VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

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VS 933.111
Ökologische Landwirtschaft und
regionale Entwicklung
Gesammelte Arbeiten aus WS 2008/09
LVA-Leiterinnen
DI Heidrun Leitner
DI Susanne Kummer
zusammengestellt von:
Stephan Pabst
Vorwort
Die biologische Landwirtschaft ist mittlerweile zu einer verbreiteten und von KonsumentInnen
wertgeschätzten Wirtschaftsweise geworden. Eine Zeit lang überstieg die Nachfrage nach
1
Bioprodukten teilweise sogar das Angebot (HAMM ET AL., 2008) , wobei die Nachfrage nach Bioware
von Seiten der KonsumentInnen 2008 nach Jahren des Wachstums erstmals einen leichten Rückgang
2
im Wert von 0,1 Prozentpunkten verzeichnen musste (ROLLAMA 2009) .
Ein wichtiger Motor dieser Entwicklung ist der Lebensmitteleinzelhandel, der beispielsweise in
3
Österreich einen Anteil von etwa zwei Drittel am Umsatz von Bioprodukten hat (INFOOD, 2008) .
Dieses Wachstum des Biosektors, das v.a. mit der Unterstützung des Handels zusammenhängt, ist
einerseits erfreulich. Andererseits hat die Marktmacht des Handels auch zu einer teilweisen
„Konventionalisierung“ des Biosektors geführt. Anzeichen für eine zunehmend konventionalisierte
Produktionsweise sind die Ausrichtung auf Ertragssteigerung und Gewinnmaximierung, sowie die
Spezialisierung von Betrieben, das Ausreizen der Richtlinien des Biolandbaus bei gleichzeitiger
Vernachlässigung der Grundwerte, der erhöhte Preisdruck auf Erzeuger und Verarbeiter von Seiten
des Handels, die Betonung ökonomischer Aspekte in der Arbeit der Bioverbände und in der Beratung,
der
steigende
Verarbeitungsgrad
von
Bioprodukten,
sowie
zunehmende
Transportstrecken
4
(KRATOCHVIL ET AL., 2005) .
Angesichts dieser teilweise kritischen Entwicklungen stellten wir uns in der Lehrveranstaltung
„Ökologische Landwirtschaft und Regionale Entwicklung“ die Frage, was für eine zukunftsfähige
Weiterentwicklung der Biologischen Landwirtschaft wünschenswert ist. Dabei diskutierten wir vor
allem die Bedeutung der regionalen Produktion und Vermarktung von Bioprodukten, das Potenzial der
Kombination der biologischen Wirtschaftsweise mit sozialen und ökologischen Leistungen, sowie die
Notwendigkeit verbesserter KonsumentInneninformation und Bildungsarbeit als Basis für eine
Veränderung der Konsum- und Lebensgewohnheiten der Menschen.
In den angeregten Diskussionen innerhalb des Seminars wurde die Bedeutung der Eigeninitiative und
der Selbstverantwortung jeder einzelnen Person für eine zukunftsfähige regionale Entwicklung
besonders betont. Die Seminararbeiten der Studierenden reichen von theoretischen Überlegungen zu
regionaler Entwicklung, über ökologische und soziale Leistungen der biologischen Landwirtschaft, hin
zu konkreten Praxisbeispielen von Biobetrieben und Regionalinitiativen, die durch innovative Ansätze
und Lösungen einen aktiven Beitrag zur zukunftsfähigen regionalen Entwicklung leisten. Die Arbeiten
spiegeln das große Interesse und das Engagement der Studierenden wider, einen aktiven Beitrag in
Richtung einer positiven zukünftigen Entwicklung zu leisten.
1
HAMM, U., LIEBIG, R. & T. RICHTER (2008): Bio sucht Bauer! Ökologie & Landbau, 147, 3/2008, 14-17.
ROLLAMA Motivanalyse Februar 2009, AMA Marketing; online:
http://www.ama-marketing.at/uploads/media/Pressecharts_rollama_190309.pdf
3
INFOOD (2008): Bio boomt. Fakten und Einschätzungen zum Bio-Markt. Tagungsband Bio-Austria-Bauerntage 2008. Bio
Austria, Linz.
4
KRATOCHVIL, R., ENGEL, A., SCHUMACHER, U. & H. ULMER (2005): Die „Konventionalisierungs-falle“. Ökologischer Landbau
zwischen Vision und Realität. Ökologie & Landbau 136, 4/2005, 48-50.
2
2
Inhaltsverzeichnis
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
5
A.1 Ist regionale Entwicklung immer nachhaltig? - Identifikation von Erfolgskriterien im Sinne der
Nachhaltigkeit anhand ausgewählter Praxisbeispiele für Initiativen im Bereich Biolandbau und
Regionale Entwicklung – von Martina Sonja OFFENZELLER..................................................................... 5
A.2 Emanzipatorische und politisierende Bildung als Voraussetzung für regionale Entwicklung.
Theoretische Überlegungen zur Bildungsarbeit für Bauern und Bäuerinnen
– von Michael LUFTENSTEINER und Ludwig RUMETSHOFER .................................................................... 31
B Ökologische Leistungen von Bio & Regional
47
B.1 Gibt es Alternativen bei der Ernährung das Klima zu schonen?
– von Elisabeth LACKNER, Bernhard LODER und Rita URABL. ................................................................ 47
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
63
C.1 City-Farm – Ein Projekt mit Zukunft?
– von Thomas BERNER, Romedia GSCHWENTER, Gerhard SCHMIDHUBER ............................................. 63
C.2 Erster tiergestützter Bauernhofkindergarten in Oberösterreich
– von Elisabeth DIRNBERGER, Sandra W IESINGER ................................................................................. 81
D Innovationen im Biolandbau und in der
regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
97
D.1 Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von
Bio und Regional – von Christine FRIEDL und Elisabeth PFEFFER......................................................... 97
D.2 Ein Getreidetrockner als Beispiel einzelner Innovationen von Biobauern
– von Martin ZIEGLER ........................................................................................................................... 109
D.3 Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter Uni Gärten. Ein Vergleich
unterschiedlicher Beispiele– von Johannes Pree, Manuel Janits, Christiane Ringler ........................ 120
D.4 Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben in Bezug auf die
Vermarktungssituation in den Regionen – von Andrea FUCHS und Natalia PRAXL ............................. 142
D.5 Regionale Entwicklung und gesundes Essen im Land um Laa – NÖ – von Gerlinde W OHLMUTH
und Maria HARMER ............................................................................................................................... 162
D.6 Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region Murtal – von Johanna
BISCHOFund Birgit HÖRBINGER ............................................................................................................. 178
Anhang
192
A-C.1 Fragebögen zu: City-Farm. Ein Projekt mit Zukunft?.......................................................... 193
A-D.1. Clusterverzeichnis zu: Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des
Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von Bio und Regional ................................................... 196
A-D.3. Fragebögen zu: Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter
Uni Gärten. Ein Vergleich unterschiedlicher Beispiele. ................................................................ 199
A-D.4 Fragebögen zu: Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben
in Bezug auf die Vermarktungssituation in den Regionen…………………………………………. 202
A-D.6 Inteviews zu: Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region
Murtal…………………………………………………………………………………………………………. 207
4
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
A.1 Ist regionale Entwicklung immer nachhaltig? - Identifikation von Erfolgskriterien
im Sinne der Nachhaltigkeit anhand ausgewählter Praxisbeispiele für Initiativen im
Bereich Biolandbau und Regionale Entwicklung – von Martina Sonja OFFENZELLER
Abstract
Vorliegende Arbeit soll Kriterien erfolgreicher (= nachhaltiger) Projekte im Bereich Regionale
Entwicklung in Verbindung mit Ökologischem Landbau erörtern. Dazu werden zu Beginn der Arbeit
die Begriffe „Ökologischer Landbau“, „Regionale Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“ definiert.
Anschließend werden die Verknüpfungen „Ökologischer Landbau“ & „Regionale Entwicklung“ sowie
„Ökologischer Landbau“ & „Nachhaltige Entwicklung“ beleuchtet. Der Ökologische Landbau fördert
eine Regionale Entwicklung vor allem durch Beibehaltung seiner ursprünglichen Prinzipien. Eine
Produktion im Einklang mit der Natur, hohe Lebensmittelqualität und Bodengesundheit sowie der
Erhalt der bäuerlichen Tradition stehen im Vordergrund. Werden die Werte des Ökologischen
Landbaus kommuniziert, steigert dies die regionale Identität und das Selbstwertgefühl. Können alle
Glieder der Wertschöpfungskette durch Betriebe aus der Region wahrgenommen werden, sinkt der
Energieverbrauch, Stoffkreisläufe werden regional geschlossen und Arbeitsplätze gesichert. Des
Weiteren gilt auch: Werden die Prinzipien des Ökologischen Landbaus berücksichtigt und gleichzeitig
sozio-ökonomische Ziele verfolgt, ist auch eine nachhaltige Entwicklung gegeben. Höhere Preise und
öffentliche Gelder, die durch die biologische Wirtschaftsweise erwirtschaftet werden, wirken sich
positiv auf ökonomische Ziele aus. Die Aufgeschlossenheit gegenüber Neuerungen und Innovationen,
die eher bei biologisch wirtschaftenden LandwirtInnen zu finden ist als bei konventionell
wirtschaftenden, ist ein weiterer Aspekt für erfolgreiche (nachhaltige) Projekte im Bereich Regionaler
Entwicklung. Geht jedoch der Trend eher in Richtung „Konventionalisierung“ des Biolandbaus wirkt
sich dies negativ auf die Nachhaltigkeit aus. Initiativen im Bereich „Regionaler Entwicklung“ bieten
hierfür einen Ausweg. Anhand vier verschiedener Beispiele Regionaler Initiativen aus der Praxis
sollen Erfolgsfaktoren identifiziert und mit denen der Literatur verglichen werden. Als Schlussfolgerung
lässt sich festhalten, dass Kriterien für Erfolge (= nachhaltig) oder Misserfolge (= nicht-nachhaltig)
nicht verallgemeinert werden können, aber es können gewisse Tendenzen aufgezeigt werden.
Werden alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit miteinbezogen, und nimmt eine Dimension nicht zu
viel Raum ein, sollte sich Erfolg einstellen.
5
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Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Stand des Wissens
7
7
2.1. Der Begriff „Ökologischer Landbau“
7
2.2. Der Begriff „Regionale Entwicklung“
8
2.3. Der Begriff „Nachhaltigkeit“
9
2.4. Ökologischer Landbau und Regionale Entwicklung
10
2.5. Ökologischer Landbau und Nachhaltige Entwicklung
12
2.5.1. Das Nachhaltigkeitsei
12
2.5.2. Kongruenzen (Übereinstimmungen) zwischen Ökologischem Landbau und Nachhaltiger
Entwicklung
12
2.5.3. Differenzen zwischen Ökologischem Landbau und Nachhaltiger Entwicklung
13
2.5.4 Fazit
14
2.6. Beispiele Regionaler Entwicklung aus der Praxis
14
2.6.1. Bioregion Moorbad Harbach
14
2.6.2. Biobeeren für Coop – ein Warenbeschaffungsprojekt
15
2.6.3. Ökomodell Achental
17
2.6.4. Selbstversorgung Kloster Plankstetten – Regionale Kreislaufwirtschaft
19
2.7. Ursachen für die Auflösung von Regionalinitiativen
20
3. Forschungsfragen und Hypothesen
4. Methoden
5. Ergebnisse
21
21
23
5.1. (Erfolgs-)Kriterien „Ökonomie“
23
5.2. (Erfolgs-)Kriterien „Ökologie“
24
5.3. (Erfolgs-)Kriterien „Soziales“
25
5.4. Quantitative Gesamtbewertung
26
5.4. Bewertung der Nachhaltigkeit
27
6. Diskussion und Schlussfolgerung
7. Literatur- und Quellenverzeichnis
28
29
6
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
1. Einleitung
Viele Regionen in Österreich sind von Abwanderung betroffen. In diesen Gebieten gibt es nur
ungenügend, der Qualifikation angepasste, Arbeitsplätze. Die Bewohner der Region müssten
unzumutbare Strecken zu einem Arbeitsplatz zurücklegen. Auch die Landwirtschaft ist von dieser
Abwanderung betroffen. Oft gibt es keinen HofnachfolgerInnen, oder eine rentable Wirtschaftsweise
ist ohne gravierende Änderungen nicht mehr möglich. Das Resultat dieser Emigrationen ist eine
„entleerte“ Landschaft mit wenigen BewohnerInnen, die nur mehr ihre Freizeit dort verbringen, sowie
ein Verfall der Infrastruktur. Immer mehr Initiativen beschäftigen sich daher mit diesem Problem.
Durch die Förderung regionaler Betriebe soll eine Wiederbelebung der Region initiiert werden. Ein
wichtiger Aspekt dabei ist die Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen. Ob Konzepte dieser Art immer
erfolgreich sind und inwieweit die Ökologische Landwirtschaft dazu positive Beiträge liefern kann, soll
in folgender Arbeit beleuchtet werden.
2. Stand des Wissens
Zu Beginn der Arbeit werden die Begriffe „Ökologischer Landbau“, „Regionale Entwicklung“ und
„Nachhaltigkeit“ definiert. Diese Definition ist besonders für den Begriff „Regionale
Entwicklung“ erforderlich, da zu diesem keine eindeutige Definition in der Literatur aufscheint. Es gibt
sehr viele Herangehensweisen in Abhängigkeit des Zielekanons und vor allem auch von der Disziplin,
die sich eine Definition vornimmt.
2.1. Der Begriff „Ökologischer Landbau“
Dem Biolandbau liegen folgende Prinzipien und Ziele zu Grunde (Eichenberger und Vogtmann 1981):
•
•
•
•
•
•
•
•
Geschlossene Stoffkreisläufe am landwirtschaftlichen Betrieb
Stärkung und Nutzung natürlicher Selbstregulationsmechanismen
Schonender Umgang mit nicht erneuerbaren Ressourcen
Erhaltung und Verbesserung von Artenvielfalt und Landschaftsbild
Artgemäße Tierhaltung, -fütterung und –zucht
Forcierung lokaler und regionaler Produktion und Distribution
Anstreben einer sozial gerechten und ökologisch verantwortlichen Lebensmittelkette
Sicherstellung von Lebensmittelqualität
Die IFOAM formuliert darüber hinaus noch folgende sozio-ökonomischen Ziele (IFOAM 2002,
Movements 2002):
•
•
•
•
•
•
Produktion ausreichender Mengen hochqualitativer Nahrungsmittel, Fasern und anderer
Produkte
Anerkennung der sozialen und ökologischen Auswirkungen, die von der ökologischen
Produktion und den Verarbeitungssystemen ausgehen
Unterstützung lokaler und regionaler Produktion und Verteilung
Gewährleistung einer Lebensqualität für jeden, der im ökologischen Landbau und in der
Verarbeitung involviert ist, durch Befriedigung der Grundbedürfnisse, sowie durch eine
geschonte, sichere und gesunde Arbeitsumgebung
Unterstützung der Bildung einer vollständigen, sozial gerechten und ökologischen
Produktions-, Verarbeitungs- und Verteilungskette
Anerkennung und Schutz von indigenen Wissen und traditionellen Farmsystemen
Die Basis jeder biologischen Produktionsweise ist jedenfalls die Einhaltung der Verordnung (EG) Nr.
834/2007 vom 28. Juni 2007.
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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
2.2. Der Begriff „Regionale Entwicklung“
Region ist ein sehr unpräziser Begriff. Unter „Region“ kann man naturräumliche Einheiten,
wirtschaftliche Einheiten oder soziale Einheiten (im Zusammenhang mit regionaler Identität) verstehen.
Diejenigen, die sich zum regionalen Handeln zusammenschließen, entscheiden themen- und
akteursbezogen über die Regionsdefinition. (Wytrzens 2007, Bartel-Kratochvil 2008).
Auch der Begriff „Entwicklung“ ist sehr vage. Grundsätzlich wird mit „Entwicklung“ ein Prozess
beschrieben, der auf ein bestimmtes Ziel hingerichtet ist. Das „magische Fünfeck“ von Entwicklung
beinhaltet die Bereiche Wachstum, Arbeit, Gleichheit / Gerechtigkeit, Unabhängigkeit /
Eigenständigkeit und Partizipation (Abbildung 1: „Magisches Fünfeck“ von Entwicklung). Unter
Wachstum versteht man nicht nur die quantitative Vermehrung von Gütern, sondern auch qualitative
Aspekte, wie ein Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Wohlstandserhöhung sowie eine
Nichtgefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen. Arbeit stellt eine Existenzgrundlage dar, mit
welcher der Mensch Armut überwinden, elementare Bedürfnisse befriedigen und sich selbst entfalten
kann. Gleichheit / Gerechtigkeit soll eine gerechte Verteilung des gesamtgesellschaftlichen
Mehrproduktes gewährleisten. Unabhängigkeit / Eigenständigkeit ist als Ausweg aus politischer,
wirtschaftlicher und sozialer Unterdrückung zu begreifen. Partizipation fordert die Mitwirkung von
Gruppierungen an einer „Entwicklung von unten“. (Bartel-Kratochvil 2008, Haas und Eschlbeck 2006).
Abbildung 1: „Magisches Fünfeck“ von Entwicklung
Quelle: (Haas and Eschlbeck 2006)
Fasst man beide Begriffe zusammen, entsteht der Ausdruck „Regionale Entwicklung“. Aus den
oben beschriebenen Definitionen ergibt sich somit ein positiver, auf einen bestimmten regionalen
Zielekanon ausgerichteter Prozess in einer bestimmten Region, die von ihrer Umgebung durch
„Kommunikationsvorgänge“ abgegrenzt ist. Die „Kommunikation“ erfolgt dabei in Form des
Austauschens von Information, Energie, Materie, Kultur, Kapital oder Personen. (Bartel-Kratochvil
2008).
Gemäß Wytrzens (2007) sind die Ziele einer Regionalen Entwicklung:
8
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Wirtschaftsbelebung eines Raumes im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe
Verbesserung von Kommunikationsprozessen durch Überzeugungsarbeit und Akzeptanz
Aktivierung und Ausschöpfung von Selbsthilfepotentialen und Synergieeffekten durch
Kooperationen und Netzwerke
Verbesserung regionaler Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit
Gestaltung regionaler Entwicklungsprozesse, basierend auf definierten Leitbildern
Themenübergreifende Entwicklung einer Region im Sinne eines querschnittsorientierten
Ansatzes
Weckung endogener (in der Region vorhandener) Potentiale
Bündelung von Aktivitäten der ansässigen Bevölkerung, um Marktpositionen zu verbessern
Eventuell Schaffung und Pflege von regionalen Dachmarken
Die Vernetzung zwischen den regionalen AkteurInnen kann sowohl vertikal als auch horizontal
stattfinden. Eine vertikale Vernetzung wäre beispielsweise der Zusammenschluss von ProduzentInnen.
Bei einer Vernetzung von Urproduzenten mit Verarbeitern spricht man von horizontaler Integration
(Wytrzens 2007).
Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, Ideen der ansässigen Bevölkerung aufzugreifen, da die Leute
oft selbst am besten wissen, was die Region braucht. Innovationsimpulse von außen, z.B. durch Bestpractice Beispiele, fördern zusätzlich die regionale Entwicklung. Wichtige Kriterien für eine
erfolgreiche Umsetzung der Vorstellungen bzw. Ideen sind die Machbarkeit, die Identifikation der
Betroffenen mit der Idee, die Nutzung komparativer Vorteile sowie die Stimmigkeit mit übergeordneten
Leitbildern. Beteiligen sich möglichst viele lokale Akteure, wird die lokale Verankerung verbessert.
(Wytrzens 2007).
2.3. Der Begriff „Nachhaltigkeit“
„Eine nachhaltige Entwicklung verhindert die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlage und erlaubt
es allen Menschen, heute und in der Zukunft ohne Armut und Hunger in Frieden und glücklich zu
leben. Eine nachhaltige Entwicklung sorgt für Ausgleich zwischen Arm und Reich, zwischen
Ressourcenverschwendung und Mangel, zwischen heutigen und künftigen Generationen.“ (Jäger
2007).
Der bewusst geprägte und angewandte Begriff der „Nachhaltigkeit“ ist relativ jung. Ursprünglich
stammt er aus der Forstwirtschaft und wurde Anfang des 18. Jahrhunderts von Hans Carl von
Carlowitz geprägt. „Nachhaltig wirtschaften“ bedeutete, dass höchstens so viel Holz geschlagen
werden durfte, wie nachwachsen konnte, erwirtschaftete Erträge durften nicht zu Lasten der
produktiven Quelle gehen. Die Maxime lautete: Von den Zinsen leben und nicht vom Kapitalstock.
Dieser Grundsatz hat auch noch heute Gültigkeit, jedoch hat sich Inhalt und Umfang des Begriffs
„Nachhaltigkeit“ verändert. Neben der ökologischen Dimension ist auch die ökonomische und soziale
Dimension hinzugekommen. (Abbildung 2: Dimensionen der Nachhaltigkeit). (Schlägl 2007).
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Abbildung 2: Dimensionen der Nachhaltigkeit
Quelle: (QUMsult 2009)
Das Stift Schlägl (2007) beschreibt in seinem Nachhaltigkeitsbericht die drei Dimensionen
folgendermaßen:
•
•
•
Im Bereich der Ökologie sind die wesentlichen Aktivitäten ein respektvoller Umgang mit
Umwelt und Natur, eine Optimierung des innerbetrieblichen Umweltschutzes, die Reduktion
von Außenwirkungen von Produkten und Dienstleistungen auf die Umwelt, die
Berücksichtigung ökologischer Erfordernisse und Tragfähigkeiten für den gesamten
Produktlebenszyklus sowie verbesserte Prozessabläufe in der Produktion, um die
Ressourcen- und Energieeffizienz zu steigern.
Im Bereich Soziales haben Unternehmer nicht nur Pflichten gegenüber ihren Eigentümern
(Shareholdern), sondern berücksichtigen auch die Erwartungen und Ansprüche von
Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner, sowie der Gesellschaft als Ganzes
(Stakeholder bzw. Anspruchsgruppen). Der Fokus wird vom einseitigen Shareholder- zum
mehrseitigen Stakeholder-Ansatz verschoben.
Im Bereich Wirtschaft steht nicht der schnelle, kurzfristige Gewinn, sondern der langfristige,
wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens an erster Stelle. (Schlägl 2007).
2.4. Ökologischer Landbau und Regionale Entwicklung
Gemäß Weber (2002) sind ländliche Räume, ohne eine langfristig abgesicherte Landwirtschaft, nicht
zukunftsfähig. Sämtliche Akteure der regionalen Lebensmittelwertschöpfungskette können einen
Beitrag zu einer nachhaltigen regionalen Entwicklung leisten, und die Grundversorgung mit Waren des
täglichen Lebens auf kurzem Weg sicherstellen. Regionale Bio-Vermarktungsinitiativen setzen oft auf
Werte wie Förderung der regionalen Identität, Steigerung des Selbstwertgefühls, Beziehung zu
lokalen KonsumentInnen und beeinflussen so die ländliche Entwicklung positiv. Werden Bioprodukte
in der Region vermarktet, werden auch verstärkt die Werte dieser Produktionsweise weitergegeben
und KonsumentInnen miteinbezogen. Häufig wird auch der Energieverbrauch entlang der
Wertschöpfungskette vermindert und Stoffkreisläufe regional geschlossen. Wird der Biolandbau mit
der Region vernetzt, steigen auch die Beschäftigungszahlen in den vor- und nachgelagerten Sektoren.
(Bartel-Kratochvil 2005, Weber 2002, Hesse 1996, Schmid and Sanders 2005)
In den letzten Jahren ist der Begriff der „Bioregion“ entstanden. Ziel einer solchen Bioregion ist die
Schaffung einer Identität nach innen und nach außen. Dabei soll der Ökologische Landbau eine
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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Leitfunktion einnehmen. Langfristiges Ziel ist eine Vollumstellung der regionalen Landwirtschaft auf
die biologische Wirtschaftsweise. Ein weiteres Merkmal einer Bioregion ist die horizontale Vernetzung
ökologisch wirtschaftender Betriebe beginnend beim vorgelagerten Sektor, über die
landwirtschaftliche Produktion, die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung. Ebenso wichtig ist die
vertikale Vernetzung, die ansässige Gewerbebetriebe, Handwerksbetriebe, Tourismus, Gastronomie,
Gemeinschaftsverpflegung, Anbieter von Alternativenergien, Verwaltungen und Bildungsanstalten mit
den ökologisch wirtschaftenden Betrieben verknüpft. Stoff- und Wirtschaftskreisläufe werden so
regional geschlossen, die Nachhaltigkeit wird gefördert. Mit der Entstehung von Bioregionen
entwickeln sich auch neue Institutionen, die Management- und Organisationfunktionen wahrnehmen,
es entstehen aber auch neue Werte, Normen und Konventionen. (Kratochvil 2004)
Gemäß Kratochvil können folgende Bewertungskriterien für den Erfolg von Bioregionen herangezogen
werden (Kratochvil 2004):
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Das Schaffen von Wertschöpfung in der Region.
Das Halten von Wertschöpfung in der Region.
Die Schaffung regionaler Marken mit Außenwirkung.
Die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region.
Die Entstehung einer regionalen Grundinfrastruktur und Nahversorgung.
Ein höherer regionaler Selbstversorgungsgrad.
Die Verbesserung der Lebensqualität für die lokale Bevölkerung.
Die Förderung regionaler Besonderheiten.
Die Stärkung der Partizipation der regionalen Bevölkerung.
Die Schaffung von regionalem Selbstverständnis und regionaler Selbstbestimmung.
Die Schonung von Ressourcen.
Die Einsparung von Ressourcen.
Ein wichtiger Punkt, der zu beachten ist, ist das Regionalentwicklungsprojekte zu keinem Zeitpunkt
ganz abgeschlossen sind. Viele Maßnahmen werden initiiert und müssen am Laufen gehalten werden.
Ein Erfolgskriterium ist jedoch die Umsetzung wichtiger Teilziele. (e.V. 2002).
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2.5. Ökologischer Landbau und Nachhaltige Entwicklung
Unter allen Landbewirtschaftungsformen gilt die Ökologische Landwirtschaft als die
umweltschonendste. Werden die Prinzipien des Ökologischen Landbaus berücksichtigt und
gleichzeitig sozio-ökonomische Ziele verfolgt, ist auch eine nachhaltige Entwicklung gegeben. (BartelKratochvil 2005, BMELF 2001, Hauff 1987)
2.5.1. Das Nachhaltigkeitsei
Das Nachhaltigkeitsverständnis des ökologischen Landbaus lässt sich anhand des
„Nachhaltigkeitseis“ darstellen (Abbildung 3: Nachhaltigkeitsei). Die Dimensionen nachhaltiger
Entwicklung sind hierarchisch angeordnet. Natur bzw. Umwelt bilden die natürliche Grenze für die
Entfaltung bzw. nachhaltig gesicherte Funktionsfähigkeit der Systeme Gesellschaft und Wirtschaft. Ein
dauerhaftes Nicht-Respektieren bzw. Ignorieren der Vorgaben, Mechanismen und Begrenzungen der
Umwelt gefährdet Gesellschaft und Wirtschaft in ihrer eigenen Existenz. Dasselbe gilt für die
Beziehung Gesellschaft und Wirtschaft. Die hierarchische Anordnung beschreibt nicht den Stellenwert
jeder einzelnen Dimension, sondern beschreibt die Funktion sowie das Verhältnis der Systemgrenzen
zueinander. Alle drei Dimensionen sind voneinander abhängig, beeinflussen sich gegenseitig und
besitzen einen dynamischen Charakter, der durch die Pfeile gekennzeichnet ist. (Birkmann 2000, zit.
in Kratochvil 2005).
Abbildung 3: Nachhaltigkeitsei
Quelle: Birkmann 2000, nach Busch-Lüty 1995
2.5.2. Kongruenzen (Übereinstimmungen) zwischen Ökologischem Landbau und Nachhaltiger
Entwicklung
Natur- und Umweltschutz zählen zu den Grundideen und Ursprungsmotiven des Ökologischen
Landbaus. Es gibt umfangreiche empirische Beweise für die positiven Effekte des Ökologischen
Landbaus hinsichtlich Grundwasserschutz, Bodenschutz, Energieverbrauch, Biodiversität und
Lebensmittelqualität. Mittels Ökobilanzierungen können Umweltauswirkungen unterschiedlicher
Bewirtschaftungsweisen bewertet werden. Sowohl auf Ebene einzelner Produktionsverfahren, als
auch für ganze Fruchtfolgen, Regionen oder gesamte Produktherstellungsprozesse ist dem
Ökologischen Landbau vor anderen Landbewirtschaftungssystemen der Vorzug zu geben. Biobetriebe
benötigen, im Vergleich zu konventionellen Betrieben, einen geringeren Energieinput. Dieser
geringere Energieeinsatz bringt verringerte Luftschadstoff- und CO2-Emissionen mit sich und reduziert
gleichzeitig die durch landwirtschaftliche Treibhausgasemissionen verursachten externen Kosten.
Finden Verarbeitung und Vermarktung nicht in der Region statt, werden Transportströme und
12
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
gleichzeitig Treibhausgasemissionen verursacht. (Kratochvil 2005, Bartel-Kratochvil 2005, Haas 1994,
Alfödi, Spiess and Niggli 1995, Alfödi et al. 1997, Ramharter 1999, Pretty et al. 2000, Kaliski 2003a,
Kaliski 2003b)
Der Ökologische Landbau ist aber nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer
Sicht eine interessante Alternative zur konventionellen Landwirtschaft. Zwar sind auf Biobetrieben die
Naturalerträge im allgemeinen niedriger und der Arbeitszeitbedarf (aufgrund Verarbeitung und
Vermarktung) oft höher, dennoch erzielen biologisch wirtschaftende Betriebe aufgrund der häufig
höheren Preise und aufgrund öffentlicher Gelder einen höheren Unternehmensertrag als
konventionelle Betriebe. Viele Erfolgsgrößen hängen jedoch von einer Reihe betrieblicher sowie
externer Faktoren ab. (Betriebliche Faktoren sind z.B. standörtliche Gegebenheiten, Intensitätsniveau,
Betriebstyp und Betriebsform, Fähigkeiten und Qualifikation der Betriebsleiterin bzw. des
Betriebsleiters. Unter externen Faktoren versteht man Förderungen, Vermarktungsmöglichkeiten
sowie Produktpreise. Da die Landwirtschaft sehr stark mit anderen Sektoren verflochten ist, sind auch
ökonomische Effekte, die über die landwirtschaftlichen Betriebe hinausgehen, zu berücksichtigen.
Vorgelagerte Sektoren sind die Landmaschinenindustrie und -reparatur, Saatgut-, Dünge- und
Pflanzenschutzmittelindustrie, Mischfuttererzeugung, Handel und Veterinärwesen. Nachgelagerte
Bereiche sind die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Be- und Verarbeiter von Holz, die
Papierindustrie, das Beherbergungs- und Gaststättenwesen sowie der Handel. Diese Effekte fallen
insgesamt aber eher gering aus, wobei negative Auswirkungen auf vorgelagerte Bereiche oft durch
positive Auswirkungen auf nachgelagerte Bereiche kompensiert werden. Knickel und Schramek (2001)
weisen auf positive indirekte Effekte, wie ein verbessertes Regionsimage, Synergieeffekte zu anderen
regionalen Initiativen, sowie eine Stabilisierung des Beschäftigungsniveaus in der Landwirtschaft, für
ländliche Räume hin. (Kratochvil 2005, Knickel und Schramek 2001)
Sensibilität für und Wissen über lokale Agrarökosysteme sind wichtige Faktoren für eine erfolgreiche
ökologische Landbewirtschaftung. Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat jedoch zu einem
fortschreitenden „De-skilling“ bei den BetriebsleiterInnen beigetragen. Fähigkeiten, Talente und
Erfahrungswissen der lokalen, bäuerlichen Bevölkerung stellen wichtige Potenziale für die Erhaltung
von landwirtschaftlichen Sozial- und Humankapital dar. Der Ökologische Landbau trägt somit zur
Aufrechterhaltung dieser lokalen Ressourcen bei. Biologisch wirtschaftende LandwirtInnen verfügen
häufig über einen höheren formalen Ausbildungsgrad, welches oft für das bessere ökonomische
Abschneiden von Biobetrieben im Vergleich zu konventionellen Betrieben verantwortlich ist.
