Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Fakultät Handel und Soziale Arbeit WS 2012/2013 M 25 Bachelorarbeit Erstprüferin: Prof. Dr. Susanne Schlabs Zweitprüferin: Dipl.-Sozialpäd. Anja Fischer Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Mirjam Achenbach 6. Semester Soziale Arbeit, 70007365 29556 Suderburg, In den Twieten 7 [email protected] 06.02.2013 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 3 2. Begriffsbestimmungen 6 2.1 Geschlechterspezifische Sozialisation 6 2.2 Gender Mainstreaming 8 3. Konzepte geschlechterspezifischer Sozialer Arbeit 11 3.1 Mädchenarbeit 11 3.1.1 Geschichtliche Entwicklung 11 3.1.2 Heutige Lebenslagen von Mädchen 13 3.1.3 Arbeitsprinzipien 15 3.2 18 Jungenarbeit 3.2.1 Geschichtliche Entwicklung 18 3.2.2 Heutige Lebenslagen von Jungen 19 3.2.3 Arbeitsprinzipien 22 3.3 Koedukation 25 4. Mädchen- und Jungenarbeit in der Heimerziehung 27 4.1 Begriffsbestimmung Heimerziehung 27 4.2 Umsetzung in der Praxis 30 4.3 Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte 37 5. Schlussbetrachtung und Ausblick 40 Literaturverzeichnis 44 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 1. Einleitung In der heutigen Gesellschaft haben sich die Lebensformen und Zukunftsentwürfe von Mädchen und Jungen vervielfältigt. Die gesellschaftliche Entwicklung durch soziale Vernetzung, Mobilität und Flexibilität bergen ein großes Potential an Veränderungen und neuen Anforderungen. Sie nimmt zudem Einfluss auf die Familie und führt damit zu einem Wandel und Anpassungsprozessen in der Lebensgestaltung des familiären Systems. In der pluralistischen Gesellschaft haben sich die unterschiedlichen Lebensstile sowie Individualisierungstendenzen ausdifferenziert. Diese eröffnen für das Individuum und seine Persönlichkeitsentwicklung eine Vielzahl von Möglichkeiten, die sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringen. Hierbei ist ein Anstieg der alleinerziehenden Mütter und Väter sowie der sogenannten Patchworkfamilien und der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zu verzeichnen. Ein bedeutender Auftrag der Familie ist weiterhin die Erziehung der Kinder zu einer eigenständigen Persönlichkeit sowie die Eingliederung dieser in die Gesellschaft und die damit verbundene Übernahme von gesellschaftlichen Normen und Werten. Neben den familiären Strukturen sind auch das soziale Umfeld, die Schule und die Medien ausschlaggebend für die Sozialisation (vgl. Schäfers 2012, 108, 110). Doch nicht nur die Familie an sich, sondern auch die sozial zugeschriebenen Rollen haben sich verändert. Mit den Rollen ist eine gesellschaftliche Erwartungshaltung an die Verhaltensweisen verbunden. Diese Verhaltensweisen werden von den Rollenträgern übernommen und es bilden sich typische Eigenschaften heraus. So wird der Rollenbegriff des Mannes immer noch mit der Zuschreibung des beruflichen Erfolgs und der Familienernährung bestimmt. Die Rolle der Frau wird weiterhin mit der sozialen Beziehungspflege und Kindererziehung verknüpft. Doch in den letzten Jahren haben sich die Rollen gewandelt und haben einen entsprechenden Einfluss auf die Entwicklung und Lebensweise von Individuen (vgl. Nave-Herz 2009, 38). Die Ansprüche an Männer und Frauen seitens der immer komplexer gewordenen Gesellschaft sind gestiegen. Die Rollenanforderungen befinden sich durch strukturelle, kulturelle und wirtschaftliche Veränderungen in einem Prozess des Wandels. So stehen Männer vor der Herausforderung, die Rolle des Ernährers mit der Beteiligung an der Erziehung zu vereinen. Frauen stehen vor der 3 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Herausforderung, der doppelten Belastung durch Mutterrolle und Erwerbstätigkeit gerecht zu werden. Diese familiären Veränderungen haben auch Auswirkungen auf die Lebenssituationen von Jungen und Mädchen. Hierdurch ergeben sich für sie spezielle Problemlagen und Einschränkungen (vgl. Böllert/Peter 2012, 7f., 12). Das erfolgreiche Erwachsenwerden von Jungen und Mädchen wird von verschiedenen Einflüssen bestimmt. Hierbei ist das elterliche Erziehungsmuster von Bedeutung. Hierzu zählen aber auch schwierige Lebenssituationen, diese wirken sich auf Bewältigungsverhalten und schulische Erfolge aus. Wenn eine Erziehungsunfähigkeit der Eltern vorliegt, kann diese Auswirkungen auf die Entwicklung der Persönlichkeit sowie das soziale Verhalten von Mädchen und Jungen haben. Wenn die Erziehung in der Familie nicht mehr ausreichend gewährleistet ist, greifen verschiedene Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe. Als Feld der Sozialen Arbeit hat die Jugendhilfe die gesellschaftlich festgeschriebene Aufgabe, auf den Abbau der benachteiligten Lebenssituationen der Mädchen und Jungen hinzuwirken, sie bei der Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit zu fördern und die Übernahme von gesellschaftlichen Normen und Werten zu verinnerlichen. Hierzu zählen auch die Angebote der stationären Jugendhilfe, diese richten sich speziell an Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenslagen und mit besonderen Problemlagen und/oder Verhaltensauffälligkeiten (vgl. Pothmann 2012, 156ff.). Im Jahr 2011 wurden laut dem Statistischen Bundesamt 35495 Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung untergebracht. Im Jahr 2008 dagegen, wurden 32198 Kinder und Jugendliche aus der Familie genommen und eine stationäre Erziehungshilfe installiert. Dies bedeutet, dass die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung stetig zunimmt. Ein Hauptgrund für diese Unterbringung ist mit 17 Prozent die Erziehungsunfähigkeit eines oder beider Elternteile (vgl. Statistisches Bundesamt 2012/Statistisches Bundesamt 2010). Für die Herausnahme eines Jugendlichen aus seiner Herkunftsfamilie spielen sowohl die veränderten Lebensbedingungen, resultierend aus den gesellschaftlichen Veränderungen, als auch das Verhalten des nahen sozialen Umfeldes eine Rolle. Die gesellschaftlichen Veränderungen im Hinblick auf die veränderten Lebenslagen von Mädchen und Jungen gewinnen zunehmend an Bedeutung und müssen in das Hilfekonzept der Heimerziehung einfließen. Seit der Einführung der politischen Strategie Gender Mainstreaming ist es auch in der Heimerziehung von zunehmender 4 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Bedeutung geworden, sich mit dem sozialen Geschlecht zu beschäftigen und durch die Hilfeleistung auf einen Abbau der Benachteiligungen hinzuarbeiten. Anhand der eben beschriebenen Faktoren ergeben sich verschiedene Fragestellungen: Wie müssen Konzepte bzw. Angebote in der Heimerziehung aussehen, die sich adäquat an den Interessen und Bedürfnissen der Geschlechter orientieren? Werden die Leitbedingungen des Gender Mainstreamings ausreichend berücksichtigt? Was ergibt sich hieraus für die Qualifikationen der Fachkräfte? Das Erziehungsverhalten der Eltern und die Ausbildung der Persönlichkeit von Jungen und Mädchen haben sich aufgrund der gesellschaftlichen Situation gewandelt. Es kann nicht mehr von typischen männlichen oder weiblichen Rollen sowie Verhaltensweisen gesprochen werden. Hinzu kommt, dass die Benachteiligung zwischen den Geschlechtern abgebaut werden soll. Beiden sollen die gleichen Zukunftschancen und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dieses beschreibt die Strategie Gender Mainstreaming. Im zweiten Kapitel werden also die Begriffe der geschlechterspezifischen Sozialisation sowie des Gender Mainstreamings bestimmt. Im dritten Kapitel werden verschiedene Konzepte der geschlechterspezifischen Sozialen Arbeit beschrieben. Es werden die Entwicklungen von Mädchen- und Jungenarbeit und koedukativen Ansätzen in den Blick genommen. Zudem werden die veränderten Lebenslagen von Mädchen und Jungen sowie Arbeitsprinzipien der Mädchen- und Jungenarbeit in der Jugendhilfe vorgesellt. Da es sich bei der Heimerziehung um ein spezielles Feld der Jugendhilfe handelt und diese sich in den letzten Jahren verändert hat, wird im vierten Kapitel die Heimerziehung der heutigen Zeit definiert. Außerdem wird anschließend kritisch betrachtet, welches beschriebene Konzept am sinnvollsten erscheint und welche Anforderungen sich hieraus an die pädagogischen Fachkräfte ergeben. Im fünften Kapitel wird festgestellt, inwieweit Gender Mainstreaming in der Heimerziehung umgesetzt wird und ein Ausblick gegeben, in welcher Hinsicht die Konzepte noch weiterentwickelt werden müssen. 5 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 2. Begriffsbestimmungen 2.1 Geschlechterspezifische Sozialisation Im Kleinkindalter lassen sich die Verhaltensweisen von Mädchen und Jungen noch nicht geschlechtertypisch differenzieren. Erst während der weiteren Sozialisation und dem damit verbundenen vermehrten in Kontakt treten mit dem sozialen Umfeld, erfolgt die Übernahme von geschlechterspezifischen Normen sowie Handlungsweisen. Die geschlechterspezifische Sozialisation von Mädchen und Jungen findet durch die familiäre Erziehung, das soziale Umfeld, die schulische Bildung und zu einem Großteil auch durch die Medien statt. Es erfolgt die Vermittlung von typischen männlichen und weiblichen Werten, die die Persönlichkeitsentwicklung und Lebensentwürfe der Mädchen und Jungen, teilweise unbewusst, beeinflussen. Den beiden Geschlechtern werden seitens der Gesellschaft rollentypische geschlechterspezifische Verhaltensweisen zugeschrieben, die mit unterschiedlichen Erwartungen verknüpft sind. Zudem werden die Verhaltensweisen durch die Gesellschaft bestärkt, sodass die Ausbildung dieser noch begünstigt wird (vgl. Hertling 2008, 1, 148/Kasten 2003, 70). Schon in den frühen Lebensjahren werden Mädchen und Jungen mit den geschlechtertypischen Rollenerwartungen und Verhaltensweisen konfrontiert, sodass eine typisch männliche oder weibliche Identitätsbildung erfolgt. Im Kindergartenalter erleben Jungen beispielsweise mehr Aufsicht durch Bezugspersonen. Deren abweichendes geschlechterspezifisches Verhalten wird durch die Eltern abgelehnt und gegebenenfalls sanktioniert, bei Mädchen dagegen meistens toleriert. Auch der Umgang der Eltern mit den Mädchen und Jungen ist verschieden. So werden Jungen als kräftig und ausgelassen eingestuft, sodass mit ihnen herumgetobt wird. Mädchen dagegen werden als grazil und feinfühlig empfunden, sodass auf sie Rücksicht genommen und ihnen weniger abverlangt wird. Nicht nur der Umgang der Eltern mit den Kindern, sondern auch die Einrichtung der Zimmer ist für die Ausbildung geschlechtertypischer Merkmale von Bedeutung. In Mädchenzimmern befinden sich häufig viele Puppen und kindgerecht nachgebildete Haushaltsgeräte aus der Erwachsenenwelt. Hierdurch werden unbewusst die Erwartungen der Eltern an die Mädchen herangetragen, dass sie sich mütterlich und liebevoll verhalten sollen. In Jungenzimmern dagegen sind Autos oder Fußbälle zu finden, die den Tatendrang der Jungen unterstützen sollen. Zusätzlich werden Kinder geschlechterkenntlich 6 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 gekleidet und ihnen werden unterschiedliche Aufgaben bei der Mithilfe im Haushalt zugewiesen. Mädchen werden des Weiteren eher in den Bereichen Tanz oder Basteln unterstützt, Jungen eher in Technik oder bei sportlichen Aktivitäten. Bei Mädchen wird es gern gesehen, wenn sie sich unterordnen, Schwäche zeigen und behütet werden müssen. So werden sie länger und mehr umsorgt als Jungen, diese sollen so schnell wie möglich eigenständig werden. Den Erwartungen der Geschlechterrolle gerecht zu werden bedeutet für Jungen mutiger zu sein als Mädchen und keine Schwäche zu zeigen. Hinzu kommt, dass sie sich für (offensichtliche) unmännliche Gefühle, beispielsweise Unsicherheit oder Hilflosigkeit, schämen müssen und diese deshalb nicht offen zeigen (vgl. Hertling 2008, 3/Kasten 2003, 70ff.). Die geschlechtertypischen Verhaltensweisen werden durch die Medien bekräftigt, denn Kinder werden hinsichtlich ihrer Persönlichkeits- sowie Rollenentwicklung beeinflusst. In den Medien ist die Geschlechterhierarchie und klassische Rollenverteilung immer noch vorherrschend. Während sich Männer in Machtpositionen befinden und Helden darstellen, werden Frauen in typisch weiblichen Berufen oder als Hausfrauen gezeigt. Frauen ordnen sich den durchsetzungsfähigen und erfolgreichen Männern unter und sind von ihnen abhängig (vgl. Hertling 2008, 45ff./Kasten 2003, 80ff.). Auch heutzutage sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht zu übersehen. Männern und Frauen werden immer noch typische Erwartungen und Eigenschaften an ihre Rolle zugeschrieben. Diese wirkt sich auf das soziale Leben sowie die Integration aus. Männer werden als das „starke Geschlecht“ betitelt und Frauen eher als Mutter und Hausfrau gesehen. Männer sind die Ernährer der Familie, sie üben einen Beruf aus und bringen das Geld mit nach Hause. Demnach ist die Frau für die Beziehungsarbeit, die Erziehung der Kinder und einen gelingenden Alltag zuständig. Dennoch ist diese Kategorisierung in Veränderung begriffen, die Gesellschaft und vor allem die Rolle der Frau hat sich verändert. Frauen werden trotz Mutter sein und nachgehen einer Erwerbstätigkeit gesellschaftlich akzeptiert. Diese sogenannte Doppelrolle bedeutet für Frauen, dass sie sich um ihre Familie und den Beruf kümmern können. Die gewandelte Frauenrolle stößt auch eine Wandlung der Männerrolle an, zwar steht häufig noch der Beruf im Vordergrund, jedoch kümmern Männer sich zunehmend um die Kinder und den Haushalt. Die eben beschriebene Veränderung bietet Männern und Frauen zwar neue Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Rolle, doch auch weiterhin ist es von zunehmender 7 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Bedeutung die Gleichstellung von Männern und Frauen zu erreichen und somit die bestehende Benachteiligung abzubauen (vgl. Athenstaedt/Alfermann 2011, 9ff.). 