Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt - Entwurf - Thüringer Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt Stand: 11. Mai 2009 2 INHALT 1. Anlass 3 2. Gründe für die Gefährdung der biologischen Vielfalt 5 3. Biologische Vielfalt in Thüringen 7 3.1 Die Artenvielfalt Thüringens 7 3.2 Zentren der Arten- und Lebensraumvielfalt in Thüringen 8 3.3 Veränderungen der Artenvielfalt 11 3.4 Genetische Ressourcen der Land- und Forstwirtschaft 13 3.5 Die Verantwortlichkeit Thüringens aus globaler Sicht 16 4. Bilanz der Biologischen Vielfalt für Arten und Biotope in Thüringen 23 4.1 Vergleich der Roten Listen von 1994 und 2001 23 4.2 Erhaltungszustand von Arten und Lebensraumtypen nach der FFH-Richtlinie und EU-Vogelschutzrichtlinie in Thüringen 25 4.3 Bilanz der verschiedenen Naturschutzinstrumente, -projekte und –maßnahmen und Bewertung ihrer Wirksamkeit 31 5. Bilanz der biologischen Vielfalt in den Landschaftsräumen Thüringens 38 5.1 Biologische Vielfalt in den Agrarlandschaften 38 5.2 Biologische Vielfalt im besiedelten Bereich 45 5.3 Biologische Vielfalt der Wälder 49 5.4 Biologische Vielfalt der Gewässer 57 6. Leitbild/Zielsetzung 2020 65 7. Aktionsplan bis 2020/Aktionsfelder 68 ANHANG 3 1. Anlass Auf unserer Erde gibt es eine Vielzahl von Lebensformen. In Folge der variablen Klima- und Bodenverhältnisse haben sich die unterschiedlichsten Arten herausgebildet. Zwischen diesen gibt es mannigfaltige Wechselbeziehungen. Die verschiedenen Lebensformen und Lebensräume sind untereinander und mit ihrer Umwelt verbunden und bilden ein weltumspannendes Netz des Lebens. Wie viele Arten auf unserem Planeten zu finden sind, ist nicht genau bekannt. Die Schätzungen des globalen Artenreichtums schwanken zwischen 3 Mio. und 30 Mio. Arten. Die Unterschiede ergeben sich durch die verschiedenen gewählten Methoden der Abschätzung. Experten gehen davon aus, dass dies nur ein Bruchteil der tatsächlich vorhandenen Artenvielfalt ist. Allgemein wird eine Gesamtzahl von 14 Mio. Arten angenommen. Der größte Anteil der Tierarten entfällt mit ca. 1 Mio. Arten auf die Klasse der Insekten. In der jüngsten Zusammenstellung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) kam man auf rund 1,75 Mio. beschriebener Arten. Das Staunen über diese Fülle wird jedoch mittlerweile überlagert von der Sorge um diesen Schatz der Natur. Zwischen 1970 und 2000 hat die Gesamtzahl der Arten drastisch abgenommen, zahlreiche Ökosysteme sind inzwischen in Gefahr. Das ungebremste Wirtschaftswachstum der Industriestaaten forderte seinen Preis und auch die Länder der besonders artenreichen Tropen und Subtropen haben begonnen, sich zu Lasten ihrer Natur zu entwickeln. Mit der fortschreitenden Umweltzerstörung gerieten auch die Wohlfahrtsleistungen der Ökosysteme zunehmend in den Blickpunkt. In dieser Situation entstand um 1980 der Begriff „Biodiversität“, zu deutsch „Biologische Vielfalt“. Darunter fallen alle Erscheinungsformen des Lebens. Es hat sich eingebürgert, darunter die Gesamtheit der Ökosysteme und Arten, aber auch der genetischen Ausprägungen innerhalb der Arten zu verstehen. Vor diesem Hintergrund des fortschreitenden Verlustes an biologischer Vielfalt wurde auf dem Umweltgipfel der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro 1992 das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (englisch: Convention on Biological Diversity, CBD) verabschiedet. Mit diesem Übereinkommen wird erstmalig der Schutz der biologischen Vielfalt als ein gemeinsames Interesse der gesamten Menschheit anerkannt. Das Übereinkommen ist dabei keine reine Naturschutzkonvention, sondern enthält auch Aussagen zu einer gerechten wirtschaftlichen Nutzung der biologischen Vielfalt. Der völkerrechtlich bindende Vertrag wurde bislang von 189 Staaten, darunter Deutschland (1993) und der gesamten Europäischen Union (EU), ratifiziert. Die wichtigsten Ziele des Übereinkommens sind: - Erhaltung der biologischen Vielfalt Der Begriff „Biologische Vielfalt“ umfasst dabei die genetische Vielfalt, die Vielfalt der Arten und der Lebensräume. Es geht also um den Schutz von Lebensräumen in ihrer natürlichen oder kulturbedingten landschaftlichen Eigenart und den Schutz von wildlebenden und genutzten Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen in ihrer genetischen Variabilität. - Nachhaltige Nutzung der Bestandteile der biologischen Vielfalt Die Vielzahl der nutzbaren Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen ist eine der wichtigsten Produktionsvoraussetzungen der Land-, Forst-, Fischerei- und Ernährungswirtschaft. Ihre nachhaltige Nutzung stellt in der Regel gleichzeitig die beste Voraussetzung für den Erhalt der Agrobiodiversität* dar. Ihre Nutzung soll nachhaltig erfolgen und darf nicht zu einem Rückgang der biologischen Vielfalt führen. 4 * Agrobiodiversität ist die Vielfalt der durch aktives Handeln des Menschen für die Bereitstellung seiner Lebensgrundlagen unmittelbar genutzten und nutzbaren Lebewesen und der damit assoziierten Biodiversität. - Ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben (englisch: access and benefit sharing, ABS) Dieses Ziel berücksichtigt, dass die Länder des Südens aufgrund ihres Artenreichtums reich an genetischen Ressourcen sind, während die Industrieländer über die technologischen Voraussetzungen für eine umfangreiche wirtschaftliche Nutzung dieser Ressourcen verfügen. Das Übereinkommen sieht u. a. vor, dass die Länder, die die genetischen Ressourcen beherbergen, angemessen an den Erlösen aus der Nutzung dieser Ressourcen beteiligt werden. Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt ist ein Rahmenabkommen, dessen Inhalte durch alle zwei Jahre stattfindende Vertragsstaatenkonferenzen weiter konkretisiert werden. Die Vertragsstaatenkonferenz ist das politische Entscheidungsgremium, das durch Ausschüsse und Arbeitsgruppen unterstützt wird. Die 9. Vertragsstaatenkonferenz hat vom 19. bis 30. Mai 2008 in Bonn stattgefunden. Deutschland hat bis zur nächsten Konferenz 2010 in Japan den Vorsitz. Die Vertragsparteien haben sich im Artikel 6 des Übereinkommens verpflichtet, nationale Strategien, Pläne oder Programme zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt aufzustellen. Auf EU-Ebene liegen bereits mehrere Aktionspläne zu verschiedenen Themenbereichen vor, die die biologische Vielfalt betreffen. 2006 wurde die Mitteilung der Kommission „Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 und darüber hinaus“ mit einem dazugehörenden Aktionsplan veröffentlicht. Die deutsche Bundesregierung ist ihrer Verpflichtung im November 2007 durch die Verabschiedung einer nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt nachgekommen. Das BMELV hat aus der nationalen Strategie eine Fachstrategie für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt für die Ernährungs-, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (Agrobiodiversitätsstrategie) abgeleitet. Während der Auftaktveranstaltung der Thüringer Biodiversitätskampagne am 04. April 2008 hat Herr Minister Dr. Volker Sklenar angekündigt, dass es auch für Thüringen wichtig ist, sich im wahrsten Sinne nachhaltig mit dem Thema „Biodiversität“ zu befassen. Es wurde festgelegt, eine speziell auf Thüringen abgestimmte Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu entwickeln. Dazu soll zunächst das in Thüringen Erreichte dargestellt, bilanziert und bewertet werden. Daraus wird sich dann eine strategische Ausrichtung ableiten, wonach Maßnahmen in den verschiedensten Bereichen zukünftig mit besonderem Gewicht durchgeführt werden sollen, in denen Thüringen im bundesweiten Rahmen eine besondere Verantwortung trägt. Dies sind neben den Gipskarstlandschaften die umfangreichen Kalkmagerrasen, die Steppenrasen im Thüringer Becken, aber auch die Mittelgebirge mit den ausgedehnten Wäldern, Bergwiesen, Fließgewässern und Mooren. Nicht zuletzt gehören dazu aber auch die Flächen des nationalen Naturerbes einschließlich des so genannten „Grünen Bandes“. Zu erwähnen sind aber auch spezielle, in Thüringen gezüchtete Haustierrassen, für die es eine besondere Verantwortung gibt. Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) stellt sich damit seiner Verantwortung zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und will mit dieser Strategie erreichen, dass der weitere Verlust an biologischer Vielfalt kurzfristig gestoppt und bis 2020 deutliche Verbesserungen für Arten, Rassen und Lebensräume erreicht werden. 5 Ziel dieser Strategie soll aber auch sein, über alle Aktionsfelder hinweg alle relevanten Akteure an der Umsetzung zu beteiligen. 2. Gründe für die Gefährdung der biologischen Vielfalt Die derzeitige Aussterberate der Arten übertrifft die vermutete natürliche Rate um das einhundert- bis tausendfache und ist vor allem durch menschliches Handeln bedingt. Im Gegensatz dazu ist die Neubildungsrate von Arten im Rahmen der biologischen Evolution vergleichsweise klein. Auf Grund der ungenauen Schätzung der globalen Artenvielfalt sind Aussagen über die globale Gefährdungssituation nur näherungsweise möglich. Nach der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) von 2006 sind 20 – 23 % der Säugetierarten, 12 % der Vogelarten, 31 % der Amphibienarten und 60 % aller Ökosysteme weltweit gefährdet. Die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen, die das menschliche Überleben sichern, haben dadurch in den vergangenen Jahrzehnten große Schäden genommen. Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen reinigen Wasser und Luft und sorgen für fruchtbare Böden. Intakte Selbstreinigungskräfte der Böden und Gewässer sind wichtig für die Gewinnung von Trinkwasser. Die natürliche Bodenfruchtbarkeit, Kulturpflanzen und Nutztiere sorgen für gesunde Nahrungsmittel. Agrarische, forstliche und aquatische Nutzungssysteme stehen dabei in engen Wechselbeziehungen mit den jeweiligen Ökosystemen. Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen, welche Leistungen die Ökosysteme für den Menschen erbringen. Dass die biologische Vielfalt auch ökonomische Bedeutung hat, hat der Ökonom Pavan Sukhdev in einer Studie für die G8-Staaten ermittelt, die bis 2009 vollständig vorliegen wird. Danach erbringen allein die weltweiten Schutzgebiete Leistungen im Wert von insgesamt 5 Billionen US-Dollar. Weltweit nimmt auch die genetische Vielfalt innerhalb der Arten stark ab. Erhebliche Datenlücken bestehen vor allem im Bereich der genetischen Vielfalt von wildlebenden Arten. Umfangreicher ist dagegen die Datengrundlage der genetischen Vielfalt bei den gezüchteten landwirtschaftlich genutzten Arten. Über Jahrtausende hinweg hat die landwirtschaftliche Züchtung aus wenigen Ursprungsarten viele tausende Sorten von z.B. Weizen, Reis und Mais gezüchtet. Heutzutage konzentrieren die Landwirte ihren Anbau auf wenige, unter den jeweiligen Standortbedingungen besonders ertrags- und marktfähige Sorten, so dass viele alte Landsorten nicht mehr verwendet werden und durch Genbanken und andere geeignete Maßnahmen erhalten werden müssen. Schranken für den Erhalt der genutzten Vielfalt setzen insbesondere die Ertrags- und Leistungsfähigkeit der Sorten und Rassen, ihre Eignung für wirtschaftliche Produktionsverfahren und die Qualität der damit erzeugten Produkte. Traditionell angebaute Pflanzenarten stehen häufig in Konkurrenz mit im Ausland billiger erzeugten Importen. Hinzu kommt, dass in den letzten 30 Jahren weltweit die Zahl der Wissenschaftler, die Arten erkennen und Artenvielfalt inventarisieren können, drastisch abgenommen hat. Es gibt kaum Investitionen in taxonomische Projekte und kaum noch Experten für Taxonomie. In Mitteleuropa, und damit auch in Deutschland und in Thüringen, sind die Artenzahlen aufgrund des noch nicht kompensierten Verlustes während der Eiszeiten schon natürlicherweise geringer als in vergleichbaren Klimazonen anderer Kontinente oder gar in den tropischen Ländern. In Deutschland kommen 3.378 Arten von Farn- und Blütenpflanzen, ca. 14.400 Pilzarten und ca. 48.000 Tierarten vor. Auf Thüringen bezogen bedeutet dies 2.473 Arten von Farn- und Blütenpflanzen, ca. 10.000 Pilzarten und ca. 30.000 Tierarten. Das sind rund zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten Deutschlands auf 4,5 % der bundesdeutschen Gesamtfläche und unterstreicht die nationale Verantwortung von Thüringen für die Erhaltung dieser Arten. 6 Deutschlandweit und auch in Thüringen ist neben der Gefährdung von Arten vor allem auch die Beeinträchtigung oder Zerstörung von Lebensräumen ein erhebliches Problem, mit dem gleichzeitig eine Verarmung und Nivellierung von Natur und Landschaft einhergeht. Von den einheimischen Farnen und Blütenpflanzen Deutschlands sind nach der aktuellen Roten Liste 26,8 % bestandsgefährdet und 1,6 % ausgestorben oder verschollen. Von den einheimischen Tierarten Deutschlands sind 36 % bestandsgefährdet und 3 % ausgestorben oder verschollen. Von den in Deutschland vorkommenden Lebensräumen sind 72,5 % gefährdet. Deutschland erreicht mit diesen Gefährdungsraten die höchsten Werte in Europa. Auf Thüringen bezogen bedeutet dies (Stand 2001): 45 % aller Arten sind gefährdet, davon 8,5 % ausgestorben oder verschollen, 50 % der Pflanzengesellschaften sind gefährdet und 85 % der Biotoptypen. Die Gründe für die Gefährdung von Arten und Lebensräumen sind vielfältig und lassen sich in zehn wichtige Gefährdungsursachen zusammenfassen: - unmittelbare Zerstörung, Zerschneidung und sonstige erhebliche Beeinträchtigungen von Lebensräumen durch Flächenversiegelung, Siedlungsbau, Verkehrslinien, Energiewirtschaft, Abgrabungen, Trockenlegungen, Verfüllen von Gewässern, Beseitigung von Landschaftselementen und Nutzungsänderungen in Land- und Forstwirtschaft, - intensive Flächennutzung in der Landwirtschaft (z. B. Pflanzenschutzmaßnahmen, Düngung, mehrfache jährliche Mahd, Einsatz von Wild- und Kleintiere gefährdenden Mähgeräten, Umwandlung von Grünland in Acker), - Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung von ökologisch wertvollen Grenzertragsstandorten (z. B. Magerrasen, Bergwiesen, Feucht- und Nasswiesen), Aufgabe traditioneller Nutzungsformen, fehlende Nachfrage nach Produkten von alten Landrassen und –sorten, - lokale Defizite bei der Waldbewirtschaftung (z. B. zu geringe Anteile von Alters- und Zerfallsphasen sowie Höhlenbäumen und Totholz, strukturarme Bestände, nicht standortgerechte Baumarten, unangepasste Forsttechnik und Holzernteverfahren, Forststraßenbau, überhöhte Wildbestände), - Wasserbau (z. B. Begradigung von Fließgewässern, technischer Hochwasserschutz, Wasserstandsregulierungen und Stauhaltung von Fließgewässern und Wasserstraßen, Nivellierung von Flussbett und Uferstrukturen durch Ausbau, Aushub und Verbauung), - Eintrag von Schad- und Nährstoffen in die Wald-, Offenland- und Gewässerökosysteme, - keine nachhaltige Fischereipraxis (z. B. Überfischung, unselektive oder zerstörend wirkende Fischereipraktiken, Besatz von Gewässern mit nicht standortheimischen Arten, Bekämpfung von konkurrierenden Arten), - Natur belastende Freizeitnutzungen, - Klimawandel und - Verbreitung invasiver Arten. 7 3. Biologische Vielfalt in Thüringen Die Biologische Vielfalt Thüringens ist eingebunden in die Natur Mitteleuropas bzw. Deutschlands. Dabei ist Thüringen in der Tat ein „grünes Herz Deutschlands“, das seinen bemerkenswerten Reichtum an Arten und Lebensräumen den naturräumlichen Voraussetzungen, insbesondere seiner abwechslungsreichen Geologie, den großen klimatischen Gradienten vom Thüringer Becken bis zu den Höhen des Thüringer Waldes, der Vielfalt der historischen Landnutzungen und dem hohen Engagement seiner Bevölkerung, diese durch gezielte Nutzung und Landschaftspflege zu erhalten, verdankt. 3.1 Die Artenvielfalt Thüringens Für eine Reihe von Arten ist Thüringen besonders bekannt geworden, so für die bemerkenswerte Vielfalt an Orchideen mit reichen Vorkommen des Frauenschuhs sowie an Ackerwildkräutern, die bundesweit bedeutenden Vorkommen von Kleiner Hufeisennase und Mopsfledermaus, die Wildkatze, der Mittelspecht, der Rotmilan oder die weltweit nur in der Rhön siedelnde Rhön-Quellschnecke. Bis in historische Zeit reichende Bemühungen zur Erfassung der hier lebenden Arten weisen Thüringen als ein Land mit langer naturgeschichtlicher Tradition aus. Detaillierte Darstellungen reichen von alten Florenwerken bis hin zu modernen Verbreitungsatlanten, etwa für Pflanzen und Heuschrecken. Für weniger gut bekannte Artengruppen gibt es immerhin Artenlisten. Eine mit den Namen der Arten untersetzte Gesamtzahl der in Thüringen siedelnden Arten wurde bisher nicht ermittelt. Für die besser bekannten Artengruppen sind allerdings Rote Listen erarbeitet worden – die letzten 2001 - in deren Vorfeld stets die Gesamt-Artenbestände zu ermitteln waren. Allein der Artenbestand dieser besser bekannten Artengruppen umfasst 17.000 Arten. Tab. 1: Artenzahlen der 2001 auf ihre Gefährdung untersuchten Artengruppen (Quelle: Rote Listen Thüringens 2001)* Arten, Anzahl Artengruppe / Lebensraumtyp gesamt Säugetiere inkl. Fledermäuse 75 Brutvögel 164 Kriechtiere 6 Lurche 18 Fische und Rundmäuler 39 Schnecken und Muscheln 204 Webspinnen 626 Asseln 32 Krebse (ausgewählte Familien) 122 Eintagsfliegen 67 Libellen 52 Steinfliegen 63 Heuschrecken 54 Zikaden 447 Land-, Wasser- und Uferwanzen 631 Käfer (ausgewählte Familien) 3.620 8 Hautflügler (Wildbienen, Ameisen und andere) Köcherfliegen (Trichoptera) Tagfalter und andere Schmetterlinge Schwebfliegen und andere Zweiflügler Farn- und Blütenpflanzen Moose Armleuchteralgen und Süßwasser-Rotalgen Flechten Großpilze, phytoparasitische Kleinpilze und Schleimpilze Arten insgesamt Wirbeltiere 524 202 1.311 946 1.990 748 22 899 4.141 17.003 302 Wirbellose 8.903 Pflanzenarten i. w. S. 7.798 *Die Zahlen der für die Roten Listen bearbeiteten Arten umfassen oft nur einen Teil der vorkommenden Arten der Artengruppe. Neben den Brutvögeln gibt es so auch viele weitere Vogelarten, die in Thüringen beobachtet werden können – insgesamt knapp 350! Insgesamt kommen in Thüringen schätzungsweise mindestens 55.000 Tier- und Pflanzenarten (inkl. Moose, Flechten, Algen, u.a.) vor, davon allein mindestens 28.000 wirbellose Tiere. Aktuelle Untersuchungen - vor allem von Fachvereinigungen und Naturkundemuseen - lassen die Zahl der in Thüringen nachgewiesenen Arten auch heute noch wachsen. So stieg die Zahl der bekannten Käferarten von ca. 4.600 im Jahr 1998 auf 4.982 Anfang 2009. Unübersehbar ist auch die Zahl der Pilze, die mit etwa 10.000 angenommen wird. Große Anteile haben auch die „Niederen Pflanzen“ (Algen, Flechten und Moose). So sind von 17.000 weltweit bekannten Süßwasseralgen mindestens 10.000 in Thüringen zu erwarten. Sind diese blanken Zahlen an sich schon beeindruckend, zeigt ein Vergleich mit den Nachbarländern, dass Thüringen besonders viele Arten aufweist. Bei den Käfern beherbergt lediglich das um ein Mehrfaches größere Bayern (mit seinem Alpenanteil) eine größere Zahl nachgewiesener Arten. 3.2 Zentren der Arten- und Lebensraumvielfalt in Thüringen Die Artenvielfalt ist nicht gleichmäßig über Thüringen verteilt, sondern es gibt Naturräume und Landschaftsausschnitte, die sich durch eine besonders hohe Vielfalt auszeichnen („hotspots“ der biologischen Vielfalt, siehe Abb. 1). Fast ganz Thüringen wäre ohne Zutun des Menschen mit Wald als natürliche Vegetation bedeckt. Die Rodungstätigkeiten des Menschen haben eine Kulturlandschaft entstehen lassen, die vielen Arten erst einen Lebensraum geschaffen hat. In diesen so geschaffenen Lebensräumen haben heute knapp zwei Drittel der Arten in Thüringen ihren Verbreitungsschwerpunkt. Ein großer Teil der Biodiversität Thüringens ist daher durch Bewirtschaftung bedingt und kann auch nur durch angepasste Bewirtschaftung erhalten werden. 9 Abb. 1 : Naturräume Thüringens mit höherer Zahl von Arten, für deren Erhaltung Thüringen eine besondere Verantwortung trägt; Kenntnisstand 2002 x Farn- und Blütenpflanzen Im Ergebnis einer intensiven Kartierung der Farn- und Blütenpflanzen Thüringens konnten folgende Gebiete mit einer hohen Pflanzenartenvielfalt selektiert werden: Besonders die Zechsteinstreifen an Südharzrand und Kyffhäuser, aber auch am Thüringer Wald zeichnen sich durch einen sehr hohen Pflanzenartenreichtum aus. Weiterhin müssen die MuschelkalkGebiete nördlich und südlich des Thüringer Waldes, der Rhön sowie des westlichen Eichsfeldes hervorgehoben werden. Hier vor allem die Bereiche, die von tief eingeschnittenen Flusstälern durchzogen werden bzw. an die Buntsandstein-Gebiete angrenzen. Sehr artenreich sind auch die Keuperlandschaften am Südrand des Thüringer Beckens und im Grabfeld sowie Teile des Thüringer Schiefergebirges und seines nordöstlichen Vorlandes, vor allem in der Umgebung von Gera. Geringe Artenzahlen sind zum einen in den ausgeräumten Agrargebieten des zentralen Thüringer Beckens und zum anderen in den von Fichten-Reinbeständen dominierten Hochlagen des Thüringer Waldes zu finden. Für die meisten Tierarten liegen keine flächendeckend repräsentativen Kartierungen der Vorkommen vor, aus den langjährigen Beobachtungen lassen sich aber Schwerpunkte der Artenvielfalt erkennen. So liegen für Fledermäuse, Heuschrecken, Libellen und Tagfalter attraktive Beschreibungen der gegenwärtigen Verbreitung in Thüringen vor. Für die Vögel wird eine solche Darstellung der Verbreitung gerade erarbeitet. x Vögel Bei den Vögeln lässt sich aufgrund ihrer Mobilität, aber auch wegen der Verschiedenartigkeit der Lebensraumansprüche nur schwer eine räumliche Abgrenzung der Artenvielfalt vornehmen. Die meisten Arten sind aber zumindest zur Brutzeit an spezielle Lebensräume gebunden. 10 Zur Zugzeit sind es vor allem die Gewässer und deren unmittelbare Umgebung, die aufgrund der zahlreichen Durchzügler und Wintergäste eine große Artenzahl aufweisen. x Säugetiere Für die Biodiversität der Säugetiere soll beispielhaft die aktuelle Verbreitung von 3 Fledermausarten und 3 anderen Arten beschrieben werden. Die Vorkommen dieser anspruchsvollen Arten kennzeichnen Räume, die auch von vielen weiteren schutzwürdigen Arten besiedelt sind. Die Kleine Hufeisennase hat in Thüringen einen Verbreitungsschwerpunkt, wobei das mittlere Saaletal wiederum besonders bedeutsam ist. Für die Nordfledermaus bieten Höhlen im Thüringer Gebirge wichtige Winterquartiere. Das Große Mausohr ist weit verbreitet, hebt sich aber durch beachtlich große Wochenstubenquartiere in verschiedenen Landesteilen hervor. Für die Wildkatze stellen die Wälder im Südharz, im Eichsfeld und in den nordwestlichen Randhöhen des Thüringer Beckens bis hin zum Nationalpark Hainich ein Refugium dar, in dem sie die Zeiten starker Verfolgung überdauern konnte und von wo sie sich wieder ausbreiten kann. Der Fischotter war dagegen ausgestorben und besiedelt Thüringen gegenwärtig wieder. Der Feldhamster besitzt in Thüringen bundesweit bedeutsame Bestände. Dies ist sowohl aus der besiedelten Fläche als auch aus den – wenigstens regional – noch relativ hohen Siedlungsdichten herzuleiten. Zudem beherbergt Thüringen als Besonderheit auch Schwarze Hamster. x Tagfalter und Heuschrecken Bei den Tagfaltern und Heuschrecken heben sich hinsichtlich der Artenvielfalt die Bereiche Kyffhäuser/ Hainleite/Südharzrand, die Muschelkalklandschaften um Arnstadt und Jena sowie der Bereich Vorderrhön/Meininger Muschelkalk/Grabfeld hervor. Diese Gebiete stellen auch Zentren der Artenvielfalt für weitere Artengruppen mit vielen wärmeliebenden Arten des Offenlandes dar. Die rein zahlenmäßig ermittelten Schwerpunkte der Vielfalt werden auch durch das Vorkommen herausragender Tagfalterarten charakterisiert: so hebt sich der Kyffhäuser durch Berghexe und Blaukernauge heraus. Der Arnstädter Raum ist Verbreitungsschwerpunkt für den Skabiosen-Scheckenfalter und den Streifenbläuling. Im Meininger Muschelkalk kommt der Kreuzenzian-Ameisenbläuling, in der Rhön die Berghexe, im Grabfeld mehrere sehr seltene Scheckenfalter und Bläulingsarten vor. Dies sind alles Tagfalterarten, die andernorts fehlen oder selten sind. Es gibt aber auch Räume, mit insgesamt geringerer Tagfalterartenzahl, die für die Vielfalt in Thüringen von hoher Bedeutung sind, so das östliche Thüringer Schiefergebirge mit der Oberen Saale, wo Fetthennenbläuling und Violetter Feuerfalter in guten Beständen leben. x Libellen Die großen und mittleren Fließgewässer haben durch Verbesserung der Wasserqualität in jüngster Zeit ihre ursprüngliche Funktion als Libellenlebensräume wieder erhalten. Nach den Prachtlibellen, die bereits nach 1990 wieder häufiger wurden, sind aktuell weitere Flusslibellen dabei, Thüringen wieder zu besiedeln. Die Bedeutung der traditionsreichen Fischteiche um Plothen, im Altenburger Land, im Sonneberger Unterland oder um Ilmenau sowie der eher zerstreut vorhandenen weiteren Teiche ist insgesamt hoch. Gräben spielen ebenfalls eine große Rolle für Thüringer Libellen. Hier sind vor allem die Gräben in den Flussauen und -niederungen von Unstrut, Gera und Helme bemerkenswert, zumal deren Umgebung oft ausgesprochen artenarm ist. Arten wie Helm-Azurjungfer und Vogel-Azurjungfer besitzen hier deutschlandweite Vorkommensschwerpunkte und auch der Kleine Blaupfeil kommt regelmäßig vor. Gewässer in ehemaligen Abbaugruben können ebenfalls wertvoll sein, wie dies z. B. für die ehemaligen Torfstiche bei Mühlberg, die Herbslebener Teiche oder die Gewässer im Kalk- 11 steinbruch Caschwitz oder in Restgewässern im Altenburger Land belegt ist. Bedeutsam sind auch alle noch vorhandenen Moorgewässer und die Hochmoore des Thüringer Waldes mit der Alpen-Smaragdlibelle und Zwischenmoore, z. B. bei Bad Klosterlausnitz, wo die Arktische Smaragdlibelle lebt. Die angeführten Beispiele zeigen, dass je nach den Ansprüchen der Arten sehr verschiedene Landschaften und Biotope Bedeutung besitzen. Es muss aber betont werden, dass auch kleinflächige Bereiche mit geringen Artenzahlen für die Biodiversität von Bedeutung sind, wenn sie letzte Refugien darstellen. So sind in Thüringen z. B. Salzstellen, Stromtalwiesen, Blockhalden, Gipskarst- oder Keuperstandorte, Quellen, Bachoberläufe und Moore, oft nur von sehr geringer Größe und wegen der extremen Lebensbedingungen meist nur von wenigen Arten bewohnt. Allerdings sind die vorkommenden Arten oft höchst gefährdete Spezialisten, die nur hier leben können. Manchmal weist ein Anstieg der reinen Artenzahl in diesen Biotopen sogar auf eine Verschlechterung des Zustandes hin. In Thüringen kommen etwa 90 Biotoptypen vor. Über 80 % dieser Biotoptypen wurden in der Roten Liste als gefährdet eingeschätzt. Für die Erhaltung der Artenvielfalt besitzen die Biotoptypen eine unterschiedliche Bedeutung. Verschiedene mitteleuropäische Lebensräume besitzen einen Verbreitungsschwerpunkt innerhalb Thüringens. Eine besondere Verantwortung besteht für die Erhaltung naturnaher Waldbiotope, unter denen die Buchenwälder von Natur aus in Thüringen eine herausragende Rolle spielen. Zu nennen sind vor allem die Orchideen-Kalkbuchenwälder und Waldmeister-Buchenwälder, aber auch HainsimsenBuchenwälder auf sauren Böden in verschiedenen Höhenlagen. Darüber hinaus besitzt Thüringen beachtliche Reste von Eichen-Hainbuchenwäldern, die ihre Entstehung vielfach historischen Waldnutzungsformen verdanken. Bedeutende Vorkommen gibt es auch von Erlen-Eschen-Auwäldern, Schlucht- und Blockhaldenwäldern sowie von Trockenwäldern. Unter den Biotoptypen des Offenlandes sind vor allem die Kalk-Trocken- und Halbtrockenrasen hervorzuheben. Sie reichen von den kontinental getönten Steppenrasen des Kyffhäusers über die orchideenreichen Halbtrockenrasen der Umgebung Jenas bis zu den ausgedehnten Kalkmagerrasen der Vorderrhön. Im Komplex mit diesen stehen trockene Staudenfluren, Trockengebüsche, Streuobstwiesen, an Steilhängen Kalk-Fels- und -schuttfluren sowie in den atlantisch getönten Bereichen auch Wacholderheiden und Kalktuff-Quellen. Letztere liegen oft in engem Kontakt mit kleineren Kalk-Flachmooren. Auch für die Erhaltung oft angrenzender, meist skelettreicher Kalkäcker besitzt Thüringen eine besondere Verantwortung. Neben Sachsen-Anhalt verfügt Thüringen über die bedeutendsten Binnensalzstellen Deutschlands und auch über ein sehr repräsentatives Vorkommen von Schwermetallrasen an den Bottendorfer Hügeln. Bemerkenswert sind ebenfalls die Häufungen von Erdfällen in den Gipskarst- und einigen Buntsandsteingebieten. Darüber hinaus liegen bedeutende Vorkommen von verschiedenen Biotopen der Mittelgebirge, wie Bergwiesen (Gebirgs-Frischwiesen und Borstgrasrasen), Silikat-Felsfluren (insbesondere in Durchbruchstälern), Bergbächen und einigen Regenmooren, in Thüringen. 