamin-KEpoxidreduktase und damit eine »kumarinartige« Hemmung der Synthese Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren (24). Über einen solchen Wirkmechanismus verfügen Zephalosporine mit einer N-Methyl-thiotetrazol- (Latamoxef, Cephmenoxim, Cefoperazon, Cefotetan, Cefamandol) oder Methyl-thiadiazol-Seitenkette Hämostaseologie 1/2001 Thrombozytopenien durch Antibiotika für die meisten anderen Penizilline einschließlich Ticarcillin, Methicillin, Ampicillin, Oxacillin (19) gefunden.Auch Zephalosporine wie Cephalothin (19) und Cefotetan (26) können Thrombozytopenien auslösen. Signifikante Blutungen treten vor allem bei Dauerbehandlung und hohen Dosierungen (≥ 12 g/Tag) auf, wobei vor allem Patienten mit schlechtem Ernährungszustand (Hypalbuminämie) und Niereninsuffizienz besonders gefährdet sind (1). Weitere aggravierende Faktoren sind höheres Alter und zusätzliche Chemotherapie sowie Hypoprothrombinämie (27) . In einer bemerkenswerten Übersicht haben George et al. (28) unter Zugrundelegung strenger Bewertungskriterien 515 Berichte über isolierte Thrombozytopenien bei Anwendung von 152 unterschiedlichen Substanzen über 32 Jahre (1966-1997) im englischsprachigen Schrifttum verfolgt (Heparin wurde als bereits bekanntes Agens ausgeschlossen). Nur 247 dieser Berichte wurden als sicher (positiver Auslaßversuch) oder wahrscheinlich arzneimittelinduziert angesehen und immerhin 96 als unwahrscheinlich. Die Diagnosestellung erfolgte in der Regel aufgrund von Blutungen geringen Grades (Schleimhäute, Nasenbluten). Zwischen den einzelnen Substanzen bestanden allerdings erhebliche Unterschiede im Zeitpunkt des Auftretens im Bezug zur Einnahme: weniger als 1 Tag bis zu 3 Jahre (Median 14 Tage) (bei gesicherten Fällen) und Wiedererreichen des normalen Plättchen-Count innerhalb von weniger als 1 Tag bis zu 60 Tagen (Median 5 Tage). Bei erneuter Substanzgabe nach Auslaßversuch kam es zur erneuten Thrombozytopenie innerhalb von weniger als 1 bis zu 60 Tagen (Median 3 Tage). Klinik Thrombozytopenien (Plättchenzahlen < 100000/µl) entstehen entweder durch eine unzureichende Bildung (Knochenmarkdepression) oder zu rasche Zerstörung (pathologische Immunreaktionen) von Thrombozyten. Zahlreiche Antibiotika können eine Thrombozytopenie auslösen. Am besten untersucht sind in dieser Hinsicht ß-Laktamantibiotika. Als erstes wurde für Penizillin G (6) und Carbenicillin (7) eine Thrombozytopenie gezeigt und später Pathophysiologie Thrombozytopenien können toxisch oder immunologisch bedingt sein. Penizillinund Zephalosporin-induzierte Antiplättchen-Antikörper (11, 26) wurden nachgewiesen. Der Patient wird durch Erstexposition sensibilisiert gegenüber der Substanz, bei erneuter Exposition kommt es dann zu einem Abfall der Plättchenzahl, häufig einhergehend mit Blutungen. Beides ist nach Absetzen der Substanz reversibel. Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 14/27 Hämostasestörung durch Antibiotika Unterschiedliche Mechanismen werden für die Arzneimittel-induzierte Immunthrombozytopenie verantwortlich gemacht (29). Prinzipiell lassen sich drei Formen unterscheiden: Knochenmarksuppression, Antikörper-mediierte Zellzerstörung und Thrombozytenaggregation (30). Penizilline wirken wahrscheinlich als Haptene, die nach kovalenter Bindung an Glykoproteine der Plättchenmembran die Bildung von Antikörpern initiieren. Diese sind spezifisch für den Penizillin-Protein-Komplex. Im Falle dieser Membranproteine ermöglicht der Arzneimittel-Protein-Komplex die Antikörper-Bindung