2.2 Gender Mainstreaming Unter dem Begriff „Gender“ ist das sozial zugewiesene Geschlecht zu verstehen. Männern und Frauen werden von der Gesellschaft Geschlechterrollen zugeschrieben, die mit bestimmten Erwartungshaltungen und Attributen verknüpft sind. Hierzu zählen typische männliche und weibliche Eigenschaften und Verhaltensweisen, die sich auf die Persönlichkeitsentwicklung sowie Lebensweise auswirken. Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht ist das vorrangige Kriterium für die Stellung in der Gesellschaft. Das weibliche Geschlecht gilt immer noch als benachteiligt in Bezug auf die Verteilung von Macht, Geld oder Arbeitsplätzen. Zudem werden die Interessen und Bedürfnisse der Frauen in unserer Gesellschaft nicht differenziert genug wahrgenommen (vgl. Enggruber 2001, 11f., 107f./Richter 2004, 9f.). Der Begriff „Mainstreaming“ deutet auf das veränderte Grundverständnis von Haltungen und Meinungen zum Thema Geschlecht hin, das in alle Bereiche der Gesellschaft übernommen werden soll (vgl. Enggruber 2001, 108/Richter 2004, 11). Gender Mainstreaming ist eine politische Strategie (eingeführt im Jahr 1999) mit dem Ziel, die Gleichstellung von Männern und Frauen in allen Lebensbereichen zu erreichen. Die Idee von Gender Mainstreaming ist es, die unterschiedlichen Bedürfnisse, Interessen und Lebenssituationen von Männern, Frauen, Mädchen und Jungen wahrzunehmen und sich an ihnen zu orientieren. Es soll die bestehende geschlechterspezifische Benachteiligung abgebaut und auf eine Geschlechtergerechtigkeit sowie Chancengleichheit hingearbeitet werden. Hinzu kommt, dass nicht mehr von typischen männlichen oder weiblichen Lebensläufen, Interessen oder Vorstellungen gesprochen werden kann. Gender beinhaltet demnach beide Geschlechter und rückt diese in den Mittelpunkt, sodass beide Perspektiven berücksichtigt werden. Es geht also nicht mehr nur um die benachteiligten Mädchen oder Frauen, sondern um die gleichberechtigte Teilhabe beider Geschlechter an der Gesellschaft (vgl. Bentheim u.a 2004, 13f./Enggruber 2001, 11). Auch hinsichtlich der Jugendhilfe hat Gender Mainstreaming an Bedeutung gewonnen. Laut des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist „mit den seit dem 1. Januar 2001 geltenden Kinder- und Jugendplan-Richtlinien 8 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 […] Gender Mainstreaming (GM) als Leitprinzip verpflichtend vorgegeben. GM bedeutet in der Kinder- und Jugendhilfe grundsätzlich danach zu fragen, wie sich Maßnahmen und Gesetzesvorhaben jeweils auf Frauen und Männer, Mädchen und Jungen auswirken und ob und wie sie zum Ziel der Chancengleichheit der Geschlechter beitragen können. Auf dieser Grundlage sind die Maßnahmen und Vorhaben entsprechend zu steuern“ (BMFSFJ 2002). Die Benachteiligung zwischen den Geschlechtern soll abgebaut werden. Das Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter entwickelte sich aus der Forderung, ein größeres mädchenspezifisches Spektrum anzubieten. Da Jugendarbeit lange Zeit als Jungenarbeit tituliert wurde, sollte den Mädchen mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung geschenkt werden. Ihnen sollte die Möglichkeit geboten werden, sich ungezwungen austauschen und entwickeln zu können, ohne das Beisein des häufig dominierenden männlichen Lebensbedingungen gesellschaftlichen von Geschlechts. Mädchen Wahrnehmung, in und Zudem den rückten die erschwerten Mittelpunkt der veränderten Maßnahmen zum Aufbau von Chancengerechtigkeit wurden installiert. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass auch Jungen sich in defizitären Lebenssituationen befinden. Diese beinhalten die Entwicklungschancen sowie Rollenanforderungen und auch hier sollten geschlechterspezifische Angebote initiiert werden. Nicht nur Mädchen wird also mehr Beachtung geschenkt, sondern auch den Jungen (vgl. Bruhns 2004, 13ff./Rose 2004, 34ff.). Da die schwierigen Lebenssituationen beider Geschlechter in den Fokus rückten und ernst genommen wurden, ist es Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern. Aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Veränderung hat sich der Begriff in Bezug auf die Jugendhilfe ausdifferenziert. Laut §9 Abs. 3 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (im Folgenden KJHG) ist es Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe „die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern“ (KJHG, §9). Dieses Prinzip soll in der Kinder- und Jugendhilfe ausgestaltet und somit spezifische Angebote für Mädchen und Jungen initiiert werden. Mädchen und Jungen sollen gleichermaßen berücksichtigt und es soll adäquat auf ihre Bedürfnisse und Problemlagen eingegangen werden. Die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wirken zudem auf das 9 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Selbstverständnis, die Rollenerwartung und Handlungsweisen von Mädchen und Jungen ein. Dieses neue Verständnis soll auch in der Jugendhilfe erkannt und weiterentwickelt werden. So ist es notwendig, geschlechterspezifische Angebote zu entwickeln und in bestehende Konzepte zu integrieren, sodass zielorientiert gearbeitet werden kann (vgl. Bruhns 2004, 13ff.). Für die Persönlichkeitsentwicklung und Zukunftschancen von Mädchen und Jungen ist es von Bedeutung, diese nicht mehr nur in die Rubrik Geschlechterzugehörigkeit einzuordnen, sondern sich an deren Interessen zu orientieren. Es kann nicht mehr von geschlechtertypischen Lebensvorstellungen gesprochen werden. Aufgabe der Jugendhilfe ist, auf eine verbesserte Lebenssituation für Mädchen und Jungen hinzuwirken und hierfür auf die geschlechtertypische Integration in die Gesellschaft einzugehen. Die geschlechterorientierte Jugendhilfe hat das Ziel der Benachteiligung von Mädchen und Jungen entgegen zu steuern und auf eine Gleichberechtigung hinzuarbeiten. Für die Teilhabe an der Gesellschaft ist eine differenzierte Sicht der Geschlechtsidentität unausweichlich. Hierfür müssen die Kinder und Jugendlichen die geschlechtertypischen Sozialisationsbedingungen, Erwartungshaltungen der Gesellschaft bezüglich ihrer Rolle und ungerechte Verteilung von materiellen Gütern kritisch reflektieren (vgl. Hartwig 2004, 203f./Werthmanns-Reppekus 2004, 51ff.). Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte ist es hierbei, angemessen auf die Kinder und Jugendlichen einzugehen. Durch die bestehenden gesellschaftlichen Veränderungen soll ihnen eine Rollenerwartung Orientierungshilfe geboten werden. im Für Hinblick auf Lebensplanung das im Wandel sich und befindende Rollenverhalten von Mädchen und Jungen ist es bedeutsam, dass für die Kategorisierung des Geschlechts sensibilisiert wird und sich die Jugendlichen mit den Rollenanforderungen auseinandersetzen. Für eine gelingende Lebensplanung muss sich mit den eigenen Wünschen, Bedürfnissen und Ressourcen beschäftigt werden, die nicht geschlechtsabhängig sind. Dadurch soll eine Förderung beider Geschlechter erfolgen und neue Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Die Kinder und Jugendlichen sollen bei der selbstbestimmten Lebensführung unterstützt werden, unabhängig davon, welchem Geschlecht sie angehören (vgl. Wagner 2004, 66f.). 10 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 3. Konzepte geschlechterspezifischer Sozialer Arbeit Aufgrund der oben genannten gesellschaftlichen Veränderung und der Entwicklung von Gender Mainstreaming ist es von zunehmender Bedeutung für die Jugendhilfe geworden, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und geschlechterspezifische Angebote zu installieren, die beide Geschlechter gleichermaßen unterstützen und fördern. Trotzdem ist und bleibt die Frage, ob in der Heimerziehung der geschlechterspezifische Ansatz oder die koedukative Erziehung als vorteilhafter erscheint. Deshalb werden im Folgenden die Mädchen- und Jungenarbeit, sowie koedukative Erziehung vorgestellt. In Kapitel vier wird sich anschließend mit diesen Themen speziell in Bezug auf die Heimerziehung auseinandergesetzt und überprüft, welches Konzept hier Anwendung finden sollte. 3.1 Mädchenarbeit 3.1.1 Geschichtliche Entwicklung Mädchenarbeit ist ein pädagogisches Konzept, das Mädchen geschlechterspezifische Beachtung schenkt und sich hieran orientiert. Diese beinhaltet eigenständige Angebote, die auf die Lebenslagen und Bedürfnisse der Mädchen spezialisiert sind. Mädchenarbeit bezieht sich demnach immer auf die Mädchen selbst, aber auch auf die gesellschaftlichen Gegebenheiten in denen sie leben. Entstanden ist der Bereich dieser Arbeit aus der zweiten deutschen Frauenbewegung in den 1970er Jahren. Diese neue deutsche Frauenbewegung entwickelte sich aus der Studentenbewegung der 1968er Jahre. Studentinnen kritisierten die Strukturen innerhalb des Sozialistischen Deutschen Studentenverbandes. Hier wurden sie benachteiligt, indem sie für die Fürsorge der Kinder zuständig waren und somit gesellschaftlich und politisch nicht an wichtigen Entscheidungen teilhaben konnten. Diese Benachteiligung wurde zudem nach außen hin von der Studentenbewegung abgelehnt. Die hohen Anforderungen durch Erwerbstätigkeit einerseits und Erziehung der Kinder andererseits sowie das Wissen über die Zusammenhänge von Gewalt und gesellschaftlichen Strukturen waren ausschlaggebend für diese Entwicklung. Kennzeichen der Bewegung waren gemeinsame Erziehung der Kinder, selbstbestimmte Entscheidungen und ausgewiesene Räume, die Männer nicht 11 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 betreten durften und Frauen somit eine freie Entfaltungsmöglichkeit ohne die männliche Dominanz boten. Durch die gemeinsame Auseinandersetzung mit diesen Themen entwickelten sich Selbsthilfegruppen, die den Frauen Raum zum Austausch über ihre Erlebnisse und Situationen ließen. Jener Austausch initiierte ein neues Gefühl des Zusammenhalts und die Erkenntnis, dass Frauen und Männern unterschiedliche, ihrem Geschlecht entsprechende, Rollen zugeteilt werden, die mit Verhaltenserwartungen seitens der Gesellschaft verbunden sind. Es wurde deutlich, dass viele negative Erlebnisse der Frauen nicht auf individuelles Versagen, sondern auf das strukturelle Gesellschaftsgefüge zurückzuführen sind. Frauen kritisierten daraufhin zum ersten Mal öffentlich die ungleichen Lebenssituationen. So entwickelten sich die ersten Angebote ausschließlich für Mädchen. Ende der 70er Jahre entstanden auch Konzepte für die Mädchenarbeit, die sich an den Bedürfnissen der Mädchen in ihrer geschlechtertypischen Lebenssituation orientieren sollten. Mit dem im Jahr 1984 veröffentlichten sechsten Jugendbericht „Verbesserung der Chancengleichheit von Mädchen in der Bundesrepublik Deutschland“ wurde dem in der Gesellschaft vorherrschenden Thema Benachteiligung der Frauen von politischer Seite zum ersten Mal ausreichende Beachtung geschenkt. Infolge des Berichts wurde deutlich, dass Mädchen nicht genügend Aufmerksamkeit hinsichtlich der von Jungen dominierten Jugendhilfe zukam und nicht adäquat ihre Wünsche und Interessen aufgegriffen wurden. Daraufhin erhob sich seitens weiblicher Fachkräfte der Anspruch einer geschlechterspezifischen Pädagogik und es entstanden die ersten Konzeptionen. Weitere folgten, in deren Fokus die Fähigkeiten und Ressourcen der Mädchen standen und nicht deren Defizite. Anfang der 1990er Jahre wurde das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz verabschiedet. Auch dieses sollte laut §9 Abs. 3 die Ungleichheiten zwischen Mädchen und Jungen abbauen und Geschlechtergerechtigkeit fördern. Aufgrund der Festschreibung im Gesetz wurde deutlich, dass es verschiedene Lebenssituationen von Mädchen und Jungen gibt und auch die Jugendhilfe den Benachteiligungen entgegen wirken soll. Dies war die Legitimation, geschlechterspezifische Angebote zu entwickeln und zu installieren. Zudem wurde sichtbar, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Gesellschaft allgemein ein zu verfolgendes Ziel darstellte, worauf sich der Ansatz des Gender Mainstreamings entwickelte. 