BiolandwirtInnen zeigen sich auch offener gegenüber Neuerungen und Innovationen und erfahren
auch häufiger soziale Anerkennung für ihre Arbeit. Informationsaustausch und Netzwerkbildung
zwischen BiolandwirtInnen sind weitere wichtige Wege der Aus- und Weiterbildung. (Kratochvil 2005,
Flora 2000, Neunteufel 2000, Pugliese 2001, Milestad 2003)
2.5.3. Differenzen zwischen Ökologischem Landbau und Nachhaltiger Entwicklung
Die Ausweitung der Bioproduktion und des Biomarktes bringt auch negative Tendenzen mit sich. Trotz
starken Marktwachstums seit Mitte der 1990er Jahre blieb in Österreich die Verteilung der Marktmacht,
zugunsten der Supermarktketten, weitgehend unverändert. Die Gemeinschaftsverpflegung
verzeichnete zwar einen Anstieg, dem gegenüber steht jedoch ein ebenfalls gestiegener Exportanteil,
der aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung, negativ zu bewerten ist. Mit Exporten ist eine Zunahme
der Transportstrecken verbunden, dies wiederum beeinflusst die Ökobilanz negativ. Der
Lebensmitteleinzelhandel dominiert nach wie vor, die Direktvermarktung nimmt nur einen geringen
Anteil ein. Werbestrategien setzten eher auf Genuss, persönliches Wohlbefinden und Qualität als auf
die Vermittlung der sozialen und ethischen Ziele des Biolandbaus. Somit geht ein wichtiger Teil der
KonsumentInneninformation und gleichzeitig der Marktentwicklungsperspektive verloren, was
langfristig die höheren sozialen Standards des Biolandbaus gefährdet. Die Produktqualität von BioLebensmitteln wird durch dieselben Kriterien wie für konventionelle Lebensmittel gemessen. Im
Biolandbau sind aber oft Kriterien wie Regionalität, Rasse / Sorte ebenso wichtig, sie werden aber den
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Konsumenten nicht vermittelt. Diese Nivellierung der Produktqualität führt letztlich zu „Bio-light“Produkten, die mit der ursprünglich ganzheitlichen Idee wenig gemeinsam haben. (Kratochvil 2005,
Jungbluth 2000)
Es besteht die Gefahr, dass sich der Ökologische Landbau in Richtung eines kurzfristig ökonomisch
orientierten Produktionssystems entwickelt. Zunehmende Intensivierung und Spezialisierung bei
Biobetrieben sowie das Aufbrechen betrieblicher Stoffkreisläufe zeigen dies sehr deutlich.
Ökologische Leistungen werden vermindert, gleichzeitig werden bestehende Herausforderungen für
Verbesserungen im Produktionssystem nicht weiterverfolgt. Durch ökonomische Sachzwänge
verschlechtern sich auch Arbeitsbedingungen bzw. Arbeitsplatzqualitäten besonders auf Betrieben mit
arbeitszeitintensiven Ackerkulturen, hofeigener Vermarktung oder Direktvermarktung. (Kratochvil 2005,
Schreiber 2001, Brand 2004, Allen and Kovach 2000, Hadatsch et al. 2000, Kaliski 2003b)
2.5.4 Fazit
Im Zuge der aktuellen Entwicklungen gehen die im Kapitel 0 festgestellten Kongruenzen zwischen den
Prinzipien des Ökologischen Landbaus und den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung immer mehr
verloren. Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen ähneln immer mehr denen, der konventionellen
Wertschöpfungskette. Kurzfristige ökonomische Orientierung, erhöhter Preisdruck und sinkender
Spielraum für die LandwirtInnen tragen ebenfalls zu dieser Entwicklung bei. Auch in der
gesellschaftlichen Dimension sind negative Tendenzen zu beobachten, allem voran die sich
verschlechternden Arbeitsbedingungen. Natur und Umwelt leiden insofern, als dass sich aufgrund
verstärktem Exports die Transportwege verlängern, sowie auf einigen Biobetrieben die verbotenen
chemisch-synthetischen Inputs durch „harmlosere“ Inputs ersetzt werden (input substitution approach).
Die Beiträge und Leistungen des Ökologischen Landbaus für eine nachhaltige Entwicklung sind also
derzeit beschränkt. Eine Aufrechterhaltung bzw. Stärkung der Kongruenzen zwischen Ökologischen
Landbau und Nachhaltiger Entwicklung erfordert daher politische Maßnahmen, die bei einer
gesellschaftlichen „Grobsteuerung“ im Sinne rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen
ansetzen (Beispiel: ökologische Steuerreform). Zusätzlich wirken sich zivilgesellschaftlichprivatwirtschaftliche Initiativen, wie regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsinitiativen,
Bildungsmaßnahmen oder Bioregionen, positiv aus. Nimmt die Ökonomie zu viel Raum ein, ist zu
wenig Platz für Soziales und Natur, ist das Nachhaltigkeitsei gestört. (Kratochvil 2005, Rosset 1997,
Minsch 1992)
2.6. Beispiele Regionaler Entwicklung aus der Praxis
2.6.1. Bioregion Moorbad Harbach
Hauptproblem dieser Region war die Aufgabe der Bewirtschaftung benachteiligter
Flächen durch die ansässigen LandwirtInnen. Der Fremdenverkehr profitierte aber sehr
von der kleinstrukturierten, reichhaltigen Landschaft, sie galt als Attraktion für die
Touristen. Entstehende Brachflächen wurden wiederaufgeforstet, somit ging der
Erholungswert der Kulturlandschaft nach und nach verloren. Da die LandwirtInnen für
den Erhalt und die Pflege dieser Kulturlandschaft unbedingt erforderlich waren (sind),
musste die Existenz dieser gewährleistet werden. Anfang der 1990er Jahre wurde ein Projekt
gestartet, das die regionale Landwirtschaft mit der regionalen Gastronomie enger verknüpfen sollte.
Ein Großteil der LandwirtInnen stellte im Zuge dieses Projektes auf biologische Wirtschaftsweise um
und konnte so, qualitativ hochwertige Lebensmittel herstellen. Die Ziele des Projektes waren eine
bedarfsgerechte Produktion durch die ökologische Landwirtschaft, die Erhaltung einer intakten,
kleingliedrigen Kulturlandschaft, eine Verlagerung der Produktion auf standortgemäße Feldfrüchte und
einheimische Tierrassen. Weitere Ziele waren eine hochqualitative Verarbeitung in regionalen
Gewerbebetrieben, naturnahe Lebens-bedingungen sowie eine Gäste- und Patientenbetreuung unter
ganzheitsmedizinischen Aspekten. (Kratochvil 2004, Harbach 2009)
14
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Im Zentrum stand der Initiator des Projektes, das Moorheilbad Harbach. Das Heilbad war mit 340
Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in der Region und gleichzeitig der größte touristische
Lehrlingsausbildungsbetrieb in Niederösterreich. Des Weiteren pflegte es enge Kooperationen mit
verschiedenen medizinischen Instituten, regionalen Krankenhäusern und war in mehreren
Marketingkooperationen involviert. Folgende Maßnahmen wurden durchgeführt: 1990 erfolgte die
Gründung der „Moorheilbad Harbach Produktions- und Vermarktungsgesellschaft für ökologische
Produkte GesmbH“. Die Gesellschafter waren zu 50 % das Moorheilbad selbst und 50 %
LandwirtInnen aus der Gemeinde (d.h. absolut 80 % aller LandwirtInnen). Beteiligte LandwirtInnen
wirtschafteten ausnahmslos nach den Richtlinien des Ökologischen Landbaus und erhielten für ihre
Produkte deutlich höhere Preise (20 – 50 % über den regional üblichen Marktpreisen) bei garantierter
Abnahme. Ein eigenes Qualitätszeichen wurde geschaffen. Zu Projektbeginn haben sich die
Transportwege aufgrund der Schließung der nächstgelegenen Molkerei und der Inanspruchnahme
eines speziellen Fleischhauers erhöht. Im Jahre 1997 wurde die Biomolkerei „Waldviertler
Oberland“ sowie ein Schlachtbetrieb eröffnet. Dies verringerte schlussendlich die Transportwege und
garantiert frische Produkte. Die Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Fremdenverkehr initiierte
die
Wiedereinführung
des
nahezu
ausgestorbenen
Waldviertler
Blondviehs
zur
Qualitätsfleischproduktion sowie der äußerst seltenen, altösterreichischen Pferderasse der Huzulen
als Freizeitpferd. Rinder, Schafe, Pferde und Ziegen werden als Pfleger der Kulturlandschaft auf
Weiden gehalten. Gemüse und Feldfrüchte wachsen auf natürlichen Böden. Eine durchgehende
Nachvollziehbarkeit der Produktwege in der Verarbeitung ist für das Kreislaufmodell unbedingt
erforderlich. (Kratochvil 2004, Harbach 2009)
Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft zeigte sich wie folgt (Erfolge): Die Flächennutzung
für Christbaumkulturen, Kurzumtrieb und Forst erfuhr einen rückläufigen Trend, die Aufforstung
stagnierte. Der Anteil der Bioflächen und Biobetriebe stieg in der Gemeinde Harbach an und war im
Vergleich zu Österreich, Niederösterreich, Waldviertel und Bezirk Gmünd um ein Vielfaches höher.
Schweinezucht, Schweinemast sowie Legehennenhaltung wurden für die Belieferung der
Gastronomie deutlich ausgeweitet. Der Anteil von Anbindeställen ist zugunsten von Laufställen
zurückgegangen, für das Jungvieh wurde die früher übliche Weidehaltung wieder eingeführt. Eine
Zunahme der Kulturpflanzenvielfalt war zu verzeichnen. Durch den Verzicht auf mineralische
Stickstoffdüngung und Pflanzenschutzmitteln war eine positive Veränderung hinsichtlich
Ressourcenverbrauch, Treibhausgaspotential sowie Grundwasser- und Bodentoxizität zu verzeichnen.
Hauptumstellungsmotive befragter LandwirtInnen waren überwiegend Mitgliedschaft bei der
„Moorheilbad Harbach Produktions- und Vermarktungsgesellschaft für ökologische Produkte
GesmbH“ bzw. ökonomische Gründe. Vorteile der Mitgliedschaft sahen die LandwirtInnen v.a. bei der
administrativen und organisatorischen Unterstützung, dem Zugang zu Förderungen, sowie Vorteile
hinsichtlich Kosten, Preise und Absatz. Aus Überzeugung stellten jedoch nur einige wenige
LandwirtInnen auf die biologische Wirtschaftsweise um. (Kratochvil 2004)
2.6.2. Biobeeren für Coop – ein Warenbeschaffungsprojekt
Das Projekt „Biobeeren für Coop“ lief zwischen 2002 und 2005 in der Schweiz mit dem Ziel den
Biobeerenumsatz aus einheimischer Produktion bei Coop zu steigern. Dazu sollte ein Netz aus
professionellen Biobeerenbetrieben mit gut eingespielter Logistik erschaffen werden, um eine
kontinuierliche Belieferung von Coop sicherzustellen. 2005 wurden mehr als 52 Tonnen Biobeeren
aus schweizerischer Produktion umgesetzt und damit das Ziel „Umsatzsteigerung“ erreicht. Ebenso
wichtig war die Schaffung eines soliden Fundaments, welches die Vermarktung schweizerischer
Biobeeren auch in der Zukunft sicherstellen sollte. Pfeiler dieses Fundaments waren der
professionalisierte know-how-Transfer von der Forschung zur Praxis, die Erhöhung der
Versorgungssicherheit mit biologischem Pflanzgut, Reformen bei Mengenmelde- und
Preisbildungssystem sowie Weiterentwicklungen bei Verpackung, Logistik und Lagerung der Beeren.
Ergebnis dieses Projektes war die Entstehung einer engeren Verbindung und von mehr Vertrauen
15
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
zwischen Produktion, Handel und Verkauf. Dieses Niveau sollte gehalten, wenn möglich verbessert
werden und zwar unter der Voraussetzung, dass die Abläufe selbst geplant und abgewickelt werden.
(FiBL 2005)
Bei diesem Projekt stand nicht die Direktvermarktung im Vordergrund. Die Bio-Beerenproduktion in
der Schweiz verzeichnete im Jahr 2003 einen Abwärtstrend, welcher gestoppt werden sollte. Einer der
Gründe für die schlechte Vermarktung von Bio-Beeren lag gemäß Bio-Suisse in den verschiedenen
Preisbildungsmodellen der Bio-Produkte und der Nicht-Bio-Produkte. Für Bio-Beeren galt ein
Saisonpreis, für Nicht-Bio-Beeren wurde wöchentlich ein neuer Preis bestimmt. Zum Zeitpunkt der
Erntespitze fiel der Nicht-Bio-Preis zusammen, während der Bio-Preis fixiert blieb. Die so wachsende
Preisdifferenz wurde von den Konsumenten als zu groß empfunden und der Verkauf brach ein. Des
weiteren wurde ein zusätzlicher Vermehrungsbetrieb für biologisches Pflanzgut aufgebaut,
Biobeerenbetriebe gingen mit Coop eine schriftlich vereinbarte, dreijährige Partnerschaft ein, intensive
Beratungen seitens FiBL unterstützte die Bio-Bauern und ein Logistikpartner für die Beschaffung der
Biobeeren in der gesamten Schweiz wurde gefunden. Wie sich im zweiten Projektjahr zeigte, war
nicht die Produktion selbst das Hauptproblem, sondern Schwierigkeiten beim Absatz, d.h. eigentlich
bei der Kommunikation zwischen Produktion, Logistik und Handel. Um dieses Problem zu lösen,
wurde
ein
detailliertes
Kommunikationsschema
erstellt
(Maßnahmen).
Wöchentliche
Telefonkonferenzen gewährleisteten einen wesentlich besseren Informationsfluss zwischen den
Partnern. Die Preisbildung wurde flexibilisiert und somit den Marktgegebenheiten besser angepasst.
Meldungen über erwartete Erntemengen für die Folgewochen erwiesen sich als Schlüssel zum Erfolg.
Über- oder Unterkapazitäten konnten so vermieden werden. Der Produktionsseite wurde somit mehr
Verantwortung übertragen. Tendenzen wurden wöchentlich via strukturiertes Berichtsprotokoll per EMail an Coop kommuniziert. Die Verpackung wurde geändert. Es kamen anstatt 125 g Kartonschalen
250 g Plastikschalen zur Anwendung. Des Weiteren wurde auf eine rasche Kühlung nach der Ernte
und die Einhaltung einer geschlossenen Kühlkette geachtet. Die Drehscheiben wurden von drei auf
zwei reduziert, was zwar teilweise zu längeren Anlieferungswegen und somit zu deutlich höheren
Kosten für einige Produzenten führte, jedoch wurden gleichzeitig die Logistikabläufe vereinfacht und
somit ein Beitrag zu einer besseren Absatzsituation geleistet. (FiBL 2005)
Erfolge: Um Übermengen bei Erdbeeren und Brombeeren zu verhindern, wurde das
Produktionspotential genau analysiert. Für Brombeeren wurde ein weiterer Absatzweg über
Bioverarbeitung gefunden. Auch bei der Erdbeere wurde ein Überschuss durch Bioverarbeitung aber
auch durch Absatz am konventionellen Markt verhindert. Durch Aktionstätigkeiten wurden bei beiden
Obstsorten große Mengen abgesetzt und so Überbestände verhindert. Die wöchentlichen
Telefonkonferenzen ermöglichten diese Aktionen. Die Preisbildung richtete sich stark nach Angebot
und Nachfrage und war an die Marktsituation des konventionellen Beerenmarktes gekoppelt. (FiBL
2005)
Die Beerenproduktion, aber auch die Produktion von biologischem Pflanzgut wurde professioneller.
Durch einen zusätzlichen Vermehrungsbetrieb erhöhte sich die Versorgungssicherheit. CoopEinkaufzentren konnten sogar Bio-Erdbeersetzlinge anbieten. (FiBL 2005)
Bei einer Befragung nach Abschluss des Projektes gaben Produzenten einige Verbesserungspunkte
und Wünsche an. Das Meldewesen wurde beispielsweise zwar als notwendig erkannt, aber teilweise
als schwierig handhabbar bezeichnet. Für Produzenten, die weite Anlieferungswege zur
Annahmestelle hatten, wurde die Sinnhaftigkeit hinsichtlich Ökologie und Ökonomie hinterfragt, vor
allem vor dem Hintergrund nahegelegener Coop-Filialen, die nicht direkt beliefert werden konnten.
Sehr geschätzt wurde die neutrale Anlaufstelle für Probleme jeglicher Art während des
Projektzeitrahmens. Die Produzenten wünschten sich den Erhalt einer solchen Stelle auch nach
Ablauf des Projektes. Gruppenveranstaltungen wurden als sehr effizient bezeichnet und sollten auch
fortgeführt werden. Das wichtigste Anliegen aller Produzenten war, möglichst bald über die
Abnahmesituation im nächsten Jahr informiert zu werden. (FiBL 2005)
16
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Quelle: (FiBL 2005)
2.6.3. Ökomodell Achental
Das „Ökomodell Achental“ ist ein Projekt der Region Chiemgau (Landkreis
Traunstein, Bayern), das im Oktober 1997 startete. Acht Gemeinden
südlich des Chiemsees stellten einen Förderantrag nach dem EUProgramm INTERREG II zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und
gründeten den Verein „Ökomodell Achental“. Auf der Tiroler Seite sind die
Gemeinden Kössen und Schwendt in das Projekt eingebunden.
Ziele dieses Projektes waren eine umweltverträgliche, zukunftsfähige
Gemeindeentwicklung mit Sicherung der Kulturlandschaft und der Umweltqualität. Land- und
Forstwirtschaft, der ortsansässige Handel, Handwerk und Gastronomie, Tourismus und Naturschutz
wurden in das Projekt involviert. Schwerpunkte des Projektes waren die Erhaltung von Kultur- und
Naturlandschaft, das Sichern der landwirtschaftlichen Betriebe als Wahrer der Kulturlandschaft, die
Förderung und Entwicklung eines naturverträglichen Tourismus, eine Vernetzung der Natur- und
Landschaftsschutzgebiete durch gezielte Landschaftspflegemaßnahmen, die Stärkung der Region von
Innen sowie die Förderung vernetzten Denkens und grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Um die
landwirtschaftlichen Betriebe zu sichern, setzte man auf eine Verbesserung der Einkommen durch
Produktdiversifizierung in der Regional- und Direktvermarktung, sowie auf eine Optimierung
außerlandwirtschaftlicher Einkommen (Urlaub auf dem Bauernhof). Zusätzlich fand eine
Programmberatung der LandwirtInnen in Hinblick auf eine „Ökologisierung“ der landwirtschaftlichen
Betriebe statt. Eine gemeinsame Marke „Qualität Achental“ für naturnah produzierte, regionale
Produkte wurde entwickelt. Die Landschaftspflege wurde mit der Regionalvermarktung durch
Obstbaumpflanzaktionen verknüpft. Der Lebensraum bedrohter Vogelarten wurde durch eine
Optimierung der Lebensräume (z.B. durch Streuwiesenpflege) optimiert. Ein Naturerlebnispfad zum
Zweck der Umweltbildung wurde angelegt. Ein Gewässerpflegeplan wurde umgesetzt. Auf den Erhalt
traditioneller
Nutzungsformen,
wie
Streuwiesenbrachen
wurden
bedacht.
Die
Landschaftspflegemaßnahmen wurden in der Regel von ansässigen LandwirtInnen selbst ausgeführt.
Im Bereich Tourismus setzte man auf Imagebildung der „Ferienregion Chiemsee-Chiemgau“. Dazu
wurde ein grenzüberschreitendes Imageprospekt geschaffen, gemeinsame Marketing- und
Werbemaßnahmen durchgeführt, ein gemeinsamer Veranstaltungskalender geplant sowie ein
17
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
gemeinsamer Internetauftritt mit Möglichkeit zur Online-Buchung erstellt. Alle drei Ziele sollten im
Einklang miteinander und zum gegenseitigen Vorteil verfolgt werden. (e.V. 2002, Reginet.de 2009b)
Beteiligte AkteurInnen waren der „Verein Ökomodell Achental e.V.“, die Nutzer der Zeichen „Qualität
Achental“ und „Kulturlandschaft Achental“, ansässige LandwirtInnen, eine fachliche Beratung im
Bereich Landwirtschaft und Landschaftspflege sowie eine Betreuung durch die Förderstellen der
Regierung Oberbayern. (e.V. 2002)
Im Zuge des Projektes wurden folgende Maßnahmen durchgeführt (e.V. 2002):
•
•
•
•
•
•
Installation eines Vereins
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Arbeitsbereich „Einzelbetriebliche Entwicklungskonzepte“
Arbeitsbereich „Logo und Richtlinien“
Arbeitsbereich „Regionale Rindfleischvermarktung“
Arbeitsbereich „Mitgliederwerbung und dazugehörige Öffentlichkeitsarbeit“
Um den Erfolg des Projektes messbar zu machen, stellte man folgende Liste nachprüfbarer
Indikatoren (quantifizierbare Ergebnisse) zusammen (e.V. 2002):
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Anzahl der Betriebsumstellungen auf Ökologischen Landbau
Anzahl von Ökobetrieben und Betrieben mit extensiver Gründlandnutzung
Milchpreis für Bio-Milch
Preis für Rindfleisch
Marktleistung bei 10 kg Fleischpakete
Anzahl Direktvermarkter im Vereinsgebiet
Urlaub auf dem Bauernhof
Einkommen der Landwirte durch Landschaftspflegemaßnahmen
Logo-Umsetzung
Entwicklung Mitgliederzahl
Nicht nur quantifizierbare Ergebnisse sind bedeutsam, auch weiche Indikatoren sind in einem Projekt,
in welchem es um nachhaltige Stärkung der Region von innen und um vernetztes Denken geht, nicht
minder wichtig (e.V. 2002):
•
•
•
•
•
Bürgerbeteiligung, Bottom-up-Ansatz
Aktive Vereinsarbeit
Gesprächsbereitschaft untereinander
Kreislaufdenken, vernetztes Denken und Handeln
Verbraucherverhalten / Verbraucherbewusstsein
Im Abschlussbericht 2002 konnten folgende Erfolge verzeichnet werden: Die Anzahl der Biobetriebe
stieg von 9 auf 45. Die Landschaftspflegemaßnahmen wurden von den LandwirtInnen gut und gerne
durchgeführt. Generell stieg das Einkommen von 615.000 auf 1.800.000 DM an. Für Bio-Milch
erhielten die LandwirtInnen einen Aufschlag, des Weiteren führte die Vermarktung von 10 kg
Fleischpaketen ab Hof zu einer Einkommenssteigerung von 800 DM pro Tier. Für „Qualität
Achental“ Rindfleisch zahlten Metzger einen Aufschlag von 50 Pfg/kg, es konnten auch Mehrerlöse für
Apfelsaft und Zwetschkenbrand, die unter demselben Logo vermarktet wurden, erzielt werden. Ein
sehr hoher Einkommenseffekt wurde durch KULAP-Prämien für die Teilnahme an den Maßnahmen
„extensiver Grünlandnutzung“ und „Ökolandbau“ erzielt. Landwirtschaftliche Arbeitsplätze wurden
gesichert und damit gleichzeitig der Erhalt der Kulturlandschaft und der Umweltqualität. Dies
wiederum trug zur Erhaltung von Arbeitsplätzen im Tourismus bei. Allgemein stieg die Kommunikation
zwischen den Gemeinden. Vernetztes Denken in den Bereichen Landwirtschaft, Naturschutz und
18
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Tourismus wurde gefördert. Die Vereinsstelle erfuhr einen regen Zulauf an Mitgliedern und die
Bürgerbeteiligung über Initiativ- und Arbeitskreise war hoch (Bottom-up-Ansatz). (e.V. 2002)
Weniger erfolgreich war die Initiative „Urlaub am Bauernhof“. Die Übernachtungen gingen leicht
zurück und stagnierten auf einem niedrigen Niveau. (e.V. 2002)
Hinderlich wirkte sich das Spannungsfeld zwischen südlich gelegenen, benachteiligten, fast gänzlich
nach den Kriterien des ökologischen Landbaus arbeitenden Betrieben und den im Norden gelegenen,
von einer längeren Vegetationsperiode und besseren, ertragreicheren Böden begünstigten,
leistungsfähigen Vollerwerbslandwirtschaften aus. Diese, im Norden gelegenen Betriebe, wurden nur
wenig von den Zielsetzungen des Projektes angesprochen. Auch die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit v.a. im Bereich der Regionalvermarktung verlief etwas schwieriger als geplant. Eine
Gesprächsbereitschaft seitens der Tiroler war zwar vorhanden, aber die Vorbehalte, sich auf die
bayrische „Konkurrenz“ einzulassen, sehr hoch. Hemmend wirkten auch die unterschiedlichen
Verwaltungsstrukturen in Bayern und Österreich, sowie die Tatsache, dass in Österreich bereits eine
sehr offensive und erfolgreiche Regionalvermarktung mit naturnah bzw. ökologisch hergestellten
Produkten existierte. Des Weiteren gab es z.B. beim Fleisch rechtliche Barrieren. Schlussendlich
konzentrierte man sich auf Aktivitäten im Bereich Tourismus und Landschaftspflege. (e.V. 2002)
Aktuelle Informationen kann man über die Website http://www.oekomodell.de/index.html beziehen.
(e.V. 2002)
2.6.4. Selbstversorgung Kloster Plankstetten – Regionale Kreislaufwirtschaft
Die Benediktinerabtei Plankstetten gehört zur Gemeinde Stadt Berching und liegt im Landkreis
Neumarkt in der Mitte Bayerns. Diese Region ist ein strukturschwaches, ländliches Gebiet. In der
Region um Plankstetten gibt es zu wenige Arbeitsplätze im Fremdenverkehr, in der Landwirtschaft
und im Handwerk. Viele Menschen müssen täglich in die bayrischen Industriezentren zur Arbeit
pendeln. Das Kloster Plankstetten möchte durch die zunehmende Öffnung für breite
Bevölkerungsschichten seinen Beitrag für Produktion und Absatz von Gütern und Dienstleistungen in
der Region leisten und gleichzeitig eine positive, geistige, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung im
ländlichen Raum auslösen. (Plankstetten 2009)
In den letzten Jahrzehnten bezog das Kloster den Großteil seiner
Lebensmittel vom Großhandel und verkaufte den Großteil seiner
Erzeugnisse an Großabnehmer. Diese Wirtschaftsweise
entsprach aber keinesfalls der benediktinischen Tradition und so
besann sich das Kloster, stellte die Landwirtschaft um und
versorgte sich zum großen Teil wieder selber. Das Konzept der
Benediktinerabtei sah folgendermaßen aus: Die bestehende
Klosterbäckerei, -metzgerei und –gärtnerei wurden intensiviert
und auf ökologische Wirtschaftsweise umgestellt. Seit 1995 ist die
Benediktinerabtei Plankstetten Mitglied des Bioland-Verbandes.
Die klostereigene Landwirtschaft sowie umliegende Biobauern
beliefern nun die Klosterbetriebe mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Die Verarbeitung dieser
Produkte erfolgt dann entweder im Kloster selbst, oder in einem der umliegenden Betriebe
(Obstpresse, Bierherstellung). Konsumiert werden nur die eigenen oder aus der Region zugekaufte
Produkte, die Vermarktung erfolgt im Kloster selbst oder durch Belieferung an den Einzelhandel und
an Großverbraucher. Wesentlich dabei ist die Bezahlung von fairen Preisen. Die Grundsätze des
Wirtschaftens orientieren sich an ökologischen, regionalen und saisonalen Gesichtspunkten.
(Plankstetten 2009, Reginet.de 2009a)
Folgende Ziele sollen erreicht werden: Eine nachhaltige Förderung des ökologischen Landbaus und
eines umweltgerechten Verhaltens. Die Integration und Zusammenarbeit mit Biobauern aus der
19
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Region. Die Veredelung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in regionalen Bäckerein und Metzgerein.
Der Konsum der erzeugten Produkte im Konvent, dem Gästehaus und der Klosterschenke. Eine
Vermarktung der erzeugten Produkte im ÖKO-Hofladen des Klosters, auf Verkaufsmärkten und durch
Belieferung kirchlicher Einrichtungen (Klöster, Bildungs- und Exerzitienhäuser, …). Der Aufbau einer
größeren Vermarktungsschiene für ökologisch erzeugte, regionale Produkte. Die Erhaltung und
Verbesserung der Kulturlandschaft im Jura. Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen.
Unterstützung umweltgerechter bzw. alternativer Energieformen. Die Förderung der energetischen
Verwertung nachwachsender Rohstoffe. Das Kloster als Impulsgeber und Vorbild für die Region in
geistiger, gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Art. Informations- und Wissenstransfer zur
Bevölkerung. Entwicklung des ländlichen Raumes. Die Vermittlung der Notwendigkeit des
Ökologischen Landbaus sowie der Erfolge desselben. Darstellung der Umsetzungsmöglichkeiten
einer regionalen Autarkie im Kloster. (Plankstetten 2009)
Zur Erreichung dieser Ziele wurden folgende Maßnahmen getroffen: Biotope, Hecken,
Streuobstwiesen und Randstreifen wurden angelegt. Landwirte wurden bei der Erprobung neuer
Kulturen unterstützt. Eigenverwertung des Holzes im Kloster als Hackschnitzel, Holzböden, Möbel,
Bauholz, etc. Hackschnitzelzukauf auch von Forstwirten der Region. Mitarbeit in der
Arbeitsgemeinschaft HOLZ von Jura 2000. In den Bereichen Verarbeitung und Vermarktung wurden
moderne Einrichtungen geschaffen (Bäckerei, Metzgerei, Hofladen). Diese stehen auch LandwirtInnen
der Umgebung zur Nutzung zur Verfügung. Schaffung eines Ökologischen Informationszentrums mit
Ausstellungen und Veranstaltungen, um das Konzept einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu
machen. (Plankstetten 2009)
Der Projekterfolg ließ nicht auf sich warten: Eine 75 %-ige Selbstversorgung des Klosters samt
Gästehaus (80 Betten) und Klosterschenke wurde erzielt. Fehlende Lebensmittel werden aus der
Region zugekauft, soweit möglich aus ökologischem Landbau. Gäste und Besucher zeigen großes
Interesse und Wohlwollen gegenüber diesem Konzept. Im Bereich alternativer Energien ist der Betrieb
einer Biomasseheizanlage, einer thermischen Solaranlage und die Umrüstung mehrerer PKWs auf
Pflanzenölbetrieb zu verzeichnen. (Reginet.de 2009a)
2.7. Ursachen für die Auflösung von Regionalinitiativen
Gees et al. (2005) beschreiben Faktoren, die zur Auflösung von Regionalinitiativen führen können.
Häufig sind es die Rahmenbedingungen, die zum Misserfolg führen. Besonders die Bürokratie stellt
oft eine Hürde dar, wie z.B. die strengen Hygienerichtlinien der EU, die gerade für regionale,
handwerkliche Lebensmittelverarbeiter entscheidend sind. Aber es sind nicht nur die gesetzlichen
Regelungen selbst, die hinderlich wirken, oft fehlt einfach nur eine ausreichende Beratung die
Informationen über das „Warum“ und „Wie“ weitergeben. (Gees, Queren and Blülein 2005)
Häufig wird angenommen, dass ein erfolgreiches Marketing am wichtigsten für den Erfolg eines
Projektes ist. Gees et al. (2005) haben bei ihrer Analyse aufgelöster Regionalinitiativen festgestellt,
dass oft eine gewisse Marketingkompetenz der Akteure fehlt, aber besonders für kleinstrukturierte,
regional orientierte Verarbeiter sind die beteiligten AkteurInnen sowie ein erfolgreiches
Projektmanagement das Um und Auf. Viele aufgelöste Initiativen nennen als einzigen (Miss)Erfolgsfaktor „Partner und gute Beziehungen“. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass regionale
und biologische Herkunft nicht die alleinigen Kaufkriterien sind, sondern besonders Frische,
Produktqualität und Preis-Leistungsverhältnis stehen häufig im Vordergrund. Regionalität sollte
daher immer mit Qualitätsmerkmalen verknüpft sein und auch so kommuniziert werden. Ein weiterer
wichtiger Faktor für eine Auflösung von Regionalinitiativen ist der fehlende Zugang zu Ressourcen,
wie Finanzmittel, Arbeitszeit und Beratung. (Fehlende) Win-Win-Situationen, bei denen Gewinn bzw.
Nutzen für alle beteiligten AkteurInnen erreicht werden, prägen den (Miss-)Erfolg häufig indirekt mit.
Ziel ist es Kooperationen zu schaffen, anstatt Konflikte zwischen den verschiedenen
Interessensgruppen hervorzurufen. Bringen beteiligte AkteurInnen keine Eigenmotivation mit, dann
führt dies häufig zur Auflösung von Initiativen. Diese Eigenmotivationen gehen oft aus einem
20
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Problemdruck, Problembewusstsein, Veränderungswillen, Engagement, Gewinnstreben oder dem
Einsatz von Eigenkapital hervor. Oft scheitern Projekte auch an der mangelnden Kompetenz von
Schlüsselpersonen. (Gees et al. 2005)
Soziale Fähigkeiten (soft skills), wie Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit oder Teamgeist, haben
ebenfalls oft einen größeren Einfluss auf den Erfolg eines Projektes, als reine fachliche Qualifikation.
