Interaktionen mit psychiatrischen Arzneimitteln – Klinische Relevanz

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Interaktionen mit psychiatrischen Arzneimitteln –
Klinische Relevanz und Gewichtung
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Prof. Dr. Kristina Friedland
Molekulare und Klinische Pharmazie
FAU Erlangen/Nürnberg
Psychopharmaka – die wichtigsten
Substanzklassen
Psychopharmaka
Beispiele
Antidepressiva
Trizyklika, SSRI, MAO-Hemmer …
Antipsychotika
Klassischen oder atypische
Antipsychotika
Phasenprophylaktika
Antiepileptika
Anxiolytika, Sedativa
Benzodiazepine, Z-Substanzen
Antidementiva
Acetylcholin-Esterase-Hemmstoffe
Medikamente zur Behandlung von
Abhängigkeit oder Entzugssyndromen
Clomethiazol
Andere Medikamente
Opipramol
Arzneimittelinteraktionen
Pharmakodynamik
Interaktion
bei der
Verteilung
Gleiche
Wirkstoffe
Gleiche
Wirkung
Pharmakokinetik
Interaktion
am Rezeptor
Interaktion
durch
verschiedene
Wirkungen
Interaktion
bei
Elimination
Interaktion
bei der
Resorption
Interaktion bei
der
Metabolisierung
Fallbeispiel
• 64-jähriger männlicher Patient, derzeit stationär zur
Versorgung des Pyoderma gangränosum
• Chronische Depression, Hypothyreose, Diabetes mellitus
Typ 2, arterielle Hypertonie, Pyoderma gangränosum
• Medikation: Hydrochlorothiazid, Torasemid, Ramipril,
Pantoprazol, Carbimazol, Citalopram, Metformin,
Ciclosporin, Fentanyl-TTS, Ibuprofen, Amitriptylin
• Symptome: Patient zittert, friert, halluziniert seit heute
• Woran könnte das liegen?
Strobach 2012 Arzneimitteltherapie
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- Serotoninsyndrom
• Seltene Nebenwirkung bzw. Wechselwirkung von Pharmaka
mit einer serotonergen Wirkkomponente.
• Potentiell lebensbedrohlich.
• Tritt normalerweise innerhalb der ersten 24 Stunden der
Therapie auf.
• Symptome: Trias aus Fieber, neuromuskuläre Symptome,
psychopathologische Auffälligkeit.
• Weitere Symptome: GI-Störungen, vitale bedrohliche
Komplikationen wie epileptische Anfälle,
Herzrhythmusstörungen, Koma, Multiorganversagen
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- Serotoninsyndrom
• Entsteht durch die Kombination von 2 Substanzen die
Serotonin-verstärkende Effekte besitzen.
Mechanismus
Arzneimittelkombinationen, die moderate bis
hohe klinische Relevanz besitzen, ein
Serotoninsyndrom auszulösen
Erhöhte Serotonin Produktion
L-Tryptophan + MAO Hemmer
Erhöhte Serotonin Freisetzung aus
Neuronen
Amphetamin + MAO Hemmer
Verminderte Serotonin-Wiederaufnahme
Tramadol/Pethidin + MAO Hemmer od. SSRI
Clomipramin + MAO Hemmer
SSRI, Venlafaxin + MAO Hemmer, Buproprion
MAO Hemmung
Moclobemid7Tranylcypromin + SSRI, Venlafaxin
Linezolid + SSRI
Frage 1
• Welches SSRI hat die längste Halbwertszeit?
•
•
•
•
•
Citalopram
Paroxetin
Sertralin
Fluoxetin
S-Citalopram
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- Serotoninsyndrom
• Weiter Substanzen, die ein Potential besitzen in Kombination mit
SSRI ein Serotoninsyndrom auszulösen
• Lithium
• Selegelin
• Gefahr der Kombination von Triptanen und SSRI ein SerotoninSyndrom auszulösen wurde deutlich überschätzt.