12 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Das Verständnis von heutiger Mädchenarbeit hat sich ausdifferenziert. Der gesellschaftliche Wandel und der Generationenwechsel der weiblichen Fachkräfte haben hierzu erheblich beigetragen. Dennoch sollen sich die Konzepte der Mädchenarbeit den gewandelten gesellschaftlichen Strukturen anpassen und bestehenden Ungleichheiten entgegenwirken (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 24ff.). 3.1.2 Heutige Lebenslagen von Mädchen Resultierend aus den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gibt es eine Vielfalt an weiblichen Lebenslagen, die für Mädchen eine große Auswahl an Zukunftsentwürfen bietet. Für Mädchen ist es von großer Bedeutung, ihren zukünftigen Weg selbst bestimmen zu können und nicht eingeschränkt zu werden. Somit Mädchen haben die Wahl: Sie schließen die Schule erfolgreich ab, können studieren und später einer profitablen Erwerbstätigkeit nachgehen oder auch nicht. Selbstständigkeit, und nicht die Abhängigkeit vom berufstätigen Mann, ist für Frauen in der Gesellschaft „normal“ geworden. Damit scheint es so, als wäre die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aufgehoben. Frauen und Männer haben scheinbar die gleichen vielfältigen Möglichkeiten. Doch auch in der heutigen Zeit sieht die Realität anders aus. Frauen haben zwar die Chance einer beruflichen Karriere nachzugehen, doch trotzdem sind sie weiterhin für die Beziehungs- sowie Erziehungsarbeit zuständig. Die geschlechterspezifische Rollenzuteilung durch die Gesellschaft ist größtenteils erhalten geblieben. Männer werden nach wie vor als Ernährer der Familie gesehen und Frauen sind für die Ausgestaltung der Beziehungen zuständig. Hierfür erfahren sie von der Gesellschaft nicht die gleiche Anerkennung wie Männer für eine erfolgreiche Karriere. Die beständigen gesellschaftlichen Muster führen zu speziellen Problemlagen der Frauen. Für sie handelte es sich um eine Herausforderung, die Erwerbstätigkeit und die Kindererziehung zu vereinen. So ergeben sich schon Problemlagen für Mädchen. Diese werden mit Widersprüchen seitens der Gesellschaft konfrontiert. Einerseits scheinen sie von den erweiterten Wahlmöglichkeiten zu profitieren, andererseits bestehen immer noch durch die Gesellschaft zugeschriebene alte Rollenmuster und Verhaltenserwartungen. Die nicht gelösten gesellschaftlichen Strukturprobleme werden von den Mädchen allerdings als ein Problem der individuellen Lebensweise interpretiert. Mit den bestehenden 13 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Problemlagen gehen Mädchen unterschiedlich um und verfolgen unterschiedliche Strategien, um die Konflikte zu lösen. Hierbei ist es nicht selten, dass eigene Interessen oder Wünsche zugunsten der gesellschaftlichen Anforderungen in den Hintergrund rücken. Dieses Nichterreichen von geplanten Zielen oder Zukunftsvorstellungen wird als persönliches Versagen aufgenommen. Gerade deshalb werden die Widersprüche nicht thematisiert und Mädchen müssen mit ihren individuellen Problemlagen alleine zurechtkommen. Hinzu kommen die von den Medien propagierten neuen Mädchenbilder, die Mädchen stark und selbstsicher erscheinen lassen. Hier wird den Mädchen suggeriert, dass ihnen alle Möglichkeiten offen stehen und sie alles erreichen können, wenn sie nur wollen. Dieses Bild des neuen Mädchens trägt noch einmal dazu bei, dass ein Nichterreichen als persönliches Unvermögen verstanden wird. Jenes wirkt sich wieder als Nachteil auf die Mädchen aus. Die Mädchen stehen regelrecht unter dem Zwang ihr Leben erfolgreich zu meistern, sie haben ihre Zukunft selber in der Hand und sind auch für eine gelingende Zukunft selber verantwortlich. Dieses baut einen großen Druck auf die Mädchen auf und stellt sie vor besondere Herausforderungen. So werden wiederum verschiedene Bewältigungsstrategien entwickelt, um ihnen gerecht zu werden. Häufig ist ein Resultat dieser Strategien „Umdeutungen vorzunehmen: Es ist nicht so schlimm, oder: ich bin selbst Schuld daran, oder: das habe ich so gewollt“ (Bitzan/Daigler 2004, 118). Hierdurch werden Unsicherheiten oder Versagensängste überdeckt. Zudem werden weder über diese Versagensängste noch über die Anforderungen offen gesprochen (vgl. Bitzan/Daigler 2004, 19ff., 95ff.,/ Bronner/Behnisch 2007, 30ff.). Es kann also festgehalten werden, „dass Benachteiligungen und eingeschränkte Lebensmöglichkeiten von Mädchen und Frauen sowie gesellschaftsspezifische Einseitigkeiten, ihre Ursachen in den gesellschaftlichen Strukturen haben, jedoch nicht als Mechanismus offen erkennbar sind, sondern verdeckt wirken“ (Bronner/ Behnisch 2007, 32). Offenbar ist die Gleichstellung von Mädchen und Jungen größtenteils erreicht worden. Trotz der bestehenden Ungleichheiten fühlen sich Mädchen nicht mehr benachteiligt, da sich die Geschlechterrollen ausdifferenziert haben. Von einer Auflösung der traditionellen Geschlechterrolle kann trotzdem nicht gesprochen werden. Dennoch wollen Mädchen nicht mehr als Opfer der gesellschaftlichen Strukturen dargestellt werden und die gleichen Chancen wahrnehmen wie Jungen (vgl. Bitzan/Daigler 2004, 117f./ Schäfers 2012, 111). 14 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 3.1.3 Arbeitsprinzipien Die veränderten Lebenswelten der Mädchen, die Entwicklung von Gender Mainstreaming und die Neuerung in der Kinder- und Jugendhilfe wirken sich auf die Mädchenarbeit aus. Diese muss demnach auch weiterentwickelt und angepasst werden. Zudem wird durch das neue KJHG Mädchenarbeit gefordert und gefördert. Im Besonderen sollen die Interessen und Wünsche der Mädchen wahrgenommen werden. Dennoch sollten die Mädchen nicht verallgemeinert werden, denn jedes Mädchen hat ihre individuellen Probleme und Bedürfnisse. Gemeinsam haben die Mädchen nur, dass sie durch die Gesellschaftshierarchie benachteiligt werden (vgl. Bitzan/Daigler 2004, 7ff.). Die Mädchenarbeit ist in der Jugendhilfe ein eigener geschlechterhomogener Ansatz, der versucht Benachteiligungen entgegen zu wirken und Mädchen Raum für ihre Bedürfnisse und Fragen zu schaffen. Mädchen in Angeboten der Jugendhilfe erhalten genau wie in der Gesellschaft eine geringere Aufmerksamkeit als Jungen. Dem abweichenden und herausfordernden Verhalten, das sich bei Jungen stärker zeigt als bei Mädchen, wird mehr Beachtung geschenkt. Hierauf werden Angebote und Krisenbewältigungsstrategien spezieller ausgerichtet. Zudem werden Mädchen auch in der Jugendhilfe immer noch Rollenerwartungen durch die pädagogischen Fachkräfte zugeschrieben und es wird deutlich, dass Verhaltensweisen und Schwierigkeiten der Mädchen nicht im Zusammenhang mit der besonderen Lebenslage wahrgenommen werden. Daraufhin wurden Konzepte für auf Mädchen ausgerichtete Angebote entwickelt. Hierbei werden die Verhaltensweisen als Bewältigungsstrategien begriffen und die Konflikte im Hintergrund sollen gefunden und gelöst werden. Trotz dieser Konzeptentwicklung wird deutlich, dass den Bedürfnissen, der Lebenssituation mit ihren Hintergründen und den Lösungsstrategien der Mädchen aufgrund fehlender Auseinandersetzung nicht genügend Beachtung geschenkt wird (vgl. Bitzan/Daigler 2004, 41f., 49f.). Die vorherrschende Beachtung der Jungen und die darauf ausgerichteten Angebote in der Jugendhilfe führte dazu, dass spezifische Konzepte entwickelt wurden, die besonders Mädchen fördern sollten. Es kristallisierte sich heraus, dass die Mädchen an sich sehr verschieden sind und beispielsweise ihre Lebenswelten, Erlebnisse und kulturelle Zugehörigkeit berücksichtigt werden müssen. Mädchenarbeit hat sich in diesem Sinne ausgestaltet und kann an verschiedenen Standorten und vor unterschiedlichen 15 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Hintergründen stattfinden. Mädchenarbeit ist geschlechterreflektierte Arbeit, die bewusst durch gut ausgebildetes pädagogisches weibliches Fachpersonal durchgeführt wird. Hinzu kommt, dass nicht mehr defizitorientiert gearbeitet werden soll (vgl. Güntner/Wieninger 2010, 128f.). Durch die Mädchenarbeit sollen die Lebenswelten und Anliegen der Mädchen in den Fokus rücken, sie sollten besonders gefördert und vor Gewalt geschützt werden. Doch trotz dieser Ansätze können Mädchen sich heutzutage noch nicht frei entfalten. Sie können zwar erfolgreich die Schule abschließen, müssen sich dann aber immer noch den Männern hinsichtlich der Karriere sowie Geld und Macht unterordnen. Mädchenarbeit sollte sich schließlich auf mädchenrelevante Themen, wie Bildung, Ernährung, Sexualität sowie Schutz vor Gefahren, beziehen (vgl. Heiliger 2004, 73ff., 88). Ziel der mädchenfördernden Maßnahmen war und ist - der Ansatz an den Stärken der Mädchen statt dem Verharren in der Defizitperspektive; - die Entwicklung bzw. Unterstützung von Widerstandskraft, Selbstbewusstsein, Durchsetzungsfähigkeit, eigenständigen Lebensentwürfen, Selbstdefinition der weiblichen Rolle und Selbstbestimmung; - die Zurücknahme von Beschränkungen und Begrenzungen, das Aufarbeiten von Gewalterfahrungen; - die Befähigung der Mädchen und jungen Frauen zur Inanspruchnahme und zum Einklang von Rechten sowie zu einer gleichrangigen Auseinandersetzung mit Jungen und Männern (Heiliger 2004, 74). Die Mädchenarbeit in der Jugendhilfe richtet sich laut Claudia Daigler und Margarete Finkel nach folgenden Prinzipien: „Parteilichkeit“, „Ganzheitlichkeit“, „Mädchenräume“, „Partizipation“ sowie „Mädchenarbeit als Mädchenpolitik“ (Daigler/Finkel 2000, 23ff.). Parteilichkeit meint, die Erlebnisse der Mädchen ernst zu nehmen, sich mit ihnen auseinander zu setzen, sich Zeit zu nehmen und sich für sie zu interessieren. Es ist von Bedeutung, die Mädchen so anzunehmen wie sie sind. Die Bewältigungsstrategien der Mädchen in den widersprüchlichen gesellschaftlichen Strukturen sollen auch als solche erkannt und beachtet werden. Trotzdem ist es wichtig, sie nicht auf diese äußeren Erscheinungsformen zu reduzieren, sondern sie mit allen ihren Facetten anzunehmen. Parteilichkeit bedeutet nicht, sich übermäßig und generalisiert für die Mädchen einzusetzen. Die Erkenntnis, dass Mädchen mit widersprüchlichen Anforderungen durch die Gesellschaft konfrontiert werden, hilft, 16 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 sie besser zu verstehen und ihre Verhaltensweisen als Lösungen anzunehmen. Auch die Beziehung zwischen Mädchen und den weiblichen pädagogischen Fachkräften ist von großer Bedeutung. Die positive Haltung gegenüber den Mädchen und das selbstbewusste Auftreten der Fachkraft begünstigen diese und dienen als Vorbild. Das Prinzip der Ganzheitlichkeit bedeutet, Mädchen nicht nur als das schwache Geschlecht und die Benachteiligten wahrzunehmen, sondern auch als Akteurinnen in ihren Lebenswelten. Dieses beinhaltet die Hintergründe mit einzubeziehen und die Mädchen mit ihrer Individualität als Ganzes anzunehmen. Die Probleme der Mädchen zeigen sich häufig nicht in abweichendem Verhalten Anderen gegenüber, sondern richtet sich oftmals gegen sich selbst. So werden die Konflikte der Mädchen „übersehen“ und es kann keine Hilfe zur Problemlösung geleistet werden, sodass die Mädchen eigene Strategien entwickeln. Die Jugendhilfe sollte in der Lage sein, die versteckten Problemlagen der Mädchen wahrzunehmen und darauf zugeschnittene Hilfemaßnahmen anzubieten. Hierbei wird deutlich, dass die Ursachen mädchenspezifischer Problemlagen nicht bei den Mädchen selbst liegen, sondern durch die gesellschaftlichen Anforderungen und Rollenerwartungen entstehen. Mädchenarbeit versucht, auf eine Teilhabegerechtigkeit hinzuwirken, die Anliegen der Mädchen ernst zu nehmen und Selbstbewusstsein aufzubauen. Zudem möchte sie Mädchen mit ihren Problemen und Bedürfnissen öffentlich machen. Mädchenarbeit will Mädchenräume schaffen. Dies bedeutet einerseits Raum für Bewusstsein und Bedürfnisse zu schaffen und andererseits Räume (Orte) zu schaffen, zu denen Jungen und Männer keinen Zutritt haben. Mädchen wird somit die Möglichkeit gegeben, sich zu entscheiden, wann und ob sie sich mit oder ohne das Beisein von Jungen entfalten wollen. Zudem wird den Mädchen Raum für Fragen und Antworten gegeben. Partizipation beinhaltet, die mädchenspezifischen Angebote gemeinsam mit den Mädchen auszuarbeiten. Mädchen wird die Möglichkeit gegeben, sich auszudrücken und eigene Wünsche, Bedürfnisse und Interessen einfließen zu lassen. Zudem sollen den Mädchen Raum für neue (positive) Erfahrungen geboten und somit die Selbstbestimmung unterstützt werden. Des Weiteren befasst sich Mädchenarbeit mit den gesellschaftlichen Strukturen und den damit verbundenen Anforderungen und Auswirkungen auf die Jugendhilfe. Es soll in diesem Zusammenhang beachtet werden, ob sich die Strukturen an den Mädchen mit ihrer Individualität orientieren oder ob diese und die spezifischen 17 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Angebote weiterentwickelt werden müssen. Dies beinhaltet eine Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Vorgaben und ist somit Mädchenpolitik. Weiterhin ist die Vernetzung der Mädchenarbeit ein weiterer Schritt zur Etablierung und Verankerung in der Jugendhilfe und dem gesamtpolitischen Geschehen (vgl. Daigler/Finkel 2000, 23ff.). 