3.3 Veränderungen der Artenvielfalt Die Artenvielfalt Thüringens unterliegt einem zeitlichen Wandel. Schon in vorhistorischer Zeit wurde sie durch Zuwanderer oder eingeschleppte Arten bereichert. Eine erste „Invasion“ erfolgte mit der Etablierung der Landwirtschaft in der Jungsteinzeit, eine zweite nach der Entdeckung Amerikas und eine dritte mit dem zunehmenden Warenaustausch nach der Industrialisierung. Die klimatischen Bedingungen in Thüringen haben aber bisher die Etablierung weiterer fremder Arten verhindert. 12 Dieser Entwicklung der Arten steht ab etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts ein zunehmender Verlust vieler Arten und Vorkommen gegenüber. So sind große Teile der Artenvielfalt Thüringens inzwischen bedroht. In so genannten Roten Listen werden die gefährdeten Arten Thüringens aufgelistet. Vor allem infolge von Veränderungen der Landnutzung steht knapp die Hälfte aller Arten auf der Roten Liste. Tab. 2: Übersicht zur Gefährdung der Tiere, Pflanzen, Pflanzengesellschaften und Biotope im Jahr 2001 (Quelle: Rote Listen Thüringen 2001) gefährdete Arten und Anzahl (Anteil in %) Artengruppe / Lebensraum Arten/ Typen gesamt gesamt Von Aussterben/ Ausgestorben/vernich- Vernichtung bedroht tet Wirbeltiere 302 31 32 164 (11) (11) (54) Wirbellose 8.903 838 912 4.383 (9) (10) (49) Pflanzen einschl. Pilze 7.798 582 466 3.090 (8) (6) (40) Pflanzengesellschaften 633 16 49 318 (3) (8) (50) Biotoptypen 87 1 9 74 (1) (10) (85) Die Roten Listen zeigen die Gefährdungsschwerpunkte für einzelne ökologische Gruppen auf. Gefährdet sind danach besonders Arten, die an Lebensräume mit extremen Standortbedingungen gebunden sind, wie sehr trockene, nasse oder nährstoffarme Biotope. Mehrfach werden Arten der Trockenbiotope hervorgehoben, obwohl Thüringen aus bundesweiter Sicht für diese einen Verbreitungsschwerpunkt darstellt und für ihren Schutz daher eine besondere Verantwortung trägt. Auch Arten anderer Lebensräume, die in Thüringen jedoch schon immer etwas seltener waren, werden aufgeführt, wie Bewohner von Mooren, Binnensalzstellen oder von Sandlebensräumen (Blatthornkäfer, Blattkäfer, Farn- und Blütenpflanzen). Immer wieder werden Bewohner von Auenbiotopen als besonders gefährdet hervorgehoben, da fast alle thüringischen Auen mit ihren Flüssen durch den Menschen strukturell und hinsichtlich ihrer Standortsqualitäten extrem verändert wurden. Besiedler nährstoffarmer Lebensräume sind von großräumigen Nähr- und Schadstoff-einträgen besonders betroffen. Hierzu zählen epiphytisch wachsende Pflanzen (Flechten- und Moosarten), bestimmte Schneckenarten, aber auch Mykorrhizapilze und mykorrhizaabhängige Arten der Farn- und Blütenpflanzen (z. B. Orchideen und Bärlappe). Zu den gefährdeten Arten zählen oft Arten, die die Übergangsbereiche (Ökotone) zwischen unterschiedlichen Lebensräumen besiedeln. Etliche Arten sind auch auf besondere Biotopstrukturen angewiesen. Teilweise sind ganze spezialisierte Artengruppen ausgestorben, so z. B. sämtliche Arten der Mittelwälder unter den Tagfaltern. Auch Totholzbewohner sind besonders hervorzuheben, da sie in verschiedenen Artengruppen einen hohen Anteil der gefährdeten Arten bilden. Unabhängig von den Vorkommen in speziellen Lebensräumen lässt sich bei den Vögeln eine zunehmende Gefährdung der Arten in der Agrarlandschaft beobachten. Davon sind auch (noch) häufige Arten betroffen, wie z. B. die Feldlerche. 13 Mit dem Klimawandel ist mit einer natürlichen Ausbreitung südlich verbreiteter Arten (Libellen, Schmetterlinge und Vögel) und der Einbürgerung vieler vom Menschen eingeschleppter wärmebedürftiger Arten zu rechnen. Früher nur gelegentlich aus dem Mittelmeerraum einwandernde Arten kommen zunehmend in Thüringen zur Vermehrung. Auffällig ist zum Beispiel die zunehmende Häufigkeit von Libellen, wie dem Kleinen Granatauge oder der früher unbekannten, jetzt aber regelmäßigen Vermehrung des Südlichen Blaupfeils und der Feuerlibelle in unseren Gewässern. Bei den Schmetterlingen sind es Wanderfalter wie der Admiral oder das Taubenschwänzchen, die ehemals nur zur Vermehrung einwanderten, jetzt aber zunehmend bei uns überwintern. Bei den Vögeln können die ersten Bruten des Bienenfressers beobachtet werden, dessen Verbreitungsschwerpunkt in Süd- und Südosteuropa liegt. Dagegen werden heimische Arten mit geringen Temperaturansprüchen der kühl-feuchten Biotope verdrängt werden. Bei einigen Artengruppen kann mit einer Zunahme der Artenvielfalt in Thüringen gerechnet werden, wobei unter den Neubürgern (Neobiota) auch viele vom Menschen unerwünschte Problemarten sind, wie die hoch allergen wirkende Beifuß-Ambrosie oder die mit der Ausbreitung von Zecken- oder Mückenarten assoziierten Krankheitserreger. 3.4 Genetische Ressourcen der Land- und Forstwirtschaft Die nachhaltige Nutzung der Bestandteile der biologischen Vielfalt ist eines der drei Leitziele des Rio-Übereinkommens. Agrobiodiversität ist dabei die Grundlage jeglicher Erzeugung von Pflanzen und Tieren in der Land- und Forstwirtschaft. Genetische Ressourcen der Land- und Forstwirtschaft sind die Erbanlagen der Rassen, Sorten und Linien aber auch der genutzten wildlebenden Arten. Sie bergen das Innovations- und Anpassungspotenzial der Erzeugung an sich verändernde Umwelt-, Produktions- und Marktbedingungen. Hinsichtlich der Landwirtschaft sind Rassen, Sorten und Linien das Ergebnis der Züchtung kultivierter bzw. domestizierter Arten. Durch Züchtung bzw. Auslese wurde und wird biologische Vielfalt mittels Kombination von genetisch fixierten Eigenschaften verbreitert und die Arten werden mittels Sorten und Rassen an die jeweiligen Erzeugungs- und Erzeugnisanforderungen angepasst. Arten und Sorten folgen in ihrer Bedeutung damit den sich wandelnden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Erhaltung der genetischen Ressourcen der Landwirtschaft in ihrer gesamten Breite ist das entscheidende Reservoir für züchterischen Fortschritt. Die Thüringer Landwirtschaft beherbergt ein breites Spektrum von Nutztier- und -pflanzenarten, Rassen bzw. Sorten. Als Anpassungsprodukte sind Rassen und Sorten regional geprägt. In Thüringen als Land mit kleinräumig differenzierten Standortbedingungen sind über die Jahrhunderte viele bodenständige Züchtungen entstanden. In vielen Fällen ist ihre wirtschaftliche Bedeutung nur noch gering, so dass sie als bedrohte genetische Ressourcen gelten, für die Thüringen eine besondere Bedeutung hat. Hinsichtlich der Forstwirtschaft spielt die direkte Züchtung wegen der Langlebigkeit von Waldbäumen hingegen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Allerdings bestehen erkennbare Unterschiede von Waldbeständen in der Wuchsleistung oder der Widerstandsfähigkeit gegen Stress- und Schadfaktoren, die im Rahmen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung gezielt zu nutzen sind. Hierbei spielen Kenntnisse über natürliche Selektionsprozesse und dadurch entstandene/entstehende standortsangepasste Herkünfte eine wichtige Rolle. Nach schlechten Erfahrungen der Nichtbeachtung dieser genetischen Anpassung an spezifische Standortbedingungen (z. B. bei der Verwendung von breitkronigen und damit besonders schneebruchgefährdeten Fichten aus dem Tiefland in höheren Berglagen, wo sich im Zuge der natürlichen Selektion schmalkronige Herkünfte herausbilden) unterliegt das Inverkehrbringen von 14 forstlichem Vermehrungsgut bereits seit einigen Jahrzehnten strengen gesetzlichen Vorschriften (EG-Richtlinie über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut, Forstvermehrungsgutgesetz). Durch vergleichende Untersuchungen der Wuchsleistungen oder Widerstandsfähigkeiten verschiedener Herkünfte und durch Auswahl geeigneter Samenbäume bzw. Waldbestände auf phänotypischer Basis wird die Forstvermehrungsguternte auf besonders hochwertige Waldbäume bzw. Waldbestände gelenkt. Im Bewusstsein der Bedeutung eines breiten genetischen Spektrums der Waldbäume für Anpassungsprozesse an sich ändernde Umweltbedingungen nimmt dabei die Sicherung der genetischen Vielfalt und entsprechende Vermeidung von „genetischen Flaschenhalsentwicklungen“ eine herausragende Rolle ein. x Genetische Ressourcen der Landwirtschaft Alte Landrassen und –sorten besitzen häufig nur eine beschränkte Ertrags- und Leistungsfähigkeit oder erfüllen die Qualitätsanforderungen der Märkte nicht. Damit ist ihre Erhaltung nicht mit den aktuellen Erzeugungsverfahren zu gewährleisten. Daher wurde die Erhaltung genetischer Ressourcen außerhalb ihrer natürlichen Lebensräume (Ex-situ) entwickelt. Sie ergänzt die In-situ-Erhaltung am natürlichen Standort, z.B. von standorttypischen Grünlandgesellschaften und –arten in ihren natürlichen Lebensräumen. Eine spezielle Form ist die On-farm Erhaltung der vom Aussterben bedrohten Rassen und Sorten, meist im Rahmen von Fördermaßnahmen (z.B. KULAP 2007). - Zucht- und Nutztiere Allgemein bekannt und dem Namen nach leicht in ihrer Herkunft zu identifizieren ist die Thüringer Wald Ziege. Robustheit, Milchleistung und ein mittelrahmiger Körper waren die Ziele dieser einzigen eigenständig in Deutschland gezüchteten Ziegenrasse. Sie wurde meist in kleinen Beständen zur Eigenversorgung gehalten. Das Rhönschaf gilt als besonders genügsame, an die rauen klimatischen Bedingungen der Höhenlagen angepasste Rasse, liefert aber nur mäßige Woll- und Fleischerträge. Eine Bestandessicherung war daher nur in Verbindung mit der Förderung des Einsatzes in der Landschaftspflege möglich. Ein Zuchtprodukt der jüngeren Zeit, das stark von den Marktanforderungen geprägt wurde, ist das in Thüringen entstandene Merinolangwollschaf. Die Zucht heimischer Nutztierrassen, die auf Grund ihrer marginalen wirtschaftlichen Bedeutung und der Bestandsentwicklung als bedroht gelten, wird in Thüringen im Rahmen des KULAP 2007gefördert (siehe Abschnitt 5.1). Besonders viele Rassen entstanden in Thüringen beim Hausgeflügel. So gibt es allein 13 Thüringer Farbentaubenrassen, die neben speziellen Zeichnungsmerkmalen wie „Weißkopf“oder „Weißschwanz“ auch ihre Herkunft im Namen tragen. Neben den Farbentauben sind Schmalkaldender Mohrenköpfe, die Altenburger und Schmöllner Trommeltauben sowie die Thüringer Kröpfer auf besondere Federstruktur, spezielle Lautäußerungen bzw. Balzverhalten gezüchtete Taubenrassen. Thüringer Barthühner und Ruhlaer Federfüßige Zwergkauler sind im Thüringer Wald entstandene Hühnerrassen. Letztere sind genetisch schwanzlos. Ein absolutes Kleinod der Thüringer Geflügelzucht ist die Steinbacher Kampfgans, eine mittelgroße weidefähige Gans mit schmackhaftem Fleisch, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts gezüchtet und auch für Ganterkämpfe eingesetzt wurde. Auch fünf Kaninchenrassen sind in Thüringen erzüchtet worden. Die Rassen Thüringer, Weißgrannen, Alaska und Blaue Groß-Silber zählen zu den mittelgroßen Rassen. Das Rhönkaninchen wird den kleinen Kaninchenrassen zugeordnet. 15 Die Zucht des gesamten Rassegeflügels und der Rassekaninchen war und ist neben der Freizeitbeschäftigung auch ein Beitrag zur Bereicherung des Speiseplans der Familien. Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft trägt in enger Kooperation mit den Zuchtorganisationen zum Erhalt der traditionellen Nutztiervielfalt bei. Auf der Grundlage einer bundesweiten Zusammenarbeit erfolgt der Austausch von Zuchttieren, die Konservierung von Sperma und Embryonen, um kleinere, inzuchtgefährdete Bestände zu schützen und weiter zu entwickeln. - Kulturpflanzen Bei landwirtschaftlichen Kulturpflanzen sind z.B. mit der Ackerbohnensorte „Fribo“, der Luzernesorte „Bendelebener“ ehemals weit bekannte Züchtungen in Thüringen entstanden. Erfurt war ein über Deutschland hinaus anerkanntes Zentrum der Züchtung von Gemüse- und Zierpflanzensorten. Hier ist eine breite Palette an Sorten entstanden, etwa bei Sommerastern, Ringelblumen, Petunien oder Goldlack. Aber auch bei Erbsen, Blumenkohl, Radieschen oder Buschbohnen und bei Majoran, Johanniskraut oder Pfefferminze entstanden zahlreiche Sorten. Weiterhin existiert im Rahmen der auch heute noch aktiven Dahlienzüchtung ein Bestand an alten Sorten und Wildarten, der in die aktuelle Züchtungsarbeit einfließt. Zu nennen sind ebenso die Rosenzüchtungen im Raum Bad Langensalza und die Bestände an Streuobstsorten, die z. T. regionalen Charakter haben. Besonders in Südthüringen und im Kyffhäuserkreis gibt es Aktivitäten zur Neubelebung des Streuobstanbaus. In Thüringen sind auch Sorten mit überregionaler Bedeutung entstanden, wie die „Nordhäuser Winterforelle“ als qualitativ hochwertige Winterbirne. Heute auf den Feldern selten anzutreffende Kulturen, wie Waid, Lein oder Mohn besaßen in der Vergangenheit regionale Verbreitungsschwerpunkte in Thüringen. Der Feldanbau alter und seltener Kulturarten sowie Landsorten ist unter heutigen Bedingungen nur dann realisierbar, wenn die Anbauverfahren beherrschbar sind und wirtschaftlich tragfähige Verwendungsmöglichkeiten bestehen bzw. finanzielle Nachteile durch entsprechende Förderprogramme ausgeglichen werden können. Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft zeigt in Zusammenarbeit mit Landwirten und Industrie wirtschaftliche Verwendungsalternativen auf. Das betrifft beispielsweise die Vermarktung im Ökolandbau oder die Verwertung als nachwachsender Rohstoff. x Genetische Ressourcen der Forstwirtschaft Etwa 50 einheimische und eingebürgerte Baumarten kommen in Deutschlands Wäldern vor. Davon unterliegen 26 Baumarten, die Hybridlärche und die Gattung Pappel den Bestimmungen des Forstvermehrungsgutgesetzes: Für diese Baumarten bestehen ausgewiesene Herkunftsgebiete auf Grundlage der forstlichen Standortsgliederung sowie die Forderung nach behördlich zugelassenem Ausgangsmaterial für die Forstvermehrungsguternte. In Thüringen sind aktuell 1.158 Saatgutbestände auf 5.302 ha für die Ernte von „ausgewähltem“, 8 Samenplantagen auf 18 ha für die Ernte von „qualifiziertem“ und 4 Pappel-Mutterquartiere auf 2 ha für die Ernte von Vermehrungsgut forstbehördlich zugelassen. 10 Plantagen wurden für 7 Baumarten neu angelegt. Darüber hinaus werden durch den bundesweit operierenden Verein „DKV - Gütegemeinschaft für forstliches Vermehrungsgut e.V.“ besonders wertvoll erscheinende Erntebestände, an die deutlich höhere Anforderungen gestellt werden als die gesetzlichen Mindestnormen, als Sonderherkunft ausgeschieden und in 16 einem zentralen Register geführt (siehe: http://www.dkv-net.de/). Hierbei werden auch Baumarten berücksichtigt, die nicht dem Forstvermehrungsgut unterliegen. Die DKV hat in Thüringen insgesamt 42 entsprechende Sonderherkünfte für 18 Baumarten anerkannt. Vor dem Hintergrund der Bestandesentwicklungen (Ernteeignung) und zur Sicherung der genetischen Vielfalt ist die Anerkennung von Saatgutbeständen eine Daueraufgabe. Neben der Sicherung herkunftsgerechten hochwertigen genetischen Materials für die forstwirtschaftlichen Hauptbaumarten wie z. B. Buche, Eiche und Fichte ist die genetische Vielfalt insbesondere im Hinblick auf die Erhaltung selten gewordener Mischbaumarten bedeutsam. Im Rahmen eines ersten Bundeskonzeptes wurden in den Forstverwaltungen der Länder Erhaltungsmaßnahmen für eine Vielzahl seltener Baum- und Straucharten eingeleitet. Die Landesforstverwaltung hat bereits 1998 ein Generhaltungskonzept für Thüringen erarbeitet. Das Konzept bezieht sich auf einheimische Baum- und Straucharten und bewährte fremdländische Baumarten, die in ein komplexes System von in-situ- und ex-situ-Erhaltungsmaßnahmen einbezogen werden. Das Generhaltungskonzept differenziert die Notwendigkeit der Generhaltungsmaßnahmen nach Arten und Dringlichkeit. Bis auf Berg- und Feldulme sowie Feldahorn sind bei allen Baumarten der Dringlichkeitsstufe 1 „vordringlich“ (Hochlagenfichte, Höhenkiefer, Weißtanne, Eibe, Wildapfel, Wildbirne, Elsbeere, Schwarzpappel) spezielle Generhaltungsmaßnahmen (Erhaltungspflanzungen sowie Anlage von Generhaltungssamenplantagen) realisiert worden. Inzwischen sind weitere Baumarten (Breitblättr. Mehlbeere, Speierling, Vogelkirsche) in die Dringlichkeitsstufe 1 aufgenommen worden. 3.5 Die Verantwortlichkeit Thüringens aus globaler Sicht Mit der festgestellten Artenvielfalt hat Thüringen eine besonders hohe Verantwortung für ihre Erhaltung. Klar ist aber in Anbetracht dessen auch, dass Schwerpunkte beim Schutz zu setzen sind. Rote Listen haben sich als Messinstrument für den Zustand der biologischen Vielfalt bewährt. Sie liefern Aussagen zur Gefährdung und damit unmittelbar zur Schutzbedürftigkeit von Arten in einem Bezugsraum, wie Thüringen oder Deutschland. Aus dieser regionalen Sichtweise ergeben sich aber auch Grenzen in der Anwendbarkeit Roter Listen. Zur Bestimmung der Schutzwürdigkeit von Arten und damit der Festlegung von Prioritäten im Arten- und Biotopschutz müssen zusätzliche Kriterien herangezogen werden. Eines der wichtigsten Kriterien hierfür stellt die Verantwortlichkeit für die Erhaltung von Arten und Lebensräumen aus globaler Sicht dar. Erst durch die Beachtung dieses Aspektes wird es möglich, auch die überregionale Situation der Arten und Lebensräume gebührend zu berücksichtigen. Diesem Aspekt wurde lange nur ungenügend Beachtung geschenkt. In einer Studie der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie und des Thüringer Fachbeirates für Arten- und Biotopschutz aus dem Jahr 2002 wurde die Artenvielfalt Thüringens erstmalig nach diesen Kriterien bewertet. Besonders schutzbedürftig sind danach: Ź 12 Endemiten, Ź 25 Arten mit sehr kleinem mitteleuropäischen Areal, Ź 32 Arten mit hochgradig isolierten Vorkommen und Ź 7 Arten mit weltweiter Gefährdung (nach IUCN red list). Die wenigen Endemiten, d.h. Arten, die weltweit nur in Thüringen und angrenzenden Bereichen vorkommen, sind in der folgenden Tabelle 3 dargestellt. Das außeralpine Mitteleuropa ist aufgrund seiner Landschaftsgeschichte sehr arm an Endemiten. Deshalb ist auch die Zahl in Thüringen vorkommender Endemiten gering. 17 Tab. 3: Endemiten Thüringens; aktuelle Gefährdung, gesetzlicher Schutzstatus, Biotopbindung und Lage der aktuellen Vorkommen. GeBiotopbindung / Vorkommen in Thüringen Art RLT setz Erhaltungsmaßnahmen FFH Rhön-Quellschnecke 2 Quellen und Quellbäche / Hohe Rhön, Vorderrhön (Bythinella compressa) Quellenschutz, Verhinderung der Eutrophierung Berg-Blattkäfer 3 Bergwiesen, frische Säume, Wiesen Mittlerer Thüringer Wald, Hohes (Oreina alpestris ssp. in Bachauen / behutsame Thüringer Schiefergebirge – Frankenwald, Hohe Rhön, Harz Offenhaltung polymorha) Schmalblättriges 2 § Halbtrockenrasen / Schafhutungen, Zechsteingürtel Südharz Brillenschötchen (Biscutella ggf. Gehölzbeseitigung laevigata ssp. tenuifolia) Breitblättrige Mehlbeere R Trockenwälder u. –gebüsche / insb. Werrabergland – Hörselberge, (Sorbus latifolia agg.) ggf. Lichtstellung Ilm – Saale – Ohrdrufer Platte, Braunflockiger Wulstling 1 wärmebegünstigte Laubmischwälder Hainich-Dün-Hainleite, (Amanita brunneoconulus) über Kalk / Fortsetzung historischer Innerthüringer Ackerhügelland Waldnutzungsformen Weiterhin die Kleinarten Rubus exarmatus, R. jansenii, R. perlongus, R. saxonicus, R. schorleri, R. thuringensis der Echten Brombeere (Rubus fruticosus agg.) und Taraxacum rutilum des Sumpf-Löwenzahns (Taraxacum palustre agg.) Erläuterungen: RLT: Rote Liste Thüringens, „1“: Vom Aussterben bedroht, „2“: Stark gefährdet, „3“: Gefährdet, „R“: Extrem selten (Gefährdungskategorien nach FRITZLAR & WESTHUS 2001); Gesetz/FFH: gesetzlicher Schutz nach § 10 Abs. 2 BNatSchG, „§“: besonders geschützt, „§§“: streng geschützt; II: Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie, IV: Art des Anhangs IV der FFH-Richtlinie Ein sehr kleines mitteleuropäisches Areal besitzen 25 Arten (Tab. 4). Diese Gruppe verdient in besonderem Maße unsere Aufmerksamkeit, da gerade hier die Arten zu finden sind, die wegen teils weiter Verbreitung in Thüringen (trotz hoher Gefährdung in angrenzenden Regionen) bisher von Seiten des Naturschutzes wenig beachtet worden sind. Sie sind am besten hier zu schützen und zu erhalten. Tab. 4: Arten mit sehr kleinem mitteleuropäischen Areal; aktuelle Gefährdung, gesetzlicher Schutzstatus, Biotopbindung und Lage der aktuellen Vorkommen. GeBiotopbindung / Vorkommen in Thüringen Art RLT setz Erhaltungsmaßnahmen FFH Feldhamster, melanistische 1 §§ Äcker / Strukturvielfalt erhöhen Innerthüringer Ackerhügelland Mutante (Cricetus cricetus) IV Zwergheideschnecke 1 Trockenrasen auf Kalk und Innerthüringer Ackerhügelland mit (Trochoidea geyeri) Gipskeuper / Offenhaltung Randplatten, Zechsteingürtel Kyffhäuser Gemeine Plumpschrecke 3 hochgrasige wärmebegünstigte vor allem Süd-Thüringen, Thüringer (Isophya kraussii) Magerrasen, Wiesen und Säume / Wald-Vorland, Mittleres Saaletal behutsame Offenhaltung Elfenspornzikade 1 salzige Feuchtstellen mit Carex Gera-Unstrut-Niederung (Salzwiesen (Kelisia minima) distanz / Offenhaltung Luisenhall) Kyffhäuserzikade 1 wärmebegünstigte Trockenhänge / In D nur im Zechsteingürtel (Psammotettix inexpectatus) Offenhaltung Kyffhäuser Hellbraunroter Blattkäfer 3 lichte Wälder, frische Waldsäume / Ilm-Saale-Ohrdrufer Platte, Hainich(Chrysolina rufa) Erhaltung lichter Wälder Dün-Hainleite (Hainich) Purpurner Blattkäfer 2 lichte, frische Wälder / Mittlerer Thüringer Wald, Hohes (Chrysolina purpurascens) Erhaltung lichter Wälder Thüringer Schiefergebirge Bergbach-Blattkäfer * schattige Bachauen in Wäldern, Mittlerer Thüringer Wald, Hohes (Sclerophaedon orbicularis) Quellstellen Thüringer Schiefergebirge – Frankenwald, Harz Wohlgenährter Großaugen* kühl-feuchte Bereiche der höchsten Mittlerer Thüringer Wald, Hohes Erdfloh (Minota obesa) Lagen, enge Bachtälchen Thüringer Schiefergebirge, Harz Steppenwiesen-Blutströpfchen 2 § wärmebegünstigte, halbschattige Meininger Kalkplatten (Zygaena angelicae ssp. Halbtrockenrasen, Kiefernwälder, ratisbonensis) Säume / behutsame Offenhaltung Schwebfliegen-Art R Trockenrasen / unbekannt Zechsteingürtel Kyffhäuser 18 Eumerus longicornis Stengelloser Tragant (Astragalus exscapus) Davall-Segge (Carex davalliana) 2 - kontinentale Trockenrasen / Schafthutung Kalk-Quell- und Niedermoore / Mahd, Beweidung Zechsteingürtel Kyffhäuser, Innerthüringer Ackerhügelland insb. Vorderrhön, Meininger Kalkplatten, Schalkauer Thüringer WaldVorland, Ilm-Saale-Ohrdrufer Platte insb. Mittlerer Thüringer Wald, Hohes Thüringer Schiefergebirge – Frankenwald, Hohe Rhön, Vorderrhön, Harz Nordwestlicher Thüringer Wald, Mittlerer Thüringer Wald, SchwarzaSormitz-Gebiet, Oberes Saaletal, Ostthüringer Schiefergeb. – Vogtland Oberes Saaletal 3 - Weicher Pippau (Crepis mollis) * - Bergwiesen, lichte Wälder / Mahd, Beweidung, historische Waldnutzungsformen Pfingst-Nelke (Dianthus gratianopolitanus) * § offene Felsen / ggf. Gehölzentnahme Busch-Nelke (Dianthus seguieri ssp. glaber) Oellgaard-Flachbärlapp (Diphasiastrum oellgaardii) 1 § 1 § Felsen-Fingerkraut (Potentilla rupestris) 1 - Graue Scabiose (Scabiosa canescens) * - Krauses Greiskraut (Tephroseris crispa) 3 - Glanzloser Ehrenpreis (Veronica opaca) Pottmoos Pottia caespitosa Steinfliegen-Art Isoperla silesica Zwerggrashüpfer (Stenobothrus crassipes) Schwacher Langfuß-Erdfloh (Longitarsus languidus) 2 - 3 - 2 - R - 1 - Magerrasen, Gebüsch- und Waldränder / ggf. Gehölzentnahme Borstgrasrasen, Zwergstrauchheiden / Mittlerer Thüringer Wald, Hohes Bodenverwundungen Thüringer Schiefergebirge – Frankenwald Säume, lichte Wälder, Oberes Saaletal, Nordthüringer Halbtrockenrasen / ggf. periodische Buntsandsteinland Freistellung kontinentale Trockenrasen / vor allem Zechsteingürtel Schafhutung Kyffhäuser, Innerthüringer Ackerhügelland Nasswiesen, Quellstaudenfluren, Mittlerer Thüringer Wald, Hohes Erlenwälder / Beweidung, Mahd Thüringer Schiefergebirge – Frankenwald Hackfruchtäcker / extensiver Grabfeld, Innerthüringer Ackerbau Ackerhügelland Kalkfelsen und Kalktrockenrasen / Ilm-Saale-Ohrdrufer Platte, Offenhalten der Standorte Meininger Kalkplatten hochmontane Silikat-Gebirgsbäche / Weiträumig isoliert im mittleren Fließgewässer- und Quellenschutz Thüringer Wald kurzrasige Steppenrasen auf In D nur im Zechsteingürtel Gipskeuper und Kalk / Offenhaltung Kyffhäuser und östliche Hainleite Störstellen in mageren KalkMuschelkalk-Höhen der Hainleite, Halbtrockenrasen / Offenhaltung der Schmücke und am Mittleren Saaletal Erläuterungen: s. Tab. 1; „ * “: ungefährdet Hochgradig isolierte Vorkommen sind für 30 Thüringer Arten identifiziert worden (Tab. 5). Es sind vor allem Arten, deren Vorkommen bei uns Relikte kühler nacheiszeitlicher Klimaperioden, aber auch der postglazialen Warmzeit sind. Vermutlich existieren sie zum Teil bereits mehrere tausend Jahre isoliert bei uns und besitzen eine höhere genetische Eigenständigkeit. Sie sind meist hochgefährdet. Auch wegen ihrer biogeographischen Sonderstellung stehen sie teilweise schon im Mittelpunkt von Schutzbemühungen. So werden die Vorkommen dieser Arten im Kyffhäuser durch die Maßnahmen des laufenden Naturschutzgroßprojektes gefördert und in den großen, als Naturschutzgebiet gesicherten Bereichen geschützt. Auch die Schutzbemühungen für Bergbäche und Hochmoore erhalten Lebensräume für diese Arten. Tab. 5: Arten mit hochgradig isolierten Vorkommen; aktuelle Gefährdung, gesetzlicher Schutzstatus, Biotopbindung und Lage der aktuellen Vorkommen. GeBiotopbindung / Vorkommen in Thüringen Art RLT setz Erhaltungsmaßnahmen FFH Eintagsfliegen-Art 1 hochmontane Silikat-Gebirgsbäche / Mittlerer Thüringer Wald (Ecdyonurus picteti) Fließgewässer- und Quellenschutz Steinfliegen-Art 1 strukturreiche Flüsse / Mittellauf der Werra (Brachyptera braueri) Fließgewässerschutz Steinfliegen-Art 2 hochmontane Silikat-Gebirgsbäche / Mittlerer Thüringer Wald 19 (Chloroperla susemicheli) Steinfliegen-Art (Leuctra alpina) Köcherfliegen-Art (Drusus chrysotus) Köcherfliegen-Art (Halesus rubricollis) Vogel-Azurjungfer (Coenagrion ornatum) Wanstschrecke (Polysarcus denticauda) Weinrosen-Laubzikade (Edwardsiana rhodophila) Haargraszirpe (Praganus hofferi) Narbiger Brach-Laubkäfer (Rhizotrogus cicatricosus) Rotflügeliger Halsbock (Corymbia erythroptera) Ungarischer Blattkäfer (Cassida pannonica) Wiener Langbaucherdfloh (Psylliodes vindobonensis) 2 - 1 - 1 - 1 §§ 2 - R - 1 - R - R § 2 - 1 - Berghexe (Chazara briseis) Glockenblumen-Graumönch (Cucullia campanulae) Platineule (Apamea platinea) Felsflur-Zünslereule (Zanclognatha zelleralis) Felsen-Beifuß (Artemisia rupestris) 1 § 1 § 1 - 1 - 1 § Graues Sonnenröschen (Helianthemum canum) 3 § Salztäschel (Hymenolobus procumbens) 3 Kissenmoos R - Drehzahnmoos (Tortula revolvens) R - Hundszahnmoos (Cnestrum schisti) Wimpermoos (Asterella saccata) Stelzenstäubling (Battaraea phalloides) 1 - 1 - 1 - Kleinster Erdstern (Geastrum hungaricum) 1 Steppen-Röteltrichterling (Lepista abdita) (Grimmia plagiopodia) Fließgewässer- und Quellenschutz hochmontane Silikat-Gebirgsbäche / Fließgewässer- und Quellenschutz hochmontane Silikat-Gebirgsbäche / Fließgewässer- und Quellenschutz hochmontane Silikat-Gebirgsbäche / Fließgewässer- und Quellenschutz