• Cave: Die Halbwertszeit der kombinierten Substanzen ist wichtig!
• Gegenmaßnahmen:
• Absetzen der Kombination (in 90 % der Fälle ausreichend)
• Bei Persistenz Cyproheptadin (Peritol) 4 – 8 mg initial bis 0,5 mg pro kg/KG
• Bei Komplikationen intensivmedizinische Versorgunge
Fallbeispiel
• 70-jähriger Patient mit einer langjährigen Psychose, seit
Jahren wahnhaftes Erleben mit Verfolgungsideen und
Halluzinationen.
• Wurde bisher mit unterschiedlichsten Antipsychotika
behandelt. Vor dem jetzigen stationären Aufenthalt
Exazerbation der Symptomatik unter Quetiapin 300 mg/d.
• In der Klinik Eingangs-EKG (QT-Zeit 417 ms), unauffällige
kardiovaskuläre Anamnese bis auf eine arterielle Hypertonie,
die mit Captopril gut eingestellt ist.
• In der Klinik Erhöhung der Quetiapin Dosis auf 700 mg/d.
Keine Besserung der Symptomatik nach 3 Wochen.
• Quetiapin Dosierung wurde auf 350 mg/d gesenkt und es
wurde Ziprasidon 160 mg/d langsam aufdosiert.
• Erneutes EKG zeigt QT-Zeit von 482 md, Extrasystolen,
Patient berichtet von Herzstolpern.
Minov 2004 Psychiat. Praxis
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- QT Zeit Verlängerung Risikofaktoren
• Alter > 65 Jahre,
• weibliches Geschlecht (längeres QTc-Intervall als Männer und
zweifach höheres Risiko für medikamenteninduzierte TdP),
• myokardiale Hypertrophie (zum Beispiel bei arterieller
Hypertonie),
• kongenitales QT-Syndrom,
• Bradykardien (führen per se zur QTc-Verlängerung:
Sinusbradykardie; AV-Blockierungen 2. und 3. Grades),
• Elektrolytstörungen (Hypokaliämie; Hypomagnesiämie),
• und hohe Plasmakonzentrationen bei
Überdosierung/Intoxikation, bei gleichzeitiger Hemmung des
Metabolismus durch die Begleitmedikation
• und/oder der Ausscheidung auf Grund von Nieren- oder
Leberinsuffizienz gehemmt.
Wenzel-Seifert et al. 2011 Dtsch. Ärztebl. Int.
Psychopharmaka mit dem Risiko einer moderaten
und deutlichen QT Zeit Verlängerung
Substanzklasse
Arzneistoffe
Hoch-potente klassische Antipsychotika
Thioridazin, Pimozid, Haloperidol
Niedrig-potente klassische Antipsychotika
Chlorpromazin, Melperon, Levomepromazin
Atypische Antipsychotika
Ziprasidon, Sertindol, Quetiapin,
Rispersidon, Clozapin, Sulpirid
Tri-/tetrazyklische Antidepressiva
Amitriptylin, Doxepin, Imipramin,
Clomipramin, Desipramin
SSRI
Fluoxetin
Andere Antidepressiva
Lithium
Sedativa und andere Psychopharmaka
Methadon, Levomethadon
Wenzel-Seifert et al. 2011 Dtsch. Ärztebl. Int.
Wenzel-Seifert et al. 2011 Dtsch. Ärztebl. Int.
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- QT Zeit Verlängerung Maßnahmen
• Aufzeichnung eines EKGs zu Therapiebeginn und unter SteadyState-Bedingungen,
• EKG Kontrollen in regelmäßigen Abständen bei Risikopatienten
sowie zusätzlicher QT-verlängernder Begleitmedikation,
• Kontrolle der Serumkaliumspiegel,
• Cave Elektrolytverluste (Diarrhö, Erbrechen, Diuretika),
• Bei QT-Zeit > 500 ms, normalen Serumkaliumspiegeln und
normaler QRS-Dauer sollte das Medikament trotzdem abgesetzt
werden,
• Cave: Neuauftretende Symptome wie Schwindel, Snkopen,
Krampfanfälle,
• Bei stark verlängertem QT-Intervall Zufuhr Magnesiumsulfat.
