Therapie am Schweregrad ausrichten! Fibromyalgie

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Fibromyalgie
Therapie am Schweregrad
ausrichten!
Winfried Häuser
Die Diagnose „Fibromyalgiesyndrom“
(FMS) wird gestellt anhand der Anamnese eines typischen Symptomenkomplexes (chronische Schmerzen
in mehreren Körperregionen, Müdigkeit, Schlafstörungen) und durch
den Ausschluss von körperlichen
Erkrankungen, welche die Symptome
ausreichend erklären. Die Intensität
der Therapie richtet sich nach dem
Schweregrad.
P
atienten mit chronischen Schmerzen
in mehreren Körperregionen ohne erklärenden somatischen Krankheitsfaktor finden sich häufig in allgemeinärztlichen Praxen.
Viele dieser Patienten erfüllen die Kriterien einer „Fibromyalgie“ bzw. eines „Fibromyalgiesyndroms“ (FMS). Die „Fibromyalgie“ ist in der
Internationalen Klassifikation der Krankheiten
im Kapitel „Krankheiten des Muskel-SkelettSystems und des Bindegewebes“ in dem Unterkapitel „Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifiziert“
(ICD-10 GM M79.70) aufgeführt [1].
mauritius images / Science Source / Jim Dowdalls
Symptomatik und Definition
38
Die Kernsymptome des FMS sind chronische
Schmerzen in mehreren Körperregionen, Schlafstörungen/nicht erholsamer Schlaf und körperliche/geistige Müdigkeit bzw. vermehrte
Erschöpfungsneigung. Fast alle Patienten geben weitere, auf innere Organe bezogene Beschwerden (Magen, Darm, Harnwege, Atmung,
Herz), weitere Schmerzsyndrome (z. B. Kopfund Gesichtsschmerzen, Unterbauchschmer-
Der Allgemeinarzt 4/2017www.allgemeinarzt-online.de
fortbildung
Kasuistik 1
37-jährige Patientin: Bei der Mutter und einer Tante sei ein FMS seit 15 Jahren bekannt.
Seit dem 11. Lebensjahr wiederkehrende
Kreuzschmerzepisoden ohne Ausstrahlung,
vor 2,5 Jahren Ausdehnung der Schmerzsymptomatik auf den ganzen Rücken sowie alle Extremitäten. Seit dieser Zeit auch
Schmerzen an den meisten Tagen des Jahres, im Sommer bzw. Urlaub in Mittelmeerländern geringe bzw. keine Schmerzen. Seit
2 Jahren konstantes Schmerzniveau mit einer durchschnittlichen Schmerzstärke von
6/10, geringster Schmerzstärke von 2/10
und maximaler Schmerzstärke von 9/10 auf
einer 11-stufigen numerischen Skala (NRS).
Weitere körperliche Beschwerden: Seit 2
Jahren vermehrtes Steifigkeitsgefühl der
Hände sowie vermehrte Kälteempfindlichkeit, keine vegetativen Beschwerden, keine vermehrte Reizüberempfindlichkeit. Kein
Tragen schwerer Lasten (z. B. Sprudelkästen)
mehr möglich. Statt Jogging nur noch Walking möglich. Keine Einschränkungen bei
Hausarbeit.
Unauffällige biographische Anamnese und
aktuelle Lebenssituation (verheiratet, kinderlose Ehe, Mann selbstständig). Keine
aktuellen seelischen Beschwerden bzw.
seelischen Störungen/psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungen in der Vorgeschichte. Körperlicher Untersuchungsbefund bis auf eine leichte Einschränkung der
Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule und
druckschmerzhafte Sehnenansätze an allen
großen Gelenken unauffällig, keine somatischen Begleiterkrankungen. Im CT der LWS
zwei kleine Bandscheibenvorwölbungen ohne Wurzelkontakt.
Diagnose: Fibromyalgiesyndrom (leichte
Verlaufsform.)
zen), Missempfindungen, Symptome einer
generalisierten Reizüberempfindlichkeit
(Geruch, Geräusche, Berührung) und psychische Symptome (Niedergeschlagenheit, Nervosität, Angst) an [1].