(Fromm, Kratochvil and Pöchtrager 2000)
3. Forschungsfragen und Hypothesen
Anhand der vier Praxisbeispiele sollen folgende Fragen erörtert werden:
Bereich Ökonomie:
•
•
•
•
•
•
Wurden höhere Produktpreise erzielt?
Wurde der Absatz bei Bioprodukten gesteigert?
Erfolgt die Verarbeitung regional?
Bezog man Förderungen für die biologische Wirtschaftsweise?
Erfolgte eine Diversifizierung der landwirtschaftlichen Einkommen?
Stieg die Anzahl der Biobetriebe in der Region?
Bereich Ökologie:
•
•
•
•
Anwendung der biologischen Wirtschaftsweise?
Wurden Transportwege reduziert?
Wurde der Landschafts- und Naturschutz miteinbezogen?
Erfolgte eine Förderung alternativer Energieformen?
Bereich Soziales:
•
•
•
•
Wurde eine Gesellschaft oder ein Verein gegründet? Wurden Bio-LandwirtInnen daran
beteiligt?
Wurden durch das Projekt Arbeitsplätze gesichert?
Wie ist der Stellenwert von Kooperationen zu beurteilen?
Wurde gezielte Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt, wenn ja wie?
Hypothese: Ökonomische Kriterien, wie Förderungen, höhere Produktpreise für Bioware, Verarbeitung
in der Region und außerlandwirtschaftliche Einkommen, tragen wesentlich zum Erfolg regionaler
Initiativen bei.
Anschließend soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern die Theorie im Vorfeld Hinweise auf
(Erfolgs-)Kriterien in den Bereichen Marketing / Öffentlichkeitsarbeit, Beteiligung regionaler
LandwirtInnen, Gründung von Gesellschaften / Vereinen sowie Kooperationen gibt.
4. Methoden
Zu Beginn der Arbeit erfolgte eine systematische Literaturrecherche mittels Online-Katalog der
Universitätsbibliothek, Datenbanken, elektronische Zeitschriftenarchive und diversen Suchmaschinen
im Internet. Themenspezifische Schlagworte führten zu Büchern, in digitaler Form veröffentlichten
Publikationen und diversen Internetquellen. Diese wurden auf ihre Relevanz für diese Arbeit überprüft.
Basierend auf diesen Quellen erfolgte eine genaue Definition und Abgrenzung der Begriffe
„ökologischer Landbau“, „regionale Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“. Danach wurden die einzelnen
21
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Begriffe zueinander in Beziehung gebracht und gegenübergestellt. Anhand von Praxisbeispielen
wurden die wichtigsten (Erfolgs)faktoren identifiziert, auf die drei Bereiche „Ökologie“, „Ökonomie“ und
„Soziales“ unterteilt und in drei verschiedenen Matrizes gegenübergestellt. Um diese qualitativen
Aussagen greifbarer zu machen, wurden die Tabellen mit Hilfe eines einfachen Bewertungsschemas
nochmals überarbeitet. Für jede positive Antwort wurde eine „1“ vergeben, für jede negative Antwort
eine „-1“. Unklare, nicht eindeutige Aussagen wurden mit „0“ bewertet.
Eine Interpretation dieser Ergebnisse erfolgte im Kapitel 6. Diskussion und Schlussfolgerung.
22
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
5. Ergebnisse
Die vier Praxisbeispiele zeigten einige Themenbereiche, die anscheinend für den Erfolg Regionaler
Initiativen maßgeblich sind.
5.1. (Erfolgs-)Kriterien „Ökonomie“
Folgende Tabelle fasst die meist genannten Themen im Bereich „Ökonomie“ zusammen (Tabelle 1:
(Erfolgs-)Kriterien im Bereich Ökonomie):
Tabelle 1: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Ökonomie
höhere
Produktpreise
Moorheilbad
Harbach
Ja
Absatzsteigerung
bei Bioprodukten
anzunehmen,
Belieferung der
regionalen
Gastronomie
Regionale
Verarbeitung
ja (Molkerei,
Schlachtbetrieb)
Bezug von
Förderungen
ja (mit Sicherheit
für die biologische
Wirtschaftsweise,
möglicherweise
auch für
Landschaftspflege)
nein
außerlandwirtschaftliche Einkommen
Anzahl
Biobetriebe in
der Region
gestiegen (über
den
österreichischen
Durchschnitt)
Bio-Beeren Coop
gekoppelt an den
konventionellen
Beerenpreis, je nach
Nachfrage
ja
eher nein, es geht
aus dem Bericht
nicht hervor, wo
Überschüsse an
Brombeeren und
Erdbeeren
verarbeitet werden
ja (für biologische
Wirtschaftsweise)
Ökomodell
Achental
ja
Kloster
Plankstetten
Bezahlung von
„fairen“ Preisen
?
anzunehmen, da
das Kloster sich
selbst nahezu
vollständig mit
biologisch
produzierten
Produkte
versorgt
Ja
?
ja (für biologische
Wirtschaftsweise,
Extensivierung
und
Landschaftspflege)
ja (für
biologische
Wirtschaftsweise)
nein
ja, hauptsächlich
durch Umwelt- und
Naturschutzmaßnahmen, im
geringen Maß
durch Tourismus
nein
1 zusätzlicher
Vermehrungsbetrieb,
keine Informationen
über einen Anstieg
der Bio-BeerenProduzenten, man
kann aber davon
ausgehen, dass
beteiligte
Produzenten eine
Existenzsicherung
erfuhren
gestiegen (von 9
auf 45)
gestiegen
(Umstellung auf
biologische
Wirtschaftsweise)
23
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
5.2. (Erfolgs-)Kriterien „Ökologie“
Folgende Tabelle fasst die meist genannten Themen im Bereich „Ökologie“ zusammen (Tabelle 2:
(Erfolgs-)Kriterien im Bereich Ökologie):
Tabelle 2: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Ökologie
Biologische
Wirtschaftsweise
Reduzierung
Transportwege
Landschaftsund Naturschutz
Nutzung von
alternativer
Energieformen
24
Moorheilbad
Harbach
Ja
Bio-Beeren Coop
ja
durch die
Reduzierung der
Drehscheiben von 3
auf 2 teilweise
Verlängerung der
Transportwege für
Produzenten,
gleichzeitig
Vereinfachungen für
Logistikunternehmen
nein
ja (Erhalt und
Pflege der
Kulturlandschaft,
Waldviertler
Blondvieh,
Huzulen)
Nein
ja
nein
Ökomodell
Achental
zum Teil
Kloster
Plankstetten
ja
?
anzunehmen, da
viele Glieder der
Wertschöpfungskette
involviert sind
ja (Obstbaumpflanzaktionen,
Streuwiesen-pflege,
Naturerlebnis-pfad,
Umweltbildung,
Gewässerpflegeplan)
nein
ja (Biotope, Hecken,
Streuobstwiesen,
Randstreifen)
ja (Hackschnitzelheizung,
Solaranlage,
Biosprit)
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
5.3. (Erfolgs-)Kriterien „Soziales“
Folgende Tabelle fasst die meist genannten Themen im Bereich „Soziales“ zusammen (Tabelle 3:
(Erfolgs-)Kriterien im Bereich Soziales):
Tabelle 3: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Soziales
Gesellschaft /
Verein
Beteiligung BioLandwirtInnen an
der Gesellschaft /
am Verein
Arbeitsplatzsicherung
Kooperationen
Öffentlichkeitsarbeit
Moorheilbad
Harbach
Gesellschaft (50
% Moorheilbad,
50 %
LandwirtInnen)
Ja
Bio-Beeren
Coop
ja (Coop)
Ökomodell Achental
Verein (steigende
Mitgliederzahlen)
Kloster
Plankstetten
Benediktinerabtei
Plankstetten
nein
ja
nein
Ja
ja
ja
ja
vertikal entlang
der gesamten
Wertschöpfungskette
vertikal
(schriftlich
vereinbarte,
3-jährige
Partnerschaft
der BioBeerenProduzenten
mit Coop)
innerhalb der Region
vertikal mit Tourismus
Probleme bei
grenzüberschreitenden
Kooperationen,
Spannungsfeld
zwischen nördlicher
und südlicher Region
Internetauftritt
nur über
Coop
Imageprospekt für
Tourismus,
Veranstaltungskalender,
Internetauftritt
horizontal und
vertikal (horizontal
mit Biobauern der
Region, vertikal mit
Bäckerein,
Metzgerein ,
Forstwirten,
Tourismus und
Gastronomie der
Region)
Information und
Wissenstransfer zur
Bevölkerung,
Schaffung eines
ökologischen
Informationszentrums
25
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
5.4. Quantitative Gesamtbewertung
Im Folgenden die Bewertung der qualitativen Aussagen mit quantitativen Zahlen (
Tabelle 4: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Ökonomie, Tabelle 5: Quantitative
Gesamtbewertung des Bereichs Ökologie, Tabelle 6: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs
Soziales):
Tabelle 4: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Ökonomie
Moorheilbad Bio-Beeren
Ökomodell
Harbach
Coop
Achental
höhere
1
0
1
Produktpreise
Absatzsteigerung 0
1
0
bei Bioprodukten
Regionale
1
-1
0
Verarbeitung
Bezug von
1
1
1
Förderungen
außerlandwirt-1
-1
1
schaftliche Einkommen
Anzahl
1
1
1
Biobetriebe in
der Region
Summen
3
1
4
(vertikal)
Gesamtsumme
10
Kloster
Plankstetten
0
Summen
(horizontal)
2
0
1
1
1
1
4
-1
-2
1
4
2
10
Tabelle 5: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Ökologie
Biologische
Wirtschaftsweise
Reduzierung
Transportwege
Landschaftsund Naturschutz
Nutzung von
alternativer
Energieformen
Summen
(vertikal)
Gesamtsumme
26
Moorheilbad
Harbach
1
Bio-Beeren
Coop
1
Ökomodell
Achental
0
Kloster
Plankstetten
1
Summen
(horizontal)
3
1
0
0
0
1
1
-1
1
1
2
-1
-1
-1
1
-2
2
-1
0
3
4
4
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Tabelle 6: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Soziales
Gesellschaft /
Verein
Beteiligung BioLandwirtInnen an
der Gesellschaft /
am Verein
Arbeitsplatzsicherung
Kooperationen
Öffentlichkeitsarbeit
Summen (vertikal)
Gesamtsumme
Moorheilbad
Harbach
1
Bio-Beeren
Coop
1
Ökomodell
Achental
1
Kloster
Plankstetten
1
Summen
(horizontal)
4
1
-1
1
-1
0
1
1
1
1
4
1
1
5
16
1
1
3
1
1
5
1
1
3
4
4
16
5.4. Bewertung der Nachhaltigkeit
Bewertung der Nachhaltigkeit durch Summenbildung je Projekt (Tabelle 7: Quantitative Bewertung der
Nachhaltigkeit der Projekte):
Tabelle 7: Quantitative Bewertung der Nachhaltigkeit der Projekte
Summen
(vertikal)
Ökonomie
Ökologie
Soziales
Gesamtsumme
Moorheilbad
Harbach
3
2
5
10
Bio-Beeren
Coop
1
-1
3
3
Ökomodell
Achental
4
0
5
9
Kloster
Plankstetten
2
3
3
8
Summe
(horizontal)
10
4
16
30
27
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
6. Diskussion und Schlussfolgerung
Anmerkung: Eine Verallgemeinerung dieser Ergebnisse bzw. Interpretation ist nicht empfehlenswert,
da es sich zum einem um keine anerkannte Bewertungsmethode handelt und zum anderen eine
Beschränkung auf vier Praxisbeispiele zu gering für allgemeine Aussagen ist. Die Ergebnisse sollen
lediglich einen Impuls für Ideen und Überlegungen geben.
Unter der Annahme, dass alle wichtigen Aspekte der Projekte in die Bewertung mit eingeflossen sind,
kann man folgende Schlussfolgerungen ziehen:
Hinsichtlich der „Nachhaltigkeit“ liegen die Projekte „Moorheilbad Harbach“, „Ökomodell
Achental“ sowie das „Kloster Plankstetten“ an der Spitze. Weit abgeschlagen liegt erwartungsgemäß
das „Bio-Beeren“ Projekt. Erwartungsgemäß deshalb, da bereits bei der Projektbeschreibung sowie
der Fragenbeantwortung zu sehen war, dass das Projekt als Hauptziel eine Steigerung der BioBeeren-Vermarktung zum Ziel hatte. Positive Nebeneffekte waren die Existenzsicherung der BioBeeren-Betriebe und somit die Arbeitsplatzsicherung, aber besonders im Bereich „Ökologie“ konnte
nur durch die biologische Wirtschaftsweise gepunktet werden. Die Projekte „Moorheilbad
Harbach“ und „Kloster Plankstetten“ erhielten Punkte in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit. Da
das „Ökomodell Achental“ nicht dezidiert eine Steigerung des Biolandbaus als Ziel hatte, sondern
„lediglich“ eine „Ökologisierung“, konnten gemäß dieser Bewertungsmethode keine Punkte für den
Bereich Ökologie vergeben werden.
Bei Betrachtung der vertikalen Summen, ragen besonders folgende Bereiche (Summe 4 Punkte)
hervor: Der Bezug von Förderungen, die Beteiligung oder Gründung von Gesellschaften und Vereinen,
horizontale und/oder vertikale Kooperationen sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Erfolgreich bei allen
Projekten waren die Steigerung der Anzahl der Bio-Betriebe in der Region und damit die Sicherung
von Arbeitsplätzen. In drei von vier Projekten wurde auch die biologische Wirtschaftsweise betrieben.
Überprüft man die Hypothese: „Die Ökonomie trägt wesentlich zum Erfolg regionaler Initiativen
bei“ kann nicht verifiziert werden. Zwar leisten Förderungen sowie der Anstieg der Anzahl der
Biobetriebe in der Region einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg, aber viele Kriterien sind im Bereich
„Soziales“ zu finden.
Vergleicht man die Kriterien mit den „Ursachen für eine Auflösung von Initiativen“, stellt man fest, dass
bei allen Projekten gute Öffentlichkeitsarbeit geleistet wird. Somit ist der Bereich des Marketings gut
abgedeckt. Auch ist die Beteiligung von Gesellschaften bzw. Vereinen bei allen Projekten gegeben.
Meist sind die Gesellschaften auch die Initiatoren der Projekte und aus diesem Grund an einem Erfolg
maßgeblich interessiert. Teilweise wurden regionalen LandwirtInnen als Gesellschafter bzw.
Vereinsmitglieder am Projekt beteiligt. Kooperationen in vertikaler und/oder horizontaler Richtung sind
ebenfalls bei allen vier Projekten gegeben.
Schlussendlich ist festzuhalten, dass Kriterien für Erfolge (= nachhaltig) oder Misserfolge (= nichtnachhaltig) nicht verallgemeinert werden können. Werden alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit
miteinbezogen, und nimmt eine Dimension nicht zu viel Raum ein, ist das Nachhaltigkeitsei nicht
gestört und Erfolg sollte sich einstellen. Viele externe und interne Faktoren sowie „weiche“ Faktoren
wie Motivation, Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit, Teamgeist tragen zum Erfolg eines Projektes
bei. Beispiele aus der Praxis stellen aber eine reichhaltige Quelle für Ideen und
Umsetzungsvorschlägen dar und können einen wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigen Regionalen
Entwicklung im Zusammenhang mit biologischer Produktionsweise liefern.
28
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
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30
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
A.2 Emanzipatorische und politisierende Bildung als Voraussetzung für regionale
Entwicklung. Theoretische Überlegungen zur Bildungsarbeit für Bauern und
Bäuerinnen – von Michael LUFTENSTEINER und Ludwig RUMETSHOFER
Einleitung
Durch das Studium der Internationalen Entwicklung bzw. der Agrarwissenschaften wurden wir auf
vielerlei Probleme, wie auch Widersprüche der globalen Landwirtschaft aufmerksam. Uns stellt sich
die Frage, wie es möglich sein kann, dass herrschaftsförmig organisierte, ausbeuterische und
desaströse, globale landwirtschaftliche Produktionsweisen vielfach die Norm darstellen und
gesellschaftlich verankert sind.
Wir denken, dass dies unter Anderem eine Frage der Bildung auf zweierlei Ebenen ist. Einerseits
sehen wir Bildung als Instrument zur Absicherung von Herrschaft, andererseits können durch Bildung
emanzipatorische Zugänge geschaffen werden.
In der Arbeit wird versucht ein kritisches und Paradigmen-übergreifendes, durchaus skizzenhaftes
Modell globaler, agroindustrieller und exportorientierter landwirtschaftlicher Produktionsweisen und
deren Konsequenzen darzustellen.
Weiters wird versucht eine bestimmte Form von regionaler Entwicklung zu definieren und deren
emanzipatorisches Potential aufzuzeigen.
Danach soll ein Zusammenhang zwischen Formen von industrialisierter Landwirtschaft und
Mainstream-Bildungsangeboten hergestellt werden. Wir wollen zeigen, dass diese Formen von
Bildung keinen emanzipatorischen und politisierenden Charakter haben und daher auch nicht für eine,
wie vorher definierte, regionale Entwicklung dienlich sind.
Es sollen weiters Möglichkeiten und Beispiele im Feld der Bildung aufgezeigt werden, welche die
vorher bestimmte Form von regionaler Entwicklung ermöglichen sowie begünstigen.
„Es muss daher darum gehen“, wie Gramsci es zudem formuliert, „die Regierten von
den Regierenden intellektuell unabhängig zu machen“ […] so dass die entscheidende
Frage schließlich lautet: „Will man, dass es immer Regierte und Regierende gibt, oder
will man die Bedingungen schaffen, unter denen die Notwendigkeit der Existenz
dieser Teilung verschwindet? Das heißt, geht man von der Voraussetzung der
fortwährenden Teilung des Menschengeschlechts aus oder glaubt man, dass sie nur
eine geschichtliche, bestimmten Bedingungen entsprechende Tatsache ist?“ (Gramsci
1991: GH,1714 nach Merkens 2007:15)
Fragestellungen/Hypothesen
•
Eine spezifische Form von regionaler Entwicklung bietet die Möglichkeit, Problemen
landwirtschaftlicher Produktionsweisen entgegenzuwirken.
•
Eine spezifische Produktionsweise der Landwirtschaft wird unter anderem durch Bildung als
gesellschaftliches Verhältnis verankert.
•
Durch emanzipatorische und politisierende Bildung kann eine bestimmte Form von regionaler
Entwicklung ermöglicht werden.
31
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Inhaltsverzeichnis
Methoden und theoretischer Zugang
Probleme und Widersprüche innerhalb der globalen Landwirtschaft
Diskussion:
33
33
35
These 1:................................................................................................................................................. 35
Regionale Entwicklung ...................................................................................................................... 35
These 2:................................................................................................................................................. 36
Hegemonie: ....................................................................................................................................... 36
Alltagsverstand: ................................................................................................................................. 37
These 3:................................................................................................................................................. 39
Emanzipation: .................................................................................................................................... 40
Pädagogik:......................................................................................................................................... 40
Erfolgreiches Beispiel ÖBV ............................................................................................................... 41
Schlussfolgerungen
Zusammenfassung
Literatur:
32
42
44
45
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Methoden und theoretischer Zugang
Die Grundlage bildet die Analyse wissenschaftlicher Literatur zu verschiedenen Themenbereichen der
globalen Landwirtschaft und ihrer Auswirkungen (Probleme, Herausforderungen, Krisen,…). Unser
Anspruch ist es, ein skizzenhaftes Konzept von landwirtschaftlicher Hegemonie zu entwerfen. Dieses
durchaus subjektive Konzept soll Krisen und Probleme verdeutlichen um danach zu fragen, warum
diese entstehen können.
Unsere Arbeit wird vom historischen Materialismus und der Frankfurter Schule beeinflusst. Also in
einer marxistischen und kritischen Theorie Tradition stehend, spielen vor Allem die Theoriefragmente
Antonio Gramscis eine wichtige Rolle.
Antonio Gramsci liefert einige zentrale, theoretische Elemente um bestimmte gesellschaftliche
Verhältnisse besser verstehen zu können. Der Hegemonie-Begriff, Alltagsverstand und Passivierung
der Subalternen werden zentrale Kategorien in unserer Arbeit sein und stehen in direktem
Zusammenhang mit Bildung.
Wir denken, dass die Dialektik von Struktur und Handeln allgegenwertig ist. Das eine ist konstitutiv für
das andere. Das was Menschen leitet und wie sie die gesellschaftlichen Verhältnisse definieren ist
sowohl eine Frage des eigenen Handelns als auch der übergeordneten Strukturen. Auch wenn diese
vielfach vom Menschen geschaffen wurden und werden. Als Mensch wird man in einer bestimmten
historischen Phase mit ganz konkreten Strukturen bzw. gesellschaftlichen Verhältnissen geboren und
‚erzogen‘.
Wir gehen davon aus, dass es nicht möglich ist, die Welt objektiv zu betrachten oder eine
allgemeingültige Wahrheit zu finden. Die Auswahl des Themas ist bereits ein subjektiver Akt (vgl.
Fischer 2008)
Probleme und Widersprüche innerhalb der globalen Landwirtschaft
Die globale Landwirtschaft sieht sich gegenwärtig mit zwei entgegengesetzten Strömungen
konfrontiert. Zum einen existiert eine hochindustrielle, exportorientierte Landwirtschaft mit dem Ziel
der Profitmaximierung, zum anderen eine kleinbäuerlich strukturierte Landwirtschaft welche sich oft
5
am Prinzip der „Subsistenz“ orientiert.
Erklärtes Ziel der industriellen, konventionellen Landwirtschaft ist die effiziente Produktion von
Lebensmitteln und Industrierohstoffen. Zur Produktivitätssteigerung nutzt die konventionelle
Landwirtschaft jeden möglichen technischen Fortschritt, wie den Einsatz von chemischen
Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger. Weitere Merkmale dieser Produktionsweise sind die
Tendenz zu Spezialisierung und Intensivierung, welche im Bereich der Viehzucht anhand des
5
Vgl. Bennholdt-Thomsen/Mies 1997: Die Subsistenzlandwirtschaft als wichtiger Impulsgeber für die
Definition von regionaler Entwicklung
33
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Beispiels der Massentierhaltung wieder zu finden sind (vgl. Institut für Landwirtschaft und Umwelt
2002).
Im Gegensatz dazu steht die ökologische oder biologische Landwirtschaft für eine nachhaltige
Ressourcennutzung unter Berücksichtigung des Stoff- und Naturkreislaufs. Durch den Rückgriff auf
natürliche Regulationsmechanismen soll der Einsatz von künstlichem Kapital weitgehend verhindert,
beziehungsweise rückgängig gemacht werden. Detaillierte Richtlinien garantieren die Verwirklichung
der Grundsätze und geben Mindeststandards für die Produktion und Verarbeitung von ökologischen
Erzeugnissen vor. Ein weiterer ursprünglicher Kerngedanke des ökologischen Landbaus ist die Idee
der Selbstversorgung (vgl. Institut für Landwirtschaft und Umwelt 2002).
Betrachtet man die verschiedenen landwirtschaftlichen Produktionsweisen - ausbeuterische, intensive
Bodennutzung, Einsatz von chemischen Dünger, Pestiziden und Herbiziden einerseits, ökologisch,
nachhaltig, Tier- und Menschengerecht andererseits - und verbindet dies mit den globalen Krisen des
6
21. Jahrhunderts wie der Hungerkrise oder der „ökologischen Krise“ , drängt sich die Frage auf
weshalb der aktuelle Weg einer agroindustriellen Landwirtschaft im Interesse einiger weniger
Profiteure (transnationale Agro- und Lebensmittelkonzerne) weiter verfolgt werden kann und ein auf
Herrschaft und Macht, Ausbeutung und Abhängigkeit basierende System historisch tragfähig gemacht
wird?
Bauern und Bäuerinnen, Konsument_Innen oder allgemeiner: zahlreiche Menschen sind vielfach von
ökonomischen Entscheidungen, die sie jedoch direkt oder indirekt betreffen ausgeschlossen.
Allgemeinhin gilt die Ökonomie als „legitimer Ort fehlender Demokratie“ (Brand 2008), die Politik im
engeren Sinn darf sich nach jeweils aktueller kapitalistischer Regulationsphase nicht oder nur wenig in
die wirtschaftliche Sphäre einmischen. Es wird suggeriert, dass die einzige direkte Macht über
ökonomische Strukturen nur auf der Konsum-Ebene ausgeübt werden kann. Die Wahlfreiheit der
7
Konsument_Innen grenzt jedoch von vornherein zahlreiche Menschen aus . Entscheidungen werden
von so genannten Experten unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt und nicht zuletzt in
(trans)nationalen,
elitären
Planungsgruppen
koordiniert,
um
zum
Beispiel
den
Druck
auf
8
nationalstaatliche Politik zu erhöhen .
Die gesellschaftliche, herrschaftsförmig organisierte Arbeitsteilung ist einerseits ein Grund für das
fehlende oder Nicht-Interesse an sozialpolitischen und ökonomischen Strukturen. Andererseits
werden dadurch bestehende Verhältnisse abgesichert (Konkurrenz und daher Zwang zur
Wettbewerbsfähigkeit, unbezahlte Hausarbeit, usw.). Dimensionen sind hierbei die Trennung von Kopf
und Handarbeit, die geschlechtliche, die internationale Arbeitsteilung („Warum sollen mich soziale
Kämpfe am anderen Ende der Welt interessieren?“). Es gibt dadurch Konkurrenzverhältnisse sowohl
auf vertikaler (Klassen), als auch auf horizontaler Ebene (Standortwettbewerb) (vgl. Revelli 1997:4).
6
Vgl. Görg 2003: Zu einer umfassenden kritischen Sichtweise gesellschaftlicher Naturverhältnisse
7
Zur Kritik des kritischen Konsums vgl. Behr/Bolyos 2008
8
vgl. Sklair 2001, Carroll/Carson 2006, Plehwe 2009
34
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Als weitern wichtigen Aspekt kann die „Passivierung der Subalternen?“ gesehen werden. Passivierung
(„Ich kann ja eh nichts machen“) kann als exogen erzeugter und endogen reproduzierter, passiver
Konsens zum vorherrschenden System verstanden werden (vgl. Buckel 2007). „Gegen das globale
Agrobusiness kann man ja eh nichts machen“ und „wir müssen schauen, das wir über die Runden
9
kommen“ oder „ihr [Politiker] müsst gscheite Rahmenbedingungen machen “ sind Aussagen, die den
Eindruck des Vorhanden seins einer gewissen „Passiviertheit“ bestärken.
Den Arbeits- und Geschlechterverhältnissen, historisch verankert im Alltagsverstand und generell in
gesellschaftlichen Verhältnissen, muss in einem polit-ökonomischen Kontext einige Aufmerksamkeit
geschenkt werden. Sie sind vielfach verantwortlich, konstitutiv und unabdingbar für konkrete Formen
10
von landwirtschaftlichen Produktionsweisen und verdinglichen Herrschaftsverhältnisse .
Meist ausbeuterische und unmenschliche Formen von Arbeitsmigration und Landarbeit sind weltweit
fixer Bestandteil sowie ökonomisch notwendige Voraussetzung für gewisse Produktionsweisen vom
Marchfeld bis Almeria, von Brasilien bis Griechenland - präkarisiert, illegalisiert, und ohne Recht auf
gewerkschaftliche Organisation. Grundlegend dafür ist eine gesellschaftlich eingebettete, soziale
Hierarchisierung (vgl. Behr 2004, Samsa 2008).
Betrachtet man die hier diskutierten Problemfelder (fehlende Demokratie, fehlende Partizipation,
Präkarisierung,) kann mit Gramsci gesagt werden, dass die Ausrichtung bestimmter Regionen auf
konkrete Interessen und die damit einhergehenden Formen von Produktion und Konsumption in der
Landwirtschaft einer Verschiebung von Kräfteverhältnissen bedingen!
Diese Verschiebung der Kräfteverhältnisse geschieht innerhalb eines ganz bestimmten Rahmens,
einer Akteur-Strukturbeziehung, welche stark durch Herrschaft und Ausbeutung geprägt ist. Eine
spezifische Produktionsweise wird nicht einfach von oben durchgesetzt, auch wenn gewisse
Machteliten eine tragende Rolle dabei spielen. Vielmehr ist sie das Ergebnis eines längeren
Prozesses, bei dem Konsens hergestellt, Zustimmung organisiert oder aktiv an Projekten
mitgearbeitet wird. Immer jedoch unter bestimmten Voraussetzungen und Konstellationen.
11
Diskussion:
These 1:
Eine spezifische Form von regionaler Entwicklung bietet die Möglichkeit, Problemen
landwirtschaftlicher Produktionsweisen entgegenzuwirken.
Regionale Entwicklung
Die Probleme und Widersprüche globaler landwirtschaftlicher Produktionsweisen, sowie auch bereits
tangierte Gründe dafür, stehen oft in direktem Zusammenhang mit lokalen Produktionsweisen
(Überschussproduktion und Exportorientierung einerseits, Hunger und Armut andererseits). Daher
9
Von uns wahrgenommene Aussagen von Bäuer_Innen z.B. bei einer Anti-Gentechnik Veranstaltungen.
10
Zu Arbeits- und Geschlechterverhältnissen vgl. Werlhof 1992, Arendt 2001, Knitter 2005
11
Vgl. Demirovic 1998: prägnanter Text zu einer kritischen Theorie bürgerlicher Herrschaft.
35
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
sollte das Erkennen und Partizipieren an der Verschiebung der Kräfteverhältnisse als Ziel Regionaler
Entwicklung gesehen werden. In Anlehnung an das Konzept der Gemeinwesenarbeit (GWA), ist
Regionale
Entwicklung
als
Erarbeitung
von
Selbsthilfemaßnahmen
durch
betroffene
Bevölkerungsgruppen sowie deren schrittweise Umsetzung zu sehen. Es soll als ein demokratischer
Prozess mit aktiver Beteiligung der Bevölkerung an Überlegungen und Entscheidungen zur
Bewältigung von sozialen, kulturellen, ökologischen, wirtschaftlichen oder infrastrukturellen Problemen
der Landwirtschaft verstanden werden (vgl. Rohrmoser 2004).
Regionale Entwicklung soll in diesem Zusammenhang als fortschreitender, immer wieder
änderungsbereiter, selbstermächtigender Prozess verstanden werden, bei dem Regionalisierung als
„Prozess der Schaffung eines neuen Bezugs- und Regulierungsraumes und somit als eine
emanzipatorische Alternative“ (Sack 2007) zu begreifen ist.
Ökologische Landwirtschaft kann in diesem Kontext eine Möglichkeit sein das Menschenrecht auf
sichere,
gesunde
und
ökologisch
produzierte
Lebensmittel,
wie
es
das
Konzept
der
Ernährungssouveränität vorsieht, zu gewährleisten. Allerdings nur im Sinne einer durch die
Bevölkerung selbst- und nicht durch den Markt bestimmten Produktionsweise.
Ökologische Landwirtschaft und Regionalisierung sollen nicht als gewinnbringende Marketingschienen
verstanden werden, sondern als alternative, nachhaltige und solidarische, landwirtschaftliche
Produktionsweisen, die nicht als „Gegenpol zur Globalisierung“ oder in „small is beautiful“
Vorstellungen verhaftet sind.
These 2:
Eine spezifische Produktionsweise der Landwirtschaft wird unter anderem durch Bildung als
gesellschaftliches Verhältnis verankert.
Für die folgenden Überlegungen wurde ein hegemonietheoretischer Ansatz gewählt, da Arbeiten von
Antonio Gramsci es ermöglichen zu verstehen, wie sich ein gesellschaftliches Verhältnis unter
bestimmten Machtstrukturen konstituiert. In marxistischer Tradition stehend hat Gramsci mit der
Perspektive der Emanzipation der Menschen folgende Begriffe geprägt, welche in umfassender Weise
bürgerliche Herrschaft verständlich machen und somit auch Handlungsperspektiven eröffnen.
Hegemonie:
Wenn Herrschaft nicht nur auf ihre Zwangselemente hin betrachtet wird, sondern auch die mehr oder
weniger konsensuale Einbindung der Beherrschten in gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigt
wird, so spricht Antonio Gramsci von Hegemonie. Die herrschenden Kräfte zeichnen sich durch ihre
Strategien und Projekte für dieses Zusammenspiel von politischen, ökonomischen und soziokulturellen Verhältnissen verantwortlich. Einerseits wird durch Bündnisse und Ausgleich unter den
Herrschenden, anderseits Kompromisse mit Beherrschten Hegemonie geschaffen (vgl. Brand 2007).