Wenzel-Seifert et al. 2011 Dtsch. Ärztebl. Int.
Fallbeispiel
• 72-jährige Patientin mit folgenden Diagnosen: arterielle
Hypertonie, unipolare Depression, Osteoporose, Zustand
nach transistorischer ischämischer Attacke (TIA)
• akut stationäre Aufnahme wegen Teerstuhl,
gastroskopisch wurde ein blutender Magenulkus
festgestellt.
• Medikation: Ramipril, Hydrochlorothiazid, ASS,
Alendronsäure, Diclofenac, Citalopram
• Woran könnte das liegen?
Strobach 2012 Arzneimitteltherapie
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- erhöhtes Blutungsrisiko
• Physiologische Funktion von Serotonin bei der Blutgerinnung
• SSRI hemmen auch die Wiederaufnahme von Serotonin in die
Thrombozyten und konsekutiv natürlich zu einer reduzierten
Plättchenaktivierung.
Maurer-Spurej 2005 CMLS Cell. Mol. Life Sci., Strubel et al. 2010 Der Nervenarzt
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- erhöhtes Blutungsrisiko
• Am häufigsten dokumentierten Blutungsereignisse unter SSRI
betreffen GI-Blutungen.
Maurer-Spurej 2005 CMLS Cell. Mol. Life Sci., Strubel et al. 2010 Der Nervenarzt
Frage 2
• Ist das erhöhte Blutungsrisiko nur für SSRI beschrieben?
• Nein, alle Antidepressiva erhöhen das Blutungsrisiko.
• Ja, nur SSRI erhöhen das Blutungsrisiko.
• Nein, es kommt auf die Affinität der Substanz zur SerotoninTransporter an.
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- erhöhtes Blutungsrisiko
• Nicht dosisabhängig
• Abhängig von der Affinität am Serotonin-Transporter bzw. an
Serotoninrezeptoren.
• Hohe Affinität zum Serotonin-Transporter: Fluoxetin, Sertralin,
Paroxetin, Clomipramin
• Mittel hohe Affinität: Fluvoxamin, Citalopram, Venlafaxin, Amitriptylin,
Imipramin
• Niedrige Affinität: Mirtazapin, Buproprion, Doxepin, Moclobemid
Maurer-Spurej 2005 CMLS Cell. Mol. Life Sci., Strubel et al. 2010 Der Nervenarzt
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- erhöhtes Blutungsrisiko
• Überadditive Effekte
Maurer-Spurej 2005 CMLS Cell. Mol. Life Sci., Strubel et al. 2010 Der Nervenarzt
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- erhöhtes Blutungsrisiko
• Am häufigsten dokumentierten Blutungsereignisse unter SSRI
betreffen GI-Blutungen.
• Zu Beginn der Therapie sollte explizit nach vorangegangenen
gastrointestinalen Blutungsereignissen gefragt werden sowie nach
Störungen der Blutgerinnung und Thrombozytenfunktion und einer
bestehenden Medikation.
• Deutliche Risikoreduktion durch die Gabe von Antazida bzw.
Protonenpumpenhemmern.
• Es sollte ein Antidepressivum mir einer geringeren
Serotoninwiederaufnahmehemmung bevorzugt werden wie
Mirtazapin, Doxepin oder Buproprion.
• Meist glimpflich
Maurer-Spurej 2005 CMLS Cell. Mol. Life Sci., Strubel et al. 2010 Der Nervenarzt
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- erhöhtes Blutungsrisiko
• Andere Blutungsereignisse – erhöhen SSRI hämorrhagische
Schlaganfälle?