Klassifikation
Die deutsche S3-Leitlinie klassifiziert das
FMS als eine funktionelle Störung, d. h. einen typischen Komplex von Symptomen
ohne spezifischen somatischen Krankheitsfaktor. Viele FMS-Patienten erfüllen
auch die Kriterien einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer Angststörung und/oder depressiven Störung.
Ätiologie
Die Entwicklung eines FMS ist mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen,
www.allgemeinarzt-online.de Genpolymorphismen des 5-HT2-Rezeptors, Lebensstilfaktoren (Rauchen, Übergewicht, mangelnde körperliche Aktivität,
Schlafstörungen), psychosozialen Stressoren (Arbeitsplatzkonflikte) sowie körperlicher Misshandlung und sexuellem
Missbrauch in Kindheit und Erwachsenenalter assoziiert.
Die S3-Leitlinie zum FMS postuliert ein
bio­psychosoziales Modell bezüglich Prädisposition, Auslösung und Chronifizierung des FMS: Physikalische, biologische
oder psychosoziale Stressoren lösen bei
einer entsprechenden genetischen und
lerngeschichtlichen Prädisposition vegetative, endokrine und zentralnervöse Reaktionen aus, aus denen die Symptome des FMS wie Schmerz, Müdigkeit,
Schlafstörungen, vegetative und psychische Symptome resultieren.
Verlauf und Prognose
Bei Erwachsenen persistieren FMS-Beschwerden in der Regel lebenslang, vollständige Remissionen sind eine Rarität.
Ein Teil der Patienten berichtet im Verlauf über eine bessere Adaptation an die
Beschwerden bzw. eine bessere Zufriedenheit mit dem Gesundheitszustand,
trotz der Beschwerden. Die Lebenserwartung entspricht der Durchschnittsbevölkerung. Die Suizidrate bei Frauen ist im
Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung
leicht erhöht [1].
▪▪▪▪▪▪▪▪▪
Die Lebenserwartung beim FMS ist
normal, die Lebensqualität vieler
Patienten deutlich reduziert.
▪▪▪▪▪▪▪▪▪
Diagnose
Die Diagnose wird durch die Anamnese
des typischen Symptomkomplexes und
den Ausschluss internistischer, neurologischer und orthopädischer Erkrankungen,
welche das Beschwerdebild ausreichend
erklären können, gestellt [1]. Zur Diagnose können die vorläufigen American College of Rheumatology (ACR) diagnostischen Kriterien [2] und die „modifizierten
ACR 2010 diagnostischen Kriterien“ (soge-
Kasuistik 2
54-jährige Patientin: Häufige Bauchschmerzen als Kind, Vater leide seit 20 Jahren an
einer Psoriasis mit Arthritis. Vor 8 Jahren
Erstdiagnose einer rheumatoiden Arthritis,
vollständige Rückbildung der Gelenkentzündungen (klinisch und sonographisch) unter
einer Basistherapie mit Methotrexat nach
einem Jahr, trotzdem Schmerzausdehnung
in den gesamten Rücken sowie in beide Arme und Beine, seit dieser Zeit Dauerschmerzen mit durchschnittlicher Schmerzstärke
8/10, geringster Schmerzstärke von 7/10 und
maximaler Schmerzstärke von 10/10 NRS,
keine schmerzfreien oder -armen Intervalle. Weitere Beschwerden: Seit ca. 5 Jahren
überwiegend nicht erholsamer Schlaf und
verstärkte Tagesmüdigkeit mit rascher Erschöpfung bei bereits geringen körperlichen
oder psychischen Belastungen, rezidivierende Bauchschmerzen wechselnder Lokalisation, imperativer Stuhl- und Harndrang (gastroenterologische und urologische Abklärung
ohne pathologischen Befund), vermehrte Geräusch- und Geruchsempfindlichkeit.
Kann nur noch leichte Hausarbeit (kochen,
Geschirr wegräumen) verrichten, die übrige Hausarbeit (putzen, waschen) wird von
einer Putzfrau bzw. einer Tochter übernommen. Aufgabe des Hobbys Malen vor einem
Jahr wegen der Schmerzen in den Armen.