Gramscis Theorie der Hegemonie ist an seine Vorstellung des Kapitalistischen Staates gebunden, der
seiner Meinung nach durch Zwang und Konsens regiert wird. Der Staat ist nicht im engeren Sinne als
Regierung zu verstehen.
36
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Alltagsverstand:
Für Hegemonie ist ein Alltagsverstand notwendig, der von der herrschenden Klasse konstituiert und
reproduziert wird. Somit baut eine hegemoniale Entfaltung auf den Alltagsverstand. Gramsci
bezeichnet jene Intellektuelle, die Begriffe und einen zivilgesellschaftlichen Hegemonieapparat
ausarbeiten, als Politiker, da diese einen wesentlichen Anteil daran haben, wie sich die Menschen der
grundlegenden Konflikte der Gesellschaft bewusst werden. So sind Problemkonstitutionen, welche auf
bestimmte Möglichkeiten der Lösung von Konflikten abzielen gerade in der Landwirtschaft von
besonderer Bedeutung. Laut der Alliance for a Green Revolution in Africa (AGRA) konstituiert sich das
Problem der Hungerkrise aufgrund von Unterentwicklung, geringer Produktivität und dem fehlenden
Zugang zu Ressourcen wie zum Beispiel Kunstdünger.
Das Problem ist demnach technokratisch zu lösen, z.B. durch Gentechnik oder einer grünen
12
Revolution .
Gramsci meint auch, dass der Alltagsverstand Auswirkungen darauf hat, welche Lebensform
Menschen wählen und welche gesellschaftlichen Ziele sie verfolgen oder auch nicht. Die
entscheidende Leistung der Hegemonie besteht für Gramsci in der Ausarbeitung eines
facettenreichen Alltagsverstandes, der seine Träger einerseits zu zivilgesellschaftlichen Aktivitäten
anhält und erzieht, gleichzeitig aber auch passiviert, da es eine objektive Wirklichkeit gibt, die zu
kompliziert oder komplex ist, als dass der einfache Mensch sie verstehen oder ändern könnte (vgl.
Gramsci B6, H11, §12, S1375).
Der Staat im engeren Sinne umfasst die politische Gesellschaft: „Die Politik lässt sich zudem nicht
allein auf Gewalt und Recht beschränken, sondern meint auch den Prozess der Willensbildung und
Schaffung
von
Bündnissen
durch
geteilte
Überzeugungen,
Diskussion,
Verhandlung
oder
Kompromiss“ (Demirovic 2007:24). Der Staat übernimmt also eine wesentlich erzieherische Funktion,
die je nach Produktionsweise einen bestimmten Menschentypus hervorbringen will. Im Allgemeinen
also
vom
sozialstaatlich
abgesicherten
Arbeiter
zum
präkarisierten, selbstverwalteten
und
nutzenmaximierenden Wesen. In der Landwirtschaft vom romantisierten und arbeitswilligen Bauer
zum konkurrierenden Unternehmer. Ihre intellektuellen und gesellschaftlichen Kompetenzen müssen
ihnen [Den Subalternen, Arbeiter_Innen, Bäuer_Innen] enteignet, ihre Lebensgewohnheiten so
organisiert werden, daß (sic!) sie nicht den Versuch unternehmen, eine eigenständige und freie
Lebensform zu entwickeln“ (Demirovic 1998). Dies ist kein einseitiger Prozess, der etwa auf Zwang
beruht, viel mehr kommt es zu einer konsensualen Zustimmung, welche in Kirchen, Schulen und
Hochschulen, die Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften, Zeitungen, und vielem mehr organisiert
wird, was durchaus auch bedeuten kann, dass „die führende Gruppe Opfer korporativ-ökonomischer
Art bringt“ (vgl. Demirovic 1998).
In diesem Kontext „findet das Regieren wesentlich pädagogisch vermittelt statt. Das pädagogische
Verhältnis verlagert sich hier auf das gesellschaftliche Terrain der politisch-ethischen, der kulturellen
und ideologischen Sinnstiftung des Sozialen“ (Merkens 2007:8), also zu einer durchaus
herrschaftsförmigen Konstruktion des als objektiv und naturgegeben dargestellten Sozialen. Der
12
Vgl. dazu AGRA (http://www.agra-alliance.org), eine transnationale Gemeinschaft, welche die Produktivitätssteigerung der
afrikanischen Landwirtschaft zum Ziel hat. Oder: AAFE (http://www.foodandenergy.org), welche sich mit der Hunger –und
Energiekrise auf eine bestimmte Art und Weise beschäftigen.
37
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Bauernbund, die Landjugend, das landwirtschaftliche Schulwesen und viele weitere werden somit zu
zentralen
Elementen
in
der
Formung
und
Aufrechterhaltung
spezifischer
Lebens-
und
Produktionsweisen.
Das Schulwesen und der Bildungsbereich sind von zentraler Bedeutung. Hier werden Ideologien,
Normen, Werte, Moralvorstellungen als objektive Elemente vermittelt und somit Alltagsverstand
produziert.
Dies setzt sich auch in landwirtschaftlichen Schulen und im Bereich der Erwachsenenbildung fort bzw.
ist hier
ganz besonders
ersichtlich.
Eine Analyse von Thomas
Leinwather
(1999)
des
landwirtschaftlichen Schulwesens in Österreich in Hinblick auf das pädagogische Denken ist von
besonderer Bedeutung, auch wenn eher wirtschaftsliberalere Kritiken einen wiederum zu
kritisierenden Rahmen abstecken.
Bildung hat im landwirtschaftlichen Schulwesen nicht als oberstes Ziel eine fachliche Ausbildung,
sondern eine politische Erziehung. Der Mensch soll als ganzes erfasst und beeinflusst werden: „In den
50er Jahren erforderte das gefestigte Ganze einer Person gerade „Gottverbundenheit und
Heimatliebe, Arbeitsfreude und Berufseifer“ (Wierleitner 1955, zitiert nach Leinwather 1998:108) kurze
Zeit davor Treue zu Führer, Volk und Vaterland, 40 Jahre später Kommunikationsfähigkeit, Teamgeist
und
Anpassungsfähigkeit“
(Leinwather
1999:108).
Die
jeweilige,
vorherrschende
Ideologie
transformiert in einem erheblichen Maße durch Bildung den jeweiligen Alltagsverstand, welcher dann
als allgemeingültig und objektiv dargestellt wird.
Einer breiten zivilgesellschaftlichen Absicherung durch Interaktion mit z.B. der Landjugend wird
Rechnung getragen. Die Lehrpläne landwirtschaftlicher Schulen sollen es den Absolvent_Innen
ermöglichen als Funktionär_Innen der Landjugend tätig zu sein. „Hervorzuheben ist die
Selbstverständlichkeit, mit der hier die staatliche Landwirtschaftsschule in den Dienst einer privaten,
im Dunstkreis einer politischen Partei agierenden Jugendorganisation genommen wird was „für
andere Bereiche des österreichischen Schulwesens […] schlichtweg verboten“ ist (Leinwather 104).
Nach dem ehemaligen Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer soll die „landwirtschaftliche Bildung
als öffentliche Imagepflege für den Bauernstand“ (Molterer 1995, zitiert nach Leinwather 1999:77)
herangezogen werden. Nicht nur die spezielle Funktionszuschreibung ist hier zu betonen. Auch aus
hegemonietheoretischer Sicht kann man von einer zivilgesellschaftlichen Absicherung einer
spezifischen Produktionsweise ausgehen, da z.B. Subventionen an den „guten Bauernstand“ als
legitimer wahrgenommen werden.
Durch eine „Erziehung zum rechten Standesbewusstsein“ (Fink 1955 zitiert nach Leinwather 1999:74)
wird Identität und Stolz geschaffen, was „den Bauern im Existenzkampf zum Durchhalten motivieren“
(Leinwather 1999: 74) soll. Auch Tradition und Brauchtum sind in einem solchen Zusammenhang
wichtig und sie werden durch das landwirtschaftliche Schulwesen reproduziert (ebd. 63). Auch
„volkserzieherischer, d. h. politische Projekte [werden] verfolgt, die nicht das Wohl des Einzelnen […]
zum Ziel haben, sondern wirtschaftspolitische Vorhaben zu verwirklichen suchen“ (ebd. 53).
38
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Nicht nur die Art und Weise der Bildung, sondern die Verknüpfung mit der vorherrschenden Ideologie
(Marktliberalismus, …) und ihrer Darstellung als Sachzwang sind als zentrale Elemente derzeitiger
Bildungseinrichtungen zu sehen.
Das politische Projekt der Integration im europäischen Binnenmarkt oder am Weltmarkt wird in
zahlreicher Literatur als Naturgesetz, als Sachzwang dargestellt. Durch eine spezifische Übersetzung
dieser Entwicklungen müssen sich nun Bäuerinnen und Bauern bzw. die ländliche Bevölkerung an
sich daran anpassen. Außerdem wird „den Bauern und Bäuerinnen“ ein gemeinsames Interesse und
Homogenität zugeschrieben, was dazu führt, das politische Projekte legitimer erscheinen (vgl.
Molterer 1995, zitiert nach Leinwather 1999:355).
Ein Zitat des ehemaligen Landwirtschaftsministers Josef Pröll
zeigt von der einseitigen
wirtschaftlichen Ausrichtung, dem Ziel einer ganzheitlichen Beeinflussung und der Darstellung der
gemeinsamen Agrarpolitik als Rahmenbedingungen und somit als Sachzwang:
„Gemeinsam
ist
ihnen
allen
aber
das
Ziel,
die
Wettbewerbsfähigkeit
der
österreichischen Land- und Forstwirtschaft zu stärken. Dafür bieten sie einerseits
agrarfachliche und andererseits persönlichkeitsbildende Inhalte an, denn der Mensch
mit seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen ist und bleibt Angelpunkt für nachhaltige
Entwicklung. Die so genannten „weichen Faktoren“ wie Bildung, Motivation, Akzeptanz
und Innovationsbereitschaft sind neben den agrarpolitischen Rahmenbedingungen
entscheidend für den Erfolg. Agrarische Bildung und Beratung ist damit ein
wesentliches Instrument zur Umsetzung der strategischen Ziele der Gemeinsamen
Agrarpolitik“ (Pröll 2006).
Dass hier Kapitalinteressen eine wesentliche Rolle spielen, wird seit längerem zu beweisen versucht.
Alleine das Wissen über die Nicht-Existenz solcher vermeintlicher Sachzwänge, welche jedoch längst
Teil eines Alltagsverstandes sind, können Türen zu emanzipatorischer Regionalentwicklung öffnen.
Der biologische Landbau und die regionale Entwicklung sind typische Bereiche, in welchen sich der
Vollzug einer passiven Revolution - also einer Veränderung damit sich nichts verändert –
veranschaulichen lässt. Herrschende Kräfte sind immer darauf bedacht, sich ständig zu
transformieren, Zugeständnisse zu machen und systemkritische Kräfte zu vereinnahmen. Regionale
Entwicklung verkommt zu einem, nach ökonomischen Kriterien bemessenen
Marktintegration und Ausschöpfung jeglicher Ressourcen (Humankapital).
13
Projekt der
Im biologischen Landbau
finden Produktivitätssteigerungen und Wachstum als, spätestens seit der Entdeckung durch
Supermarktketten, weite Verbreitung. Dies geht mit einer Transformation der Konsum- und
Lebensweise zahlreicher Menschen einher. Gesunde, ökologisch produzierte Lebensmittel erfahren
erst seit kurzem einen Boom.
These 3:
Durch emanzipatorische und politisierende Bildung kann eine bestimmte Form von regionaler
Entwicklung ermöglicht werden
13
Vgl. dazu ausführlich Leinwather 2001
39
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Wie oben dargestellt, wird Herrschaft unter anderem pädagogisch vermittelt und auch innerhalb des
ökologischen Landbaus bzw. der regionalen Entwicklung facettenreich reproduziert. Daher bedarf es
einer pädagogischen Praxis, welche sich am Fazit des eingangs erwähnten Zitat, „Führer seiner selbst
werden“, orientiert.
Bildungsarbeit kann langfristig insofern verändernd wirken, in dem grundlegende, materielle
Entscheidungen, durch Wissen über globale, soziale politische und ökonomische Zusammenhänge
anders, nämlich emanzipatorisch, partizipativ, radial-demokratisch, getroffen werden. Fortschritt und
Entwicklung
als
kollektiver,
partizipativer
Lernprozess
setzt
mitunter
ein
rebellisches,
emanzipatorisches Subjekt voraus, er konstituiert es aber auch (vgl. Wompel 2007).
Emanzipation:
Historisch gesehen wurde unter Emanzipation ursprünglich die Freilassung von Sklaven durch ihre
Herren verstanden. Im Zuge der französischen Revolution kam dem Begriff eine politische und aktive
Bedeutung bei: Unterstellung unter Herrschaft zu bekämpfen bzw. Freiheit zu erkämpfen.
Das Verhältnis von Individuum und Massengesellschaft wird in Zusammenhang mit Emanzipation in
der kritischen Theorie diskutiert. Betont wird hierbei das „Sich-Befreien“ von gesellschaftlichen
Konventionen und Kontrolle. Die Ansätze und Gedanken der kritischen Theorie kamen mit den
sozialen Bewegungen in die politische Praxis. Emanzipation wurde als begrenzter Regelverstoß
angesehen. Weiters gilt der individuelle Prozess, der sich gegen die psychischen, internalisierten
Herrschaftsinstanzen richtet als zentral. Sie sollen in ihrer Bedeutung für die eigene Lebensführung
eingedämmt werden (vgl. Kaindl 2007).
Pädagogik:
Befreiungspädagogik
kann
einen
entscheidenden
Teil
zu
zukünftigen
gesellschaftlichen
Veränderungen und dem Aufbruch von herrschaftlichen Strukturen beitragen. Es geht darum
,alternative soziale Beziehungen zu erlernen, wobei dieser Lernprozess, welcher nicht auf autoritäre
Erziehung hinausläuft, offen bleiben soll (vgl. Zelik 2007). Bildung wird als ein Prozess der
Selbstermächtigung angesehen, durch den sich auch die soziale Situation des Lernenden verändert.
Durch diesen Prozess des „Führers seiner Selbst werden“ kann der Weg hin zur Emanzipation
bereitet werden.
Der Begriff der Pädagogik wurde maßgeblich durch den brasilianischem Volkspädagogen Paulo Freire
geprägt. Dieser beschreibt in seinem Konzept die Überwindung von Abhängigkeit und Armut mithilfe
von Bildung. Wesentliche Grundlagen seines Konzeptes sind:
politische Dimension der Bildungs- und Kulturarbeit. Bildung bzw. Regionale Arbeit kann niemals
neutral sein. Entweder wirkt sie als ein Instrument der Befreiung oder der Unterdrückung. Das
Bewusstsein, dass gesellschaftlich neutrale Bildungs- und Kulturarbeit nicht möglich ist, führt zur
Reflexion über deren Wirkung. „Die Frage nach den zugrunde liegenden Interessen und zu
erwartenden Auswirkungen und somit der gesellschaftliche Stellenwert von bestehenden und neuen
40
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Ansätzen haben große Bedeutung erlangt“ (vgl. Rohrmoser 2004: 10). Für ihn muss Bildung
Bewusstmachung der jeweiligen Situation und das Freisetzen der Kräfte verkörpern, mit denen die
Betroffenen ihre Situation selbst verändern.
dialogischer Lernprozess. Das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden ist durch einen Dialog
gekennzeichnet. Die eigene Lebenssituation, sowie die sozialen und soziokulturellen Faktoren, die
diese beeinflussen spielen dabei eine zentrale Rolle. Diese soll wahrgenommen und anschließend
reflektiert werden. Daraus lassen sich direkte Lösungsansätze ausmachen. Nicht vergessen werden
sollte an dieser Stelle, dass Freire in jedem Lehrenden auch einen Lernenden sieht und anderes
herum ist jeder Lernende in bestimmten Bereichen auch Experte (vgl..).
Verbindung von Theorie und Praxis. Freire sieht Bildungsarbeit als Erkenntnisprozess, der u.a. durch
folgende 3 Schritte ermöglicht wird:
-
Detaillierte Erhebung der Situation der Menschen:
-
Aktionen: Aufgrund der Erhebungen werden Aktionen und Projekte durchgeführt
-
Reflexion über Erfolge, Schwierigkeiten und Probleme um aus den Erfahrungen zu lernen
(vgl. ebd.).
Erfolgreiches Beispiel ÖBV
Wie eine bestimmte Form Regionaler Entwicklung durch emanzipatorische Bildung erreicht werden
kann, liefert das Beispiel der Gründung der ÖBV – Via Campesina Austria, maßgeblich geprägt durch
die Konzepte Paulo Freires.
Die Österreichische Bergbauernvereinigung wurde im Jahre 1974, aufgrund der Benachteiligung der
„[…] schwächeren Bauern, darunter vor allem Bergbauern“ (Rohrmoser 2004: 18), gegenüber den
größeren,
besser
gestellten
Bauern
gegründet
und
stellte
eine
basisdemokratische
Interessensvertretungen von Bergbauer und Bergbäuerinnen dar. Heute wird sie als Sprachrohr und
„geistige Heimat“ vieler Berg- und KleinbäuerInnen dargestellt (vgl. ÖBV 2007).
Die Idee zur Gründung kam einerseits von Franz Stummer, seinerseits damaliger Leiter der
Bergbauernabteilung in der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer und frustriert durch die
Realität der Interessenvertretung seiner Institution, andererseits von Franz Rohrmoser, welcher
innerhalb der katholischen Landjugend gemeinsam mit kritischen und unzufriedenen Bauern ein
Projekt zur Selbstbestimmung initiiert hatte. Der Prozess der Gründung der ÖBV war von Beginn an
eine Aufgabenteilung. Einerseits wurde er durch die Bauern und Bäuerinnen von innen gestärkt,
andererseits durch Stummers politische Erfahrung, seinen Zugang und Einfluss auf verschiedenste
Ebenen der zentralen Politik von außen geprägt, sowie durch den von Freire durchdachten „von
unten“ - Bildungsansatz (vgl. Rohrmoser 2004).
„Das war neu und von Anfang an sehr konfliktreich, aber auch sehr produktiv“ (ÖBV 2007).
41
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Im ersten Bildungskonzept der Bergbauernvereinigung war zu lesen:
„Es bedarf einer organisierten Anstrengung, dem Bergbauern eine autonome Gestaltung des Lebens
zu ermöglichen, um das Entstehen einer Klasse passiver Almosenempfänger zu vermeiden. Es ist
eine Forderung der Zeit, dass die Interessen der Bergbauern von ihnen selbst wahrgenommen und
vertreten werden, dass die Funktion der Bergbauern in Wirtschaft und Gesellschaft neu definiert und
neue Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden und dass die besonderen Fähigkeiten der
Bergbauern ausgeschöpft werden" (ÖBV 2007).
In Österreich hat diese Art von Bewegung, von unten und von außen, über längere Zeit sehr viel
Unruhe und eine enorme „Gegenwehr des Systems" ausgelöst. Ganz enorm kam dieser Widerstand
aus der bestehenden Bauernvertretung, dem Bauernbund (vgl. ÖBV 2007).
Seither sind die Miteinbeziehung betroffener Bauern und Bäuerinnen, die Analyse der Situation sowie
das
Erarbeiten
und
Umsetzen
von
Lösungen
vorrangige
Ziele
der
ÖBV.
Konkrete
Arbeitsschwerpunkte:
–
–
–
Regionale Bildung und Öffentlichkeitsarbeit: Erfahrungsaustausch und Weiterbildung; eigene
Zeitung
Selbsthilfe: Pionierprojekte, Aufbau von Maschinenringen, Biolandbau, Direktvermarktung
Politische Einflussnahme: z.B.: für gerechtere Agrargesetze (vgl. Rohrmoser 2004: 12).
Die Definition von regionaler Entwicklung und auch der ökologischen Landwirtschaft soll einmal mehr
als Richtungsforderung verstanden werden. Sie kann sich zum Beispiel am Begriff der „solidarischen
Ökonomie“
orientieren
und
muss
Problematiken
reflektieren,
welche
„ausgrenzende
Vergemeinschaftung“ zum Ziel haben (vgl. Sack 2007). Jedenfalls muss die Frage nach Selbst- oder
Fremdbestimmung dauerhaft reflektiert werden. Nur so können „oppositionelle Bewegungen,
Antagonismen und Brüche“ (Merkens 2007:14) einer immer umstrittenen Hegemonie ersichtlich, und
emanzipatorisches Handeln ermöglicht werden.
Emanzipationsprojekte müssen aufgrund der Tatsache „das es tatsächlich Regierte und Regierende,
Führer und Geführte gibt“ (GH 15, 1713, ebd. 14) durchaus auch eine Führungsanspruch haben. Sie
müssen jedoch auch „eine Selbstreflexivität“ entwickeln, die dem Führungsanspruch „aber auch soviel
Offenheit und Anbindung an das gesellschaftliche Werden verleiht, dass sich ein tatsächliches
Verhältnis der Repräsentanz [Hervorhebung d.Verf.] herausbildet, bis hin zur Aufhebung der
Notwendigkeit von Führung überhaupt“.
Es geht eben nicht „um edukative Methoden der Belehrung, der Aufklärung“ oder um „falsches
Bewusstsein“ durch „richtiges Bewusstsein“ zu ersetzen, da hierbei nur eine Form von
„Fremdbestimmung an die Stelle einer anderen tritt“, sondern um eine spezifische „Praxis der
Weltaneignung“ (Merkens 2007:16f).
Schlussfolgerungen
42
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
Versteht man regionale Entwicklung als offenen, selbstermächtigenden, demokratischen Prozess
unter Beteiligung aller Betroffenen, kann dieser dazu beitragen soziale, kulturelle, ökologische,
wirtschaftliche oder infrastrukturelle Probleme der Landwirtschaft zu bewältigen.
Das landwirtschaftliche Schulwesen ist ein Bereich, durch welchen maßgeblich Hegemonie produziert
und somit Herrschaft abgesichert wird. Daher bedarf es einer grundlegenden Kritik und Reflexion
dieser Tatsache, um die gesellschaftlichen Verhältnisse neu definieren zu können und nicht wiederum
den grundlegenden Herrschaftsstrukturen zu erliegen - also das vermeiden einer passiven Revolution.
Im konkreten Fall der Österreichischen Bergbauernvereinigung kann Regionale Entwicklung als die
Verbesserung der Interessensvertretung, und dadurch die Möglichkeit der Selbstbestimmung der
Produktionsweise von Klein- und Bergbäuer_Innen angesehen werden.
Dies wurde unter anderem durch emanzipatorische Bildung, geprägt durch das Konzept Paulo Freires,
ermöglicht.
Abschließend möchten wir sagen, dass uns dieses Thema aufgrund seines Umfangs vor so manche
Schwierigkeiten gestellt hat. Mit dieser Arbeit soll erst einmal der Grundstein für weitere
Forschungsarbeiten in diesem Bereich gelegt werden.
43
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Zusammenfassung
Konkrete Produktionsweisen und damit verbundene Lebens- und Konsumformen sind als historisch
herrschaftsförmig entstandene Verhältnisse zu sehen. Herrschaft beruht jedoch nicht ausschließlich
auf Zwang, sondern auf organisierte Zustimmung der Massen.
Eine Perspektive der Arbeit ist die Politisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse durch Bildung, vor
allem im Bereich der Landwirtschaft bzw. Ernährung. Polit-ökonomische Prozesse in der
Landwirtschaft werden durch verschiedene, historisch herrschaftsförmig entstandene Kräfte
beeinflusst. Daher behaupten wir, das emanzipatorische Bildung als auch die Vermittlung von bzw. die
Aneignung des Wissens über politischen, sozialen und ökonomischen Strukturen, welche historisch zu
betrachten sind, (neben der politischen Intervention und der Verschiebung von Kräfteverhältnissen)
langfristig zur Emanzipation und Systemveränderung führen können - sowie Grundlage für politische
Intervention und Verschiebung von Kräfteverhältnissen an sich sind.
In dieser Dialektik ist auch das Konzept der Ernährungssouveränität der Bauernbewegung Via
Campesina zu verorten, welches wir nicht als die Alternative schlechthin sehen, sondern als
Richtungsforderung verstehen.
„Es geht folglich darum, pädagogische Verhältnisse zu schaffen, die es erlauben: „die
eigene Weltauffassung bewusst und kritisch auszuarbeiten und folglich (…), an der
Hervorbringung der Weltgeschichte aktiv teilzunehmen, Führer seiner selbst zu sein
und sich nicht einfach passiv und hinterrücks der eigenen Persönlichkeit von außen
den Stempel aufdrücken zu lassen“ (GH1, 97) (Merkens 2007:15).
44
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
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46
A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung
B Ökologische Leistungen von Bio & Regional
B.1 Gibt es Alternativen bei der Ernährung das Klima zu schonen?
– von Elisabeth LACKNER, Bernhard LODER und Rita URABL.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
48
2. Grundlegendes zum Klimawandel
48
2.1. Auswirkungen des globalen Klimawandels
48
2.2. Ursachen und Konsequenzen des Klimawandels
49
2.3. Welche Treibhausgase gibt es und was sind CO2-Äquivalente?
49
2.4. Wie hoch ist überhaupt der Anteil an klimarelevanten Emissionen der Ernährung, der zum
Klimawandel beiträgt?
50
3. Sichtweisen unserer Ernährung
3.1. Fleischkonsum
3.2. Konventionelle versus. Ökologische Landwirtschaft
50
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51
3.2.1. Fleisch ..................................................................................................................................... 52
3.2.2. Gemüse ................................................................................................................................... 53
3.2.3. Back-, Teigwaren..................................................................................................................... 54
3.2.4. Milchprodukte und Eier............................................................................................................ 54
4. Maßnahmen im Bezug auf klimaoptimierte Ernährung
4.1. Pflanzliche Lebensmittel gegenüber tierischen bevorzugen
4.2. Ökologisch erzeugte Produkte tragen zum Klimaschutz bei
4.3. Regionale Erzeugnisse – Keine Flug-Transporte
4.4. Saisongerechte und gering verarbeite Erzeugnisse
4.5. Strom und Sprit sparen
4.6. Ernährungsökologie ein neues Fachgebiet
4.7. Klimaschutz durch veränderten Ernährungsstil
4.8. Wer kann sich schließlich ein Ernährungsbewusstes Essen leisten?
55
55
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58
5. Schlussfolgerung
6. Literaturverzeichnis
7. Abbildungsverzeichnis
8. Tabellenverzeichnis
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62
47
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
1. Einleitung
Wenn es nicht das Geschichtsbuch ist, so sind es unsere Großeltern, die uns das Leben der
Vergangenheit lehren könnten. Früher war alles anders als heute. Früher hat es z.B. keinen Import
und Export von Waren im heutigen Sinne gegeben. Man lebte mit dem, was zu gewissen Zeiten zur
Verfügung stand und da man nichts anderes hatte, lebte man damit zufrieden. Früher gab es weniger
Vergleichsmöglichkeiten von Produkten und die Notwendigkeit, neue Waren auf den Markt zu bringen
und den Konsumenten anzubieten, war nicht so groß wie heute.
Grund und Boden stellten in früheren Zeiten einen großen Wert dar, da die Völker daraus ihre
Lebensgrundlage sicherten und nicht unbedingt daraus Kapital schlagen wollten. Aus diesem Grunde
waren sie mit diesem Besitz tief verwurzelt und auch stolz darauf. Im Laufe der Zeit entwickelten sich
immer mehr Handelsbeziehungen und die Wirtschaft wurde immer wichtiger. Die Industrialisierung
brachte weitere tief greifende Veränderungen, was auch den Bezug zu Grund und Boden betrifft.
„CO2 Ausstoß“ wird in unseren Alltag nicht mehr oft überhört. Immer mehr wird bekannt gegeben
welche negative Wirkung dahinter liegt. Kritik hat man gegen den CO2-Ausstoss eher den
Transportmitteln und Industrie geäußert, doch es kommen auch andere Bereiche zum Vorschein.
Das Thema Klimawandel hat derzeit beunruhigende Konjunktur – und so verwundert es nicht, dass
auch die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Ernährungsweisen und Klimawandel thematisiert
werden. Immerhin beträgt in Österreich der Gesamtausstoß an CO2 78,5 Millionen CO2-Äquivalente.
Da stellt sich die Frage: „Essen wir das Klima auf?“ oder gibt es auch Alternativen, bei der Ernährung
das Klima zu schonen. In dieser Arbeit wird versucht, verschiedene Sichtweisen der menschlichen
Ernährung aufzuzeigen und die damit verbundenen Probleme vorzustellen. Der Bezug zum
Klimawandel soll in dieser Arbeit in den Vordergrund gestellt werden.
2. Grundlegendes zum Klimawandel
2.1. Auswirkungen des globalen Klimawandels
Seit einigen Jahren ist der drohende Klimawandel ein viel diskutiertes Thema. Anlässe sind steigende
Jahresdurchschnittstemperaturen, abschmelzende Gletscher, Schneefelder und Polkappen sowie
eine Häufung von „Jahrhundertereignissen“ wie extrem starke Regenfälle, Hochwasser und
Überschwemmungen, extrem trocken-heiße Sommer, heftige und zerstörerische Wirbelstürme und so
weiter.
Die Erdatmosphäre und die Weltmeere werden wärmer. Über tausend Jahre lang schwankte die
Temperatur relativ wenig; seit etwa hundert Jahren erhöht sie sich deutlich und voraussichtlich
dauerhaft. Seit dem Jahr 1900 stieg die globale durchschnittliche Lufttemperatur um etwa 0,8 Grad
Celsius (vgl. IPCC, 2007, s.p.).
Die Folgen des Klimawandels sind für alle immer deutlicher spürbar. Von den vergangenen zehn
Jahren waren neun die wärmsten seit Beginn der globalen Temperaturaufzeichnungen (etwa 1860).
Gletscher schmelzen ab, Starkregen- und Sturm-Ereignisse häufen sich. Der Meeresspiegel stieg in
den vergangenen hundert Jahren beschleunigt um 15 bis 20 Zentimeter an (vgl. RAHMSTORF, 2006,
1ff).
Die jüngsten Berichte des UNO-Weltklimarates zeigen die Auswirkungen und Aussichten des
Klimawandels eindeutig auf (vgl. IPCC, 2007, s.p.).
Prognosen der Klimaforscher kündigen bei ernsthaften weltweiten Klimaschutzmaßnahmen
Temperatursteigerungen bis zum Jahr 2100 um mindestens weitere 1,4 bis zwei Grad Celsius an.
Zum Vergleich: Die bisher in Deutschland und weltweit erlebten Extrem-Ereignisse wie
Überschwemmungen, Stürme, Dürren und zuletzt der warme Winter in Europa sind die Auswirkungen
von „nur“ 0,8 Grad Celsius globaler Temperaturerhöhung.
48
B Ökologische Leistungen von Bio und Regional
Ohne Schutzmaßnahmen ist in den kommenden hundert Jahren eine Erwärmung um bis zu sechs
Grad Celsius oder mehr zu befürchten (vgl. RAHMSTORF und SCHELLNHUBER, 2006, 48f).
2.2. Ursachen und Konsequenzen des Klimawandels
Die Ursache für den Klimawandel ist der verstärkte Ausstoß von Treibhausgasen, die der Mensch auf
vielerlei Arten produziert. Vor allem die Konzentration der Gase Kohlendioxid (CO2), Methan (CO4),
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und Lachgas (N2O) in der Atmosphäre nimmt durch
menschliche Aktivitäten deutlich zu. Dies führt zu einer verstärkten Adsorption der von der Erde
reflektierten Sonnenstrahlung in der Atmosphäre mit der Folge einer allmählichen Erwärmung. Dies ist
der menschenverursachte anthropogene Treibhauseffekt.
Davon abzugrenzen ist der natürliche Treibhauseffekt, der durch natürlich vorhandene Gase entsteht.
Ohne diesen wäre die Atmosphäre viel kälter und ein Leben auf der Erde in der heutigen Form nicht
möglich.
„Den höchsten Ausstoß an Treibhausgasen verursachen die reichen Industrieländer. Sie tragen die
größte Verantwortung für den Klimawandel und damit auch die dringend notwendigen Maßnahmen
zum Klimaschutz. Zur Vermeidung der schlimmsten Folgen des Klimawandels fordern Klimaforscher,
die Emissionen von Treibhausgasen bis 2050 weltweit um mindestens 50 Prozent zu
senken“ (RAHMSTORF und SCHELLNHUBER, 2006, 48f).