mit nachfolgender Zellzerstörung. Klinisch kommt es zu einer geringgradigen hämolytischen Anämie nach hohen Dosen von Penizillinen oder anderen ß-Laktamantibiotika (10-12). Thrombozytopenie durch Arzneimittelspezifische Antikörper ist ein seltener Mechanismus von Arzneimittel-induzierten Thrombozytopenien und im Gegensatz zu anderen Penizillin- oder Zephalosporin-induzierten Antikörpern plättchenspezifisch. Eine Thrombozytopenie tritt nur in Anwesenheit der freien Substanz im Plasma auf. Sulfonamid-Antibiotika binden nichtkovalent an Membranglykoproteine und induzieren ebenfalls die Bildung von Antikörpern, die an Plättchen nur in Gegenwart der gelösten Substanz binden (31). Dabei besteht eine Kreuzreaktion zwischen Penizillinen und Zephalosporinen (26). Immunthrombozytopenien wurden vor allem für das Kombinationspräparat Trimethoprim/Sulfmethoxazol beschrieben (14, 15). Von den 98 Thrombozytopenien mit sicherem oder wahrscheinlichem Bezug zu Arzneimitteleinnahme in der Studie von George et al. (28) rangierte Trimethoprim/ Sulfmethoxazol mit 10 Fällen nach Chinidin (38 Fälle) und Goldsalzen (11 Fälle) an dritter Stelle (Tab. 2). In einer epidemiologischen Untersuchung aus Dänemark über das Auftreten von Thrombozytopenien nach nichtzytotoxischen Substanzen gehören Sulfonamid-Antibiotika nach Goldsalzen und nichtsteroidalen Antiphlogistika zu den wichtigsten Präparaten (32). Auch für Vancomycin (16, 28) sowie Clarithromycin (33) wurden Immunthrombozytopenien berichtet. Tab. 2 Thrombozytopenien durch Antibiotika, publiziert in englischsprachigen Zeitschriften nach einer MEDLINE-Recherche für die Zeit von 1966 bis 1997 Evidenzniveau sicher: (i) Therapie mit jeweiliger Substanz ging Thrombozytopenie voraus und verschwand nach Absetzen; (ii) Kandidatensubstanz wurde als einzige vor Beginn der Thrombozytopenie gegeben bzw. weiterre Substanzen wurden weiter verordnet ohne Effekt beim Auslaßversuch; (iii) andere Ursachen einer Thrombozytopenie wurden ausgeschlossen; (iv) Reexposition gegenüber der fraglichen Substanz führte erneut zur Thrombozytopenie. Evidenzniveau wahrscheinlich: Kriterien (i) bis (iii) erfüllt. Ausschlußkriterien: Heparingabe; Komedikation von toxischen Substanzen für das Knochenmark (Zytostatika), Überdosierung der jeweiligen Substanz; Thrombozytopenie als Begleitsymptom einer anderen Abnormalität (aplastische Anämie, TTP); Alter <16 Jahre. Insgesamt 515 Berichte mit 152 unterschiedlichen Substanzen (komplette Liste unter http://moon.ouhsc.edu/jgeorge), darunter 87 Patienten »sicher« und 160 Patienten »wahrscheinlich« (28). Thrombozytenfunktionsstörungen durch Antibiotika Klinik Penizillin führt bei therapeutisch erreichbaren Konzentrationen (0,1-1 mM) ex vivo zu einer Hemmung von Plättchenaggregation und -sekretion (6, 7, 34). In vitro genügen 15 min Exposition gegenüber Penizillin für eine maximale Hemmung von Aggregation und Sekretion. Ein vergleichbarer Effekt wird beobachtet nach 48 h in vivo (4, 7). Die inhibitorischen Wirkungen von Penizillin auf die Aggregation in vitro sind sofort reversibel nach Entfernung der Substanz, während in vivo eine Erholung der Plättchenfunktion nach Absetzen 3-10 Tage erfordert (4, 7, 35). Hypalbuminämie führt Abb. 1 Unterschiedliche Beeinflussung der ADP-induzierten Plättchenaggregation in plättchenreichem Plasma in vitro nach Zusatz von Cephalothin (200 µg/ml): Keine Hemmung bei Patienten mit Normalbuminämie (n = 6), komplette Hemmung bei allen Patienten mit Hypoalbuminämie (n = 4 ) (mod. nach 36) Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Hämostaseologie 1/2001 15/28 Schrör zu einer Verstärkung der Plättchenfunktionsstörung bei gleichzeitiger Behandlung mit Zephalosporinen und anderen ß-Laktamantibiotika (36) (Abb. 1). Eine Hemmung der ADP-induzierten Plättchenaggregation ex vivo wurde auch für Moxalactam gefunden und weitere 26 ß-Laktamantibiotika von insgesamt 34 untersuchten Substanzen (13). Allerdings wurde zumindest für Cefotetan gezeigt, daß auch bei Patienten mit hepatobiliären Funktionsstörungen unter konventioneller Dosierung keine Hemmung der Plättchenfunktion eintritt (37). Der rasche Beginn und die Reversibilität der Plättchenfunktionsstörung in vitro sprechen für einen reversiblen Plättchendefekt, während die In-vivo-Wirkung eher irreversibel erscheint. In Bestätigung dessen korreliert die Antiplättchenwirkung von Penizillin in vitro nicht mit der Verlängerung der Blutungszeit in vivo (19). Pathophysiologie Schon in frühen Untersuchungen über die Antiplättchenwirkung von Penizillinen war vermutet worden, daß die Substanzen die Bindung und damit Wirkung stimulatorischer Agonisten (Adrenalin, ADP) hemmen und in der Folge die Anschaltung innerthrombozytärer Signalwege und Verstärkungsmechanismen (z.B. Thromboxanbildung) ebenfalls gehemmt (38) wird. Neuere Arbeiten haben außerdem gezeigt, daß Exposition von Plättchen in vitro gegenüber Penizillin G für 15 min die Thrombininduzierte Modulation der Glykoproteine Ib, Ib/IX, IIb/IIIa und P-Selectin hemmt und darüber die Plättchenadhäsion und -aggregation. Diese Penizillin-Wirkungen waren partiell reversibel durch Erhöhung der Agonistenkonzentration (39). Eine zeitabhängig irreversible Bindung von Penizillin an Plättchen in vitro wurde ebenfalls gefunden. Die Bindung erreichte erst nach mehr als 8 h eine Sättigung (40) und könnte vielleicht zur Akkumulation der Substanz an Plättchen in vivo beitragen. Spezifische Bindungsstellen für Penizillin G wurden an Humanthrombozyten nachgewiesen. Ca. 4800 Bindungsstellen pro Plättchen bei einer Dissoziationskonstanten von 200 nM wurden gefunden.Albuminzusatz (1-4 g/dl) führte konzentrationsHämostaseologie 1/2001 abhängig zu einer letztlich vollständigen Verdrängung von Penizillin G aus der Bindung an Plättchenproteinen (36). In vitro wurde eine Abnahme der thrombozytären 2-Rezeptoren nach Inkubation mit hohen Penizillinkonzentrationen (20 mM) gezeigt. Keine derartigen Veränderungen fanden sich bei Patienten nach 3-17tägiger Behandlung mit intravenösem Penizillin, Oxacillin oder Mezlocillin, obwohl die Adrenalin-induzierte Plättchenaggregation gehemmt war (40). Zwei biochemische Post-Rezeptoreffekte werden durch Penizillin in vitro oder ex vivo irreversibel gehemmt: die Thromboxan-Synthese und die Agonisten-induzierte Zunahme der zytosolischen Ca++-Konzentration (40). Beides ist vermutlich Folge einer Hemmung der Agonistenbindung bzw. –wirkung an der Zellmembran. Diese Effekte erfordern allerdings hohe Konzentrationen (20 mM). Trotzdem wird dies als mögliche Erklärung für die irreversible Hemmung der Plättchenfunktion durch ß-Laktamantibiotika nach längerdauernder Anwendung in vitro oder in vivo angesehen (41). Damit führen ß-Laktamantibiotika zu Störungen der Plättchenaggregation, die besonders dann gravierend sein können, wenn weitere Funktionsstörungen seitens der Koagulation (siehe oben) und seitens des Patienten hinzukommen. Literatur 1. Sattler FR, Weitekamp MR, Sayegh A, Ballard JO. Impaired hemostasis caused by beta-lactam antibiotics. Am J Surg 1988; 155: 30-9. 