Die Simulation des Pflanzenwachstums

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Department für Wasser-Atmosphäre-Umwelt
Institut für Meteorologie
Peter-Jordan Str. 82
A-1190 Wien
Endbericht des Teilprojektes :
„Potentielle Auswirkungen
und
Anpassungsmaßnahmen der Landwirtschaft
an den Klimawandel
im Nordosten Österreichs
(Weinviertel-Marchfeld Region)“
Im Auftrag des Amtes der NÖ Landesregierung
O. Univ. Prof. Dr. Helga KROMP-KOLB (Institutsleiter)
Mag. Dr. Herbert FORMAYER (wissenschaftliche Gesamtprojektleitung)
A.o. Prof. Dipl.Ing. Dr. Josef EITZINGER (wissenschaftliche Teilprojektleitung)
Projektmitarbeiter:
Mag. Sabina THALER
Dipl. Ing. Gerhard KUBU
Dipl. Ing. Dr. Pablo RISCHBECK
Kontakt : [email protected]; Tel.: 01/47654-5622
Dezember 2007
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis....................................................................................................................... 2
Ziele des Projektes ..................................................................................................................... 3
Kapitel A .................................................................................................................................... 4
Region Marchfeld : Analyse der Auswirkungen des Klimawandels auf Getreide .................... 4
1. Einleitung ........................................................................................................................... 4
2. Methodik ............................................................................................................................ 5
2.1 Die dynamische Simulation des Pflanzenwachstums (Region Marchfeld) ................. 5
2.2.Modellkalibrierung und –validierung........................................................................... 7
2.3 Analyse der Klimaszenarien......................................................................................... 9
3. Ergebnisse (Region Marchfeld) ....................................................................................... 10
3.1. Temperatursummen und Vegetationsperioden.......................................................... 10
3.2. Die Veränderung der Phänologie .............................................................................. 12
3.3. Der Wasserhaushalt................................................................................................... 13
3.4. Die Veränderung des Ertragspotentials..................................................................... 16
3.5. Potentielle Anpassungsmöglichkeiten im Marchfeld................................................ 20
4. Literaturverzeichnis.............................................................................................................. 23
Kapitel B .................................................................................................................................. 25
Region Weinviertel : Analyse des Auswirkungen des Klimawandels auf agrarklimatologische
Bedingungen............................................................................................................................. 25
1. Einleitung ......................................................................................................................... 25
2. Methodik .......................................................................................................................... 28
2.1 Klimaszenarien........................................................................................................... 29
2.2 Abschätzung des Produktionspotentials mittels agrarmeteorlogischer Indikatoren .. 31
3. Literatur............................................................................................................................ 38
Kapitel C -Zusammenschau ..................................................................................................... 40
A - Detaillierte Abschätzung von Auswirkungen des Klimawandels und
Anpassungsstrategien für das Weinviertel ........................................................................... 40
B - Generelle Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft und mögliche
Anpassungsmassnahmen in ganz Niederösterreich.............................................................. 42
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Ziele des Projektes
In diesem Projekt wurden bereits vorliegende Ergebnisse aus bisherigen Forschungsprojekten
(EU-Projekt ACCELERATES und CECILIA, verschiedene Projekte der BOKU) in Bezug zu
dieser Region zusammenfassend analysiert und durch zusätzliche Untersuchungen bestimmter
landwirtschaftlicher Kulturen und Regionen ergänzt.
Durch die in Klimaszenarien angezeigte Temperaturerhöhung in den nächsten Jahrzehnten
wird die Verdunstung und damit der Wasserbedarf landwirtschaftlicher Kulturen allgemein
zunehmen. Höhere Temperaturen beeinflussen auch die Phänologie bzw. haben mehr Hitzstress und Trockenstress zu Folge. Dies hat Folgen für den Wasserhaushalt und die Erträge
der Kulturen der relativ trockenen Region Weinviertel-Marchfeld.
Potentielle Anpassungsmaßnahmen in der Landwirtschaft wurden ebenfalls ausgelotet bzw.
deren Auswirkungen auf die Reduktion des Ertrags- und Produktionsrisikos.
Die Erträge der landwirtschaftlichen Kulturen unter den Klimaszenarien werden mithilfe von
Wachstumsmodellen abgeschätzt (z.T. Ergebnisse aus anderen Projekten), ebenfalls die aktuelle Verdunstung der Pflanzenbestände bzw. der Bodenwassergehalte. Bei der Berechnung
des Wasserbedarfes werden kulturartenspezifische Besonderheiten, wie Phänologie, Durchwurzelungstiefe und Bodenwasserspeichervermögen berücksichtigt.
Die Ergebnisse aus dem Projekt liefern konkrete Angaben über :
-
die Verschiebung agrarökologischer Potentiale in der Region Weinviertel-Marchfeld.
Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, das Ertragspotential und Ertragsrisiko von
wichtigen angebauten Kulturen (Winterweizen und Sommergerste).
Potentielle Anpassungsmaßnahmen in der landw. Produktion, empfohlene Änderungen
in den angebauten Kulturen, der Bewirtschaftung, der Landnutzung.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Kapitel A
Region Marchfeld : Analyse der Auswirkungen des Klimawandels auf Getreide
1. Einleitung
Das Marchfeld ist eine etwa 900 km² große Schotterebene im südlichen Weinviertel und gehört geologisch zum Wiener Becken. Es liegt am nord-westlichen Rand der pannonischen,
kleinen ungarischen Tiefebene und kann im Süden von der Donau, im Osten von der March,
im Norden vom Hügelland des Weinviertels und im Westen vom Bisamberg abgrenzt werden.
Das Klima in dieser Region ist semi-arid und kann als ein Übergangsklima zwischen dem
westeuropäischen, maritimen und dem osteuropäischen, kontinentalen Klima angesehen werden. Die Winter sind kalt und oft schneearm mit häufig scharfen Frösten, die Sommer heiß
und phasenweise trocken. Die mittleren Windgeschwindigkeiten weisen auch einen Jahresgang auf. Im Sommer und Frühherbst treten besonders häufig stabile Hochdruckwetterlagen
auf und die Windgeschwindigkeiten sind eher gering. Im Winter und vor allem im Frühjahr
kommt es vermehrt zum Durchzug von Tiefdruckgebieten durch Mitteleuropa, die meist einen
lebhafteren Wind mit sich bringen (Müller 1993).
Das Marchfeld weist mit Teilen des Burgenlands die großflächigste Agrarstruktur Österreichs
auf. Die durchschnittliche Betriebsgröße im Marchfeld lag 1999 bei 49 ha, bundesweit ist sie
bei 19 ha (Stand 2005) (Statistik Austria 2007). Die früher in den Marchfeldgemeinden weit
verbreitete Viehwirtschaft ist seit etwa den 1980er Jahren aufgegeben worden. Die Betriebe
haben sich mit unterschiedlichen Strategien auf den Marktfruchtbau spezialisiert, da in dieser
ebenen Region eine Mechanisierung und Intensivierung der Produktion relativ leicht möglich
war. Die arbeitsintensive und unflexible Viehwirtschaft erschien den LandwirtInnen im Vergleich zum Marktfruchtbau weniger attraktiv.
Das Marchfeld wird häufig als „Kornkammer Österreichs“ bezeichnet und als landwirtschaftliches Produktionsgebiet mit äußerst günstigen natürlichen Bedingungen angesehen. Dieser
Meinung stimmt Rötzer (2004) nur zum Teil zu und sieht folgende Einschränkungen:
-
Die Niederschlagssummen im Marchfeld sind relativ gering. So fallen z.B. in GroßEnzersdorf in der Vegetationsperiode des Sommergetreides von April bis Juli im Durchschnitt 236 mm, das sind 42% des mittleren Jahresniederschlags. Vielerorts wird die Trockenheit durch die Bodenverhältnisse noch verstärkt. Höchsterträge sind daher nur auf
bewässerten Flächen möglich. Die Bewässerung ist aber nur bei intensiveren Kulturen wie
Feldgemüse, Erdbeeren usw. rentabel.
-
Innerhalb des Marchfelds sind die Standortverhältnisse sehr heterogen. Das Spektrum
reicht von Kulturrohböden auf Sand oder Schotter bis zu Tschernosemen aus Löss oder
Feuchtschwarzerden.
-
Auch die besten Böden reichen nicht an die Verhältnisse im Raum Hollabrunn im westlichen Weinviertel heran. Gute Böden im Marchfeld werden von der Finanzbodenschätzung
mit einer Bodenklimazahl um 60 eingestuft, während die besten Ackerböden Österreichs
(Guntersdorf bei Hollabrunn, Machland in Oberösterreich) mit 100 bewertet werden.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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2. Methodik
2.1 Die dynamische Simulation des Pflanzenwachstums (Region Marchfeld)
Seit den 1970er Jahren werden rechengestützte Simulationsmodelle für das Pflanzenwachstum für verschiedene Anwendungen entwickelt. Feldexperimente zu bestimmten Fragestellungen können damit zwar nicht ersetzt aber häufig reduziert werden, da verschiedenste Szenarien simuliert werden können. Die Durchführung von agrarwissenschaftlichen Feldexperimenten ist in der Regel sehr zeit- und kostenintensiv. Von relativ einfachen empirischen Modellen haben sich diese zu erklärenden Modellen weiter entwickelt. Die Modelle sind heute
interdisziplinär und versuchen ein möglichst umfassendes Wissen über pflanzenphysiologische und physikalisch-ökologische Vorgänge zu integrieren (Rischbeck 2007).
Aus den zahlreich verfügbaren Modellen wurde für dieses Projekt das dynamische Pflanzenwachstumsmodell CERES/DSSAT ausgewählt. Dieses Modell ist in der Lage Berechnungen
in einer großen zeitlichen Skala von Jahren bis Jahrhunderten durchzuführen und ist somit für
langfristige Klimawandelstudien sehr gut geeignet. Nach Jones (1993) ermöglicht DSSAT
dem Benutzer
• Daten zur Genetik von Nutzpflanzen, Bodenbeschaffenheit sowie Wetter einzugeben
und zu speichern,
• Daten abzurufen, zu analysieren und darzustellen,
• Pflanzenwachstumsmodelle zu kalibrieren und zu evaluieren,
• Managementalternativen an einem bestimmten Standort zu prüfen.
•
Das Modell benötigt ein Minimum an Eingabedaten wie:
• Lagebeschreibung: geographische Koordinaten, Seehöhe, Ausrichtung, Neigung, Jahresmitteltemperatur, Jahresamplitude der Temperatur, etc.
• Meteorologische Daten auf Tagesbasis: Globalstrahlung, Temperaturmaximum und minimum, Niederschlag
• Bodenprofile: physikalische und chemische Zusammensetzung des Bodens
• Management: Datum der Saat, Bewässerung, Düngung, Pflanzendichte und Reihenabstand etc.
• genetische Parameter (Sorte): Ertragspotential, Reifegruppe etc.
Als Ausgabedaten erhält man eine Reihe von Informationen wie z. B. Blüte- und Reifezeitpunkt, Ertrag, aktuelle Evaporation, Transpiration sowie Evapotranspiration, Oberflächenabfluss, Drainage, Wassernutzungseffizienz der Pflanze und des Bestands, Transpirationskoeffizient, Trockenstressfaktor des Wachstums und Photosynthese, potentielle Evapotranspiration
etc.
Bodendaten:
Als Untersuchungsgebiet für die dynamische Ertragssimulation wurde die semi-aride Region
Marchfeld ausgewählt. Da die österreichische Bodenkartierung (Bundesanstalt für Bodenwirtschaft, 1993) in Marchfeld 255 verschiedene Bodenformen unterscheidet, war eine Klassifizierung notwendig. 5 Bodengruppen wurden mit Hilfe der nutzbaren Feldkapazität des effektiven Wurzelraums (Tiefe bis zu 1 m, Ausnahme Boden 5 Tiefe bis zu 1,5 m) gebildet, wobei
die Klassengrenzen nach AG Boden (1996) festgelegt wurden (Tab 1). Die nutzbaren Feldkapazität des effektiven Wurzelraums ist am semi-ariden, grundwasserfernen Standort Marchfeld für die Pflanzenentwicklung wesentlich: er determiniert größtenteils die Wasserverfüg-
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Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
barkeit für die Nutzpflanzen, und damit auch die Aufnahme der gelösten Nährstoffe (Rischbeck 2007).