saubere Gräben in Flussauen / Grabenpflege, keine Beschattung kräuterreiche Wiesen und Ruderalflächen, Hochstaudenfluren Trockenrasen mit WeinrosenBeständen / behutsame Offenhaltung Keuper-Trockenrasen mit Haargras / Offenhaltung wärmebegünstigte Kalk- und GipsMagerrasen / Offenhaltung Faulholz anbrüchiger Buchen, / Erhaltung von „Baumruinen“ wärmebegünstigte Trockenhänge / Offenhaltung wärmebegünstigte Trockenhänge / behutsame Offenhaltung lückige Trockenrasen auf Kalk und Gipskeuper / intensive Schafhut felsige Trockenrasen / Offenhaltung Trockenrasen auf Kalkschutt-Halden / Offenhaltung Schieferbergbauhalden / Offenhaltung Binnensalzstellen / Sicherung Wasserhaushalt, extensive Mahd oder Beweidung, Konkurrenten beseitigen Felsfluren, Trockenrasen u. lichte Kiefernforste / extensive Beweidung u. ggf. Gehölzentnahme Binnensalzstellen, Rückstandshalden der Kaliindustrie / Bodenverwundungen offene kalkhaltige Sandsteinfelsen / ggf. periodische Gehölzbeseitigung Mittlerer Thüringer Wald Mittlerer Thüringer Wald Mittlerer Thüringer Wald Helme-Unstrut-Niederung (HelmeRied) Rhön, Grabfeld, Innerthüringer Ackerhügelland (bei Eichelborn) Kyffhäuser, Alter Stolberg, Hainleite, Bottendorfer Hügel, Drei Gleichen Innerthüringer Ackerhügelland (Schwellenburg) Zechsteingürtel Kyffhäuser, Vorderrhön Oberes Saaletal Zechsteingürtel Kyffhäuser Zechsteingürtel Kyffhäuser, Zechsteingürtel Südharz (Alter Stolberg) Vorderrhön, Zechsteingürtel Kyffhäuser Zechsteingürtel Kyffhäuser Ilm-Saale-Ohrdrufer Platte (Hänge des Mittleren Saaletals) Schwarza-Sormitz-Gebiet (Schwarzatal bei Böhlscheiben) Helme-Unstrut-Niederung Insb. Umgebung von Arnstadt, Wipperdurchbruch Kalihalden Nord- und Südwestthüringens Innerthüringer Ackerhügelland, Saale-Sandsteinplatte offene Gipsstandorte/ggf. periodische Zechsteingürtel Kyffhäuser, Gehölzbeseitigung Zechsteingürtel Südharz, Innerthüringer Ackerhügelland Silikatfelsen Mittlerer Thüringer Wald südexponierte Gipshänge / Sammelverbot eutrophe Gebüsche / ? Zechsteingürtel Südharz - Trockenrasen / Fortsetzung extensiver Schafbeweidung Innerthüringer Ackerhügelland, Orlasenke 1 - Trockenrasen / Fortsetzung extensiver Schafbeweidung Zechsteingürtel Kyffhäuser Rotporiger Feuerschwamm (Phellinus torulosus) 2 - Steppen-Porling (Polyporus rhizophilus) 1 - wärmebegünstigte Eichenwälder / Erhaltung von Alteichen, Fortsetzung historischer Waldnutzungsformen Trockenrasen / Fortsetzung extensiver Schafbeweidung Zechsteingürtel Kyffhäuser, Hohe Schrecke-Finne, Hainich-DünHainleite Zechsteingürtel Kyffhäuser Zierlicher BraunsporStacheling 1 - wärmebegünstigter EichenBirkenwald über Gips / Fortsetzung historischer Waldnutzungsformen Zechsteingürtel Südharz Zechsteingürtel Kyffhäuser 20 (Sarcodon lepidus) Gelber Schuppenwulstling (Squamanita schreieri) 1 - wärmebegünstigte Wälder über Kalk / lichte Waldstrukturen erhalten Innerthüringer Ackerhügelland, Werrabergland-Hörselberge Erläuterungen: s. Tab. 1 Die meisten der sieben in Thüringen vorkommenden und nach IUCN (2000) weltweit gefährdeten Arten besitzen größere Areale, in denen sie aber überall zurückgehen. Sie sind auch in Thüringen durchweg hoch gefährdet. Es handelt sich um die in der folgenden Tabelle 6 aufgeführten Arten: Tab. 6: Weltweit gefährdete Arten nach IUCN (2000); aktuelle Gefährdung, gesetzlicher Schutzstatus, Biotopbindung und Lage der aktuellen Vorkommen. GeBiotopbindung / Vorkommen in Thüringen Art RLT setz Erhaltungsmaßnahmen FFH Kleine Hufeisennase 1 §§ strukturreiche Siedlungsvor allem Ilm-Saale-Ohrdrufer Platte, Orlasenke, Zechsteingürtel Bad (Rhinolophus hipposideros) II IV Randbereiche / Quartiererhaltung, Liebenstein, Werrabergland – Schutz der Kulturlandschaft Hörselberge Mopsfledermaus 2 §§ strukturreiche Siedlungsvor allem Eichsfeld, Süd-Thüringen, Mittleres Saaletal, westliches (Barbastella barbastellus) II IV Randbereiche / Quartiererhaltung Schiefergebirge, Randhöhen des (Höhlen und Stollen) Thür. Beckens Bechsteinfledermaus 2 §§ strukturreiche Wälder / Schutz von Waldreiche Gebiete unter 600 m ü. (Myotis bechsteinii) II IV Höhlenbäumen und NN Quartiersicherung Wachtelkönig 1 §§ offene Flussauen, Bergwiesen / vor allem Auen von Werra und (Crex crex) I* extensive Grünlandpflege Helme, weitere Auen und Grünländer der Mittelgebirge Steinkrebs 1 Quellbäche und Bachoberläufe / Grabfeld (Main-Einzugsgebiet) (Austropotamobius torrentium) Fließgewässerschutz Helm-Azurjungfer 2 §§ saubere Gräben in Flussauen / Thüringer Becken: Unstrut(Coenagrion mercuriale) II Grabenpflege, Vermeidung von Einzugsgebiet (v. a. Unstrut, Gera, Beschattung Helme) Kreuzenzian-Ameisenbläuling 1 § Halbtrockenrasen mit Kreuzenzian / Ilm-Saale-Ohrdrufer Platte (Mittleres (Maculinea rebeli) behutsame Offenhaltung Saaletal, Steiger bei Erfurt), Meininger Kalkplatten sowie einige Kleinarten der Breitblättrigen Mehlbeere. Erläuterungen: s. Tab. 1; „I*“ Art des Anhang I der EG-Vogelschutzrichtlinie Von den Vogelarten, für die Europa eine besondere Verantwortung im Hinblick auf den globalen Artenschutz trägt, weil deren globales Brutgebiet oder deren globale Winterpopulation mindestens zu 50 % in Europa liegen, sind in Thüringen rund 100 Arten heimisch. Davon befinden sich knapp 30 Arten in einem ungünstigen Erhaltungszustand, darunter auch vergleichsweise häufige Arten wie Grünspecht und Haubenmeise. Thüringen besitzt große zusammenhängende Gebiete, die einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung und Entwicklung der Biologischen Vielfalt ganz Deutschlands liefern. Sie zeichnen sich durch Großflächigkeit, geringere menschliche Beeinträchtigungen (große Naturnähe), repräsentative Biotope, die aus Bundessicht vor allem in Thüringen besonders ausgeprägt sind, und eine besonders hohe Vielfalt an Arten und Lebensräumen aus und enthalten oft einen besonders hohen Anteil von naturschutzrechtlich geschützter Fläche. In einer offenen Liste wurden 22 Landschaftsteile Thüringens zusammengestellt, die einen hohen Beitrag zur Sicherung der biologischen Vielfalt Europas leisten. 21 Tab. 7: Bundesweit bedeutende Landschaftsteile für die Biologische Vielfalt Gebietsname Größe/ha Besonders charakteristische Biotoptypen Südharz ca. 11.400 Gipskarstgebiet im Südharzvorland ca. 6.900 Kyffhäuser-Helmestausee ca. 7.900 Riedgebiete bei Artern und Bottendorfer Hügel ca. 3.600 Nördliche Randhöhen des Thüringer Beckens ca. 31.900 Südliches Eichsfeld ca. 18.200 Hainich ca. 15.300 Riedgebiet im Thüringer Becken ca. 3.942 Muschelkalkgebiet südöstlich von Erfurt ca. 3.300 Seeberg - Drei Gleichen – Ohrdrufer MuschelkalkPlatte ca. 11.400 Thüringisches Werratal ca. 10.000 ausgedehnte Hainsimsen-Buchenwälder sowie Waldmeister-Buchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder, naturnahe Fließgewässer, Silikatfelsen einmaliges Gipskarstgebiet mit Erdfällen, Höhlen, Gipsfelsen mit Felsfluren und Gips-Schutthalden, KalkTrockenrasen, Orchideen-Buchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder Trockenbiotope über Gips und stellenweise Karbonsandstein in herausragender Ausdehnung mit kontinentalen Kalk-Trockenrasen, Gips- und Silikatfelsen, Eichentrockenwälder und OrchideenBuchenwälder; Waldmeister- und HainsimsenBuchenwälder, Erdfälle, Höhlen, Feuchtwiesen und -weiden, Binnensalzstellen bedeutendste Binnensalzstellen Thüringens, Niedermoore mit Feuchtwiesen und –weiden, Brenndolden-Auenwiesen und Röhrichten, einzige Schwermetallrasen Thüringens in Verzahnung mit kontinentalen Trockenrasen Großflächige Hainsimsen-, Waldmeister- und OrchideenBuchenwälder, Eichen-Hainbuchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder, Kalkfelsen mit Felsfluren; KalkTrockenrasen, Pionierrasen Orchideen- und Waldmeister-Buchenwälder, Schluchtund Hangmischwälder, naturnahe Waldgrenzstandort (Bergstürze) mit Kalkfelsen; Kalkäcker, naturnahe Fließgewässer Großflächige unzerschnittene Waldmeister-, Hainsimsenund Orchideen-Buchenwälder, Eichen-Hainbuchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder, Wacholderheiden, Kalk-Trockenrasen Reichmoore mit Feuchtwiesen und –weiden, Großseggenrieden, Röhrichten und Erlen-EschenWäldern, Kalkzwischenmoore mit Pfeifengraswiesen, Binsenschneide-Ried, wechseltrockene TrespenHalbtrockenrasen, Binnensalzstellen Eichen-Hainbuchenwälder, Orchideen- und Waldmeister-Buchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder, Kalk-Trockenrasen, Kalkquellmoore, Pfeifengraswiesen Eichen-Hainbuchen-Wälder, Orchideen- und Waldmeister-Buchenwälder, Waldgrenzstandorte (Bergstürze) mit Kalkfelsen, Kalkschutthalden und Eichen-Trockenwäldern, kontinentale und submediterrane Kalk-Trockenrasen, naturnaher Flusslauf, Kalkquellmoore Flusslauf mit Altwässern, Auenwiesen, Standgewässer 22 von Breitungen bis Treffurt Nordwestlicher Thüringer Wald und südliches Zechsteinvorland ca. 14.700 Mittlerer Thüringer Wald ca. 25.300 Thüringische Rhön und Meininger Muschelkalkgebiet ca. 52.200 Gleichberge - Grabfeld ca. 7.200 Grenzstreifen zwischen Veilsdorf und Sonneberg ca. 1.700 Muschelkalkhänge des Mittleren Saaletals ca. 15.800 Schwarzatal zwischen Sitzendorf und Bad Blankenburg ca. 1.900 Oberes Saaletal ca. 9.100 Frankenwald ca. 3.800 Teichgebiete bei Plothen, Auma und Neustadt ca. 3.500 Nordöstliches Altenburger Land ca. 9.200 (Auslaugungsseen), naturnahe Waldgrenzstandort mit Kalkfelsen und Kalk-Trockenrasen, Orchideen- und Waldmeister-Buchenwälder Großflächige Hainsimsen- und WaldmeisterBuchenwälder, enge Schluchten mit Schlucht- und Hangmischwäldern, Silikat-Felsen, Bergmähwiesen, Schafhutungen mit Kalk-Trockenrasen, Wacholderheiden und Kalkquellmooren, naturnahe Fließgewässer Montane Hainsimsen- und Waldmeister-Buchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder, naturnahe Fließgewässer mit Hochstaudenfluren; Bergmähwiesen, Borstgrasrasen, Hochmoore mit Fichten-Mooswäldern, Silikatfelsen Großflächige Schafhutungen mit Kalk-Trockenrasen, Wacholderheiden, Kalkquellmoore, z. T. mit Kalktuffquellen; offene Basaltblockhalden, Blockhaldenwälder (Schluchtund Hangmischwälder), Waldmeister-Buchenwälder, Orchideen-Buchenwälder, Eichen-Hainbuchenwälder, Kesselmoore und Erdfallseen, naturnahe Fließgewässer, Bergmähwiesen, Borstgrasrasen, Zwergstrauchheiden Eichen-Hainbuchenwälder, Basaltblockhalden, Blockhaldenwälder (Schlucht- und Hangmischwälder), Kalk-Trockenrasen, naturnahe Fließgewässer, Feuchtgrünland naturnahe Fließgewässer mit Buchenauenwäldern und Hochstaudenfluren; Übergangsmoore, Zwergstrauchheiden, Kalk-Halbtrockenrasen, OrchideenBuchenwälder, Eichen-Hainbuchenwälder Orchideen- und Waldmeister-Buchenwälder, EichenHainbuchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder, submediterrane Kalk-Trockenrasen, naturnahe Waldgrenzstandorte mit Kalkfelsen (Bergstürze) und Kalk-Schutthalden, Kalkquellmoore, Kalktuffquellen naturnahe Waldgrenzstandorte mit Silikatfelsen, Felsfluren, Felsgebüschen und Eichen-Trockenwäldern, sehr naturnahes Fließgewässer, HainsimsenBuchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder naturnahe Waldgrenzstandorte mit Silikatfelsen, Felsfluren und Eichen-Trockenwäldern, WaldmeisterBuchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder, naturnahe Fließgewässer Montane Hainsimsen- und Waldmeister-Buchenwälder, Bergmähwiesen, naturnahe Fließgewässer, Steinbrüche mit Silikatfelsen und -Schutthalden meso- und eutrophe Fischteiche (größtes Teichgebiet Thüringens) mit Wasserpflanzen-, Ufer- und Teichbodenvegetation, Verlandungsmoore Eichen-Hainbuchenwälder, Schlucht- und Hangmischwälder, naturnahe Fließgewässer, Auenwiesen, Fisch- 23 teiche, Bergbaufolgelandschaft mit Grubengewässern Insgesamt nehmen diese Landschaftsteile knapp 17 % der Landesfläche ein. Diese größeren Landschaftsausschnitte mit hoher biologischer Vielfalt dürfen natürlich nicht isoliert betrachtet werden. Über diese hinaus gibt es in allen Landesteilen Thüringens eine Vielzahl kleinerer Gebiete, die ebenfalls eine hohe biologische Vielfalt aufweisen. Um die Vielfalt all dieser Landschaftsteile langfristig zu sichern, ist ihre Vernetzung untereinander durch einen funktionierenden Biotopverbund mit Trittsteinbiotopen wichtig. Thüringen besitzt auch etliche große Landschaftsräume, die von überörtlichen Verkehrswegen nicht durchschnitten werden. Sie besitzen besondere Bedeutung für Tierarten mit größeren Aktionsradien. 4. Bilanz der biologischen Vielfalt für Arten und Biotope in Thüringen 4.1 Vergleich der Roten Listen von 1994 und 2001 Thüringen hat 1994 und 2001 Sammelbände Roter Listen herausgegeben. Diese Roten Listen stellen eine Beschreibung der Gefährdung der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, der Pflanzengesellschaften und Biotope dar und eignen sich für eine Bilanz der Situation der Biologischen Vielfalt in Thüringen für die Zeit bis Anfang der 1990er-Jahre und der Jahre bis 2000. Die folgende Übersicht zeigt die summarischen Ergebnisse der Roten Listen 2001 im Vergleich zu der ersten Roten Liste Thüringens 1994: 1994 2001 Anzahl der Einzellisten 34 59 Arten, gesamt gefährdet, davon ausgestorben oder verschollen 8.904 3.680 (41 %) 770 (8,6 %) 17.003 7.642 (45 %) 1.462 (8,5 %) Pflanzengesellschaften gefährdet, davon ausgestorben oder verschollen 520 254 (49 %) 10 (2 %) 633 318 (50 %) 16 (2,5 %) 88 77 (88 %) 87 74 (85 %) Biotoptypen (1995) gefährdet Aus diesem Vergleich geht hervor, dass nach wie vor fast die Hälfte der bewerteten Arten und Pflanzengesellschaften und über 80 % der Biotoptypen in unterschiedlichem Maße gefährdet sind, wobei ca. 8,5 % der Arten als ausgestorben oder verschollen eingestuft werden mussten. Das waren 2001 insgesamt 1.462 heimische Arten, die nicht mehr bei uns leben. Es wird weiterhin deutlich, dass die Rote Liste von 2001 schon durch die viel höhere Zahl der einbezogenen Arten (immerhin 17.003, die einzeln auf ihre Gefährdung hin bewertet worden sind!) eine hohe Repräsentativität aufweist. 24 Der Vergleich der Roten Listen von 1994 mit denen von 2001 lässt im Einzelnen deutliche Veränderungen in der Natur erkennen, die im Aussterben von Arten, in einer Zunahme der Gefährdung, aber auch in einem Rückgang der Bestandsbedrohung bei einigen Arten zum Ausdruck kommen. In dieser Zeit haben einige Gefährdungsfaktoren zu und andere abgenommen. Durch die Bearbeiter der Roten Listen werden die wesentlichsten Gefährdungsursachen für Lebensräume, Tier- und Pflanzenarten in Thüringen benannt. Darunter waren besonders häufig: x Intensivierung der Landnutzung (z. B. Biozide und Düngemittel, Verlust von Randstrukturen), x Nutzungsänderungen (z. B. Verlust von Rohböden auf Truppenübungsplätzen, Aufforstung von Offenland), x Aufgabe traditioneller Nutzung (z. B. Schafhutung, Mahd, historische Waldnutzung, extensive Teichwirtschaft), x Nähr- und Schadstoffeinträge (in Gewässer und alle terrestrischen Biotope: Wasser- und Luftverschmutzung), x direkte Zerstörung von Biotopen (z. B. durch Verkehrs-, Siedlungs- und Industriebauten), x Ausbreitung von Neophyten oder Neozoen (z. B. infolge Fischbesatz). Besonders gravierend sind die Folgen des Auflassens extensiv genutzter Flächen. Rohbodenstandorte haben deutlich abgenommen (insbesondere auf ehemaligen Truppenübungsplätzen). Offene, kurzrasige Grasfluren, Säume und lichte Waldstellen gehen infolge fehlender oder veränderter Nutzung bzw. Pflege (z. B. Aufgabe von Schafhutung) rapide zurück. So musste u. a. der Frauenschuh – eine der attraktivsten heimischen Orchideen – in die Kategorie stark gefährdet hochgestuft werden. Der Steinkauz als typische Eulenart kurzrasiger Grasfluren ist in Thüringen unmittelbar vom Aussterben bedroht. Auf verschiedene Tiergruppen wirkt das deutlich erhöhte Straßenverkehrsaufkommen als unmittelbarer Gefährdungsfaktor (z. B. Säugetiere, Amphibien, Vögel). Durch die diffusen Nähr- und Schadstoffeinträge nehmen Mykorrhizapilze und mykorrhizaabhängige Pflanzen weiter ab. Andere Gefährdungsursachen haben in ihrer Intensität im letzten Jahrzehnt deutlich abgenommen. Zu nennen ist in erster Linie die Abwasserbelastung unserer Fließgewässer, deren Reduzierung bereits eine Abnahme der Gefährdung einzelner Arten bewirkt hat (z. B. bei Fischen, Libellen, Steinfliegen). Die Auswirkungen einer verbesserten Wasserqualität sind allerdings nicht so gravierend wie sie allgemein erwartet wurden. Ursache ist die meist noch vorhandene Strukturarmut der Gewässer, die eine weitere Bestandserholung gefährdeter Arten vielfach begrenzt. Auch die Luftqualität hat sich hinsichtlich verschiedener Parameter offenbar deutlich verbessert. So kann eine leichte Zunahme epiphytischer Arten (Flechten, Moose) und einiger Waldarten der Schnecken beobachtet werden. Zum Beispiel konnte die Pflaumenflechte, die 1992 noch stark gefährdet war, aus der Liste von 2001 herausgenommen werden. Die Bemühungen um ein höheres Totholzangebot in den Wäldern (z.B. Nationalpark Hainich, Totalreservate, Naturwaldparzellen) benötigen sicher längere Zeit, bis sie zu günstigeren Gefährdungseinstufungen bei Totholz bewohnenden Arten führen. Auch stehen ihnen verstärkte Verluste, z. B. durch "Baumsanierungen" im besiedelten Bereich und an Alleen gegenüber. In einigen Fällen konnten Arten durch die Besiedlung von Sekundärstandorten ihre Verluste an ursprünglichen Fundorten etwas ausgleichen (z. B. die Salzpflanze Europäischer Queller 25 an Rückstandshalden der Kali-Industrie). Neben den genannten Gruppen gibt es auch Beispiele für positive Bestandsentwicklungen oder für eine erfolgreiche Stabilisierung der Bestandssituation durch Naturschutzmaßnahmen im weitesten Sinne. Eisvogel, Wasseramsel und Gebänderte Prachtlibelle, die offenbar unmittelbar von der Abwasserreinigung profitierten, sowie Schwarzstorch, Uhu und Wanderfalke, für die direkte Schutzmaßnahmen erfolgreich waren, sind Beispiele für solche Arten aus Thüringer Sicht. Die Zahl dieser Arten ist noch relativ gering und auch auf besser bekannte Artengruppen, die im Zentrum spezieller Schutzbemühungen stehen, begrenzt. 4.2 Erhaltungszustand von Arten und Lebensraumtypen nach der Fauna-Flora-Habitat (FFH) - Richtlinie und EU-Vogelschutzrichtlinie in Thüringen Auf europäischer Ebene sind Regelungen und Ziele zur Erhaltung der Biodiversität in der Vogelschutzrichtlinie von 1979 und der FFH-Richtlinie von 1992 festgelegt. Die dort vorgeschriebenen national umzusetzenden Maßnahmen und gesetzlichen Regelungen dienen dazu, die Bestände der Arten und Lebensräume von europäischer Bedeutung langfristig zu erhalten oder wieder in einen günstigen Zustand zu bringen. Im Zentrum der FFH-Richtlinie stehen ausgewählte Arten und Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse, für die Schutzgebiete ausgewiesen werden, sowie Arten von gemeinschaftlichem Interesse, für die ein strenger Schutz zu organisieren und durchzusetzen ist. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen sind alle 6 Jahre Berichte zum Erhaltungszustand der Lebensraumtypen und Arten zu erstellen. Im Jahr 2006 wurde auch für den Thüringer Anteil an der kontinentalen biogeographischen Region ein Bericht erstellt, der das aktuelle Verbreitungsgebiet, die besiedelte Fläche, die bestehenden Gefährdungen und die Zukunftsaussichten beschreibt und dahingehend bewertet, ob der Erhaltungszustand günstig, unzureichend oder schlecht ist. Diese Bewertung erfolgte nach einem Ampelschema, bei dem die Bewertung „grün“ (= günstig) für den zu erreichenden oder zu erhaltenden Zustand steht, wogegen „gelb“ und „rot“ für unzureichend bzw. schlecht stehen. Insgesamt 62 Thüringer Tier- und 5 Pflanzenarten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie sowie 44 Lebensraumtypen wurden so bewertet (Tab. 8 und 9). In den meisten Fällen deckt sich die thüringische Bewertung mit der Bewertung für die gesamte kontinentale biogeographische Region Deutschlands. Tab. 8 : Thüringer Arten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG), Bericht zum Erhaltungszustand 2000-2006, Annex B, Landesübersicht (Stand: 21.12.2006) Erhaltungszustand (= Gesamtbewertung laut Annex C) [für kontinentale biogeographische Region in Thüringen bzw. Deutschland]: FV = günstig; U1 = unzureichend; U2 = schlecht; XX = unbekannt; Populationsgröße nach Zahl besiedelter Messtischblätter (TK25) bzw. Messtischblattquadranten (TK25Q) oder Zahl der Vorkommen Verbreitungsgebiet Artengruppe Art Säugetiere, sonst. Feldhamster Wildkatze Fischotter Cricetus cricetus Felis silvestris Lutra lutra 65 TK25Q 49 TK25 17 TK25 Erhaltungszustand Thüringen Deutschland U1 FV U1 U2 U2 U1 26 Verbreitungsgebiet Artengruppe Art Luchs Haselmaus Säuget., Flederm. Lynx lynx Muscardinus avellanarius 1 Vork. 41 TK25 Barbastella 103 TK25 Mopsfledermaus barbastellus Nordfledermaus 39 TK25 Eptesicus nilssonii Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus 86 TK25 Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii 79 TK25 Große Bartfledermaus Myotis brandtii 80 TK25 Teichfledermaus 6 TK25 Myotis dasycneme Wasserfledermaus 118 TK25 Myotis daubentonii Großes Mausohr 136 TK25 Myotis myotis Kleine Bartfledermaus Myotis mystacinus 124 TK25 Fransenfledermaus 128 TK25 Myotis nattereri Kleiner Abendsegler 70 TK25 Nyctalus leisleri Abendsegler 98 TK25 Nyctalus noctula Rauhhautfledermaus 60 TK25 Pipistrellus nathusii Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus 117 TK25 Mückenfledermaus Pipistrellus pygmaeus 18 TK25 Braunes Langohr 137 TK25 Plecotus auritus Graues Langohr 88 TK25 Plecotus austriacus Rhinolophus 34 TK25 Kleine Hufeisennase hipposideros Zweifarbfledermaus 47 TK25 Vespertilio murinus Amph. / Reptilien Geburtshelferkröte 105 TK25Q Alytes obstetricans Gelbbauchunke 28 TK25Q Bombina variegata Kreuzkröte 111 TK25Q Bufo calamita Wechselkröte 44 TK25Q Bufo viridis Schlingnatter 66 TK25 Coronella austriaca Europäischer 140 TK25Q Laubfrosch Hyla arborea Zauneidechse 133 TK25 Lacerta agilis Knoblauchkröte 102 TK25Q Pelobates fuscus Moorfrosch 25 TK25Q Rana arvalis Springfrosch 9 TK25Q Rana dalmatina Kleiner Wasserfrosch Rana lessonae 77 TK25 Nördlicher Kammmolch Triturus cristatus 117 TK25 Fische Groppe 174 TK25Q Cottus gobio Bachneunauge 76 TK25Q Lampetra planeri Schlammpeitzger 1 TK25Q Misgurnus fossilis Bitterling 3 TK25 Rhodeus amarus Schmetterlinge Erhaltungszustand Thüringen Deutschland U1 U2 FV XX FV U1 U1 U1 FV U1 FV FV U1 FV FV U1 U1 U1 FV XX FV U1 U1 FV U1 U1 U1 FV FV U1 FV U1 U1 FV FV XX FV U1 U2 U2 U1 XX U1 U2 U1 U2 FV U1 U2 U2 U2 U1 U1 U1 FV XX U2 FV FV U1 U1 U1 U1 FV XX U1 FV U1 U2 U1 FV U1 U1 U1 27 Verbreitungsgebiet Artengruppe Art SkabiosenScheckenfalter Spanische Flagge Heckenwollafter QuendelAmeisenbläuling Dunkler WiesenknopfAmeisenbläuling Heller WiesenknopfAmeisenbläuling Haarstrangwurzeleule Schwarzer Apollofalter Nachtkerzenschwärmer Käfer Hirschkäfer Eremit, Juchtenkäfer Libellen Helm-Azurjungfer Vogel-Azurjungfer Asiatische Keiljungfer Östliche Moosjungfer Große Moosjungfer Grüne Keiljungfer Weichtiere Flussperlmuschel Gemeine Flussmuschel Schmale Windelschnecke Bauchige Windelschnecke Krebse Erhaltungszustand Thüringen Deutschland 56 TK25Q U1 U2 11 TK25 FV FV 1 TK25Q U2 U2 106 TK25Q U1 U1 61 TK25 U1 U1 6 TK25 Glaucopsyche teleius Gortyna borelii lunata 1 TK25Q Parnassius mnemosyne 2 Vork. Proserpinus proserpina U2 U1 U2 U2 U1 XX U2 XX 33 TK25 30 Vork. U1 U1 U1 U2 U1 U1 FV keine Bewertung U1 FV U1 U1 U1 U1 FV 1 TK25 U2 U2 3 Vork. U2 U2 27 TK25 U1 U1 2 TK25 U2 U1 4 TK25 U1 U1 3 Vork. 77 TK25 U1 U1 U2 U1 7 TK25 FV FV 1 Vork. 11 TK25 FV U1 FV U1 Euphydryas aurinia Euplagia quadripunctaria Eriogaster catax Glaucopsyche arion Glaucopsyche nausithous Lucanus cervus Osmoderma eremita Coenagrion mercuriale 40 TK25Q Coenagrion ornatum 5 TK25Q 1 TK25Q Gomphus flavipes Leucorrhinia albifrons Leucorrhinia pectoralis 4 TK25Q Ophiogomphus cecilia 7 TK25 Margaritifera margaritifera Unio crassus Vertigo angustior Vertigo moulinsiana Austropotamobius Steinkrebs torrentium Farn- u. Blütenpfl. Sumpf-Engelwurz Angelica palustris Frauenschuh Cypripedium calceolus Trichomanes Prächtiger Dünnfarn speciosum Moose Grimaldimoos Mannia triandra Grünes Besenmoos Dicranum viride U2 28 Tab. 9 :Thüringer Lebensraumtypen des Anhanges I der FFH-Richtlinie (92/43/EWG), Bericht zum Erhaltungszustand 2000-2006, Annex D, Landesübersicht (Stand: 21.12.2006) FV = günstig; U1 = unzureichend; U2 = schlecht; XX = unbekannt; Natura Fläche in 2000 FFH-Lebensraumtypen ha Code (Bezeichnung in Thüringen) *1340 Salzstellen des Binnenlandes 70 3130 Nährstoffarme Stillgewässer mit 200 Strandlings- und ZwergbinsenVegetation 3140 Nährstoffarme bis mäßig 40 nährstoffreiche, kalkhaltige Stillgewässer mit Armleuchteralgen 3150 Natürliche nährstoffreiche 600 Stillgewässer 3160 Dystrophe Stillgewässer 2 *3180 Temporär Wasser führende 5 Karstseen und -tümpel 3190 Gipskarstseen auf gipshaltigem 2 Untergrund 3260 Fließgewässer mit flutender 1.000 Wasserpflanzenvegetation 3270 Flüsse mit Schlammbänken 90 4030 Trockene Heiden 550 5130 Wacholderheiden 300 *6110 Kalk- oder basenhaltige Felsen 200 mit Kalk-Pionierrasen 6130 Schwermetallrasen 1 (*)6210 Trespen-Schwingel-Kalk9.000 Trockenrasen (*: besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen) *6230 Artenreiche Borstgrasrasen 300 *6240 Steppenrasen 350 6410 Pfeifengraswiesen 90 6430 Feuchte Hochstaudenfluren 1.380 6440 Brenndolden-Auenwiesen der 62 Stromtäler 6510 Extensive Mähwiesen des Flach4.500 und Hügellandes 6520 Berg-Mähwiesen 3.000 *7110 Naturnahe lebende Hochmoore 4 7120 Geschädigte Hochmoore 25 7140 Übergangs- und 150 Schwingrasenmoore 7150 Torfmoor-Schlenken 0,3 Erhaltungs zustand Thüringen FV Gesamtbewertung kontinentale Region U1 U2 U1 U2 U1 U1 U1 FV U2 U1 FV U2 U2 U1 U1 U2 U2 U1 U2 U2 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 FV U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U1 U2 U1 U1 U1 U1 29 Natura Fläche in 2000 FFH-Lebensraumtypen ha Code (Bezeichnung in Thüringen) *7210 Kalkreiche Sümpfe mit Binsen5 Schneide *7220 Kalktuffquellen 12 7230 Kalkreiche Niedermoore 65 8150 Silikatschutthalden 150 *8160 Kalkschutthalden 120 8210 Kalkfelsen und ihre 100 Felsspaltenvegetation 8220 Silikatfelsen und ihre 200 Felsspaltenvegetation 8230 Silikatfelskuppen mit ihrer 50 Pioniervegetation 8310 Nicht touristisch erschlossene 50 Höhlen 9110 Hainsimsen-Buchenwälder 28.000 9130 Waldmeister-Buchenwälder 67.000 9150 Orchideen-Kalk-Buchenwälder 15.000 9160 Sternmieren-Stieleichen680 Hainbuchenwälder 9170 Labkraut-Traubeneichen12.400 Hainbuchenwälder *9180 Schlucht- und Hangmischwälder 3.300 *91D0 Moorwälder 150 *91E0 Auenwälder mit Erle, Esche und 3.000 Weide 91F0 Hartholz-Auenwälder mit Eiche, 4 Ulme, Esche 9410 Bodensaure Fichtenwälder 800 Erhaltungs zustand Thüringen Gesamtbewertung kontinentale Region FV U1 U1 U1 U1 U1 XX U1 FV FV U1 FV U1 FV U1 FV U1 FV U2 U1 U1 FV FV FV U1 U1 U1 U1 U1 U1 FV U1 U1 U1 U1 U1 U2 U2 Von den 181 im Anhang I der EG-Vogelschutzrichtlinie genannten Arten kommen 24 in Thüringen als regelmäßige Brutvögel vor. Ihre Gefährdung wird anhand der Einstufung in der Roten Liste auf Landes- und Bundesebene in Tab 10 dargestellt. Tab. 10: Regelmäßig in Thüringen vorkommenden Brutvogelarten nach Anhang I der EGVogelschutzrichtlinie sowie deren Gefährdungsstatus, 0 = ausgestorben oder verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R = Extrem selten, V = Vorwarnliste, * = ungefährdet Art Auerhuhn Blaukelchen Eisvogel Grauspecht Heidelerche Mittelspecht Neuntöter Rauhfußkauz Tetrao urogallus Luscinia svecica Alcedo atthis Picus canus Lullula arborea Dendrocopos medius Lanius collurio Aegolius funereus Rote Liste TH 1 3 3 2 3 3 Rote Liste D 1 V * 2 3 * * * 30 Rohrweihe Rotmilan Schwarzmilan Schwarzspecht Schwarzstorch Seeadler Sperbergrasmücke Sperlingskauz Tüpfelralle Uhu Wachtelkönig Wanderfalke Weißstorch Wespenbussard Ziegenmelker Zwergschnäpper Circus aeruginosus Milvus milvus Milvus migrans Dryocopus martius