10-1 Elektronik Vorbereitung: Halbleiter und deren charakteristische Eigenschaften, einfache Halbleiterbauelemente: Heißleiter NTC, Photowiderstand LDR, Eigenleitung, Störstellenleitung, pn-Übergang, Aufbau und Wirkungsweise der Diode, Aufbau und Wirkungsweise des Transistors, Grundlagen für den Transistor als Verstärker. Literatur: Leybold-Heraeus: Grundlagen der Elektronik Tietze-Schenk: Halbleiter-Schaltungstechnik (Springer-Verlag, 1990) Versuchsbeschreibung: Halbleiter Grundlage für das gesamte Gebiet der Elektronik sind die Halbleiter, die durch folgende charakteristische Eigenschaften gekennzeichnet sind: 1. Ihre Leitfähigkeit liegt zwischen der von Leitern und Nichtleitern. 2. Ihr elektrischer Widerstand nimmt bei Zufuhr von Wärme- bzw. Lichtenergie ab. Halbleiterbauelemente, die diese Eigenschaften demonstrieren, sind die Heißleiter NTC (negative temperature coefficient) bzw. die Photowiderstände LDR (light dependent resistor). Halbleiter basieren auf Elementen aus der IV. Hauptgruppe (z.B. Si), bei denen alle vier Valenzelektronen zu Bindungen mit den vier Nachbaratomen benötigt werden. Sie sind ortsgebunden, können aber durch Energiezufuhr (z.B. Wärme oder Lichteinfall) abgelöst werden und im elektrischen Feld driften (entspricht Stromfluss). Durch das Ablösen eines Elektrons entsteht ein freier Platz, in das ein Elektron der Nachbaratome nachrücken kann. Den freien Platz nennt man Loch oder Defektelektron. Durch das Nachrücken anderer Elektronen bewegen sich die Löcher, aber in entgegengesetzter Richtung zu den Elektronen. Der Gesamtstrom setzt sich aus der Summe von Elektronen- und Löcherstrom zusammen. Durch Einbringen von Fremdatomen mit einer abweichenden Anzahl an Valenzelektronen (Dotieren), kann man die Leitfähigkeit stark beeinflussen. 10-2 Ersetzt man in einem Si-Kristall Si-Atome durch Atome der V. Hauptgruppe (z.B. P) so werden nur vier der fünf Valenzelektronen für die Bindung benötigt, das fünfte ist zwar durch die Kernladung an das P-Atom gebunden, seine Bindungsenergie ist jedoch wesentlich geringer (einige 10 meV) anstatt 1.1 eV für ein Valenzelektron in Si. Bereits bei Zimmertemperatur (25 meV) sind praktisch alle Störatome ionisiert und die freien Elektronen stehen zur Leitung zur Verfügung. Da dabei der Stromfluss auf negativen Ladungsträgern basiert, spricht man von n-Leitung und von n-Dotierung. Werden Atome der III. Hauptgruppe (z.B. Al) in einen Si-Kristall eingebaut, so fehlen Valenzelektronen zur Bindung. Im Gitter entstehen Defektelektronen, die nur schwache an das Fremdatom gebunden sind. Elektronen der Nachbaratome können bei geringer Energiezufuhr dieses Loch besetzen, wodurch in einem anderen Atom ein Loch entsteht. Das Defektelektron wandert also durch das Kristallgitter; man spricht von pLeitung bzw. p-Dotierung. pn-Übergang/Halbleiter-Diode Von weitaus größerer Bedeutung sind Halbleiterbauelemente, die einen oder mehrere pn-Übergänge besitzen. Ein pn-Übergang (Abb.1) entsteht immer dann, wenn ein p-dotiertes und ein n-dotiertes Halbleitermaterial direkt in Berührung kommen. Den einfachsten pn-Übergangs stellt die HalbleiterDiode (Abb. 2) dar. Abb. 1 pn-Übergang Abb. 2 Diode Aufgrund des Konzentrationunterschieds diffundieren wegen