Tabelle 1: Klassengrenzen entsprechend der nutzbaren Feldkapazität des effektiven Wurzelraums (AG Boden 1996)
Klassen
sehr gering
gering
mittel
hoch
sehr hoch
nutzbare Feldkapazität (mm)
< 60
60-140
140-220
220-300
> 300
Die fünf für die Simulation gebildeten Klassen (Profile in Abbildung 1) fallen überwiegend
mit den wesentlichen, landwirtschaftlich genutzten Bodenarten im Marchfeld zusammen.
Abbildung 1: Repräsentative Bodenprofile für die 5 Bodenklassen (Bundesanstalt für Bodenwirtschaft 1993) (von links nach rechts: Klasse 1 bis 5)
Die landwirtschaftliche Nutzfläche in Marchfeld beträgt ungefähr 760 km² und wurde folgendermaßen klassifiziert (Abb 2):
Klasse 1: Fläche: 14 km² (1,9 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Marchfeld); sehr
geringe nutzbare Feldkapazität; Bodenmächtigkeit: 30 cm; Bodenart: lehmiger Sand; Bodentypen: Paratschernoseme aus Flugsand über Schotter, die landwirtschaftliche Nutzung ist unbedeutend
Klasse 2: Fläche: 112 km² (14,7 %); geringe nutzbare Feldkapazität; Bodenmächtigkeit: 5060 cm; Bodenart: sandiger Lehm; Bodentypen: Paratschernoseme und Tschernoseme über
Schotter und Sand; geringwertige Ackerflächen
Klasse 3: Fläche: 466 km² (61,4%); mittlere nutzbare Feldkapazität; Bodenmächtigkeit: 80120 cm; Bodenart: sandiger Lehm; Bodentypen: graue Auböden, Tschernoseme und Feuchtschwarzerden, mittel- bis hochwertige Ackerböden
Klasse 4: Fläche: 166 km² (21,9 %); hohe nutzbare Feldkapazität; Bodenmächtigkeit: 80-120
cm; Bodenart: lehmiger Schluff; Bodentypen: graue Auböden, Tschernoseme und Lössrohböden, mittel bis hochwertige Ackerböden
Klasse 5: Fläche: 1,3 km² (0,2 %); sehr hohe nutzbare Feldkapazität; Bodenmächtigkeit: 150
cm; Bodenart: lehmiger Sand (ab 70 cm sandiger Lehm); Bodentypen: Tschernosemkolluvium; mittel- bis hochwertiger Ackerboden (sehr hohe nutzbare Feldkapazität aufgrund der großen Bodenmächtigkeit, die nur bei voll entwickeltem Wurzelsystem genutzt werden kann)
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Nutzbare Feldkapazität
sehr gering (< 60 mm)
gering (60 - 139 mm)
mittel (140 - 219 mm)
hoch (220 - 299 mm)
sehr hoch (> 300 mm)
Quelle: Murer et al., 2004
0
2,500 5,000
10,000 Meters
Abbildung 2: Die nutzbare Feldkapazität der landwirtschaftlichen Böden im Marchfeld (nach
Murer et al. 2004)
Klimadaten:
Als Referenzstation zur Kalibrierung wurde die Wetterstation Fuchsenbigl verwendet (Seehöhe: 149 m; Koordinaten: N 48° 12’; E 16° 45’). Die täglichen Wetterdaten wurde von der
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für den Zeitraum 1988 bis 2006
zur Verfügung gestellt: Temperaturmaximum und -minimum (in °C), Globalstrahlung (MJm–2
d–1) sowie Niederschlag (mm) wurden hierbei verwendet.
Für die Simulationen wurde ein entsprechendes GCM Klimaszenario gekoppelt mit statistischen Downscalingverfahren verwendet, um Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse auf
Tagesbasis für die Perioden 1971-2005 (Klimareferenzperiode), 2015-2035 (kurz 2025) und
2040-2060 (kurz 2050) im Marchfeld zu beschreiben. Die entsprechende Statistik wurde mittels Wettergenerator erzeugter Jahre (100) gewonnen und von Martin Dubrovsky vom Institut
für atmosphärische Physik in Prag (CZ) durchgeführt (detaillierte Methode siehe Dubrovsky
2005).
2.2.Modellkalibrierung und –validierung
Das Ertragsmodell wurde für regionalgängige Sorten von Winterweizen und Sommergerste
für den Standort Fuchsenbigl im Marchfeld kalibriert. Daten zur Kulturführung (Saatzeitpunkt
und -stärke, Vorfrucht, Düngung) sowie Ergebnisse der Versuche (Erträge, Bestandesdichte,
Zeitpunkt des Ähren/Rispenschiebens) wurden hierbei verwendet, die vom BFL (von 1988 bis
2002) sowie AGES (von 1988 bis 2006) zur Verfügung gestellt wurden. Für die Simulation
von Winterweichweizen wurde die Sorte Capo, als Sommergerstensorte Magda ausgewählt.
Die Winterweizensorte Capo gehört zu einer mittleren bis frühen Reifegruppe und blüht in
Fuchsenbigl um den 3. Juni und reift um den 8. Juli ab. Der Durchschnittsertrag in Fuchsenbigl liegt bei rund 5800 kgTM ha-1 (1989-2005) (CECILIA 2007).
Die Sommergerstensorte Magda dient als Futtergerste und ist für den Anbau im Trockengebiet geeignet. Magda gehört einer mittleren Reifegruppe an, ihre Blüte tritt um den 10. Juni
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auf und reift um den 5. Juli ab. Der Durchschnittsertrag in Fuchsenbigl liegt bei rund 5770
kgTM ha-1 (1989-1995, 1998, 2001-2002) (Rischbeck 2007).
Die Abbildung 3 zeigt die Ergebnisse der Kalibration des Blühzeitpunktes sowie des Ertrages
für Winterweizen. Die Qualität der Kalibrierung ist befriedigend. Die meisten Simulationsergebnisse weichen nicht mehr als 2 Tage von den tatsächlichen Blühzeitpunkten ab und nur ein
Ertragswert von 16 liegt außerhalb des Toleranzbereichs von ±20% (16 Kalibrierungsjahre).
Abbildung 3: Kalibration von Blühzeitpunkt und Ertrag der Winterweizensorte Capo am
Standort Fuchsenbigl (Rischbeck 2007)
Die Abbildung 4 zeigt ebenfalls ausreichende Ergebnisse der Kalibration des Blühzeitpunktes
und des Ertrags der Sommergerstensorte Magda (10 Kalibrierungsjahre).
Abbildung 4: Kalibration von Blühzeitpunkt und Ertrag der Sommergerstensorte Magda am
Standort Fuchsenbigl (Rischbeck 2007)
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2.3 Analyse der Klimaszenarien
Das regionale Klimaszenario für den nordöstlichen Teil Österreichs wurde mit dem globalen
Zirkulationsmodell HadCM 3 basierend auf das Emissionsszenario SRES-A2 erstellt (IPCC
2001). Synthetische Tageswetterfiles, die als Input für das Wachstumsmodell dient, wurden
mit einem stochastischen Wettergenerator (Met&Roll, Dubrovski 1996) für die Klimareferenzperiode (1971-2005) sowie Szenarien 2025 und 2050 mit hoher sowie niedriger Klimasensitivität berechnet (Dubrovski et al. 2005). Eine Erhöhung der CO2-Konzentration in der
Atmosphäre wurde laut Emissionsszenario bis 2025 auf 438 ppm und bis 2050 auf 532 ppm
angenommen.
K Änderung gegenüber Referenz (1971-2005)
5.0
4.5
5.0
HadCM (hohe Klimasensitivität)
HadCM (niedrige Klimasensitivität)
4.5
4.0
4.0
3.5
3.5
3.0
3.0
2.5
2.5
2.0
2.0
1.5
1.5
1.0
1.0
0.5
0.5
0.0
0.0
JAN FEB MAR APR MAY JUN JUL AUG SEP OCT NOV DEC
JAN FEB MAR APR MAY JUN JUL AUG SEP OCT NOV DEC
Abbildung 5: Veränderung (in Kelvin) der mittleren monatlichen Temperaturmaxima für die
Periode 2015 – 2035 (rechts) und die Periode 2040-2060 (links) im Vergleich zur Klimareferenzperiode berechnet mit dem Modell HadCM3
K Änderung gegenüber Referenz (1971-2005)
5.0
4.5
5.0
HadCM (hohe Klimasensitivität)
HadCM (niedrige Klimasensitivität)
4.5
4.0
4.0
3.5
3.5
3.0
3.0
2.5
2.5
2.0
2.0
1.5
1.5
1.0
1.0
0.5
0.5
0.0
0.0
JAN FEB MAR APR MAY JUN JUL AUG SEP OCT NOV DEC
JAN FEB MAR APR MAY JUN JUL AUG SEP OCT NOV DEC
Abbildung 6: Veränderung (in Kelvin) der mittleren monatlichen Temperaturminima für die
Periode 2015 – 2035 (rechts) und die Periode 2040-2060 (links) im Vergleich zur Klimareferenzperiode berechnet mit dem Modell HadCM3
rel. Änderung gegenüber Referenz (1971-2005)
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40
40
30
30
20
20
10
10
0
0
-10
-10
-20
-20
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HadCM hohe Klimasensitivität
HadCM niedrige Klimasensitivität
-30
-30
JAN
FEB
MAR
APR MAY
JUN
JUL
AUG
SEP
-40
-50
OCT
NOV
JAN FEB MAR APR MAY JUN JUL AUG SEP OCT NOV DEC
DEC
-40
-50
Abbildung 7: Relative Veränderung der mittleren monatlichen Niederschlagsmengen für die
Periode 2015 – 2035 (links) und Periode 2040 – 2060 (rechts) im Vergleich zur Klimareferenzperiode berechnet mit dem Modell HadCM3
Die Abbildungen 5 bis 7 zeigen die Anomalien der Temperatur und des Niederschlags für das
Marchfeld, die mit unterschiedlicher Klimasensitivität für die Zeiträume 2025 und 2050 berechnet wurden. Die Ergebnisse weisen je nach Sensitivität größere Schwankungen in der
Intensität der möglichen Klimaänderung auf und fallen jahreszeitlich unterschiedlich aus. Zur
stärksten Erwärmung wird es im Sommer und Winter kommen. In den wärmeren Jahreszeiten
von April/Mai bis September können geringere und in der kälteren Jahreszeit höhere Niederschlagsmengen erwartet werden.
Die 2025er und 2050er Szenarien zeigen ähnliche Saisonalitäten auf, es steigert sich jedoch
die Intensität der Klimaänderung: es wird zu einer Ausweitung der warmen Jahreszeit und zu
einer Verkürzung der kalten Jahreszeit mit deren charakteristischen Wetterlagen kommen.
3. Ergebnisse (Region Marchfeld)
3.1. Temperatursummen und Vegetationsperioden
Es gibt eine Reihe von verschiedenen Definitionen von Temperatursumme und Vegetationsperiode, wobei für diese Arbeit folgende zwei Erklärungen verwendet wurden:
Bei der Temperatursumme werden die Werte der mittleren Tagestemperatur über einem gewissen Schwellwert (meist 5 bis 10°C) betrachtet. Diese ausgewählten Mitteltemperaturen
werden vom Schwellenwert subtrahiert und daraufhin aufsummiert. Hierbei wurde ein 5°C
Schwellwert ausgewählt, der als phänologischer Schwellenwert für Gräser angesehen werden
kann.
Als Vegetationsperiode wird jener Zeitraum des Jahres definiert, indem die Pflanzen photosynthetisch aktiv sind, d.h. wachsen, blühen und fruchten. In verschiedenen landwirtschaftlichen Forschungsarbeiten wurde nachgewiesen, dass das Ergrünen der Wiesen mit dem Überschreiten der 5°C Schwelle zusammenfällt. Als Beginn der Vegetationsruhe gilt, wenn der 5.
nacheinander folgende Tag eine Tagesmitteltemperatur von unter 5°C aufweist. Die Vegetationsruhe endet, wenn der 7. nacheinander folgende Tag eine Tagesmitteltemperatur von mindestens 5°C aufweist.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Folgende durchschnittliche Temperatursummen, Vegetationsperioden und Winterruhen konnten für die verschiedenen Klimaszenarien im Marchfeld aufgezeigt werden (Tab 2).