Ciconia nigra Haliaeetus albicilla Sylvia nisoria Glaucidium passerinum Porzana porzana Bubo bubo Crex crex Falco peregrinus Ciconia ciconia Pernis apivorus Caprimulgus europaeus Ficedula parva 3 3 3 2 3 1 2 1 2 2 1 R * * * * * * * * 1 * 2 * 3 V 3 * Bei den Tierarten befinden sich 12 Arten in einem schlechten, 29 in einem unzureichenden und 12 in einem günstigen Erhaltungszustand. Zwischen den einzelnen Artengruppen gibt es dabei deutliche Unterschiede. Unter den 34 Säugetieren ist lediglich die Kleine Hufeisennase in einem schlechten Erhaltungszustand und immerhin 11 sind in einem günstigen. Unter den 15 Amphibien und Reptilien sind mit Gelbbauchunke, Wechselkröte und Moorfrosch 3 Arten in schlechtem Erhaltungszustand, dagegen 6 in einem günstigen. Unter den 9 Schmetterlingen ist lediglich eine Art in einem günstigen Erhaltungszustand, 4 dagegen sind in einem schlechten. Ebenso problematisch ist die Lage bei den Weichtieren, bei denen 3 der 5 Arten in schlechtem Erhaltungszustand sind. Die nötigen Konsequenzen aus der aktuellen Bewertung sind dabei unterschiedlich, da der Handlungsbedarf außer aus dem Erhaltungszustand auch aus den Erfolgsaussichten und der Bedeutung der Thüringer Vorkommen für die biogeographische Region abzuleiten ist. So haben Maßnahmen für die Flussperlmuschel geringe Erfolgssaussichten. Dagegen ist der Heckenwollafter auch in den wenigen anderen Vorkommensgebieten Deutschlands selten und höchst gefährdet, der Zustand des Thüringer Bestandes ist hier also maßgeblich. Auch für Arten, die in Thüringen einen unzureichenden Erhaltungszustand besitzen, besteht akuter Handlungsbedarf, wenn die Thüringer Bestände einen bedeutenden Anteil des Gesamtbestandes bilden, wie etwa beim Feldhamster, beim Quendel-Ameisenbläuling oder bei der Helm-Azurjungfer. Bei den Pflanzenarten befinden sich zwei Arten in einem günstigen und drei Arten in einem unzureichenden Erhaltungszustand. Zu den Arten mit günstigem Erhaltungszustand gehören der Prächtige Dünnfarn und das Grimaldimoos. Die Sumpf-Engelwurz und das Grüne Besenmoos befinden sich in einem unzureichenden Erhaltungszustand. Beim Frauenschuh mit ebenfalls unzureichendem Erhaltungszustand sieht die Situation am kritischsten aus, weil die attraktive Art starke Verluste an vielen thüringischen Vorkommen erlitten hat. Nur für wenige Populationen konnte bisher durch Pflegemaßnahmen eine positive Bestandsentwicklung erreicht werden. Im Vergleich der Zustandsbewertungen der Lebensraumtypen Thüringens mit denen der gesamten kontinentalen Region heben sich der LRT 1340 (Salzstellen des Binnenlandes), LRT 3160 (Dystrophe Standgewässer) und der LRT 7210 (Kalkreiche Sümpfe mit Binsenschneide) mit dem Erhaltungszustand „günstig“ ab. Während die letzteren im Land nur relativ kleine, aber intakte Vorkommen haben, trägt Thüringen mit 70 ha Fläche bei den Binnensalz- 31 stellen auch bundesweit eine besondere Verantwortung. Mit einem LIFE-Projekt in den Schwerpunktgebieten konnten weitere Verbesserungen erzielt werden. Bei den FFH-Lebensraumtypen des Grünlandes fällt die Thüringer Beurteilung weitgehend mit der der gesamten kontinentalen Region in der Einstufung „unzureichend“ zusammen. Neben veränderten Bewirtschaftungsweisen führt vor allem die Auflassung zu Flächenverlusten bei den Lebensraumtypen. Fels- und Haldenbiotope, die vielfach auch mit einer traditionellen Nutzung verknüpft waren, leiden in Thüringen besonders unter der mit der Auflassung verbundenen Sukzession, so dass die aktuellen Flächenverluste gegenüber der gesamten kontinentalen Region zu einer ungünstigeren Bewertung führen. In Thüringen ist der Erhaltungszustand von sieben FFH-Lebensraumtypen als schlecht einzustufen, bei vieren davon deckungsgleich mit der Bewertung in der gesamten kontinentalen Region. Bei den drei Standgewässertypen 3130 (Nährstoffarme Stillgewässer mit Strandlings- und Zwergbinsen-Vegetation), 3140 (Nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche, kalkhaltige Stillgewässer mit Armleuchteralgen), 3190 (Gipskarstseen auf gipshaltigem Untergrund) sowie dem Fließgewässertyp 3270 (Flüsse mit Schlammbänken) führen derzeit bestehende funktionelle und strukturelle Defizite zu ungünstigen Zustandsbeurteilungen. Für 9110 (HainsimsenBuchenwälder) und 9410 (bodensaure Fichtenwälder) wird bei naturgemäßer Bewirtschaftung eine positive Entwicklung gesehen. Die derzeitigen Funktionen und Strukturen des Lebensraumtyps 4030 (Trockene Heiden) werden in Thüringen als noch vorhanden eingestuft. Fast alle größeren trockenen Heiden in Thüringen verdanken ihre Entstehung jedoch der inzwischen aufgegebenen militärischen Nutzung, die Suche nach Nutzungsalternativen gestaltet sich vielfach schwierig. Mangels besserer Zukunftsaussichten wird dieser Lebensraumtyp - wie in der gesamten kontinentalen Region - als „schlecht“ eingestuft. 4.3 Bilanz der verschiedenen Naturschutzinstrumente, -projekte und -maßnahmen und Bewertung ihrer Wirksamkeit x Gesetzlicher Artenschutz Der gesetzliche Artenschutz, der Regelungen für besonders oder streng geschützte Arten umfasst, hat bisher nur bedingt Verluste an Biologischer Vielfalt verhindern können. Die im Zusammenhang mit den artenschutzrechtlichen Bestimmungen der FFH-Richtlinie stehende Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom Dezember 2007 hat jedoch zu einer stärkeren Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Belange im Rahmen von Vorhabensgenehmigungen geführt. x Artenhilfskonzepte und Biotopschutzkonzepte Sie dienen dazu, die Lebensbedingungen gefährdeter Arten zu verbessern. Zu diesem Zweck werden zunächst eine Bestandsaufnahme mit einer Erfassung der Populationen und ihrer Habitate sowie eine Gefährdungsanalyse durchgeführt. Ein darauf aufbauendes Maßnahmenkonzept (Artenhilfskonzept) muss dann in andere Planungen eingearbeitet und/oder von den regionalen Akteuren umgesetzt werden. Artenhilfskonzepte sind für eine ganze Reihe von Arten erarbeitet worden, teils landesweit, teils regional, teils von Seiten der Fachbehörden, teils auch von ehrenamtlichen Fachverbänden und -vereinigungen. Auch die Basiserfassungen für die Arten des Anhangs II der FFHRichtlinie fanden zum Teil im Rahmen solcher Artenhilfskonzepte statt. Die bisherigen 32 Ansätze haben Vertreter vieler Artengruppen zum Gegenstand. Bei der Auswahl der Arten wurde auch beachtet, dass ihre Lebensräume möglichst viele weitere Arten beherbergen, so dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch ganzen Artengemeinschaften nutzen. An Säugern sind Kleine Hufeisennase, Wildkatze, Fischotter und Biber, an Vögeln z. B. Wanderfalke, Schwarzstorch, Weißstorch, Uhu, Auerhuhn, Birkhuhn und Steinkauz, an Kriechtieren die Kreuzotter, an Amphibien Moorfrosch, Gelbbauchunke und Feuersalamander und an Wirbellosen Steinkrebs, Bachmuschel, Rhön-Quellschnecke, die Libellenarten Helmund Vogel-Azurjungfer, die Heuschreckenarten Rotflügelige Ödlandschrecke und Wanstschrecke, die Schmetterlingsarten Skabiosen-Scheckenfalter, Heller und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Heckenwollafter Arten, für die Hilfskonzepte erstellt worden sind. Bei den Pflanzen liegen z. B. für Frauenschuh, Sumpf-Engelwurz und PanzerSommerwurz, aber auch für die gesamte Gruppe der Ackerwildkräuter Artenhilfskonzepte vor. Einige dieser Konzepte wurden umgesetzt. Zum Beispiel: Abwasserentlastung und Unterstützung der Reproduktion für die Bachmuschel an der Milz im Thüringer Grabfeld, quartiererhaltende Maßnahmen für die Kleine Hufeisennase, Waldbewirtschaftungsmaßnahmen für Frauenschuh, Kreuzotter, Feuersalamander und Hecken-Wollafter, Horstschutzmaßnahmen für Wanderfalke und Schwarzstorch oder Landbewirtschaftungsmaßnahmen zur Förderung der Ackerwildkräuter, für den Feldhamster und für den Rotmilan im Rahmen des KULAP. Seit Anfang der 1990er-Jahre werden von der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie Biotopschutzkonzepte für meist hochgradig gefährdete Lebensraumtypen entwickelt. Bisher standen Kalkflachmoore, Solitärbäume und Alleen, Binnensalzstellen und Blockhalden im Mittelpunkt von Schutzbemühungen. Aufbauend auf Aktivitäten ehrenamtlicher Naturschutzmitarbeiter stellt seit 1998 die Erfassung der Verbreitung und Gefährdung sowie der Schutz der Moore in den Kammlagen des Thüringer Waldes und des westlichen Thüringer Schiefergebirges einen gemeinsamen Arbeitsschwerpunkt der Thüringer Naturschutz- und Forstbehörden dar.. Bei der Umsetzung der Konzeption standen die Verbesserung der Wasserversorgung und die Freistellung der Torfkörper zur Förderung der typischen Moorvegetation im Vordergrund. x Arten- und Biotopschutzprogramm Mit dem Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP) gemäß § 29 Abs. 2 des vorläufigen Thüringer Naturschutzgesetzes von 1993 sollte die vorsorgliche Sicherung der wildlebenden Pflanzen- und Tierwelt und ihrer Lebensräume betrieben werden. Die erste Stufe dieses Konzeptes auf Ebene der Planungsregionen konnte bereits Ende 1993 vorgelegt werden und diente der Naturschutzverwaltung insbesondere zur Sicherung vorhandener schutzwürdiger Flächen. So wurden seine Ergebnisse als Fachbeitrag des biotischen Ressourcenschutzes in die Landschaftsrahmenpläne 1994 und damit in die Fachgutachten der Regionalplanung eingearbeitet. Während der Erarbeitung erster kreisbezogener ABSP wurden bereits kleinere Projekte zur Verbesserung lokaler Lebensraumstrukturen und Artenhilfsmaßnahmen gestartet. Die umfangreichen Grundlagenerhebungen des ABSP (Luftbildinterpretationen, Biotopkartierungen, Artenerfassungen) konnten die Anforderungen der aus EU-Recht resultierenden Meldungen zur Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie bedienen und sind heute eine wichtige Grundlage der FFH-Management-Planungen. 33 x Investitionen und Projekte für Natur und Landschaft Mit dem neuen Förderprogramm „Entwicklung von Natur und Landschaft“ (ENL) wurde 2007 im Rahmen der „Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen“ (FILET) ein Instrument geschaffen, das das Spektrum des Naturschutzes bis weit in die Regionalentwicklung des ländlichen Raumes erweitert. Der vorgesehene Finanzrahmen von insgesamt 2 Mio. € im Jahr erlaubt auch Investitionen zur Erhaltung, Wiederherstellung und Entwicklung von Lebensräumen und Artenschutzmaßnahmen und schließt u.a. Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit mit ein. Einen Schwerpunkt des Mitteleinsatzes bilden dabei die Natura 2000Gebiete, für die mit Hilfe von ENL bis 2012 eine Managementplanung erstellt werden soll. x Naturschutzgroßprojekte von gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung Die „Naturschutzgroßprojekte“ dienen dem Ziel, natürliche und naturnahe Landschaftsteile sowie historisch gewachsene Kulturlandschaften und die Vorkommen bestandsgefährdeter Tiere und Pflanzen dauerhaft zu bewahren und zu sichern. Ein übergreifender Ansatz besteht darin, über Naturschutzgroßprojekte ganze Landschaftsteile, für die eine hohe Dichte schutzwürdiger und schutzbedürftiger Lebensräume und Arten bekannt sind, insgesamt in das Zentrum von Schutzbemühungen zu stellen, um so die Kapazitäten zu konzentrieren und maßnahmenabhängige Erfolge auch nachhaltig sicherstellen zu können. So wurden seit 1990 folgende Naturschutzgroßprojekte gefördert und umgesetzt : „Orchideenregion Jena – Muschelkalkhänge im Mittleren Saaletal“ (1996 – 2008, 10 Mio.€), „Kyffhäuser“ (1997 – 2008, 6 Mio.€), „Thüringer Rhönhutungen“ (2002 – 2013, 5 Mio.€). Bisher konnte nach Beendigung der naturschutzfachlichen Maßnahmen eine deutliche Verbesserung der Lebensraumqualität beobachtet werden. Mit der Ausweisung der Kerngebiete als NSG wurde in diesen Bereichen ein dauerhafter Schutzstatus erreicht. x LIFE-Projekte Folgende LIFE-Projekte wurden bisher in Thüringen durchgeführt: x Zwei LIFE-Projekte „Schutz des Lebensraumes Rhön – Baustein im europäischen Schutzgebietsnetz“ (1993 – 2001, 1,4 Mio.€) x „Managementplan für das zukünftige Großschutzgebiet Hainich des Europäischen Netzwerkes Natura 2000“ (1995 – 1999, 560.000 €) x "Erhaltung und Entwicklung der Binnensalzstellen Nordthüringens" (2003 – 2008, 2,4 Mio.€) x Programm zur Förderung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (NALAP) Mit dem allein vom Freistaat Thüringen finanzierten Förderprogramm NALAP sichert Thüringen die Unterstützung von Projekten des Arten- und Biotopschutzes sowie Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes, die sonst durch das Raster der Vorgaben für die von Bund und EU kofinanzierten Programme fallen würden (z.B. Maßnahmen für den Schutz von Fledermäusen bei der Sanierung von Gebäuden oder ein an die speziellen Anforderungen von Orchideenarten angepasste Wiesenmahd durch den ehrenamtlichen Naturschutz). 34 x Vertragsnaturschutz KULAP ist ein von der EU kofinanziertes Programm, das unter die Rubrik „Agrarumweltmaßnahmen“ fällt. Die Programminhalte werden in Programmplanungsdokumenten für den ländlichen Raum fixiert und mit der EU-Kommission abgestimmt. Das seit 1993 etablierte KULAP hat sich zum mittlerweile wichtigsten Instrumentarium zur Umsetzung und Sicherung von Arten- und Biotopschutzmaßnahmen entwickelt. Mit den KULAPNaturschutzmaßnahmen werden wertvolle Grünlandflächen, insbesondere in Natura 2000Gebieten, in einem guten Erhaltungszustand gesichert. Durch Effizienzkontrollen werden fortlaufend die Maßnahmen geprüft und im Bedarfsfall abgeändert bzw. neue Programmpunkte definiert. Um den Mitteleinsatz noch zielgerichteter auf Lebensräume mit hohem Handlungsbedarf zur Pflege zu richten, wurde in den Jahren 2006 bis 2008 eine Förderkulisse für KULAP-Naturschutz entwickelt. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die im Fachinformationssystem Naturschutz gespeicherte Förderkulisse einen hohen Praxisbezug besitzt. In der neuen Förderperiode von 2007 bis 2013 wurde im Jahr 2008 mit ca. 38.000 ha Förderfläche und knapp 12 Millionen € im Programmteil N (Naturschutz) des KULAP verausgabter Mittel das Niveau der Vorjahre wiederum erreicht. Defizite in der Landschaftspflege erwachsen vor allen Dingen aus ungenügenden Finanzierungsmöglichkeiten für besonders anspruchsvolle Pflegearbeiten, wie Entbuschung von Trockenrasen oder differenzierte Mahd im schwer zu bewirtschaftenden Gelände zum Beispiel zum Schutz hoch bedrohter Orchideenarten. Durch steigende Agrarpreise und Verwendungsalternativen für den Aufwuchs kann der finanzielle Anreiz für den Landwirt, an KULAP-Maßnahmen teilzunehmen, geringer werden. Bisherige Auswertungen zur Akzeptanz des neuen KULAP-Programms bestätigen dies jedoch nicht. Beim Ackerschonstreifenprogramm ist allerdings ein enormer Rückgang der Vertragsflächen zu verzeichnen, was Verluste an Vielfalt befürchten lässt. Probleme bereiten auch Flächen mit Vorkommen schutzwürdiger Arten, für die es keine Nutzungs- bzw. Pflegeinteressenten mehr gibt. Zum Teil übernehmen die unteren Naturschutzbehörden die Pflegearbeiten, sie sind aber zunehmend überfordert. Im Sinne der Nutzung von Synergieeffekten bestehen Defizite bei der Extensivierung von überschwemmungsaktiven Auenflächen. Gerade bei letzteren handelt es sich um Konfliktfelder zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Wasserwirtschaft. Maßnahmen zur Lösung können nur im gesellschaftlichen Konsens umgesetzt werden und erfordern eine erhebliche Mittelbereitstellung, um z. B. berechtigten landwirtschaftlichen Interessen gerecht zu werden. Weitere Fördermöglichkeiten nach KULAP sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen: Tabelle 11: Maßnahmen des KULAP 2007sowie Ziele und Wirkungen in Bezug auf die Biodiversität Maßnahmen mit indirekten Maßnahmen, die gezielt auf Schutz und Maßnahmen mit direkter positiver Wirkungen, die zur Erhöhung der Artenvielfalt, gefährdeter Wirkungen auf Erhöhung und Stabilisierung der Artenvielfalt Arten und Biotope ausgerichtet sind Erhalt der Biodiversität beitragen x Blühflächen, Blühstreifen, Acker x Ökologische x Reduzierung der und Uferrandstreifen ( Anbauverfahren Stickstoffausträge x Artenreiche x Zwischenfruchtanbau x Artenreiches Grünland Fruchtfolgen x Pflege von Hecken und x pfluglose x Hamsterschutzgerechte Nutzung Schutzpflanzungen Bodenbearbeitung x Umwandlung von x Nahrungs- und Nistschutzflächen Ackerland in Grünland x Rotmilanschutz x Teichlandschaftspflege x Stilllegung für Naturschutzzwecke x Grünland-Biotoppflege durch Beweidung 35 x x x x Grünland-Biotoppflege durch Mahd Pflege von Streuobstwiesen Erhaltung vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen Schutzgebiete/Nationale Naturlandschaften Bei der Ausweisung von Schutzgebieten nach Naturschutzrecht sind seit 1989/90 erhebliche Fortschritte erzielt worden. Im Mittelpunkt stehen die Naturschutzgebiete (NSG). So gibt es mit Stichtag 31.12.2008 in Thüringen 264 Naturschutzgebiete (einschließlich der Kern- und Pflegezonen der beiden Biosphärenreservate) mit einer Fläche von 43.873 ha (2,7 % der Landesfläche). Die Sicherung gefährdeter und schutzbedürftiger Lebensräume sowie von Habitaten gefährdeter und schutzbedürftiger Arten vor allem in den Kerngebieten der NaturschutzGroßprojekte stellten wichtige Schwerpunkte bei der Auswahl der vorrangig auszuweisenden Naturschutzgebiete dar. Auf der Basis dieser Kriterien wurde von den für die Schutzgebietsausweisung zuständigen Naturschutz- und Fachbehörden eine abgestimmte Arbeitsplanung für die Naturschutzgebietsausweisung aufgestellt, deren Umsetzung in wesentlichen Teilen schon stattgefunden hat. Weitere wichtige Maßgabe bei der Schutzgebietsausweisung war und ist die Prämisse, die Schutzgebietsausweisung konsensual mit den von der naturschutzrechtlichen Unterschutzstellung Betroffenen durchzuführen. Auf diese Weise wurden zahlreiche NSG im Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze, des „Grünen Bandes“, aber auch auf ehemaligen militärischen Liegenschaften ausgewiesen. Auch die Kerngebiete der Naturschutzgroßprojekte „Orchideenregion Jena - Muschelkalkhänge im Mittleren Saaletal“ und „Kyffhäuser“ wurden auf diese Weise als NSG gesichert. Durch die Ausweisung der Naturschutzgebiete einschließlich der Kern- und Pflegezonen der Biosphärenreservate sowie den Nationalpark Hainich wurde bisher für ca. 3,2 % der Landesfläche der verbindliche Rahmen zur Erhaltung der dortigen Arten und Lebensgemeinschaften und damit der biologischen Vielfalt geschaffen. Ergänzt wird dieses Grundgerüst durch die in Thüringen bisher ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiete, Geschützten Landschaftsbestandteile, Flächennaturdenkmale und Naturdenkmale sowie die nach § 18 ThürNatG gesetzlich geschützten Biotope ( ca. 62.000 ha, entspricht 3,8 % der Landesfläche, hochgerechnet auf Basis von 80 % kartierter Landesfläche). Durch die damit verbundenen z.T. punktuellen Unterschutzstellungen und durch den Schutz charakteristischer Landschaftsbildelemente wie Hecken, Feldgehölze oder Streuobstbestände konnten Verbindungs- und Trittsteinelemente gesichert werden, die für die Erhaltung der biologischen Vielfalt wichtig sind. Thüringen verfügt darüber hinaus über sieben unter dem Namen „Nationale Naturlandschaften“ zusammengefasste Großschutzgebiete, die ebenfalls wichtige Beiträge zur Erhaltung der biologischen Vielfalt Thüringens liefern. Hierzu zählen der Nationalpark Hainich, die beiden Biosphärenreservate „Rhön“ und „Vessertal – Thüringer Wald“ sowie die vier Naturparke. Die Ausweisung eines weiteren Naturparks „Südharz“ wird derzeit vorbereitet. Die Tabelle 12 gibt einen Überblick über die Nationalen Naturlandschaften: 36 Schutzgebietskategorie Nationalpark Hainich Biosphärenreservat Rhön (Thüringer Teil) Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald Naturpark EichsfeldHainich-Werratal Naturpark Kyffhäuser Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale Naturpark Thüringer Wald Naturpark Südharz Größe in ha Anteil an der Landesfläche in %* 7.513 48.910 0.46 3,02 17.092 1,06 87.000 5,38 30.500 82.779 1,88 5,12 208.200 30.000 12,87 1,85 * Hier sind Überlagerungen mit anderen Schutzgebietskategorien wie Naturschutzgebiet oder Landschaftsschutzgebiet möglich. Tab. 12: Übersicht der Nationalen Naturlandschaften und Größen Fazit: Die Instrumente des Flächen- und Objektschutzes dienen nicht nur einzelnen Schutzerfordernissen, sondern unterstützen als rechtliches Sicherungsinstrument die Durchsetzung naturschutzfachlicher Programme. Es erfolgt ein koordinierter Einsatz. Zudem werden in den Modellregionen der Biosphärenreservate und Naturparke nachhaltige Landnutzungsformen und Wirtschaftsweisen erprobt, um das gedeihliche Miteinander von Mensch und Natur in seiner ganzen Vielfalt zu erhalten und zu entwickeln. x Landschaftsplanung Die als „querschnittsorientierte“ Fachpläne des Naturschutzes und der Landschaftspflege angelegten Landschaftsrahmenpläne und Landschaftspläne liegen in einer ersten Generation (1993 – 2002) für Thüringen weitgehend flächendeckend vor. Bisher gibt es keine differenzierte statistische Auswertung der Inhalte der Landschaftsrahmenpläne und Landschaftspläne der ersten Generation und ihrer Umsetzung, so dass ihre naturschutzfachlichen Stärken und Schwächen in Thüringen bisher nicht im Einzelnen bilanziert werden können. Im Überblick betrachtet lagen die Schwerpunkte der Pläne x bei der Zusammenstellung verschiedener Grundlagen über die biotischen und abiotischen Schutzgüter des Naturschutzes und daraus abzuleitenden Planungen für die grundsätzliche Struktur der Flächennutzung, x bei der Auseinandersetzung mit den damals vielfach in der Planung oder Realisierung befindlichen Eingriffsvorhaben und x der Darstellung von Vorschlägen und Anforderungen des Naturschutzes im Hinblick auf die Raumordnung und die Bauleitpläne. Aspekte der Biodiversität wurden dabei als Grundlagendaten und als eines der Ziele des Naturschutzes berücksichtigt, standen aber nicht im Mittelpunkt, weil mit dem „Arten- und Biotopschutzprogramm“ ein spezielles Planungskonzept vorgesehen war. Dennoch haben die Darstellungen der Landschaftspläne über die in verschiedenen Gesetzen vorgesehenen Pflichten zur Berücksichtigung und Integration bei anderen Planungen und Maßnahmen wesentlich zur Sicherung und Entwicklung der Biodiversität beigetragen, beispielsweise über 37 die frühzeitige raumordnerische Sicherung vieler für das europäische Schutzgebietssystem „Natura 2000“ zu meldenden Flächen und die Lenkung von Planungen für Eingriffsvorhaben auf weniger sensible Bereiche. x Eingriffsregelung und Flächenpools In der Eingriffsregelung gilt das Verursacherprinzip. Sie greift laut der gesetzlichen Definition aber nur bei erheblichen Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen. Die tägliche und der guten fachlichen Praxis entsprechende Wirtschaftsweise, insbesondere der Land- und Forstwirtschaft, unterliegt somit nicht der Eingriffsregelung. Will man diese im Sinne der Biologischen Vielfalt beeinflussen, so sind andere Instrumente des Naturschutzes wie Vertragsnaturschutz oder Schutzgebietsausweisungen gefordert. Die mit einem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen sind nicht immer vollständig vermeidbar. Allein die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsflächen von 7,89 % im Jahre 1992 auf 9,08 % im Jahre 2007 (jeweils als Anteil an der Landesfläche in %) belegt dieses eindrucksvoll. Diese der freien Natur entzogenen Flächen sind aber nicht automatisch mit einer Eingriffsfläche gleichzusetzen. Siedlungsflächen umfassen auch Grünflächen, die für seltene Arten als Rückzugsraum von großer Bedeutung sein können (siehe Kap. 5.2). Für die unvermeidbaren Beeinträchtigungen wird eine Wiedergutmachung (Kompensation) erforderlich. Eine Untersuchung der in den 90er Jahren festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zeigt hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Werthaltigkeit ein unbefriedigendes Bild. Während der quantitative und qualitative Realisierungsgrad von Kompensationsmaßnahmen bei Straßenbauvorhaben mit 60 % im bundesweiten Vergleich noch gut war, konnte dieser bei Bebauungsplänen mit ca. 30% nicht mehr überzeugen. Hinzu kommen Klagen der landwirtschaftlichen Unternehmen, dass oft die besten Ackerböden für Kompensationsmaßnahmen in Anspruch genommen wurden, auch wenn die Inanspruchnahme landwirtschaftlich genutzter Fläche für Kompensationsmaßnahmen mit ca. 1 % gemessen an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Thüringen gering ist. Neue Konzepte waren und sind gefragt. Schon die Änderung des Baurechts 1998 eröffnete die Einrichtung bauleitplanerischer Ökokonten. Durch die Landesverwaltung wurden darauf aufbauend Flächenpoolvorschläge für Vorhaben von regionaler und überregionaler Bedeutung erarbeitet. Dabei wurden in hohem Maße NATURA 2000-Gebiete einbezogen. Vorteile dieses Instrumentes sind: gezielte Erhöhung des Entsiegelungsanteils an Kompensationsmaßnahmen (Ziel Erhöhung von ca. 10% auf 20%), Unterstützung des landesweiten Biotopverbundes, Planung abgestimmter und möglichst betriebsintegrierter Maßnahmen auf Landwirtschaftsflächen, Beitrag zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie z.B. durch Gewässerrenaturierungen. Auch die Stiftung Naturschutz hat sich hier eingebracht. Aus Mitteln der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe konnten o.g. Schwerpunkte im Sinne eines revolvierenden Fonds durch vorgezogene Maßnahmen umgesetzt werden – zur frühzeitigen Aufwertung von Natur und Landschaft, mit Erleichterungen für Vorhabensträger und zur Lösung von Landnutzungskonflikten. Fazit: Die Eingriffsregelung ist kein Verhinderungsinstrument. Sehr wohl konnten durch eine konsequente Anwendung des Vermeidungsgebotes schlimmere Auswirkungen auf wertvolle Teile von Natur und Landschaft vermieden werden. Die Neuausrichtung der Eingriffsregelung, hier insbesondere die Flächenpoollösungen, steigern Akzeptanz und Werthaltigkeit von 38 Kompensationsmaßnahmen, indem diese nach Möglichkeit konsequent zur Erfüllung übergeordneter Zielsetzungen eingesetzt und einvernehmlich entwickelt werden. Das Instrument der Eingriffsregelung dient damit der Erhaltung und Verbesserung der biologischen Vielfalt. x Sonstige Instrumente - Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung Umweltbildung ist ein wichtiger Arbeitschwerpunkt der Verwaltungen der Nationalen Naturlandschaften in Thüringen. Viele Veranstaltungen, die sich an verschiedene Nutzergruppen richten, werden regelmäßig durchgeführt (Vorträge, geführte Wanderungen, Projekte mit Schulen, Naturerlebnistage, etc.). Insbesondere Schüler stellen eine intensiv betreute Nutzergruppe dar. Im Zusammenhang mit der UN-Dekade „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ wurden verstärkt in diesem Bereich Bildungsangebote gemacht. Ergänzt werden diese Bildungsangebote des Nationalparks, der Biosphärenreservate und Naturparke durch Angebote der zertifizierten Natur- und Landschaftsführer des jeweiligen Gebietes. - Landentwicklung Synergien mit der Landentwicklungsverwaltung wurden vielfach genutzt. Zu nennen ist die Einrichtung und Verwaltung von Flächenpools zur Bereitstellung von Flächen für Kompensationsmaßnahmen und die Moderation bei der Erarbeitung von Konzepten unter Beteiligung von Bürgern, Verbänden und Behörden. Im Rahmen der Zusammenarbeit wurden eine Vielzahl von Maßnahmen durch Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz flankiert. Hierzu zählen u.a. die Verdichtung von Biotopverbundsystemen, die Sicherung von Uferschutzstreifen und die Sicherung von Schutzflächen für bedrohte Arten. Insbesondere wird die Anlage des Korridors für die Wildkatze und die eigentumsrechtliche Sicherung erwähnt. Als gemeinsame Großprojekte sind das EULIFE-Projekt zur Erhaltung der Binnensalzstellen im Esperstedter Ried und die Sicherung des Grünen Bandes als Deutschlands größter Biotopverbund zu nennen. Im Bereich des Grünen Bandes wurden bislang nahezu 30 Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz angeordnet. Mit der Umsetzung der Idee zum „Green Belt Europe“ für den Abschnitt Zentraleuropa wurde im Jahr 2006 durch das INTERREG III B Projekt begonnen. Das TMLNU brachte sich mit seinen Erfahrungen aus dem Grünen Band Thüringen als Projektpartner ein. 5. Bilanz der Biologischen Vielfalt in den Landschaftsräumen Thüringens Nach der Darstellung der bisherigen Bilanz der Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, mehr bezogen auf Arten und Lebensräume, soll im folgenden eine Situationsbeschreibung aus den anteilmäßig größten Landschaftsräumen die Bilanzierung abrunden. 