Maurer-Spurej 2005 CMLS Cell. Mol. Life Sci., Strubel et al. 2010 Der Nervenarzt
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- erhöhtes Blutungsrisiko
• Cumarine und SSRI
• Klinisch gut abschätzbar durch die Messung des INR
Maurer-Spurej 2005 CMLS Cell. Mol. Life Sci., Strubel et al. 2010 Der Nervenarzt
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- erhöhtes Blutungsrisiko
Tebonin Fachinformation, Rote Liste 2010
Sind Kombinationen mit Warfarin oder ASS
gefährlich?
Jiang et al. Effects of ginkgo and ginger on the pharmacokinetics and pharmacodynamics of warfarin
in healthy subjects 2005 Br J Clin Pharmacol
Wolf H.R:D. Does Ginkgo biloba special extract Egb 761 provide additional effects on coagulation
and bleeding when added to Acetylsalicylic Acid 500 mg/d. 2006 Drugs RD
Sind Kombinationen mit Warfarin oder ASS
gefährlich?
Patienten (Placebo n=26; Ginkgo n= 29) wurden mit 325 mg/d ASS in Kombination
mit Ginkgo EGb 761 (300 mg/d) für 4 Wochen behandelt.
Zusammenfassung der klinischen Studien
Studie
Arzneistoffkombination
Effekt
Aruna & Naidu, Br J Clin
Pharmacol. 2006
Ginkgo (120 mg) + Cilostazol
(Pletal®, 100mg) oder +
Clopidogrel (Plavix®, 75 mg)
(0 und 6 h nach Einnahme)
Keine Veränderung der
Plättchen Aggregation aber bei
Cilostazol Verlängerung der
Blutungszeit
Engelsen Thromb Haemost.
2002
Ginkgo (100 mg) + Warfarin
(Coumadin®, 36 mg/Woche)
(5 Wochen)
Kein Effekt auf INR
Gardner et al., Blood
Coagulation and Fibrolysis .
2007
Ginkgo (300mg/d) + ASS
(325mg/d)
(4 Wochen täglich)
Kein Effekt auf Koagulation
Jiang et al, Br K Clin
Pharmacol. 2004
Ginkgo (120 mg, 7d) + Warfarin
(Coumadin®, 25 mg einmalig)
Keine Effekte auf INR und
Plättchen Aggregation
Kim et al., Clinical
Therapeutics. 2010
Ginkgo ( 80 mg) + Ticlopidine
(Tiklyd® 250mg) einmalig 5, 12,
48 h Messung
Keine Zunahme der
Blutungszeit
Fallbeispiel
• 40-jähriger Patient, bipolare Störung, akut manische
Symptomatik
• Patient hat nach dem letzten stationären Aufenthalt seine
Medikation abgesetzt. Da eine niedrige Compliance zu
erwarten war, wurde auf Lithium verzichtet.
• Zur Therapie der akuten Manie wird als
Phasenprophylaktikum Valproinsäure angesetzt und zur
Behandlung der manischen Symptome Olanzapin.
Zusätzlich erhält der Patient zur Beruhigung Diazepam.
• Der Patient erscheint bei dem Gespräch mit der
Stationsapothekerin sediert.
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
- Sedation
• Eine additive Sedation kann in der Psychiatrie erwünscht sein.
• Jedoch kann diese additive Sedation bei der Langzeittherapie
Probleme verursachen.
• Hierdurch kann es auch zu Störungen der Kognition,
Erinnerungsfähigkeit und der Funktionalität im Alltag kommen.
• Cave: Tüchtigkeit im Verkehr
• Sedierende Antidepressiva: Amitriptylin, Doxepin, Mirtazapin,
Trimipramin, Trazodon
• Sedierende Phasenprophylaktika: Carbamazepin,
Valproinsäure
• Benzodiazepin (Dosierung, Halbwertszeit, Gewöhnung)
Fallbeispiel
• 75-jährige Patientin mit folgenden Diagnosen: chronische
unipolare Depression, Hypertonie, Typ 2 Diabetes
• Stationäre Aufnahme aufgrund kognitiver Probleme seit
knapp einem Monat, Abklärung einer Demenz
• Medikation: Metoprolol, Hydrochlorothiazid, Citalopram,
Quetiapin, seit ca. 5 Wochen aufgrund von
Schlafstörungen zur Nacht Amitriptylin
• Woran könnte das liegen?