Tabelle 2: Veränderung der Temperatursummen, Vegetationsperiode und Winterruhe für die
Region Marchfeld durch den Klimawandel
Szenario
1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Temperatursumme [°C]
2383
2878
2584
3248
2582
Vegetationsperiode [d]
228
249
240
260
245
Winterruhe
[d]
137
116
125
105
120
Von 8% (2025 und 2050 niedrige Klimasensitivität) bis zu 36% höhere Temperatursummen
(2050 hohe Klimasensitivität) können bei einem Klimawandel erwartet werden. Die Vegetationsperiode wird von 12 (2025 niedrige Klimasensitivität) bis zu 32 Tage (2050 hohe Klimasensitivität) länger.
In dieser Berechnung wurde die Vegetationsperiode auf nur einem längeren Zeitraum pro Jahr
eingegrenzt. Dabei werden in Zukunft aber immer häufiger kürzere Perioden auftreten, die
hohe Mitteltemperaturen aufweisen. In einem weiteren Schritt wurde die Vegetationsperiode
neu berechnet, wobei alle Perioden laut Definition hineinfallen. In Tabelle 3 werden die
durchschnittlichen Vegetationsperioden und Winterruhen inklusiv kurzer Warmperioden sowie das durchschnittliche Auftreten pro Jahr zusammengefasst.
Tabelle 3: Veränderung der Vegetationsperiode und Winterruhe inklusiv kurzer Warmperioden sowie dessen Auftreten für die Region Marchfeld durch den Klimawandel
Szenario
1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Vegetationsperiode [d]
236
257
248
275
254
Winterruhe [d]
129
108
117
90
111
Auftreten pro
Jahr
1.59
1.62
1.71
1.93
1.61
In der Klimareferenzperiode 1971 – 2005 treten ca. 1,6 unabhängige Vegetationsperioden pro
Jahr auf. Diese Anzahl kann mit jedem Klimaszenario gesteigert werden und erreicht den
höchsten Wert mit 1,93 (2050 hohe Klimasensitivität). Die Vegetationsperiode selbst ist um 8
(2025 und 2050 niedrige Klimasensitivität sowie 2025 hohe Klimasensitivität) bzw. 15 Tage
(2050 hohe Klimasensitivität) länger gegenüber der vorhergehenden Berechnung der Vegetationsperiode.
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3.2. Die Veränderung der Phänologie
Die Entwicklung des Winterweizens wird bei einer Klimaänderung beschleunigt, da die Kulturpflanze ein determiniertes Wachstum aufweist. Es ist deutlich erkennbar, dass die Stadien
Blüte und Reife unter dem Einfluss der Klimaerwärmung früher auftreten werden (Tab 4).
Tabelle 4: Die Veränderung der Phänologie von Winterweizen durch den Klimawandel
(Durchschnittswerte) (Rischbeck 2007)
Szenario
1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Saat Tag
14. Oktober
23. Oktober
16. Oktober
28. Oktober
20. Oktober
Blüte Tag
5. Juni
28. Mai
1. Juni
24. Mai
30. Mai
Reife Tag
9. Juli
29. Juni
5. Juli
24. Juni
2. Juni
Die Blüte des Winterweizens verschiebt sich von durchschnittlich 5. Juni auf 24. Mai (2050
hohe Klimasensitivität) bis 1. Juni (2025 niedrige Klimasensitivität). Die Reife verlagert sich
im Mittel von 9. Juli auf 24. Juni (2050 hohe Klimasensitivität) bis 5. Juli (2025 niedrige
Klimasensitivität). Die vegetative Phase, einschließlich der Winterruhe, verkürzt sich bis 2050
um maximal 25 Tage (2050 hohe Klimasensitivität), die generative Phase um maximal 3 Tage
(2050 hohe Klimasensitivität). Den Pflanzen steht dementsprechend weniger Zeit für Photosynthese und Assimilation zur Verfügung.
Die Zusammenfassung der phänologischen Daten der Kultur Sommergerste (siehe Tabelle 5)
zeigt ebenfalls eine deutliche Reaktion auf den Klimawandel. Die Blüte verschiebt sich im
Durchschnitt vom 10. Juni je nach Szenario auf Anfang Juni bzw. Ende Mai und auch die
Reife findet früher statt. Sie verschiebt sich im Durchschnitt vom 8. Juli auf Ende Juni bzw.
Anfang Juli. Die generative Entwicklung wird ebenfalls beschleunigt; sie verkürzt sich je
nach Szenario um ein bis drei Tage.
Tabelle 5: Die Veränderung der Phänologie von Sommergerste durch den Klimawandel
(Durchschnittswerte) (Rischbeck 2007)
Szenario
1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Saat Tag
14. März
10. März
12. März
7. März
12. März
Blüte Tag
10. Juni
1. Juni
7. Juni
28. Mai
5. Juni
Reife Tag
8. Juli
28. Juni
4. Juli
22. Juni
2. Juli
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3.3. Der Wasserhaushalt
Die Analyse des Wasserhaushalts im System Boden-Pflanze-Atmosphäre hat für das Marchfeld eine besondere Bedeutung, da das pflanzenverfügbare Bodenwasser den entscheidenden
limitierenden Faktor für den Regenfeldbau in der Region darstellt. Die jährliche relative Wasserbilanz (Summe von Saat bis zur nächsten Saat) für Winterweizen bei Herbstpflugfurche ist
in Abbildung 8 zusammengefasst.
Abbildung 8: Jährliche (Summe von Saat bis zur nächsten Saat) relative Wasserbilanzen für
Winterweizenbestand bei Herbstpflugfurche (Zeile 1-5: Bodenklassen 1-5; Spalte 1-3: 19712005, 2025 niedrige Klimasensitivität, 2050 hohe Klimasensitivität) (Rischbeck 2007)
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Die fünf Bodenklassen haben einen deutlichen Einfluss auf die Bewegung des Bodenwassers.
Bei den zwei geringwertigen landwirtschaftlichen Bodenklassen 1 und 2 führt die Drainage zu
einer Grundwasserspende und stellt einen hohen unproduktiven Wasserverlust dar. In den
Bodenklassen 3 bis 5 sind diese Verluste gering, die fallenden Niederschläge werden überwiegend verdunstet. Da es jedoch hauptsächlich während der kalten Jahreszeit zu einer Drainage auf diesen Böden kommt, findet keine Versalzung statt. Der Oberflächenabfluss ist in
jeder Bodenklasse marginal, der auf das ebenen Gelände im Marchfeld zurückzuführen ist.
Die Wassererosion stellt daher in dieser Region keine allzu große Gefahr dar.
Die Evaporation hat in allen Bodenklassen den größten Anteil an der Wasserbilanz und variiert nur leicht zwischen den Klassen. Insbesondere nach der Ernte des Winterweizens findet
die Evaporation statt. Das ist darauf zurückzuführen, dass nach der Hauptfrucht keine Zwischenfrüchte simuliert werden, und der Anbau der anschließenden Hauptfrucht erst im Oktober stattfindet; somit liegen die Äcker rund 3 Monate brach. Die während dieser Zeit auftretende Abtrocknung des Bodens bedeutet ein unproduktiver Wasserverlust.
Die Transpiration nimmt mit der Qualität der landwirtschaftlichen Böden eindeutig zu. Sie
steigert sich (Simulation: 1971-2005) von 18% in Bodenklasse 1 auf 38% in Bodenklasse 3.
Der Anstieg der nutzbaren Feldkapazität bis zu einer Höhe von etwa 140 mm hat demnach unter den Niederschlags- und Klimabedingungen im Marchfeld - Einfluss auf die Transpiration. Eine weitere Steigerung der nutzbaren Feldkapazität kann vom Winterweizenbestand
nicht mehr in einer höheren Transpiration umgesetzt werden.
Der Klimawandel führt ferner zu relativen Verschiebungen in der Wasserbilanz. Die Drainageverluste nehmen in Folge der ansteigenden Niederschläge während der kalten Jahreszeit zu.
Im Sommer und Herbst kann man zwar auf eine Abnahme der Drainage aufgrund der trockeneren Verhältnisse rechnen, diese fallen jedoch kaum ins Gewicht. Der Oberflächenabfluss,
der besonders bei Starkniederschlägen (z.B. Gewitter im Sommer) auftritt, nimmt etwas ab.
Das Verhältnis zwischen Evaporation und Transpiration verschiebt sich in Folge einer Klimaänderung zugunsten der Evaporation. Die frühere Abreife des Winterweizens sowie die spätere Saat bedeuten eine längere Brachezeit und somit eine kürzere Wachstumsperiode. Betrachtet man dieses Phänomen gemeinsam mit der Erwärmung in Spätsommer und Herbst, so führen diese Ereignisse zu einer relativen Zunahme der Evaporation. Ein weiterer entscheidender
Faktor ist die CO2-Düngung der Pflanzen. Sie ermöglicht einen sparsameren Wasserkonsum
des Getreides und somit auch eine Abnahme der Transpiration. Der Trockenstress, dem die
Pflanzen während ihres Wachstums ausgesetzt sind, nimmt mit zunehmender nutzbarer Feldkapazität ab (Rischbeck 2007).
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Abbildung 9: Jährliche (Summe von Saat bis zur nächsten Saat) relative Wasserbilanzen für
Sommergerstenbestand bei Herbstpflugfurche (Zeile 1-5: Bodenklassen 1-5; Spalte 1-3: 19712005, 2025 niedrige Klimasensitivität, 2050 hohe Klimasensitivität) (Rischbeck 2007)
Die Abbildung 9 stellt den relativen Bodenwasserhaushalt beim Anbau von Sommergerste
dar. Die Ergebnisse bei Drainage und Oberflächenabfluss sind ähnlich wie bei Winterweizen
(Abb 9). Die Drainage ist hauptsächlich von der Bodenbeschaffenheit abhängig: mit zunehmender Bodenmächtigkeit und Bodenschwere nehmen die Drainageverluste ab. Der Oberflächenabfluss hat mengenmäßig auch bei Sommergerste marginale Bedeutung.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Die Evaporation weist wiederum die höchsten Wasserverluste auf. Sie fällt bei Sommergerste
aufgrund der späten Jugendentwicklung und des späten Bestandesschlusses zum Teil bereits
im Frühjahr an, den Großteil der Jahressumme jedoch macht die Verdunstung aus der Brache
nach der Ernte der Sommergerste aus.
Die Transpiration steigt bei zunehmender nutzbaren Feldkapazität bis zur Bodenklasse 3; anschließend stagniert sie und die Sommergerste kann die zusätzliche nutzbare Feldkapazität
nicht produktiv nutzen. Im Frühjahr haben Winterungen gegenüber Sommerungen einen Entwicklungsvorsprung. Sommerungen haben eine spätere Jugendentwicklung und blühen auch
später. Die Gerste hat jedoch eine kürzere Kornfüllungsphase als Weizen (simulierte Dauer
der Kornfüllung bei der Klimareferenzperiode für Winterweizen 34 Tage, für Sommergerste
28 Tage) und holt somit nach der Blüte rasch auf. Gerste reift je nach Sorte teilweise früher
oder gleichzeitig mit Winterweizen ab. Der Bestandesschluss und damit eine starke Unterdrückung der Evaporation erfolgt somit bei Sommergerste später, das Feld wird aber annähernd
zur gleichen Zeit geräumt. Die Evaporation fällt daher bei Sommergerste höher als bei Winterweizen aus (Rischbeck 2007).
3.4. Die Veränderung des Ertragspotentials
Das Pflanzenwachstum ist sowohl vom Wetter bzw. Klima als auch von den Bodenverhältnissen abhängig. Die Ergebnisse der Erträge in Abbildung 10 und Tabelle 6 zeigen einen deutlichen Einfluss der Bodenklassen auf die Erträge. Die sandigen und seichtgründigen Bodenklassen 1 und 2 zeigen gegen über den tiefgründigeren schluffigen Tschernosemen, Auböden
und Feuchtschwarzerden der Klassen 3 bis 5 Mindererträge auf. Hier bildet die nutzbare Feldkapazität den limitierenden Faktor für das Pflanzenwachstum (von Winterweizen) und es
kommt aufgrund der geringen Wasserspeicherfähigkeit zu größeren Wasserverlusten durch
Drainage.