5.1 Biologische Vielfalt in den Agrarlandschaften x Ausgangslage Die Landwirtschaft ist Nutzer und Gestalter der biologischen Vielfalt auf etwa 54% der Bodenfläche Thüringens. Sie beeinflusst über unterschiedlich intensive Formen der Bewirtschaftung maßgeblich Erhalt und Entwicklung der Agrarökosysteme, der dort lebenden Arten und der genetischen Vielfalt innerhalb der Arten. Die Landwirtschaft muss dabei 39 sowohl Schutz- als auch Nutzinteressen gerecht werden. Gleichzeitig steht die Thüringer Landwirtschaft aber auch in der Verantwortung, ihren Beitrag zur steigenden Marktnachfrage nach Biomasse (Nahrungs- und Futtermittel, Rohstoffe und Energie) zu leisten und weitere Funktionen zu erfüllen, zu denen auch der Schutz der Biodiversität gehört. Abbildung 02: Einflussfaktoren auf Landwirtschaft und Biodiversität in Agrarökosystemen und Funktionen der Landwirtschaft Agrar- / Energie- / Klima/ Rohstoffmärkte Standort Verbrauchernachfrage Technischer Fortschritt Erzeugung Nahrungsmittel, Rohstoffe, Energie Erhalt / Pflege Kulturlandschaft Landwirtschaft multifunktional Nutzung / Schutz Ressourcen abiotisch (Boden, Wasser, Luft) biotisch (Biodiversität) Wirtschaftsfaktor Im ländlichen Raum Lenkungsinstrumente (Agrar- und Umweltpolitik) Fachrecht (insbesondere Düngung, z.B. Düngeverordnung, Pflanzen-, Wasser- und Naturschutz, z.B. Natura 2000) Cross Compliance (spezifische Bewirtschaftungsvorgaben) Freiwillige Agrarumweltmaßnahmen (KULAP Thüringen) Agrobiodiversität bezeichnet den von der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft genutzten Teil der Biodiversität, der die Vielfalt der Arten (Nutzpflanzen, Nutztiere), die genetische Vielfalt (Sorten, Rassen, Genotypen) und die Vielfalt der genutzten Ökosysteme (Wildarten, Biotope, Strukturen im Agrarraum) umfasst. Sie ist ein wesentlicher Teil der gesamten biologischen Vielfalt in Thüringen. Zur Beschreibung der Ausgangslage existieren neben den vorliegenden statistischen Angaben nur wenige spezielle Untersuchungen. Vorliegende Daten wurden in die Erstellung des Abschnittes Bilanz einbezogen. Naturraumbedingt ist die Verteilung der Landwirtschaftsfläche und der Landnutzungsformen regional sehr differenziert. Von der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF) entfallen derzeit 77 % auf das Ackerland, während 22 % als Dauergrünland bewirtschaftet werden. 1991 betrug der statistisch erfasste Grünlandanteil an der LF noch 18,4 %. Während im Thüringer Becken und im Altenburger Land der Grünlandanteil unter 10% der LF liegt, erreicht er im Thüringer Wald und in der Hohen Rhön mehr als 50 %. x Ziele, Voraussetzungen Die Thüringer Landwirtschaft musste und muss sich der Herausforderung stellen, den für die Landwirtschaft genutzten Teil der biologischen Vielfalt zu erhalten, ihre Potentiale weiter zu erschließen und nachhaltig zu nutzen. Sich ändernde Rahmenbedingungen (hier insbesondere Klimawandel, Märkte, Politik) führen dazu, dass sowohl die Landnutzung als auch die biologische Vielfalt einer dynamischen Entwicklung unterliegen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, bedarf es der Innovationsfähigkeit von Landnutzung und Agrarwirtschaft. 40 Zentrale agrarpolitische Ziele für den Erhalt der Biologischen Vielfalt sind - die nachhaltige Nutzung der Agrobiodiversität verbunden mit der möglichst weitgehenden Erhaltung bedrohter Lebensräume und Arten die langfristige Erhaltung und breitere Nutzung genetischer Ressourcen die stärkere Einbindung der Märkte und Verbraucher in die Nutzung der Agrobiodiversität unter Nutzung des technischen und züchterischen Fortschrittes Eine nachhaltige, d.h., ökologischen, wirtschaftlichen wie auch sozialen Anforderungen Rechnung tragende Landwirtschaft zielt auf einen höchstmöglichen betrieblichen wie auch gesellschaftlichen Gesamtnutzen ab. Erhalt und Nutzung der Agrobiodiversität bei gleichzeitiger Erhaltung natürlicher Ökosysteme und bedrohter Arten erfordern die Entwicklung und den Einsatz nachhaltiger Nutzungssysteme. Hierzu bedarf es u.a.: - einer gezielten Analyse und Bewertung des Einflusses verschiedener Nutzungssysteme auf die biologische Vielfalt, - der Darstellung und monetären Bewertung von Maßnahmen und Leistungen der Landwirtschaft für Erhalt und Verbesserung der biologische Vielfalt, - einer leistungsgerechten Vergütung zusätzlich erforderlicher Maßnahmen zum Erhalt der biologische Vielfalt, - der langfristigen Verfügbarkeit eines breiten Spektrums nutzbarer Arten, Sorten und Rassen und - spezieller Aus- und Weiterbildungsangebote für Landwirte. x Projekte und Maßnahmen - Agrarumweltmaßnahmen Mit den Programmen zur Förderung umweltgerechter Landwirtschaft, Erhaltung der Kulturlandschaft, Naturschutz und Landschaftspflege (KULAP) sowie den Programmen des Vertragsnaturschutzes (NALAP) verfolgt Thüringen Ziele zur Verbesserung der biologischen Vielfalt (siehe Kap. 4.3). Der überwiegende Teil der angebotenen Maßnahmen wirkt direkt auf Artenvielfalt und Biodiversität. Thüringen bietet seit 1993 ein gebietsspezifisches Programm zur Förderung umweltgerechter Landwirtschaft, Erhaltung der Kulturlandschaft, Naturschutz und Landschaftspflege (KULAP) an. Seit 2004 wird den Landwirten darin auch die Förderung der Fruchtartendiversifizierung auf Ackerflächen und von Blühflächen auf stillgelegten Flächen angeboten. Das KULAP-Programm hat sich auch für den Erhalt der Biologischen Vielfalt bewährt und ist daher auch Bestandteil der Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen 2007-2013 (FILET). - Programme zum Erhalt der genetischen Vielfalt in der Tierzucht Zuchtprogramme und -strategien der Tierzuchtverbände orientieren sich an einer Vielzahl wirtschaftlich relevanter Kriterien. Diese existieren für Milch- und Fleischrinder (Leistung, Produktqualität, Fruchtbarkeit, Nutzungsdauer, Gesundheit), Pferde (Exterieur und Leistung), Schweine (Leistung und Fruchtbarkeit), Schafe (Leistung und Futterverwertung) und Ziegen 41 (Leistung und Fruchtbarkeit). Genetische Vielfalt bildet eine wichtige Voraussetzung für Zuchtfortschritte und für die Nutzungsvielfalt der Nutztierarten. Zur aktiven Erhaltungsarbeit für gefährdete Nutztierrassen werden folgende Maßnahmen bzw. Projekte umgesetzt: x Förderung der Zucht vom Aussterben bedrohter einheimischer Nutztierrassen im KULAP (8 Rassen), x Arche-Höfe (Ziegenhof Peter, Greußen und Arche-Rhönschafhof, Schernberg) und x Modellprojekt Thüringer Wald Ziege. - Erweiterung Anbauspektrum im Pflanzenbau Durch Schaffung neuer Verwertungslinien, u. a. mit nachwachsenden Rohstoffen ergibt sich eine Erweiterung des Anbauspektrums im Pflanzenbau. Von Thüringen wird seit 2006 das bundesweite Forschungsprojekt „Entwicklung und Vergleich von optimierten Anbausystemen für die landwirtschaftliche Produktion von Energiepflanzen unter den verschiedenen Standortbedingungen Deutschlands“ koordiniert. In diesem Projekt werden zahlreiche Fruchtarten und Anbausysteme getestet. So konnten in Thüringen bereits Zuckerhirse und durchwachsene Silphie in die Praxis überführt werden. Ebenso gelang es über Projektarbeiten den Feldanbau von Mohn, Saflor und Schwarzkümmel in Thüringen wieder zu etablieren. Des weiteren werden Agroforstsysteme im Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsgut getestet. - Artenvielfalt bei gartenbaulichen Kulturen Für den Bereich der Arznei- und Gewürzpflanzen sind insbesondere die Inkulturnahmeaktivitäten von Wildarten und die weitergehende Auslese/Züchtung erwähnenswert. Mit der „Pharmaplant GmbH“ in Artern verfügt Thüringen über ein Unternehmen, das auf diesem Gebiet sehr aktiv ist. So wurden in den letzten Jahren verschiedenen Projekte abgeschlossen, die u. a. folgende Arten betreffen: Weißdorn, Johanniskraut, Adonisröschen und Rosenwurz. Mit der Überführung in den Anbau kann eine Übernutzung der Wildbestände durch Sammlung vermieden werden. Die ausgelesenen Herkünfte oder herausgezüchteten Sorten werden hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe und Anbaueigenschaften optimiert. x Bilanz - Vielfalt im Pflanzenbau und im Grünland Auf dem Ackerland werden aktuell über 100 verschiedene Kulturpflanzenarten angebaut, darunter über 45 landwirtschaftliche Fruchtarten. Letztere nehmen einen Flächenanteil von über 98% der Ackerfläche ein. Auf etwa 60% der Ackerfläche erfolgt der Anbau von Getreide. Gartenbauliche Kulturen nehmen etwa 5000 Hektar ein. Innerhalb der Arten erweitert ein reichhaltiges Sortenspektrum die genetische Vielfalt. Der züchterische Fortschritt bringt ständig neue Sorten hervor, die speziellen Standortbedingungen und Qualitätsanforderungen immer besser gerecht werden. Beispielsweise erhöhte sich die Vielfalt der in Deutschland angebauten Maissorten von 349 Sorten im Jahr 1996 auf 516 Sorten im Jahr 2006. Eine Zunahme der Sortenvielfalt ist auch im Getreide- und Rapsanbau festzustellen. Von 2000 bis 2006 erhöhte sich die Anzahl der in Thüringen angebauten Getreidesorten von 84 auf 87 bzw. bei Raps von 15 auf 28 Sorten. Die Sortenvielfalt ist bei den Fruchtarten am höchsten, die einen hohen Anbauumfang aufweisen und/oder neuen Verwendungsrichtungen dienen. 42 Besonders positive Wirkungen auf die biologische Vielfalt und eine vielfältige Kulturlandschaft erreichte das seit 1993 angebotene Thüringer Programm zur Förderung von umweltgerechter Landwirtschaft, Erhaltung der Kulturlandschaft, Naturschutz und Landschaftspflege (KULAP), an dem sich jeder zweite Landwirtschaftsbetrieb im Freistaat beteiligte und dessen Maßnahmen insgesamt rund 36 % der LF betreffen. Einbezogen sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, landwirtschaftlich genutzte Flächen, unabhängig ob sie weiterhin zur Produktion genutzt oder zeitweilig aus der Nutzung genommen wurden. Die Extensivierungsmaßnahmen auf 24,1% der Ackerfläche, darunter kontrolliert-integrierte Anbauverfahren, ökologischer Landbau sowie die Schaffung von Zwischenstrukturen, führten zu einer Erweiterung des Artenspektrums wildlebender Pflanzen- und Tierarten (Abb. 03). Beispielsweise wurden auf Brachestreifen 143 Pflanzenarten, auf Blühflächen 241 und auf ökologisch bewirtschafteten Flächen 208 Arten mit über 30% Bedeckungsgraden registriert im Gegensatz zu konventionell bewirtschafteten Flächen, auf denen insgesamt 173 Ackerwildkrautarten mit bis zu etwa 5% Gesamtdeckung nachgewiesen wurden. Einen besonders hohen Wert für den Schutz seltener und gefährdeter Ackerwildkräuter besitzen Ackerrandstreifen, auf denen 27 Arten der Roten Liste Thüringens festgestellt wurden. Abbildung 03: Bewertung der Laufkäferzönosen auf unterschiedlich bewirtschafteten Ackerflächen Etwa 80 % des Dauergrünlandes in Thüringen unterlag bislang im Rahmen des KULAP zusätzlichen Extensivierungsauflagen bzw. einer gezielten Biotoppflege. Über 750 Gräser-, Kräuter- und Leguminosenarten wurden auf den Thüringer Dauerbeobachtungsflächen erfasst. In ganz Deutschland sind etwa 2000 verschiedene Grünlandpflanzenarten bekannt. Die geförderten Bewirtschaftungsweisen bewirkten die weitere Anpassung der Pflanzenbestände an die vielfältigen Standort- und Bewirtschaftungsbedingungen (Abb. 04). Abbildung 04: Entwicklung der Vielfalt der Pflanzengesellschaften durch Grünlandextensivierung und gezielte Biotoppflege 43 Dabei konnten vielfältige und artenreiche Pflanzenbestände, z.B. mit über 40 Pflanzenarten der Roten Liste Thüringens bzw. 31 anspruchsvolle Arten spezieller Standorte, wie auf beweideten Trocken- und Magerrasen erhalten werden (Abb. 05). Abbildung 05: Artenvielfalt Grünlandvegetation der - Vielfalt in der Tierhaltung Bei den Nutztierarten hat sich im Vergleich von 1990 zu 2007 eine unterschiedliche Entwicklung in der Vielfalt gehaltener Rassen vollzogen (Tabelle 13). Mit Ausnahme der Schweine hat sich bei allen Nutztierarten die Anzahl der Rassen deutlich erhöht. In Verbindung mit der Grünlandextensivierung ist eine Vielzahl von Fleischrind- und Schafrassen hinzugekommen. Die sehr starke Erweiterung der Rassenvielfalt beim Pferd steht im engen Zusammenhang mit der Nutzung dieser Tiere im Freizeitbereich. Die neu hinzugekommenen Rassen sind, mit Ausnahme beim Milchrind, selten/gefährdet und/oder mit besonderen Eigenschaften ausgestattet. Die Entwicklung des Rinderbestandes ist von 1995 zu 2007 stark rückläufig, Der Bestand an Milchkühen ist im Betrachtungszeitraum von 164.041 auf 116.467 gesunken, während der Bestand an Mutterkühen von 30.000 auf 38.052 angestiegen ist. Eine deutliche Abnahme im Bestand ist auch bei den Schafen zu verzeichnen. Trotzdem gehört Thüringen mit 27 Tieren/100ha LF nach wie vor zu den Regionen mit dem höchsten Schafbesatz in Deutschland. Tabelle 13: Entwicklung der Rassenvielfalt und Tierbestände der Nutztierarten in Thüringen Rassen (Anzahl) Tierbestand (Stück) Tierart 1990 2007 1995 2007 Milchrind 1 6 468.226 347.194 Fleischrind 1 18 Pferd 6 26 7.815 9.310 Schwein 7 7 659.700 775 600 Schaf 7 20 241.886 214.761 Ziege 3 8 2.732 13.281 Landwirtschaftliche Wildhaltung 3 5 741 4.598 (Wildwiederkäuer) Wirtschaftsgeflügel 8 8 3.607.000 4.983.000 Rassegeflügel 336 378 Kaninchen 54 234 41.649 84.217 Bei allen anderen Tierarten (Pferd, Schwein, Ziege, landwirtschaftliche Wildhaltung, Geflügel und Kaninchen) hat die jeweilige Tierzahl deutlich zugenommen. Das gilt insbesondere für 44 die Ziegen. Beispielhaft sind die erfolgreichen Bemühungen zum Erhalt der „Thüringer Wald Ziege“. Der Bestand dieser leistungs- und widerstandsfähigen heimischen Rasse hatte sich von 53.000 Tieren im Jahr 1935 auf 88 Zuchttiere im Jahr 1992 reduziert. Dank dem gemeinsamen Engagement Thüringer Züchter und der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen gelang es, die „Thüringer Waldziege“ zu erhalten. Mit Hilfe eines bundesweiten Modellprojektes wurde eine zentrale Zuchttierdatenbank geschaffen mit der die Anpaarungsberatung für eine länderübergreifende Erhaltungszucht optimiert werden konnte. Aktuell sind bundesweit 942 Zuchttiere erfasst. Die KULAP-Förderung der vom Aussterben bedrohten einheimischen Nutztierrassen (Rotes Höhenvieh, Rhönschaf, Leineschaf, Thüringer Wald Ziege, Schweres Warmblutpferd, Rheinisch-Deutsches Kaltblutpferd, Deutsches Sattelschwein) hat dazu beigetragen, dass der eingetragene Zuchttierbestand zugenommen hat (Tabelle 14). Tabelle 14: Entwicklung der Zuchttierbestände heimischer, vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen in Thüringen weibliche und männliche Zuchttiere (Stück) Nutztierasse Rotvieh, Zuchtrichtung Höhenvieh Rhönschaf Leineschaf, ursprünglicher Typ Thüringer Wald Ziege Schweres Warmblutpferd Sächsisch-Thüringisches Kaltblutpferd1) Deutsches Sattelschwein 1) 2000 92 872 582 256 324 152 60 2001 117 1.073 550 273 340 161 56 2002 121 1.841 548 283 362 178 43 2003 125 2.076 605 322 415 190 50 2004 133 2.145 599 311 406 187 54 2005 92 2.307 629 285 437 184 59 2006 101 2.149 647 270 439 187 62 Entwicklun g 2006 zu 2000 (%) 110 246 111 106 136 123 103 ab 2004 Rheinisch-Deutsches Kaltblut In der Förderperiode 2007-2013 wird zusätzlich zu diesen 7 Nutztierrassen die Zucht von Böcken der Rasse Merinolangwollschaf gefördert. Thüringen gehört mit 47,5 Großvieheinheiten je 100 ha LF im Jahr 2007 zu den Regionen mit dem niedrigsten Viehbesatz. 1.939 Imker hielten im Jahr 2006 insgesamt 15.868 Bienenvölker im Freistaat. Die Anzahl der gehaltenen Bienenvölker ist weiterhin leicht rückläufig. In der Kaninchenzucht sind 234 Rassen und Farbschläge in die Vereinszuchtbücher eingetragen. Die Tierzahl ist tendenziell steigend. Beim Rassegeflügel betreut das Zuchtbuch 83 Zuchten. - Vielfalt im Gartenbau Der Feldgemüseanbau erstreckt sich auf mehr als 25 Arten. Außerdem werden in Thüringen Erdbeeren, Tabak sowie weitere Gartenbaukulturen und Zierpflanzen mit einer großen Sortenvielfalt angebaut. Über 16 verschiedene, mehrjährige Sonderkulturen werden in Thüringen kultiviert, wozu Obstplantagen, Baumschulflächen und Rebflächen zählen. Darüber hinaus bereichern Hopfen, Färberwaid, Faserhanf und andere Handelsgewächse das Anbauspektrum in Thüringen. Thüringen ist ein traditionelles Anbaugebiet von Heil-, Duftund Gewürzpflanzen mit bundesweit bedeutsamen Anbauumfängen. Jährlich werden etwa 25 verschiedene Heil-, Duft- und Gewürzpflanzenarten angebaut, als Hauptkulturen Kamille, Pfefferminze, Melisse und Baldrian. 45 - Vielfalt der Landnutzungssysteme In Thüringen existieren verschiedene Landnutzungssysteme mit jeweils unterschiedlichster Bewirtschaftungsintensität. Seit Anfang der 1990er Jahre sind zur konventionellen Wirtschaftsweise im Ackerbau und Grünland die kontrolliert-integrierten Produktionsweise im Ackerbau, bei Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen, Obst, Hopfen und Feldgemüse sowie die gesamtbetriebliche Extensivierung des Grünlandes und die gesamtbetriebliche Umstellung auf den Ökologischen Landbau hinzugekommen. Neben dem Ökologischen Landbau werden im Rahmen des KULAP 2007 der Ackerbau mit artenreichen Fruchtfolgen und die Maßnahme Reduzierung des Stickstoffaustrages (Absenkung der betrieblichen Stickstoffsalden) als gesamtbetriebliche Nutzungssysteme gefördert. Erosionsschutzmaßnahmen, wie Zwischenfruchtanbau, Untersaaten sowie Mulch- und Direktsaat werden auf ausgewiesenen Ackerflächen angeboten. Darüber hinaus erfolgt auf Einzelflächen die Förderung spezieller Nutzungsformen Kurzumtriebsplantagen/Agroforstsysteme auf Ackerland und die Pflege halboffener Weidelandschaften bereichern die Vielfalt der Wirtschaftsweisen auf der LF Thüringens. Dementsprechend werden auf etwa einem Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche extensive und naturschutzkonforme Wirtschaftsweisen praktiziert. Dadurch blieben natürliche und kulturhistorisch begründete Landschaftsformationen, wie Steilhänge, Terrassenlandschaften, Wiesentäler, Hutelandschaften u.a. in beträchtlichem Umfang erhalten. Der Anteil der Ökofläche stieg im Zeitraum von 1993 bis 2008 kontinuierlich an und erreichte 2008 4,2% der LF Thüringens. Naturnahe Strukturelemente in der Agrarlandschaft, zum Beispiel Hecken, Baumreihen und Feldraine, dienen in besonderem Maße wildlebenden Tieren und Pflanzen als Lebens- und Rückzugsraum. Im Jahr 2006 wurden im Rahmen der Betriebsprämienregelung über 28.000 verschiedene Landschaftselemente mit einer Gesamtfläche von 2.131 ha von Landwirten ausgewiesen. Erhalt und Entwicklung der vorhandenen Strukturen sowie Erweiterung und Neuschaffung werden durch unterschiedliche Förderprogramme bezuschusst. 5.2 Biologische Vielfalt im besiedelten Bereich in Thüringen x Ausgangslage Der Freistaat Thüringen ist ein ländlich geprägtes Bundesland, in dem Dörfer und kleinere Städte dominieren. Die ländlichen Strukturen wurden in den vergangenen Jahrhunderten mehrfach verändert. In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts begann eine weitere Phase dörflicher Umgestaltung, in denen sich einerseits die Stadtflucht massiv verstärkte, andererseits besonders in der Nähe größerer Städte neue Wohngebiete in Dörfern entstanden und sich das Leben dort durch die neuen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen sehr schnell wandelte. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land verwischen zunehmend. Die vom Menschen selbst geschaffene Eigenart und Vielfalt der alten dörflichen Strukturen geht dabei unaufhaltsam verloren. Kaum bekannt ist, dass in diesen besiedelten Bereichen eine spezielle biologische Vielfalt an Pflanzen und Tierarten vorkommt, die dort teilweise auch wichtige Ersatzlebensräume gefunden haben. Dass die besiedelten Bereiche beim Verlust der weltweiten biologischen Vielfalt eine Rolle spielen, wurde bereits 1992 in der UN-Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) und im Rahmen der Lokalen Agenda 21 thematisiert und in den jeweiligen Vertragsstaaten- 46 konferenzen intensiv diskutiert. Allerdings wurden die Gefahren, die vom besiedelten Bereich auf die biologische Vielfalt ausgehen, im Allgemeinen nur unzureichend berücksichtigt. Im Mai 2008 trafen sich in der Landeshauptstadt Erfurt rund 400 Fachleute aus Wissenschaft, Planung und kommunaler Praxis aus fast 50 Ländern, um zum ersten Mal auf einer weltweiten Konferenz aktuelle wissenschaftliche und praktische Ansätze zur Umsetzung der Konvention über die biologische Vielfalt im besiedelten Bereich in Vorträgen und Posterpräsentationen vorzustellen, gemeinsam zu diskutieren und zu beurteilen. - Ziele und Bedeutung Im Zusammenhang mit den Zielen der Biodiversitätskonvention ist die biologische Vielfalt im besiedelten Bereich vor allem aus folgenden Gründen wichtig: urbane Ökosysteme haben eigenständige und charakteristische Eigenschaften, Städte und Dörfer sind wichtige Zentren der Evolution und Anpassung, besiedelte Bereiche sind vielschichtige „Hotspots“ und Schmelztiegel regionaler Biodiversität, biologische Vielfalt im urbanen Bereich leistet einen signifikanten Beitrag zur Lebensqualität einer zunehmend durch Städte geprägten globalen Gesellschaft und biologische Vielfalt im urbanen Bereich ist die einzige Biodiversität, mit der viele Menschen täglich Kontakt haben. Biologische Vielfalt und Naturerfahrung im urbanen Bereich kann deshalb der Schlüssel zum Erhalt der globalen Biodiversität sein, weil Menschen sich nur dann für die biologische Vielfalt engagieren, wenn sie direkten Kontakt dazu haben. Da in Thüringen die ländlichen Regionen mit zahlreichen Dörfern und ihren Dorfbiotopen überwiegen, soll ihre Bedeutung für die biologische Vielfalt besonders hervorgehoben werden: x Dorfbiotope in Thüringen Dorfbiotope und Ihre charakteristischen Arten gehörten bis etwa 1950 zum selbstverständlichen Erscheinungsbild der Dörfer. Von da ab vollzog sich mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft auch eine Änderung in der Zusammensetzung der Arten in den Dörfern. Dennoch wiesen die thüringischen Dörfer Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Vergleich zu vielen Gemeinden in den alten Bundesländern noch bemerkenswert zahlreiche und vielfältige Dorfbiotope mit der ihnen eigenen Flora und Fauna auf. Als charakteristische dörfliche Lebensräume und Pflanzenarten können beispielhaft genannt werden: - Ländliche Wege, Gehwege, Dorfstraßen und -gassen Im ländlichen Raum gibt es auch heute noch ländliche Wege, die, wie in der Vergangenheit üblich, aus verfestigtem Sand oder Lehm bestehen. Mitunter waren und sind Wege in der Feldflur sowie innerörtliche Straßen, Wege und Gassen mit Natursteinen gepflastert. Wo diese Flächen weniger häufig genutzt wurden, siedelten sich verschiedene, an so extreme Standortbedingungen angepasste Trittpflanzen an. Im Grenzbereich zwischen Fuß- und Fahrwegen und den sich anschließenden Hauswänden mit Garteneinfriedungen sammelten sich in der Vergangenheit durch den Kot von Pferden, Schweinen, Schafen, Ziegen oder Hühnern, die entweder auf dem Hof gehalten oder durch die Gassen getrieben wurden, 47 Nährstoffe an. Sie förderten damit regelmäßig die Ansiedlung zahlreicher stickstoffliebender Arten. Natursteinmauern Alte, vegetationsreiche Mauern prägten früher in besonderem Maße das Ortsbild. Die je nach Sonneneinstrahlung unterschiedlichen kleinklimatischen Bedingungen und verschiedenen Nährstoffverhältnisse auf und an der Mauer bedingen ein unterschiedliches Artenspektrum. Dorfgärten In diesen Dorfgärten findet man eine bunte Mischung aus Gemüsebeeten, Beerensträuchern, Obstbäumen, Kräutern, Stauden und Sommerblumen, die der Wuchsort zahlreicher Wildkraut-Gesellschaften sind, die zu ihrem Gedeihen auf die regelmäßige Bodenbearbeitung durch den Menschen angewiesen sind. Anlagen für das Vieh Wichtige Lebensräume für stickstoffliebende Arten sind überall dort anzutreffen, wo Vieh gehalten wurde, das den Boden durch seinen Kot mit Nährstoffen anreicherte. Außerdem wurde durch den Viehtrieb die Verbreitung zahlreicher Arten gefördert, da sie sich im Fell oder zwischen den Klauen und Hufen festsetzten und an anderer Stelle wieder zufällig abfielen. - Dorffriedhöfe, Streuobstwiesen, Gehölze und Dorfteiche und -bäche In diesen Biotoptypen findet sich eine Vielzahl verschiedener Biotopstrukturen und sie sind aufgrund ihrer im Allgemeinen extensiven Pflege als Lebensraum für zahlreiche Arten von Bedeutung. x Gefährdung der Dorfbiotope Obwohl die Situation der Dorfbiotope und ihrer typischen Arten in Thüringen im Vergleich zu den alten Bundesländern in den 90er Jahren noch allgemein als gut bezeichnet werden konnte, ist seit der Wiedervereinigung ein starker Wandel im Erscheinungsbild der Dörfer erkennbar. Zahlreiche Arten, die an diese Lebensräume gebunden waren, sind dadurch zunehmend gefährdet. Als Gründe für den Rückgang dieser Lebensräume können genannt werden: Intensivierung und Technisierung der Landwirtschaft, Bautätigkeit an den Ortsrändern und damit im ökologisch wertvollen Übergangsbereich zwischen Dorf und Landschaft, wodurch z. B. viele Streuobstwiesen beseitigt wurden, Versiegelung von Hofflächen, Gehwegen, Dorfstraßen und Dorfplätzen, Schaffung neuer Verkehrsflächen, Gestaltung von Grünflächen nach städtischen Vorbildern (geschnittene Rasenflächen und Anpflanzung nichtheimischer Ziersträucher und Bäume), Abriss, Sanierung und Säuberung alter Natursteinmauern, Ausbau und Verrohrung von Bächen und Gräben, Verfüllung von Dorfteichen, Aufgabe der Gartennutzung für den Gemüse- und Obstanbau und Umgestaltung zu Ziergärten, Umgestaltung von Dorffriedhöfen, 48 Verwendung von Herbiziden und mechanische Beseitigung von Wildkräutern an Wegen und Plätzen und übertriebene Säuberungsaktionen. x Projekte und Maßnahmen bis 2008 In Thüringen wurden in den vergangenen 15 Jahren eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, die den Verlust an biologischer Vielfalt in den Dörfern und Städten des Landes reduzieren halfen. Darunter sind zu nennen: Dorfbiotopkartierung in Thüringen Bereits 1993 entstand in der Naturparkverwaltung „Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale“ im Zusammenwirken mit dem „Zentrum für Thüringer Landeskultur“ die Idee einer ökologischen Kartierung von Dörfern. Im September 1994 fand das Thema durch die 15. Jahrestagung „Biotopkartierung im besiedelten Bereich“ in Erfurt verstärkte Beachtung. Im Frühjahr 1995 rief das TMLNU das landesweite Projekt der Dorfbiotopkartierung ins Leben und übernahm auch die Finanzierung der nicht anderweitig gedeckten Kosten. Die im Jahr 2003 vorgelegte Bestandsaufnahme der Dorfbiotopkartierung zeigte, dass die Dörfer Thüringens noch eine Vielzahl wertvoller Lebensräume beherbergen. Diese Lebensräume sind es, die zusammen mit der Bauweise der Gebäude und den verwendeten Baumaterialien landestypisch sind und den Thüringer Dörfern ihr eigenes Gesicht verleihen. Die Dorfbiotopkartierung ist eine Momentaufnahme, die den kommunalen Entscheidungsträgern helfen soll, die ökologischen und kulturhistorischen Gegebenheiten zu erkennen und bei allen zukünftigen Maßnahmen darauf zu achten, dass die damit verbundene biologische Vielfalt erhalten bleibt. Bei zahlreichen Dörfern haben die Ergebnisse der Dorfbiotopkartierung geholfen, Aktionsprogramme der Lokalen Agenda 21 zu entwickeln. Thüringen ist bisher das einzige Bundesland, das eine solche Dorfbiotopkartierung durchgeführt hat. Dorferneuerung in Thüringen Seit 1991 hat das Thüringer Dorferneuerungsprogramm dazu beigetragen, den Dörfern ihre regionale Eigenart zu bewahren und zu gestalten und damit einen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu leisten. Mit der Dorferneuerungsförderung war von Anbeginn die Möglichkeit gegeben, Vorhaben zu unterstützen, die dorf- und standortgerechte Grünlösungen zum Ziel hatten. Mit diesem Förderprogramm wurde die Erhaltung und Wiederherstellung naturnah gestalteter Straßen, Wege und Plätze genauso gefördert, wie der Erhalt und die Pflanzung von Laubbäumen oder die naturnahe Erhaltung und Gestaltung von Freiflächen, Gärten, Einfriedungen und Gewässern. - Zustand und Erhaltung der Alleen Im Auftrag der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald wurde eine Studie in Auftrag gegeben, um die Änderungen des Zustandes der Alleen in Thüringen zwischen 1995/96 und 2005/06 zu ermitteln. Dabei wurde festgestellt, dass: x Die Anzahl der Alleen insgesamt rückläufig ist (Verringerung um 12% u. a. wegen Straßenbaumaßnahmen und verkehrstechnischen Gründen). x Die Anzahl der typischen Alleen mit zweireihigem Baumbestand drastisch gesunken ist. x Die Zahl der Alleen mit noch vollständigem Baumbestand ist um über 70% zurückgegangen. 