ihrer thermischen Bewegung Elektronen vom n-Gebiet über die pn-Grenzschicht in das p-Gebiet und Löcher in umgekehrter Richtung. In der Grenzschicht kommt es zu Rekombination von Elektronen und Löchern; dies führt zu einer Verarmung an Ladungsträgern, es bildet sich eine Sperrschicht und die Leitfähigkeit der Grenzschicht sinkt. Wird eine äußere Gleichspannung so an den pn-Übergang angelegt, dass ihr Pluspol an der p-Schicht und ihr Minuspol an der n-Schicht anliegt, werden 10-3 die Elektronen in der n-Schicht und die Löcher in der p-Schicht in die Grenzschicht und darüberhinaus getrieben, wo sie rekombinieren. Da die Spannungsquelle ständig Ladungsträger nachliefert fließt ein Strom, der pnÜbergang ist in Durchlassrichtung geschaltet. Bei umgekehrter Polung werden die Elektronen aus der n-Schicht und die Löcher aus der p-Schicht abgesaugt, die Sperrschicht wird vergrößert. Der pn-Übergang ist in Sperrrichtung geschaltet, es fließt kein Strom (In Wirklichkeit fließt auch in Sperrrichtung ein kleiner sogenannter Sperrstrom, da bereits bei Raumtemperatur einige Elektronenpaarbindungen in der Sperrzone aufgebrochen werden.). Abbildung 3 zeigt eine typische Diodenkennlinie, d.h. den durch die Diode fließenden Strom abhängig von der anliegenden Spannung. In Sperrrichtung fließt ein kleiner Sperrstrom (im pA-Bereich), in Durchlassrichtung steigt der Strom exponentiell mit der anliegenden Spannung an. Abb. 3: Diodenkennlinie Transistor Bipolare Transistoren (im Folgenden einfach Transistoren genannt) enthalten drei Schichten unterschiedlichen Leitungstyps, also zwei pnÜbergänge. Je nach Reihenfolge unterscheidet man pnp- und npnTransistoren (Abb. 4). Von großer Bedeutung für die Wirkungsweise des 10-4 Transistors ist, daß die mittlere Schicht (Basis B) sehr schmal und schwach dotiert ist. Die äußeren Schichten werden Emitter(E) und Kollektor(C) genannt. Man kann sich den Transistor als zwei gegeneinander geschaltete Dioden vorstellen mit der Basis als Mittelabgriff. Abb. 4 Aufbau und Schaltzeichen eines Transistors Funktionsweise eines npn-Transistors: Durch Anlegen einer positiven Spannung von etwa 0.6 – 0.7 V an die Basis ist die Basisemmitterdiode in Durchlassrichtung geschaltet; die Elektronen gelangen in die p-Schicht und werden vom Pluspol der Spannung UBE angezogen. Da die p-Schicht sehr dünn ist, wird nur ein geringer Teil der Elektronen zur Basis fließen. Abb. 5 Funktionsweise eines npn-Transistors in Emitterschaltung Der größte Teil der Elektronen bewegt sich weiter in die obere Grenzschicht. Dadurch wird diese leitend und der Pluspol der Spannung UCE zieht die Elektronen an. Es fließt ein Kollektorstrom IC. In üblichen Transitoren fließen etwa 99% der Elektronen vom Emitter zum Kollektor und nur 1% zur Basis. Durch einen kleinen Basisstrom kann also ein großer Kollektor-Strom gesteuert werden (Transistor als Stromverstärker). 