Seit 2 Jahren arbeitsunfähig, ausgesteuert,
Arbeitslosengeld II.
Biographische Anamnese: Körperliche und
sexuelle Gewalt in der Kindheit; belastende
Lebensereignisse und psychosoziale Probleme: Suizid einer drogenabhängigen Tochter
vor 8 Jahren, Arbeitsplatzkonflikte („Mobbing“) seit 7 Jahren. Mit 18 Jahren erstmals
Panikattacken sowie zunehmendes Vermeidungsverhalten. Kann seit 2 Jahren nicht
mehr alleine mit dem Auto fahren und nur
noch in einem kleinen Geschäft in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung einkaufen. Rückzug von sozialen Kontakten seit 2 Jahren.
Seit 3 Jahren die meiste Zeit niedergeschlagen, lust- und antriebslos. Seit 2 Jahren ambulante psychiatrische Behandlung, mehrere Psychopharmaka erfolglos.
Körperlicher Untersuchungsbefund: keine
Gelenkrötungen, -schwellungen oder -deformitäten. Ausgeprägte verbale und nonverbale Schmerzangaben bei passiver Beweglichkeitsprüfung der Gelenke und
Wirbelsäule, generalisierte Berührungsempfindlichkeit der Haut und Muskulatur. Arthrosonographie: Keine Ergüsse. Labor: CRP
normal, Anti-CPP mäßig erhöht; Begleiterkrankungen: Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2 b, Adipositas Grad I, Tabakabusus.
Diagnosen: Chronische Schmerzstörung mit
somatischen und psychischen Faktoren bei
rheumatoider Arthritis in Remission und Fibromyalgiesyndrom (schwere Verlaufsform),
Agoraphobie mit Panikstörung, depressive
Störung.
→
Der Allgemeinarzt 4/2017
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nannte Forschungskriterien) [3], verwendet werden. Die diagnostischen ACR 2010
Kriterien erfordern keine Tender-Point-Untersuchung und ermöglichen daher auch
eine Diagnose durch Nicht-Rheumatologen. Die Beschwerden können durch den
Fibromyalgiesymptomfragebogen [4] erfasst und dokumentiert werden (Tabelle 1).
Folgende Kriterien für chronische Schmerzen in mehreren Körperregionen können
verwendet werden:
•• Modifizierte diagnostische ACR-Kriterien
2010 (sogenannte Forschungskriterien):
Angabe von mindestens 7 Schmerzorten an 19 möglichen Schmerz­orten des
Fibromyalgiesymptomfragebogens [4]
•• Schmerzskizze: Mindestens ein Schmerz­
ort im Rücken (Nacken und/oder Brustwirbelsäule und/oder Kreuz) und in jeder Extremität (Abb. 1)
In den meisten Fällen ist die klinische Diagnose einfach zu stellen, da der körperliche Untersuchungsbefund keine Hinweise auf eine somatische Erkrankung gibt
und das Basislabor unauffällig ist. In diesen Fällen wird keine weitere technische
Diagnostik (z. B. Bildgebung, neurophysiologische Untersuchungen) empfohlen. Bei
Verdacht auf somatische (Mit-)Ursachen
der Beschwerden ist eine fachärztliche internistische (endokrinologische, rheumatologische) und/oder neurologische und/
oder orthopädische Diagnostik empfohlen.
Vor allem bei älteren Patienten kann ein
Mischbild von „weichteilrheumatischen“
(fibromyalgieformen) und Arthrosebeschwerden vorliegen. Bei Patienten mit
entzündlich rheumatischen Erkrankungen
kann ein Mischbild von blanden entzündlichen Veränderungen, welche die Mehrzahl
der Schmerzlokalisationen nicht erklären,
und „weichteilrheumatischen“ (fibromyalgieformen) Beschwerden vorliegen (sogenanntes sekundäres FMS).
Psychosoziale Diagnostik
Da psychische Störungen bei FMS-Patienten häufig sind und den Schweregrad
des FMS bestimmen, wird eine psychosoziale Basisdiagnostik (Angst, Depressivität, psychosoziale Konflikte) bei jedem
Patienten mit chronischen Schmerzen in
mehreren Körperregionen empfohlen. Ein
40
tabelle 1
Fibromyalgiesymptomfragebogen
(Englisch: Polysymptomatic Distress Scale) [4]
I. Bitte geben Sie an, wie ausgeprägt die folgenden Beschwerden in der letzten Woche bei Ihnen
waren, indem Sie das entsprechende Kästchen ankreuzen.