Die raschere Abtrocknung dieser Böden kann Trockenstress während der besonders empfindlichen Phasen der Blüte und Kornfüllung verursachen. Auf den besseren landwirtschaftlichen
Böden verliert die nutzbare Feldkapazität als limitierender Faktor an Bedeutung: die Steigerung der nutzbaren Feldkapazität von 140 - 220 mm auf >300 mm führt zu keiner Ertragssteigerung. Auch auf diesen Böden stellt Wasser einen wesentlichen limitierenden Faktor dar,
wobei hier jedoch die Witterung ausschlaggebend ist. Die leichten Mindererträge der Klassen
4 und 5 gegenüber der Klasse 3 sind auf niedrigere Humusgehalte zurückzuführen.
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2025
hohe Klimasensitivität
niedrige Klimasensitivität
2050
Abbildung 10: Relative Ertragsänderung des Winterweizens Capo für das HadCM 3 Szenario
2025 und 2050 im Marchfeld
Trotz der steigenden Aridität nimmt die durchschnittliche Belastung von Winterweizen durch
Trockenstress ab und es kann für fast jede Bodenklasse mit einem Anstieg des Ertrags gerechnet werden (Tab 6). Der negative Effekt der verkürzten Wachstumsperiode des Winterweizens wird durch eine CO2-Düngung überkompensiert. Des Weiteren führt die raschere
Entwicklung zu einem Wachstum in einer potentiell feuchteren und kühleren Jahreszeit.
Ertragsverluste können größtenteils bei Bodenklasse 1 erwartet werden, die im Durchschnitt
von -5,3% (2025) bis -4,1% (2050) bei hoher Klimasensitivität, sowie von -0,6% (2025) bis
+4% (2050) bei niedriger Klimasensitivität simuliert wurden. Eine Zunahme der Standardabweichung und somit ein höheres Ertragsrisiko sind ebenfalls zu erwarten, wobei die höchsten
Abweichungen beim 2025 Szenario mit niedriger Klimasensitivität zu beobachten sind. Das
ökonomische Risiko beim Anbau dieser Kultur steigt demnach bei den sandigen und seichtgründigen Böden an. Flächenmäßig ist diese Bodenklasse mit rund 2% der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Marchfeld unterbesetzt.
Die Bodenklasse 2 mit rund 15% landwirtschaftlicher Nutzfläche weist hingegen einen Ertragsgewinn auf: von rund 2 % um 2025 bis zu 7% (niedrige Klimasensitivität) bzw. 10%
(hohe Klimasensitivität) um 2050. Die Klimavariabilität steigt nur beim Klimaszenario 2025
mit niedriger Klimasensitivität drastisch an.
Die Tschernoseme, Auböden und Feuchtschwarzerden der Klasse 3 weisen den größten Flächenanteil mit rund 61% auf. Hier kann man den höchsten Ertragsgewinn erwarten: im
Durchschnitt rund 5 % um 2025 sowie 12,5% um 2050. Die Standardabweichung weicht nicht
wesentlich von der Klimareferenzperiode ab.
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Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
Relative hohe Ertragsgewinne können auch bei Bodenklasse 4 mit ca. 22% landwirtschaftlicher Nutzfläche erwartet werden: von 4% (2025) bis 12% (2050). Eine höhere Variabilität
konnte nur für die 2025 Szenarien aufgezeigt werden.
Auch bei der letzten Bodenklasse kann mit einer Zunahme der Erträge gerechnet werden: von
4 (2025) auf 7% (2050). Flächenmäßig jedoch ist diese Klasse mit 0,2 % stark unterbesetzt.
Tabelle 6: Simulierte Erträge in kgTM ha-1 sowie Standardabweichung des Winterweizens
Capo für das HadCM 3 Szenario 2025 und 2050
Szenario
1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Ertrag
Std.Abw.
Ertrag
Std.Abw.
Ertrag
Std.Abw.
Ertrag
Std.Abw.
Ertrag
Std.Abw.
Boden 1
3037
684
2875
754
3019
774
2911
727
3157
721
Boden 2
4303
802
4383
796
4401
961
4736
809
4615
801
Boden 3
5370
953
5674
975
5664
992
6071
1066
5998
953
Boden 4
5066
890
5226
1042
5291
989
5674
755
5707
753
Boden 5
5092
676
5342
649
5251
808
5430
760
5484
641
In Tabelle 7 sind relative Ernteausfälle sowie Mindererträge für jede Bodenklasse und Klimaszenarien zusammengefasst. Ein Ernteausfall wurde mit 50%, Mindererträge mit 20% unter
dem jährlichen Durchschnittswert der Klimareferenzperiode definiert. Mit 1 % Ernteausfälle
können bei allen Bodenklassen während der Referenzperiode 1971-2005 gerechnet werden.
Diese Anzahl wird nur bei Bodenklasse 1 bei den 2025er Klimaszenarien sowie 2050er mit
hoher Klimasensitivität überschritten. Bei den Mindererträgen weist die Bodenklasse 1 die
höchsten Werte bis zu 31 % (2025 hohe Klimasensitivität) auf.
Tabelle 7: Die relative Häufigkeit von Ernteausfällen und Mindererträgen des Winterweizens
durch den Klimawandel
Ernteausfall
1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Boden 1
1
2
3
3
0
Boden 2
1
0
0
0
0
Boden 3
1
0
0
0
0
Boden 4
1
1
1
0
0
Boden 5
1
1
1
0
0
Mindererträge
Referenzperiode 1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Boden 1
22
31
19
28
15
Boden 2
13
11
12
7
8
Boden 3
10
9
9
6
9
Boden 4
16
9
8
3
6
Boden 5
4
2
3
1
4
Auch bei der Sommergerste haben die verschiedenen Bodenklassen einen starken Einfluss auf
das Ertragsniveau (Abb 11 und Tab 8). Die Bodenfruchtbarkeit der Paratschernoseme und
leichten Tschernoseme der Bodenklasse 1 und 2 sind ebenfalls geringer als die der Tschernoseme, Auböden und Feuchtschwarzerden der Klassen 3, 4 und 5. Auch hier ist die nutzbare
Feldkapazität der wesentliche limitierende Faktor. Auf den besseren landwirtschaftlichen Böden gewinnen andere Faktoren wie Niederschlagsvariabilität und –menge, biologische und
chemische Eigenschaften des Bodens an Bedeutung. Das Ertragsverhalten der Sommergerste
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weist darauf hin, dass die Wasserversorgung über die nutzbare Feldkapazität des Bodens für
diese Kultur relativ größere Bedeutung als für Winterweizen hat.
2025
hohe Klimasensitivität
niedrige Klimasensitivität
2050
Abbildung 11: Relative Ertragsänderung der Sommergerste Magda für das HadCM 3 Szenario 2025 und 2050 im Marchfeld
Wesentlich empfindlicher reagiert die Sommergerste auf einen Klimawandel. Hierbei weisen
Paratschernosemen (Bodenklasse 1, 2% der landwirtschaftlichen Nutzfläche) besonders starke
Einbrüche der Erträge auf (bis zu -10% beim 2025 sowie 2050er Szenario mit hoher Klimasensitivität). Die Standardabweichung und somit das Ertragsrisiko erhöht sich gegenüber der
Klimareferenzperiode wesentlich (Tab 8).
Bei Bodenklasse 2 (15% Flächenanteil) wurden ebenfalls Ertragsverluste simuliert: von
durchschnittlich -4,7% (2025) bis -2,2% (2050) bei hoher Klimasensitivität sowie -0,9%
(2025) bis -2,4% (2050) bei niedriger Klimasensitivität. Standardabweichungen erhöhen sich
ebenfalls markant.
Die flächenmäßige größte Bodenklasse 3 (61 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche) kann nur
beim Klimaszenario 2050 mit hoher Klimasensitivität einen Ertragsgewinn von durchschnittlich 0,8% aufweisen, die anderen Szenarien zeigen Verluste auf. Die Variabilität steigt drastisch an und verdoppelt sich sogar beim 2050er Szenario mit hoher Klimasensitivität.
Stagnierende Erträge aber ein stärkeres Ertragsrisiko können bei der Bodenklasse 4 mit rund
22% landwirtschaftliche Nutzfläche erwartet werden. Die letzte Bodenklasse 5 weist leichte
Ertragsgewinne mit Ausnahme des 2025er Szenario mit hoher Klimasensitivität auf. Die
Standardabweichung weicht kaum von der Klimareferenzperiode ab.
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Tabelle 8: Simulierte Erträge in kgTM ha-1 sowie Standardabweichung der Sommergerste
Magda für das HadCM 3 Szenario 2025 und 2050
Szenario
1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Ertrag
Std.Abw.
Ertrag
Std.Abw.
Ertrag
Std.Abw.
Ertrag
Std.Abw.
Ertrag
Std.Abw.
Boden 1
3016
610
2759
757
2928
740
2750
875
2785
793
Boden 2
4453
562
4244
726
4417
723
4357
915
4340
766
Boden 3
5246
693
5175
929
5212
848
5286
1219
5219
905
Boden 4
4942
555
4876
888
4967
632
4932
993
4953
799
Boden 5
4805
484
4779
553
4846
448
4825
570
4854
505
Durch den Klimawandel kann mit einer Zunahme von Ernteausfällen gerechnet werden, wobei insbesondere die Bodenklasse 1 betroffen ist (Tab 9). Es ist daher über eine alternative
Nutzung dieser Standorte, wie z.B. Energieholz, nachzudenken. Mindererträge werden in Zukunft mit Ausnahme der Bodenklasse 5 (2025 und 2050 niedrige Klimasensitivität) stärker
zunehmen, insbesondere beim 2050er Szenario mit hoher Klimasensitivität.
Tabelle 9: Die relative Häufigkeit von Ernteausfällen und Mindererträgen der Sommergerste
durch den Klimawandel
Ernteausfall
1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Boden 1
1
7
4
6
8
Boden 2
0
0
1
2
0
Boden 3
0
1
1
4
0
Boden 4
0
1
0
4
0
Boden 5
0
0
0
0
0
Mindererträge
Referenzperiode 1971-2005
2025 hohe Klimasensitivität
2025 niedrige Klimasensitivität
2050 hohe Klimasensitivität
2050 niedrige Klimasensitivität
Boden 1
17
31
24
39
28
Boden 2
7
17
12
15
15
Boden 3
7
16
10
14
13
Boden 4
5
16
6
14
13
Boden 5
4
7
1
5
2
3.5. Potentielle Anpassungsmöglichkeiten im Marchfeld
Eine mögliche pflanzenbauliche Maßnahme ist der Ersatz des Pfluges durch Minimalbodenbearbeitung und Direktsaat. Dieser Schritt bietet arbeitstechnische, wirtschaftliche und pflanzenbauliche Vorteile (Schlichtner 2003, Stadler et al. 2005). So trägt die Minimalbodenbearbeitung zum Erosionsschutz bei, das Bodenleben wird geschont (Hofmann 2005) und die
nutzbare Feldkapazität und damit die Wasserversorgung der Pflanzen erhöht (Kosutič et al.
2001, Rischbeck 2004). In vielen semi-ariden Gebieten, wie beispielsweise in Teilen Australiens und der USA (Frazee 2006), wird die Minimalbodenbearbeitung erfolgreich zur Stabilisierung der Erträge im Getreidebau angewendet. Mögliche Nachteile der Minimalbodenbearbeitung sind der verstärkte Krankheits-, wie z.B. Fusarium, und Beikraut/Beigrasdruck (Davies et al. 2006).
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Der Verzicht auf den Pflug führte bei den Simulationen unter Winterweizen und Sommergerste zu einer Verringerung der unproduktiven Wasserverluste aus dem Boden. Insbesondere in
den leichten und seichtgründigen Bodenklassen wird die Grundwasserspende durch die erhöhte Wasserspeicherfähigkeit des gesamten Bodenprofils deutlich reduziert. Viele Simulationen
zeigen bei Minimalbodenbearbeitung auch eine leichte Zunahme der Transpiration. Der Bestand ist in der Lage die höheren Bodenwassergehalte im Oberboden produktiv zu nutzen. Die
Evaporation kann bei höherem Wassergehalt des Oberbodens und geringer Mulchbedeckung
durch die Vorfrucht ebenfalls zunehmen.