2. Pineo GF, Gallus AS, Hirsah J. Unexpected vitamin K deficiency in hospitalized patients. Can Med Assoc J 1973; 109: 880-3. 3. Anonymous. Antimicrobials and haemostasis. Lancet 1983; I: 510-1. 4. Johnsson H, Niklasson PM. Effect of some antibiotics on platelet function in vitro and in vivo. Thromb Res 1977; 11: 237-51. 5. George JN, Shattil SJ. The clinical importance of aquired abnormalities of platelet function. N Engl J Med 1991; 324: 27-39. 6. Cazenave J-P, Packham MA, Guccione MA, Mustard JF. Effects of penicillin G on platelet aggregation, release and adherence to collagen. Proc Soc Exp Biol Med 1973; 142: 159-66. 7. Brown CH III, Natelson EA, Bradshaw MW, Williams TW Jr, Alfrey CP Jr. The hemostatic defect produced by carbenicillin. N Engl J Med 1974; 291: 265-70. 8. Agnelli G, Guerciolini R, Grasseli S, Menichetti F, Pauluzzi S, Nenci GG, Del Favero A. Effects of the moxalactam antibiotic aztreonam on platelet function and blood coagulation. Chemotherapy 1987; 33: 9-14. 9. Uchida K. Kakushi H, Shike T. Effect of latamoxef (moxalactam) and its related compounds on platelet aggregation in vitro – structure activity relationships. Thromb Res 1987; 47: 215-22. 10. Petz LD, Fudenberg HH. Coombs-positive hemolytic anaemia caused by penicillin administration. N Engl J Med 1966; 274: 171-8. 11. Murphy NF, Riordan T, Minchinton M et al. Demonstration of an immune-mediated mechanism of penicillin-induced neutropenia and thrombocytopenia. Br J Haematol 1983; 55: 155-60. 12. Salamon DJ, Nusbacher J, Stroupe T et al. Red cell and platelet-bound IgG penicillin antibodies in a patient with thrombocytopenia.Transfusion 1984; 24: 395-8. 13. Bang NU, Kammer RB. Hematologic complications associated with ß-lactam antibiotics. Rev Infect Dis 1983; 5: S380-93: 14. Malnick SD, Atali M, Israeli E, Abend Y, Geltner D. Trimethoprim/sulfmethoxazoleinduced rash, fever, abnormal liver function tests, leukopenia and thrombocytopenia. Ann Pharmacother 1993; 27: 1139-49. 15. Chute JP, Frame JN, Ganey JT, Phares JC, Shakir KM. Intravenous immunoglobulin followed by platelet transfusion in the acute treatment of trimethoprime/sulfmethoxazoleinduced immune thrombocytopenia. Am J Hematol 1993; 43: 329-30. 16. Kuruppu JC, Le TP, Tuazon CU. Vancomycin associated thrombocytopenia; case report and review of the literature. Am J Hematol 1999; 60: 249-50. 17. Lee CH, Lee CJ. Thrombocytopenia – rare but potentially serious side effct of initial daily and interrupted use of rifampicin. Chest 1989; 96: 202-3. 18. Hull RL, Brandon D. Thrombocytopenia possibly caused by structurally related third-generation cephalosporins. DICP 1991; 25: 135-6. 19. Fass RJ, Copelan EA, Brandt JT, Moeschberger ML, Ashton JJ. Platelet-mediated bleeding caused by broad-spectrum penicillins. J Infect Dis 1987; 155: 1242-8. 20. Harker LA, Slichter SJ. The bleeding time as a screening test for evaluation of platelet function. N Engl J Med 1972; 287: 155-9. 21. Mackie IJ, Walshe K, Cohen H, McCarthy P, Shearer M, Scott SD, Karran SJ, Machin SJ. Effects of N-methyl-thiotetrazole cephalosporin on haemostasis in patients with reduced serum vitamin K1 concentrations. J Clin Pathol 1986; 39: 1245-9. 22. Shearer MJ, Bechtold H, Andrassy K, Koderisch J, McCarthy PT, Trenk D, Jähnchen E. Mechanism of cephalosporin-induced hypoprothrombinemia – relation to cephalosporin side-chain, vitamin K metabolism and vitamin K status. J Clin Pharmacol 1988; 28: 88-95. 