49 x x Nur noch 17% der Alleen in Thüringen zeigen den charakteristischen Kronenschluss über der Fahrbahn. 75 % aller Alleen weisen Beschädigungen auf. - Aktion Fledermausfreundlich In der „Aktion Fledermausfreundlich“, die von der Koordinationsstelle für Fledermausschutz seit dem 07.05.1999 betreut wird, hat der Freistaat Thüringen Bürgerinnen und Bürger mit einer Plakette ausgezeichnet, die sich bereit erklärten, Fledermausquartiere zu erhalten oder neu zu schaffen. An deutlich sichtbarer Stelle am Haus angebracht, soll die Plakette auf den sonst nicht sichtbaren Beitrag zum Artenschutz hinweisen. Im Schnitt wurden pro Woche zwei Plaketten, oft im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung, vergeben. 938 vergebene Plaketten bezeugen das rege Interesse der Thüringer an den Belangen des Fledermausschutzes. Rege ist auch das Interesse an der Aktion im übrigen Bundesgebiet. Mittlerweile gibt es in zehn Bundesländern und drei europäischen Nachbarländern ähnliche Aktionen, zu denen Thüringen jeweils organisatorische Starthilfe geleistet hat. 5.3 Biologische Vielfalt der Wälder x Ausgangslage Thüringen ist von Natur aus ein Waldland. Ohne menschliche Einflussnahme würde unter den herrschenden standörtlichen Bedingungen Wald nahezu das gesamte Land bedecken. Im Zuge der Besiedlung sind die ursprünglichen Wälder zurückgedrängt und die verbliebenen Waldungen nach den gesellschaftlichen Anforderungen mehr oder weniger stark umgestaltet worden. Gegenwärtig nimmt die Waldfläche in Thüringen rund 547.000 ha ein. Dies entspricht bei einer Landesfläche von rund 1.617.000 ha einem Waldanteil von 34 %. Der Waldanteil schwankt dabei regional sehr stark: während Gemarkungen in den Mittelgebirgen Waldanteile bis zu 80 % aufweisen, sinkt das Bewaldungsprozent in den landwirtschaftlichen Gunstlagen insbesondere des Thüringer Beckens und im Altenburger Land teilweise unter 5 %. Die ursprüngliche Dominanz des Laubmischwaldes ist vielerorts nicht mehr gegeben. Insbesondere infolge der forstlichen Rekultivierung verödeter und devastierter Flächen sowie der mit dem Rückzug der Landwirtschaft aus dem Wald und der Industriealisierung verbundenen Orientierung auf Nutzholzgewinnung seit dem 19. Jahrhundert werden die Wälder in Thüringen heute maßgeblich durch Fichten und Kiefern geprägt. Der Anteil der Buchen, Eichen und anderer Laubbaumarten ist im Zuge dieser Entwicklung bis Anfang der 1990er Jahre auf unter 1/3 gesunken. Trotz dieser strukturellen Veränderungen infolge Jahrhunderte langer menschlicher Einflussnahme sind die Wälder in Thüringen ein vergleichsweise naturnaher Lebensraum und deshalb Rückzugsgebiet für viele wildlebende Arten geblieben. Diese hohe Bedeutung für die biologische Vielfalt kommt in dem überproportional hohen Anteil von Waldflächen in der naturschutzrechtlichen Schutzgebietskulisse zum Ausdruck. x Ziele Für die Waldbewirtschaftung haben sich seit 1990 gravierende Veränderungen ergeben. Nach der fast flächendeckenden staatlichen Bewirtschaftung der Wälder bis dahin fand die Rückübertragung des Waldeigentums an die vormaligen Besitzer bzw. deren Rechtsnachfolger statt. Im Ergebnis dieses bis heute noch nicht vollständig abgeschlossenen Prozesses stehen heute eine Vielzahl von Eigentümern (siehe Abbildung 6) mit ganz unterschiedlichen 50 Eigentümerzielsetzungen in der Verantwortung, die im Thüringer Waldgesetz von 1993 niedergelegten Ziele und Vorgaben einer die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen nachhaltig gewährleistenden ordnungsgemäßen Forstwirtschaft umzusetzen. Abbildung 6: Waldeigentumsverteilung im Freistaat Thüringen, Quelle: Forstbericht 2008 Das Thüringer Waldgesetz betont die Gleichrangigkeit der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen (Multifunktionalität des Waldes) und deren Erfüllung auf der gleichen Fläche als zentrale Vorgabe für eine nachhaltige naturverträgliche Waldbewirtschaftung. Dies schließt örtlich wechselnde Vorrangfunktionen nicht aus, tritt aber einer generellen flächenmäßigen Trennung der Waldfunktionen entgegen. Im Rahmen der Schutzfunktionen des Waldes nimmt die biologische Vielfalt eine besondere Stellung ein. So haben die Waldbesitzer u. a. die Pflicht, eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt zu erhalten bzw. zu entwickeln sowie standortgerechte Baumarten und herkunftsgerechtes Saat- und Pflanzgut bei Erhaltung der genetischen Vielfalt zu verwenden. Unter Einbeziehung naturschutzrechtlicher Vorgaben ist dabei ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen sicherzustellen. Bei der Verfolgung dieser gesellschaftlichen Ziele werden die Waldbesitzer durch die Landesforstverwaltung unterstützt und gefördert. x Projekte und Maßnahmen Im Anhalt an die Bund-Länder-Strategie zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt in den Wäldern Deutschlands (BMELF, 2000) ergeben sich folgende Handlungsfelder: - Erfassung und Überwachung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt Mittels umfangreicher Fachverfahren werden Inventuren über naturschutzrelevante Strukturen im Wald durchgeführt (Waldbiotopkartierung, Meldungen zur NATURA 2000-Gebietskulisse, Erhebung seltener Baumarten), besondere Schutzfunktionen räumlich dargestellt 51 (Waldfunktionenkartierung) und die Ergebnisse als Grundlage für die Beurteilung des Zustandes der Biodiversität im Wald und eines im Kontext der Multifunktionalität naturschutzfachlichen Anforderungen gerecht werdenden Managements genutzt. - - Erfassung und Regelung nachteiliger externer Einwirkungen Die von außen auf die Ökosysteme Wald nachteilig einwirkenden biotischen und abiotischen Faktoren werden erfasst und ausgewertet (Waldzustandserfassung, Bodenzustandserfassung, Waldmessstationen, Klimawandelauswertungen) sowie im forstlichen Wirkungskreis nach Kräften vermindert. Eine lange Tradition haben hierbei die Bodenschutzkalkungen zur Kompensation der durch Schadstoffeinträge bedingten Versauerungen von Boden und Wasser und den damit einhergehenden Änderungen der Lebensgemeinschaften. Hinsichtlich des nachweisbaren Wandel des Klimas werden die Potentiale des Waldes als Kohlenstoffsenke, aber auch die erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Anpassungsfähigkeit der Wälder an sich ändernde Wuchs- und Konkurrenzbedingungen entwickelt. Der anhaltenden Inanspruchnahme von Waldflächen für Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrswegeflächen bzw. Zerschneidungseffekten werden gesetzliche und fachplanerische Instrumente (Forstliche Rahmenplanung, Waldmehrungskonzeption, Kompensationsflächenpools) gegenübergestellt. - Erhaltung und Nutzung der biologischen Vielfalt durch nachhaltige Bewirtschaftung sowie ergänzender Strategien und Konzepte Im Sinne des integrierten multifunktionalen Ansatzes nimmt die Entwicklung und Umsetzung naturnaher Waldbaukonzepte eine Schlüsselrolle für den Schutz der biologischen Vielfalt im Wald auf der gesamten Fläche ein. Das hierbei kennzeichnende gezielte Einbeziehen natürlicher Abläufe und Selbstregulierungsprozesse fördert sowohl unmittelbar wie mittelbar komplexe ökologische Strukturen. Die naturnahe Waldbewirtschaftung setzt insbesondere auf Naturverjüngung, Waldumbau von nicht hinreichend standortsgemäßen, wenig strukturierten Reinbeständen, Kahlschlagsverzicht, Belassen von Alters-/Zerfallsphasen, natur- und landschaftsschonende Walderschließung und boden-/bestandespfleglichen Forstmaschineneinsatz sowie integrierten Waldschutz. Daneben werden spezielle Prozessschutzflächen unterhalten und insbesondere zur Beobachtung natürlicher Dynamik genutzt (z. B. Naturwaldparzellenkonzept). Projektbezogene Konzepte zur Sicherung und Förderung von ausgewählten Lebensräumen und Arten, wie z. B. zur Renaturierung von Waldmooren und von Waldfließgewässern, zur Entwicklung lichter Waldstrukturen, zur Unterstützung seltener Tierarten (z. B. Raufußhühner, Feuersalamander, Kreuzotter) und Pflanzenarten (z. B. Tanne, Eibe, Wildobst, Kleinarten der Breitblättrigen Mehlbeere, Schwarzpappel, Frauenschuh) sind direkt auf den Schutz der biologischen Vielfalt gerichtet. Zur Unterstützung autochthoner Arten und Rassen bei Bäumen und Sträuchern werden in-situ- und ex-situ-Genressourcen-Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt (Zulassung von Saatgutbeständen, Anlage von Generhaltungssamenplantagen). - Entwicklung von Anreizmaßnahmen/Förderinstrumente Bereits seit 1993 bestehen im Rahmen der von EU, Bund und Freistaat gemeinsam getragenen Förderung von forstwirtschaftlichen Maßnahmen nach dem Bundesgesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ finanzielle Anreize für Maßnahmen zur Umstellung auf naturnahe Waldwirtschaft, insbesondere durch langfristige Überführung von Reinbeständen in Mischbestände. 2006 wurde darüber hinaus mit dem Programmteil „Förderung der Umsetzung besonderer Anforderungen des Naturschutzes bei der Waldbewirtschaftung im Privat- und Körperschaftswald“ ein spezielles Vertragsnatur- 52 schutzkonzept für den Wald aufgenommen. Dieses Konzept schafft Anreize für gezielte Maßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung von Waldlebensräumen und Habitaten. Die Förderung hat sich bewährt und ist daher auch Bestandteil der „Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen“ 2007-2013 (FILET). x Bilanz - Waldbiotopkartierung Die Waldbiotopkartierung stellt eine zur Beurteilung der Biodiversität im Wald und sich daraus ergebender Konsequenzen für die Waldbewirtschaftung grundlegende Erfassung dar. Sie wurde im Erstdurchgang 1993 bis 2005 eigentumsübergreifend als Gemeinschaftsprojekt der Forst- und Naturschutzverwaltung durchgeführt. Im Ergebnis wurden rund 277.000 Biotope erfasst. Besonders geschützte Biotope nach § 18 ThürNatG kommen danach auf ca. 2,6 % der Waldfläche in Thüringen vor. Bezogen auf die Potentielle Natürliche Vegetation kann etwa die Hälfte aller Waldbiotope der Kategorie „naturbestimmt“ zugeordnet werden. Dieses Ergebnis ist durch die Zweite Bundeswaldinventur 2002 (kurz BWI II) gestützt worden. - NATURA 2000 Im Zuge der Meldungen zur NATURA 2000-Gebietskulisse, die hinsichtlich der Waldlebensraumtypen maßgeblich auf Waldbiotopkartierungsergebnissen aufbaute, zeigte sich, dass mit 174.505 ha (rund 2/3) der größte Teil der Flächen in den Natura 2000-Gebieten (siehe Kap. 4.2) mit Wald bestockt ist. Knapp 50 % der Waldfläche in den FFH-Gebieten sind als Waldlebensraumtypen gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie erfasst. Dabei dominieren die Buchenwald-Lebensräume (rund 84 %) eindeutig. Dieses Ergebnis unterstreicht den naturschutzfachlichen Wert der Wälder insgesamt und gerade der heimischen Buchenwälder für den Erhalt der Arten- und Lebensraumvielfalt in Thüringen. Es belegt aber auch eine anerkennenswerte über Generationen hinweg praktizierte, verantwortungsbewusste Pflege und Nutzung der Wälder durch die verschiedenen Waldbesitzer. - Waldfunktionenkartierung Mit der eigentumsübergreifenden digital vorliegenden Waldfunktionenkartierung von 2001 und ihrer Aktualisierung von 2006 (siehe Abbildung 7) wurden auf ca. 95 % der Gesamtwaldfläche Thüringens besondere Waldfunktionen festgestellt. Besondere Schutzfunktionen leisten danach 85 % der Gesamtwaldfläche, besondere Nutzfunktionen 45 % und besondere Erholungsfunktionen 33 %. Hieraus wird ersichtlich, dass die Ansprüche an die Waldflächen umfangreich und vielfältig sind. Bei Überlagerungen verschiedener besonderer Waldfunktionen gilt es im Sinne des Integrationsansatzes auf Grundlage forstlichen Sachverstandes akzeptierte Kompromisslösungen für die weitere forstliche Pflege abzuleiten. 53 Abbildung 7: Beispielhafte Darstellung der flächendeckend digital vorliegenden Waldfunktionenkartierung (Jonastal bei Arnstadt) - Erhebung seltener Baumarten Seit 1992 finden durch die Forstverwaltung Inventuren seltener Baumarten statt, um lagegerechte Informationen für besondere Schutz- und Fördermaßnahmen zu gewinnen. Neben den äußerst selten vorkommenden Baumarten Wildapfel (96 Stck.), Wildbirne (123 Stck.) und Speierling (100 Stck.), allesamt in der Roten Liste Thüringens als gefährdet geführt, konnte auch ein erfreulicher Bestand von rund 32.000 Eiben (besonders geschützte Art nach Bundesartenschutzverordnung) erfasst werden (Angaben gemäß aktueller Bestandsübersichten der TLWJF). Ein besonderes Augenmerk liegt auf den 7 endemischen Kleinarten der Breitblättrigen Mehlbeere (Rote Liste Thüringen: extrem selten) sowie der Weißtanne (Rote Liste Thüringen: gefährdet) als ursprünglich in den Bergmischwäldern des Thüringer Waldes und Schiefergebirges verbreitete Mischbaumart, die für den naturnahen Waldbau und den Waldumbau eine wichtige Rolle spielt. 1993 betrug der Bestand in Thüringen rund 233.000 Weißtannen. Durch umfangreiche Voranbaumaßnahmen in den 1990er Jahren konnte die Anteilsfläche der Weißtanne bis zur BWI II bereits verdreifacht werden. - Erfassung und Regelung nachteiliger externer Einwirkungen Anthropogen verursachte Stoffeinträge, forstliche Schädlinge (z. B. Borkenkäfer), Wildschäden, Witterungsextreme sowie klimatische Veränderungen stellen hinsichtlich ihrer komplexen Wirkungsweise eine ernste Gefahr für die Wälder und deren Lebensraumfunktionen dar. Zwar konnte anhand der seit 1991 jährlich stattfindenden Waldschadenserhebungen bis 2003 eine kontinuierliche Verbesserung des Kronenzustandes der Waldbäume festgestellt werden, seitdem stagniert die Schadsituation jedoch auf einem nach wie vor bedenklichen Niveau: 2008 zeigten noch immer 34 % der aufgenommenen Bäume deutliche Schadanzeichen. Forstlicherseits wird durch naturnahe Waldbewirtschaftung und Waldumbaumaßnahmen (siehe unten) sowie Bodenschutzkalkungen versucht, die Stabilität der Waldökosysteme und damit die Widerstandskraft und das Anpassungsvermögen der Waldbäume an sich ändernde standörtliche Bedingungen zu verbessern. Um unerwünschte 54 Effekte der Bodenschutzkalkung auf die biologische Vielfalt zu vermeiden, bestehen strenge Restriktionen hinsichtlich der Auswahl zu kalkender Waldflächen. - Waldmehrung Das Thüringer Waldgesetz betont neben dem Walderhalt auch das Ziel der Waldmehrung. Neben vielfältigen positiven Wirkungen von Waldneuanlagen auf die Schutzgüter, Boden, Wasser und örtliches Klima kann die Waldmehrung einen wichtigen Beitrag für die Vernetzung von Lebensräumen und damit für die Förderung der biologischen Vielfalt leisten. Gemäß der forstlichen Rahmenplanung, welche die Zielstellungen des Thüringer Waldgesetzes räumlich umsetzt, soll die Waldmehrung unter Beachtung agrarstruktureller, landeskultureller, landschaftspflegerischer und naturschutzfachlicher Belange insbesondere auf Gebiete mit unterdurchschnittlichem Waldanteil gelenkt werden. Besondere Bedeutung haben dabei waldarme Gebiete mit Waldanteilen in den Gemarkungen unter 15 %, Sanierungsgebiete des Bergbaus und ehemalige militärisch genutzte Bereiche. In die noch laufenden Abstimmungen zur Aktualisierung der Regionalpläne sind von den regionalen Planungsgemeinschaften rund 240 Flächenvorschläge (ca. 7.500 ha) für Vorrang-/Vorbehaltsgebiete Waldmehrung aufgenommen worden. Bei der Gegenüberstellung von Waldflächenabgängen und Waldflächenzugängen durch Erstaufforstungen zeigt sich eine positive Bilanz: So hat sich die Waldfläche im Zeitraum von 1992 bis 2006 um ca. 2.800 ha erhöht. - Naturnahe Waldbewirtschaftung Auf Grundlage gesetzlicher Vorgaben (insbesondere Grundsätze ordnungsgemäßer Forstwirtschaft, Vorbildlichkeit der Staatswaldbewirtschaftung) gestützt durch fachliche Beratung und Betreuung der Waldbesitzer durch die Landesforstverwaltung, finanzieller Anreize im Rahmen des forstlichen Förderwesens sowie der Etablierung freiwilliger Selbstverpflichtungen im Zusammenhang mit der Zertifizierung nachhaltiger Waldbewirtschaftung ist die Umstellung der Waldbewirtschaftung seit Beginn der 1990er Jahre auf naturnahe Konzepte gut vorangekommen. Die Nutzung der biologischen Automation ist gerade bei der Walderneuerung binnen weniger Jahre zum allgemeinen Standard geworden. Inzwischen ist mit einem Anteil von rund 90 % Naturverjüngung (BWI II), die besonders die genetische Vielfalt begünstigt, ein Stand erreicht, der angesichts notwendiger Waldumbaumaßnahmen nicht mehr gesteigert werden kann. Die auf standortsgemäße strukturelle Vielfalt der Waldbestände setzenden „modernen“ Pflege-, Durchforstungs- und Verjüngungsmaßnahmen haben sich ebenfalls gegenüber traditionellen Reinbestandskonzepten durchgesetzt. Nach den Ergebnissen der BWI II sind auf etwa 71 % der Waldfläche im Freistaat Mischwälder anzutreffen, rund ¼ der Wälder weisen bereits eine Mehrschichtigkeit auf und befinden sich damit auf gutem Wege in Richtung stabilerer dauerwaldartiger Bestockungsverhältnisse. Eine etablierte neue Bestandesgeneration unter dem Schirm der Altbäume – wichtig für die Risikominimierung – wurde bei der BWI II auf 16 % der Waldfläche festgestellt, womit Thüringen bereits den Bundesdurchschnitt erreicht hat. Angesichts der zunehmenden Gefährdungen gerade der Nadelwald-Reinbestände (siehe oben) wird der Ausbau der Vorausverjüngung mit Schatten ertragenden Baumarten (v. a. Buche, Tanne) zukünftig ein wichtiges Element der naturnahen Waldbewirtschaftung sein. Hinsichtlich der naturschutzfachlich bedeutsamen Elemente der Alters- und Zerfallsphase weisen die Wälder in Thüringen gemäß den Ergebnissen der BWI II mit 17,8 fm/ha die bundesweit zweithöchsten durchschnittlichen Totholzvorräte auf (Bundesdurchschnitt: 11,5 fm/ha). Hier wird zukünftig auf die qualitative Ausformung verstärkter Wert zu legen sein. 55 - Waldumbau Von Natur aus weitgehend laubbaumdominiert, prägen heute Nadelbaumarten Thüringens Wälder. Neben Biodiversitätsverlusten hat diese Entwicklung auch zu einer Verringerung der Stabilität und Elastizität der Wald-Ökosysteme geführt. Die durch Wind, Schnee und Insekten sowie durch Immissionen verursachten Waldschäden (siehe oben) zeigen nur zu deutlich, dass die Einbeziehung ökologischer Gesetzmäßigkeiten in die forstliche Bewirtschaftung existenziell für den Erhalt funktionengerecht leistungsfähiger Wälder ist. Aus diesem Grund kommt dem Waldumbau hin zu naturnäheren Waldstrukturen in Thüringen eine besondere Rolle zu. Waldumbau ist als forstliche Daueraufgabe bereits seit 1994 Bestandteil der Waldbaukonzeption der Thüringer Landesforstverwaltung. Waldeigentümer und Landesforstverwaltung sind per Gesetz angehalten und im eigenen Interesse bestrebt, die Wälder auf Grundlage des erreichten forstlichen Wissens- und Erfahrungsschatzes zu anpassungs- und leistungsfähigen Waldbeständen zu entwickeln. Abbildung 8: Prozentuale Veränderung der Hauptbaumartenanteile im Zeitraum von 19932002 (Quellen: Datenspeicher Wald, Stichtag 01.01.1993, ohne Bundeswald; Forstbericht 2007) Die hierfür notwendigen Aufwendungen für den Waldumbau wurden in Thüringen u. a. durch den Einsatz der forstlichen Förderung umfangreich flankiert. So konnte zwischen 1993 und 2002 (BWI II) der Anteil heimischer Laubbaumarten bereits um über 7 % auf 38 % erhöht werden (siehe Abbildung 8). Langfristig soll der Laubbaumanteil insbesondere vor dem Hintergrund der klimatischen Veränderungen noch deutlich steigen. - Naturwaldparzellenkonzeption Besondere naturschutzfachliche Bedeutung haben die Naturwaldparzellen. Dabei handelt es sich um geschützte Waldgebiete nach § 9 ThürWaldG, die durch gänzliche Herausnahme aus der Waldbewirtschaftung neben dem Schutz der unbeeinflussten Entwicklung der vorhandenen Waldökosysteme insbesondere der natur- und forstwissenschaftlichen Forschung dienen. Gemäß Naturwaldparzellenkonzeption hat die Landesforstverwaltung ein Netz von Gebieten aufgebaut und inventarisiert, in dem alle großflächig typischen Waldstandorte Thüringens exemplarisch vertreten sind. Derzeit sind fünf Naturwaldparzellen per Verord- 56 nung und zwei durch das Nationalparkgesetz geschützt. Weitere 14 Flächen sind bis zu ihrer endgültigen Ausweisung per Erlass gesichert. - Projekte zur Sicherung bzw. Förderung von Lebensräumen Anstrengungen zum Erhalt der Biodiversität in Waldlebensräumen wurden in den letzten Jahren verstärkt für Maßnahmen auf Sonderstandorten unternommen. Beispiele hierfür sind Maßnahmen zur Renaturierung von Hochmooren und Fließgewässerbereichen. Im Thüringer Wald und im Westlichen Schiefergebirge sind über 450 rezente Moorbildungen (Torflager) bekannt. Moore haben herausragende naturschutzfachliche Bedeutung. Naturnahe, lebende Hochmoore zählen zu den prioritären Lebensräumen nach Anhang I der FFH-Richtlinie und sind besonders geschützte Biotope nach § 18 ThürNatG. Die größten und bedeutendsten Hochmoore sind als Naturschutzgebiete unter besonderen Schutz gestellt. Auf der Grundlage eingehender Untersuchungen werden seit 2000 Erhaltungs- und Entwicklungsvorhaben von Hochmooren im Bereich des Thüringer Waldes und des Schiefergebirges auf der Grundlage einer von der Landesforstverwaltung gemeinsam mit der Naturschutzverwaltung erarbeiteten Konzeption durchgeführt. Seit 2007 laufende umfangreiche Effizienzuntersuchungen zeigen, dass das Wachstum der für die Moorneubildung wichtigen Torfmoose deutlich verbessert werden konnte. Bereits 1993 wurde durch die Landesforstverwaltung ein Waldfließgewässerprogramm mit Modellvorhaben in einigen Forstämtern initiiert und späterhin ein Leitfaden für die Praxis zur Ökologie und zum Schutz der Waldfließgewässer herausgegeben. Im Zuge eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten mehrjährigen Kooperationsprojektes zwischen Naturschutzverwaltung, Landesforstverwaltung und Wasserwirtschaftsverwaltung (2002 – 2007) wurden weitere gezielte Behandlungshinweise zur Pflege von Waldbachtälern unter dem besonderen Aspekt des Feuersalamanders als Leitart im Lebensraum „Quellbachbereich“ entwickelt. - Projekte zur Sicherung bzw. Förderung von Arten Hinsichtlich des Artenschutzes sollen die Aktivitäten zum Schutz der Eibe, des Auerhuhns und des Frauenschuhs exemplarisch dargestellt werden. Thüringen ist eines der eibenreichsten deutschen Bundesländer. In Verantwortung dieses besonderen Naturerbes widmet sich die Landesforstverwaltung seit Jahren dieser heimischen Baumart, um ihr mittels in-situ- und ex-situ-Maßnahmen einen Platz in geeigneten Waldgesellschaften zu sichern. Aufgrund ihrer hervorragenden Qualität und überregionalen Bedeutung wurden durch die Deutsche Kontrollvereinigung–Gütegemeinschaft für forstliches Vermehrungsgut e.V. zwei Eiben-Kontrollzeichenherkünfte („Ibengarten“ und „Eichsfeld“) ausgewiesen. Der von Naturschutz- und Forstverwaltung gemeinsam getragene Auerhuhnschutz umfasst Maßnahmen der Biotop- und Habitatgestaltung, der Bestandesstützung durch Auswilderung von Wildfängen aus Russland (140 Individuen) und gezüchteten Vögeln aus landeseigener Zucht sowie das Auerhuhnmonitoring. Derzeit wird von einem Bestand von etwa 40 bis 50 adulten Tieren im Bereich der Thüringer Auerwildgebiete ausgegangen. Thüringen verfügt über zahlreiche Orchideenvorkommen mit zum Teil europäischer Bedeutung. Besondere Anstrengungen zum Schutz und zur Förderung werden seit Jahren in enger Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis heimischer Orchideen e.V. für den Frauenschuh durchgeführt. Dies umfasst die Erarbeitung spezifischer Schutzkonzepte, den Einsatz von 57 Beschäftigten der Landesforstverwaltung bei artgerechten Pflegemaßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit. - Entwicklung von Anreizmaßnahmen/Förderinstrumente Die finanzielle Förderung im Privat- und Körperschaftswald setzt an vorhandenen strukturellen Defiziten an und verfolgt in Thüringen folgende Ziele und Strategien: • eine nachhaltige, leistungs- und wettbewerbsfähige, marktorientierte und umweltverträgliche Forstwirtschaft zu entwickeln, • die regionale und kommunale Entwicklung zu fördern und • die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Insgesamt wurden im Zeitraum 1991 bis 2006 Fördermittel in Höhe von 171,6 Mio. € ausgereicht. Das entspricht einem jährlichen Durchschnitt von 49 € pro Hektar Privat- und 36 € pro Hektar Körperschaftswald. Forstpolitisch genießt die Förderung von Erstaufforstungen bisher nicht forstwirtschaftlich genutzter Flächen einen besonderen Stellenwert. Im Zeitraum 1992 bis 2006 wurden für insgesamt 3.093 Hektar Erstaufforstungsfläche investive Fördermittel in Höhe von 20,8 Mio. € ausgereicht. Im Rahmen der „Förderung der Umsetzung besonderer Anforderungen des Naturschutzes bei der Waldbewirtschaftung im Privat- und Körperschaftswald“ kamen bislang insgesamt rund 350.000 € zur Sicherung von 5.243 Habitatbäumen im Kommunal- und Privatwald zur Auszahlung. Die hiermit geförderten Bäume wurden markiert und verbleiben bis zu ihrem natürlichen Zerfall auf der Fläche 5.4 Biologische Vielfalt der Gewässer x Ausgangslage Die Zielstellungen der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ decken sich sowohl methodisch als auch inhaltlich in vieler Hinsicht mit wichtigen wasserwirtschaftlichen Zielstellungen. An dieser Stelle sind vor allem die gemeinschaftlichen Richtlinien wie die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und die EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (HWRM-RL) zu erwähnen. x Ziele Übergreifend wurden und werden für die Thüringer Gewässer folgende wasserwirtschaftliche Haupthandlungsfelder für die Erhaltung und Verbesserung der biologischen Vielfalt gesehen: x die weitere Verminderung der stofflichen Belastung der Gewässer durch kommunale Abwassereinleitungen, x die Reduzierung der Nährstoffeinträge in die Gewässer aus der landwirtschaftlichen Flächennutzung, x die Verbesserung der Gewässerstruktur durch gezielte Renaturierungs- bzw. Revitalisierungsmaßnahmen und x die Wiederherstellung der Durchwanderbarkeit der Thüringer Fließgewässer sowie die (Wieder-)Erschließung bzw. Schaffung von geeigneten Laich- und Aufwuchshabitaten für gewässertypische, heimische Fischarten. An diesen Handlungsfeldern orientiert sich die anschließende Bilanzierung der Entwicklung von 1990 bis 2008. 