10-5 Zur Charakterisierung von Transistoren werden die gegenseitigen Abhängigkeiten von Strömen (IB, IC, IE) und Spannungen (UCE, UBE, UCB) in sogenannten Kennlinienfeldern (vgl. Abb. 6) dargestellt. Abb. 6 Kennlinienfelder eines Transistors in Emitterschaltung Die Ausgangsgrößen bei der Emitterschaltung sind der Kollektorstrom IC und die Kollektor-Emitterspannung UCE für verschiedene Basisströme IB bzw. BasisEmitterspannungen UBE. Die Stromsteuerkennlinie (auch Übertragungskennlinie genannt) gibt den Zusammenhang zwischen Kollektorstrom IC und Basisstrom IB für einen bestimmten Wert von UCE. Aus der Steigung dieser Kennlinie ergibt sich die Stromverstärkung. Als Eingangskennlinie findet man das Verhalten des in Durchlassrichtung gepolten pn-Übergangs Emitter-Basis wieder (Diodenkennlinie). 10-6 Aufgaben: Sämtliche Schaltskizzen sind in das Protokollheft zu übertragen. 1. Eigenschaften verschiedener Halbleiter-Bauelemente 1.1 Photowiderstand a)Man untersuche die Widerstandsabhängigkeit eines Photowiderstands (LDR) von der Beleuchtung (Abb.7). Dazu ändere man die Helligkeit der Glühlampe durch etwa 10 Einstellungen des Potentiometers und bestimme den jeweiligen Widerstandswert des LDR. Messen Sie auch die jeweilige Leistung der Glühbirne, indem Sie mit Mulimetern Strom und Spannung messen. Tragen Sie den Widerstand des LDR doppeltlogarithmisch über die elektrische Leistung der Glühbirne auf. Bestimmen Sie den Koeffizienten a, der die Abhängigkeit des Widerstandes des LDR von Beleuchtungsstärke bzw. der Leistung P der Glühlampe angibt (R ~ P −a ). A 6 V~ 200 Ω 4,7 K V LDR V + 9V- A Abb. 7 Hinweis: Um das Auftreffen des Lichts von außerhalb zu vermeiden, stülpe man den beigelegten Karton über Glühlampe und LDR (gestrichelte Linie in Abb.7). ≂ b) Als Anwendung baue man eine Lichtschranke (Abb.8) und erkläre deren Funktionsweise. 33VRelais Klingel +Glühlampe aus Aufbau 1 LDR 4V~ Abb. 8 Verwenden Sie als Lichtquelle den linken Teil der Schaltung aus Abbildung 7. 10-7 1.2 Heißleiter a)Die Eigenschaften eines Heißleiterwiderstandes (NTC) sollen bestimmt werden. Dazu verwende man Schaltung Abb. 9. Man lese alle 10 Sekunden Strom und Spannung an den Messgeräten ab. Berechnen Sie daraus den Widerstand des NTC, und tragen Sie ihn über der Zeit auf. + 15 V- 100 Ω ↑↓ V A ϑ Abb. 9 Hinweis: Sollte sich bei einer Spannung von 15V der Widerstand des NTC nicht wesentlich ändern, so wird er durch die elektrischen Energie, die an ihn abgegeben wird, nicht ausreichend erwärmt. Arbeiten Sie mit einer etwas höheren Spannung. Ändert sich der Widerstand zu schnell verringern Sie die Spannung. b) In der Anordnung Abb. 10 verwende man den NTC dazu, den Anzug eines Relais zu verzögern. ↑↓ + ϑ 19V100Ω Abb. 10 Erklären Sie die Funktionsweise! 4V 0,04A 4V~ 10-8 2. Eigenschaften von Halbleiterdioden a) Man messe die I-U-Kennlinie einer Si-Halbleiterdiode in Durchlaßrichtung zwischen 0 V und maximal 0,8 V (Abb.11). Tragen Sie Ihre Messwerte linear und logarithmisch auf. Welchen Zusammenhang zwischen Strom und Spannung beobachten Sie? 100Ω + 9 V- A 0...0,8 V V 200 Abb. 11 Man drehe die Diode ( Sperrichtung ) und überzeuge sich, daß selbst bei 9 V (ohne Vorwiderstand ) kein meßbarer Strom fließt ( Begründung ). b) Als Anwendung baue man eine Einweggleichrichterschaltung (Abb. 12) und untersuche die Spannung am Ausgang mit dem Oszilloskop: Gleichrichterschaltung: LED 100 4V~ Uout Abb. 12 - Verwenden Sie zunächst den Funktionsgenerator als Spannungsquelle. Wählen Sie eine kleine Frequenz und überzeugen Sie sich, dass die LED nur während einer Halbwelle der Wechselspannung leuchtet. - Verwenden Sie nun den 4V-Ausgang des Transformators und skizzieren Sie die beobachtete Ausgangsspannung des Gleichrichters in Ihr Heft; erklären Sie den beobachteten Verlauf. 