3.2 Jungenarbeit 3.2.1 Geschichtliche Entwicklung Jungenarbeit bedeutet, geschlechterreflektiert mit Jungen zu arbeiten. Es soll sich an den Lebenswelten der Jungen orientiert werden. Hierzu sollen jungenspezifische Themen aufgegriffen und so die Ausbildung der Identität unterstützt werden. Die Erziehung von Jungen beschäftigte die Gesellschaft schon seit dem 18. Jahrhundert. Der Fokus der Erziehung lag bedingt durch den Besuch von Militärschulen und Gesellenvereinen auf den Jungen und nicht den Mädchen. Schon früh wurden Jungen als kämpferische und erfolgreiche Idole gesehen, Mädchen dagegen als zarte und liebevolle Hausfrauen. Diese Sichtweise der jungenspezifischen Erziehung ist relativ alt, aber der Begriff Jungenarbeit (wie er heute verwendet wird) hat sich erst Anfang 1980 herausgebildet. In diesen Jahren wird das erste Mal von einer jungenpädagogischen Arbeit, die durchdacht, bewusst und geplant ist, gesprochen. Die reflektierte Arbeit mit Jungen ist hierbei von entscheidender Bedeutung. Diese ist aus der neuen Frauenbewegung sowie der kritischen Männerbewegung hervorgegangen. Hierbei entstanden zusätzlich neue Ziele der Jungenarbeit, es wurde sich an dem antisexistischen Ansatz der „Heimvolkshochschule „Alte Molkerei“ Frille“ (vgl. HVHS 1988/zit. n. Bronner/Behnisch 2007, 133) orientiert. Dieses Konzept wurde von weiblichen Denkweisen beeinflusst und versucht, den männlichen Verhaltensmustern durch Aufzeigen neuer Handlungsstrategien entgegenzuwirken. Da es sich bei Jungen um das dominante Geschlecht und Machtinhaber handelte, sollte durch die Aufklärung geschlechterspezifischer Verhaltensweisen auf die Gleichstellung von Jungen und Mädchen hingewirkt werden. Durch die Jungenarbeit wurden den Jungen weibliche Eigenschaften vermittelt. Dieses sollte helfen, die Geschlechterhierarchie abzubauen. Doch bald wurde das Konzept bemängelt, da sich nur an den Defiziten der Jungen orientiert wurde. Trotz dieser Kritik ist das Konzept 18 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 ein erster reflektierter Ansatz der Jungenarbeit. Hierdurch wurde die Entwicklung weiterer Konzepte vorangetrieben. Innerhalb der 90er Jahre festigte sich die Jungenarbeit und es entstanden zunehmend mehr Konzepte, die sich auf verschiedene Felder der Sozialen Arbeit ausweiteten. Die Gemeinsamkeit der vielfältigen Konzepte war der Anspruch, sich nicht an den Defiziten der Jungen zu orientieren, sondern sich auf die spezifische Lebenssituation der Jungen mit ihren Problemlagen zu spezialisieren. Die Bewältigungsstrategien der Jungen, um beispielsweise Schwäche zu überdecken oder Anforderungen gerecht zu werden, wurden wahrgenommen. Es wurde so den bestehenden Problemlagen der Jungen mehr Beachtung geschenkt. Es wurde eine Vielfalt an Konzepten entwickelt, die sich auch an unterschiedlichen Auffassungen, Realitäten und Lebenswelten der Jungen orientierte. Diese Konzepte wurden mittlerweile durch neuere ersetzt, dennoch galten sie als Grundlage für die heutige Sichtweise. Sie haben dafür gesorgt, dass die Jungenarbeit in einige Handlungsfelder der Sozialen Arbeit, beispielsweise Heimerziehung und Suchtberatung, integriert wurde. Die Etablierung der Jungenarbeit hat ihren Ursprung ebenfalls in den 90er Jahren. In dieser Zeit waren Themen wie der Einfluss der Arbeitslosigkeit auf die Persönlichkeitsbildung sowie der Umgang mit Gewalt vorherrschend. Seit dem Jahr 2000 rücken Jungen noch einmal verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit. Gründe hierfür sind die schulische Bildung, Risikoverhalten sowie Aggressionspotential männlicher Jugendlicher. Weiterhin soll die Vernetzung der Jungenarbeit auf allen Ebenen stattfinden und sich fest in alle Handlungsfelder der Sozialen Arbeit integrieren. Hierzu ist es nötig, durch kritische Reflektion die bestehenden Konzeptionen anzupassen und weiter zu entwickeln (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 132ff.). 3.2.2 Heutige Lebenslagen von Jungen Die Lebenssituation der Jungen hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Dies liegt unter Anderem daran, dass sich das Selbstverständnis der Mädchen und Frauen verändert hat. Frauen und Mädchen haben Jungen und Männer lange Zeit umsorgt und waren für die Gefühlswelten zuständig. Aber sie haben sich weiterentwickelt und sind zunehmend in männlichen Berufswelten eingedrungen und können sich selbst versorgen. Dies hätte auch eine Veränderung der männlichen 19 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Empfindungsweisen anstoßen können, doch Männer werden hierdurch nur verunsichert. Zudem hat sich der früher festgelegte Lebenslauf (alle Jungen durchliefen die gleichen Stationen) verändert, die Lebensentwürfe sind vielfältiger und individueller geworden. Heutzutage müssen Jungen selber mit ihren Problemen fertig werden. Zudem steht zwar eine erfolgreiche Karriere immer noch im Fokus von Jungen und Männern, doch werden zunehmend Fähigkeiten und Fertigkeiten gefordert, die nicht dem männlichen Ideal entsprechen. Wer diese erweiterten Kompetenzen nicht aufweist, kann nur noch bestimmte wenige Berufe ergreifen. Aufgrund dessen gestaltet sich der Zugang zum Berufsleben immer schwieriger. Dies bedeutet für Jungen Identitätsverlust. Hinzu kommt, dass Jungen in der Geschlechterhierarchie in Bezug auf Karriere und Leistung höher stehen, trotzdem haben Mädchen sie hinsichtlich der Bildung überholt und somit größere Chancen im Berufsleben aufzusteigen (vgl. Sielert 2010, 49f.). Die gesellschaftliche Veränderung, im Hinblick auf die geschlechterspezifischen Rollen, bewirkt bei Jungen sehr unterschiedliche Reaktionen und es ergibt sich nicht selten auffälliges Verhalten. Das auffällige Verhalten zeigt sich darin, dass Jungen ihre Probleme nicht mehr selber lösen können und vermehrt zu Drogen greifen oder gewalttätig werden, typisches weibliches Verhalten erlernen, sich mehrere Männerbilder aneignen und unterschiedlich einsetzen oder lernen, sich eigenständig um sich selbst zu kümmern. Die gesellschaftliche Ausgangslage ist verantwortlich dafür, welche Handlungsstrategien und Kommunikationsmuster erlernt werden. Es fehlen nach wie vor männliche Bezugspersonen und Vorbilder, die sich mit den Problemen und Bedürfnissen der Jungen beschäftigen und sich mit Fragen zum anderen oder eigenen Geschlecht, Sexualität, Körperbewusstsein sowie den Gefühlen Angst und Unfähigkeit auseinandersetzen. So erfahren Jungen nur selten persönliche Befürwortung und bedeutende Lernprozesse bleiben aus (vgl. Sielert 2010, 51ff.). Die Erreichung des von der Gesellschaft vermittelten Männlichkeitsbildes ist für die Jungen immer noch von hohem Wert und wird angestrebt. Das zur Schau gestellte Bild des starken und erfolgreichen Mannes dient häufig der Überdeckung von Schwäche und Unsicherheit aber auch Selbstzweifeln. Jenes Bild von einem furchtlosen Mann muss im Alltag aufrechterhalten werden. Das Bild des furchtlosen und beruflich erfolgreichen sowie attraktiven Mannes ist in der Gesellschaft immer noch vorherrschend. Durch die zugeschriebenen Geschlechterrollen müssen sich Jungen in der Gesellschaft immer wieder behaupten. 20 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Dies bewirkt ein verharren in alten Verhaltensweisen. Zentrale Prinzipien der Männlichkeit sind Konkurrenz und Leistungsdruck. Die Anerkennung der Gesellschaft erfolgt über den beruflichen Erfolg. So werden Jungen häufiger als Mädchen Konkurrenzsituationen ausgesetzt und lernen, sich selbst aufzuwerten, indem Andere abgewertet werden. Das Bedürfnis, Schwächere zu beschützen, begünstigt das Kontrollverhalten und die selbstständige Lösungssuche bei Problemen sowie die Herabsetzung von Gefühlen. Aufgrund dessen werden nicht selten zwei unterschiedliche Selbstkonzepte von Jungen ausgebildet. Das eine Selbstkonzept entspricht der gesellschaftlichen Rollenerwartung, das Andere bezieht sich auf die eigene kritische Sichtweise und noch nicht erlernten Fähigkeiten. Jungen versuchen sehr schnell selbstständig zu werden, um die bestehenden Unsicherheiten zu verbergen. Auch erwachsenen Männern fällt es schwer, zuzugeben, wenn sie etwas nicht können und/oder Hilfe benötigen. Die Anforderungen der männlichen Rolle üben einen großen Druck auf die Jungen aus, sodass eigene Interessen und Wünsche von ihnen ganz selbstverständlich ignoriert oder nicht als solche erkannt werden. Jungen haben sogar selbst das Verlangen, die Anforderungen zu erfüllen. Den Jungen müssen diese Bedürfnisse erst einmal vermittelt werden, damit eine Änderung des Verhaltens stattfinden kann. Hierzu sollen andere männliche Rollenmuster vorgegeben werden, die die männliche Rollenerwartung erfüllen, aber gleichzeitig mehr auf die Interessen und Wünsche der Jungen eingehen. Das Erwachsenwerden ist für Jungen nicht unbedingt erstrebenswert, es wird eher mit Belastung und Anstrengung verbunden. Das Bestreben, die traditionelle Männlichkeit zu erreichen, ist gesunken. Trotzdem werden immer noch Unsicherheit und Fehlschläge verheimlicht. Jungen haben Angst, die hohen gesellschaftlichen Anforderungen an den „richtigen“ Mann nicht bestehen zu können. Dies resultiert aus der gesellschaftlichen Veränderung, heutzutage selbst für seinen Erfolg verantwortlich zu sein. So wird Unvermögen individuell begründet und aus Scham nicht offen angesprochen. Häufig fällt es Jungen schwer, ihre Gefühle zu erkennen und zuzugeben oder emotionale Nähe einzufordern. Die Erwartungen an die Männlichkeit wirken sich also schon auf die Lebensbewältigung der Jungen aus. Die Anforderungen der Gesellschaft widersprechen den individuellen Bedürfnissen des Jungen, da das medial vermittelte Männerbild zu hohe Ansprüche vermittelt, die Jungen aber erfüllen wollen. Diese zu hohen Ansprüche der idealisierten 21 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Männerbilder können Jungen nicht erfüllen und reagieren hierauf verstimmt und in ihrer männlichen Rolle degradiert. Diese gilt es dann mittels erlernten Strategien wieder herzustellen. Dennoch weisen Jungen Fähigkeiten und Fertigkeiten auf, die oftmals nicht direkt als solche erkannt werden. Spannungen werden hierbei von Erwachsenen häufig zu schnell als abweichendes Problemverhalten wahrgenommen, obwohl es einen Teil der normalen Entwicklung darstellt. Jungenarbeit muss daher Jungen bei der Entdeckung und Ausbildung von Kompetenzen unterstützen (vgl. Hertling 2008, 10ff., 19f./Sielert 2010, 54ff.). 3.2.3 Arbeitsprinzipien Jungenarbeit ist ein spezifischer geschlechterhomogener Bereich in der Jugendhilfe mit dem Ziel, die Lebenssituationen der Jungen zu verbessern. Laut Statistik ist die männliche Lebenssituation problembelastet. Jungen sind beispielsweise die Bildungsverlierer und haben ein höheres Gewaltpotential als Mädchen. In der heutigen Zeit gibt es eine Vielfalt an Lebensentwürfen. Jungenpädagogik versucht, Jungen in ihrer Lebenssituation wahrzunehmen, um herauszufinden, wie sich ihr spezifisches Verhalten auf diese auswirkt. Dabei werden bestimmte Handlungs- und Bewältigungsstrategien sichtbar, wie Jungen individuell in ihrer spezifischen Situation agieren. Dies ist mit Chancen und Risiken verbunden (vgl. Bentheim u.a. 2004, 35ff.). Als pädagogische Ziele der Jungenarbeit sind zu nennen: - die Vielfalt von Formen des Jungeseins sichtbar und erfahrbar zu machen: Jungenarbeit will die Möglichkeit bieten, mit anderen Jungen sowie mit Erwachsenen über all das zu sprechen und vieles von dem zu erleben, was Jungen interessiert […] - die problematischen und dysfunktionalen Formen der männlichen Lebensbewältigung reflektieren […] - die Potentiale des Junge- und Mannsein zu entwickeln durch ein positives Bild vom Jungesein: Spaß und Freude an den eigenen Ideen und Bedürfnissen zu entwickeln, ist daher ein Ziel für Jungenarbeit - Jungen und Männern zu begegnen, die andere Meinungen haben und anders leben: Sich mit ihnen konstruktiv auseinander zu setzen und daraus etwas über die eigene Form des Jungeseins zu erleben, ist ein weiteres Ziel der Jungenarbeit (Bronner/Behnisch 2007, 140f.). Durch die oben genannten Kriterien soll die Entwicklung einer reflektierten Geschlechtsidentität sowie einer eigenständigen Persönlichkeit unterstützt werden. Die getroffenen Entscheidungen sollen kritisch hinterfragt und damit das 22 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 selbstbestimmte Handeln im Kontext der Rollenbilder begünstigt werden (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 141). Jungen benötigen genau wie Mädchen emotionale Nähe, können dieses Anliegen aber nicht aussprechen, sondern müssen immer ihre Männlichkeit beweisen und nach außen hin stark und selbstbewusst erscheinen. Diese widersprüchlichen Spannungen, die Jungen erleben, sollten erkannt und an ihnen gearbeitet werden. Den Jungen sollte