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
– Anticholinerge Effekte
• Durch Psychopharmaka oder Opioide bedingt
• Periphere Symptome: Akkomodationsstörungen,
Mundtrockenheit, Miktionsstörungen, Sinustachykardie,
Obstipation
• Zentrale Symptome: Gedächtnisstörung, Verwirrtheit,
Erhöhung des Sturzrisikos, Delir
• Kumulative Effekte, besonders sensitiv alte Patienten
• Besonders zu Beginn der Therapie überwachen
Strobach 2012 Arzneimitteltherapie
Pharmakodynamische Arzneimittelinteraktionen
– Anticholinerge Effekte
Substanz
Anticholinerger
Score
Substanz
Anticholinerger
Score
Alprazolam
1
Imipramin
3
Amitriptylin
3
Methadon
2
Buproprion
1
Morphin
1
Carbamazepin
1
Nortriptylin
3
Chlorpromazin
3
Olanzapin
1
Codein
1
Paroxetin
2
Desipramin
2
Quetiapin
2
Diazepam
1
Risperidon
1
Doxepin
3
Thioridazin
3
Fluoxetin
1
Tramadol
2
Strobach 2012 Arzneimitteltherapie
Arzneimittelinteraktionen
Pharmakodynamik
Interaktion
bei der
Verteilung
Gleiche
Wirkstoffe
Gleiche
Wirkung
Pharmakokinetik
Interaktion
am Rezeptor
Interaktion
durch
verschiedene
Wirkungen
Interaktion
bei
Elimination
Interaktion
bei der
Resorption
Interaktion bei
der
Metabolisierung
Frage 3
• Ist es sinnvoll bei psychiatrischen Patienten TDM zu
machen?
• Ja, TMD sollte immer bei psychiatrischen Patienten zur
Kontrolle der Adhärenz durchgeführt werden.
• Nein, TDM ist nicht notwendig.
• Wenn ein Patient nicht auf ein Psychopharmakon anspricht,
kann TDM ins Auge gefasst werden.
Fallbeispiel
• 35-jähriger Patient, schwere unipolare Depression
• Venlafaxin 150 mg/d; Buproprion 150 mg/d
• Patient leidet unter starker Ruhelosigkeit, Tremor, und
einem systolischen Blutdruckanstieg von 15 mm HG
• Ein TDM wird angeordnet:
• Plasmaspiegel Venlafaxin 715 ng/ml, aktiver Metabolit ODesmethylvenlafaxin (CYP2D6) 104 ng/ml
• Therapeutischer Bereich 100 – 140 ng/ml; Dosisbezogener
Bereich 68 – 140 ng/ml
• Poor Metabolizer?
Hiemke Universität Mainz TDM Vorlesung 20
Fallbeispiel 2
• 40-jährige Patientin, Unruhe, Tremor, erhöhter Puls (110)
• Nach dem letzten Suizidversuch wurde vor 2 Monaten
Venlafaxin angesetzt (75 mg/d). Die Dosierung wurde
stetig auf 225 mg/d gesteigert.