10-9 3. Transistoren 3.1 Kennlinienfeld a) Überprüfen Sie zunächst den npn-Transistor BD130 auf Funktionsfähigkeit, indem sie den Widerstand zwischen jeweils 2 Anschlüssen in allen Kombinationen und Polungen (6 Messungen) mit einem digitalen Multimeter messen. Überlegen Sie sich dazu anhand des vereinfachten Ersatzschaltbildes eines Transistors (zwei gegeneinander geschaltete Dioden entspricht Emitter-Kollektor-Strecke; Abgriff in der Mitte entspricht der Basis) in welcher Kombination Sie einen hohen bzw. kleinen (im kBereich) Widerstand erwarten. b) Nehmen Sie das Ausgangskennlinienfeld (Kollektorstrom IC als Funktion der Kollektor-Emitter-Spannung UCE), d.h. IC = f(UCE) für 4 verschiedene Werte von UBE (Bereich: 0.5 – 0.55V) auf (Abb. 13). Bei der Einstellung von UBE sollte eine Spannung UCE von einigen Volt anliegen, da sich für sehr kleine Werte von UCE die Spannung UBE ändert. Variieren Sie bei der Messung bei festem UBE (notieren Sie sich auch den jeweiligen Wert von IB ) die Spannung UCE zunächst in 1V Schritten (0-9V) und messen danach im Bereich unter 0.5V, in dem sich der Kollektorstrom stark ändert, in feineren Schritten. Stellen Sie die 4 Kennlinien graphisch dar (Bitte sofort auftragen, wird in Aufgabe 3.2 benötigt!). IC 0...+9V 100 IB 0...+4,5V BD130 100 UCE UBE 0V 0V Abb. 13 c) Für eine feste Betriebs-Spannung von +9 V messe man die Steuerkennlinie IC = f( IB ) und IC = f( UBE ) des Transistors BD 130 (Schaltung wie in Abb. 13 ) und stelle die Messwerte graphisch dar. Bestimmen Sie den Stromverstärkungsfaktor = ∂ IC ∂ IB des Transistors. Tragen Sie IC = f( UBE ) 10-10 logarithmisch auf und bestimmen Sie daraus die Boltzmann-Konstante k. eU EB kT Hinweis: Für den Kollektorstrom gilt I =I e C 0 3.2 Transistor als Verstärker (Emitterschaltung) Abbildung 14 zeigt eine Transistorverstärkerstufe für Wechselspannung mit dem npn-Transistor BD130 in Emitterschaltung, die mit einer Spannung von 9V betrieben wird; bei der Emitterschaltung dient der Emitter als gemeinsame Elektrode (Masse) für Eingangs- und Ausgangssignal. 39 kΩ 1k 47 F + 9V + Uout Uin 47 μF 10 kΩ 0V Abb. 14 a) Zeichnen Sie in Ihr Kennlinienfeld aus Aufgabe 3.1 b) die Arbeitsgerade für den hier verwendeten Lastwiderstand von 1k, indem Sie die Grenzfälle Uout=0V(Transistor lässt vollständig durch) und Uout=9V(Betriebsspannung, Transistor sperrt vollständig) betrachten und den dazugehörigen Kollektorstrom berechnen. Zeichnen Sie auf der Arbeitsgeraden einen sinnvollen Arbeitspunkt ein (normalerweise halbe Betriebsspannung). b) Legen Sie an den Eingang mit Hilfe des Funktionsgenerators ein Sinussignal einer Frequenz von 20 kHz und einer Amplitude von etwa 10 mV (Dämpfung -40dB verwenden!). Schauen Sie die Ausgangsspannung mit dem Oszilloskop an und stellen Sie mit Hilfe des Potentiometers den Arbeitspunkt so ein, dass die Eingangsspannung unverzerrt am Ausgang verstärkt vorliegt. Bestimmen Sie den Verstärkungsfaktor. Messen Sie den Kollektorstrom IC und die Spannung UCE und vergleichen Sie mit Ihrer Erwartung aus a).