aufgezeigt werden, dass sie das medial konstruierte Männlichkeitsbild nicht erfüllen müssen, sondern sich auf ihre eigenen Bedürfnisse konzentrieren sollten. So kann eine eigenständige und selbstgewählte männliche Geschlechtsidentität entwickelt werden (vgl. Hertling 2008, 20f.). Laut Alexander Bentheim, Michael May, Benedikt Sturzenhecker und Reinhard Winter gibt es folgende Handlungsgrundsätze der Jungarbeit: „Geschlechtshomogen arbeiten“, „In Kontakt kommen“, „Schutz bieten und Ängste annehmen“, „Handlungsorientierung und kreatives Gestalten“, „Die eigene Person einbringen“ und „Selbst-kritische Reflexion der Jungen ermöglichen“ (Bentheim u.a. 2004, 118ff.). Geschlechtshomogen arbeiten bedeutet, durch das Setting einer reinen Jungengruppe bei der Entwicklung einer geschlechterreflektierten männlichen Persönlichkeit mitzuwirken. Zudem soll durch reflexive Jungenarbeit auf eine Geschlechtergerechtigkeit hingewirkt werden. Die Homogenität der Gruppe lässt bestimmte Fragen und Arbeitsweisen zu, die in einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe nicht möglich wären. Jungen werden hierbei mit ihrer besonderen Persönlichkeit in Abgrenzung zu Mädchen wahr- und angenommen. Es ermöglicht die Auseinandersetzung mit sensiblen Themen, beispielsweise Schwäche, Versagensängste oder sexuelle Belange. In der Gegenwart von weiblichen Individuen müssen Jungen sich selbst behaupten und stark auftreten, ansonsten müssten sie ihr abweichendes Verhalten erklären. Die jungenkonforme Gruppe bietet Jungen Raum, über ihre Probleme und Gefühle zu sprechen. Des Weiteren kommt es in einer reinen Jungengruppe auch zur Übernahme weiblichen Verhaltens: Gefühle zeigen, auf Andere eingehen, ohne dass dies als Verstoß gegen die Männlichkeit verstanden wird. Die männlichen Pädagogen ermöglichen den Jungen Vorbilder, an denen sie sich in Bezug auf geschlechtertypisches Handeln orientieren können. Der Aufbau einer beständigen Beziehung ist ein bedeutender Aspekt in der Jungenarbeit. 23 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Die männlichen Pädagogen müssen die individuellen Bedürfnisse der Jungen berücksichtigen und auf diese eingehen. Die Jungen kommen in der geschlechterspezifischen Jungengruppe mit anderen Jungen und männlichen Pädagogen in Kontakt. Sie lernen in diesem Kontext ihr Selbstbewusstsein zu stärken und Mann zu sein, ohne sich über Mädchen zu profilieren oder diese abzuwerten. In dieser Gruppe wird das positive Verhalten der Jungen verstärkt Eigeninteresse und der typisch modifiziert, sodass männliche eine Selbstbehauptungsdruck positive und im eigenständige Geschlechtsidentität hergestellt wird. Sich selbst, sein Verhalten und das Verhalten der Anderen zu reflektieren, ist hierbei von zentraler Bedeutung. Es wird sich in diesem Zusammenhang auch mit unangenehmen oder nicht zur Rollenerwartung passenden Thematiken und Empfindungen auseinandergesetzt. Die Jungen erlernen, dass das Verhalten durchaus erwünscht ist und sie offen hiermit umgehen können. Jenes wird von den Jungen positiv aufgenommen. Die Thematiken der Jungenarbeit beziehen sich auf relevante Aspekte der Jungen, damit sie sich mit ihnen auseinandersetzen können. Dies trägt wiederum zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Die männlichen Pädagogen müssen sich hierbei auf die Jungen in ihren Lebenslagen und mit ihren individuellen Bedürfnissen fokussieren. Zudem sollte nicht nur das Problemverhalten, sondern der Hintergrund und die damit verbundene Bewältigungsstrategie berücksichtigt werden. Schutz bieten und Ängste annehmen beinhaltet Jungen dabei zu stärken, ihre Gefühle und Ängste zu erkennen. Jungen sollte ein Schutzraum geboten werden, indem sie sich trauen, diese offen auszusprechen ohne der Abwertung anderer ausgesetzt zu sein. Die Jungen sollen beim Erlernen neuer Handlungsstrategien unterstützt werden. Auch die Akzeptanz und Umsetzung von gesellschaftlichen Standards soll erlernt werden. Weiterhin müssen Jungen lernen, die Unterschiedlichkeiten der Individuen zu akzeptieren. Handlungsorientierung und kreatives Gestalten ermöglicht Jungen durch eine anregende Vorgehensweise des männlichen Pädagogen ihre Themen zufällig selbst zu finden, über die sie sprechen wollen. Sie müssen ihre Probleme nicht direkt ansprechen, was aus Leistungsdruck oder Scham oft nicht möglich ist. Jungen kann durch Verbildlichung ihr Verhalten deutlich gemacht werden und sie können darüber nachdenken. Die männlichen Pädagogen sollen den Jungen eine positive Grundhaltung entgegen bringen, sodass eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut 24 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 werden kann. Diese hilft, Konfliktsituationen erfolgreich zu lösen. Zudem sollten die Fachkräfte sich auf das sprachliche Niveau der Jungen einlassen, um so einen Zugang zu ihnen zu finden. Die eigene Person einbringen bedeutet, dass die männliche Fachkraft eine gefestigte Geschlechtsidentität besitzen muss, um den Jungen selbstbewusst entgegen zu treten. Er wird zum Vorbild für die Jungen, an denen diese sich orientieren. Zudem muss sich die männliche Fachkraft genügend Zeit nehmen, um Jungen richtig einzuschätzen und kennen zu lernen. Durch die Einführung des Gender Mainstreamings soll Geschlechtergleichstellung erreicht werden. Jungenarbeit muss daher eine selbst-kritische Reflexion der Jungen ermöglichen. Jungen sollen in diesem Kontext die Möglichkeit erhalten, über ihre Sozialisation nachzudenken und sich über ihre Auswirkungen bewusst zu werden. Diese trägt zur Aufrechterhaltung der Machtverhältnisse und Ungleichheiten bei. Ihnen sollen Handlungsalternativen aufgezeigt werden, die eine Identitätsentwicklung außerhalb der Männlichkeitsideale begünstigen. Jungen soll zudem der Raum geboten werden, neue positive Erfahrungen, auch im Hinblick auf typisch weibliche Tätigkeiten, zu machen (vgl. Bentheim u.a. 2004, 117ff.). 3.3 Koedukation Koedukation beschreibt allgemein die gemischtgeschlechtliche Erziehung von Jungen und Mädchen in der Schule, der Jugendhilfe oder anderen Bereichen. Hierdurch soll die Gleichstellung der Geschlechter unterstützt, typische weibliche und männliche Kategorisierungen aufgehoben, die Kommunikation zwischen den Geschlechtern verbessert und eine Geschlechtsidentität entwickelt werden. Diese Form der Erziehung ist auch im Zuge des Gender Mainstreamings wieder stärker in den Fokus gerückt. Die Jugendarbeit findet größtenteils schon in gemischtgeschlechtlichen Settings statt. Diese ist von Bedeutung, da die Geschlechtskategorie sich auf den Lebensverlauf von Kindern und Jugendlichen sowie deren Chancen auswirkt. Neben den schon bestehenden jungenhomogenen Gruppen innerhalb der Koedukation, müssen mädchenhomogene Gruppen erst geschaffen werden, da die Angebote häufig nur männliche Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigen. Eine koedukative Jugendarbeit muss daher einer Benachteiligung von Mädchen und deren Abwertung entgegen wirken. 25 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Der Ansatz der Koedukation orientiert sich am gesamten Individuum, ohne die Geschlechterkategorie zu beachten. Es soll jedes Individuum mit seinen Wünschen und Interessen, weiblicher oder männlicher Natur, in den Mittelpinkt rücken. So können Fähigkeiten erkannt, Fertigkeiten eingeübt und Bedürfnisse ausgesprochen werden, die nicht typischem männlichem oder weiblichem Verhalten zugeschrieben sind. Jede Eigenschaft, ob weiblich oder männlich, ist bedeutsam für die Gemeinschaft. Die gelingende koedukative Erziehung ist auch von den männlichen und weiblichen Fachkräften abhängig. Ihre Aufgabe ist es, dem traditionellen Rollenverhalten entgegenzusteuern und den Mädchen und Jungen möglichst viele neue positive Erfahrungen anzubieten (vgl. Klees u.a. 2007, 79ff.). Eine neuere Form der geschlechtergemischten Arbeit ist die „Über-KreuzPädagogik“ (Bentheim u.a. 2004, 34). Hierbei arbeiten in jungenspezifischen Gruppen auch Frauen und in mädchenspezifischen Gruppen auch Männer. Frauen und Männer haben im Hinblick auf ihre Sozialisation unterschiedliche Erfahrungen gemacht und können somit den Jungen und Mädchen ihr spezifisches Wissen vermitteln. Zudem werden von Jungen andere Erwartungen an Frauen herangetragen als von Mädchen, umgekehrt mit Männern und Mädchen verhält es sich genauso. Koedukation soll also in geschlechterspezifischen Gruppen umgesetzt werden und im Hinblick auf geschlechterhomogene Gruppen den Horizont erweitern (vgl. Bentheim u.a. 2004, 34f). Ein neueres Konzept ist die „reflexive Koedukation“ (Puchert/Höyng 2004, 101). Es handelt sich hierbei um eine gemischtgeschlechtliche Gruppe, in der die verschiedenen Geschlechter bewusst wahrgenommen und adäquat auf sie eingegangen werden soll. Dies wird vor allem im Schulbereich angewendet und die „vertiefte Reflexion bezieht sich sowohl auf die Auswahl der Inhalte, Aktivitätsangebote und Methoden als auch auf die Interaktionen aller Beteiligten, deren Selbstwahrnehmung geschärft, Verhaltensänderungen diskutiert und ausprobiert werden sollen“ (Puchert/Höyng 2004, 102). Es soll zudem die Geschlechtsidentität reflektiert und sich die unterschiedliche Sozialisation bewusst gemacht werden (vgl. Puchert/Höyning 2004, 101ff.). Jedoch kann die koedukative Erziehung nicht alleine bestehen, neben ihr ist immer noch ein geschlechterspezifisches Angebot von zentraler Bedeutung. Sie wird zwar in der Jugendhilfe größtenteils angewendet, dennoch gibt es viele verschiedene Arbeitsweisen und keine einheitlichen Richtlinien für die Umsetzung. Besonders in 26 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 der Jugendhilfe gibt es keine spezifischen Konzepte für die reflexive Koedukation. Auch im Bereich der Heimerziehung gibt es keine festgelegten Methoden für eine geschlechterbewusste Koedukation, da sich meistens an den Bedürfnissen und Interessen der Jungen, die auch häufiger in der stationären Jugendhilfe vertreten sind, orientiert wird. Mädchenspezifische Angebote werden eher selten vorgehalten. So werden in den Erziehungseinrichtungen oftmals vermittelte Rollenbilder nicht überdacht und somit traditionelle Verhaltensmuster, die abgeschafft werden sollen, unterstützt. Dies bedeutet für den koedukativen Ansatz, dass er bezüglich des Abbaus der Benachteiligung von Mädchen noch weiter entwickelt werden muss, damit Geschlechtergerechtigkeit in der Jugendhilfe erreicht werden kann. Es müssen auch in der Jugendhilfe mehr mädchenhomogene Angebote entwickelt werden. Die Konzepte einer reflexiven Koedukation müssen sich dahingehend verändern, dass geschlechterspezifische Angebote installiert werden, die sich auf die Bedürfnisse und Interessen beider Geschlechter beziehen. Ziel hierbei ist es, die Entwicklungschancen beider Geschlechter gleichermaßen zu berücksichtigen und die Persönlichkeitsbildung zu unterstützen. Die Schulkonzepte zur reflexiven Koedukation müssen in diesem Sinne für die Jugendhilfe modifiziert werden. Es sollen geschlechterspezifische und koedukative Angebote verknüpft werden, sodass auf die spezifischen Probleme und unterschiedlichen Lebenslagen eingegangen werden kann. Außerdem sollen Erfahrungen, hinsichtlich der nicht durch die gesellschaftlich erwarteten weiblichen und männlichen Verhaltensweisen, ermöglicht werden (vgl. Hartwig/Muhlak 2006, 109ff.). 4. Mädchen- und Jungenarbeit in der Heimerziehung 4.1 Begriffsbestimmung Heimerziehung Unter dem Begriff der Heimerziehung sind unterschiedliche erzieherische Hilfen zu verstehen, diese beinhalten teilstationäre und stationäre Angebote. Letztere umfassen Kinder- und Jugendwohngruppen, während teilstationäre beispielsweise betreutes Wohnen oder Tagesgruppen beinhalten. Erziehung findet normalerweise im Elternhaus, durch die Familie und das nähere soziale Umfeld, statt. Wenn die Erziehung hier allerdings nicht gewährleistet werden kann, gibt es verschiedene Angebote der Kinder- und Jugendhilfe. Eine Form der 27 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Erziehungshilfe ist die stationäre Kinder- und Jugendhilfe. Hierbei werden Betroffene aus ihren Herkunftsfamilien herausgenommen und es erfolgt eine Fremdunterbringung in einem „Heim“. Allerdings ist unter dem Begriff „Heim“ nicht mehr dasselbe zu verstehen wie noch vor ein paar Jahren (vgl. Stahlmann 2000a, 15f./Stahlmann 2000b, 71f.). Die derzeitige Heimerziehung hat sich verändert, diese Veränderung bezieht sich sowohl auf die heutige Klientel, dezentralisiertere Standorte, strukturelle und inhaltliche Rahmenbedingungen (Beratung, Supervision, Fort- und Weiterbildungen) sowie die Anforderungen an das pädagogische Fachpersonal. Der oben genannte Wandel resultiert aus neuen gesellschaftlichen Strukturen, zu denen andere Sozialisationsanforderungen sowie veränderte Lebenswelten zählen. Dieses stellte auch die Politik fest und reformierte im Jahr 1991 das Kinder- und Jugendhilfegesetz (vgl. Günder 2007, 25ff.). Der §34 KJHG beschreibt die Heimerziehung folgendermaßen: Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kindern und Jugendlichen durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie 1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder 2. die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder 3. auf eine längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbstständiges Leben vorbereiten. Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden (Kinder- und Jugendhilfegesetz, §34). Wie in §34 KJHG beschrieben, ist die Hilfe sowohl familienergänzend als auch familienersetzend, nur auf relativ kurze Zeit ausgelegt und es soll auf eine Rückführung in die Herkunftsfamilie hingearbeitet werden. Dennoch kann die Dauer der Unterbringung sehr verschieden sein. Demnach ist in vielen Konzepten eine Elternarbeit vorgesehen (vgl. Wirbals 2011, 25). Kinder und Jugendliche werden aus unterschiedlichen Gründen stationär untergebracht. Sie stammen häufig aus sozial und materiell benachteiligten Familien, in denen eine adäquate Versorgung sowie Erziehung nicht mehr gewährleistet ist. Die jungen Menschen bringen ihre individuelle Lebensgeschichte mit und weisen oftmals Verhaltensauffälligkeiten sowie psychische Probleme auf. Weitere Problemlagen in der Herkunftsfamilie können ein erhöhtes Auftreten von Sucht, 28 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Verwahrlosung, Erziehungsunfähigkeit oder Gewalterfahrungen sein (vgl. Günder 2007, 30f.). Die Kinder und Jugendlichen sollen wohnortnah untergebracht werden, sodass ihre bekannte Lebenswelt und Sozialraumorientierung erhalten bleibt. Die Umstrukturierung von anstaltsähnlichen Institutionen zu kleinen, überschaubaren, sich selbst versorgenden Einheiten bietet greifbare und annehmbare Lebensräume für die jungen Menschen (vgl. Günder 2007, 28/Stahlmann 2000b, 71ff.). Zudem wird in der stationären Jugendhilfe nach dem Prinzip der Alltags- und Lebensweltorientierung und der Individualisierung gearbeitet. Alltags- und Lebensweltorientierung bedeutet, dass die Kinder und Jugendlichen „als Ganzes“, mit ihrer Herkunft, den daraus resultierenden Problemlagen und ihren Bedürfnissen wahr- und angenommen werden. Es wird auf die Wünsche und Interessen der jungen Menschen eingegangen und sich an ihren Ressourcen orientiert. Es soll sich auf die Kinder und Jugendlichen eingelassen werden und es sollen ihnen durch annehmbare Strukturen Sicherheit und Alltagsunterstützung geboten werden. Ziel ist es einen ansprechenden und überschaubaren Lebensraum anzubieten, der Verlässlichkeit und Vertrauen schafft. Das Prinzip der Individualisierung beinhaltet, dass sich an den Lebens- und Problemlagen sowie Bedürfnissen des jungen Menschen orientiert und eine darauf ausgerichtete individuelle Hilfestellung geleistet wird. Hierfür wird systemisch gearbeitet, dies bedeutet, dass die Herkunftsfamilie und das gesamte soziale Umfeld miteinbezogen werden. Die Kinder und Jugendlichen sollen selbstständig werden und auch verantwortungsbewusst handeln (vgl. Stahlmann 2000b, 78f., 82f.). Die Hilfeleistung ist aufgrund eines zu erstellenden und fortzuschreibenden Hilfeplanes zu erbringen und regelmäßig den Erfordernissen anzupassen. Der Hilfeplan dient somit als Steuerungselement für die zu erbringende Hilfe und überprüft deren Wirksamkeit. Der Hilfeplan ist ein Aushandlungsprozess von Zielen zwischen dem Kind oder Jugendlichen, den Eltern sowie den pädagogischen Fachkräften. Es soll sich hierbei an den Ressourcen orientiert werden und die Lösungsstrategien des jungen Menschen sollen einbezogen und berücksichtigt werden (vgl. Günder 2007, 181). Das gut ausgebildete pädagogische Fachpersonal sollte über ein stabiles Selbstbild und Selbstvertrauen verfügen, um alltägliche Konfliktsituationen meistern zu können 29 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 und pädagogisch sinnvolle und gute Arbeit zu leisten. Weiterhin sollte es in der Lage sein, vertrauensvollee und beständige Beziehungen aufzubauen aufzubauen (vgl. Post 2002, 96). Die Kinder und Jugendlichen in der stationären Jugendhilfe sollen durch das pädagogische Personal bei der Sozialisation und der Alltagsbewältigung unterstützt werden. Zudem sollen Benachteiligungen abgebaut, die Entwicklung der Persönlichkeit gefördert und Zukunftschancen geboten werden. Weiterhin sollen die Kinder und Jugendlichen zu einer eigenständigen und verantwortungsbewussten Lebensweise befähigt werden (vgl. Stahlmann 2000 2000a, 15). Ziel ist es handlungsleitende soziale Kompetenzen zu erlernen und zu verinnerlichen verinnerlichen sowie zu einer emotional starken, lebensbejahenden Persönlichkeit heranzuwachsen. 4.22 Umsetzung in der Praxis Von den 35495 Kindern Kinder und Jugendlichen, die im Jahr 2011 in der Heimerziehung oder sonstigen betreuten Wohnform untergebracht sind, sind 53,8% 53 männlich und 46,2% weiblich (vgl. Statistisches Bundesamt 2012, 2012 37f.). Die unten stehende Grafik zeigt nach Geschlecht getrennte, ausgewählte Gründe für die Fremdunterbringung in einem Heim. Gründe für den Heimaufenthalt Angabe in Prozent 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Kindeswohlgefährdung Konflikte in der Familie männlich auffälliges Sozialverhalten schulische/berufliche Schwierigkeiten weiblich (Zahlen und Beschriftung entnommen aus Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2012, 37f./eigene 37f. Darstellung) 30 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Aus der dargestellten Grafik lässt sich entnehmen, dass Kindeswohlgefährdung (Gewalt, Missbrauch und/oder Vernachlässigung) mit 15,8 Prozent insgesamt die (mit)häufigste Ursache für die Herausnahme eines Jugendlichen aus seiner Familie und eine damit verbundene Fremdunterbringung in der stationären Jugendhilfe ist. Die Grafik zeigt weiterhin, dass Mädchen mit 8,5 Prozent häufiger als Jungen (7,3 Prozent) aufgrund von Kindeswohlgefährdung aus der Familie genommen werden. Dies bedeutet, dass Mädchen im Gegensatz zu Jungen oftmals mehr Gewalt und/oder Missbrauch in der Familie erfahren. Auch Günder und Stahlmann bestätigen, dass Mädchen sehr häufig mit Gewalterfahrungen und traumatischen Erlebnissen in der Herkunftsfamilie zu kämpfen haben. Deshalb soll vor allem dem Rollenverhalten und der damit verbundenen Unterdrückung und Abhängigkeit von Mädchen entgegen gewirkt werden. Die besonderen, auffälligen Verhaltensweisen von Mädchen können ursächlich durch ein angepasstes Rollenverhalten und die Zuweisung der Geschlechterkategorie begründet sein. Demnach muss dieses Thema in der Heimerziehung spezielle Beachtung finden und die Lebenssituationen der Mädchen ausreichend berücksichtigt werden. So muss das abweichende Verhalten als Bewältigungsstrategien verstanden werden. Hier bietet eine geschlechterhomogene Mädchengruppe einen besonderen Vorteil (vgl. Günder 2007, 323/Stahlmann 2000b, 88f.). Zudem werden Mädchen häufig erst dann in eine Erziehungshilfemaßnahme aufgenommen, „wenn sie es zuhause nicht mehr aushalten bzw. dort nicht mehr bleiben können, wenn sie weglaufen oder/und aufgrund massiver Selbstschädigung in der Psychiatrie gelandet sind. In den Biografien von Mädchen, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen leben, spielen Gewalterfahrungen (körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch, physische und psychische Vernachlässigung etc.) eine zentrale Rolle“ (Bitzan/Daigler 2004, 49). Ebenso werden Mädchen (5 Prozent) öfter als Jungen (3,6 Prozent) aufgrund familiärer Konflikte stationär aufgenommen. Dies bestätigt Hartwig mit der Aussage, dass Probleme der Mädchen häufig familiär bedingt sind. Hierzu zählen zu einem Großteil Konflikte zwischen Mädchen und ihren Eltern. Mädchen erfahren im Gegensatz zu Jungen (auch aufgrund der geschlechterspezifischen Sozialisation) in Bezug auf häusliche Pflichten und den Umgang mit dem anderen Geschlecht mehr Regeln sowie ein erhöhtes Auftreten von (sexueller) Gewalt aus dem nahen Umfeld. Oftmals reagieren Mädchen auf die bedrückenden Lebensumstände, indem sie sich zurückziehen oder die Aggressionen 31 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 gegen sich richten und sich selbstverletzen oder aus ihrer Herkunftsfamilie flüchten. In Folge der Familienbindung und den damit verbundenen Beziehungen, leben Mädchen längere Zeit als Jungen im Elternhaus, bis eine Hilfeleistung installiert wird. Dies hängt auch Bewältigungsstrategien mit der verstandenen Rollenerwartung abweichenden und den nicht als Verhaltensauffälligkeiten zusammen (vgl. Hartwig 2004, 206f.). Jungen dagegen werden mit 8,8 Prozent deutlich häufiger als Mädchen (5,3 Prozent) sozial auffällig und deswegen in Einrichtungen der Jugendhilfe betreut. Gründe, die von Günder und Hartwig unterstützt werden, sind, dass Jungen ihre Gefühle und Probleme häufig nicht offen aussprechen können, da es nicht dem erwarteten Rollenverhalten entspricht. Diese Probleme beinhalten schulisches Versagen und damit verbunden, nicht ausreichende Leistungen, Konkurrenzdruck, Angst vor Schwäche sowie hierfür fehlende Lösungsstrategien. „Jungen richten ihre Aktivitäten nach außen“ (Hartwig 2004, 207), ihre Bewältigungsstrategien, mit diesen Problemen umzugehen und nicht die eigenen Bedürfnisse aussprechen zu dürfen, zeigen sich durch ein hohes Maß an dissozialem Verhalten, dies beinhaltet beispielsweise Aggressionspotential, Gewaltanwendung und die damit verbundene Suche nach Ansehen durch das eigene Geschlecht (vgl. Günder 2007, 323/Hartwig 2004, 207). Zudem haben Jungen (2,2 Prozent) öfter schulische oder berufliche Schwierigkeiten als Mädchen (1,5 Prozent) und sind die Bildungsverlierer (vgl. Bentheim u.a. 2004, 36). Dies steht wieder im Zusammenhang mit dem eher auffälligen, hyperaktiven, nach außen gerichteten Verhalten und dem Druck, sich zu profilieren. Durch die eben beschriebenen Gründe wird deutlich, dass eine Geschlechterzugehörigkeit bestimmte Problemlagen mit sich bringt. Diese sind nicht immer selbst verschuldet, sondern bestehen aufgrund struktureller Gegebenheiten und gesellschaftlicher Rollenerwartungen. Die Einführung des Gender Mainstreamings ist von großer Bedeutung für die Heimerziehung und die damit verbundene alltägliche Ausgestaltung der Hilfe und das Eingehen auf die in dieser Einrichtung lebenden Kinder und Jugendlichen. Gender Mainstreaming ist die Grundlage und Berechtigung für die Einführung neuer oder Weiterentwicklung schon bestehender geschlechterhomogener Angebote in der Heimerziehung. Es sollen in diesem Sinne die benachteiligten Lebenssituationen von Mädchen und Jungen gleichermaßen berücksichtigt werden. Somit sollen die Probleme beider 32 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Geschlechter wahrgenommen und ihnen adäquat entgegengewirkt werden, sodass eine Gleichstellung von Mädchen und Jungen erreicht werden kann. Vor der Einführung des Gender Mainstreaming richteten sich die geschlechterhomogenen Angebote überwiegend an Mädchen, da diese offensichtlich benachteiligt und nicht viele hierauf ausgerichtete Angebote vorhanden waren. Doch im Zuge des Gender Mainstreamings wurde der Blick erweitert und auch die eingeschränkten Lebenssituationen der Jungen wahrgenommen, sodass nun die Benachteiligung beider Geschlechter im Fokus steht und auf eine Gleichstellung auch im Kontext der Heimerziehung hingearbeitet werden soll. Die Mädchen- und Jungenarbeit in der Heimerziehung muss deshalb differenziert betrachtet werden. Aufgrund fehlender Konzepte für diesen Bereich der Jugendhilfe, gibt es keine spezifische Literatur zu diesem Thema. Dieses deutet daraufhin, dass Mädchen- und Jungenarbeit im Sinne des Gender Mainstreamings in der Heimerziehung keine spezifische Anwendung findet und in der Praxis nicht sehr weit verbreitet ist. Doch auch in der Heimerziehung ist geschlechterspezifische Soziale Arbeit von existenzieller Bedeutung. Mädchen- und Jungenarbeit muss auch in der Heimerziehung geschlechterbewusst wahrgenommen und dementsprechend weiter entwickelt werden. Heimerziehung ist ein eigenständiger Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Wie in der obigen Darstellung beschrieben, handelt es sich hierbei um ein spezielles Setting. Hierbei werden Kinder und Jugendliche für längere Zeit fremduntergebracht und im Alltag begleitet. Es handelt sich also nicht wie beispielsweise in einem Jugendzentrum um ein freiwilliges Angebot, dass beide Geschlechter wahrnehmen können, sondern um einen Zwangskontext im Rahmen einer stationären Einrichtung. Hier sind die Mädchen und Jungen über Tag und Nacht sowie über einen längeren Zeitraum untergebracht. Die Heimerziehung schließt besondere Problem- und Lebenslagen der Mädchen und Jungen mit ein, muss diese berücksichtigen und im Alltag besonders darauf eingehen. Besondere Problemlagen der Mädchen beinhalten oftmals Gewalterfahrung, sexuellen Missbrauch und/oder Vernachlässigung, Jungen zeigen häufig Verhaltensauffälligkeiten und haben schulische