Für die Industrieländer bedeutet das eine noch wesentlich weitergehende Senkung. Nötig ist vor allem
ein massives Einsparen bei der Nutzung fossiler Energieträger, weil bei deren Verbrennung
zusätzliches CO2 entsteht. Dies betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche – auch die Ernährung (vgl.
STERN, 2006, 248f).
2.3. Welche Treibhausgase gibt es und was sind CO2-Äquivalente?
Tabelle 1:
Äquivalenzfaktoren zur Berechnung des Treibhauspotentials (TAYLOR, 2000)
Klimarelevante Gase sind CO2, Methan, Lachgas und Fluorkohlenwasserstoffe welche auch durch
landwirtschaftliche Tätigkeiten entstehen. Weiters kritische anfallende Gase sind Ammoniak,
Schwefel- und Stickstoffoxide, welche eine versauernde Wirkung aufweisen.
CO2 entsteht bei allen gehaltenen Nutztieren als Endprodukt der Atmung. In Bezug auf den
Treibhauseffekt lässt es kurzwellige Strahlung durch verhindert jedoch einen Wiederaustritt aus der
Erdatmosphäre, was zu einer Oberflächenerwärmung führt.
Methan entsteht durch mikrobielle Abbauprozesse im Wiederkäuermagen (zusätzlich noch im
Reisanbau). In der Erdatmosphäre reagiert es mit Sauerstoff zu CO2 und Wasser und stellt ein 20-30
Mal höheres Treibhauspotential als Kohlendioxid dar.
Distickstoffoxid oder Lachgas entsteht bei der Düngerherstellung sowie aufgrund von mikrobiellen
Abbauprozessen auf dem Feld. Wie Fluorkohlenwasserstoffe trägt es zum Ozonabbau bei, welches
die langwellige Strahlung daran hindert, in die Atmosphäre einzudringen. Aufgrund der
Reaktionsfreudigkeit dieser beiden Stoffklassen wird Lachgas eine 5-6%iger und FCKW’s ein 10%iger
Anteil am Treibhauseffekt zugeschrieben (vgl. FORSTER, 2007, S.212).
49
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
CO2 -Gas wird als eine einheitliche Messgröße verwendet um die Freisetzung von Schadgase zu
ermitteln. Also die Wirkung von jedem Schadgas wie Methan, FCKW und Lachgas wird gleichgestellt,
äquivalent, zu der CO2 -Wirkung und dadurch berechnet. CO2 –Äquivalent ermöglichen somit eine
Vergleichbarkeit um den anthropogenen Einfluss auf den Treibhauseffekt darzustellen.
2.4. Wie hoch ist überhaupt der Anteil an klimarelevanten Emissionen der Ernährung, der zum
Klimawandel beiträgt?
Abbildung 4 Anteile an der Emission von Treibhausgasen durch einzelne Aktivitäten im
Bedürfnisfeld Ernährung im Basisjahr 2000 (WIEGMANN, 2005, S.26)
Laut WIEGMANN et.al. (2005, S.26) hat die Produktion der Lebensmittel einschließlich des Transports
einen Anteil von 45% an Treibhausgasemissionen, der Rest entfällt auf den Energieverbrauch zur
Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln sowie anteilige Raumwärme (Küche) und
Einkaufsfahrten.
TAYLOR (2000, S.145) betrachtet die Bereiche „verbrauchte Lebensmittel“, „Haushaltsphase“ (Kühlen,
Erwärmen, Kochen), „Transport“ und „Verpackung“ genauer. Die Ergebnisse zeigen, dass der Bereich
„verbrauchte Lebensmittel“, in alle Ernährungsweisen die untersucht wurden, bei der prozentualen
Verteilung an den Gesamtemissionen 60% beträgt. Wobei diese sich zur Hälfte aus den CO2Äquivalenten erklären, die durch den Stickstoffeintrag in der Landwirtschaft entstehen. Weiters
entfallen etwa 27% auf die Haushaltsphase, sowie 8% für Transport und 5% auf die Verpackung (vgl.
TAYLOR, 2000, S.145).
In der Studie von FRITSCHE & EBRELE (2007, 4) entfällt der Anteil an Haushaltsphase höher (52%),
da der Energiebedarf elektrischer Geräte (wie Herd, Geschirrspüler, Kühlgeräte und Kleingeräte)
genauer miteinbezogen wurde (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.4).
Laut dieser beiden Studien beträgt der Anteil an Gasemissionen zwischen 45% und 60%. Diese relativ
starke Schwankung ist möglicherweise aufgrund des Stickstoffhaushalts zu erklären. Bei einem
ökologisch arbeitenden Betrieb fällt der Emissionsanteil deutlich geringer aus, da kein
Energieverbrauch zur Erzeugung künstlichen Stickstoffdüngers anfällt.
3. Sichtweisen unserer Ernährung
3.1. Fleischkonsum
Das Thema Klimawandel sollte für jeden von uns sehr wichtig sein, weil wir schließlich diejenigen sind,
die uns dafür verantwortlich zeichnen.
Oft hat man alles, was nicht mit der Natur in Verbindung gebracht werden kann, für den Klimawandel
verantwortlich gemacht, wie die Industrie, den rasch wachsenden Verkehr, die rasche Entwicklung der
Technik, usw. Heutzutage steht aber auch die Landwirtschaft unter Kritik, vor allem was die intensive
50
B Ökologische Leistungen von Bio und Regional
Viehhaltung betrifft. Die Landwirtschaft in Deutschland zum Beispiel „emittiert mit 133 Millionen
Tonnen CO2 – Äquivalenten fast ebensoviel Treibhausgase wie der Straßenverkehr. 71 Prozent oder
94 Millionen Tonnen verursacht allein die Tierhaltung, deutlich mehr als die Hälfte davon die
Rindfleisch- und Milchproduktion“ ( FOODWATCH, 2008, S.V). „ Die Viehzucht setzt neun Prozent
des anthropogenen Kohlendioxids frei, 37 Prozent des Methans sowie 65 Prozent der
Stickoxide“ (DEUTSCH, 2007, s.p.).
Ohne Tierhaltung könnten die Menschen kein Fleisch konsumieren, Tierhaltung existiert also auf
Grund der Nachfrage der KonsumentInnen nach Fleisch. Das Problem liegt jedoch nicht so sehr darin,
dass der Mensch Fleisch isst, sondern im übermäßigen täglichen Konsum von Fleischprodukten.
Im Grünen Bericht von Österreich zeigen Statistiken vom Jahr 2006/07 einen Pro-Kopf-Verbrauch von
65,6 kg an Fleisch (vgl. BMLFUW, 2008, S.39). Ein Beispiel dazu. Ein Kilogramm Rindfleisch (von
ehemalige Milchkühen), konventionell erzeugt, verursacht Treibhausgase, die einer mit einem Auto
(Modell BMW 118d) zurückgelegten Strecke von 50,8 km entspricht. Dem Kilogramm ökologisch
hergestelltem Rindfleisch entspricht eine Strecke von 33,0 km (vgl. FOODWATCH, 2008, S.IX).
Die Viehhaltung ist für einen Anteil von 18 Prozent am Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich.
„Eine zentrale Ursache für die stärkere Klimabelastung durch die Erzeugung tierischer Lebensmittel ist
der höhere Energieverbrauch meist aus fossilen Energieträgern“ (KOERBER et al., 2007, S.132).
Ein anderer Gesichtspunkt, welcher uns den Verzicht auf Fleischkonsum nahe legt, ist der der Armut
auf unserer Welt und die damit oft verbundene Mangelernährung bzw. oft Hungersnöte. Im Grünen
Bericht ist nachzulesen, dass in Zukunft mit einer knappen Versorgung mit Lebensmitteln zu rechnen
ist anstatt mit einer Überproduktion. Das Konsumverhalten tendiert immer mehr hin zu Fleisch- und
Milchprodukten und weg von einer Ernährung, die auf Getreidesorten basiert (vgl. BMLFUW, 2008,
27). Dabei ist zu bedenken, dass für die Aufzucht von Tieren sehr viel Getreide notwendig ist.
„Mengenmäßig wird ca. die Hälfte der der weltweiten Getreideernte in der Massentierhaltung
verfüttert“ (KUGLER et al., 2007, S. 13).
„Die Haltung von Wiederkäuern bietet allerdings die einzige Möglichkeit, das Gras der
Grünlandflächen zur Produktion von Lebensmitteln zu nutzen und dient dem Landschaftsschutz. Auch
die Einkommen der Bauern hängen großteils vom Verkauf tierischer Produkte ab“ (KOEBER &
KRETSCHMER, 2007, S.20).
3.2. Konventionelle versus. Ökologische Landwirtschaft
Egal ob ökologisch oder konventionell, die Landwirtschaft ist auch ein Klimasünder. Warum? Der
Klimawandel wird vor allem verursacht durch die starke Konzentration der Gase Kohlendioxid, Methan,
FCKW und Lachgas (vgl. KOERBER et al., 2007, S.130). In der Landwirtschaft finden wir vor allem
Kohlendioxid, Methan und Lachgas.
Wenn man der konventionellen Landwirtschaft die ökologische gegenüber stellt, muss man die
Verursacherproblematik differenzierter betrachten.
In der konventionellen Landwirtschaft werden mineralischen Stickstoffdünger verwendet, deren
Synthese in der chemischen Industrie sehr energieaufwändig ist. Da diese im ökologischen Landbau
nicht zugelassen sind erfolgt die Stickstoffzufuhr in den Boden vor allem durch Leguminosen, welche
danke den Knöllchenbakterien diesen im Boden fixieren können.
Weiters darf man in der ökologischen Landwirtschaft nur eine gewisse Anzahl von Tieren pro Hektar
(2 GVE/ha) halten , deshalb entsteht weniger Dünger und dadurch ist die Emission von Lachgas,
welches 300-mal für das Klima schädlicher ist als CO2, ebenfalls geringer (vgl. KOERBER et al., 2007,
S.133).
Die Vorstellung, dass die ökologische Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft automatisch
umweltfreundlicher sei als die traditionelle, muss jedoch relativiert werden, denn eine konventionelle
Landwirtschaft kann sich andererseits auch positiver auswirken als eine ökologische. Zum Beispiel
verursacht die Produktion von ökologischem Rindfleisch (Ochsenmast) bis zu 60 Prozent mehr
Treibhausgase als eine konventionelle Produktion (Bullenmast), da Bullen für deren Entwicklung
Kraftfutter brauchen bzw. ihnen gefüttert wird, und Kraftfutter entspricht nicht eine natürliche Quelle
wie es im ökologischen Sinn sein sollte. Auch die Herstellung von Milchprodukten ist sehr
energieaufwendig, auch wenn es auf ökologische Weise produziert wird (vgl. FOODWATCH, 2008,
51
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
S.VIII). „Verbraucher, die sich konventionell ernähren, aber weniger Rindfleisch und Milchprodukte
verzehren, belasten das Klima weitaus weniger als Konsumenten, die einen hohen Konsum von
ökologisch hergestellten Rindfleisch- und Milchprodukten aufweisen“ (FOODWATCH, 2008, S.VIII).
Art der Tierhaltung, Fütterung und Betriebsstruktur sind drei Bereiche, die man bei solchen
Vergleichen berücksichtigen sollte.
Im Folgend werden Grafiken dargestellt, welche die CO2 Emissionen beim Vergleich konventioneller
und ökologischer Produktion von Lebensmittel zeigen.
Tabelle 2 Klimabilanz für Nahrungsmittel aus konventioneller und ökologischer Landwirtschaft
(FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.5)
Die oben stehende Grafik bezieht neben den CO2 auch die anderen klimarelevanten Emissionen
(vorwiegend CH4 und N2O) mit ein, die Gesamtwirkung aller Treibhausgase ist somit in CO2 –
Äquivalenten angegeben.
3.2.1. Fleisch
52
B Ökologische Leistungen von Bio und Regional
Abbildung 2 Treibhausgasemissionen durch verschiedene Fleischarten (von der
Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.6)
In dieser Abbildung wird die Wertschöpfungskette von Geflügel-, Schweine- und Rindfleisch,
ökologischer und konventionelle Erzeugung, gezeigt, wobei der zu vergleichende Faktor die
Treibhausgasemissionen sind. Deutlich erkennbar ist, dass die Rindfleischproduktion mit wesentlich
höheren Klimagasemissionen verbunden ist, als die Geflügel- und Schweinefleischproduktion. Grund
hierfür sind insbesondere die Methanfreisetzung in der Rinderhaltung sowie die
Futtermittelbereitstellung.
Die Wertschöpfungskette „Tiefkühlfleisch“(TK) bedingt bei allen Fleischsorten höhere
Treibhausgasemissionen. Fleisch aus ökologischer Landwirtschaft mit Einsparungen zwischen 5%
(Schwein) und 15% (Rind) scheidet durchaus besser ab gegenüber der konventionellen
Wertschöpfungskette (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.6).
3.2.2. Gemüse
Abbildung 3 Treibhausgasemissionen durch verschiedene Gemüsearten (von
der Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.7)
Weiters werden hier Herstellung und Verarbeitung von Gemüse gezeigt bzw. verglichen auf die
unterschiedliche Klimawirkung (Treibhausgasemissionen).
Frisches Gemüse und Kartoffel liegen etwa bei einem Zehntel der durch Fleisch verursachten
Emissionen. Tiefkühlware oder Konserven von Gemüse sind vergleichsweise nur wenig ungünstiger
als frische Produkte.
Die Verarbeitung von Kartoffeln in getrocknete Produkte wie Püree oder Klöße setzt ähnlich viel
Klimagase frei wie die Produktion von Geflügel- und Schweinefleisch. Pommes frites als Tiefkühlware,
jedoch ohne die Zubereitung in Friteuse oder Backofen, liegt dem sogar darüber.
Einsparungen bei den ökologischen Produkten im Vergleich zur konventionellen Produktion betragen
ähnlich wie beim Fleisch zwischen 5% (TK-Pommes Frites, Gemüsekonserven) und 30% (frische
Kartoffel und Tomaten) (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.7)
53
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
3.2.3. Back-, Teigwaren
Abbildung 4 Treibhausgasemissionen durch Back- und Teigwaren (von der Landwirtschaft bis zum Handel)
(FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8)
Die Herstellung von Back- und Teigwaren ist mit etwas höheren Klimagasemissionen verbunden als
die Produktion von Gemüse, liegt jedoch unter den Treibhausgasfreisetzungen von Fleisch. Die
ökologische Landwirtschaft schneidet laut dieser Studie im Bereich Back- und Teigwaren um 10-15%
besser ab als die konventionelle Herstellung (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8).
3.2.4. Milchprodukte und Eier
Abbildung 5 Treibhausgasemissionen durch Milchprodukte und Eier (von der
Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8)
Interessant ist dieser Bereich, da er die größte Menge an Schadgasen freisetzt. Dass heißt, die
Produktion von Butter gefolgt von Käse und Sahne stellen die größten „Klimasünder“ dar. Die
Produktion von Butter beispielsweise setzt fast doppelt soviel CO2-Äquivalente frei wie die
Rindfleischproduktion. Dies lässt sich daraus erklären, dass der Berechnungsvorgang in
Zusammenhang mit dem Fettanteil passiert und die Gesamtemissionen mit der Vorkette (Kuh, Futter
usw.) steigen. Daraus lässt sich folgern, dass fettarme Produkte relativ weniger Treibhausgase
verursachen. Bei den Eiern wurde konventionelle Bodenhaltung mit Freilandhaltung und Futter aus
ökologischer Landwirtschaft verglichen und es ist nur ein leichter Vorteile, im ökologischen Bereich,
bezüglich die Emissionen zu erkennen (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.9).
54
B Ökologische Leistungen von Bio und Regional
4. Maßnahmen im Bezug auf klimaoptimierte Ernährung
„Unsere Ernährung hat einen wesentlichen Anteil am anthropogenen verursachten Klimawandel: Die
Treibhausgasemissionen des Bedürfnisfelds Ernährung liegen in derselben Größenordnung wie die
des Bedürfnisfelds Mobilität. Es ist also durchaus sinnvoll, zu überlegen, welche Ansatzpunkte für eine
Reduktion der Treibhausgasesmissionen dieses Bedürfnisfeldes bestehen“ (FRITSCHE & EBERLE,
2007, S.12).
Die Nahrungsproduktion ist davon in doppelter Hinsicht betroffen. Einerseits sind alle Kulturpflanzen
und standortangepassten Sorten von bestimmten Klima- und Witterungsbedingungen abhängig.
Andererseits ist die Landwirtschaft selbst maßgeblich beteiligt an der Produktion von Treibhausgasen
sowie an der Beseitigung klimastabilisierender Biotope, vor allem der tropischen Regenwälder und
anderer großräumiger Waldflächen.
Ungefähr die Hälfte der ernährungsbedingten Emissionen stammt aus der Landwirtschaft, das meiste
davon aus der Produktion tierischer Nahrungsmittel. Ferner ist der Handel bedeutsam, vor allem durch
Transport und Verpackung der Lebensmittel. Dagegen ist der Anteil der Verarbeitung in
Lebensmittelindustrie und –handwerk relativ gering. Etwa ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen
entsteht durch den individuellen Verbrauch, besonders durch Heizen, Kühlen, Spülen und
Einkaufsfahrten mit dem Auto.
„Die einzelnen Lebensmittel – und damit auch die individuellen Ernährungsstile – unterscheiden sich
stark hinsichtlich ihres Einflusses auf das Klima. Bestimmend sind hier
• die Art des jeweiligen Lebensmittels,
• seine Produktionsweise
• seine Vermarktungswege und
• die Art von Einkauf im Haushalt“ (KOERBER et al., 2004, s.p.).
Nachfolgend werden Maßnahmen
Ernährungsbereich dargestellt.
zur
Reduzierung
der
Treibhausgasemissionen
im
4.1. Pflanzliche Lebensmittel gegenüber tierischen bevorzugen
Der „ökologische Rucksack“, welcher ein Vergleichsmaßstab bietet, mit dem verdeutlicht wird, welche
ökologischen Folgen die Bereitstellung bestimmter Güter an Treibhausgasen verursacht, ist bei der
Erzeugung tierischer Lebensmittel wesentlich höher als bei der pflanzlicher Lebensmittel. Die
Viehhaltung ist global für 18 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Das ist mehr als der gesamte
Transportsektor weltweit verursacht (vgl. FAO, 2006, S.112).
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2007, S.413) empfiehlt aus gesundheitlichen Gründen
vorwiegend pflanzliche Erzeugnisse (75 % der Lebensmittelmenge). Tierische Nahrungsmittel sollten
rund 25 Prozent der Lebensmittelmenge umfassen. Diese ernährungsphysiologische
Schwerpunktsetzung würde bei einer Umsetzung zur Klimaentlastung führen.
Eine wesentliche Ursache für die stärkere Klimabelastung durch Fleisch, Milch und Eier ist der hohe
Energieverbrauch bei deren Erzeugung, vor allem für die Synthese der im konventionellen Landbau
benötigten Stickstoffdünger für die Futterpflanzen. Außerdem wird Energie bei der Tierhaltung selbst
eingesetzt. Da die Tiere die Nahrungsenergie der Futterpflanzen großteils für ihren eigenen
Erhaltungsstoffwechsel verbrauchen, ist nur ein geringer Teil davon in den tierischen Produkten
wieder zu finden.
Durch diese „Veredelungsverluste“ gehen zweit Drittel oder mehr der Futterenergie verloren.
Neben Kohlendioxid entwickeln sich bei der Produktion tierischer Lebensmittel weitere Treibhausgase.
Während der Lagerung von Dünger in Form von Stallmist, Gülle und Jauche entstehen Methan und
Lachgas. Speziell Wiederkäuer (Rinder, Schafe und Ziegen) stoßen zusätzlich Methan aus, das sich
durch den mikrobiellen Abbau der Nahrung in deren Mägen bildet.
55
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
4.2. Ökologisch erzeugte Produkte tragen zum Klimaschutz bei
Für den Pflanzenbau ergaben Systemvergleiche, dass ökologische Betriebe im Vergleich zu
konventionellen deutlich weniger Energie pro Hektar benötigen; je nach Untersuchung durchschnittlich
etwa die Hälfte oder ein Drittel. Entsprechend produzieren Öko-Betriebe pro Hektar auch wesentlich
weniger Treibhausgase – ebenfalls durchschnittlich etwa die Hälfte oder ein Drittel.
Hauptverantwortlich für den flächenbezogen deutlich höheren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß im
konventionellen Pflanzenbau sind die mineralischen Stickstoffdünger. Im Öko-Landbau erfolgt die
Stickstoffzufuhr in den Boden vor allem durch den Anbau von Futterleguminosen. Sie ist
natürlicherweise durch die Verwertungsabläufe im Boden begrenzt. Auch die Düngung mit Stallmist
und Gülle ist aufgrund der flächengebunden Tierhaltung eingeschränkt. Daher ist der Ausstoß von
Lachgas – als Abbauprodukt von mineralischen und organischen Stickstoffdüngern – im ökologischen
Landbau deutlich geringer (vgl. HAAS, 2001, s.p.).
Weil der Öko-Landbau niedrigere Erträge erzielt, sind seine klimarelevanten Vorzüge jedoch geringer,
wenn der Treibhausgasausstoß auf die erzeugte Produktmenge bezogen wird. Die Emissionen
können auch gleich hoch oder im Einzelfall sogar höher sein als im konventionellen Landbau.
Die ökologische Tierhaltung verbraucht weniger Energie als die konventionelle, insbesondere bei der
Futterproduktion. Bezüglich der Treibhausgasemissionen bei der Erzeugung tierischer Lebensmittel ist
die Datenlage noch nicht ausreichend, um fundierte Aussagen treffen zu können (vgl. BOKISCH, 2000,
S.178ff).
4.3. Regionale Erzeugnisse – Keine Flug-Transporte
Obwohl sich die pro Person verbrauchte Lebensmittelmenge kaum verändert hat, haben sich die
Lebensmitteltransporte in Deutschland seit 20 Jahren verdoppelt (vgl. DEUTSCHES INSTITUT FÜR
WIRTSCHAFTSFORSCHUNG, 1999, s.p.).
Die Klimabelastung durch Lebensmitteltransporte hängt von der zurückgelegten Strecke und dem
verwendeten Transportmittel ab. LKWs stoßen deutlich mehr Treibhausgase aus als die Bahn. FlugTransporte von Waren aus Übersee sind extrem klimaschädlich, da Flugzeuge wenig energieeffizient
sind und ihre Emissionen in großer Höhe entstehen und infolge der Erwärmungswirkung der
erzeugten Zirruswolken und Kondensstreifen eine mehrfach höhere Schädigungswirkung entfalten.
Transporte mit Flugzeugen belasten die Atmosphäre mehrere Hundert Mal stärker als solche mit
Hochseeschiffen. Dies gilt auch für Öko-Lebensmittel, wenn sie aus fernen Ländern importiert werden.
Für Verbraucher sind flugimportierte Lebensmittel im Laden nicht erkennbar, da das Transportmittel
nicht deklariert werden muss. Häufig kommen frische, empfindliche Obst- und Gemüsearten, wie
exotische Früchte sowie Erdbeeren und Spargel im Winter, per Flugzeug nach Deutschland.
Insgesamt lassen sich keine pauschalen Aussagen zur Umweltrelevanz regionaler Erzeugnisse treffen.
Beispielsweise ist der Transport kleiner Gütermengen mit kleinen Lieferwagen oder PKWs wenig
effizient. Regionale Lebensmittel haben jedoch das Potential, Energie und damit TreibhausgasEmissionen einzusparen. Dieses muss in vielen Fällen durch effiziente Vermarktungsstrukturen und
erhöhte Nachfrage noch erschlossen werden (vgl. DEMMERLER & HEIßENHUBER, 2003, S.437ff).
Produkte aus der Region zu kaufen wäre auf jeden Fall am klimafreundlichsten, doch man hat nicht
immer die Zeit und die Fahrmöglichkeit, die gewünschten Produkte dort zu erwerben. Um Zeit zu
sparen, produziert man deshalb viele Tiefkühlprodukte, welche der Produzent vermehrt am Markt
anbietet, schnelle und sättigende Mahlzeiten für jeden. Die Ernährung wird leider weiterhin als
Nebensache angesehen
4.4. Saisongerechte und gering verarbeite Erzeugnisse
Der Freilandbau von Gemüse und Obst in der Saison ist weniger klimabelastend als ihre Erzeugung in
beheizten Treibhäusern oder Folientunneln. Hierbei werden während der kalten Jahreszeit große
56
B Ökologische Leistungen von Bio und Regional
Mengen an Heizöl verbraucht, die klimaschädlichen Emissionen liegen bis zu 30 mal höher (vgl.
JUNGBLUTH, 2000, s.p.).
Tiefgekühlte Lebensmittel benötigen bei der Verarbeitung sowie für die Aufrechterhaltung der
Kühlkette während Transport und Lagerung große Energiemengen und bewirken erhebliche
Treibhausgasemissionen. Beispielsweise verursachen Tiefkühlpommes rund 23-mal mehr CO22
Äquivalente als frische Kartoffeln (WIEGMANN et al., 2005, S.15).
Allgemein sind daher frische, gering verarbeitete Lebensmittel – die entsprechend der VollwertErnährung auch aus gesundheitlichen Gründen empfehlenswert sind – weniger klimabelastend als
stärker verarbeitete Produkte.
4.5. Strom und Sprit sparen
Bei einer notwendigen Neuanschaffung von Haushaltsgeräten sollte aus Klimaschutzgründen auf eine
gute Energieeffizienzklasse geachtet werden. In der Energie-Lebensbilanz eines Haushaltsgeräts
entfällt jedoch der größte Anteil auf die Herstellung, nicht auf die Nutzung. Daher sollten vorhandene
Geräte erst ersetzt werden, wenn sie nicht mehr zu reparieren sind (vgl. PICHERT, 1991, s.p.).
Einkaufsfahrten mit dem Auto belasten das Klima sehr stark. Eine ein Kilometer lange Fahrt mit einem
Mittelklassewagen setzt genau so viele klimaschädliche Gase frei wie der Anbau von und der Handel
mit einem Kilogramm Frischgemüse.
Somit macht das Einkaufen mit dem Auto eine günstige Klimabilanz von pflanzlichen, ökologischen,
regionalen und saisonalen Lebensmittel leicht zunichte (vgl. WIEGMANN et al., 2005. s.p.).
4.6. Ernährungsökologie ein neues Fachgebiet
Obwohl im Haushalt die Ausgaben für Nahrungsmittel mit 13% erst an dritter Stelle nach
Wohnen/Energie und Verkehr stehen (vgl. BMLUFW, 2008, S.142), ist dieser Bereich für den
Menschen sehr wichtig. Einerseits, weil die Ernährung ein Grundbedürfnis ist, welches uns die
energetische Grundlage des Lebens liefert und anderseits, weil der Mensch als Konsument
entscheidet, wenn er die Möglichkeit dazu hat, was produziert werden soll.
1987 wurde ein neues Fachgebiet, die Ernährungsökologie, gegründet. Die Ernährungsökologie ist ein
interdisziplinäres Wissenschaftsgebiet, welches die Beziehungen innerhalb des gesamten
Ernährungssystems untersucht und bewertet. Hier schließen sich die Bereiche von
landwirtschaftlicher Erzeugung der Lebensmittel über Verarbeitung, Verpackung, Transport und
Handel bis zum Verzehr und zur Abfallentsorgung (vgl. KOERBER et al., 2004, s.p.).
„Ziel ist, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über die vernetzten gesundheitlichen, ökologischen,
ökonomischen und sozialen Bedingungen und Auswirkungen des Umgangs mit Lebensmitteln zu
gewinnen. Dieses ermöglicht die Entwicklung von realisierbaren, nachhaltigen bzw.
zukunftsorientierten Ernährungskonzepten und bietet die Basis für ein bewusstes
Essverhalten“ (KOERBER et al., 2004, s.p.).
Dieses Fachgebiet „Ernährungsökologie“ beschäftigt sich mit der gesamten Entwicklung bzw.
Herstellung eines Produktes bis hin zum Konsumenten. Das bietet Sicherheiten vor allem in Zeiten
von Gesundheitsskandalen wie beim Auftreten von BSE und MKSD. Der Begriff der Nachhaltigkeit
nimmt an Bedeutung zu. Und um eine Nachhaltigkeit zu schaffen, ist es wichtig, die Bereiche
Gesundheit, Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt mit einzubeziehen.
Synthese: Sicher ist es für den Einzelnen nicht möglich, für sich einen Überblick über die Qualität von
Produkten zu verschaffen. Deshalb ist es wichtig, vertrauensvolle Quellen zu haben, welche uns
informieren, was die Sicherheit von Produkten betrifft.
57
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
4.7. Klimaschutz durch veränderten Ernährungsstil
„Vergleicht man die Klimaeffekte verschiedener Ernährungsweisen, würde eine Rangfolge der
Klimaschützer unter den Konsumenten landwirtschaftlicher Produkte so aussehen: Größte
Klimasünder sind die konventionellen und ökologischen Allesesser. Der von ihnen durch den Verzehr
landwirtschaftlicher Produkte verursachte Ausstoß von Treibhausgasen entspräche pro Jahr bei
konventionellen Lebensmitteln einer Autostrecke von 4.758 Kilometer, also der Strecke HelsinkiFlorenz hin und zurück. Der ökologische Allesesser wäre nicht viel besser; er käme auf 4.377 km.
Besser als der ökologische Allesesser schneidet ein konventioneller Allesesser ab, der
Schweinefleisch, anstatt Rindfleisch verzehrt. Sein Konsum entspricht einer Strecke von 4.209 km.
Beim Verzicht auf Fleisch, nicht aber auf Milchprodukte, entspräche die Strecke im konventionellen
Fall 2.427 km oder 1.978 km bei der ökologischen Variante. Die besten Klimaschützer sind diejenigen,
die weder Fleisch noch Milchprodukte verzehren. Ihre Ernährungsweise ergibt eine Strecke von 281
km pro Jahr (ökologisch), also der Strecke Hamburg-Hannover und zurück, oder 629 km bei
konventionellen Nahrungsmitteln“ (FOODWATCH, 2008, S.10).
Abbildung 6 Treibhauseffekt verschiedener Ernährungsweisen pro Kopf und Jahr (dargestellt in Autokilometern)
4.8. Wer kann sich schließlich ein Ernährungsbewusstes Essen leisten?
Hungersnöte gibt es in gewissen Gebieten auf unserer Erde schon lange, die Zahl der Hungernden ist
2007 weltweit um weitere 40 Millionen, auf 963 Millionen Menschen, gestiegen (SCHWEIZER
MAGAZIN, 2008, s.p.). Weiters wird berichtet, dass wegen der Preisverdoppelung bei Saatgut und
Düngemitteln gegenüber dem Jahr 2006 LandwirtInnen die Leistungsfähigkeit ihrer Wirtschaft nicht
erhöhen konnten. Dagegen wurden reichere Farmen in den Industrieländern durch diese Situation
kaum beeinträchtigt.
In der Regel wird in den Industrieländern konsumiert und in den Entwicklungsländern produziert. Es ist
einem leider nicht immer bewusst, unter welchen Bedingungen die Produktion erfolgt. Ausbeutung der
dort lebenden Menschen ist leider sehr häufig der Fall.
Es werden weiters mehr Maßnahmen dagegen unternommen um Entwicklungen verschiedener
Bewegungen und Organisationen, wie z. B. in Österreich die bekannte Marke “Fair Trade“, welche
eine Sicherung des Produktes und auch die beteiligten Arbeiter einen gerechten Lohn erhalten.
Interessant ist auch, dass die Entwicklungsländer die fruchtbarsten Böden haben. Der Boden wird auf
einfachste Weise bearbeitet, meistens noch händisch oder mit Tieren anstatt mit Maschinen. Für
Länder, in denen es eine starke industrielle Entwicklung gibt, sind diese landwirtschaftlichen Areale
interessant. Menschen aus den reichen Industrieländern kaufen solche Grundstücke meist nur mit
dem Gedanken, Profit zu machen, ohne eine nachhaltige Bewirtschaftung durchzuführen (BICKEL,
2002, S.1).
58
B Ökologische Leistungen von Bio und Regional
Ein aktuelles Beispiel dazu ist die Waldrodung in Brasilien für den Anbau von Sojabohnen. „Nach
Auskunft der staatlichen Agrarforschungsanstalt EMBRAPA sind in Brasilien weitere 100 Millionen
Hektar für den Sojaanbau erschließbar“ (BICKEL, 2002, S.1). Da pflanzt man an, vernichtet den
fruchtbaren Boden und hinterlässt nur tote Erde. Vorteile daraus ziehen nur die Händler, die die
Gewinne einfahren.
In Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, existiert auch Armut. Als armutsgefährdet gilt, wer
weniger als 900 Euro im Monat zum Leben hat. In Österreich gibt es mehr als eine Million Menschen,
die unter der Armutsgrenze leben müssen (ÖLLINGER, s.a., s.p.).