Eine Gegenüberstellung der relativen Ertragsänderungen von Herbstpflugfurche und Minimalbodenbearbeitung für Winterweizen und Sommergerste bis 2050 sind in den Abbildungen
12 und 13 zusammengefasst.
Abbildung 12: Relative Ertragsänderung des Winterweizens Capo für das HadCM 3 Szenario
2050 im Marchfeld: Herbstpflugfurche und Minimalbodenbearbeitung
hohe Klimasensitivität
niedrige Klimasensitivität
Die bessere Wasserverfügbarkeit durch die Minimalbodenbearbeitung wirkt sich (ohne Berücksichtung von phytosanitären Problemen) auch positiv auf die Erträge aus. Das simulierte
Ertragspotential im Marchfeld steigert sich durch Minimalbodenbearbeitung bei gegenwärtigen Klimabedingungen (=1971-2005) bei Winterweizen, leicht von 5110 kgTM ha-1 auf 5180
kgTM ha-1 (nach Fläche gewichtetes Mittel der Erträge auf allen Bodenklassen, nur auf den
Faktor Bodenbearbeitung zurück zuführen). Bei Sommergerste erhöht sich das Ertragspotential von 5030 kgTM ha-1 auf 5160 kgTM ha-1. Das Ergebnis zeigt die größere Bedeutung der
nutzbaren Feldkapazität des Bodens als limitierenden Faktor des Wachstums bei Sommergerste (Rischbeck 2007). Die Minimalbodenbearbeitung kann bei beiden Getreidearten bei
reduziertem Arbeits- und Energieaufwand (Schlichtner 2003, Stadler et al. 2005) sowie Erhalt
der natürlichen Bodenfruchtbarkeit (Hofmann 2005) zu leicht steigenden Erträgen führen.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Abbildung 13: Relative Ertragsänderung der Sommergerste Magda für das HadCM 3 Szenario 2050 im Marchfeld: Herbstpflugfurche und Minimalbodenbearbeitung
hohe Klimasensitivität
niedrige Klimasensitivität
Die Bedeutung der Minimalbodenbearbeitung als Mittel zur Vermeidung von Trockenstress
nimmt im Zuge des Klimawandels insbesondere bei Sommergerste zu. Für Winterweizen verändert sich die Ertragssteigerung bei Ersatz des Pfluges durch Minimalbodenbearbeitung von
+1,4% unter gegenwärtigen Klimabedingungen auf +1,1% (2025 niedrige Klimasensitivität)
bis +1,7% (2025 hohe Klimasensitivität) unter Bedingungen des Klimawandels. Für Sommergerste beträgt die Ertragssteigerung +2,6% unter gegenwärtigen Klimabedingungen, dieser
Wert steigt auf +2,8% (2050 hohe Klimasensitivität) bis +3,5% (2025 hohe Klimasensitivität)
an.
Ertragsverluste im Zuge des Klimawandels können bei Sommergerste auf den meisten Böden
durch eine Umstellung auf die Minimalbodenbearbeitung vermieden werden. Die Bedeutung
der Minimalbodenbearbeitung zur Verringerung von Trockenstress bei Getreide nimmt somit
bei zunehmend ariden Bedingungen im Zuge des Klimawandels zu (Rischbeck 2007).
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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4. Literaturverzeichnis
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Wintergetreide-Sortenversuche. Wien: Eigenverlag
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CECILIA – Central and Eastern Europe Climate Change Impact and Vulnerability Assessment (2007): Report about the results of the crop yield and forest tree growth changes influenced by climate change effects, regional conditions and management systems. 1st deliverable, Work package 6: Climate change impacts on agriculture and forestry sectors.
CECILIA – Central and Eastern Europe Climate Change Impact and Vulnerability Assessment (2006): Report about the results of the drought damage potential and crop water use efficiency as influenced by climate change effects and regional conditions. 2nd deliverable,
Work package 6: Climate change impacts on agriculture and forestry sectors.
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Frazee, R. W. (2006): No-till is now the ”Conventional” Tillage System for Illinois Farmers.
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HOFMANN, J. (2005): Auswirkungen unterschiedlicher Bodenbearbeitungssysteme auf die
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Kosutič, S.; Husnjak, S.; Filipovič, D. (2001): Einfluss verschiedener Bodenbearbeitungssysteme auf die Bodenwasserverf ügbarkeit im Ap - Horizont eines Albic Luvisol und auf den
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Müller, W. (1993): Agroklimatische Kennzeichnung des Marchfelds, Beiheft 3 zu den Jahrbüchern der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Wien: Eigenverlag
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Rischbeck, P.M. (2004): Einfluss der Bodenbearbeitung auf den Bodenwasserhaushalt. Wien:
Diplomarbeit BOKU
Rischbeck, P.M. (1997): Der Einfluss von Klimaänderung, Bodenbearbeitung und Saattermin
auf den Wasserhaushalt und das Ertragspotential von Getreide im Marchfeld. Wien: Dissertation BOKU
Rötzer, H. (2004): Die Entwicklung der pannonischen Steppenlandschaft und der sie bestimmenden gesellschaftlichen Werthaltungen am Beispiel des ¨osterreichischen Marchfeldes.
Wien: Dissertation BOKU
Schlichtner, H. (2003): Untersuchungen über die Wirkungsweisen von konventionellen und
konservierenden Verfahrenstechniken im Marktfruchtbau. Wien: Diplomarbeit BOKU
Stadler, M.; Greimel, M.; Handler, F., Blumauer, E. (2005): Standardisierter Arbeitszeitbedarf
in der österreichischen Landwirtschaft; In: Jahrbuch der österreichischen Gesellschaft für Agrarökonomie, Band 12, 217-228.
Statistik Austria (2007): Statistiken. http://www.statistik.at/web_de/statistiken Letzter Zugriff:
10.10.2007
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
Seite 25
Kapitel B
Region Weinviertel : Analyse des Auswirkungen des Klimawandels auf agrarklimatologische Bedingungen
1. Einleitung
Das Weinviertel nimmt mit einer Gesamtfläche von ca. 4.600 km2 den nordöstlichen Teil Niederösterreichs ein. Die Grenze des Weinviertels verläuft im Osten entlang der Staatsgrenze
von Österreich zur Slowakei, die durch die March gebildet wird. Im Norden grenzt das Weinviertel an Tschechien, wo im Wesentlichen die Thaya die Grenze bildet. Der Manhartsberg,
der östlich des Kamp liegt, stellt die Grenze zum Waldviertel im Westen dar. Im Süden grenzt
das Weinviertel an das Mostviertel, das Industrieviertel und Wien.
Im Weinviertel liegen die Bezirke Gänserndorf, Hollabrunn, Korneuburg und Mistelbach sowie Teile der Bezirke Tulln, Horn, Krems-Land und Wien-Umgebung. Das Marchfeld nimmt
mit einer Größe von ca. 970 km2 den Südosten des Weinviertels ein, siehe Abbildung 14.
Abbildung 14: Das Weinviertel im Nordosten Niederösterreichs und seine Bezirke
Das Weinviertel zählt zu den fruchtbarsten Gegenden Österreichs. Grundlage für die reichen
Erträge sind neben dem günstigen Klima auch die tiefgründigen Böden, die sich in vielen Teilen aus Löss entwickelt haben. Der Ackerbau hat hier, wie mehrere Ausgrabungen belegen,
eine etwa 8000-jährige Tradition.
Klimatisch gesehen liegt das Weinviertel am Westrand der pannonisch beeinflussten Zone.
Warme, trockene Sommer und kalte, schneearme Winter sind für das kontinental geprägte
Klima dieses Raumes charakteristisch.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Die Landnutzung bzw. Bodenbedeckung des Weinviertels wird in Abbildung 15 anhand der
CORINE 2000 Landnutzungsdaten dargestellt. Klar ist die große Bedeutung des Ackerbaues
ersichtlich, der ca. 65 % der Fläche einnimmt. Einen weiteren wesentlichen Faktor bildet der
Weinbau mit ca. 6 % Flächenanteil. Ungefähr 7 % entfallen auf gemischte landwirtschaftliche
Nutzungen, Wiesen, Weiden und Flächen mit natürlicher Vegetation. Laub- Misch- und Nadelwälder finden sich zu ca. 16 %. Zu den sonstigen Flächen mit 7 % zählen urban genutzte
Flächen, Gewässer, Industrie und Gewerbe sowie Abbauflächen.
Abbildung 15: Landnutzung im Weinviertel nach CORINE CLC2000
Tabelle 10 zeigt die Aufteilung der Landnutzungsarten auf das Marchfeld und das restliche
Weinviertel, wobei der hohe Anteil von Ackerland im Marchfeld mit 71 % im Vergleich zu
65 % im gesamten Weinviertel auffällt.
Tabelle 10: Landnutzung bzw. Bodenbedeckung im Marchfeld und Weinviertel aus dem CORINE Datensatz CLC2000
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
Bodenbedeckung
Ackerland
Weinbau
Wiesen und Weiden
Landwirtschaft gemischt
Landwirtschaft mit nat. Vegetation
Laub- Misch- und Nadelwald
Sonstige
Summe
Marchfeld
2
[km ]
688
31
1
15
12
140
82
968
[%]
71
3
0
1
1
14
8
100
Weinviertel o. Marchfeld
2
[km ]
[%]
2,300
63
234
6
5
0
179
5
105
3
585
16
235
6
3,643
100
Seite 27
Weinviertel gesamt
2
[km ]
[%]
2,988
65
265
6
6
0
194
4
117
3
725
16
317
7
4,610
100
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2. Methodik
Zur Abschätzung der Änderung des Produktionspotentials mittels agrarmeteorologischer Indikatoren wurden globale Klimadatensätze (WorldClim) mit einer räumlichen Auflösung von
2,5 Minuten verwendet. Dies entspricht im Weinviertel einer Auflösung von ca. 3,1 km in
Ost- West- Richtung und ca. 4,6 km in Nord- Süd- Richtung. Abbildung 16 zeigt das Weinviertel mit dem Gewässersystem und mit den Rasterpunkten, für die monatliche Klimawerte
zur Verfügung stehen.
Abbildung 16: Rasterpunkte des WorldClim Datensatzes für das Weinviertel (mit Fließgewässersystem)
Die Variablen sind Monatswerte von Niederschlag, Mittelwert, Maximum- und Minimumwert
der Temperatur, davon wurden weitere bioklimatische Variablen abgeleitet. Die bioklimatischen Variablen repräsentieren Jahrestrends, wie die mittlere Jahrestemperatur und den Jahresniederschlag, Extreme oder limitierende Umweltfaktoren, wie Mitteltemperatur der 3
kältesten Monate, Temperatursummen der Vegetationsperiode u.a.
Der Vergleich des Datensatzes für den Zeitraum 1950 – 2000 mit dem Klimadatensatz für das
Szenario mit doppeltem CO2-Gehalt der Atmosphäre gibt Aufschluss über künftige Anbaubedingungen, Ertragspotentiale und zu erwartende Qualitätsmerkmale.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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2.1 Klimaszenarien
Die Daten für das aktuelle (1950 – 2000) und zukünftig erwartete Klima (bei 2-fachem CO2Gehalt in der Atmosphäre) des Weinviertels wurden aus räumlich hoch aufgelösten Weltklimadaten extrahiert.
Aktuelles Klima: Der im Projekt verwendete Datensatz für das Klima der Zeitperiode 19502000 mit einer räumlichen Auflösung von 2,5 Minuten (Quelle: WorldClim) stammt aus einem noch höher aufgelösten globalen Klimadatensatz mit einer räumlichen Auflösung von
1 km2. Es wurden globale, regionale, nationale und lokale Quellen herangezogen, deren Wetterdaten nach dem „thin-plate smoothing spline algorithm“, der in der Software ANUSPLIN
(Hutchinson, 2004) implementiert ist, interpoliert wurden (Hijmans, 2005).