• Sonstige Laborparameter unauffällig
Wijnen et al. 2009 Ann Clin Biochem
Pharmakokinetische Interaktionen – Beispiele
• CYP1A2
•
•
•
•
Kombination: Fluvoxamin + Theophyllin
Fluvoxamin hemmt den Abbau von Theophyllin
Geringe therapeutische Breite
Klinische Erscheinungsbild: Tremor, ausgeprägte Tachykardie
• CYP1A2
• Agomelatin: Erhöhung Plasmaspiegel durch Inhibitor
Fluvoxamin (AUC 17-facher Anstieg) oder durch Östrogene
• Erniedrigung der Plasmaspiegel durch Zigarettenrauch genau
wie bei Duloxetin
• Absetzen von Carbamazepin sonst Anstieg der Quetiapin
Konzentration
Eckert 2009 Therapeutische Umschau; Hiemke Universität Mainz TDM Vorlesung 2012
Pharmakokinetische Interaktionen – Beispiele
• CYP3A4
• Carbamazepin + Aripirazol
• Absenken der Wirkspiegel von Aripirazol um knapp 70
%
• Therapeutische Drug Monitoring falls diese
Kombination notwendig
• Carbamazepin + Quetiapin -> Absenken Spiegel,
Kombi meiden oder TDM und Erhöhung der Quetiapin
Dosierung, kein schnelles
Eckert 2009 Therapeutische Umschau; Hiemke Universität Mainz TDM Vorlesung 2012
Pharmakokinetische Interaktionen – Gestörte
Nierenfunktion
• 45-jährige Patientin mit akutem psychotischem Schub
• Seit 1 Woche unter der Therapie mit Amisulprid
(800mg/d)
• TDM als Verlaufskontrolle
• Plasmaspiegel 756 ng/ml, therapeutischer Bereich 100 –
320 ng/ml, Dosisbezogener Bereich 400 – 535 ng/ml
• Amisulprid wird renal eliminiert
• Anschließend Überprüfung der Clearance 52 ml/min
Hiemke Universität Mainz TDM Vorlesung 2012
Pharmakokinetische Interaktionen – Gestörte
Nierenfunktion
• Lithium, engmaschige Überwachung der Plasmaspiegel
notwendig und der Nierenfunktion
• Zielbereich als Phasenprohylaktikum: 0.6 – 0.8 mmol/L
• Zielbereich bei einer akuten Manie: 1 – 1.2 mmol/L
• Cave: Kombination mit HCT oder ATI Antagonisten oder
ACE Hemmern
• Cave: Kombination z.B. Diclofenac, Ibuprofen
Pharmakokinetische Interaktionen –
Metabolismus
• Hautreaktionen – Gefahr eines Steven-Johnson Sydroms
bzw. toxische epidermale Nekrose
• Lamotrigin, erhöhte Wirkstoffkonzentration durch
Kombinationen, die die Verstoffwechslung über die UDPGlucuronnyltransferasen (UGT) hemmen wie z.B.
Valproinsäure oder Sertralin
• Valproinsäure + Aripiprazol
Arzneimittelinteraktionen
Pharmakodynamik
Interaktion
bei der
Verteilung
Gleiche
Wirkstoffe
Gleiche
Wirkung
Pharmakokinetik
Interaktion
am Rezeptor
Interaktion
durch
verschiedene
Wirkungen
Interaktion
bei
Elimination
Interaktion
bei der
Resorption
Interaktion bei
der
Metabolisierung
Medikationsmanagement in der Psychiatrie
• Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik am
Universitätsklinikum Erlangen
• 2 offen und 2 beschützt geführte Stationen
• Ambulanzen und Tagesklinik
• 2 Pharmazeutinnen in Zusammenarbeit mit Psychiatern und
Pflegepersonal
Kontrollgruppe
01.09.12 – 31.03.13
136 Patienten
Interventionsgruppe
04/13
01.05.13 – 31.12.13
133 Patienten
Ergebnisse ABP – Anzahl und Art
In der Interventionsphase wurden die ABPs sehr gut gelöst.
Ergebnisse Interaktion
Ergebnisse
Danke für die Aufmerksamkeit
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/uploads/pics/aminteraktionen_ID2_129943.jpg
Prof. Dr. Kristina Friedland
Molekulare und Klinische Pharmazie
FAU Erlangen/Nürnberg
Gibt es fundierte Hinweise auf eine erhöhte Blutungsneigung
durch Ginkgo biloba Extrakt?