23. Bang NU, Tessler SS, Heidenreich RO, Marks CA, Mattler LE. Effects of moxalactam on Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 16/29 Hämostasestörung durch Antibiotika blood coagulation and platelet function. Rev Infect Dis 1982; 4: S546-54. 24. Bechtold H, Lorenz J, Weilemann LS, Meinertz T, Trenk D, Andrassy K, Jähnchen E. Possible coumarin-like mechanism of action for cephalosporins. Klin Wschr 1984; 62: 885-6. 25. Trenk D,Wagner F, Bechtold H, Nies B, Jähnchen E. Lack of effect of cefixime on the metabolism of vitamin K1. J Clin Pharmacol 1990; 30: 737-42. 26. Christie DJ, Lennon SS, Drew RL, Swinehart CD. Cefotetan-induced immunologic thrombocytopenia. Br J Haematol 1988; 70: 423-6. 27. Vermylen J, Blockmans D.Aquired disorders of platelet function. Baillier´s Clin Haematol 1989; 2: 729-48. 28. George JN, Raskob GE, Shah SR, Rizvi MA, Hamilton SA, Osborne S, Vondracek T. Druginduced thrombocytopenia: a systematic review of published case reports. Ann Int Med 1998; 129: 886-90. 29. Aster RH. Drug-induced immune thrombocytopenia: An overview of pathogenesis. Sem Hematol 1999; 36 : S2-6. 30. Wazny LD, Ariano RE. Evaluation and management of drug-induced thrombocytopenia in the acutely ill patient. Pharmacotherapy 2000; 20: 292-307. 31. George JN, El-Harake M, Aster RH. Thrombocytopenia due to enhanced platelet destruction by immunologic mechanisms. In: Beutler E, Lichtman MA, Coller BS et al. (Eds.) Hematology (ed. 5) New York: McGraw-Hill 1995: 1315-54. 32. Pedersen-Bjergaard U, Andersen M, Hansen PB. Drug-specific characteristics of thrombocytopenia causaed by non-cytotoxic drugs. Eur J Clin Pharmacol 1998; 54: 701-6. 33. Baylor W, Williams K. Interstitial nephritis, thrombocytopenia, hepatitis and elevated serum amylase levels in a patient receiving clarithromycin therapy. Clin Infect Dis 1999; 29: 1350-1. 34. Johnson GJ, Rao GHR, White JG. Platelet dysfunction induced by parenteral carbenicillin and ticarcillin. Am J Pathol 1978; 91: 85-106. 35. Ballard JO, Barnes SG, Sattler FR. Comparison of the effects of mezlocillin, carbenicillin and placebo on normal hemostasis. Antimicrob Agents Chemother 1984; 25: 153-6. 36. Sloand EM, Klein HG, Pastakia KB, Pierce P, Prodouz KN. Effect of albumin on the inhibition of platelet aggregation by ß-lactam antibiotics. Blood 1992; 79: 2022-7. 37. Triger DR, Malia RG, Preston FE. Platelet function and coagulation in patients with hepatobiliary disorders rewceiving cefotetan prophylaxis. Infection 1988; 16: 33-6. 38. Shattil SJ, Bennett JS, McDonough M, Turnbull J. Carbenicillin and penicillin G inhibit platelet function in vitro by impairing the interaction of agonists with the platelet surface. J Clin Invest 1980; 65: 329-37. 39. Pastakia KB, Terle D, Prodiuz KN. Penicillininduced dysfunction of membrane glycoproteins. J Lab Clin Med 1993; 121: 546-54. 40. Burroughs SF, Johnson GJ. ß-Lactam antibioticinduced platelet dysfunction: Evidence for irreversible inhibition of platelet activation in vitro and in vivo after prolonged exposure to penicillin. Blood 1990; 75: 1473-80. 41. Burroughs SF, Johnson GJ. Beta-Lactam Antibiotics inhibit agonist-stimulated platelet calcium influx. Thromb Haemost 1993; 69: 503-8. Korrespondenzadresse: Prof. Dr. K. Schrör Heinrich-Heine-Universität Institut für Pharmakologie und Klinische Pharmakologie, Geb. 22.21 Moorenstr. 5, D-40225 Düsseldorf Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-10-30 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.