Zukünftiges Klima: Der Datensatz für das zukünftige Klima basiert auf einer hoch aufgelösten Simulation des globalen Klimas mit Hilfe eines CCM3 Modells. Unter der Annahme einer
Verdopplung des CO2 Gehaltes der Atmosphäre (Govindasamy, 2003) entspricht das Ergebnis den prognostizierten Klimabedingungen im Jahr 2100. Es ist anzumerken, dass das
CCM3 Modell ein Szenario mit langsamer Temperaturzunahme darstellt. Die Reclip Szenarien prognostizieren eine Erhöhung um 2°K für das Weinviertel schon für das Jahr 2050!
Durch ein Downscaling- Verfahren wurde der Datensatz des zukünftigen Klimas an den Datensatz des aktuellen Klimas angepasst und auf dieselbe räumliche Auflösung von
2,5 Minuten umgerechnet.
Die mittleren Jahrestemperaturen der Zeitperiode 1950-2000 reichen im Weinviertel von
8,05°C im Nordwesten bis 10,05°C im Marchfeld, siehe Abbildung 17 (links). Für das Jahr
2100 werden mittlere Jahrestemperaturen von 10,38°C im Westen des Bezirks Hollabrunn bis
12,43°C im Marchfeld an der Wiener Stadtgrenze prognostiziert, siehe Abbildung 17 (rechts).
Abbildung 17: Verteilung der mittleren Jahrestemperatur [°C] 1950 – 2000 (links) und
2xCO2 (rechts)
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Erwartete Temperatur- und Niederschlagsänderungen:
Die erwartete Zunahme der Jahresmitteltemperatur differiert nur geringfügig und liegt bei
2,3°K im Westen und 2,4°K im Osten des Weinviertels, siehe Abbildung 18 (links). Die Änderungen bei den Jahresniederschlagsmengen reichen von keiner Änderung im Westen bis zu
einer Abnahme um 32 mm im südöstlichen Weinviertel (Marchfeld), siehe Abbildung 18
(rechts).
Abbildung 18: Änderung der Jahresmitteltemperatur [°K] (links) und Änderung der jährlichen Niederschlagsmenge [mm] (rechts)
Die Betrachtung der Änderungen der mittleren monatlichen Temperatur- Maxima und Minima am Standort Fuchsenbigl zeigt vor allem in den Wintermonaten Dezember und Jänner
geringere Temperaturzunahmen als in den übrigen Monaten, siehe Abbildung 19. Die Charakteristik und Verteilung der saisonalen Änderungen der Monatswerte am Standort Fuchsenbigl
ist für das gesamte Weinviertel repräsentativ.
K Änderung gegenüber Referenz (1950-2000)
5.0
4.5
Änderung der mittleren monatlichen Temperaturminima
Änderung der mittleren monatlichen Temperaturmaxima
4.0
3.5
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
JAN
FEB
MÄR APR
MAI
JUN
JUL
AUG
SEP
OKT
NOV
DEZ
Abbildung 19: Veränderung (in Grad Kelvin) der mittleren monatlichen Temperatur- Minima
und Maxima für das gewählte Szenario CCM3 bei einer Verdopplung des CO2- Gehaltes in
der Atmosphäre im Vergleich zur Klimareferenzperiode 1950 - 2000
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Die relative Veränderung der mittleren monatlichen Niederschlagssummen zeigt eine deutliche Abnahme der Niederschläge in den Monaten Jänner, Februar sowie im September. Im
Frühjahr werden in diesem Klimaszenario für das Weinviertel zunehmende Niederschläge
prognostiziert, siehe Abbildung 20.
Abbildung 20: Relative Veränderung der mittleren monatlichen Niederschlagsmengen für das
gewählte Szenario CCM3 bei einer Verdopplung des CO2- Gehaltes in der Atmosphäre im
Vergleich zur Klimareferenzperiode 1950 - 2000
2.2 Abschätzung des Produktionspotentials mittels agrarmeteorlogischer Indikatoren
Das Auftreten von Trockenheit während der Vegetationsperiode ist ein limitierender Faktor
der Ertragssituation vieler Anbauprodukte. Zur Bestimmung von Trockenheit stehen unterschiedliche Methoden wie meteorologische Indizes, agrarmeteorologische Modelle oder Indizes, dynamische Ertragsmodelle und Fernerkundungsindizes zur Verfügung.
Das vorhandene Datenmaterial erlaubt die Verwendung eines meteorologischen Index, und
zwar des Hydrothermalindex TI nach Harlfinger und Knees (1999).
T- Index :
Als einfache Beziehung zur Feststellung einer monatlichen Trockenheitsgrenze wird die Gleichung von Gaussen (1955)
r = 2t
herangezogen, wobei
r = Monatssumme des Niederschlags in mm und
t = Monatsmitteltemperatur in °C bedeuten.
Die Berechnung des T-Index erfolgt nach der Gleichung:
TI =
3t
r
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Der Hydrothermalindex eignet sich hier, trockene Monate der Vegetationsperiode, Regionen
und deren Prognosen für die Zukunft darzustellen. Die Abbildungen 21 und 22 zeigen die
Verteilung des Hydrothermalindex der Monate Mai bis Juli sowie einen gemittelten Wert über
die Periode Mai bis Juli für den Zeitraum 1950 bis 2000.
Abbildung 21: Hydrothermalindex TI für die Monate Mai (links) und Juni (rechts) 1950 2000
Abbildung 22: Hydrothermalindex TI für die Monate Juli (links) und Vegetationsperiode Mai
bis Juli (rechts) 1950 - 2000
Interpretation:
In allen Darstellungen zeigt sich die Zone im nordöstlichen Großraum von Wien bzw. im
westlichen Marchfeld mit einem hohen Hydrothermalindex, was vor allem auf die regional
hohen Temperaturen zurückzuführen ist. Die ebenfalls mit einem signifikant erhöhten Hydrothermalindex erkennbare Zone im Pulkautal Richtung Retz ist dagegen eher durch geringe
Niederschläge verursacht. Die im Juni noch moderat verlaufende Zunahme des T-Index verschärft sich im Juli beträchtlich.
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Die Abbildungen 23 und 24 zeigen eine Prognose der zukünftigen Verteilung des Hydrothermalindex der Monate Mai bis Juli sowie einen gemittelten Wert über die Periode Mai bis Juli.
Abbildung 23: Prognose für den zukünftigen Hydrothermalindex TI der Monate Mai (links)
und Juni (rechts)
Abbildung 24: Prognose für den zukünftigen Hydrothermalindex TI des Monats Juli (links)
und der Vegetationsperiode Mai bis Juli (rechts)
Interpretation:
Durch die Temperaturzunahme kommt es in allen Monaten der betrachteten Vegetationsperiode Mai bis Juli zu einem deutlichen Anstieg des Hydrothermalindex und damit zu einem
erhöhten Risiko von Trockenstress. Am stärksten zeigt sich dies im Juli, in dem das Szenario
nicht nur eine hohe Zunahme der mittleren Temperatur, sondern auch eine Abnahme des mittleren Monatsniederschlages prognostiziert, siehe auch Abbildung 20. Schwerpunkte des Trockenstress liegen wieder im Grenzbereich zum Großraum Wien sowie im Pulkautal.
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Die Abbildungen 25 und 26 zeigen die prognostizierte Änderung des Hydrothermalindex der
Monate Mai bis Juli sowie einen gemittelten Wert über die Periode Mai bis Juni.
Abbildung 25: Prognostizierte Änderung des Hydrothermalindex TI der Monate Mai (links)
und Juni (rechts)
Abbildung 26: Prognostizierte Änderung des Hydrothermalindex TI des Monats Juli (links)
und der Vegetationsperiode Mai bis Juli (rechts)
Interpretation:
Die aus dem Klimaszenario abgeleiteten Änderungen des Hydrothermalindex zeigen, dass im
gesamten Weinviertel eine generelle Erhöhung von Trockenstress zu erwarten ist. Lediglich
im Juni kommt es aufgrund geringfügig höherer prognostizierter Monatsniederschläge zu keiner Verschlechterung der Situation. Im Juli, dem Monat mit einem an sich schon hohen Hydrothermalindex, kommt es zur größten Zunahme innerhalb der betrachteten Vegetationsperiode Mai bis Juli.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Maisanbau
Die Temperatursumme spielt u.a. im Maisanbau eine wesentliche Rolle. In Anbaugebieten
mit geringeren Temperatursummen werden Sorten mit geringeren Reifezahlen verwendet, die
auch bei geringeren Temperatursummen innerhalb der Vegetationsperiode das Reifestadium
erreichen. Diese Maissorten mit niedrigeren Reifezahlen weisen allerdings geringere Ernteerträge auf als Sorten mit höheren Reifezahlen.
Ein weiterer Zusammenhang der Temperatursumme besteht zur Kornfeuchtigkeit zum Erntezeitpunkt (Hinterholzer, 2003). Eine Untersuchung des Verlaufs der Kornfeuchtigkeit zum
Erntezeitpunkt und die Entwicklung der Temperatursummen am Standort Hatzendorf, 1970 –
2000, zeigt einen eindeutigen Trend zu geringerer Kornfeuchtigkeit bei höheren Temperatursummen. Als Bezugssorten für den Reifestandard wurden die Sorten Harrach Hybrid 388,
Star 304, Raissa und Mirna verwendet.
Bei einer Temperatursumme von 1000°C wurde zum Erntezeitpunkt eine Kornfeuchtigkeit
von 37 % ermittelt, bei 1400°C 27 %. Damit ergibt sich statistisch bei einer Erhöhung der
Temperatursumme um 100°C eine Reduktion der Kornfeuchtigkeit um 2,5 %.
Hinterholzer (2003) berechnet die Temperatursumme als Summe der täglichen Tagestemperaturen vermindert um 10°C, wobei die Periode zwischen dem 20. April (Aussaat) und dem 31.
Oktober (Ernte) berücksichtigt wird. Da die vorhandenen Daten auf Monatswerten basieren,
wurde die Temperatursumme als Summe der mittleren Tageswerte, vermindert um 10°C, für
die Monate Mai bis Oktober, berechnet. Die Verteilung der Temperatursummen der Vegetationsperiode von Mais ist in Abbildung 27 dargestellt.
Abbildung 27: Temperatursumme der Vegetationsperiode von Mais im Mittel von 1950 –
2000 (links) und die Prognose (rechts)
Die Untersuchung der Temperatursumme der Vegetationsperiode von Mais zeigt, dass in der
Klimaperiode 1950 – 2000 vor allem im Marchfeld günstige Bedingungen geherrscht haben.
Der Nordwesten des Weinviertels weist mit Temperatursummen zwischen 600 und 900 °C
eindeutig kühlere Verhältnisse für den Maisanbau auf. Die Prognose für das zukünftige Klima
zeigt eine Temperatursummenerhöhung von mindestens 500 °C. Damit können insbesondere
im Marchfeld ertragsgünstigere Sorten mit höheren Reifezahlen angebaut werden. Auch die
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Kornfeuchtigkeit zum Erntezeitpunkt wird im Mittel um 10 % niedriger liegen. Potentiell weitet sich das Anbaugebiet von spätreifen Maissorten auf das gesamte Weinviertel aus.
Als Einschränkung ist das Wasserdargebot zu erwähnen. Zeigt das gewählte Szenario in den
Monaten März bis Juni noch eine Zunahme der mittleren Monatsniederschläge, ist für den
September eine Reduktion des mittleren Niederschlags um ca. 45 % prognostiziert, siehe Abbildung 19. Dies bedeutet, dass für Mais ein (erhöhter) Bewässerungsbedarf entstehen kann,
bzw. dass vor allem gute Bodenstandorte mit einer hohen nutzbaren Feldkapazität (mit hohem
Wasserhaltevermögen) die Erwärmung vorteilhaft umsetzen können.
Weinbau
Die verwendeten Klimadaten können aufgrund ihrer hohen räumlichen Auflösung auch zur
Analyse der Weinbaustandorte im Weinviertel herangezogen werden. Die klimatischen Basisbedingungen für den Weinbau sind nur durch mehrere Kriterien beschreibbar (Harlfinger
2000), wie z.B.:
•
•
•
•
•
Wärmesumme ≥ 3500°C
14-Uhr Temperatur (Mai-September) ≥ 21,3°C
Wintertemperatur ≥ - 0,3°C
Jahresmitteltemperatur ≥ 9,5°C
u.a. Kriterien (Parameter)
Zur o.a. Wärmesumme ist zu bemerken, dass sie für den Weinbau anders als für den Maisanbau berechnet wird. Deshalb können die Darstellungen der Wärmesummen im Kapitel Maisanbau für den Weinanbau nicht verwendet werden.