oder berufliche Schwierigkeiten. Aus diesen speziellen Problemlagen und Hintergründen ergibt sich, dass der koedukative Ansatz nicht ausreicht, um eine adäquate Hilfestellung, auf geschlechterspezifische Interessen und Bedürfnisse ausgerichtet, zu leisten. Die koedukative Erziehung unterstützt beide Geschlechter gleichermaßen bei der 33 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Bewältigung des Alltags. Der geschlechterhomogene Ansatz muss versuchen, auf die gegebenen Problemlagen einzugehen. In der Heimerziehung ist für die Entwicklung einer stabilen Geschlechtsidentität und eines gelingenden eigeständigen Alltags, eine Kombination von koedukativen Ansätzen und geschlechterhomogenen Angeboten zwingend erforderlich. So ist es von Nöten, geschlechterspezifische Angebote zu entwickeln und in bestehende koedukative Konzepte zu integrieren, sodass zielorientiert gearbeitet werden kann. Diese Auffassung wird von verschiedenen Autoren (Bronner/Behnisch, Günder, Hartwig, Klees u.a sowie Kunert-Zier) bestätigt. Kunert-Zier betont, dass geschlechterbewusste Soziale Arbeit eine Kombination aus Mädchen- und Jungenarbeit sowie koedukativen Ansätzen bedeutet. Diese setzt beide Geschlechter in Relation zueinander und die pädagogischen Angebote wirken sich positiv auf eine Gleichstellung der Geschlechter aus. Um Gender Mainstreaming in der Heimerziehung gerecht zu werden, muss also geschlechterhomogen und geschlechterheterogen gearbeitet werden (vgl. Kunert-Zier 2008, 14, 21). Es ist allerdings festzuhalten, dass es zur Umsetzung der Mädchen- und Jungenarbeit in der Heimerziehung keine ausgereiften Konzepte gibt, da hier vorherrschend nach koedukativen Ansätzen gearbeitet wird. Die Ausnahme ist, wenn es sich um eine spezifische Mädchen- oder Jungenwohngruppe handelt. Auch Günder bestätigt, dass koedukative Ansätze heutzutage überwiegend in der Heimerziehung vorzufinden sind. Mädchenhomogene Erziehung findet eher in ausgewählten stationären Einrichtungen statt. Hierfür sind die speziellen Erlebnisse und Erfahrungen der Mädchen verantwortlich. Besonders für Mädchen mit Missbrauchs- oder Gewalterfahrung erweist sich eine mädchenhomogene Wohngruppe als sinnvoll. Sie sollten so lange geschützt werden und unter sich bleiben, bis sich ihr Selbstbewusstsein stabilisiert hat. Die Mädchenwohngruppen bieten durch ausnehmend weibliches Fachpersonal die Möglichkeit, sich mit den traumatischen Erlebnissen, der Geschlechterrolle sowie Sexualität auseinanderzusetzen. Die Mädchen können langsam auf ein selbstbestimmtes Leben in der Auseinandersetzung mit Jungen und Männern vorbereitet werden. Durch ein gemischtgeschlechtliches Setting ist zu vermuten, dass Mädchen wieder durch die Jungen eingeschränkt und auf ihre Rolle reduziert werden, sodass sie ihre Persönlichkeit nicht frei entfalten können (vgl. Günder 2007, 321ff.). Dennoch ist festzustellen, dass es sich hierbei um eine besondere Situation handelt. Deshalb ist es sinnvoll, dieses spezielle Setting 34 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 anzubieten. Mädchen und Jungen, die aufgrund anderer genannter Gründe (auffälliges Verhalten, Beziehungsstörungen, Selbstverletzungen) in die stationäre Jugendhilfe aufgenommen werden, weisen oftmals gleiche Erfahrungen und Hintergründe auf. So ist es wichtig, nicht ausschließlich auf die geschlechterspezifischen Probleme und Verhaltensweisen einzugehen, sondern auf die Kinder und Jugendlichen mit ihren individuellen Problemlagen. Hierauf ausgerichtet, ist eine gemischtgeschlechtliche Hilfe zu installieren. Diese sollte im Alltag Anwendung bei den Kindern und Jugendlichen finden, unabhängig davon, welchem Geschlecht sie angehören und welche gesellschaftlichen Probleme diesem zugeschrieben werden. Auch Bronner/Behnisch konstatieren, dass die reinen Mädchen- oder Jungengruppen nicht ausreichen, um in der Heimerziehung adäquate Hilfestellungen zu leisten. Hinzu kommen muss im Alltag das Konzept einer reflexiven Koedukation. Hierdurch wird Mädchen und Jungen bei den gemeinsamen Gruppenangeboten und Aktivitäten die Möglichkeit gegeben, sich untereinander über das andere Geschlecht und die Sozialisationsbedingungen auszutauschen. In dieser Gruppe ist es sinnvoll, jeweils weibliche und männliche Fachkräfte einzusetzen, die als Vorbilder dienen und an denen die Jungen und Mädchen sich orientieren können (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 236ff.). Die Angebote der koedukativen Erziehung richten sich gleichermaßen sowohl an Mädchen als auch an Jungen. Dies ist von großer Bedeutung, da in den meisten Wohngruppen Mädchen und Jungen zusammen leben und sich täglich mit dem jeweils anderen Geschlecht auseinandersetzen müssen. Koedukative Arbeit unterstützt Mädchen und Jungen gleichermaßen bei der Bewältigung des Alltags und bietet Hilfestellung in allen Bereichen, beispielsweise Erledigung der Hausaufgaben oder Erfüllung der haushaltlichen Pflichten. In einer Wohngruppe müssen sowohl Mädchen als auch Jungen Essen zubereiten und in der Küche mithelfen, Wäsche waschen sowie Zimmer aufräumen. Es macht in der alltäglichen koedukativen Arbeit keinen Unterschied, um welches Geschlecht es sich bei der Ausführung der Haushaltstätigkeiten handelt. Mädchen wie Jungen werden, unabhängig von ihrem Geschlecht, auf das spätere Leben vorbereitet. Die in der stationären Jugendhilfe lebenden Mädchen und Jungen haben hier ihren Lebensmittelpunkt und die koedukative Arbeit muss auf die individuellen Probleme der Kinder und Jugendlichen eingehen und ihnen eine adäquate Hilfeleistung anbieten. Das 35 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Geschlecht spielt hierbei zunächst keine Rolle. Die gelingende Bewältigung des Alltags nimmt zudem viel Zeit in Anspruch, sodass häufig keine Zeit bleibt, sich mit den spezifischen Problemen der Mädchen und Jungen auseinanderzusetzen. Es wird eher auf die offensichtlichen, gerade auftretenden Konflikte und Probleme eingegangen. Gerade weil die geschlechterspezifischen Probleme im Alltag keine ausreichende Beachtung finden, ist es von großer Bedeutung, geschlechterhomogene Gruppen anzubieten (beispielsweise einmal wöchentlich). Auch Bronner/Behnisch und Klees u.a. betonen, dass geschlechtergetrennte Mädchen- und Jungengruppen von hoher Bedeutung sind und bleiben. Hierbei werden die gesellschaftlich festgeschriebenen Rollenmuster abgelegt und so eine selbstbestimmte Geschlechtsidentität ausgebildet. Geschlechterhomogene Gruppen bieten einen Schutzraum, in dem Ängste und Unsicherheiten zugelassen und offen ausgesprochen werden können. Die Ansprache von schwierigen Lebens- und Problemlagen wird somit erleichtert. Es können Handlungsalternativen aufgezeigt werden, die aufgrund der Wahrnehmung eigener Anliegen und Begehren auch angenommen werden. Weiterhin unterstützt die homogene Gruppe eine freie Persönlichkeitsentwicklung und den Aufbau von Selbstbewusstsein. Beide Geschlechter haben insgesamt mehr Möglichkeiten, ihr Leben zu gestalten und sich zu verwirklichen (vgl. Klees u.a. 2007, 79ff.). Hinzu kommt, dass den Mädchen und Jungen im geschlechterhomogenen Setting die Möglichkeit gegeben wird, sich mit dem Verhalten und den Fähigkeiten des anderen Geschlechts auseinanderzusetzen und dieses auszuprobieren, ohne dass sie typischem Rollenverhalten unterliegen. Zudem befähigt die reine Mädchen- oder Jungengruppe, sich über die besondere Sozialisation auszutauschen, somit Gemeinsamkeiten innerhalb der Geschlechterkategorie zu finden und so Handlungsalternativen aufzuzeigen (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 236ff.). Kritisch zu betrachten ist, dass die geschlechterhomogenen Ansätze nicht alleine bestehen können, sondern in Verbindung mit gemischtgeschlechtlichen Angeboten installiert werden müssen. Dieses ist besonders in der Heimerziehung von Bedeutung, da Mädchen und Jungen häufig ähnliche traumatische Erlebnisse und gestörte Sozialisationsbedingungen aufweisen. Da Mädchen und Jungen außerhalb der Wohngruppe und im täglichen Leben immer wieder mit dem anderen Geschlecht konfrontiert werden, würde eine rein geschlechterhomogene Gruppe eine Isolation und Unfähigkeit im Umgang mit dem anderen Geschlecht begünstigen. Dieses würde 36 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 nicht der Lebensrealität entsprechen. Dieses wird auch von Bronner und Behnisch unterstützt. Sie stellen fest, dass eine erfolgreiche Bewältigung des Alltags und die Ausbildung einer verantwortungsbewussten Persönlichkeit nur unter der Voraussetzung entstehen können, dass beide Konzepte miteinander verbunden werden und gleichermaßen Anwendung finden. Aus den gemischtgeschlechtlichen Gruppen im Alltag können situations- oder themenangemessen reine Mädchen- oder Jungengruppen werden, um sich genau mit diesen Thematiken oder Situationen beschäftigen zu können. Es kann geschlechterhomogen gearbeitet werden, um sich dann geschlechterheterogen auszutauschen und auf einen gemischtgeschlechtlichen Alltag vorbereitet zu sein (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 238ff.). In der Heimerziehung ist es demnach auch von großer Bedeutung, männliche und weibliche Fachkräfte gleichermaßen in den Gruppen einzusetzen. Frauen und Männer dienen auch dem anderen Geschlecht als Vorbild, bringen unterschiedliche Erlebnisse und Fähigkeiten ein und können so den Abbau von geschlechterspezifischen Vorurteilen unterstützen. Offen bleibt jedoch, wie genau ein Konzept hierzu aussehen soll. Unklar ist auch, wie die Umsetzung geschlechterhomogener Angebote in Verbindung mit koedukativen Ansätzen in der Heimerziehung konkret aussehen und realisiert werden soll. Dahingehend müssen noch spezifische Konzepte entwickelt oder schon bestehende modifiziert werden. 4.3 Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte In der Heimerziehung sollte eine passende und genaue Hilfe installiert und umgesetzt werden. Hierfür ist es überaus wichtig, eine stabile Beziehung zu den anvertrauten Jugendlichen aufzubauen. Auch wird hierdurch die Identitätsbildung unterstützt. Hinzu kommt, dass die Jugendlichen mit ihrer Individualität und den bestehenden Problemen angenommen werden sollen (vgl. Günder 2007, 117ff.). Doch neben diesen schon bestehenden Anforderungen sind im Zuge des Gender Mainstreamings noch weitere und speziellere hinzu gekommen. Die Fachkräfte müssen versuchen, die Benachteiligung zwischen den Geschlechtern abzubauen. Hierfür sind besondere Kenntnisse notwendig. Die Kenntnisse werden verstanden als „Genderkompetenzen. Diese bestehen aus einer gleichrangigen Aneignung von genderbezogenen Fachwissen, Handlungs- und Selbstkompetenzen [Herv. i. O.]“ (Kunert-Zier 2008, 37 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 20) und sollen modifiziert und weiter entwickelt werden. Zudem beinhalten sie „Genderwissen und Gendersensibilität [Herv. i. O.]“ (Voigt-Kehlenbeck 2004, 146). Ziel ist es, eine genderbewusste Arbeit in der stationären Jugendhilfe anzubieten und zu leben. Den männlichen und weiblichen Jugendlichen müssen die geschlechtertypischen Kategorisierungen und damit verbundenen Folgen bewusst gemacht werden, um diese zu überwinden und nicht selber weiter zu unterstützen. Hierfür müssen die bestehenden Geschlechterrollen von den Jugendlichen, aber auch den Fachkräften selbst reflektiert werden. Des Weiteren müssen eigene Standpunkte und Einstellungen reflektiert werden, sodass genderbewusst und ohne Rekonstruktion der Geschlechterzuschreibungen gearbeitet werden kann. Die Genderkompetenz legt den Fokus auf die unterschiedlichen und abweichenden Lebenssituationen der weiblichen und männlichen jungen Menschen. Diese sollen somit erkennbar und überwindbar gemacht werden. Es muss in diesem Zusammenhang herausgefunden werden, ob es sich hierbei ursächlich um Konsequenzen der Angehörigkeit zu einer Geschlechterkategorie, selbst erlerntem abweichendem Verhalten oder gesellschaftlich ausgelöste Benachteiligungen handelt (vgl. Voigt-Kehlenbeck 2004, 147ff.). Eine Kompetenz der Fachkräfte ist es weiterhin, einen gendersensiblen Blick zu entwickeln. Mit diesem wird festgestellt, welchen Beistand Mädchen und Jungen bei der Lebensbewältigung benötigen. Ausgegangen wird hierbei von den individuellen Bedürfnissen, Interessen sowie Lebensentwürfen der Mädchen und Jungen. Geachtet werden muss dabei auf die Einschränkungen resultierend aus der Geschlechterkategorisierung und wie diesen entgegengewirkt werden kann. Die Fachkräfte dienen den Mädchen und Jungen als Vorbild und müssen hierfür ihren eigenen Standpunkt, das Rollenverhalten, Erwartungen an das Rollenverhalten sowie erlernte Bewältigungsstrategien kritisch reflektieren. Die geschlechterbewusste Haltung der Fachkräfte ist von zentraler Bedeutung. Hierdurch werden die Ausübung geschlechterbewusster Handlungsweisen und die Installierung geschlechterspezifischer Angebote unterstützt. Die gesellschaftlichen Anforderungen an die Jugendlichen