In Österreich hat sich in den letzten Jahren auch ein starker Bioboom entwickelt, es besteht ein
Interesse für eine nachhaltige Lebensweise. Aber Bioprodukte sind in Österreich teurer als andere
Produkte und nicht jeder kann sich diese leisten. Manche gut verdienende Konsumenten legen zu
wenig Wert auf biologische Qualität und kaufen unkritisch das, was angeboten wird.
Noch wird zu wenig Wert auf eine gesunde Lebensweise, zu der die Ernährung gehört, gelegt. Doch
immer mehr Menschen sehen ein, dass die Gesundheit ein hohes Lebensgefühl darstellt und dass es
sich lohnt, gesund zu leben.
5. Schlussfolgerung
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein Wandel der Konsumgewohnheiten einen erheblichen
Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung und im Kampf gegen den Klimawandel leisten kann. Man
muss nicht auf etwas verzichten, sondern sollte auf ein bewusstes und mengenmäßiges Essverhalten
achten.
Erkennbar sind Einsparungspotentiale bezüglich der Verwendung von Produkten aus ökologischer
Erzeugung und durch die Verminderung oder den Verzicht auf den Konsum von Fleisch vorhanden.
Obwohl bei der Fleischproduktion kein markanter Unterschied zwischen konventioneller und
ökologischer Produktionsweise herrscht, ist sogar Ochsenmasterzeugung Klima belastender als die
konventionelle Bullenerzeugung.
Der ökologische Landbau ist trotz seiner klimafreundlichen Wirtschaftsweise kein Klimaretter. Eine
Bio-Tiefkühlpizza ist sicher nicht weniger klimarelevant als eine konventionell produzierte Pizza in
Bezug der verursachten Gas-Emissionen. Allgemein kann man Tiefkühlprodukte zu den
„Klimasündern“ zählen.
Eine Klima schonende Ernährungszusammensetzung besteht aus geringem Fleischkonsum, viel
saisonalem, regionalen und frischen Obst und Gemüse. Weiters sollte man frischen Kartoffeln den
Vorzug geben anstatt weiterverarbeiten Kartoffelprodukten. Fettarme Milchprodukte wirken
klimafreundlicher als fettreiche Produkte.
Ebenso lassen sich Einsparungspotentiale im Bereich der Reduktion der Einkaufsfahrten mit dem
PKW und der Wahl und dem Einsatz von Haushaltsgeräten realisieren.
Es liegt daher am Konsumenten, Umweltbelastungen zu vermindern um so zum Klimaschutz einen
Beitrag zu leisten.
Von der Region zu kaufen wirkt sich auf jeden Fall klimafreundlich aus, doch ist auch zu
berücksichtigen welche geografischen Barrieren die Region eingrenzen.
Interessant ist die Forderung vom Foodwatch-Report, dass das System von Subventionen abgeschafft
werden müsste. Die Landwirtschaft soll Teil der Klimapolitik werden und statt Flächenprämien und
dergleichen, sollte ein System von Umweltabgaben und Emissionssteuern eingesetzt werden. Dessen
Steuern und Abgaben sollten auf die Emissionen der Treibhausgase sowie auf den Einsatz
klimarelevanter Inputs (Mineraldünger, Pestizide) erhoben und gleichermaßen auf Ökolandbau und
konventionelle Landwirtschaft angewendet werden.
Emissionseinsparungen in der Landwirtschaft können von Seite der Europäischen
Union durch Düngungsmaßnahmen erfolgen. Dünger bodennah ausbringen, eventuell in geringeren
Konzentrationen und dafür öfters, wirken einer Ausgasung entgegen. Den Einsatz von Mineraldüngern
59
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
zu
reduzieren,
wirkt der
Lachgasausgasung
entgegen. Weiters
zählen
geheizte
Gewächshauskulturen, Pestizideinsatz und intensive Viehzucht zu einer konventionellen nicht Klima
schonenden Bewirtschaftungsweise, was das Argument „Ökolandbau als Klimasünder“ entkräftet, da
ein großer Anteil an zugeführter fossiler Energie im ökologischen Landbau wegfällt.
Um auf die zu Beginn gestellte Frage, „Essen wir das Klima auf? oder gibt es auch Alternativen, beim
Essen das Klima zu schonen“ lässt sich sagen: Ja, die Alternativen stehen im Raum. Der Konsument
muss auch bereit sein, diese aufzunehmen.
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B Ökologische Leistungen von Bio und Regional
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61
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
7. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2 Treibhausgasemissionen durch verschiedene Fleischarten (von der
Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.6) ........................................ 9
Abbildung 4 Treibhausgasemissionen durch Back- und Teigwaren (von der Landwirtschaft bis
zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8) ....................................................................... 11
Abbildung 5 Treibhausgasemissionen durch Milchprodukte und Eier (von der Landwirtschaft
bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8)................................................................. 11
Abbildung 6 Treibhauseffekt verschiedener Ernährungsweisen pro Kopf und Jahr (dargestellt
in Autokilometern) ....................................................................................................................... 58
8. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Äquivalenzfaktoren zur Berechnung des Treibhauspotentials (TAYLOR, 2000)….5
Tabelle 2 Klimabilanz für Nahrungsmittel aus konventioneller und ökologischer
Landwirtschaft (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.5)………………………………………...9
62
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
C.1 City-Farm – Ein Projekt mit Zukunft
– von Thomas BERNER, Romedia GSCHWENTER, Gerhard SCHMIDHUBER
1. Abstract
Wir haben das Thema „City - Farm - Ein Projekt mit Zukunft?“ gewählt, da wir glauben, dass die
Verbindung aus Landwirtschaft und alternativen Therapieformen/ sozialer Integration eine sehr gute
Kombination sind.
Besonders wichtig war für uns, die angebotenen Therapieformen und deren Umsetzung unter
Miteinbeziehung des regionalen österreichischen Bezuges kennen zu lernen. Aus diesem Grund war
es für uns unumgänglich die City - Farm Vorort aufzusuchen, diese zu besichtigen und uns mit den
Menschen dort zu unterhalten.
Um genauer recherchieren zu können, wurde ein Interviewleitfaden ausgearbeitet, der uns neben den
allgemeinen Informationen aus dem Internet die nötigen Detailinfos über das Projekt lieferte. Es
wurden mit zwei Mitarbeitern Befragungen mithilfe des Interviewleitfadens durchgeführt.
Obwohl uns von Anfang an klar war, dass dieses Projekt sich nicht selbst finanzieren kann, konnten
wir die Zukunftsfrage nicht gänzlich klären, da die City – Farm zu einem großen Teil auf Förderungen
und staatliche Unterstützung angewiesen ist. Werden diese gestrichen, ist die Existenz des Projektes
gefährdet. Um selbstständiger agieren und wirtschaften zu können, arbeitet die City – Farm eng mit
der Region zusammen und bietet Dienstleistungen wie beispielsweise die Gartenberatung/ -betreuung
oder die Kübelüberwinterung für Topfpflanzen an.
Zu unserer Überraschung werden die selbsterzeugten Produkte nicht direkt vermarktet, sondern sind
fast ausschließlich für die betriebseigene Küche verwendet.
Wir stehen diesem Projekt sehr positiv gegenüber und hoffen darauf, dass durch unsere Arbeit mehr
Menschen auf diese Institution aufmerksam werden.
Die Verfasser : Berner Thomas, Gschwenter Romedia, Schmidhuber Gerhard
Wien, am 22.01.2009
63
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Inhaltsverzeichnis
1. Abstract
2. Einleitung
3. Ziel der Arbeit und Forschungsfragen
4. Methoden
5. Organisation
63
65
66
66
67
6.1. Die Emmaus-Bewegung................................................................................................................. 67
6.1.1. Emmaus allgemein .................................................................................................................. 67
6.1.2. Emmaus – Österreich.............................................................................................................. 68
6.2. City-Farm ........................................................................................................................................ 68
Die City – Farm MitarbeiterInnen: ......................................................................................................... 69
7. Zielgruppe
69
7.1. Arbeitstraining................................................................................................................................. 70
7.2. Arbeitstherapie ............................................................................................................................... 71
8. Therapiegarten
72
8.1. Struktur des Therapiegarten City - Farm........................................................................................ 73
8.1.1. Erdhaus ................................................................................................................................... 74
8.1.2. Freiland.................................................................................................................................... 74
8.1.3. Glashaus ................................................................................................................................. 74
8.1.4. Folientunnel ............................................................................................................................. 75
8.1.5. Obstgarten............................................................................................................................... 75
8.1.6. Andere Arbeitsbereiche ........................................................................................................... 75
8.2. Therapiegärten anderer Organisationen ........................................................................................ 75
8.2.1. Geriatriezentrum am Wienerwald............................................................................................ 75
8.2.2. Therapiegarten Weisser Hof in Klosterneuburg ...................................................................... 76
8.2.3. Duft- und Tastgarten für Sehbehinderte und Blinde, Innsbruck .............................................. 76
9. Regionaler Bezug
76
9.1. Freiwillige MitarbeiterInnen ............................................................................................................ 77
9.2. Betriebe zum Schnuppern .............................................................................................................. 77
9.3. Feste............................................................................................................................................... 77
9.4. Bezug regionaler Lebensmittel....................................................................................................... 77
9.5. Dienstleistungen ............................................................................................................................. 77
9.6. Vermietung von Räumlichkeiten..................................................................................................... 78
9.7. Entlastung der Angehörigen ........................................................................................................... 78
9.8. Kontakte zu anderen Projekten in der Region ............................................................................... 78
64
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
10. Diskussion
11. Zusammenfassung
12. Literaturverzeichnis
13. Abbildungsverzeichnis
78
79
79
80
2. Einleitung
„Ich werde geliebt und radikal angenommen. Ich werde akzeptiert, so wie ich bin – mit meiner
Lebensgeschichte, mit all meinen Handicaps“, so lautet der Leitsatz der Emmaus – Gemeinschaft.
Dass Einrichtungen wie die Emmaus City-Farm gerade in der heutigen Leistungsgesellschaft wichtig
sind, ist unumstritten. Doch ist die City – Farm tatsächlich ein Projekt MIT Zukunft bzw. ein Projekt
DER Zukunft? Anfangs war die Skepsis der umliegenden Nachbarschaft sicher groß. Die Menschen
der Umgebung hatten große Bedenken und auch Ängste, da sie nicht wussten, was auf sie zukommt.
Aufklärungsarbeit war gefragt, Integrationsarbeit ebenfalls. Schließlich sollte die Region ebenfalls von
dieser Institution profitieren.
Die Zusammenarbeit zwischen der City – Farm und der Region St. Pölten dürfte funktioniert haben,
denn mittlerweile feierte diese soziale Institution ihr 10 jähriges Jubiläum. Der Weg bis dahin war
steinig, und es werden bestimmt auch in Zukunft immer wieder neue regionale, interne, aber auch
wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen sein. Doch mit Unterstützung von Land, Bund, der
Stadt St. Pölten, Spendern, freiwilligen Helfern und dem Engagement der Mitarbeiter und Betreuer
werden in Zukunft auch die nächsten Hürden genommen werden können.
Denn wie schon Pater Pierre Abbè
14
sagte:
„Man muss nicht selbst außergewöhnlich sein, um etwas Außergewöhnliches zu tun“
14
Gründer der Emmaus - Bewegung
65
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
3. Ziel der Arbeit und Forschungsfragen
Das Ziel unserer Arbeit war, den Bekanntheitsgrad der Institution“ City – Farm“ zu steigern.
Wir wollten aufzeigen, was die City- Farm ist, was auf der der City- Farm alles gemacht wird, wer dort
arbeitet und wer betreut wird und unter welchen Voraussetzungen dies erfolgt.
Unser zweites Augenmerk legten wir dahin, dass wir die regionalen Aspekte betrachteten; Also wie
sehr die City- Farm in der Region eingebunden ist und wer von wem wie „profitiert“. Aus diesen beiden
Hauptpunkten versuchten wir dann folgende Frage für uns zu beantworten:
Ist die City – Farm ein Projekt mit Zukunft?
4. Methoden
Da Gerhard bei einer Exkursion schon einmal vor Ort war, konnte er Thomas und Romedia schon
recht viel über die City – Farm erzählen und Fotos präsentieren. Noch dazu kannte er einen
ehemaligen Praktikanten der City – Farm, von dem wir uns erste Informationen über die Struktur der
City – Farm einholten.
Aus diesem Gespräch heraus stellten wir dann unseren Fragebogen zusammen (siehe Anhang 14.1).
Dabei war es ein anfängliches Brainstorming, wobei nachher die Fragen sortiert und konkretisiert
wurden.
Am Mittwoch, den 17.12. 2008 nachmittags bekamen wir die Gelegenheit uns vor Ort ein Bild über die
City – Farm zu machen und mit je einem der Leiter der beiden Bereiche ein Interview zu führen. Das
gesamte Gespräch durften wir mit einem Diktiergerät aufnehmen. Danach erhielten wir eine Führung
auf dem Gelände.
Anhand des Fragebogens werteten wir dann die Fragen aus, in dem wir sie schriftlich verfassten. Das
war der Grundstock unserer Arbeit. Zusätzliche Informationen holten wir uns noch von der Homepage
der Organisation (www. Emmaus.at). Einzig für das Kapitel 8 „Therapiegarten“ war eine
Literaturrecherche notwendig, da wir auch andere Therapiegärten in unserer Arbeit vorstellen wollten.
Nachdem nun alle Informationen zusammengetragen waren, erstellten wir ein fixes Grundkonzept auf,
wobei jeder von uns für einen bestimmten Themenbereich zuständig war. Die ausgearbeiteten
Themenbereiche wurden dann zusammengefügt, ein einheitliches Format erstellt und nochmals
gemeinsam überarbeitet und gegebenfalls wurden Kleinigkeiten abgeändert.
66
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
5. Organisation
Recht auf Selbstbestimmung
Gleichberechtigung von Mann und Frau
Recht auf Arbeit und angemessene Entlohnung
Recht auf einen angemessenen Lebensstandard einschließlich
angemessener Nahrung
Recht auf Bildung
Abb. 1 Emmaus Logo (www.emmaus.at)
6.1. Die Emmaus-Bewegung
6.1.1. Emmaus allgemein
Ziel der Emmaus - Bewegung ist die Armutsbekämpfung. Sie setzt dabei auf Hilfe zur Selbsthilfe. Im
Mittelpunkt stehen Menschen, die ohne Wohnung, ohne Arbeit und daher oft ohne Hoffnung sind. Die
einzelnen Gruppen sind autonom und arbeiten dezentralisiert.
Gegründet wurde diese Organisation im Jahre 1949 von Abbe Pierre in Frankreich. Er wird in seiner
Heimat Ghandi Frankreichs genannt und ist leider vor 2 Jahren verstorben.
Abb 2: Emmaus Gründer: Abbe Pierre
Mittlerweile ist die Organisation in 36 Ländern auf vier Kontinenten vertreten, und ist auf stolze 310
Gruppen angewachsen.
Innerhalb dieser Gruppen gibt es meist Arbeit in internen Betrieben, wo zumeist handwerkliche
15
Fähigkeiten vermittelt werden. Dies kommt den Gästen bei der späteren Eingliederung in den
Arbeitsmarkt zugute.
15
Die hilfesuchenden und zu bereuenden Menschen werden auf der City – Farm als Gäste bezeichnet.
67
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Durch das Vorhandensein einer Aufgabe fällt das Gefühl nichts wert zu sein weg. Der geregelte
Tagesablauf und die soziale Integration helfen Kompetenzen aufzubauen.
Damit den Gästen die Eingliederung in die Emmaus – Gemeinschaft leichter fällt, und sie nicht
überfordert wurde ein drei Stufenplan (Schwelligkeit) entwickelt.
+ Niederschwelligkeit
Dabei wird keine Integration in das Projekt/in die Gemeinschaft verlangt, den Gästen wird jedoch auf
eine zeitlich begrenzte Zeit die Grundversorgung (Essen, Schlafmöglichkeit, Kleidung) geboten. In der
Einrichtung herrscht jedoch striktes Alkohol- und Drogenverbot.
+ Mittelschwelligkeit
Hierbei erhalten die Gäste nebst der Grundsicherung einer Betreuung durch einen Sozialarbeiter. Die
Auflagen sind jedoch verschärft. So ist die Einhaltung von Terminen, das Erfüllen von Tätigkeiten
innerhalb der Organisation (Koch-/ Putz-/ Instandhaltungsarbeiten) und das strikte Alkohol- und
Drogenverbot auch außerhalb der Anlage einzuhalten. Bei mehrmaliger Missachtung wird man
zurückgestuft.
+ Höherschwelligkeit
Hier wird dem Gast ein Arbeitsplatz in einem Dienstleistungs- oder Produktionsbetrieb zugesichert.
Oftmals leben die Gäste in ihren eigenen, von Emmaus geförderten, Wohnungen. Einen Teil des
Lohnes behält die Organisation ein und bezahlt diesen beim Austritt aus der Organisation dem Gast
aus. Bei Missachtung des Alkohol- und Drogenverbot, aber auch bei Gewaltausbrüchen wird der Gast
in die niederste Stufe zurückversetzt.
Wenn Vereine oder Organisationen der Organisation Emmaus International angehören will muss man:
+Finanziell autonom agieren (d.h. völlige Unabhängigkeit von staatlichen Subventionen)
+Sich selbst erhalten durch Spenden oder den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen
6.1.2. Emmaus – Österreich
In Österreich wird Emmaus durch Vereine in Lilienfeld, Innsbruck und Salzburg repräsentiert. Einen
weiteren Verein gibt es in Niederösterreich mit der "Emmaus - Gemeinschaft St. Pölten". Hierbei
handelt es sich um einen assoziierten, jedoch nicht durch Emmaus International anerkannten Verein
zur Integration von sozial benachteiligten Personen. Die Anerkennung bekam dieser Verein nicht, da
er staatliche Subventionen erhält. Aus idealistischen und werbezwecklichen Gründen darf die CityFarm den Namen „Emmaus“ tragen.
6.2. City-Farm
Brot, das die Hoffnung nährt
Abb. 3 City – Farm Logo
68
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
„Willkommen – so fühlen sich Menschen mit psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz wohl häufig
nicht“ (www.emmaus.at).
Die City – Farm steht für diesen Slogan und ermöglicht gerade diesen Leuten wieder eine
Zukunftsperspektive und hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese benachteiligten Menschen wieder in
den Berufsalltag zu integrieren.
Und so begann alles:
Es mussten zwei Hektar verunkrautetes Land, das früher den Schülern des St. Pöltener
Priesterseminars als Fußballplatz diente, urbar gemacht werden, das an die Emmausgemeinschaft St.
Pölten verpachtet wurde. Daraus entstand das von der EU geförderte Projekt „Gärtnerei St. Pölten Wagram“, die spätere City – Farm.
Organisiert vom Emmaus Geschäftsführer Karl Rottenschlager und unter Anleitung von Bio-Gärtner
Hans Auzinger und ein paar Freiwilligen entstand im Jahre 1997 der erste Folientunnel und darauf
folgend 1998 das beheizbare Erdhaus zur Pflanzenaufzucht. Das ehemalige Stallgebäude, dessen
noch immer vorhandener Mist als Dünger verwendet wird, wurde zum „Jausenkammerl“ umgebaut.
Somit war die Grundlage für ein Wirtschaften geschaffen. Im Jahre 2000 produzierte man das
Gemüse, das anschließend in Kisten verpackt und vermarktet wurde, die so genannten Abo - Kisterl.
Aufgrund des terminlichen Stresses, dem damit verbundenen Druckes für die Gäste und der
Unberechenbarkeit der Produktion des Gemüses lies man dieses Projekt auslaufen.
Ein eigenes Glashaus entstand im Jahre 2001. Noch dazu kam es zu einem Vertragsabschluss mit
dem Land Niederösterreich, der dieses Projekt zur Betreuung und Förderung von Menschen mit
besonderen Bedürfnissen im psychiatrischen Bereich erlaubte. Dieser Vertrag war auch der
Startschuss für den Bau des Gemeinschaftshauses, welches im Jahre 2004 fertig gestellt und eröffnet
wurde.
16
Wesentlich beigetragen haben das Land Niederösterreich, die „Behinderten-Milliarde“ des Bundes ,
17
die Aktion „Licht ins Dunkel “ und Spenden und zinsenlose Darlehen privater Unterstützerinnen, dass
es zur Verwirklichung des Projektes „City-Farm“ kam (www.emmaus.at)
Seit der Eröffnung der City-Farm bis September 2008 waren insgesamt 161 Menschen in der CityFarm zu Gast, wovon 59 im Bereich Arbeitstherapie und 102 im Bereich Arbeitstraining betreut
wurden.
Im Schnitt sind es an die 26 Gäste, die auf der City-Farm Hilfe suchen.
Die City – Farm MitarbeiterInnen:
Das Team besteht aus der Bereichsleitung und sechs weiteren MitarbeiterInnen. Die Gäste des
Arbeitstrainings werden von landwirtschaftlich und gärtnerisch ausgebildeten MitarbeiterInnen, sowie
SozialarbeiterInnen trainiert. In der Arbeitstherapie wird die Betreuung von zwei ErgotherapeutInnen
und zwei
ArbeitsanleiterInnen (Küche, Gemüseverarbeitung, Gartenpflege, …) sichergestellt. Weiteres
unterstützen in der Küche drei ehrenamtliche MitarbeiterInnen das Team beim Kochen von ca. 45
Mahlzeiten täglich. Vier Zivildiener sowie zahlreiche PraktikantInnen und ein Lehrling vervollständigen
das Team.
7. Zielgruppe
16
„Die Behindertenmilliarde“ Geld für eine Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung für Menschen
mit Behinderungen
17
„Licht ins Dunkel“ ist die größte humanitäre Hilfskampagne in Österreich
69
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
In der City Farm treffen Frauen und Männer aus den verschiedensten sozialen Schichten mit sehr
unterschiedlichen Lebenserfahrungen zusammen. Manche haben eine Haftstrafe hinter sich, lebten
auf der Straße, oder waren alkohol- oder drogenabhängig. Viele Gäste leiden unter psychischen
Erkrankungen. Einige von ihnen leiden an körperlichen und - oder geistigen Behinderungen.
Je nach Lebensgeschichte, geistiger, seelischer und körperlicher Verfassung werden in der City- Farm
für die Gäste zwei verschieden Arbeitsbereiche angeboten.
7.1. Arbeitstraining
Dem Aufgabenbereich Arbeitstraining ist zugeschrieben, die Gäste direkt auf die Arbeitswelt
vorzubereiten. Dafür stehen für max. 10 Gäste Plätze zur Verfügung, die sie befristet auf ein Jahr
haben können. In dieser Zeit stehen die Gäste nach einem Probemonat in einem fixen
Arbeitsverhältnis mit der City - Farm und werden für ihre Arbeit auch entlohnt.
Da die City - Farm eine Tagesstätte ist, kommen die Gäste aus dem Umkreis St. Pölten und pendeln
jeden Tag in die Arbeit. Vermittelt werden diese meist durch das AMS Niederösterreich oder den
Sozialbetreuern der einzelnen Gäste. Des Weiteren kommen einige aus eigenem Antrieb.
Die teilnehmenden Menschen haben oft ein besonderes Handicap:
+ Körperliche und/oder geistige Behinderung
+ Haft
+ Alkoholabhängigkeit
+ Obdachlosigkeit
+ Psychische Erkrankung
Es sind jedoch auch oftmals nicht nur persönliche Schicksalsschläge, weshalb eine Person auf der
City - Farm landet. So kann ein sehr guter und verlässlicher Arbeiter als schwer vermittelbar gelten,
da er eine gewisse Altersgrenze überschritten hat. In den letzten Jahren ist das Durchschnittsalter
der Gäste jedoch extrem gesunken, da hauptsächlich Jugendliche die City – Farm aufsuchen, da
die Jugendarbeitslosigkeit extrem gestiegen ist.
Die Gäste werden zusätzlich zu den ArbeitsanleiterInnen in der City - Farm auch von einem
Sozialarbeiter – Team des Landes Niederösterreich betreut.
So findet alle drei Monate mit dem Gast eine Gesprächsrunde statt, wobei all seine Betreuer mit
dabei sind. Es wird dabei versucht auf die Wünsche und Ziele des Gastes einzugehen, Problemen
und Unsicherheiten entgegenzuwirken. Nach einem halben Jahr City- Farm hat der Gast auch die
18
Möglichkeit in Betrieben der Region zu „schnuppern“ , und kann so seine Berufswünsche
konkretisieren.
Im Idealfall gelingt es, dass ein Gast spätestens nach diesem Jahr im Arbeitstraining einen
Arbeitsplatz am Arbeitsmarkt findet und auch längerfristig halten kann. Dies ist auch eine gesetzliche
Vorlage, will die City - Farm ihre Förderungen nicht verlieren. So müssen mindestens 40% der Gäste
aus dem Arbeitstraining nach einem Jahr in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert werden.
Nach Beendigung des einjährigen Dienstverhältnisses werden die Gäste jedoch nicht „ins kalte
Wasser gestoßen“. So wird besonders im ersten Jahr noch sehr enger Kontakt zu den Gästen
gepflegt, sodass diese sich bei etwaigen Unklarheiten und Unsicherheiten an das für sie vertraute
Team wenden können.
18
ein kurzfristiges, entgeltfreies Beobachten und Verrichten einzelner Tätigkeiten in einem Betrieb
70
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
7.2. Arbeitstherapie
Arbeitstherapie bedeutet nicht, Therapie um zu arbeiten, sondern Therapie durch Arbeit. Dem Bereich
Arbeitstherapie gehören max. 16 Gäste an, die vornehmlich an einer psychischen Erkrankung leiden.
Darum ist es wichtig, dass mit den Gästen Ziele gesetzt werden. Diese können von der Stabilisierung
des Krankheitsverlaufes bis hin in Richtung berufliche Rehabilitation reichen. Die Gäste der
Arbeitstherapie können sich dabei soviel Zeit lassen, wie sie benötigen, da es in der Arbeitstherapie
keine befristete Verweildauer gibt. Wagt ein Gast den Sprung ins Arbeitstraining, so kann er/sie bei
Änderung des Wohlbefindens oder der momentanen Verfassung auch wieder in die Arbeitstherapie
zurückkehren. Dadurch ist es möglich, auf den individuellen Bedarf an Unterstützung Rücksicht zu
nehmen.
Nach mehrjähriger Projektdauer erkannte man durch Untersuchungen des Krankheitsverlaufs der
Gäste, dass sie durch das Arbeiten auf der City Farm, bis um zwei Drittel weniger Tage in stationärer
Behandlung waren. So wirken sich der geregelte Tagesablauf, das Arbeiten in und mit der Natur mit
sofortigen Erfolgserlebnissen, das Miteinander, die individuelle Betreuung, und ein gesundes Maß an
Herausforderung positiv auf das Gemüt aus.
Unterstützt werden die Gäste von einem bewährten Team aus ErgotherapeutInnen, und einem
19
beratenden psychiatrischen Konsiliar- Facharzt . Und der Erfolg spricht für dieses Konzept. So
konnten von den 43 Gästen der Arbeitstherapie 14 in ein Dienstverhältnis geschickt werden und
wurden ins Arbeitstrainingprogramm aufgenommen, 3 schafften es sogar, nach der Zeit in der
Arbeitstherapie und anschließendem Arbeitstraining eine regelmäßige Arbeit zu finden. Als Lohn für
ihre Arbeit erhält der Gast neben einer Monatskarte für die Fahrt zwischen Wohnstätte und City Farm ein monatliches Taschengeld in der Höhe von 60 Euro. Die Kosten für dieses Projekt trägt das
Land Niederösterreich, wobei die Grundversorgung durch Arbeitslosengeld, Notstandhilfe oder
Invalidätspension gewährleistet werden muss.
19
Als Konsil (sächlich) bezeichnet man in der Medizin die patientenbezogene Beratung eines Arztes durch einen
anderen ärztlichen Kollegen, meist einen Facharzt (de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia).
71
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Fotos einiger Arbeitsaufgaben (www.emmaus.at)
Abb. 4: Baumschnitt
Abb. 5: Beim Kochen
Abb. 6: Jungpflanzen setzen
8. Therapiegarten
Definition Therapie – „alle der Beseitigung oder Linderung von Gesundheitsstörungen und
Krankheitszuständen dienenden medizinischen Maßnahmen“ (Brockhaus Bd. 14, 1997, S. 89).
Definition Gartentherapie:
„Gartentherapie ist eine Therapieform, bei der durch zielgerichtete Aktivitäten mit Pflanzen eine
physische und psychische Verbesserung des Gesundheitszustandes der Patienten/innen erreicht und
die Lebensqualität erhöht wird.“ Diese Therapie kann als aktive sowie als passive Therapie
angewendet werden (vgl. Hothwagner, 18.01.2009).
„Die Gartentherapie ist eine Kombination zwischen Ergo- und Physiotherapie, die außerdem von der
Beziehung zwischen Mensch und Pflanze profitiert“ (Kettner, 2001, S. 9).
Das grundlegende Konzept dieser Form der Therapie ist, sich dem gesund gebliebenen Teil des
Menschen zu widmen und sich nicht ausschließlich auf die Erkrankung zu konzentrieren. Die
Gartentherapie schließt alle Aspekte unserer Existenz ein: Das Handeln, Wirken, Fühlen,
Wahrnehmen, den Geist und die Seele.
Der Therapiegarten dient der Wiederherstellung, der Entwicklung und Verbesserung, der Erhaltung
oder Kompensation gestärkter menschlicher motorischer, sensorischer, psychischer, und kognitiver
Funktionen und Fähigkeiten (Niepel und Emmrich, 2005, S. 33).
Der Therapiegarten ist Lebensmittel für die Seele und in unserer Psyche fest als Kulturgut verknüpft.
Die therapeutischen Potenziale der Gartentherapie sind aus Sicht von Ärzten und Therapeuten unter
anderem: Kontaktförderung, Kommunikation, Entspannung, Stressreduktion, Verminderung
depressiver Gefühle, wecken von Erinnerungen, Ablenkung vom Stationsalltag, trainieren motorischer
72
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
Fähigkeiten, vermitteln von Erfolgserlebnissen, Wahrnehmungsförderung, gemeinschaftsfördernde
Aktivitäten, erleben von Entwicklungen, Förderung der Kreativität, Stärkung der Motivation, üben von
"daily activities", körperliche Betätigung, lernen des sozialen Verhaltens, Spaß an Verantwortung,
Förderung der Geduld, Förderung der Konzentration, kognitives Training, Ventil für Aggressionen (vgl.
Niepel und Emmrich, 2005).
Die Arbeit mit natürlichen Materialien wie Pflanzen, Erde und Wasser lassen die Patienten vergessen,
dass es sich um eine Therapie handelt. Gartenarbeit beinhaltet viele kleine bis hin zu schweren
Handgriffen, die individuell für den/die Patienten/in ausgewählt werden können und
physiotherapeutisch wirken.
Diese Form der Therapie entstand schon im 16. Jahrhundert. Philippe Pinel (1826-1745) stellte 1741
fest, dass Beschäftigung und Arbeit eine positive Wirkung auf kranke Menschen hat. Als Wegbereiter
der Gartentherapie gilt Benjamin Rush (USA). Aufgrund seiner Feststellungen und Anleitung entstand
1817 am Friends Hospital in Philadelphia erstmalig ein Gewächshaus für therapeutische Zwecke.
Im Jahre 1936 wird die Gartentherapie von der Association of Occupational Therapists in die Liste der
anerkannten Therapien aufgenommen (vgl. Niepel und Emmrich, 2005).
8.1. Struktur des Therapiegarten City - Farm
Die Gartentherapie ist der Kern des therapeutischen Konzeptes der City Farm.
Die Arbeit im Garten ist eine Arbeit, die Liebe, einen sorgfältigen Umgang mit Lebewesen (Pflanze,
Tier und Mensch), Verantwortungsbewusstsein, Ausdauer, Geduld und Vertrauen erfordert. In
gestellten Aufgaben und Problemen und deren Bewältigung entstehen Entwicklungsmöglichkeiten für
alle Beteiligten – auch für andere Lebensbereiche.
Ein guter Therapiegarten darf einen nicht merken lassen, dass man übt. Hier tut man was zu tun ist!
Dieses Motto gilt auch auf der City – Farm: Beim ersten Blick ist nicht klar ersichtlich, wer hier der
Gast und wer der Betreuer ist.
Entwurf der Emmaus City – Farm
Abb.
7: Entwurf der Emmaus City – Farm (erstellt von Martina Jauschneg, August 2000)
73
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Die gesamte landwirtschaftliche Fläche der City - Farm beträgt 2ha, wobei 2/3 bewirtschaftet werden.