Beispielhaft wurde für den Weinbau das Kriterium der Wintertemperatur untersucht. Aus den
vorhandenen Daten wurde als Wintertemperatur die mittlere Temperatur des kältesten Quartals (der kältesten 3 Monate) herangezogen.
In Abbildung 28 ist die Verteilung der Wintertemperatur der Zeitperiode 1950 – 2000 dargestellt, in Abbildung 29 findet sich eine Gegenüberstellung der Wintertemperaturen des Zeitraumes 1950 – 2000 (links) und zukünftiger Klimaverhältnisse (rechts). In beiden Abbildungen sind die Weinbaustandorte aus dem CORINE 2000 Datensatz als rot umrandete Flächen
erkenntlich.
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Abbildung 28: Verteilung der mittleren Wintertemperatur im Zeitraum 1950 – 2000 – die rot
umrandeten Bereiche zeigen die aktuellen Weinanbaugebiete des Weinviertels
Abbildung 29: Verteilung der Wintertemperatur im Mittel von 1950 – 2000 (links) und die
Prognose bei einer Verdopplung des CO2 Gehaltes der Atmosphäre (rechts) – die rot umrandeten Bereiche zeigen die aktuellen Weinanbaugebiete des Weinviertels
Aus Abbildung 28 ist ersichtlich, dass während der Klimaperiode 1950 – 2000 die Regionen
Retz, Pulkau, die Osthänge des Manhartsbergs und der Bereich Poysdorf bis Schrattenberg
nach dem Kriterium der Wintertemperatur an den Grenzen der bioklimatischen Eignung für
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den Weinbau liegen. Es ist allerdings zu erwähnen, dass Weingärten meist in lokalen klimatischen Gunstlagen liegen, damit kann die mikroklimatische Situation der meisten Weingärten
durchaus günstiger beurteilt werden, als es in der flächigen Interpolationsdarstellung zur Geltung kommt. Durch die prognostizierte Erwärmung gibt es hinsichtlich des Kriteriums der
Wintertemperatur für den Weinbau eindeutig eine Entspannung, siehe Abbildung 29 (rechts).
Abbildung 30 zeigt, wie der Anstieg der Wintertemperaturen auf das Weinviertel verteilt ist.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass in diesem Szenario die Zunahme der Wintertemperatur
im Weinviertel mit 1,67 – 1,75 °K wesentlich unter dem Anstieg der mittleren Jahrestemperatur (Abbildung 17) mit 2,31 - 2,42 °K liegt.
Abbildung 30: Mittlere Änderung der Wintertemperatur ( in Grad Kelvin) zwischen 1950 –
2000 und der Prognose für das Klima bei einer Verdoppelung des CO2 Gehaltes der Atmosphäre
3. Literatur
Formayer, H.; Harlfinger, O.; Mursch-Radlgruber, E.; Nefzger, E.; Groll, N.; Kromp-Kolb, H.
(2004): Objektivierung der geländeklimatischen Bewertung der Weinbaulagen Österreichs in
Hinblick auf deren Auswirkung auf die Qualität des Weines am Beispiel der Regionen um
Oggau und Retz; Im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft; Forschungsprojekt Nr. 1265
Gaussen, H. (1955): Determination des climats par laméthods des courbes ombrothermiques.
C.R. Acad.Sci., 236: 1075.
Govindasamy, B.; Duffy, P. B.; Coquard, J. (2003): High-resolution simulations of global
climate, part 2: effects of increased greenhouse cases. Climate Dynamics 21: 391–404
Harlfinger, O.; Knees, G. (1999): Klimahandbuch der Österreichischen Bodenschätzung. Mitteilung der Österreichischen Bodenkundlichen Gesellschaft. Heft 58, 196.
Harlfinger, O. (2000): Die klimatischen Bedingungen für den Qualitätsweinbau in Österreich;
Der Förderungsdienst; 48, Heft 9, S 77-80
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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Harlfinger, O.; Koch, E.; Sscheifinger, H. (2002): Klimahandbuch der österreichischen Bodenschätzung. 2. Teil
Hijmans, R.J.; Cameron, S.E.; Parra, J.L.; Jones, P.G.; Jarvis, A. (2005): Very high resolution
interpolated climate surfaces for global land areas. International Journal of Climatology 25:
1965-1978 (2005)
Hijmans, R.J.; Guarino, L.; Jarvis, A.; O´Brien, R.; Mathur, P.; Bussink, C.; Cruz, M.; Barrantes, I.; Rojas, E. (2005): Manual for DIVA-GIS Version 5.2
Hinterholzer, J. (2003): Höhere Temperatursummen lassen Mais früher abreifen; Fachzeitschrift Mais, Ausgabe 1/2003
Hutchinson, MF. (2004): Anusplin Version 4.3. Centre for Resource and Environmental Studies. The Australian National University: Canberra, Australia.
StartClim2004.C (2004): Analyse der Auswirkungen der Trockenheit 2003 in der Landwirtschaft Österreichs - Vergleich verschiedener Methoden; ARC Seibersdorf research, Institut
für Meteorologie, BOKU, Institut für Vermessung, Fernerkundung, und Landinformation,
BOKU
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Kapitel C -Zusammenschau
A - Detaillierte Abschätzung von Auswirkungen des Klimawandels und Anpassungsstrategien für das Weinviertel
• Zunahme der Temperaturen, der Trockenheit und des Wassermangels im Weinviertel: Das Marchfeld und das Weinviertel zählen zu den trockensten landwirtschaftlichen Produktionsgebieten Österreichs, wobei neben der mittleren Temperaturerhöhung um mind. 2°C
bis zu den 2050ern vor allem eine zunehmende Trockenheit (z.T. auch durch einen leichten
Niederschlagsrückgang) unter den Klimaszenarien der 2025er und 2050er Jahre ertragslimitierend wirkt, mit einem zunehmenden Gradienten von West nach Ost. Der Nutzwassermangel (z.B. für Bewässerung) wird in Regionen mit wenig Grundwasserreserven bzw. ohne Zugang zu externer Versorgung (wie beim Marchfeldkanal) zunehmen.
• Schnellere und frühere phänologische Entwicklung der Kulturpflanzen: Eine Erhöhung der für die Pflanzenentwicklung bedeutenden Temperatursummen bis zu den 2050er
Jahren um ca. ein Drittel ist zu erwarten (beschleunigte und frühere Entwicklung der Pflanzen
durch die Temperaturzunahme). Damit wären zum Beispiel höhere Reifezahlen bei Mais
möglich als auch 2 Hauptkulturen in vielen Jahren (soweit die Wasserversorgung durch Bewässerung sichergestellt ist).
• Ein bis zu den 2050er Jahren früherer mittlerer Vegetationsbeginn bei Dauerkulturen
und Winterungen um ca. 14 Tage: Damit verbundene frühere Blühtermine bei Dauerkulturen könnten das Spätfrostrisiko wegen der längeren nächtlichen Abkühlung erhöhen. Hier
sind sicherlich insbesondere Kaltluftseelagen betroffen. Sommerkulturen können entsprechend früher angebaut werden.
• Annahmen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Erträge: Die simulierten
Ergebnisse für die Klimaszenarien der 2025er und 2050er Jahre sind unter der Annahme des
ertragssteigernden CO2-Düngungseffektes, von angepassten Saatterminen, gleichbleibender
Produktionstechnik, heute angebauter Sorten und ohne Berücksichtigung von Ertragseinbussen durch Krankheiten und Schädlinge zu verstehen.
• Zunehmende Ertragstendenz bei Wintergetreide, abnehmende Ertragstendez bei
Sommergetreide: Die Simulationen für das Marchfeld zeigen für dass Wintergetreide bis zu
den 2050er Jahren eine leicht zunehmende Ertragstendenz, bei Sommergetreide (Sommergerste) eine leicht abnehmende Ertragstendenz (der mittleren Erträge). Letztere ist eine Folge
der abnehmenden Wachstumsperiode bei Sommergetreide (beschleunigte Entwicklung) und
zunehmenden Wassermangels vor allem bei Sommerkulturen.
• Zunahme der zwischenjährlichen Ertragsvariabilität bei nicht bewässerten Sommerkulturen: Sommergerste zeigte in unseren Simulationen eine Zunahme der Ertragsvariabilität. Aus anderen Quellen zeigt sich dies auch für andere Sommerkulturen wie z.B. Mais. Es
darf also bei Sommerkulturen generell mit einer Zunahme der Ertragsschwankungen zwischen den Jahren gerechnet werden. Die Ursache dafür ist eine Zunahme der Trocken- und
Hitzeperioden (zunehmender Trocken- und Hitzestress) im Sommerhalbjahr.
• Zunahme der räumlichen Ertragsunterschiede auf Böden mit unterschiedlicher Wasserversorgung: Unter den künftigen Klimaszenarien erfolgt eine stärkere Differenzierung der
Erträge auf Böden mit guter bzw. schlechter Wasserversorgung. Böden mit z.B. schlechter
Wasserspeicherfähigkeit im Wurzelraum werden aufgrund zunehmender Trockenheiten ver-
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
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hältnismäßig stärkere Ertragseinbussen zu verzeichnen haben. Es erfolgt damit auch eine stärkere räumliche und regionale Differenzierung, abhängig von den Bodeneigenschaften. Die
Böden mit relativ schlechter Wasserspeicherfähigkeit (die 2 schlechteren definierten Bodenklassen mit Ertragseinbussen bei Sommergetreide) sind im Marchfeld mit einem Flächenanteil von ca. 17 % vertreten.
• Anpassung der Saattermine als ertragsstabilisierende Massnahme: Die langfristige
Anpassung der Saattermine (früher bei Sommerkulturen, später bei Wintergetreide) stellt eine
effektive Anpassung zur Erhaltung des derzeitigen Ertragsniveaus dar. Ansonsten wäre mit
deutlichen Ertragseinbussen zu rechnen.
• Anpassung der Bodenbearbeitung wirkt ertragssteigernd: Ein Wechsel von der Pflugbearbeitung zur Minimalbodenbearbeitung bewirkt im Klimagebiet des Marchfeldes ebenfalls
im Mittel eine Ertragssteigerung, sowohl bei Winter- (bis 2%) als auch bei Sommergetreide
(bis 4%) aufgrund der höheren Bodenwasserspeicherfähigkeit bei Minimalbodenbearbeitung.
• Anpassung durch zusätzliche oder vermehrte Beregnung: Es ist mit einer deutlichen
Zunahme des Wasserbedarfes in der landwirtschaftlichen Bewässerung zu rechnen, einerseits
bei Kulturen die derzeit schon bewässert werden (insbes. Sommerkulturen wie Zuckerrübe,
Kartoffel und Gemüse), andererseits durch zusätzliche Bewässerungen, soweit die Wasserreserven zur Verfügung stehen (wie z.B. aus dem Marchfeldkanal). In vielen Regionen des
Weinviertels muss mit zunehmender Wasserknappheit insbesondere für die landwirtschaftliche Bewässerung gerechnet werden.
• Massnahmen zur Reduktion der unproduktiven Verdunstung wirken ertragssteigernd: Es lässt sich weiters schlussfolgern, dass im Weinviertel und im Marchfeld verdunstungsreduzierende Maßnahmen eine mittlere Ertragssteigerung bei allen Kulturen bewirkt.
Dazu zählen insbesondere die Reduktion der Windgeschwindigkeit durch Windschutzhecken
und die Aufbringung von Mulchdecken zur Reduktion der unproduktiven Verdunstung besonders im Sommerhalbjahr, da die Sommerbrache für den Grossteil der Wasserverluste im
Gesamtjahr verantwortlich ist.
• Verbesserung der Erntebedingungen: Durch trockenere Bedingungen im Sommerhalbjahr verbessern sich die Erntebedingungen vor allem ab Juli bis Oktober (bei frühreifendem
Getreide wahrscheinlich gleichbleibende Erntebedingungen). Durch höhere Temperatursummen wird z.B. bei Mais eine deutliche Reduzierung der Kornfeuchte erreicht. Das kann auch
für Getreide angemommen werden.
