Blatt 12 Abgabe gibt’s nicht mehr Besprechung auch nicht apl. Prof. Dr. Michael Joachim Dipl.-Math. Fabian Hebestreit [email protected], Raum 507 Übungen zur Funktionentheorie II Aufgabe 45. Wir erweitern die Definition der Riemann’schen Flächen aus Beispiel 9 der Vorlesung auf beliebige holomorphe Abbildungen ϕ : G → Y , wo G ⊆ X ein Gebiet ist und X, Y zusammenhängende Riemann’sche Flächen sind. Man betrachte die folgende Menge {(p, U, f ) | U ⊆ X offen, f : U → Y holomorph, p ∈ U } Elemente hierin heißen manchmal Funktionselemente. Auf dieser Menge betrachten wir folgende Äquivalenzrelation: (p, U, f ) ∼ (q, V, g) genau dann, wenn p = q und es eine offene Umgebung W von p gibt, sodass W ⊆ U ∩ V und f|W = g|W . Eine Äquivalenzklasse heißt Funktionskeim. Die Menge der Funktionskeime bezeichnen wir mit F(X, Y ). Auf F(X, Y ) haben wir die folgende Topologie: Eine Teilmenge O ⊆ F(X, Y ) sei offen, wenn es zu jedem Keim F ∈ O ein Funktionselement (p, U, f ) ∈ F gibt, derart, dass für jeden weiteren Punkt q ∈ U der Keim von (q, U, f ) ebenfalls in O liegt. Zu einer Funktion ϕ : G → Y können wir jetzt folgenden Raum assoziieren: F ist Keim am Endpunkt der analytischen Sϕ = F ∈ F(X, Y ) Fortsetzung von ϕ entlang irgendeines Weges Definieren wir noch Xϕ ⊆ X als die Menge derjenigen Punkte, in die sich ϕ überhaupt analytisch fortsetzen lässt, so erhalten wir folgendes kommutatives Diagramm holomorpher Abbildungen: Sϕ π ϕ̂ _ Xϕ o /Y O e ϕ ? _G wobei π([(p, U, f )]) = p, e(p) = [(p, G, ϕ)] und ϕ̂([(p, U, f )]) = f (p). Zeigen Sie die folgenden Aussagen: (a) Die im Text erklärte Relation auf F(X, Y ) ist wirklich eine Äquivalenzrelation. (b) Für X = C liefert Taylorentwicklung eine Bijektion P p ∈ C, P = ai (x − p)i hat F(X, Y ) → (p, P ) positiven Konvergenzradius (c) Durch die Festsetzungen im Text wird wirklich eine Topologie auf F(X, Y ) definiert. Der entstehende Raum ist hausdorff’sch. Der Unterraum Sϕ ist wegzusammenhängend (sogar eine Komponente) und zweitabzählbar. (d) Die Menge Xϕ ist offen in X, die Abbildung π 0 : F(X, Y ) −→ X, [(p, U, f )] 7−→ p ist ein lokaler Homöomorphismus und ihre Einschränkung π : S → Xϕ ist sogar eine Überlagerung (siehe Anmerkung). Nach einem Satz der Vorlesung können wir Sϕ also mittels π die Struktur einer Riemann’schen Fläche geben (das funktioniert fast auch für F(X, Y ), dieser Raum ist aber nicht zweit abzählbar). (e) Alle in dem dargestellten Diagramm auftauchenden Abbildungen sind wohldefiniert und holomorph und das Diagramm kommutiert auch wirklich. (f) Für jedes offene, zusammenhängende G ⊆ U ⊆ X haben wir eine kanonische Bijektion (die Nachschaltung von e) {Φ : U → Y | Φ holomorph und Φ|G = ϕ} ←−{Φ : U → Sϕ | Φ holomorph und π ◦ Φ = id} (g) Abbildungen aus der zweiten Menge in (f) sind konforme Einbettungen. (h) Ist Xϕ einfach zusammenhängend, so ist die Abbildung π : Sϕ → Xϕ biholomorph. Nun können wir schnell folgenden Satz beweisen: Theorem. Gegeben sei das durchgezogene Diagramm >X g Z f / q Y aus zusammenhängenden Riemann’schen Flächen und holomorphen Abbildungen, sodass folgende drei Bedingungen gelten: • Bild(f ) ⊆ Bild(q) • q ist lokal biholomorph. • Z ist einfach zusammenhängend. Dann existiert die im Diagramm gestrichelte Abbildung, also eine holomorphe Abbildung g : Z → X mit q ◦ g = f . Anmerkungen: Für diesen Satz haben wir in der Vorlesung für X, Y, Z Teilmengen von C − {0} und q(z) = z 2 einen ‘quick and dirty’-Beweis gegeben. Er besagt in diesem Falle genau die Existenz einer Wurzelfunktion von f . Im Allgemeinen stellt man sich Sϕ also als den ‘größten’ Bereich ‘über’ X vor, auf den ϕ noch eine Erweiterung besitzt, nämlich ϕ̂: Man fasse hierzu G via e : G → Sϕ als in Sϕ eingebettet auf (Teile (g) und (e)!). Eine stetige Abbildung h : X → Y heißt Überlagerung, falls es um jedes y ∈ Y eine Umgebung U und einen Homöomorphismus ψ : U × h−1 (y) → h−1 (U ) gibt, so dass ψ / h−1 (U ) U × h−1 (y) pr1 % U { h|U kommutiert; hierbei erhält h−1 (y) die diskrete Topologie.