Aufgrund der biologischen Wirtschaftsweise können sie die Förderungen der AMA als auch der ÖPUL
in Anspruch nehmen.
8.1.1. Erdhaus
Das Erdhaus wird auch liebevoll
Säuglingsstation genannt. Hier findet die
Anzucht der Sämlinge und Jungpflanzen statt.
Dank erhöhter Keimtemperatur können die
Samen zeitig im Frühjahr gesetzt werden.
Geheizt wird das Ganze mit
Heizkörperelementen, die von der
Zentralheizung aus sektorweise regelbar
sind. Im Winter dient es als Lagerraum z.B.
für Walnüsse.
Abb. 9:Erdhaus
8.1.2. Freiland
Die drei Äcker der City – Farm haben eine
Gesamtfläche von 3000 m². Je nach Bedarf
werden verschiedenste Gemüse und Kräuter
angebaut und von den Gästen betreut, wobei
das Setzen der Jungpflanzen und die
Beikrautbekämpfung die Hauptaufgaben
darstellen.
Damit der Boden nicht zu sehr auslaugt,
wird die Fruchtfolge jährlich geändert und
an die Bodenbedürfnisse angepasst.
Abb. 9:Acker
8.1.3. Glashaus
Abb. 10: Glashaus
74
Die Menschen der Umgebung haben die
Möglichkeit ihre Kübelpflanzen bei der
City – Farm überwintern zu lassen.
Die City - Farm stellt dafür ihr ca.60m²
großes Glashaus zur Verfügung.
Die Kunden bringen die Pflanzen im Herbst
vorbei. Die Pflanzen werden über die
Wintermonate von den Gästen betreut. Bei
Verendung der Pflanze übernimmt die
Haftpflichtversicherung den Schaden.
Im Sommer dient das Glashaus als Abstellund Trocknungsplatz (z.B. Kräuter).
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
8.1.4. Folientunnel
. Im Folientunnel der ca. 200m² groß ist, werden
im Frühjahr Salat, Kohlrabi, Radieschen und
im Frühsommer Paprika, Erbsen wie auch
Paradeiser angebaut.
Im Spätherbst wird die ausgebrachte Saat für
die Gründüngung eingearbeitet.
Im Winter kann Spinat und Vogerlsalat unter
einer schützenden Plane gedeihen.
Abb.11: Folientunnel
8.1.5. Obstgarten
. Der alte Obstgarten ist eine Streuobstanlage
auf Hochstamm. Er besteht aus Äpfel-,
Birnen-, Marillen- und Zwetschkenbäumen.
Auf der Beerenplantage gedeihen
Himbeeren, Stachelbeeren, Ribiseln und
Brombeeren.
Obst und Beeren werden zu Marmelade
und Säften verarbeitet.
Auf der Anlage befinden sich auch alte
Walnussbäume. Die Ernte ist so groß, dass
Abb.12: Streuobstanlage
ein Teil der Nüsse weiterverkauft wird
Die biologischen Abfälle werden kompostiert und danach wieder als Dünger ausgebracht.
8.1.6. Andere Arbeitsbereiche
Neben den Hauptschwerpunkten Gartenpflege, Gemüsebau sind je nach Jahreszeit viele andere
Dinge zu tun. Dazu gehören die Hauswirtschaft (Küche, Reinigung, Verarbeitung von Produkten), die
Brennholzbereitung und der Heizdienst im Winter, Reparaturarbeiten an Geräten und Gebäuden, bis
hin zur Betreuung von Kübelpflanzen im Glashaus.
Verschiedene Gruppenangebote (Kreativ, Bewegung) und Trainings (Soziale Kompetenz,
Bewerbungen) bieten zusätzliche Lernfelder und Herausforderung.
8.2. Therapiegärten anderer Organisationen
8.2.1. Geriatriezentrum am Wienerwald
Das „Geriatriezentrum am Wienerwald“ befindet sich im westlichen Teil von Wien im 13.
Gemeindebezirk Hietzing. Die Hauptaufgabe heute ist die Langzeitbetreuung von Patienten/innen,
deren Pflege und medizinische Betreuung. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, in welchem
75
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Gartentherapie, tiergestützte Therapie/Aktivität und ein intergeneratives pädagogisches Projekt
kombiniert wurden.
Die Patienten/innen weisen unterschiedliche Krankheiten
sowie Krankheitsbilder auf, von denen die meisten
altersbedingt sind. Außerdem werden alle Krankheitsbilder
durch einen labilen psychischen Zustand der Patienten/innen
gefördert.
In der Praxis brachte der Garten auch eine Nutzung und eine
Vernetzung von Ergotherapie, Physiotherapie,
Psychotherapie, Medizin und der Pflege. Aktivitäten des
Betriebskindergartens und der Volkshochschule treten im
Garten in einen lebhaften Austausch. Mahlzeiten und Feste im
Garten sind nichts Außergewöhnliches. Und immer mehr
Angehörige verweilen in „ihrem“ Garten (Neuhauser, s.a.).
Abb. 13: Im Therapiegarten
Bei Alzheimer- Patienten wurden eine gesteigerte Aufmerksamkeit, die Freude des Vertrauten, das
Bewusstsein von Verantwortung und Zugehörigkeit, weniger Unruhe, Angst, depressiven Symptomen,
Schmerzen, gesteigerten Appetit und bessere Orientierungsleistungen festgestellt (Neuhauser, s.a.).
8.2.2. Therapiegarten Weisser Hof in Klosterneuburg
Der Weisse Hof in Klosterneuburg wurde im Oktober 1986 eröffnet. Es ist mit 200 Betten das größte
Rehabilitationszentrum der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und dient vor allem der
Versorgung der Bevölkerung im Osten Österreichs. Patienten mit folgenden Verletzungen können
aufgenommen und behandelt werden: Schädel-Hirn-Traumen, Querschnittlähmungen ,
Mehrfachverletzungen, Amputationen, komplexen Handverletzungen, schweren bis schwersten
Verbrennungen und Bewegungsbeeinträchtigungen.
Im Rehabilitationszentrum Weißer Hof ist Gartentherapie ein Teil der Arbeitstherapie, gärtnerische
und therapeutische Ziele werden gesetzt. Die Gartentherapie unterteilt sich in die drei Bereiche:
Glashaus, Floristik und Therapiegarten. Der Patient soll motiviert werden seine körperlichen und
geistigen Fähigkeiten im Rahmen von gärtnerischen Tätigkeiten einzusetzen. Eine Funktionserhaltung
und -steigerung wird angestrebt, sowie soziale und psychologische Aspekte eingebunden werden.
8.2.3. Duft- und Tastgarten für Sehbehinderte und Blinde, Innsbruck
Im Sommer 1999 wurde auf dem Gelände des Botanischen Gartens in Innsbruck eine neue Abteilung
als „Duft- und Tastgarten” errichtet. Diese Anlage ist speziell für Sehbehinderte und Blinde adaptiert.
Etiketten in tastbarer Letternschrift und Braille-Schrift vermitteln sehbehinderten Personen gezielte
Informationen zu den kultivierten Pflanzen.
9. Regionaler Bezug
….“Denn ein schlechter Nachbar ist eine so große Plage, wie ein guter ein Segen ist." (Hesiod)
Anfangs hielt sich die Begeisterung der Nachbarn sicherlich in Grenzen. Doch mit Gesprächen und
Aufklärungsfoldern versuchten die MitarbeiterInnen der Emmaus – Gemeinschaft den zukünftigen
Nachbarn die Scheu von dem Neuen, dem Unbekannten zu nehmen. Somit war die Akzeptanz schon
gegeben, als die City – Farm 1997 gegründet wurde. In den Jahren entstand ein dickes Band – nach
dem Motto: Miteinander statt gegeneinander.
76
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
9.1. Freiwillige MitarbeiterInnen
Die City – Farm ist auf freiwillige MitarbeiterInnen angewiesen, die aus der näheren Umgebung
kommen sollten. Dabei ist es wichtig, dass diese über einen längeren Zeitraum (mind. 1 Monat) dieses
Amt übernehmen und nicht immer wieder neu eingeschult werden müssen. Da auf der City- Farm
selber gekocht wird, werden immer wieder Freiwillige für die Küche gesucht. Aber nicht nur freiwillige
Helfer sind auf der City – Farm herzlich willkommen, auch Praktikanten und Zivildiener werden
aufgenommen, wobei dieselben Anforderungen sind.
9.2. Betriebe zum Schnuppern
Die Gäste der Gruppe Arbeitstraining verlassen nach einem Jahr die City – Farm. In dieser Zeit ist es
wichtig, dass sie sich auch über ihre Berufswünsche im Klaren sind. So bieten Firmen in der
Umgebung für die Gäste Schnuppertage an. Es kann dadurch ein besser Überblick über die
Berufsvorstellung verschaffen werden.
9.3. Feste
Feste soll man Feiern wie sie fallen. So auch auf der City – Farm.
Besonders groß wird dabei das Erntedankfest gefeiert, ein Dankesfest für
Nachbarn, Politiker, Freiwillige Helfer, Sponsoren, ehemaligen Gäste und Leute aus der Region. Die
City – Farm hat dadurch die Möglichkeit sich neu zu präsentieren und die Gäste auf dem Fest können
so in ungezwungener Atmosphäre mit dem Nachbarn oder Geschäftspartner plaudern und sich
amüsieren. Das Fest ist ein Ort der Kommunikation und um neue Kontakte zu knüpfen.
Abb. 14: Erntedankfest
9.4. Bezug regionaler Lebensmittel
Die regionale Wirtschaft profitiert von der City – Farm, da versucht wird, Lebensmittel zur Versorgung
der Gäste in der Region einzukaufen. So wird beispielsweise Brot von einer Bäckerei bezogen, die
Eier von einem Landwirt. Lebensmittel die nicht selbst erzeugt oder vom Bäcker oder Landwirt
kommen, werden bei dem Großhandelsmarkt Metro eingekauft.
Produkte, die am Wochenende übrig geblieben sind, können von den Gästen und MitarbeiterInnen mit
nach Hause genommen werden oder / und werden an den Sozialmarkt in St. Pölten weitergegeben.
9.5. Dienstleistungen
Die City - Farm lebt nicht nur von öffentlichen Fördermitteln und Privatspenden, sondern bietet auch
vielfältige Dienstleistungen und Beratungen für Kunden in Gartenfachfragen an, und finanziert sich so
einen Teil der anfallenden Kosten selbst. Noch dazu ist es für die Gäste ein großer Gewinn, dass sie
im Rahmen der angebotenen Dienstleistungen auch außerhalb der City – Farm arbeiten können und
so Erfahrungen sammeln, was sich auf das Selbstwertgefühl der Gäste sehr positiv auswirkt.
Folgende Dienstleistungen werden von der City – Farm angeboten:
77
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Gartenpflege
Schnitt von Hecken, Sträuchern und Bäumen
Rasenmähen
Pflanzungen
Laubrechen (Herbstputz, Frühlingsputz)
Fachgerechtes Entfernen von Bäumen
Garten-Entrümpelung
Entsorgung von Grünabfällen
Kübelpflanzenüberwinterung
Hin- und Rücktransport der Pflanzen
Sorgfältige Betreuung, auf Wunsch auch Umtopfen
und andere Pflegemaßnahmen in beheiztem Glashaus(mit Versicherungsschutz bei Absterben
von Pflanzen)
Pflege von Grünanlagen
Laufende Betreuung der Außenbereiche von
Wohnhausanlagen, Betriebsgeländen
Kindergärten und Schulen
Betreuung von Gräbern
Regelmäßiges Gießen im Sommer
9.6. Vermietung von Räumlichkeiten
Es ist auf der City – Farm auch möglich, die Räumlichkeiten im Haupthaus fürs Wochenende oder
abends anzumieten. Dieses Angebot wird sehr gerne angenommen. So finden zurzeit Yoga, Qi Gong
und Singabende statt. Aber auch für Familienfeiern sind die Räumlichkeiten der City – Farm sehr gut
geeignet.
9.7. Entlastung der Angehörigen
Durch die City – Farm können die Angehörigen oftmals entlastet werden, da sie die betreffende
Person in guten Händen wissen. Sie werden dort bestmöglich betreut und gefördert.
9.8. Kontakte zu anderen Projekten in der Region
So besteht auch enger Kontakt mit anderen sozialen Projekten in der Region wie beispielsweise das
Frauenprojekt St. Pölten Affing, mit dem AMS und dem Verein Wohnen.
10. Diskussion
„Ist die City – Farm wirklich ein Projekt der Zukunft?“. Diese Frage sollte / dürfte gar nicht gestellt
werden. Immer wieder kommen Leute ohne eigenes Verschulden, in Notsituationen, in eine Notlage.
Manche kommen mit Schicksalsschlägen eher zu Recht, manche schwerer; manche stecken die
Schläge weg, verdrängen sie, andere bekommen davon Depressionen und finden keinen Weg zurück
ins Leben.
…und niemand ist geschützt davor, dass es einem nicht irgendwann in seinem Leben selber so ergeht.
So gesehen ist diese Institution ein großer Gewinn für die Region und für den Mensch.
Betrachtet man die City – Farm von der ökonomischen Seite, bewegt sich diese aber auf dünnem Eis.
Das Vorhandensein von Sponsorengeldern und Unterstützungen sichern im Moment die nahe Zukunft
der City- Farm.
Eine wichtige Frage ist, was passiert, wenn diese Unterstützungen eingestellt werden? Dies würde bei
der jetzt vorherrschenden Organisationsstruktur das Ende der City – Farm bedeuten.
Um dies zu vermeiden, sind für den schlimmsten Fall Lösungsansätze gefragt.
78
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
Sinnvoll wäre ein sicheres Zusatzeinkommen, um eine größere finanzielle Unabhängigkeit zu schaffen.
Beispielsweise eine zusätzliche Arbeitsgruppe, die sich nur um die Vermarktung der hauseigenen
Bioprodukte kümmert.
Eine arbeitsextensive Tierhaltung in kleinerem Umfang könnte auch ein interessanter Aspekt sein.
Dazu zählen unter anderem die Mutterkuhhaltung, Fischzucht, Lämmermast oder die Hühnerhaltung.
Einer Verwirklichung dieser Vorschläge benötigt weitere marktwirtschaftliche Forschungen, finanzielle
Mittel und eine Portion an Mut zum Handeln.
Aber diese Lösungsansätze könnten ein Schritt zu mehr Unabhängigkeit sein, und die City- Farm
könnte aus eigener Kraft überleben.
11. Zusammenfassung
Die City – Farm ist eine Bereicherung für die Region. Es wird versucht, benachteiligten Menschen wird
wieder ein Sinn in ihrem Leben zu geben. Dies sind oft Menschen, die aus der unmittelbaren
Umgebung stammen. Durch ihre Anwesenheit, ihre Zuversicht, ihren Mut bereichern sie sicher auch
die Mitmenschen, die mit ihnen zusammenarbeiten dürfen.
Aber auch durch die Dienstleistungen, die von der City-Farm angeboten werden, sind die Gäste des
Projektes der Region eine große Hilfe. Es kommt jemand mit fachlichem Wissen vorbei, um den
Garten zu hegen, zu pflegen, gibt Pflegetipps ab, und schneidet fachgerecht die Bäume und Sträucher.
Ebenso ist die Kübelüberwinterung eine sehr gute Idee, eigentlich sogar eine ausbaufähige
Marktnische. Denn wohin mit den großen Pflanzen im Winter? Im Garten oder im Geräteschuppen ist
es im Winter zu kalt, und sie würden erfrieren.
Das Erntedankfest ist ein großes Highlight der Region. Jedermann ist eingeladen. Auch für Nachbarn,
Geschäftsfreunde, Sponsoren ein schöner Anlass ohne Zwang und Druck sich unterhalten und
amüsieren zu können…
Dass die Gäste mit Pflanzen, mit der Natur arbeiten, ist ein großer Pluspunkt der City - Farm. Damit
eine Pflanze gedeiht und wächst, später einmal Früchte bringt, muss sie gehegt und gepflegt werden.
Der Erfolg dieser mühevollen Arbeit ist jedoch oft schon in wenigen Monaten sichtbar und so
verbuchen die Gäste sehr schnell Erfolgsmomente und Erfolg stärkt bekanntlich das
Selbstbewusstsein. Bei den körperlichen Tätigkeiten im Garten und bei Kraftakten wie beim
Holzhacken können Emotionen ausgelebt werden. Die Gäste lernen dadurch mit ihren Aggressionen
umzugehen, und die Arbeit dient als Ventil.
Die Gäste investieren Zeit und Energie in die Natur, um diese in Form von körperlicher und geistiger
Stabilität zurückzubekommen und einen Blick für das schöne und wertvolle im Leben zu bekommen.
„Geringe Dinge zu tun ist nie lächerlich. Lieber eine kleine Geste und eine bescheidene Aktion
als ein großer Traum, der nie verwirklicht wird." (Abbe Pierre)
12. Literaturverzeichnis
BROCKHAUS F.A. (1997): Der Brockhaus in fünfzehn Bänden - Band 14, Verlag F.A. Brockhaus
GmbH, Leipzig-Mannheim.
HOTWAGNER Birgit; (s.a.)www.oeaz.at/zeitung/3aktuell/2002/04/info/info04_2002symp.html
(18.01.2009)
KETTNER Judith Barbara (2001): Gartentherapie - Therapiegärten für geriatrische Patienten,
Diplomarbeit an der Universität für Bodenkultur Wien.
NEUHAUSER Fritz (s.a.): 7er Gartl. http://www.wienkav.at/kav/texte_anzeigen.asp?ID=25153 (am
18.01.2009)
NIEPEL Andreas, EMMRICH Silke (2005): Garten und Therapie – Wege zur Barrierefreiheit, Verlag
Eugen Ulmer GmbH, Stuttgart
79
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
http://www.emmaus.at/
de.wikipedia.org/wiki/Emmaus
Links zu den vorgestellten Therapiegärten:
Duft- und Tastgarten für Sehbehinderte und Blinde, Innsbruck http://botany.uibk.ac.at/botgarden/garten/index.html
Therapiegarten Weisser Hof in Klosterneuburg http://www.auva.at/rzweisserhof
Geriatriezentrum am Wienerwald http://www.wienkav.at/gzw/
13. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Emmaus Logo
Abb. 2: Emmaus Gründer: Abbe Pierre
Abb. 3 City – Farm Logo
Abb. 4: Baumschnitt
Abb. 5: Beim Kochen
Abb. 6: Jungpflanzen setzen
Abb. 7: Entwurf City - Farm
Abb. 8: Erdhaus
Abb. 9: Acker
Abb. 10: Glashaus
Abb. 11: Folientunnel
Abb. 12: Streuobstanlage
Abb. 13: Im Therapiegarten
Abb. 14: Erntedankfest
80
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
C.2 Erster tiergestützter Bauernhofkindergarten in Oberösterreich
– von Elisabeth DIRNBERGER, Sandra WIESINGER
Abstract
Der Franzlhof in Pregartsdorf / Oberösterreich ist der erste Bauernhof-Kindergarten österreichweit.
Bettina Haas und ihr Ehemann erbauten einen Kindergarten im „Einklang mit Natur und
Landwirtschaft“. Im Vordergrund stehen Erlebnisse auf dem Bauernhof mit vielen verschiedenen
Tieren und der Natur. Kinder sollen hier nicht nur eine schöne und erlebnisreiche Zeit verbringen,
sondern auch gerüstet werden für ihre Zukunft.
In dieser Seminararbeit wurde der
Franzlhof genauer unter die Lupe genommen und Vor- und
Nachteile eines Kindergartens am Bauernhof wurden eruiert.
Die Ergebnisse der Arbeit zeigen die gute Kombinierbarkeit zwischen Kindergarten und Bauernhof.
Nicht nur die Kinder profitieren, sondern auch Familie Haas, ihre Mitarbeiter und die unmittelbare
Region. Mögliche Nachteile wie bürokratische Hindernisse, Finanzierbarkeit oder die Akzeptanz
dieses Projekts in der Region sind vor der Realisierung auf jeden Fall genau abzuwägen.
81
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
83
1.2. Ziele des Projektes ......................................................................................................................... 83
1.2. Pädagogisches Konzept................................................................................................................. 84
1.2.1. Das Kind im Kindergarten ....................................................................................................... 85
1.2.2. Entwicklung des Kindes am Bauernhof-Kindergarten............................................................. 86
2. Forschungsfrage
3. Methoden
4. Ergebnisse
87
87
88
4.1. Der Franzlhof.................................................................................................................................. 88
4.2. Das Projekt ..................................................................................................................................... 90
4.2.1. Bauernhof-Kindergarten .......................................................................................................... 90
4.2.2. Sonstiges Angebot .................................................................................................................. 91
5. Diskussion
6. Schlussfolgerungen
7. Zusammenfassung
8. Literatur- und Quellenverzeichnis
82
92
94
95
96
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
1. Einleitung
„Man muss schon zweihundertprozentig hinter einem Projekt wie diesem stehen, damit man nicht an
den vielen Stolpersteinen scheitert, die einem die Bürokratie in den Weg legt“, meint Bettina Haas, die
gemeinsam mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und den Schwiegereltern ihre ganze Energie in den
Kindergarten gesteckt hat.
Am Franzlhof sollen die Kinder im naturbelassenen Umfeld des Bauernhofes spielerisch lernen,
Verantwortung übernehmen und sanft auf das spätere Schulleben vorbereitet werden, indem sie aktiv
am Leben am Bauernhof teilnehmen. „Nicht Bilderbuchromantik, sondern Realität“ wird den Kindern
zusätzlich zum normalen Kindergartenprogramm geboten, z.B. sehen die Kinder, wo die Milch für den
Kakao herkommt, und dass Äpfel nicht im Supermarkt wachsen.
Ein Kindergarten am Bauernhof ermöglicht Kindern Einblicke in die Landwirtschaft und Kontakt zu
Tieren und Natur. Die Bio-Landwirtschaft bietet hier eine Vielzahl an Möglichkeiten. Lebendiges,
lebensnahes Lernen vor Ort wird gefördert. Kinder haben unter anderem die Chance den artgerechten
Umgang mit Tieren zu erlernen und zu erleben, was es bedeutet, für ein anderes Lebewesen die
Verantwortung zu übernehmen. Es stellt sich die Frage, wie wichtig es ist, Kindern eine derartige
Betreuung zu bieten.
1.2. Ziele des Projektes
Im Folgenden werden wir Ziele auflisten, die direkt oder auch indirekt von einer solchen
pädagogischen Einrichtung ausgehen, die verfolgt werden und die man auch erreicht. Es geht nicht
nur darum im engsten Sinn die Kinder zur Natur zurück zu bringen und ihnen einen guten Start in ihr
späteres Leben zu geben, sondern im weitesten Sinn auch um die sozialen Strukturen, die stark
beeinflusst werden. Mit sozialen Strukturen sind gemeinsame Aktivitäten gemeint, wie zum Beispiel
das gemeinsame essen zu Mittag oder das gemeinsame feiern diverser Feste im Jahreskreis.
So dient ein Projekt wie dieses nicht nur als Einkommensquelle, sondern auch als Faktor, der ein
weiteres Abwandern von Familien aus dem ländlichen Raum verhindern kann. Durch eine Erhöhung
solcher
Angebote
können
laut
wissenschaftlichen
Forschungsarbeiten
sogar
Einwohner
hinzugewonnen werden.
Weitere Ziele eines Kindergarten-Bauernhofes sind:
♦ Die Ermöglichung von Umwelt-, Tier- und Naturerlebnisse, die sich positiv auf die gesamte
Entwicklung der Kinder auswirken.
♦ Die Abdeckung der „gesellschaftlichen Bedürfnisse“, indem Kinder das Leben und Arbeiten
auf einem Bauernhof und den Umgang mit Tieren unter professioneller und kompetenter
Betreuung kennen lernen.
83
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
♦ Die bedürfnisorientierte Betreuung und Förderung der Kinder in einer familienähnlichen,
kinderfreundlichen und naturnahen Umgebung. Das kindergerechte Angebot orientiert sich
am Jahreskreis und am Ablauf des Bauernhofs und berücksichtigt jahreszeitliche
Höhepunkte in Form von Festen und Feiern (Brauchtum und Rituale) im ländlichen Raum.
♦ Die Möglichkeit eines Zuerwerbs für LandwirtInnen im Bereich ihrer angestammten
Möglichkeiten, sofern die persönlichen, familiären und arbeitswirtschaftlichen Umstände eine
Kinderbetreuung ermöglichen.
♦ Der
Bedarf
an
flexibler
Kinderbetreuung
in
Ballungsräumen
oder
größeren
Siedlungsgebieten ist bekannt. Durch gesellschaftliche Veränderungen ergeben sich auch
ähnliche Bedürfnisse in kleineren Orten mit ländlicher Struktur. Gerade in ländlichen
Gebieten, wo das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen oftmals nicht vorhanden ist, ist die
Stärkung flexibler Kinderbetreuung notwendig.
♦ Durch Erhöhung der Attraktivität des ländlichen Raumes für Eltern, Kinder und BäuerInnen,
wird der Abwanderung bzw. Landflucht auf beiden Seiten nachhaltig entgegengewirkt.
Abbildung 5: Pregarten, Wiesinger S.
1.2. Pädagogisches Konzept
Eine wichtige Aufgabe der Naturpädagogik besteht darin, Kindern die Möglichkeit für phantasievolle,
ausgedehnte und faszinierende Naturbegegnungen zur ermöglichen. „Naturerfahrungen fördern die
gesunde Entwicklung von Kindern“ (KALFF, 1995, s.p.).
Säuglinge und Kleinkinder erkunden krabbelnd die Umwelt, entdecken Neues und sammeln neue
Erfahrungen. In der Auseinandersetzung mit der dinglichen (Material, Dinge) und personellen
(Menschen) Umwelt erobert sich ein Kind seinen unmittelbaren Erfahrungsraum. „Greifen“ kommt vor
„Begreifen“ und die Hand muss erst „handeln“, damit später ein Problem „behandelt“ werden kann
(KALFF, 1995, s.p.).
84
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
„Alles, was wir einem Kind beibringen, kann das Kind nicht mehr lernen.“ (Piaget)
Kleinkinder lernen durch Erfahrung in Form von Wiederholungen, Umgebung erforschen und Raum
erkunden. Nicht nur die körperliche sondern auch die intellektuelle Entwicklung und damit das Lernen
sind eng mit Bewegung verknüpft. Immer wiederkehrende Elemente und eine Rhythmisierung des
Alltags vermitteln dem Kind ein Gefühl der Sicherheit in seinem Tun.
1.2.1. Das Kind im Kindergarten
Das Kind kommt erstmals aus dem Schutz der Familie in Kontakt mit anderen Kindern, muss anderen
Erwachsenen gehorchen, die wie seine Eltern Ge- und Verbote erteilen, Regeln aufstellen, Schutz
und Hilfe anbieten. Es muss sich in Gesellschaft von anderen Kindern ein- und unterordnen, neue
Regeln befolgen, Beziehungen eingehen, Freunde finden oder auch nicht. Der Kindergarten ergänzt
die Lernmöglichkeiten, die in den Familien heute sehr oft aus zeitlichen Gründen kaum mehr möglich
sind.
Psychologische Entwicklung (4.-5. Lebensjahr)
Meilensteine: Initiative – Spiel – Ablösung – Wissen – Lernen – Medien
Das Spiel mit anderen gewinnt immer mehr an Bedeutung und somit auch der Vergleich mit anderen
Kindern. Das Kind lernt, sich in andere hineinzufühlen und bewegt sich somit weg vom bis jetzt noch
vorherrschenden Egozentrismus. In dieser Zeit der ersten Ablösung können immer wieder regressive
Phasen auftreten, weil das Kind aufgrund seiner Trauer und Ängste in Krisensituationen in bereits als
überwunden gegoltene Verhaltensweisen zurückfällt. Die Entwicklung in Richtung Selbständigkeit
setzt sich fort, Entdeckungsfreude und Forschungslust herrschen vor. Das Frage- und Antwortalter
setzt ein, die Kinder sind sehr wissbegierig und neugierig. Fantasie und Realität werden aber noch
sehr oft (unbewusst) vermischt (HECKMAIER, 1993, s.p.).
Die Ziele von Naturerfahrungsspielen sollen dazu dienen, die Wahrnehmung zu schärfen und die
Vielfalt und Schönheit der Natur ganz bewusst zu erleben, um die eigene Beziehung zur Natur später
zu spüren oder vielleicht auch erst zu gewinnen. Viele dieser Übungen haben mit Ruhe, Konzentration
und Beschaulichkeit zu tun. Oft passiert dies durch Ausschalten unseres Hauptsinnes, dem Auge, um
anderen Sinnen den direkten Kontakt und damit eine bewusstere Wahrnehmung zu ermöglichen. Die
Natur bietet eine Unzahl an Materialien, Formen und Farben, die sich für kreatives Entfalten bestens
eignen.
85
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
1.2.2. Entwicklung des Kindes am Bauernhof-Kindergarten
Folgende Aspekte werden im Spiel angeregt, entwickelt und vor allem durch die Erfahrungen auf
einem Bauernhof verbessert:
Sensomotorik
Wahrnehmen und Begreifen. Durch Auseinandersetzung mit verschiedenen Materialien wie Holz,
Stein, Erde oder Wasser werden Sinnessysteme angeregt, neue Bewegungsmuster ausgebildet und
somit das Bewegungsrepertoire erweitert (W EBER, 2005, 11).
Körperbeherrschung, Körperschema
Erleben und Spüren des eigenen Körpers, Kenntnis des eigenen Körpers als „Raum“ (wo beginnt
mein Körper, wo hört er auf; räumliche Begriffe wie oben, unten, hinten…) gewinnen (W EBER, 2005,
11).
Hierbei helfen wieder ganz natürliche Gegenstände wie Baumstämme, am Boden liegende Äste und
Steine etc.
Denken
Durch Versuch und Irrtum lernt das Kind schrittweise einzelne Bewegungen zu planen und zu
komplexeren
Handlungen
zusammenzusetzen.
Es
erweitert
somit
seine
Handlungs-
und
Planungsfähigkeit und schafft die Voraussetzung, um kognitive Strukturen und Denkvorgänge
auszubilden (W EBER, 2005, 11).
Sachkompetenz
Das Kind lernt über Ausprobieren und erhält eine positive Bestätigung über erfolgreich getätigte
Handlungen. Es erfährt Sicherheit, Willenskraft und Ausdauer um neue Situationen selbstbewusst zu
entdecken (W EBER, 2005, 11).
Phantasie
Durch
Variationen
mit
unterschiedlichen
Materialien,
das
heißt
Erfinden
von
neuen
Einsatzmöglichkeiten, wird Kreativität angeregt, welche wiederum als wichtiger Baustein für die
kognitive Entwicklung gesehen wird (W EBER, 2005, 11).
„Weniger ist oft mehr“ – so wird darauf geachtet, dass Kinder ihr Spielzeug zum Teil selbst suchen.
(Tannenzapfen, Rinde, Äste, usw.)
Erleben von Gefühlen
Das Kind arbeitet Erlebtes und Vergangenes auf. Spiel dient ihm als Medium der Äußerung und
unbewussten Verarbeitung von Konflikten und verhilft zum konkreten Erleben innerer Vorgänge.
(W EBER, 2005, 11).
86
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
Umweltbewusstsein
Die Ausbildung des Umweltbewusstseins, welches eine wertschätzende, achtsame und nachhaltige
Haltung gegenüber der Natur und Umwelt schafft, muss schon in der frühen Kindheit erfolgen. In
diesem Alter ist der Mensch einerseits durch sein Wesen und andererseits durch die Eigenschaft, sich
an einfachen Elementen begeistern zu können, offen für alles (W EBER, 2005, 11).
Umweltbewältigung
Das Kind lernt, in die Umwelt gezielt einzugreifen, sich anzupassen und sie zu benutzen. Es kann
mögliche Reaktionen voraus ahnen und Gefahren einschätzen.
Sozialkompetenz
Durch Hantieren mit Material und Einnehmen von verschiedenen Rollen bekommt das Kind Hilfsmittel
um die Auseinandersetzung mit anderen Menschen spielerisch zu lernen. (HECKMAIR, 1993, s.p.).
„Sagst du es mir, vergesse ich es,
zeigst du es mir, so merke ich es mir vielleicht,
lässt du mich teilhaben, so behalten ich es.“
Konfuzius
2. Forschungsfrage
Die zentrale Forschungsarbeit dieser Seminararbeit betrifft die alternativen Möglichkeiten der
Kinderbetreuung in Verbindung mit biologischer Landwirtschaft. Besonders hervorgehoben wird der
„Bauernhofkindergarten Franzlhof“.
Ziel dieser Seminararbeit ist, zu eruieren, warum es wichtig ist, Kinder wieder vermehrt zur
Landwirtschaft und zur Natur zu führen. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt des Interesses:
Welche Zusammenhänge gibt es zwischen Pädagogik und ökologischer Landwirtschaft? Welche
Werte werden den Kindern hierbei vermittelt?