• Verändertes Auftreten von Krankheiten und Schädlingen: Durch trockenere und wärmere Bedingungen im Sommerhalbjahr reduziert sich das Risiko für Pilzkrankheiten. Damit
verbunden ist ein niederigeres Auswuchsrisiko bzw. geringeres Fusariumbefallsrisiko. Andererseits besteht die Gefahr eines zunehmenden Schaddruckes durch schon vorhandene (z.B.
mehr Generationen als bisher) oder neue Schädlinge (weitere räumliche Verbreitung), vor
allem thermophiler Insekten. Der Schaddruck durch Maiszünslerbefalls oder des Maiswurzelbohrers wird in der Region Weinviertel zum Beispiel zunehmen. Auch bei Dauerkulturen
(Obst- und Weinbau) ist mit zunehmendem Befallsdruck durch thermophile Insekten zu rechnen, was im einzelnen aber noch kaum genauer untersucht ist.
• Veränderte Bedingungen für den Weinbau: Durch trockenere und wärmere Bedingungen werden die thermischen Ansprüche des Weinbaus, besonders in den klimatischen Grenzlagen, in Zukunft besser erfüllt werden. In den bestehenden Weinanbaugebieten werden sich
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Änderungen in den Qualitäten ergeben (durch z.B. eine Zunahme des Mostgewichtes), langfristig sind auch Sortenverschiebungen oder neue Anbaugebiete denkbar. Auf manchen
Standorten (schlechte Bodenwasserspeicherkapazität und zu geringer Wurzelraum) ist auch
im Weinbau mit einer Zunahme des Trockenstresses (oder zunehmendem Bewässerungsbedarf) zu rechnen. Auch Änderungen in der Produktionstechnik sind durch wesentlich frühere
Erntetermine, mehr Hitzeperioden (z.B. weniger Laubentfernung - Laubbeschattung der Trauben), höheres Frostrisiko (Frostschutzmassnahmen) durch sehr frühe Vegetationsperioden,
neues Schädlingsauftreten etc. zu erwarten.
• Abnahme des Ertragspotentials im Grünland, Futterbau, Biomassproduktion : An
Standorten ohne Grundwassereinfluss im Wurzelraum und ohne zusätzliche Beregnung wird
das Ertragspotential bei Kulturen mit hohem Wasserbedarf (zugleich meist hohe Biomassproduktion) im Weinviertel zurückgehen.
B - Generelle Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft und mögliche
Anpassungsmassnahmen in ganz Niederösterreich
Allgemein
• Weitere Zunahme der mittleren Temperaturen um ca. 2°C in den nächsten 40 Jahren, allerdings saisonal unterschiedlich : im Sommer etwas stärker und im Winter etwas
schwächer. Das bedeutet eine räumliche Verschiebung der Temperaturzonen da die dieselbe
Temperaturzone um 400m höher wandert. Extreme Hitzeperioden und Trockenheiten im
Sommer werden häufiger (ca. Vervierfachung).
• Deutliche Zunahme der Wasserverluste durch zunehmende Verdunstung.
• Gleichbleibende oder eine leichte Abnahme der Jahresniederschläge (regional eher
eine Zunahme je näher man den Alpen ist (Alpenvorland), im Wald- und Weinviertel eher
eine Stagnation bis Abnahme um bis zu 20%). Auch hier saisonal unterschiedlich : Im Sommer eine deutliche Abnahme, im Winter eine Zunahme. Die Extremniederschlagsereignisse
werden ebenfalls zunehmen.
• Zunahme der Dauer der Vegetationsperiode um 8 Tage/10Jahre in den nächsten Jahrzehnten.
• Die Zunahme von klimatischen Extremereignissen (insbes. Hitzeperioden und Trockenheit, aber auch Starkniederschlag, Frostschäden, möglicherweise Hagel) bewirkt generell eine
Zunahme der jährlichen Ertragsschwankungen in der landwirtschaftlichen Produktion (egal ob
die mittleren Erträge zu- oder abnehmen).
• Die regionalen Unterschiede im Ertragspotential nehmen zu, aufgrund unterschiedlicher Wasserversorgung (z.B. Bodenwasserspeichervermögen) generell. Standorte schlechter
Böden verlieren gegenüber Standorten mit guten Böden.
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Ackerbau / einjährige Kulturpflanzen
• Sommerkulturen (Sommergetreide, Mais, Zuckerrübe, Sonnenblume, Kartoffel, usw.)
werden zunehmend von Wassermangel bzw. Hitzestress und Trockenschäden betroffen
sein und im Ertragspotential stagnieren bis zurückgehen (ausser bei Bewässerung), insbesondere im Wald und Weinviertel und auf leichten Böden mit wenig Wasserspeicher.
• Winterkulturen (z.B. Winterweizen) werden im mittleren Ertragspotential eher leicht
zunehmen, da sie die Winterfeuchte in den Böden besser nutzen.
• Mögliche Ausbreitung neuer Unkrautarten (in der Steiermark bereits beobachtet)
• Bei bewässerten Kulturen ein zunehmender Wasserbedarf, möglicherweise müssen
auch bisher nicht bewässerte Kulturen bewässert werden. (Beim Wasserbedarf in der Bewässerung spielt allerdings die Bewässerungsmethode eine grosse Rolle, hier gibt es in Österreich
noch grosse Einsparungspotentiale, welche diese Effekte kompeniseren könnte)
• Deutliche Änderungen bei Schädlingen und Krankheiten : Vor allem wärmeliebende
Insekten könnten zunehmend Probleme bereiten (neue Schädlinge, raschere Ausbreitung oder
mehr jährliche Generationen). Beispiele : Engerlinge, Maiszünsler, Maiswurzelbohrer etc..
Pilzkrankheiten könnten in den trockeneren Regionen eher zurückgehen.
• Die Entwicklung der Pflanzen beschleunigt sich, damit werden auch an die Phänologie
gebundene Arbeiten immer früher stattfinden (früherer Anbau, frühere Erntetermine, Verschiebung bei den Pflegemassnahmen). Auch Änderungen in den Pflegemassnahmen sind
denkbar (z.B. im Weinbau) oder auch zusätzliche Arbeit/Kosten durch mehr notwendige Bewässerung. Durch heissere Sommer wird es insgesamt zwar mehr Feldarbeitstage geben, die
Arbeitsspitzen werden aber immer früher stattfinden. Im Frühjahr kann es dadurch z.B. beim
Anabu vermehrt Probleme bei der Bodenbefahrbarkeit geben, durch frühere Erntetermine im
Mittel wahrscheinlich kaum eine Verbesserung der Erntbedingungen usw..
Grünlandgebiete (mit Tierhaltung)
• Durch eine verlängerte Wachstumsperiode erhöht sich das Ertragspotential im Dauergrünland (mehr Schnitte möglich als bisher), vorausgesetzt dass die Wasserversorgung
im Sommer nicht limitierend wirkt.
Die Grenze hierfür kann ungefähr bei 800 mm Jahresniederschlag angesetzt werden, wodurch
z.B. das Alpenvorland eher begünstigt, das Waldviertel eher benachteiligt sein wird. Auch
hier spielt das Bodenwasserspeichervermögen eine zusätzlich wichtige Rolle.
• Auch im Grünlandbereich wird es eine Zunahme der jährlichen Ertragsschwankungen geben, wodurch ein erhöhter Lagerbedarf für Tierfutter (insbes. Heu, Silage) entsteht.
• Zunahme von Hitzeschäden im Grünland, auch in den niederschlagsreicheren Regionen.
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• Mehr Hitzestress und Ausfälle durch Hitzetod bei Stalltieren, Leistungsabfall bei Hitzperioden. Höhere Ansprüche insbes. an die Stallklimatisierung (ev. höhere Energiekosten oder
Umstellung auf Freilaufställe nötig).
• Auswirkungen auf die Futterqualität bzw. Grünlandartenzusammensetzung ungewiss.
Dauerkulturen (Weinbau, Obstbau, Biomasseproduktion)
• Verschiebung der Phänologie (Austrieb, Blüte, Reife) bzw. der damit verbundenen Arbeiten zu früheren Zeitpunkten (im Mittel ca. 4 Tage pro Jahrzehnt).
• Zunahme der Spätfrostgefahr und der Gefahr starker Frostschäden im Frühjahr, insbesondere in den Jahren mit sehr früh beginnender Vegetationsperiode. Frostschutzmassnahmen
können dadurch an Bedeutung gewinnen.
• Regional möglicherweise mehr Gefahr durch Hagelschlag durch zunehmende Gewittertätigkeit.
• Mehr Schadpotential durch Insekten, aber eher Rückgang von Pilzkrankeiten.
• Stärkere Bodenerosionsgefahr in Reihenkulturen mit offenem Boden durch mehr
Starkniederschläge. Langfristig eine deutliche Akkumulation von Bodenstrukturschäden möglich.
• Sorten- und Qualitätsverschiebungen insbes. im Weinbau denkbar. Langfristig auch
eine Verschiebung von Anbauregionen denkbar.
• Zunehmender Bewässerungsbedarf auch bei Dauerkulturen (insbes. Obstbau, junge
Weinkuturen)
• Zunahme von Hitzeschäden und Trockenschäden, wo keine Bewässerung.
• Das Potential der Erträge in der Biomasseproduktion wird in den niederschlagsarmen
Regionen (Waldviertel, Weinviertel) ähnlich wie beim Grünland eher zurückgehen, da diese
Kulturen einen relativ hohe Wasserbedarf haben. In den niederschlagsreicheren Regionen
wird sich das Biomasseproduktionspotential absehbar verbessern.
Empfohlene Anpassungsmassnahmen in der Landwirtschaft (sowohl betrieblich als auch überbetrieblich)
• Der Ackerbau ist hinsichtlich seiner Anpassungsfähigkeit im Gegensatz zu anderen Produktionssystemen (Grünland, Dauerkulturen) am anpassungsfähigsten (rascher Kulturartenoder Sortenwechsel möglich), keine übrwiegend langfristig gebundenen Investitionen bzgl.
der Produktionsart.
Niederösterreichisches Klimaprojekt – Landwirtschaft
Seite 45
• Grundsätzlich reduziert eine vielfältigere Produktion („mehrere Standbeine“) das
Produktionsrisiko oder das Risiko von Totalausfällen, sowohl auf eine Region als auch auf
den Einzelbetrieb bezogen.
• Eine kleinstrukturierte Landwirtschaft ist in der Regel anpassungsfähiger, da flexibler.
• Langfristige Sicherstellung der Wasserversorgung für die landwirtschaftliche Bewässerung, insbes. im Weinviertel / Marchfeld, tw. Waldviertel.
• Verbesserung der Effizienz bestehender Bewässerungssysteme birgt noch grosses Potential in Österreich („Mit weniger Wasser mehr Biomasse möglich „). Eventuell eine Föderung von entsprechenden Investitionen denkbar.
• Verdunstungschutzmassnahmen jeglicher Art können den Wasserhaushalt wesentlich
verbessern : Windschutzhecken, Mulchdecken, Reduzierte Bodenbearbeitung, Verbesserung
der Bodebstruktur, usw.
• Genügend Versicherungsmöglichkeiten für klimatische Extremereignisse oder Absicherung durch speziell eingerichtete Fonds falls die Versicherungen nicht mehr abdecken
können.
• Umstellung von Fruchtfolgen : In den trockenen Regionen mehr Winterungen als Sommerungen anbauen.
• Züchtung und Anbau neuer stresstoleranterer Sorten (Hitzestress, Trockenstress, Wasserverbrauch)
• Anbau wärmeliebenderer (spätreifender) Sorten, die auch ein höheres Ertragspotential
haben.
• Anpassung (Vorverlegung im Frühjahr, Verschiebung im Herbst) der Abautermine.
In niederschlagsreicheren Regionen zunehmend 2 Hauptfrüchte (z.B. Geteide) denkbar.
• Konsequente Schutzmassnahmen gegen Bodenerosion (möglichst wenig lange offene
Bodenoberflächen)
• Nachdenken über Alternativen zur Grünlandproduktion in den Grenzregionen für
Grünland (diese Regionen werden als erstes und am ehesten betroffen sein).
Zugehörige Unterlagen
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