58 x Bilanz von 1990 – 2008, Projekte und Maßnahmen - Kommunalabwasser Die Belastung der Gewässer mit nicht oder unzureichend gereinigten Abwässern hat in der Vergangenheit maßgeblich dazu beigetragen, dass die biologische Vielfalt der Gewässer sich sehr weit von den natürlichen Ausgangsbedingungen entfernt hatte. Der Freistaat Thüringen ist ein ländlich geprägtes Bundesland und hatte auf dem Gebiet der Abwasserreinigung und -entsorgung 1990 einen großen Nachholbedarf. Nur eine geringe Zahl vorhandener Kläranlagen in größeren Orten entsprach den gesetzlichen Anforderungen, der Anschlussgrad an funktionierende Kanalisationen war insbesondere im ländlichen Raum unbefriedigend. In Umsetzung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie von 1991 wurden Anforderungen an die Abwassertechnik festgelegt, die in gemeindlichen Gebieten mit mehr als 2000 Einwohnerwerten bis 2005 zu erfüllen waren. Im Rahmen der Umsetzung dieser Richtlinie ist es gelungen, die Gewässergüte der thüringischen Fließgewässer deutlich zu verbessern, was durch die folgende Abbildung untersetzt wird: 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1991 1993 1995 I 1997 I-II 1999 2001 Güteklasse: II II-III 2002 2003 2004 III III-IV IV 2006 Abb.9: Prozentuale Entwicklung der Güteklasse thüringischer Gewässer von 1991 – 2006, Quelle: TMLNU Konnten noch 1991 nur ca. 16 % der Fließgewässer in Thüringen die Güteklasse II oder besser erreichen, so waren es 2006 bereits 73 %. Die Bestimmung der biologischen Gewässergüte erfolgt nach dem Saprobiensystem. Das Vorhandensein bestimmter Gewässerorganismen (Saprobien) zeigt den Grad der organischen Verunreinigung der untersuchten Gewässerabschnitte an. Aus dem Vorhandensein und der Häufigkeit der Arten wird der Saprobienindex berechnet und eine entsprechende Gewässergüteklasse abgeleitet. Auch für ausgewählte chemische Güteparameter lässt sich dieser Trend belegen: 59 Erreichung Chemische Güteklasse II (Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser – LAWA) Ammonium AOX Phosphor-Gesamt 1991 2006 8% 48 % 18 % 75 % 0% 15 % Fließgewässer mit Gewässergüteklassen II-III (kritisch belastet) und schlechter weisen auf Grund des sich einstellenden Sauerstoffmangels, der zunehmenden Bildung toxischer Stoffe und Faulschlammablagerungen eine geringe biologische Vielfalt auf und sind zum Teil durch Massenentwicklungen weniger Arten bis hin zur ökologischen Zerstörung geprägt. Die aufgezeigte positive Entwicklung im Bereich der Kommunalabwasserbehandlung und -entsorgung hat die biologische Vielfalt in den Gewässern Thüringens deutlich erhöht. Der Freistaat Thüringen hat diese durch die kommunalen Aufgabenträger zu erbringenden Leistungen durch die Ausreichung von Fördermitteln maßgeblich unterstützt. Von 1991 2006 wurden in Thüringen 3,8 Milliarden € in die Abwasserentsorgung investiert, der Freistaat Thüringen hat den Aufgabenträgern dazu Fördermittel in Höhe von 1,1 Milliarden € zur Verfügung gestellt. Bis zum Aufbau einer vollständigen abwassertechnischen Infrastruktur sind trotz der geschilderten Erfolge noch immer erhebliche Anstrengungen zu leisten. Dies betrifft insbesondere den Anschlussgrad an Kläranlagen. Dieser wurde von 1990 bis 2006 von 43 auf 67 % erhöht was den noch bestehenden Nachholbedarf aufzeigt. - Nährstoffeinträge aus der landwirtschaftlichen Flächennutzung Infolge der rückläufigen Entwicklung des Tierbesatzes in Thüringen seit 1990 sowie insbesondere des verbesserten Düngungsmanagements, welches auch durch neue gesetzliche Rahmenbedingungen wie die Düngeverordnung des Bundes (1996, Novellierung 2007) definiert wurde und im Rahmen der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (Cross Compliance) ab 2005 verstärkten Kontrollen unterliegt, ist eine Stabilisierung der Stickstoffbilanzüberschüsse der thüringischen Landwirtschaftsbetriebe (1996 - 2007) zu konstatieren. Hinzu kommt, dass ein erheblicher Flächenumfang langjährig extensiv bewirtschaftet wird bzw. Düngebeschränkungen im Rahmen der freiwilligen Teilnahme dem KULAP unterliegt. Die Anforderungen der Düngeverordnung, bezogen auf die zu erreichenden N-Bilanzüberschüsse, werden bereits vielerorts erreicht. Wie unten noch beschrieben wird, reichen diese jedoch in Thüringen nicht überall aus, um den Zielen des Gewässerschutzes zu genügen. Die Bodenerosion stellt für den landwirtschaftlichen Bereich den Haupteintragspfad für Phosphor dar. Trotz zum Teil rückläufiger und negativer P-Bilanzen und im Bundesvergleich geringen Tierbesatzes besteht weiterhin die Gefahr erosiver Einträge in Thüringen. Das ist u.a. auf bedeutende erosionswirksame Hanglängen und große Bewirtschaftungseinheiten zurückzuführen. Diese sind vielfach ohne wirksame Hindernisse für den Oberflächenabfluss. Hier besteht noch immer ein großer Handlungsbedarf zur Durchführung von Erosionsschutzmaßnahmen. Ab Anfang der 1990er Jahre bildeten in Thüringen die Einzugsgebiete, die der öffentlichen Trinkwasserversorgung dienten, sowie die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten mit 60 zusätzlichen Beschränkungen für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung, einen maßgeblichen Schwerpunkt für Maßnahmen des Gewässer- und Hochwasserschutzes mit Bezug zur landwirtschaftlichen Nutzung. - Gewässerstruktur und –durchgängigkeit, Gewässerunterhaltung Noch in der jüngeren Vergangenheit dienten wasserbauliche Maßnahmen insbesondere dem Hochwasserschutz und der Wasserkraftnutzung. Diese Nutzungen haben ihre Berechtigung und sind auch aus der modernen Wasserwirtschaft nicht wegzudenken. Es war und ist insbesondere erforderlich, den Menschen und die Zivilisation vor Hochwässern und deren zum Teil verheerenden Auswirkungen zu schützen. Begrenzte Eingriffe in die Fließgewässer werden deshalb auch künftig nicht zu vermeiden sein. Die Sicherung vorhandener Auenbereiche zur Gewährleistung der wasserwirtschaftlichen Funktionen, insbesondere der Freihaltung der Überschwemmungsgebiete, war in diesem Zusammenhang vorrangig zu gewährleisten. Es war jedoch auch zu berücksichtigen, dass eine vielfältige und naturnahe Gestaltung der Gewässer einen großen Einfluss auf ihre Güte, Selbstreinigungskraft und somit ihre Besiedlung hat. Deshalb stehen bereits seit Anfang der 1990er Jahre in Thüringen die Bemühungen um naturnahe Gewässerunterhaltung und -ausbau im Vordergrund. Die Maßgabe war es deshalb, die fließenden Gewässer unserer Kulturlandschaft nicht isoliert, sondern stets im Kontext des natürlichen Gesamtsystems zu betrachten. Gemeinsam mit den Fachbereichen Naturschutz und Landwirtschaft wurde durch die Abteilung Wasserwirtschaft im TMLNU die „Richtlinie zur naturnahen Unterhaltung und zum Ausbau von Fließgewässern (1996)“ erarbeitet. Sie dient sowohl den Aufgabenträgern der Gewässerunterhaltung als auch den zuständigen Behörden als wichtige Handlungsanleitung. Da es zu den typischen Verhaltensweisen von vielen Fließgewässerorganismen gehört, in ihren Lebenszyklen mehr oder weniger ausgedehnte Wanderungen durchzuführen, ist für die Wiederansiedlung dieser Organismen die Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Gewässer ein wesentlicher Schritt. Strukturreiche und durchwanderbare Fließgewässer sind wichtige Voraussetzungen zur Erhaltung und Entwicklung der biologischen Vielfalt. - EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und die biologische Vielfalt Am 22. Dezember 2000 trat die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in Kraft. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten der EU bis zum Jahr 2015 den guten Zustand in allen Gewässern zu erreichen. Darunter werden der gute ökologische und chemische Zustand der Oberflächengewässer und der gute chemische und mengenmäßige Zustand des Grundwassers verstanden. Insbesondere die Zustandsbewertung der Oberflächengewässer, als Grundlage für die Kontrolle der Zielerreichung nach WRRL, ist mit der Einführung der Richtlinie deutlich erweitert worden. Neben den klassischen Parametern, wie den chemisch-physikalischen Kenngrößen und der Zusammensetzung der Wirbellosenfauna (Saprobie), die bisher - wie bereits oben beschrieben - zur Bestimmung der Gewässergüte dienten, sind nunmehr vor allem weitere biologische Kriterien zu untersuchen. Die Beurteilung der Gewässer erfolgt anhand von Referenzgewässern. Entscheidende Bedeutung haben dabei die Artenvielfalt und Zusammensetzung der biologischen Qualitätskomponenten. Neben der Wirbellosenfauna werden nun auch Wasserpflanzen und Algen bewertet und erstmals wird der Zustand der Fischfauna zur Bewertung herangezogen. Für die 61 Beurteilung ist ausschlaggebend, wie stark die Biozönose des jeweiligen Gewässers von der entsprechenden Referenzbiozönose abweicht. Zusätzlich zu den biologischen Qualitätskomponenten werden hydromorphologische Komponenten zur Beurteilung des ökologischen Zustands herangezogen. Allein schon die Darstellung der für die Zustandsbeschreibung herangezogenen Organismen zeigt, dass die Verbesserung der biologischen Vielfalt der Gewässer im Blickpunkt der WRRL steht. Maßnahmen, die in Thüringen zur Erreichung des guten Gewässerzustandes gemäß WRRL durchgeführt werden, tragen somit unmittelbar zur Erhöhung der Biodiversität der Gewässer bei. Bezogen auf die eingangs genannten Handlungsfelder ergeben sich folgende Wirkungen der Maßnahmen auf die biologische Vielfalt der Gewässer: Maßnahmen zur Reduzierung der Phosphoreinträge durch kommunale Abwässer und/oder zur Minderung der Einträge von Phosphor und Sedimenten aus landwirtschaftlichen Nutzflächen (Erosionsschutz) tragen zur gemäß WRRL geforderten Ausbildung der typspezifischen Lebensgemeinschaften x x x der Makrophyten - höhere Wasserpflanzen des Phytobenthos - Algenbewuchs des Gewässerbodens und des Phytoplankton - freischwebende Algen bei. Indirekte Auswirkungen haben die verminderten Phosphor- und Sedimenfrachten auch auf die Lebensgemeinschaften der Fische und des Makrozoobenthos - Wirbellosenfauna. Die Minderung der Stickstofffrachten und -konzentrationen ist für die Erreichung des guten chemischen Zustands einiger Oberflächengewässer erforderlich und befördert zudem in vielen Standgewässern die Erreichung der Zielstellungen der WRRL. Die erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur und zur Wiederherstellung der Durchwanderbarkeit unserer Fließgewässer spannen gleich mehrere Bögen zur Verbesserung der Biodiversität in Thüringen. Die Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Thüringer Fließgewässer wird sich positiv auf die Erhöhung der biologischen Vielfalt und den Artenreichtum von Fischen in den Gewässern auswirken. Zudem tragen diese Maßnahmen auch zur Biotopvernetzung bei und haben damit positiven Einfluss auf die Verbreitung bzw. Verbesserung terrestrischer Lebensgemeinschaften. Weiterhin werden durch strukturverbessernde Maßnahmen die Habitatvielfalt im und auch am Gewässer z. B. durch das Anlegen eines typischen Uferbewuchses entscheidend verbessert. Dies trägt zur Etablierung typspezifischer Fisch- und Makrozoobenthoslebensgemeinschaften im Bereich der aquatischen Lebensgemeinschaften bei. Gleichzeitig sind dadurch sekundär positive Effekte zur Verbesserung der terrestrischen Lebensgemeinschaften, wie der Auenbewohner, grundsätzlich zu erwarten. Die bisher vorliegenden Ergebnisse der Überwachung der Oberflächengewässer gemäß den Anforderungen der WRRL zeigen, dass der gute ökologische Zustand in ca. 96 % aller Oberflächenwasserkörper (OWK) in Thüringen verfehlt wird. Grundlage hierfür ist ein umfangreiches und kontinuierlich beprobtes Messnetz an Grund- und Oberflächengewässern. Hauptursachen für das Verfehlen des guten Zustands sind neben der nach wie vor noch vorhandenen Abwasserbelastung und den Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft vor 62 allem die unzureichende Gewässerstruktur einschließlich der fehlenden Durchgängigkeit. x Modellvorhaben Flussgebietsmanagement Um Maßnahmen zu erproben, die zur erfolgreichen Umsetzung der WRRL in diesen Bereichen erforderlich sind, wurden zwischen 2004 und 2007 neun Modellvorhaben Flussgebietsmanagement durchgeführt, die folgende Themenkomplexe beinhalteten: - Reduzierung von Nährstoffeinträgen in Grund- und Oberflächenwasser, - Verbesserung und Vernetzung aquatischer Lebensräume, - Initiierung der Gewässerdynamik und Verbesserung der Gewässerstruktur. Im Einzelnen wurden folgende Modellvorhaben realisiert: Lebendige Sprotte (Landkreise Altenburger Land und Greiz) Schwerpunkte: Schaffung eines biologisch durchgängigen Fließgewässersystems unter Betrachtung des gesamten Einzugsgebietes; Unterstützung einer freiwilligen, regionalen Kooperation der Kommunen Revitalisierung des Röstegrabens (Landkreis Nordhausen) Schwerpunkte: Lösung typischer Probleme im ländlichen Raum; Nährstoffreduzierung durch Errichtung einer Abwasserbehandlungsanlage für die Gemeinde Großwechsungen; Herstellung der Durchgängigkeit; Zusammenarbeit zwischen Gewässerunterhaltungsverband und Abwasserzweckverband Auenrenaturierung für eine lebendige Werra zwischen Sallmannshausen und Wartha (Wartburgkreis) Schwerpunkte: Reduzierung der Nährstoffeinträge in einem grenznahen Abschnitt eines großen Gewässers durch dauerhafte Sicherung und Entwicklung eines Uferrandstreifens und moderate Nutzungsänderungen in der Fläche; Anbindung des Altarmes an den Flusslauf; Rückbau von Uferbefestigungen; Gebietskulisse befindet sich im Bereich des Grünen Bandes Thüringen Verminderung von Stoffausträgen aus landwirtschaftlich genutzten Flächen (landesweit) Schwerpunkte: Absenkung betrieblicher Stickstoff-Salden, Quantifizierung der unvermeidbaren Verluste und deren Wirkung auf den chemischen Zustand des Grundwassers, Verringerung von Stoffausträgen durch Bodenerosion Renaturierung der Ulster im Flurbereinigungsverfahren Buttlar (Wartburgkreis) Schwerpunkte: Revitalisierung eines Teilabschnittes der Ulster; Grunderwerb im Bereich des Fließgewässers Ulster (Gewässer 1. Ordnung) im Flurbereinigungsgebiet Buttlar zur Sicherung der Uferrandstreifen Entwicklung der Rodach und ihrer Zuflüsse zu einem durchgängigen, strukturreichen Verbundsystem in der Kurregion Bad Colberg/Ummerstadt (Landkreis Hildburghausen) Schwerpunkte: Entfernung von Verrohrungen der Rodachtalzuflüsse; Erwerb von Uferstreifen entlang der freigelegten Zuflüsse und der Rodach; Anlage einer Fischaufstiegsanlage Gewässersanierung der Walse (Eichsfeldkreis) 63 Schwerpunkte: Errichtung einer Abwasserbehandlungsanlage als Modellprojekt zur Behandlung des in Kleinkläranlagen vorgereinigten kommunalen Abwassers aus der Teilortskanalisation ohne Neubau des Ortsnetzes Reduktion des Stickstoffaustrages aus landwirtschaftlich genutzten Flächen im Bereich der Talsperren Weida, Zeulenroda und Lössau (Landkreis Greiz und Saale-Orla-Kreis) Schwerpunkte: Erprobung und Bewertung von Maßnahmen zur Reduktion des diffusen Stickstoffeintrags in Fließgewässer; Entwicklung eines übertragbaren Systems zur Auswahl von Flächen und Maßnahmenkombinationen zur Optimierung des Ressourceneinsatzes Sanierung und Renaturierung der Monna im Thüringer Becken (Landkreis Sömmerda) Schwerpunkte: Sanierung eines ehemals industriell stark belasteten Gewässers in einem FFHGebiet; Kombination mehrerer Vorhaben (u.a. A/E-Maßnahmen zum Autobahnbau) zum Gesamtvorhaben Monna Abb. 10: Übersicht über die Modellvorhaben Flussgebietsmanagement, Quelle: TMLNU Vertieft wurden diese Erkenntnisse durch die exemplarische Modellbewirtschaftung in 4 weitgehend repräsentativen Gebieten. x Vernetzungsprojekt Werra Besonderer Erwähnung bedarf das für sich stehende national überaus beachtete Projekt "Verbesserung und Vernetzung aquatischer Lebensräume an der Werra und wichtiger Nebenflüssse“. Zur Erreichung des guten ökologischen Zustandes gemäß WRRL sowie zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Gewässer und Verbesserung ihrer Ufer- und Sohlstrukturen und der damit verbundenen ökologischen Aufwertung der Fließgewässer als Lebensraum wurde dieses Pilotprojekt im Auftrag des TMLNU in den Jahren 2004 - 2008 durchgeführt. Dabei wurden Erfahrungen nicht nur an örtlichen Einzelprojekten, sondern auf ca. 150 km Gewässerlänge und bei insgesamt 54 durchgängig zu gestaltenden Querbauwerken gesammelt. 64 Schwerpunkte des Projektes waren der Rückbau nicht mehr genutzter Wehranlagen, der Umbau von Sohlabstürzen zu Sohlgleiten, die Herstellung der Durchgängigkeit an genutzten Wasserkraftanlagen (z. B. Einbau von Fischaufstiegsanlagen oder Umgehungsgerinnen), die Wiederherstellung des naturnahen Zustandes stark veränderter Gewässerabschnitte sowie die Verbesserung der Gewässerstruktur, um gute Laichbedingungen für heimische, gewässertypische Fische zu schaffen. Für die Umsetzung des Projektes durch das Staatliche Umweltamt Suhl standen ca. 5 Mio. € zur Verfügung (gefördert durch die EU). Von den 54 vorgesehenen Querbauwerken wurde im Projektzeitraum die Durchgängigkeit an 44 Anlagen erreicht, an weiteren 5 wurde die Planung ausgelöst. An 5 Wasserkraftstandorten stehen Lösungen noch aus. Kleinere Rückbaumaßnahmen konnten dabei im Rahmen der personellen und materiellen Möglichkeiten der Flussmeisterei kosteneffizient durchgeführt werden. Bei anderen Maßnahmen wirkte sich die Novellierung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) als finanzieller Anreiz für die Betreiber aus. Der Schwerpunkt der notwendigen Erfolgskontrollen auf die Biodiversität und die Einhaltung der WRRL wurde dabei nicht auf die Funktion des jeweiligen Einzelbauwerkes gelegt, sondern auf die Auswirkungen bei der Gesamtdurchgängigkeit und die Gewässerfauna. Nachstehende Abbildung gibt einen Überblick über das Projektgebiet: Abb. 11: Projektgebiet des Vernetzungsprojektes Werra; Quelle: TMLNU Das Projekt wird seine Wirkung auch länderübergreifend entfalten, da veranlasst durch eine von Thüringen begonnene Initiative am 11. Juni 2007 eine Vereinbarung zwischen Niedersachsen, Hessen und Thüringen auf Ministerebene unterzeichnet wurde, die zum Ziel hat, die Durchgängigkeit der Werra bis zum Ende des Jahres 2012 herzustellen. x EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (HWRM-RL) Nach der WRRL ist 2007 auch die HWRM-RL in Kraft getreten. Ziel der Richtlinie ist es, einen Rahmen für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken zur Verringerung hochwasserbedingter Folgen für Umwelt und Mensch zu schaffen. So verfolgt die Richtlinie die Rückgewinnung von Retentionsräumen. Dieses Ziel kann z.B. durch die gezielte Rückverlegung von Deichen bei gleichzeitig verbessertem Schutz wichtiger Infrastruktur wie z.B. Siedlungsbereichen oder durch die Anlage von Flutpoldern erreicht werden. Zur Zielerreichung dient auch die Verlängerung der Fließwege durch Renaturierung der Fließgewässer. Mit diesen Maßnahmen wird u.a. der Wasserhaushalt der Aue verbessert. Sie sind ein weiterer Baustein zur Verbesserung auch der Lebensbedingungen der an diesen Lebensraum angepassten Tier und Pflanzenarten. Durch den vermehrten Wasserrückhalt wird der Grundwasserleiter der Aue gespeist, der als Wasserspeicher für Trockenzeiten dient. 65 Diese Maßnahmen dienen folglich auch dazu, die in Folge des Klimawandels zu erwartenden extremeren Niedrigwassersituationen und ihre Folgen nicht nur für die biologische Vielfalt abzumildern. 6. Leitbild/Zielsetzung 2020 Die Bilanz und die Beschreibung der Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Thüringen sowie die Darstellung der Situation in den wichtigsten Landschaftsräumen Thüringens zeigt eindrucksvoll, dass auf allen Ebenen viele Schritte unternommen wurden, um die für alle lebenswichtige biologische Vielfalt zu erhalten. Da Verluste irreversibel sind und die fortdauernde Vernichtung von Arten eine hohe Dramatik hat, müssen jedoch weitere Maßnahmen ergriffen werden. Bis 2020 will das TMLNU den im nachfolgenden Leitbild beschriebenen Zustand erreicht haben und formuliert dazu klare Ziele, die bis 2020 umgesetzt sein sollen. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt in Thüringen ist eine zentrale Aufgabe des Landes bis zum Jahr 2020. Leitbild Kennzeichen einer natürlichen Vielfalt und von herausragender Bedeutung sind z. B. die Buchenwälder, die Gipskarstgebiete, naturnahe Wasserläufe und die dazugehörenden Auenbereiche, Hoch- und Niedermoore, Offenlandlebensräume wie Trockenrasen, Feuchtund Nassgrünland und Bergwiesen, bedeutende Binnensalzstellen, aber auch eine abwechslungsreiche historisch geprägte Kulturlandschaft mit einer vielgestaltigen Fruchtfolge, Hecken und einem kleinräumigen Wechsel von Feld und Wald. Diese Elemente prägen das Landschaftsbild Thüringens und tragen dazu bei, auch im Jahr 2020 von einem „Grünen Herzen Deutschlands“ zu sprechen. Die charakteristischen Kultur- und Naturlandschaften Thüringens sind in ihrer Schönheit, Eigenart und Vielfalt erhalten und ggf. wieder hergestellt und entwickelt. Zur Erhaltung der charakteristischen Kulturlandschaft und ihrer zugehörigen Arten und Lebensräume tragen naturschonende und naturnahe Landnutzungen bei. Darüber hinaus sind die Bereiche, deren Artenvielfalt nur durch spezielle Pflegemaßnahmen erreicht werden können, entsprechend gepflegt. Es existieren ausreichend große ungenutzte Bereiche. Die Lebensräume, Lebensgemeinschaften und die in ihnen lebenden Arten befinden sich bis spätestens 2020 in einem möglichst günstigen Erhaltungszustand. Der Bestand der für Thüringen typischen Arten lebt in Lebensräumen, die eine für die Erhaltung der Arten ausreichende Größe haben. Der genetische Austausch der Arten ist durch die Vernetzung der verschiedenen Lebensraumtypen sichergestellt. Die Unternehmen in der Agrarwirtschaft nutzen ein noch breiter gewordenes Spektrum angepasster leistungsfähiger Sorten in mehrgliedrigen Fruchtfolgen. Die Veredlung der pflanzlichen Rohstoffe erfolgt standortgebunden mit produktiven Rassen, in die das genetische Potential alter Landrassen eingeflossen ist. Insbesondere früher vom Aussterben bedrohte heimische Nutztierrassen werden gezielt für extensive Wirtschaftsformen und Landschaftspflege eingesetzt. Thüringen ist in die Ex-situ-Erhaltung genetischer Ressourcen mittels Genbanken und Kryokonservenspeichern angemessen eingebunden. Der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen und der Gartenbau tragen maßgeblich zur innovativen Nutzung eines breiten Spektrums von Kulturpflanzen bei. Dabei werden auch früher angebaute Arten wieder in Nutzung genommen. In der Ernährungswirtschaft ist es gelungen, Mikroorganismen für Produkt- und Verfahrensinnovationen nutzbar zu machen. 66 Zusammen mit einer nachhaltigen Landnutzung ist bis zum Jahr 2020 eine geeignete Lebensgrundlage für eine Vielzahl von typischen Tier- und Pflanzenarten gesichert. Die Wälder in Thüringen, die eine hohe natürliche Vielfalt und Dynamik hinsichtlich ihrer Struktur und Artenzusammensetzung aufweisen, werden nachhaltig bewirtschaftet. Dabei sind ihre ökologischen und sozialen Funktionen beachtet. Die Fließgewässer und ihre Auen bilden eine Einheit und sind bedeutende Lebensadern der Thüringer Landschaft. Der Erhaltung oder Wiederherstellung ihrer natürlichen Vielfalt und Dynamik fällt eine wichtige Aufgabe zum Erhalt der biologischen Diversität zu. Die besiedelten Bereiche in Thüringen bieten eine hohe Lebensqualität für die dort lebenden Menschen und sind zugleich Lebensraum für viele, auch seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Bis zum Jahr 2020 ist die Durchgrünung der Siedlungen deutlich erhöht und für die dort lebenden Tier- und Pflanzenarten ein möglichst günstiger Erhaltungszustand erreicht. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, an dem sich die verschiedenen Interessengruppen und Politikbereiche beteiligen. Dies sind neben der Land-, Wasser- und Forstwirtschaft und der Fischerei u. a. auch die Industrie, Städte, Kreise, Gemeinden, Kirchen und letztlich alle Bürger. Die Einrichtungen der öffentlichen Hand in Thüringen zeigen engagiert und transparent, wie sich die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt konkret verwirklichen lässt und gehen in ihrem gesamten Handeln vorbildlich voran. Die Wirtschaft setzt sich für ein tragfähiges Miteinander von wirtschaftlicher Entwicklung und Naturschutz ein. Dabei hat Öko-Sponsoring eine besondere Bedeutung bekommen. Natur und Landschaft ermöglichen in ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit Naturerfahrung, Erholung und einen naturverträglichen Sport. Tourismus, Sport und Erholung werden so betrieben und durch geeignete Maßnahmen gelenkt, dass die biologische Vielfalt keinen Schaden nimmt. Alle Beteiligten setzen sich gemeinsam mit dem Naturschutz für die Erhaltung der Kultur- und Naturlandschaften in Thüringen ein. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist ebenso wie der Klimawandel ein Thema, das in das Thüringer Bildungssystem und die UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ integriert ist. Biologische Vielfalt erfreut sich in Thüringen einer hohen Wertschätzung als wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität und ist Voraussetzung für ein gesundes und erfülltes Leben. Dies drückt sich im alltäglichen, eigenverantwortlichen und ehrenamtlichen Handeln aller Bürger aus. Zielsetzung 2020 Bis zum Jahre 2020 sollen folgende Ziele in Thüringen erreicht werden: x Schwerpunkt Naturschutz - Der Rückgang natürlicher und naturnaher Lebensräume und der in ihnen wildlebenden Arten in Thüringen ist eingedämmt. Bei Begrünungs- und Pflanzmaßnahmen in der freien Landschaft und bei Kompensations- und Naturschutzmaßnahmen wird nur noch Saat- und Pflanzgut aus 67 - x heimischen, regionalen Herkünften verwendet. Diese Vorgehensweise hat sich als Stand der Technik etabliert. Arten, die vom Aussterben bedroht bzw. stark gefährdet sind, breiten sich wieder aus. Einzelne Arten, die einst heimisch waren, wandern wieder vorrangig in ihren einst angestammten Lebensraum ein. Gefährdete Arten- und Lebensraumtypen, für die Thüringen international und national eine besondere Verantwortung trägt, sind in ihrem Erhaltungszustand gesichert und können sich weiterentwickeln oder ggfls. wieder ausbreiten. Für hochgefährdete Arten liegen Artenhilfskonzepte vor, deren Umsetzung durch festgelegte Verantwortlichkeiten, ausreichende Bereitstellung von Mitteln und nötigenfalls naturschutzrechtliche Festlegungen sichergestellt ist. Die Schwerpunktgebiete des Naturschutzes sind in einem guten Erhaltungszustand und so vernetzt, dass auch Beeinträchtigungen ihrer biologischen Systeme, z. B. durch den Klimawandel, weitgehend abgefedert werden können. Unzerschnittene und störungsarme Räume sind neu geschaffen oder miteinander verbunden worden. Der Stand von 2009 konnte mindestens gehalten werden. Ausgehend von den Nationalen Naturlandschaften sind für die Nutzung von Natur und Landschaft Modelle entwickelt, die ökonomische, ökologische und soziale Ziele wirksam und nachhaltig verbinden. Dies gilt insbesondere für die Land- und Forstwirtschaft als größten Flächennutzer. Die landwirtschaftliche Nutzung von Biotopen ist auch dort erhalten geblieben, wo die wirtschaftlichen Voraussetzungen ungünstig sind. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt erfolgt auch durch die Instrumente anderer Landnutzungsformen (z.B. Fischerei und Jagd). Freiwillige Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt haben durch entsprechende Förderprogramme zugenommen. Förderungsinstrumente werden danach ausgerichtet, dass die Maßnahmen der Erhaltung der biologischen Vielfalt dienen. Die Fortführung der bewährten konsensorientierten Ausweisung von Schutzgebieten hat zum dauerhaften Schutz der charakteristischen Arten und Lebensraumtypen Thüringens geführt. Ehrenamtliches Engagement für die Erhaltung der biologischen Vielfalt wird von den Behörden unterstützt. Schwerpunkt Landwirtschaft - Die Bestände alter Landrassen und Sorten, für die Thüringen eine besondere Verantwortung hat, sind vor dem Aussterben bewahrt und haben sich deutlich vergrößert. Durch gezielte Nutztier- und Pflanzenzüchtung werden beständig angepasste leistungsfähige Rassen und Sorten für eine nachhaltige Landwirtschaft bereitgestellt. Die Bürger orientieren sich in ihrem Nachfrageverhalten neben Preis und Qualität auch stärker an Regionalität und Erzeugnissen von alten heimischen Nutztierrassen und Pflanzensorten. Landschaftselemente in der Feldflur, insbesondere Alleen, Hecken und Baumreihen, werden auch in landwirtschaftlichen Gunstlagen entwickelt und gepflegt. Sie strukturieren die Kulturlandschaft, schützen vor Erosion und sind Habitat für viele wildlebende Arten. 