Blutungen unter der Gabe von Ginkgo-biloba-Extrakten – Cave Kombination mit
Gerinnungshemmern!
„Patienten, die Ginkgo-biloba-Extrakte einnehmen, sind offensichtlich gefährdet,
bei Operationen oder spontan (Organeinblutungen, zum Beispiel intrazerebral)
Blutungskombinationen zu erleiden“
Arzneimittelkomission der deutschen Ärzteschaft 2002
Worauf beruhte die Einschätzung der Arzneimittelkomission?
Rowin J., Lewis SL. Spontaneous bilateral subdural hematomas associated withchronic
ginkgo biloba ingestion. (1996) Neurology 46:1775-1776
Vale S. Subarachnoid haemorrhage associated with Ginkgo biloba. (1998) Lancet
352:36
Matthews MK. Association of Ginkgo biloba with intracerebral hemorrhage. (1998)
Neurology 50:1933-34
Rosenblatt M., Mindel J. Spontaneous hyphema associated with ingestion of Ginkgo
biloba extract. (1997) N Engl J Med 336: 1108
Welche Mechanismen werden hier diskutiert?
Zielstruktur
Primäre Wirkung
Sekundärer Effekt
Thrombozyten
Aggregationshemmung (PAF
Antagonismus)
Verlängerte Blutungszeit
Gerinnungskaskade
Einfluss auf
Gerinnungsfaktoren
Verzögerung der Hämostase
Erythrozyten
Erhöhung der
Deformierbarkeit
Verringerte Blutviskosität
Gefäße
NO- und Prostacyclinfreisetzung
Vasodilation
Gewebe
Erhöhte Durchblutung
Verbesserte Versorgung
Kloft C. & Kellermann A. Blutungsneigung durch Ginkgo biloba Extrakt? 2009 PharmUZ
Plättchen aktivierender Faktor und Ginkgo biloba
Studie mit 6 gesunden Probanden
Ginkgolid B 80 mg oder 120 mg appliziert und PAF Antagonismus untersucht
CAVE: Zusammensetzung des standardisierten Extraktes
• 5 bis 7 % Terpenlaktone, davon 2,8 bis 3,4 % Ginkgolide
A, B und C sowie 2,6 bis 3,2 % Bilobalid;
• 22 bis 27 % Flavonglykoside, bestimmt als Quercetin,
Kämpferol und Isorhamnetin.
Was bedeutet das für die verwendeten Ginkgolid B Konzentrationen? Tebonin 120
oder Tebonin intens 240 mg enhält maximal 4,08 oder 8,16 mg Ginkgolide A, B
und C.
Chung et al. Effect of a ginkgolide mixture (BN 52063) in antagonising skin and plateket
responses to platelet activating factor in men. 1987 Lancet
Plättchen aktivierender Faktor und Ginkgo biloba
Kontrolle
Ginkgolid B 80 mg
Ginkgolid B 120 mg
Plättchenaggregation induziert mit PAF bei Probanden, die mit viel zu hohen Konzentrationen
Ginkgolid B behandelt wurden. Hier auch kein signifikanter Effekt.
Chung et al. Effect of a ginkgolide mixture (BN 52063) in antagonising skin and plateket
responses to platelet activating factor in men. 1987 Lancet
Schlussfolgerungen der Metaanalyse
• Obwohl es immer wieder Case Reports gibt, keine Hinweise durch klinische
Studien.
• Kein zeitlicher Zusammenhang zwischen Ginkgo Einnahme und spontanen
Blutungen.
• Die meisten Patienten hatten noch andere Risikofaktoren wie zusätzliche
Medikation und Alter.
• Datenlage sehr schwach.
Bent S. et al. Spontanous bleeding associated with Ginkgo biloba JGMI 2007
Ist das tatsächlich klinisch relevant?
Kontrolle
Thromboplastinzeit
Ginkgo
Kloft et al. Blutungsneigung durch Ginkgo biloba Extrakt? 2009 PharmUZ
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