0: nicht vorhanden
1: geringfügig oder mild ausgeprägt; im Allgemeinen gering und/oder gelegentlich auftretend
2: mäßig oder deutlich ausgeprägt; oft vorhanden und/oder mäßige Intensität
3: stark ausgeprägt: ständig vorhandene, lebensbeeinträchtigende Beschwerden
Tagesmüdigkeit
Probleme beim Denken oder Gedächtnis
Morgenmüdigkeit (nicht erholsamer Schlaf) □ 0
□ 0
□ 0
□ 1
□ 1
□ 1
□ 2
□ 2
□ 2
□3
□3
□3
II. Wurden Sie in den letzten 6 Monaten durch eines der folgenden Symptome geplagt?
Schmerzen oder Krämpfe im Unterbauch: □ Ja (1)
Depression: □ Ja (1)
Kopfschmerz: □ Ja (1)
□ Nein (0)
□ Nein (0)
□ Nein (0)
Beschwerdescore: Summe von I und II (Minimum 0, Maximum 12)
III. Bitte geben Sie an, ob Sie in den letzten 7 Tagen Schmerzen oder Berührungsempfindlichkeit in
den unten aufgeführten Körperregionen hatten. Bitte kreuzen Sie das jeweilige Kästchen an,
wenn diese Körperregion schmerzhaft oder druckempfindlich ist. Bitte bewerten Sie die rechte
und linke Seite getrennt.
□ Schulter, links
□ Schulter, rechts
□ Oberschenkel, links
□ Oberschenkel, rechts
□ Hüfte, links
□ Hüfte, rechts
□ Unterschenkel, links
□ Unterschenkel, rechts
□ Oberarm, links
□ Oberarm, rechts
□ Kiefer, links
□ Kiefer, rechts
□ Unterarm, links
□ Unterarm, rechts
□ Brustkorb
□ Bauch
□ Kreuz
□ Oberer Rücken (Brustwirbelsäule)
□ Nacken
□ In keiner der genannten Körperregionen
Schmerzen
IV. Waren die Beschwerden, die in den Fragen I‒III aufgeführt sind, in der Regel in den letzten 3
Monaten vorhanden? □ Ja
□ Nein
Der Beschwerdekomplex „Fibromyalgiesyndrom“ liegt vor, wenn der Gesamtwert des Beschwerdescores ≥ 5 (Summe I und II) und die Zahl der Schmerzorte ≥ 7 (Summe III) ist und Frage IV p
­ ositiv beantwortet wurde.
Der Gesamtwert von I, II und III (Minimum 0, Maximum 31) kann zur Einschätzung des Schweregrades der FMS-Symptomatik sowie als Parameter für das Ansprechen auf Therapiemaßnahmen verwendet werden.
übersicht 1
Empfohlene Verfahren zur Therapie
des Fibromyalgiesyndroms [1]
einfaches und valides Screening-Instrument auf Angst und Depression mit vier
Fragen ist der PHQ 4 [5].
Aerobes Training zu Lande und/oder zu Wasser
(geringe bis mittlere Intensität)
▪▪▪▪▪▪▪▪▪
Meditative Bewegungstherapien (Qi-Gong,TaiChi, Yoga)
Funktionstraining: Kombination von aerobem
Training und Dehnungsübungen
Multimodale Therapie: mindestens ein körperlich aktivierendes Verfahren mit mindestens einem psychotherapeutischen Verfahren
(Entspannungstraining, kognitive Verhaltenstherapie)
Krafttraining (geringe Intensität)
Eine psychosoziale Diagnostik wird
bei allen FMS-Patienten bei Erstdiagnose empfohlen.
▪▪▪▪▪▪▪▪▪
Schweregrade
Wie bei somatischen Erkrankungen (z. B.
Herzinsuffizienz) oder psychischen Störungen (z. B. Depressionen) können beim
FMS verschiedene Schweregrade unter→
schieden werden.