68 x Schwerpunkt Wälder - x Die Fläche naturnaher Wälder hat insbesondere in den waldarmen Gebieten Thüringens weiter zugenommen und trägt zur Biotopvernetzung und Erhöhung der strukturellen Vielfalt der Landschaft bei. Die Umstellung auf eine naturnahe Waldbewirtschaftung ist weiter vorangekommen. Der an Klimaänderungen besser angepasste Mischwaldanteil und insbesondere der Laubbaumanteil sind im Zuge des Waldumbaus weiter gestiegen. Die Wilddichten sind weitgehend den Waldbeständen und ihrer Verjüngung angepasst. Schwerpunkt Gewässer - - Eine Vielzahl der nach WRRL zu betrachtenden Flüsse und Talsperren hat den guten chemischen und ökologischen Zustand bzw. das gute ökologische Potential gemäß WRRL erreicht. Die ökologische Durchgängigkeit, besonders in den wichtigen Verbindungsgewässern Saale, Werra, Unstrut, Ilm und geeigneten Laichgewässern für Fische, ist wiederhergestellt. Die naturraumtypische Vielfalt ist durch die Verbesserung der Gewässerstruktur und Ufervegetation in der Mehrheit der Wasserkörper erhöht. Schad- und Nährstoffeinträge in Fliessgewässer und Talsperren sind deutlich reduziert. Mit der Umsetzung der EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (HWRM-RL) ist die Rückgewinnung von Retentionsflächen forciert worden. Bei der Aufstellung der Hochwasserrisikomanagementpläne sind auch die Aspekte des Naturschutzes berücksichtigt worden. In den Auen der Fliessgewässer finden sich in ausreichendem Maße naturnahe wasserabhängige Lebensräume, auentypische Arten kehren in derzeit ausgeräumte Landschaften zurück. 7. Aktionsplan bis 2020/Aktionsfelder Um das vorgestellte Leitbild umzusetzen und um die gesteckten Ziele bis 2020 zu erreichen, wird ein „Aktionsplan 2020“ festgelegt, der aus zwei Teilen besteht: 1. Öffentlichkeitskampagne „33 Arten/Rassen und Lebensräume für Thüringen“ 2. Maßnahmenkatalog, sortiert nach Aktionsfeldern. Eine Evaluierung des Aktionsplans findet als Analyse und Zwischenbericht unter Beachtung des Leitbildes in den Jahren 2012 und 2016 statt. 7.1 Öffentlichkeitskampagne Um die Notwendigkeit des Schutzes von wildlebenden Arten, speziellen Rassen und Sorten und von besonderen Lebensräumen besser in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen, wurde ein Arten-/Rassen- und Lebensraumkorb „33 Arten/Rassen und Lebensräume für Thüringen“ entwickelt ( Tab. 15). Er bildet die Grundlage für eine Öffentlichkeitskampagne, in der bis 2020 auf die Bedeutung dieser Arten/Rassen und Lebensräume für die biologische Vielfalt und auf geeignete Maßnahmen zu deren Erhaltung besonders hingewiesen wird. Die 69 wichtige Rolle, die dabei die Verbraucher spielen, soll insbesondere im Zusammenhang mit der Nutzung alter Nutztierrassen und Pflanzensorten thematisiert werden. Die dort enthaltenen Arten-/Rassen/Sorten- und Lebensräume wurden nach speziellen Auswahlkriterien ermittelt und sind als für den Laien leicht erkennbare Leitarten auch für andere Arten repräsentativ. Einzelheiten zu ihrer speziellen Bedeutung sind dem jeweiligen Steckbrief im Anhang zu entnehmen. Sie dienen als Indikatoren für die Umsetzung der Strategie. Tab. 15: Arten-/Rassen- und Lebensraumkorb Wildlebende Arten Vorkommen Kriterien Feldhamster Wildkatze Kleine Hufeisennase Mopsfledermaus Fischotter Wachtelkönig Rotmilan Agrarlandschaft Wald Wald, besiedelter Bereich Wald Gewässer Feuchtgrünland Agrarlandschaft, besiedelter Bereich Wald, Feuchtgrünland besiedelter Bereich, Feuchtgrünland Grünland Wald Agrarlandschaft Gewässer Gewässer Gewässer Gewässer Gewässer Gewässer Wald Wald Grünland, Offenland Offenland Offenland Wald Bergwiesen G, S S G, S G, U Schwarzstorch Weißstorch Kiebitz Schwarzspecht Feldlerche Gelbbauchunke Moorfrosch Barbe Bachneunauge Bachmuschel (Gemeine Flussmuschel) Helm-Azurjungfer Hirschkäfer Eremit Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling Berghexe Stengelloser Tragant Frauenschuh Arnika Lebensräume Binnensalzstellen Kalk-Trockenrasen und ihre Verbuschungsstadien (mit orchideenreichen Beständen) Steppenrasen Buchenwälder Nutztierrassen Thüringer Waldziege G, V G, V V V V V V S U S G, U U S, P U G G U U U, P, G U, P, G U, P, G G, U, S A, B, H, Z 70 Rhönschaf Pflanzensorten A, B, H, Z Durum-Getreide Rosadur A, B, H Apfelsorte „Schöner aus Nordhausen“ A, B, H, Z Auswahlkriterien wildlebende Arten und Lebensräume: 1. Arten, für deren globale Erhaltung Thüringen eine besondere Verantwortung trägt (G) 2. Prioritäre Arten- und Lebensraumtypen gem. FFH-Richtlinie (P) 3. Lebensraumtypen und Arten der Anhänge I, II, IV und V der FFH-Richtlinie, deren Erhaltungszustand im aktuellen nationalen Bericht an die EU-KOM als ungünstig-schlecht (S) oder ungünstig-unzureichend (U) eingeschätzt wurde 4. Für ein Zielartenkonzept geeignete Vogelarten des Anhangs I oder II der EU-Vogelschutzrichtlinie (V) Auswahlkriterien Nutztierrassen und Pflanzensorten: 1. Haltung bzw. Anbau erfolgt derzeit in Thüringen (H) 2. Zucht oder züchterische Bearbeitung (regionaler Schwerpunkt) erfolgte in Thüringen (Z) 3. besondere regionale Bedeutung oder Verbreitungsschwerpunkt in Thüringen (B) 4. alte, regionalspezifische Landrasse/Sorte oder vom Aussterben bedrohte Art (A) 7.2 Maßnahmenkatalog Der Schutz der Arten und insbesondere die Entwicklung der Bestände, für die Thüringen eine besondere Verantwortung trägt, muss intensiviert und personell sowie finanziell unterstützt werden. Neben der Vielfalt der wildlebenden Arten und Lebensräume stellt auch der Schutz der genetischen Vielfalt der Nutztierrassen und Kulturpflanzen eine wichtige Zielsetzung der Konvention zur Erhaltung der biologischen Vielfalt dar. Dementsprechend wurde der Maßnahmenkatalog in die folgenden Aktionsfelder Naturschutz, Gewässer, Wälder und Agrarlandschaften untergliedert. Das Aktionsfeld „Bildung und Gesellschaft“ umfasst die Maßnahmen, die querschnittsorientiert angelegt sind. Bei der Umsetzung sind das Thüringer Klima- und Anpassungsprogramm an den Klimawandel, das integrierte Gesamtkonzept zur Entwicklung der ländlichen Räume Thüringens, das Konzept „Wald im Wandel“ und die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie zu berücksichtigen. Die Instrumentarien der Landentwicklungsverwaltung, wie Flurbereinigung und Dorfentwicklung, leisten Unterstützung bei der Umsetzung der Maßnahmen. Insbesondere für die eigentumsrechtliche Sicherung von Flächen kommt den Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz weiterhin erhebliche Bedeutung zu. 7.2.1 Aktionsfeld Naturschutz Die unter den einzelnen Instrumenten des Naturschutzes aufgeführten Maßnahmenvorschläge ergänzen sich gegenseitig. Erst die konzertierte Umsetzung aller im Aktionsfeld Naturschutz benannten Maßnahmen kann die Erreichung der bis 2020 gesteckten Ziele in Aussicht stellen. x Artenhilfsmaßnahmen, Arten- und Biotopschutzprogramme 1. Für hochgefährdete Arten werden Artenhilfsprogramme aufgestellt und umgesetzt. 2. Einer weiteren Einschleppung von invasiven Arten ist wirksam vorzubeugen, die Möglichkeit ihrer Bekämpfung ist zu prüfen, wenn diese heimische Arten oder Lebensräume gefährden. 3. Zum Schutz hochgradig gefährdeter Arten sind im Bedarfsfall Bestandsstützungen und Erhaltungskulturen bis hin zu Wiederansiedlungen vorzunehmen. 71 4. Bei allen Restflächen von Hoch-, Übergangs- und Flachmooren wird zur Entwicklung von Lebensräumen und als Kohlendioxidsenken die Möglichkeit einer Wiedervernässung geprüft. Bis 2020 sind 50% der geeigneten Flächen wieder zu vernässen. x Landschaftsplanung 5. Mit einer flächendeckenden Landschaftsrahmenplanung werden die Belange der Biodiversität, insbesondere der Biotopverbund, rechtzeitig zur Integration in eine künftig anstehende Fortschreibung der Regionalpläne aufbereitet und als Rahmen für die Landschaftspläne formuliert. 6. Das Land unterstützt die unteren Naturschutzbehörden bei den Landkreisen und kreisfreien Städten bei der Erarbeitung der Landschaftspläne methodisch und durch die termingerechte Bereitstellung aktueller Planungsgrundlagen, wie etwa Arten- und Biotopkartierungen sowie landesweite Konzepte zum Biotopverbund. Hierzu baut es das „Fachinformationssystem Naturschutz“ (LINFOS) weiter aus. x Biotopverbund 7. Bis 2020 ist ein Biotopverbundsystem unter Einbeziehung des „Grünen Bandes“ zu schaffen, mit dem Thüringen auf Grund seiner Lage im Herzen Europas eine Vernetzung der Lebensräume ermöglicht. Das Biotopverbundsystem wird als Teil einer flächendeckenden Landschaftsrahmenplanung biotoptypenbezogen konzipiert und für die Integration in die Gesamt- und Fachplanung aufbereitet. Dabei sollen Grünbrücken und andere Querungshilfen nicht nur bei Neu- oder Umbauten von Verkehrswegen, sondern auch bei bestehenden und von Tieren stark frequentierten Querungen von Straßen und Bahnstrecken eingerichtet werden. Als wichtige Vernetzungselemente sind auch die Gewässer und ihre Auen entsprechend zu entwickeln und zu nutzen. 8. Bis 2011 soll die Überprüfung des Alleenbestandes Thüringens abgeschlossen und ein Alleenentwicklungskonzept aufgestellt sein. 50 % der dort vorgeschlagenen Maßnahmen sollen bis 2020 umgesetzt sein. x Schutzgebiete/Nationale Naturlandschaften 9. Bis 2011 wird eine repräsentative Schutzgebietskonzeption für Thüringen erarbeitet, in der die weitere Naturschutzgebietsausweisung unter Berücksichtigung der Belange des Biotopverbundes und der mit dem Klimawandel einhergehenden Veränderungen festgelegt wird. Bis 2015 sind die für die Erhaltung der biologischen Vielfalt unverzichtbaren Kerngebiete als Naturschutzgebiete ausgewiesen, bis zum Jahre 2020 sind mindestens 2/3 der in der Konzeption genannten Gebiete als NSG ausgewiesen. 10. Bis 2011 wird geprüft, ob alle geeigneten Gebiete als Nationale Naturlandschaften ausgewiesen sind. Ebenso wird bis 2011 geprüft, welche weiteren Landschaftsschutzgebietsausweisungen erforderlich sind. 11. Bis 2011 wird ein Qualitätssicherungssystem für die Schutzgebiete nach Naturschutzrecht entwickelt, das hinsichtlich der Schutzgebietsbetreuung auch auf ehrenamtliches Engagement setzt. 12. Bis 2015 ist das Qualitätssicherungssystem für die Schutzgebiete eingeführt. 72 x Landschaftspflege 13. Die Förderprogramme der EU und des Landes werden über den Vertragsnaturschutz und die Förderung von Projekten konsequent zur Sicherung und Entwicklung der biologischen Vielfalt genutzt. Bei der Neugestaltung der Programme zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch die EU für die Förderperiode 2013 – 2020 bilden zielgerichtete Maßnahmen zur Sicherung der biologischen Vielfalt einen Schwerpunkt der Programmausrichtung. Die finanzielle Ausstattung der Förderprogramme wird im Rahmen der Evaluierung an dem Ziel der Sicherung der biologischen Vielfalt gemessen und bei Bedarf angepasst. 14. Die Maßnahmen nach KULAP werden fortgeführt und dahingehend angepasst, dass sie den Erhalt wildlebender Arten und die Agrobiodiversität unterstützen und noch mehr auf diese ausgerichtet werden. x Eingriffsregelung 15. Es findet eine konsequente Umsetzung der für die Eingriffsregelung seit der Änderung des Thüringer Naturschutzgesetzes 2006 möglichen Flexibilisierungen statt. 16. Bei allen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie bei Maßnahmen auf landeseigenen und kommunalen Flächen ist grundsätzlich autochthones Saat- und Pflanzgut im Außenbereich zu verwenden. 17. Es werden ausreichende Spenderflächen zur Gewinnung von Saat- und Pflanzgut aus heimischen und regionalen Herkünften bereitgestellt. x Monitoring 18. Für die europarechtlich geschützten Arten und Lebensräume, für die nach Naturschutzrecht streng geschützten Arten und für die Arten und Lebensräume des Artenkorbes der Öffentlichkeitskampagne wird ein Monitoring eingeführt. Dieses ist auf die Berichtspflichten nach der FFH-Richtlinie abzustimmen. Bis 2013 soll die Ersterfassung abgeschlossen sein, um eine aktuelle, landesweite Datengrundlage als Basis für Bestandsbewertungen vorliegen zu haben. x Natura 2000 19. Die Sicherung der NATURA 2000-Gebiete wird, insbesondere durch die kooperative Erarbeitung und Umsetzung der Managementpläne, konsequent umgesetzt. Für die Umsetzung der Managementpläne werden die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen. x Förderung von Projekten, weitere Maßnahmen 20. Unterstützung und Begleitung weiterer Naturschutzgroßprojekte ab 2009: z.B. Grünes Band Eichsfeld-Werratal, Grünes Band Rodachtal-Lange Berge-Steinachtal und LIFE+ - Projekt „Erhaltung und Entwicklung der Steppenrasen Thüringens“. 21. Initiierung und Fortführung von Einzelprojekten der Verwaltungen der NNL und ihrer Partner. 22. Das Land übernimmt aus den Flächen des „Nationalen Naturerbes“ weitere Bundesflächen zu Naturschutzzwecken. 23. Die Stiftung Naturschutz wird aufgewertet durch eine Erhöhung des Stiftungskapitals. 73 7.2.2 Aktionsfeld Gewässer 1. Die im Jahr 2008 begonnene AKTION FLUSS des TMLNU ist eine zentrale Säule der Thüringer Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt im Bereich der Gewässer. 2. Mit der AKTION FLUSS werden bis 2020 in erheblichem Umfang Maßnahmen zur Verbesserung der Flüsse, Talsperren und des Grundwassers durchgeführt. Die Maßnahmen dienen der Umsetzung der WRRL , der Verbesserung der aquatischen Lebensräume und dem vorbeugenden Hochwasserschutz. 3. Ein Schwerpunkt der umfangreichen Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur an Fliessgewässern sind der abschnittsweise Rückbau von Uferbefestigungen, die Duldung von Flusslaufveränderungen durch das Anregen von eigendynamischen Gewässerentwicklungsprozessen und die Einrichtung von Gehölzstreifen. Bis 2015 sind etwa 290 Maßnahmen an 41 Schwerpunktgewässern vorgesehen. Außerdem werden bis 2015 ca. 660 Querbauwerke durchgängig gestaltet. 4. Ein anderer Schwerpunkt der AKTION FLUSS ist die weitere Reduzierung der Nähr stoffeinträge (Stickstoff, Phosphor) in die Gewässer. In Abstimmung mit den kommunalen Aufgabenträgern werden zur Erreichung der Zielstellungen der WRRL verstärkt Abwassermaßnahmen gefördert, die zu zielgerichteten Frachtreduzierungen in den Gewässern führen 5. Durch das erstmalige Angebot von Agrarumweltmaßnahmen (Absenkung Stickstoff salden, Erosionsschutz) für den Gewässerschutz im Thüringer KULAP 2007-2013 wird ein weiterer Beitrag zur Verringerung der Nährstoffeinträge in die Gewässer geleistet. Diese Maßnahmen werden durch das Angebot von Bildungsveranstaltungen und die Initiierung von Kooperationen (Landwirtschaftsbetriebe, Landwirtschafts- und Wasserbehörden) flankiert. Ergänzend soll der Eintrag von Schadstoffen, Salzen undPflanzenschutzmitteln in die Gewässer weiter reduziert werden. 6. Im Rahmen der AKTION FLUSS sind allein bis 2015 Investitionen in Höhe von rund 400 Mio. € vorgesehen. 7. Quellen- und Quellbäche sind Reproduktionsstätten vieler speziell angepasster Arten die oft an der Basis wichtiger Nahrungsketten stehen. Im Rahmen von Projekten des Naturschutzes sind deshalb Quellbiotope, soweit möglich, von Verbauungen, insbesondere nicht mehr benötigten Quellfassungen und Ableitungen sowie Fremdmaterialien zu befreien. 7.2.3 Aktionsfeld Wälder Der Erhalt der Wälder und ihre naturnahe Bewirtschaftung sind für das „waldreiche“ Thüringen ein besonderer Schwerpunkt. Handlungsbedarf besteht insbesondere beim Umbau zu laubholzdominierten Mischwäldern und Laubmischwäldern, beim Erhalt seltener waldspezifischer Arten und Lebensräume sowie bei der Schaffung waldverträglicher Wilddichten. 1. Die herausgehobene Funktion des Waldes als vergleichsweise naturnaher Lebensraum und Rückzugsraum wildlebender Tier- und Pflanzenarten wird bei Vorhaben mit Waldflächeninanspruchnahmen besonders berücksichtigt. 2. Die Waldmehrung im Zuge von Erstaufforstungen unter vorzugsweiser Verwendung standortheimischer Baumarten oder dem Zulassen von Sukzessionen wird insbeson- 74 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. dere mit Blick auf ihre Funktion im Rahmen des Biotopverbundes (z.B. Rettungsnetz Wildkatze) und der Lebensraumdiversifizierung unterstützt. Die naturnahe Waldwirtschaft wird im Staatswald im Rahmen der besonderen Allgemeinwohlverpflichtung und Vorbildlichkeit fortgesetzt und im Körperschafts- und Privatwald durch fachkompetente Beratung/Betreuung sowie Förderung unterstützt. Zur Verbesserung der Lebensraumfunktion, der natürlichen Abwehrkraft sowie der Anpassungsmöglichkeiten an sich ändernde Rahmenbedingungen für das Waldwachstum (z.B. Klimawandel) werden im Kontext multifunktionaler Leistungsfähigkeit waldbauliche Entscheidungsgrundlagen unter Verwendung von Erkenntnissen der Naturwaldforschung weiterentwickelt. Darauf aufbauend wird der Waldumbau auf ökologischer Grundlage hin zu laubholzreichen Misch- sowie Laubmischwäldern mit entsprechend vielfältigeren Habitatstrukturen konsequent vorangetrieben. Der Laubbaumanteil soll angesichts der langen Entwicklungszeiten von Wäldern von aktuell 38 % bis 2100 auf mindestens 50 % der Waldfläche ausgedehnt werden. Durch gezieltes, möglichst trupp-, gruppen- oder horstweises Belassen von Habitatbäumen und Totholz werden im Staatswald Alters- und Zerfallsprozesse in die Waldbewirtschaftung integriert. Für den Privat- und Körperschaftswald werden nach Maßgabe des Haushalts über Förderinstrumente entsprechende Anreize gesetzt. Dadurch wird der Vernetzungsgrad von Alters- und Zerfallsstrukturen erhöht. Zudem steigt in Verbindung mit der Umsetzung von Naturschutzgroßprojekten, der Sicherung des Nationalen Naturerbes und des Grünen Bandes der Anteil nutzungsfreier Waldbereiche. Der Bodenschutz wird durch geeignete Technologien/Arbeitsverfahren verbessert. Durch Kompensationskalkungen wird unter Beachtung naturschutzfachlicher Restriktionen bei der Flächenauswahl ein Beitrag zur Abpufferung emissionsbedingter Versauerungen und dadurch bedingter Verarmungen der Bodenlebewelt geleistet. Die gemeinsam mit dem Landesjagdverband Thüringen e.V., dem Waldbesitzerverband Thüringen e.V. und dem Thüringer Verband für Jagdgenossenschaften und Eigenjagdinhaber e.V. aufgestellte Jagdstrategie zur Schaffung waldverträglicher Wilddichten wird weiterentwickelt. Spezielle Maßnahmen zur Sicherung bzw. Förderung von seltenen Lebensräumen, Arten und Genressourcen werden in Korrespondenz mit den Möglichkeiten des Vertragsnaturschutzes im Wald weitergeführt bzw. neu entwickelt. Dabei stehen auch ausgewählte repräsentative Waldflächen im Fokus, auf denen zugunsten lichtliebenderer Arten und Lebensgemeinschaften eine Bewirtschaftung in Anlehnung an historische Nutzungsarten erfolgt. 7.2.4 Aktionsfeld Agrarlandschaften x Entwicklung der Ökosysteme in den Agrarlandschaften 1. Die Biodiversität in den Agrarökosystemen muss weiter erhöht werden. Dazu sollen in der Ackerflächenbewirtschaftung durchgehend mindestens dreigliedrige Fruchtfolgen und bei den Hauptkulturen in allen Betrieben der Anbau möglichst vieler Sorten sichergestellt werden. Bis 2020 sollen die Populationen der wildlebenden Arten, die für die agrarisch genutzten Kulturlandschaften in Thüringen typisch sind, gesichert sein und wieder zunehmen. 2. Der Flächenanteil von Grünland und extensiv genutzten Dauerkulturen (Streuobstwiese, Hutungen, Gehölzflächen) an der landwirtschaftlichen Fläche soll bis 2020 erhalten bleiben. Streuobstwiesen sollen durch Nachpflanzungen mit Gehölzen alter 75 Obstsorten und innovative Nutzungsansätze aufgewertet werden. Der Flächenanteil des artenreichen Grünlandes soll auch über die Förderperiode 2007 – 2013 hinaus erhalten bleiben. 3. Für den faunistischen Artenschutz (Feldhamster, Rotmilan, Wiesenbrüter, u.a.) sind Flächen zu erhalten und die geförderten Flächen um möglichst 20 % auszudehnen. x Stärkung von Biotopen mit spezieller naturschutzfachlicher Bedeutung 4. Bis 2020 sollen die Flächen spezieller naturschutzfachlich wertvoller Agrarbiotope gezielt ausgedehnt werden. Angestrebt werden eine Aufstockung der Steppenrasenflächen um 10 % und der Bergwiesen um 5 %. Die Flächen der Kalkmagerrasen und Halbtrockenrasen sowie der Feuchtwiesen sollen erhalten werden. 5. Außerdem wird die Fläche naturnaher Landschaftselemente wie Hecken und Feldgehölze gezielt um 5 % erhöht werden. Speziell muss über zusätzliche uferbegleitende Gehölzpflanzungen ein Beitrag zum Klimaschutz und Erhalt der biologischen Vielfalt geleistet werden. 6. Bei den Agrarumweltmaßnahmen muss auch künftig die Sicherung der biologischen Vielfalt einen inhaltlichen Schwerpunkt bilden. Die Maßnahmen für den In-situ-Erhalt besonderer Biotope auf dem Acker, dem Grünland und für Streuobstwiesen werden fortentwickelt und weiter gefördert. x Erhaltung der genetischen Vielfalt 7. Zur Erhaltung alter Nutztierrassen und Pflanzensorten sind eine Reihe von Einzelmaßnahmen erforderlich: Arten-/Rassen- und Lebensraumkorb Thüringen, Aufbau von Erhaltungszuchtprogrammen, Ausbau von Arche-Höfen als Objekte zum OnFarm-Erhalt, Unterstützung von Zuchtorganisationen, Marketing, Intensivierung der zugehörigen Fördermaßnahmen. 8. Bis 2020 werden die Verwendungsmöglichkeiten seltener Kulturpflanzen als Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen oder nachwachsende Rohstoffe verstärkt weiter erforscht. x Begleitmaßnahmen 9. Es wird eine wissenschaftliche Analyse und Bewertung des Einflusses der derzeitigen intensiven Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft auf die biologische Vielfalt durchgeführt. Daraus sind Nutzungssysteme abzuleiten, die zum besseren Erhalt der biologischen Vielfalt in die Betriebsabläufe integriert werden können. 10. Es erfolgt eine monetäre Bewertung von gezielt erbrachten zusätzlichen Maßnahmen und Leistungen für die Agrobiodiversität und den Erhalt genetischer Ressourcen. Daraus sind Vorschläge für die Weiterentwicklung und Gewichtung der Förderinstrumente und eine Anpassung der Fördersätze abzuleiten. 11. Es wird eine Marketingaktion „Verbraucher fördern biologische Vielfalt“ etabliert. 7.2.5 Aktionsfeld Bildung und Gesellschaft 1. Aspekte zur Erhaltung der biologischen Vielfalt sollen in den Thüringer Aktionsplan zur Umsetzung der Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ integriert werden. Sowohl Umweltbildungsmaßnahmen als auch Maßnahmen zur Bildung für nachhaltige Entwicklung sind auszuweiten. Ein deutlicher Ausbau und eine Weiterentwicklung der bisherigen Aktivitäten der Naturschutz- und Forstverwaltung (z.B. Waldpädagogik) sollen bis zum Ende der UN-Dekade erreicht werden. 76 2. Es bedarf der Etablierung einer speziellen Beratung zur Sensibilisierung der Landwirte und Verbraucher für Agrobiodiversität und zum Erhalt der genutzten biologischen Vielfalt. 3. Naturkundliche Museen und Hochschulinstitute erhalten ihre Bedeutung als Zentren der Faunistik und Floristik sowie als Förderer des entsprechenden Nachwuchses zurück. 4. Fachvereinigungen und ehrenamtlich für den Naturschutz Tätige werden bei ihren Aktivitäten durch die Naturschutzbehörden unterstützt und leisten Ihrerseits wichtige Beiträge zur Dokumentation und zum Schutz der Vielfalt. Für die ehrenamtliche Mitarbeit an behördlichen Kartierungsprojekten sowie bei der Betreuung von Schutzgebieten wird eine Aufwandsentschädigung gezahlt. 5. Fortführung eines integrierten Naturschutzes durch Beibehaltung und Weiterentwicklung der schwerpunktmäßig kooperativen Zusammenarbeit von Naturschutz und Land-, Wasser-, Forst- und Fischereiwirtschaft und der Landentwicklung als Ergänzung zum Ordnungsrecht. ANHANG Steckbriefe der Arten/Rassen und Lebensräume des Arten-/Rassen und Lebensraumkorbes (fehlt noch) Quellenverzeichnis: Literatur zur Biodiversitätstsrategie BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ(2007): AGROBIODIVERSITÄT ERHALTEN, POTENZIALE DER LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT ERSCHLIEßEN UND NACHHALTIG NUTZEN, EINE STRATEGIE DES BMELV FRITZLAR, F., S. KLAUS, A. NÖLLERT & W. WESTHUS, unter Mitarb. v. M. GROSSMANN, R. HAUPT, U. V. HENGEL, W. HIEKEL, H. WENZEL & J. WIESNER (2000): Naturschätze in Thüringen. - Arnstadt & Weimar FRITZLAR, F., U. V. HENGEL & W. WESTHUS (2009): Der Erhaltungszustand von Arten und Lebensraumtypen der Fauna-Flora-Habita-Richtlinie in Thüringen. - Landschaftspflege u. Naturschutz Thür. 46 (1) im Druck GROSSMANN, M., U. V. HENGEL, P. KRÄMER & W. WERRES (1994): Das Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP) - ein Fachkonzept zur Sicherung der biologischen Vielfalt in Thüringen.- Landschaftspflege u. Naturschutz Thür. 31 (1): 13-22 HIEKEL, W., F. FRITZLAR, R. HAUPT, S. KLAUS, U. LAEPPLE, A. NÖLLERT, E. REISINGER, A. STREMKE, H. WENZEL, W. WESTHUS & J. WIESNER (1994): Wissenschaftliche Beiträge zum Landschaftsprogramm Thüringens.- Schriftenr. Thür. Landesanstalt für Umwelt N2/94: 1-105 u. Anlagen Institut für Vegetationskunde und Landschaftsökologie (2002): Modifizierung der Methodik der Offenland-Biotopkartierung mit dem Ziel der Berücksichtigung der FFHLebensraumtypen und der FFH-Berichtspflicht.- Hemhofen-Zeckern. Zuletzt aktualisiert September 2007.Bearbeitung: IVL: Dipl.-Ing. Peter Lauser, Dipl.-Biol. Robert Zintl ,TLUG Jena: U. van Hengel, Dr. W. Westhus 77 Institut für Vegetationskunde und Landschaftsökologie (2006): Entwicklung von Geometrien der Lebensraumtypen in FFH-Gebieten aus den Geometrien der Biotopkartierungen. Dokumentation des Arbeitsablaufes.- Jena KÖHLER, G. (2001): Fauna der Heuschrecken (Ensifera et Caelifera) des Freistaates Thüringen. – Naturschutzreport H. 17, Jena KORNECK, D., SCHNITTLER, M., KLINGENSTEIN, F., LUDWIG, G., TAKLA, M., BOHN, U. & MAY, R. (1998): Warum verarmt unsere Flora? Auswertung der Roten Liste der Farnund Blütenpflanzen Deutschlands. – Schriftenr. Vegetationsk. 29: 299-444 KORSCH, H. & W. WESTHUS (2004): Auswertung der Floristischen Kartierung und der Roten Liste Thüringens für den Naturschutz. – Haussknechtia 10: 3-67 KORSCH, H., WESTHUS, W. & ZÜNDORF, H.-J. 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Westhus, U. van Hengel Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (2008): DVD – Flüsse, Seen, Grundwasser – Anhörung 2009 (einschließlich Thüringer Landesbericht zur Aufstellung der Bewirtschaftungsplan- und Maßnahmenprogrammentwürfe gemäß WRRL) Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (2007): Beseitigung von kommunalem Abwasser im Freistaat Thüringen – Lagebericht 2006 nach Artikel 16 der EU-Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser (91/271/EWG) THUST, R., G. KUNA & R.-P. ROMMEL (2006): Die Tagfalterfauna Thüringens. Zustand in den Jahren 1991 bis 2002. Entwicklungstendenzen und Schutz der Lebensräume – Naturschutzreport H. 23, Jena TRESS, J., C. TRESS & K.-P. WELSCH (1994): Fledermäuse in Thüringen. Kartierungsergebnisse der Interessengemeinschaft Fledermausschutz und -forschung in Thüringen. – Naturschutzreport H. 8, Jena WERRES, W., H. WENZEL, W. WESTHUS, F. FRITZLAR & A. HENKEL (2004): Das FFHGebietsnetz in Thüringen. - Landschaftspflege u. Naturschutz Thür. 41 (3) 68 – 85 WESTHUS, W. &. F. FRITZLAR in Zusammenarbeit mit dem Fachbeirat für Arten- und Biotopschutz (2002): Tier- und Pflanzenarten, für deren globale Erhaltung Thüringen eine besondere Verantwortung trägt. - Landschaftspflege u. Naturschutz Thür. 39 (4, Sh.): 97-135 WESTHUS, W., H. WENZEL &. F. FRITZLAR (2007): Thüringer Landschaftsteile mit bundesweiter Bedeutung für den Naturschutz. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 43: 245-277 ZIMMERMANN, W., F. PETZOLD & F. FRITZLAR (2005): Verbreitungsatlas der Libellen (Odonata) im Freistaat Thüringen. – Naturschutzreport H. 22, Jena ZÜNDORF, H.-J., K.-F. GÜNTHER, H. KORSCH & W. WESTHUS (2006): Flora von Thüringen. Jena