müssen mit in den Blick genommen werden. Diese sind dafür verantwortlich, wie Mädchen und Jungen sich geschlechterspezifisch entwickeln. Bezogen auf die Heimerziehung sind auch die (teilweise traumatischen) Erlebnisse der Mädchen und Jungen sowie ambivalenten Beziehungen von großer Bedeutung. Diese und die Problemlagen müssen in die Arbeit miteinbezogen und ihnen muss 38 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 besondere Beachtung geschenkt werden. Auch hierauf müssen seitens der Fachkräfte besondere Kompetenzen entwickelt werden, die sie befähigen, den Lebensalltag und Zukunftsperspektiven zu unterstützen und zu begleiten (vgl. Voigt-Kehlenbeck 2004, 151ff.) Speziell in der Heimerziehung unterstützen Fachkräfte die jungen Menschen bei der Bewältigung des Alltags. Sie begleiten bei der Erstellung und Realisierung von Zukunftsentwürfen, relevanten Entscheidungen und Rollenverhalten. Besonders im jugendlichen Entwicklungsalter verfestigen sich Geschlechterbilder und typisches Rollenverhalten. Die Geschlechterbilder und das damit verbundene Rollenverhalten wirken sich nicht unerheblich auf die Lebensweise und -verwirklichung aus. Wie schon im vierten Kapitel beschrieben, werden im Laufe des Lebens widersprüchliche Anforderungen und Erwartungen an die Jungen und Mädchen heran getragen. Gerade deshalb sollen durch die Fachkräfte und deren spezifisches Genderwissen, Mädchen und Jungen mit den Rollenerwartungen konfrontiert und für diese sensibilisiert werden. Durch eine Selbstreflektion und Modifizierung des Verhaltens können neue Ausgangspunkte und Zukunftsaussichten für die Kinder und Jugendlichen geschaffen werden. Zudem werden durch die Fachkräfte Normen und Werte vermittelt, die auch von den eigenen Lebenserfahrungen abhängig sind. Nur durch ein geschlechterbewusstes Handeln können Mädchen und Jungen neue Wege und Handlungsalternativen aufgezeigt werden. Zum Genderwissen gehört auch, sich mit dem Begriff des Gender Mainstreamings und den gegebenen Benachteiligungen auseinanderzusetzen, sich die geschlechtertypischen Karrierechancen bewusst zu machen, die Gesellschaftshierarchie und die Doppelbelastung von Familie und Beruf wahrzunehmen sowie die Medien als bedeutenden Einflussfaktor zu begreifen (vgl. Wagner 2004, 66ff.). Für die Mädchenarbeit ergeben sich hieraus spezifische Konsequenzen. Die weiblichen Fachkräfte müssen sich auf die schwierigen Lebenssituationen der Mädchen einlassen können, um so eine adäquate Hilfestellung anzubieten. Ein Basiswissen der Fachkräfte ist unumgänglich. Dieses beinhaltet die Wahrnehmung, dass strukturelle Gegebenheiten, Lebenssituationen und Bewältigungsmuster von Mädchen zusammenhängen. Zudem gehört auch, sich seiner Vorbildfunktion bewusst zu sein und dementsprechend zu handeln. Daher ist es wichtig, sich mit seiner eigenen Vergangenheit und Zukunft sowie Rollenverhalten auseinanderzusetzen und diese zu reflektieren. Weiterhin ist es von Bedeutung, die 39 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Probleme der Mädchen wahrzunehmen und sie möglicherweise an andere Einrichtungen zu vermitteln, damit eine adäquate Hilfe geleistet werden kann (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 91ff.). Unabdingbar sind auch die in 4.1.3 beschriebenen Arbeitsprinzipien, die umgesetzt werden sollen. Für diese müssen die Fachkräfte bestimmte Haltungen und Kompetenzen ausbilden. Auch für männliche Fachkräfte ergeben sich spezifische Konsequenzen für die Jungenarbeit. Eine davon ist die Reflexionskompetenz, sich die eigene männliche Lebensweise und damit verbundene Vorbildfunktion für die Jungen bewusst zu machen (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 191). Die Jungen sollen animiert werden, sich mit ihrer Lebenslage und den Bewältigungsmustern auseinanderzusetzen, um neue Handlungsalternativen und Perspektiven zu erarbeiten (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 96). Fachkräfte sollten in der Lage sein, die Bedürfnisse der Jungen zu erkennen, diese offen zu legen und auf dessen Erfüllung hinzuarbeiten. Ein Basiswissen über die Geschlechterkategorie, verschiedene Lebenssituationen und die geschlechterspezifische Sozialisation sowie Geschlechterhierarchie ist hierbei bedeutsam. Jungen soll durch die männlichen Fachkräfte geholfen werden, Selbstbewusstsein zu entwickeln und mit den widersprüchlichen Anforderungen sowie Erwartungen umzugehen. Hierfür muss sich seitens der Fachkräfte mit eigenen Erlebnissen und eigenem Verhalten auseinandergesetzt werden. Die Fachkräfte müssen überlegen, welche Rolle sie in der Arbeit mit den Jungen einnehmen wollen. Zudem erfordert Genderkompetenz, geschlechtertypische Thematiken und Problemlagen zu erkennen und sich ganz auf sie einzulassen, um sie überwinden zu können (vgl. Bronner/Behnisch 2007, 211ff.). Hinzu kommen muss die Fähigkeit, die in 4.2.3 beschriebenen Arbeitsprinzipien umsetzen zu können. Hierfür müssen seitens der Fachkräfte bestimmte Haltungen und Kompetenzen ausgebildet werden. Diese gestiegenen Anforderungen der Genderkompetenz, Genderwissen und Gendersensibilität gilt es in der Zukunft noch einzufordern und weiter auszubauen. 5. Schlussbetrachtung und Ausblick Die Heimerziehung hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Dies bezieht sich jedoch nicht nur auf die strukturellen und inhaltlichen Rahmenbedingungen, sondern auch auf die politische und gesellschaftliche Situation, in der die Heimerziehung geschieht. In unserer heutigen Gesellschaft ist alles vielfältiger geworden und somit 40 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 ergeben sich mehr Möglichkeiten für die in ihr lebenden Individuen. Dadurch entstehen nicht nur mehr Möglichkeiten der Lebensgestaltung, es werden auch mehr Anforderungen und differenzierte Anpassungsleistungen jedes Individuums verlangt. Die Ausdifferenzierung der Rollen kann als positiv bezeichnet werden, trotzdem müssen sie sich in Zukunft noch weiter verändern. Das Erziehungsverhalten der Eltern spielt eine bedeutende Rolle für die Sozialisation und ist entscheidend, ob eine stabile Persönlichkeit entwickelt werden kann. Auch das Geschlecht ist von Bedeutung, es kann sich positiv und negativ auf die Lebensverläufe auswirken. Denn die geschlechtertypischen Eigenschaften und Rollenerwartungen sind größtenteils traditionell und damit gleich geblieben. Die Einführung des Begriffs Gender Mainstreaming zeigt, dass diese Problematik erkannt wurde. Es geht nunmehr um beide Geschlechter in ihren jeweiligen Lebenslagen und nicht nur um die benachteiligte Lebenssituation von Frauen und Mädchen. Diese stand lange Zeit im Vordergrund, da nur die Benachteiligung dieser öffentlich gemacht wurde. Dennoch haben auch Männer und Jungen mit schwierigen Lebens- und Problemlagen zu kämpfen, sodass auch spezifisch auf diese eingegangen werden muss. Die Einführung des Gender Mainstreamings hat einige Veränderungen mit sich gebracht. Nicht nur der Blick auf das männliche Geschlecht soll erweitert, sondern es soll auf eine Gleichstellung der Geschlechter hingewirkt werden. Eine Erweiterung des Blickwinkels hat Auswirkungen auf die Politik im Großen und auf die Jugendhilfe im Kleinen. Auch hier muss darauf geachtet werden, welche Auswirkungen Entscheidungen auf die Geschlechter haben. Die Aufgabe der Jugendhilfe ist es, den Aufbau einer eigenständigen Persönlichkeit sowie reflektierte Geschlechteridentität der Kinder und Jugendlichen zu unterstützen. Hierfür ist es, besonders seit dem Blickwinkel des Gender Mainstreamings, von zunehmender Bedeutung geworden, adäquate Hilfeleistungen für beide Geschlechter zu installieren. Allerdings gibt es keine ausgearbeiteten Konzepte zu dieser Thematik. Die Mädchen- und Jungenarbeit sind zwar Angebote der Jugendhilfe, doch konzeptionell noch nicht beschrieben, finden sie im Hinblick auf Gender Mainstreaming keine spezifische Anwendung in der Heimerziehung. Die in Punkt drei beschriebene geschichtliche Entwicklung der Mädchen- und Jungenarbeit sowie die heutigen Lebenslagen der Mädchen und Jungen machen allerdings deutlich, dass eine Einführung in den Kontext der Heimerziehung undabdingbar erscheint. Hier wird heutzutage führend nach koedukativen Ansätzen gearbeitet. Dies erscheint auch 41 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 sinnvoll, da Mädchen und Jungen in der Heimerziehung zusammenleben und ihren Alltag miteinander bestreiten. Dennoch muss besonders im Hinblick des Gender Mainstreamings noch mehr die Beseitigung der Benachteiligung zwischen den Geschlechtern unterstützt werden. So erscheint es unerlässlich, geschlechterhomogene Angebote für die Heimerziehung zu entwickeln und in schon bestehende Konzepte zu integrieren. Nur so kann adäquat auf die Bedürfnisse und Interessen beider Geschlechter eingegangen werden. Demnach werden auch die Leitlinien des Gender Mainstreamings noch nicht ausreichend berücksichtigt. In der Heimerziehung ist es von vorrangiger Bedeutung, auf den jungen Menschen individuell einzugehen und eine passgenaue Hilfe zu installieren, unabhängig davon welches Geschlecht er hat und welche gesellschaftlichen Probleme diesem zugeschrieben werden. Aber gegebenenfalls würde die Erweiterung des Blickwinkels im Sinne des Gender Mainstreamings neue Lösungsmöglichkeiten sowie Handlungsalternativen eröffnen und den Blick auf den gesellschaftlichen Kontext ausweiten. So ist für eine positive Entwicklung des jungen Menschen notwendig, seine gesamte Lebenssituation in den Fokus zu nehmen und ihn bei der Bewältigung des Alltags zu unterstützen. Die Zuschreibung des Geschlechts und damit verbundenen Widersprüche und Anforderungen könnten Aufschluss über das Verhalten von Mädchen und Jungen und somit Erklärungsansätze liefern. Zudem ist es von Bedeutung nicht nur das auffällige und abweichende Verhalten der Mädchen und Jungen ohne Zusammenhang zu sehen, sondern es als Bewältigungsstrategie auf eben die strukturellen Gegebenheiten zu verstehen. Ein Blick nur auf die Verhaltensauffälligkeiten würde nicht beinhalten, dass das Problem ursächlich auch gesellschaftlich bedingt sein könnte. So werden wichtige Faktoren außen vor gelassen. Eine Installation von Mädchen- und Jungenarbeit und ein Eingehen auf ihre spezifischen Problem- sowie Lebenslagen ist deswegen neben den koedukativen Ansätzen zwingend erforderlich. Als Konsequenz für die pädagogischen Fachkräfte ergibt sich hieraus, den Blick von dem Individuum auf die gesellschaftliche Situation zu erweitern und so das Verhalten zu hinterfragen. Die Fähigkeit der Selbstreflexion, für den eigenen Kontext und den Umgang mit der eigenen Geschlechterrolle, ist hierbei von zentraler Bedeutung. Welches Bild die Fachkräfte von sich in ihrer Rolle haben, wird an Mädchen und Jungen weitervermittelt. Um Vorbilder anzubieten, sollten immer 42 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 sowohl weibliche als auch männliche Fachkräfte mit den Mädchen und Jungen in Kontakt treten. Zudem ist es unumgänglich, sich mit der politischen Situation und gesellschaftlichen Veränderungen auseinanderzusetzen. Aufgrund dessen sind Genderkompetenz, Genderwissen und Gendersensibilität von zentraler Bedeutung. Auch in Zukunft werden sich pädagogische Fachkräfte mit diesen Begriffen auseinandersetzen, neue Fähigkeiten entwickeln, Konzeptionelles weiterentwickeln und sich ständig weiterbilden müssen. Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass sich aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung auch immer An- und Herausforderungen für die Heimerziehung ergeben werden. Dahingehend müssen noch spezifische Konzepte entwickelt werden, die alle Eventualitäten in den Blick nehmen. Weiterhin ergeben sich hieraus immer spezielle Kompetenzen, die sich angeeignet werden müssen. Durch die sich im Wandel befindende Gesellschaft wird auch in Zukunft die Heimerziehung ein wichtiges Feld der Jugendhilfe darstellen. Wie sich Gender Mainstreaming und somit Mädchen- und Jungenarbeit in der Heimerziehung festigt und umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. 43 Geschlechterspezifische Soziale Arbeit am Beispiel des Praxisfeldes Heimerziehung Bachelorarbeit Mirjam Achenbach, 70007365 Literaturverzeichnis Athensteadt, Ursula/ Alfermann, Dorothee (2011): Geschlechterrollen und ihre Folgen. Eine sozialpsychologische Betrachtung. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. Bentheim, Alexander/ May, Michael/ Sturzenhecker, Benedikt/ Winter, Reinhard (2004): Gender Mainstreaming und Jungenarbeit. Weinheim und München: Juventa Verlag. 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S. 11-127. 49 Eidesstattliche Erklärung Hiermit versichere ich, dass die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt wurden. Die Stellen der Arbeit, die anderen Quellen im Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen wurden, sind durch Angaben der Herkunft kenntlich gemacht. _______________________________