Der Allgemeinarzt 4/2017www.allgemeinarzt-online.de
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Abb. 1: Schmerzskizzen von Patientinnen mit Diagnose „Fibromyalgiesyndrom“
•• Leichte Formen: Neben den Kernsymptomen keine oder geringe weitere körperliche und seelische Beschwerden,
keine oder geringe Beeinträchtigungen
in Alltagsfunktionen (vgl. Kasuistik 1).
•• Mittlere Formen: Neben den Kernsymptomen weitere körperliche und seelische Beschwerden von Krankheitswert
(z. B. Reizdarmsyndrom, leichtgradige
Depression), geringe bis mäßige Beeinträchtigungen in Alltagsfunktionen.
•• Schwere Formen: Neben den Kernsymptomen weitere ausgeprägte körperliche
und seelische Beschwerden von Krankheitswert (z. B. mehrere andere funktionelle somatische Syndrome, schwere
Depression oder Angststörung), ausgeprägte Beeinträchtigungen in Alltagsfunktionen (vgl. Kasuistik 2).
▪▪▪▪▪▪▪▪▪
Die Diagnose eines FMS sollte dem
Patienten explizit mitgeteilt werden. Realistische Therapieziele sollten mit dem Patienten erarbeitet
werden.
▪▪▪▪▪▪▪▪▪
www.allgemeinarzt-online.de psychosozialer Aktivierung ermutigt werden. Bei schweren Verläufen sollen mit
dem Patienten körperbezogene Therapien, eine zeitlich befristete medikamentöse Therapie sowie multimodale Therapien
(mindestens ein körperlich aktivierendes
Verfahren mit mindestens einem psychotherapeutischen Verfahren) besprochen
werden. Patienten mit schweren Verläufen, die auf die oben genannten Maßnahmen nicht ausreichend ansprechen,
sollen mit multimodalen Programmen
nach dem deutschen Operationen- und
Prozedurenschlüssel OPS und bei psychischer Komorbidität mit störungsspezifischer Psycho- und /oder medikamentöser
Therapie behandelt werden [1]. Wichtig:
Die Verordnung aller Medikamente zur
Therapie des FMS erfolgt off-Label. In
Deutschland ist Amitriptylin für chronische Schmerzen im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes, Duloxetin
für depressive Störungen sowie Pregabalin für die generalisierte Angststörung
zugelassen.
▪
Therapie
Die Diagnose eines FMS soll dem Patienten explizit mitgeteilt werden. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Betroffenen erleichtert sind, zu erfahren, dass
ihre Beschwerden einem bekannten und
gut erforschten Krankheitsbild entsprechen. Das Etikett „Fibromyalgiesyndrom“
kann es vielen Betroffenen ermöglichen,
Aufmerksamkeit von der Suche nach der
Ursache für ihre Beschwerden abzuziehen und sich auf eine aktive Krankheitsbewältigung einzulassen.
Die FMS-Leitlinie empfiehlt ein abgestuftes Behandlungskonzept in Abhängigkeit
vom Schweregrad. Bei der Auswahl von
Therapiemaßnahmen sollen innerhalb
der Leitlinien-Empfehlungen die Präferenzen und Komorbiditäten des Patieten
berücksichtigt werden. Realistische Therapieziele, nämlich der Erhalt und die Verbesserung der Funktionsfähigkeit statt
vollständige Beschwerdefreiheit, sollen
erarbeitet werden. Wirksamkeitsgesicherte Therapiemaßnahmen sollen empfohlen werden (Übersicht 1).
Bei leichten Formen des FMS soll der Patient zu angemessener körperlicher und
PD Dr. med.
­Winfried Häuser
Klinik Innere
Medizin 1, Klinikum
Saarbrücken,
66119 Saarbrücken
interessenkonflikte:
PD Dr. Häuser besitzt
Aktienfonds, die Aktien von
pharmazeutischen Firmen
enthalten können. Er erhielt
Vortragshonorare von den Firmen Abbott, Grünenthal, MSD
Sharp & Dohme und Pfizer in
den letzten 3 Jahren.
 online
Diesen Beitrag sowie die vollständige
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