3. Methoden
Die Projektdaten wurden mit Hilfe von Sekundär- und Primärdatenerhebungen gesammelt. Während
der sekundären Datenerhebung versuchten wir ausgewählte Literatur in Bibliotheken sowie im Internet
zu finden. Dabei wurde vor allem auf den aktuellen Bezug der Landwirtschaft auf die Pädagogik
geachtet. Die Primärdaten wurden sowohl durch die Methode der Beobachtung als auch durch
qualitative Interviews gewonnen. Die Beobachtung erfolgte direkt am Bauernhofkindergarten Franzlhof
in Pregartsdorf/Pregarten. Weiters wurden Daten, die durch Sekundärliteratur nicht abzudecken sind,
mit Hilfe des problemzentrierten Interviews gewonnen. Dieses sieht einen Interviewleitfaden vor, der
als Gedankenstütze eine offene Interviewsituation erzeugt (FLICK, 2007, 210). Neue Fragen und
Themen können während der Interviewsituation eingebracht werden und führen daher zu einem
breiteren Verständnis als dies bei einem standarisierten Interview oder Fragebogen möglich ist (vgl.
87
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
FLICK, 2007, 194). Um die Daten der Interviews auswerten zu können, wurden sie wörtlich
transkribiert (MAYRING, 1996, 68) Anschließend wurden die Transkripte bearbeitet und ausgewertet.
4. Ergebnisse
Durch große mediale Präsenz in diversen regionalen Wochenzeitungen und in „Zeit im Bild
Oberösterreich“ wurden wir auf das Projekt von Frau Bettina Haas in Pregartsdorf bei Pregarten in
Oberösterreich aufmerksam gemacht. Sie gilt als Pionierin auf diesem Gebiet und beschreibt ihr
Projekt so: „Ich habe meine Vision verwirklicht und einen Kindergarten ins Leben gerufen, der in
Oberösterreich einzigartig ist. Ein Kindergarten der vereint, was meines Erachtens zusammengehört,
nämlich Kinder, Tiere und Natur.“
4.1. Der Franzlhof
Der biologisch geführte Franzlhof liegt etwas außerhalb der Stadt Pregarten im Mühlviertel. 2003
übernahmen Johannes und Bettina Haas den Betrieb. Der 36-jährige Bauer ist Fahrdienstleiter bei der
ÖBB. Er absolviert derzeit den Meisterkurs in der BBK Freistadt. Das Ehepaar hat drei Kinder
zwischen neun Jahren und zehn Monaten.
Der Betrieb besteht aus 13 ha Grünfläche und 12 ha Wald. Zudem wird Österreichs größte
Heidschnuckenzucht mit rund 40 Mutterschafen, einem Bock und einigen Tieren aus der Nachzucht,
dort betrieben. Die Landwirtschaftlichen Nutzflächen bieten sich dazu sehr gut an.
Biologische Heidschnuckenzucht
Die Heidschnucken gehören zu den drei ältesten Schafrassen, es handelt sich um eine harte,
genügsame Rasse mit einer Vorliebe für besonders raues Futter. Das Fleisch hat einen
hervorragenden, wildähnlichen Geschmack.
Der Franzlhof bietet Zuchttiere für den Zuchtaufbau aber auch für die Weidehaltung an. Weiters wird
auch das qualitativ sehr hohe Biolammfleisch vom Franzlhof vertrieben.
Das Lamm kann als ganzes, als 1/2 Lamm, zerlegt in die Teile (Schlögel, Schulter, Kotlett, Hals,
Rippen) bzw. für kleinere Abnehmer, gemischt in den oben genannten Teile, als 1 Kilo Packungen
erworben werden (HAAS, 2008).
Jeder Kunde, der zum ersten Mal Heidschnuckenfleisch vom Franzlhof bezieht, erhält zusätzlich ein
selbst zusammengestelltes Kochrezeptbuch, indem auf die spezielle Zubereitung des Qualitätsfleischs
hingewiesen wird (HAAS, 2008).
88
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
Neben den Heidschnucken leben auf dem Biohof noch 5 Mini-Shetlandponies, eine HaflingerWarmblutstute, 2 Lamas, einige Kaninchen, Hühner, Katzen und ein Hund. Viel Abwechslung also für
die Kinder.
Abbildung 6: Pregarten, Wiesinger S.
Der junge Mensch braucht deshalb seinesgleichen, nämlich Tiere, überhaupt Elementares, Wasser,
Dreck, Gebüsche, Spielraum.
Man kann ihn auch ohne das alles aufwachsen lassen, mit Teppichen,
Stofftieren oder auch asphaltierten Straßen und Höfen.
Er überlebt es – doch man soll sich nicht wundern,
wenn er später bestimmte soziale Grundleistungen nie mehr lernt,
z.B. ein Zugehörigkeitsgefühl zu einem Ort und Initiative.
Um Schwung zu haben, muss man sich von einem festen Ort abstoßen können,
ein Gefühl der Sicherheit erworben haben.
(MITSCHERLICH, 1965)
89
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
4.2. Das Projekt
4.2.1. Bauernhof-Kindergarten
Auch vor ihrer Tätigkeit als Kindergartenleiterin auf ihrem eigenen biologisch geführten Bauernhof
arbeitete Frau Haas bereits als Klein- und Kindergartenpädagogin. Um ihrem Traum ein Stück näher
zu kommen, beschloss sie weitere Ausbildungen zu machen.
Sie
wurde
beim
dritten
Universitätslehrgang
„Tiergestützte
Therapie
und
tiergestützte
Fördermaßnahmen“ aufgenommen und schloss diesen 2007 ab. Ihre Abschlussarbeit heißt „Eine
Vision
wird
verwirklicht“
und
beschreibt
auf
über
70
Seiten
den
ersten
tiergestützten
Bauernhofkindergarten in Oberösterreich. Zudem ist sie bundeszertifizierte reitpädagogische
Betreuerin.
Mit diesen Voraussetzungen konnte sie ihr Projekt in Angriff nehmen, denn nur so konnte sie immer
wieder argumentieren, wie wichtig dieses pädagogische Projekt für Kinder sein wird.
Im Herbst 2008 öffnete nun der Bauernhofkindergarten, mit einer Fläche von 240 m², endlich seine
Pforten. Geplant war eine Gruppe von ungefähr 16 bis 18 Kindern, doch wie vieles im Leben braucht
auch ein solch umfangreiches Projekt eine Anlaufphase die auf keinen Fall entmutigend für Fr. Haas
wirkt. 11 Kinder starteten also ihr Kindergartenjahr am Franzlhof. Zudem gibt es noch zwei
Spielgruppen für Babys ab dem Alter von sieben Monaten.
Für die Kinder stehen zwei liebevoll eingerichtete Räume zur Verfügung, die Frau Haas eigens
geplant hat. Für sie stand das „Wohlfühlen“ im Mittelpunkt und mit viel Liebe zum Detail entstand ein
wunderschöner Kindergarten. Hauptmaterial ist Holz, das man in allen Räumen wieder findet. Im
Vergleich zu anderen Kindergärten wirkt es nahezu paradiesisch, vor allem für die Kinder auf dessen
Körpergröße alles abgestimmt wurde. Nicht nur die schöne Puppenküche und die gemütlichen
Jausenplätze (siehe
Abbildung 7: Pregarten, Wiesinger S.) sind viel kleiner als normal. Auch die Fenster und Fensterbänke
und die Arbeitsfläche in der Küche wurden auf die Bedürfnisse der Kleinen abgestimmt.
Aus dem Fenster hat man Blick auf die Weiden der Tiere, auf das Kaninchendorf im Sommer und
auch auf die schneebedeckten Wiesen im Winter. Das lädt zum Träumen ein und motiviert die Kinder
jeden Tag aufs Neue, nach draußen zu gehen und die Welt zu entdecken. Anders als herkömmliche
Kindergärten besitzt der Franzlhof auch keinen Turnsaal, denn laut Bettina Haas ist ein solcher nicht
nötig. „Wozu einen Turnsaal bauen, wenn wir jeden Tag draußen sind, wenn wir Bäume zum klettern
benutzen und Wiesen zum Ballspielen.“
90
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
Abbildung 7: Pregarten, Wiesinger S.
4.2.2. Sonstiges Angebot
Neben der Heidschnucken-Zucht, den Spielgruppen für 1- bis 3-jährige Kinder und dem Kindergarten
ab 3 Jahren bietet der Franzlhof viele weitere attraktive Angebote an:
Tiergestützte Therapie
Hierunter versteht man den gezielten Einsatz eines Tieres, um positive Effekte auf das körperliche
und seelische Befinden eines Menschen zu erreichen. Die tiergestützte Therapie wird häufig bei
psychischen oder neurologischen Erkrankungen eingesetzt, um positive Effekte auf die Lebensqualität
der Patienten zu erzielen.
Pädagogisches Reiten
Mit Hilfe von Pferden wird Kindern spielerisch Verantwortung übertragen. Kinder lernen den
liebevollen Umgang mit Pferden und bauen ihr eigenes Selbstvertrauen damit auf. Pädagogisches
Reiten wird am Franzlhof für Kleingruppen, aber auch als Einzelunterricht für Jung und Alt (Einstieg in
den Reitsport) angeboten.
Geburtstagsfeiern
Bei den Kindergeburtstagen am Franzlhof werden die Spiele und das Rahmenprogramm auf ein frei
wählbares Thema abgestimmt. Zur Auswahl stehen hier: Indianer-, Pony-, Pferde- oder
Bauernhofgeburtstag. Bettina Haas und ihr Team gestalten die gesamte Feier, sodass es keiner
weiteren Planung mehr bedarf.
Lama Trekking
In freundlicher Lama-Begleitung werden diverse Wanderungen und Ausflüge in Gruppen
unternommen.
91
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
5. Diskussion
Kind und Natur – „Pädagogik am Bauernhof“
„Kindheit heute ist Stadtkindheit, eine Kauf- und Verbraucherkindheit, eine Spielplatzkindheit, eine
Verkehrsteilnehmerkindheit. Ihr fehlen elementare Erfahrungen: ein offenes Feuer machen, ein Loch
in die Erde graben, auf einem Ast schaukeln, Wasser stauen, ein großes Tier beobachten, hüten,
beherrschen. Das Kind kann sich Bewährung und Risiko nur einbilden oder erlisten: durch Zerstörung
und mutwilligen Verstoß gegen die Regeln, die Erwartungen, die Vernunft“ (HENTIG, 1971, 33f).
Die in Fachkreisen als Naturpädagogik bzw. Umweltbildung anerkannte Disziplin hält immer mehr
Einzug in schulische sowie in sozial-, als auch in freizeitpädagogische Einrichtungen. Beispielsweise
ist die Umweltbildung seit 1979 eine von mehreren Unterrichtsprinzipien im österreichischen
Schulwesen.
Naturbezogene Pädagogik ist eine ganzheitliche Begegnung mit der Natur, ein Versuch, unsere Natur
als Handlungsraum wahrzunehmen und diese spielerisch zu entdecken und zu erfahren. Sie gibt uns
den Raum und Anregung für selbst gesteuerte Erfahrungs- und Bildungsprozesse.
Der Mittelpunkt des Interesses sind das Leben selbst und die Liebe zur belebten und unbelebten
Natur. Für Kinder bewährt sich eine nach und nach vertiefende Begegnung mit der Natur, weil wir
Kinder da abholen müssen, wo sie mit ihren Naturerfahrungen stehen. Nur so können sie die
Intensität der Naturbegegnung selbst bestimmen.
Ziel ist es, dem Menschen die Auswirkungen seines Handelns auf die Mitwelt bewusst zu machen,
das heißt über sein Handeln zu reflektieren, um auch für die folgenden Generationen nachhaltig
Lebensqualität zu sichern.
Vergleicht man einen herkömmlichen Kindergarten mit einem Kindergarten am Bauernhof, werden
wohl auf beiden Seiten gewisse Vorteile und Nachteile zu beobachten sein. Diese Vor- und Nachteile
konnten wir in Folge des Interviews mit Frau Haas und durch diverse Sekundärliteratur (siehe
Literaturverzeichnis) sammeln.
Vorab zu den Nachteilen eines Kindergartenbauernhofes:
♦ Schon bei der Planung des Projekts wurden Frau Haas von Seiten der Bürokratie
Stolpersteine in den Weg gelegt. Bis dato gab es in Österreich kein vergleichbares
Förderprojekt. Somit mussten erst Richtlinien geschaffen werden, was den Projektstart
verzögerte.
92
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
♦ Durch die Einzigartigkeit des Projekts wurde jeder Schritt mit Argusaugen bewacht und Frau
Haas musste sich für viele Entscheidungen und Tätigkeiten rechtfertigen.
♦ Laut Bettina Haas gibt es Eltern, die eventuell nicht damit zu Recht kommen, dass ihr Kind
an manchen Tagen schmutzige, stinkende Kleidung trägt, wenn es nach Hause kommt.
♦ Von einigen Eltern wird auch die Verletzungsgefahr als zu hoch eingestuft, denn die Kinder
üben sich fleißig am Klettern und Toben.
♦ Beim Franzlhof kommt speziell hinzu, dass es keinen Bus gibt, der die Kinder zum
Kindergarten und wieder nach Hause bringt. Die Eltern müssen sich selbst täglich um den
Transport kümmern.
Hier nun zu den positiven Aspekten eines Kindergarten-Bauernhofs:
♦ Die kleinen Gruppen garantieren familiäre Atmosphäre.
♦ Die Betreuungsperson kann optimal auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingehen.
♦ Das Leben in einer Bauernfamilie bietet für Kinder eine neue soziale Erfahrung. Hier leben
häufig noch mehrere Generationen unter einem Dach (Mehrgenerationenfamilien).
♦ Das Erleben der Natur, der Kontakt und die Vertrautheit mit Tieren und der Pflanzenwelt sind
wichtige Bausteine für die Entwicklung und Zukunft der Kinder und wirken sich positiv aus.
♦ Dem Drang zur Bewegung, Entdeckung, Erlebnis und Spiel kann durch die natürlichen
Lebensräume und den besonderen Gegebenheiten am Bauernhof entsprochen werden.
♦ Die natürlichen Lebensräume auf dem Bauernhof bzw. in der Natur mit den vielfältigen
Strukturen für Bewegungsübungen können hier gezielt genutzt werden.
♦ „Das Kind entwickelt durch erbrachte motorische Leistungen Vertrauen zu sich selbst und
bildet ein positives Selbstbewusstsein aus. Beides sind Grundlagen für eine eigenständige
Lebensführung und für die Übernahme von Verantwortung“ (W EBER, 2005, 10).
♦ Die natürlichen Lebensräume wie Wald, Wiesen, Hecken, Wasser, Wind und Wetter
ermöglichen für die Kinder eine optimale Form der Betreuung und die Förderung der
Wahrnehmung mit allen Sinnen.
♦ Die Anregung für die Phantasie und Kreativität durch Umgang mit natürlichen Materialien.
♦ Die Kinderbetreuung orientiert sich am Jahreskreis und dem Tagesablauf am Bauernhof und
berücksichtigt jahreszeitliche Höhepunkte in Form von Festen und Feiern (Brauchtum,
Rituale) im ländlichen Raum.
♦ Das Umfeld rund um den Bauernhof mit seinen Besonderheiten der Natur, Tier- und
Pflanzenwelt gibt den Kindern Kraft, Ruhe und Ausgeglichenheit.
♦ Kinder haben im bäuerlichen Umfeld nicht nur ein gesundes Essen (am Hof produzierte
Lebensmittel), sie erleben Tischkultur als Ausdruck von Gemeinschaft und Lebensfreude.
♦ Durch gut schmeckende Jausen (Bauernbrot, Butter, Käse, Aufstrich), frischem Obst und
Gemüse, Milch und natur belassenen Getränken kann die Verbindung zum Bauernhof als
Ursprungsort der Lebensmittel hergestellt werden. Die Kinder haben die Möglichkeit den
93
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Weg von bäuerlichen Lebensmitteln kennen zu lernen und damit auch die Wertschätzung
der selbst produzierten Lebensmittel auf dem Bauernhof zu stärken.
♦ Der Kontakt mit Natur und Tier ermöglicht nachhaltige Erfahrungen für die Kinder. Sie
entwickeln durch den Umgang mit Natur und Tier wichtige Eigenschaften wie Respekt und
Toleranz, die sie mit in ihr weiteres Leben nehmen.
♦ Kinder lernen die Natur kennen und schätzen. Somit haben sie im Leben eher die Motivation
zu umweltgerechtem Verhalten.
Aufgrund der Ergebnisse aus der Literaturrecherche und dem Besuch am Franzlhof, konnten wir
feststellen, dass ein Kindergartenbauernhof absolut förderlich für Kinder ist. Die Kinder haben hier die
Möglichkeiten, auf spielerischer Weise den Umgang mit Tieren zu lernen. Hier lernen sie bereits,
Verantwortung zu übernehmen. Auf der anderen Seite können sie hier „Kind sein“, sie dürfen draußen
in der Natur im Matsch spielen oder auf Bäume klettern.
Allerdings muss erwähnt werden, dass diese „Idylle“ mit harter Arbeit verbunden ist. Nicht nur die
Umsetzungsphase birgt Schwierigkeiten in Form der Bürokratie sondern auch der Alltag ist mit
Problemen behaftet. Frau Haas widmet sich in jeglicher Hinsicht ihrem Kindergarten und den zu
betreuenden Kindern. Zeit für das Privatleben kommt oft zu kurz, da der Kindergarten als einzige
Einnahmequelle nicht möglich wäre. Somit ist ersichtlich, dass ein Projekt in diesem Ausmaß einer
gründlichen Überlegung und Planung bedarf.
6. Schlussfolgerungen
In der Natur finden Kinder viele wertvolle Entdeckungs- und Erfahrungsräume, die mit ihren
vielfältigen Reizen die Sinne, die Körperwahrnehmung und den Verstand anregen. Für die gesunde
Entwicklung jedes Menschen ist „Natur“ von großer Bedeutung. Für die psychische Entwicklung, das
Immunsystem, die Bewegungsschulung und ähnliches. sind unmittelbare Naturbegegnungen wichtig.
Naturerfahrung basiert auf dem Motto: „Nur was wir kennen, sind wir auch bereit zu schützen“.
Damit einher geht ein direkter und intensiver Kontakt mit der Natur, um die Möglichkeit eines positiven
Zugangs zur Thematik zu schaffen. Umweltschutz und kindliche Naturbegegnung sind sehr eng
miteinander verknüpft. Wenn Kinder in ihren jungen Jahren die Natur kennen und schätzen lernen,
haben sie als Erwachsene eher die Motivation zu umweltgerechtem Verhalten sowie die
Zusammenhänge der Ökologie zu verstehen. Dafür ist es wichtig, dass Kinder die Möglichkeit erhalten,
ein positives Grundgefühl für die Natur zu entwickeln und eine Beziehung zur Natur aufzubauen.
„Du bist zeitlebens dafür verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“
(SAINT-EXUPERY 1984, S. 53)
Sind uns Pflanzen und Tiere nicht mehr fremd, haben wir eine Vertrautheit zu ihnen entwickelt, es ist
eine Voraussetzung für schützendes Verhalten entstanden. So kämpfen wir z.B. für die Erhaltung des
Baches, an dem wir als Kinder spielten, oder des Baumes, unter dessen Blätterdach wir im Sommer
saßen.
94
C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region
7. Zusammenfassung
Zusammenfassend bietet eine Kinderbetreuung am Bauernhof – im Kontext mit den anfangs
erläuterten Aspekten der kindlichen Entwicklung – folgende Vorteile:
♦ Miterleben eines Familienalltags, der dem Kind eine Rhythmisierung und somit eine
Strukturierung seines eigenen Lebens ermöglicht.
♦ Dem Bewegungsdrang kann entsprochen werden.
♦ Anregungen für die Phantasie und Kreativität durch Umgang mit natürlichen Materialien.
♦ Spiel und Auseinandersetzung mit anderen Kindern.
♦ Der Kontakt mit Tier und Natur ermöglicht nachhaltige Erfahrungen – Verantwortung
übernehmen für Natur und Tier, gewisse Arbeiten am Hof erledigen, ökologische
Zusammenhänge erkennen können, Verständnis für Umweltschutz.
♦ Achtung vor der Natur und Tieren entwickeln.
♦ Wissen über Ökologie und naturgerechtem Verhalten.
♦ Kennen lernen von natürlichen Lebensräumen wie Wald, Wiese und Wasser.
♦ Interesse für die Rolle der Landwirtschaft als Ernährer der Gesellschaft – Nachvollziehen
des Weges von Lebensmitteln und damit auch bewussterer Umgang mit den Ressourcen.
♦ Kennen lernen von Natur als Erholungsraum.
Die umfassende Vielfalt an Möglichkeiten, die sich durch eine Kinderbetreuung am Bauernhof ergibt,
stellt für (Stadt-)Kinder eine große Bereicherung in ihrer Entwicklung dar. Unsere heutige
Lebensweise fördert eine Entfremdung von der Natur. Elementare Erlebnisse – Wind, Regen, Wärme
oder Kälte, der Rhythmus der Jahreszeiten – werden nicht mehr wahrgenommen. Kinder suchen aber
immer wieder diese elementaren Erlebnisse. Sie treten in Pfützen, matschen, lassen ihre Jacken vom
Wind aufblasen oder laufen mit offenem Mund durch den Regen, wann immer sie Gelegenheit dazu
haben. Die Dinge, mit denen wir uns umgeben – von Zimmerpflanzen, über Haustiere bis zu den
Stofftieren in den Kinderzimmern – zeigen, wie sehr wir Natur brauchen.
95
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
8. Literatur- und Quellenverzeichnis
FLICK, U.(2007): Qualitative Sozialforschung, Eine Einführung. Rowohlt Verlag, Reinbek.
HAAS, B. und HAAS, J. (2008): www.franzlhof.at
HECKMAIER B., MICHL W. (1993): Erleben und Lernen, Luchterhand Verlag, Neuwied.
HENTIG,
H.
von
(1971):
Cuernavaca
oder:
Alternativen
zur
Schule?,
Ernst
Klett/Kösel,
Stuttgart/München.
KALFF, M. (1994): Handbuch zur Natur- und Umweltpädagogik. Günter Albert Ulmer Verlag, Tuningen.
MAYRING, P. (1996): Einführung in die qualitative Sozialforschung. 3.überarbeitete Auflage, Verlags
Union, Weinheim.
MITSCHERLICH, A. (1965): Die Unwirklichkeit unserer Städte. Suhrkamp, Frankfurt am Main.
SAINT- EXUPÉRY, A. de. (1984): Der kleine Prinz. 39. Auflage, Karl Rauch Verlag KG, Düsseldorf.
W EBER, A. (2005): Der pädagogische Beitrag von gestalteten Freiräumen in Kindergarten und
Volksschule.
96
Dipl.
Universität
für
Bodenkultur,
Wien.
D Innovationen im Biolandbau und in der
regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
D.1 Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des Agrar.Projekt.Preises –
Erfolgsfaktoren von Bio und Regional – von Christine FRIEDLund Elisabeth PFEFFER
1. Einleitung
2. Literaturübersicht
3. Ziele, Forschungsfragen, Hypothesen
4. Methoden
5. Ergebnisse
98
98
99
100
101
5.1. Agrarprojektpreis .......................................................................................................................... 101
5.2. Regionalität................................................................................................................................... 101
5.3. Ökologischer Landbau - Bio ......................................................................................................... 102
5.4. Clusterergebnisse......................................................................................................................... 103
6. Diskussion
7. Schlussfolgerungen
8. Zusammenfassung
9. Literaturverzeichnis
106
106
107
107
97
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
1. Einleitung
In der österreichischen Landwirtschaft hat der Sektor biologische Bewirtschaftungsweise schnell an
Bedeutung gewonnen und einen hohen Anteil an landwirtschaftlich bewirtschafteter Fläche, im
Vergleich zu anderen EU-Ländern, übernommen. Gründe dafür waren der EU-Beitritt und die neue
Förderungsmassnahme über das ÖPUL Programm, sowie die Einführung der Marke Ja-Natürlich über
Billa. Durch den Anstieg an biologisch bewirtschafteter Fläche stieg auch das Angebot an
biologischen Lebensmittel und damit einhergehend die Nachfrage der Konsumenten. Um dem
Nachfragedruck stand zu halten wurden ursprüngliche ökologische und soziale Prinzipien
zurückgestellt.
Die Strukturen und Praktiken des heutigen Biolandbaus ähneln oft stark der konventionellen
Lebensmittelwirtschaft. Ökologische sowie soziale Ziele werden zu Gunsten von hohen Erträgen und
maximalen Leistungen in den Hintergrund gerückt.
Zur Widerfindung der Werte des Biolandbaus muss mehr in die Beratung und den Aufbau von
regionalen Kooperationen investiert werden. (vgl. Thomas Lindhard)
Innovationen in der Biologische Landwirtschaft mit regionalem Bezug sind Schwerpunkt dieser Arbeit.
Anhand des Agrarprojektpreises filterten wir die Stärken der Kombination Bio und Regional heraus.
Der Agrarprojektpreis wird von der Landwirtschaftskammer und dem Lebensministerium alle zwei
Jahre bundesweit seit 1999 ausgeschrieben. Gesucht und prämiert werden erfolgreiche Projekte aus
dem ländlichen Raum mit einem Bezug zur Landwirtschaft.
2. Literaturübersicht
Anhand des Artikel „Kritische Bestandaufnahme – Regionale Vermarktung in Österreich“ (BartelKratochvil, 2008) und des Artikel „Lokal, regional, globel – ganz egal?“ (Geier, 2006) haben wir
unsere Literaturrecherche zum Bereich Bio und Regional begonnen. Aus den Artikeln filterten wir vor
allem Stichwörter, aber auch Leitlinien, was Regionalität im Biosektor ausmacht.
Bartel-Kratochvil und Schermer (2008) gehen auf drei positive Aspekte ein, welche aus der
Kombination von bio und regional entstehen und Synergien zu weiteren positiven Qualitätsmerkmalen
in der Landwirtschaft und Region führen.
Einerseits, dass räumliche Nähe zwischen den Akteuren zur Folge hat:
Die Erzeugung von Produkten hoher Qualität.
Einen niedrigen Transportaufwand.
Den Aufbau von Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region.
Den Erhalt der Kulturlandschaft und die Stärkung regionale Identität, Kultur und Tradition.
Andererseits haben Kleinstrukturen in Produktion und Verarbeitung positive Aspekte zur Folge:
Neue Produkte werden entwickelt.
Umfangreiches Handlungswissen über Produktionsprozesse ist vorhanden.
Innovationsgeist wird geweckt.
98
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Neues Wissen wird erworben und weitergegeben.
Drittens verbinden Konsumenten oft biologisch und Regionalität, was zur Folge hat, dass biologische
Produkte durch die Konventionalisierung der Produktion und Vermarktung oft negativ gesehen werden.
Geier (2006) streicht hervor, dass der weltweite Warenstrom eine Herausforderung für die Prinzipien
des Ökologischen Landbaus ist.
Bewusstes Genießen gehört zur ökologischen Esskultur. Darum werden auch Produkte, wie Kaffee
oder Tee im Biosektor verlangt. Ivan Illich (in Geier 2006) hat gesagt, dass wir heutzutage in einem
System der „modernen Fernfütterung“ leben.
Ein Artikel der New York Times spricht von „Bio-Industriellen Komplexen“. Damit ist die Beteiligung
der Lebensmittelkonzern am Biosektor gemeint. (Geier 2006).
Indem Bio Landwirte die Vermarktung selbst in die Hand nehmen, sind bereits einige Möglichkeiten
gegen die Konventionalisierung des Biosektors zu arbeiten gegeben. Ein Schlagwort ist der faire
Handel, welcher sich mit einer gerechten Entlohnung auseinander setzt. Die Arbeitsgemeinschaft „Bio,
regional und fair“ ist ein Beispiel, wie man sich der Globalisierung stellen kann. In dieser
Gemeinschaft haben sich in Bayern eine Vielzahl von Gruppierungen aus dem Bereich des fairen
Handels, Verbraucherverbände, kirchliche Organisationen, regionale Initiativen und Biobauern
zusammengeschlossen. Die Ziele einer solchen Initiative sind in der Landwirtschaft ein gerechtes und
existenzsicherndes Einkommen zu ermöglichen, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken und dabei
Umwelt und Natur zu schützen.
Aus dem Artikel von Geier (2006) geht hervor, dass durch Initiativen im Biosektor ein gerechtes
Einkommen ermöglicht wird und durch regionale Kreisläufe die Umwelt und Natur geschützt wird.
3. Ziele, Forschungsfragen, Hypothesen
Mit dieser Seminararbeit sollen folgende Forschungsfragen beantworten werden:
Welche Positive und Negative Aspekte von der Kombination biologisch und regional gibt es?
Was kann die Verbindung von biologisch und regional für eine Region bedeuten?
Wo liegen die Gemeinsamkeiten der ausgewerteten Projekte?
Gibt es Innovationen, die besonders hervorstechen und was macht diese Innovationen aus?
Bezug zur Region: Wie wirken die ausgewählten Projekte/Innovationen auf die jeweilige Region?
Unsere Hypothesen dazu sind folgende:
Die Kombination von biologischer Bewirtschaftungsweise und regionaler Fokus sind Grundlage für
Innovationen, die einen positiven Effekt auf eine Region haben. Mit regionalem Fokus ist eine Bindung
an den Begriff biologische Bewirtschaftungsweise gemeint. Im Idealfall werden diese Begriffe zu
99
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
einem zusammengefügt – biologische Bewirtschaftungsweise mit regionalem Fokus.
Der Großteil der Einreichungen der Bio Betriebe für den Agrarprojektpreis hat einen regionalen Bezug.
Wir wollen heraus finden, ob es Gemeinsamkeiten bei den ausgewählten Projekten gibt und ob
Innovationen vorhanden sind, die besonders hervorstechen? Welche Wirkungen haben die Projekte
auf die Region und was Bedeutet die Kombination von bio und regional für die Region im Positiven als
auch im Negativen?
Je stärker die Kopplung von bio und regional bei Innovationen des Agrarprojektpreises im Sektor
biologischer Landbau ist, also wenn man von biologischer Bewirtschaftungsweise mit regionalem
Fokus reden kann, umso mehr positive Synergieeffekte sind zu verzeichnen. Positive Synergieeffekte
sind in unserem Zusammenhang ein gerechtes Einkommen, Naturschutz, Produkte hoher Qualität,
Land als attraktiver Lebensraum und das Vertrauen der Konsumenten in Bioprodukte. Innovationen
im Biosektor haben aus den soeben genannten Gründen einen positiven Einfluss auf die Region.
4. Methoden
Zuerst steckten wir über Literaturrecherche den Begriff Regional für unsere Seminararbeit ab. Dazu
suchten wir in der Universitätsbibliothek der Boku Wien im Sektor Regionale Entwicklung, biologischer
Landbau sowie Wirtschaft nach Definitionen zum Begriff Regional. Außerdem wurden uns von
Susanne Kummer zwei Zeitschriftenartikel zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe wir zu weiteren
Literaturangaben kamen. Die Literaturrecherche war Anfang Jänner beendet. Die für uns relevanten
Definitionen aus der gesammelten Literatur über Regionalität fassten wir heraus und suchten nach
Schlüsselwörtern, die Regionalität für uns ausmachen. Schlüsselwörter in diesem Zusammenhang
sind: gerechtes Einkommen, Naturschutz, Produkte hoher Qualität, Land als attraktiver Lebensraum
und das Vertrauen der Konsumenten in Bioprodukte. Mit Hilfe dieser Schlüsselwörter durchsuchten
wir die Datenbank des Agrarprojektpreises. Wobei wir vorher die Agrarprojektpreise mit der
Suchfunktion bio auf der Homepage des Agrarprojektpreises einengten. Die Notizen, welche beim
Durchlesen der Datenbank gemacht wurden, sind im Anhang aufgelistet. Aus unseren Notizen filterten
wir Gemeinsamkeiten heraus und bildeten Cluster. Dann teilten wir alle Projekte in die gebildeten
Cluster ein. Aus jedem Cluster wurde ein für diesen Cluster repräsentatives Projekt ausgesucht.
Der oder die ProjektleiterIn der von uns ausgewählten Agrarprojektpreise wurde telefonisch um ein
Interview gebeten. Es sollten nicht die Agrarprojektpreisträger, sondern die von uns ausgewählten
repräsentativen Projekte zu den Themen Bio und Regionalität befragt werden.
Folgende Interviewfragen wurden den Ansprechpersonen des jeweiligen Projektes per Mail zugesandt:
Welche Änderungen/Verbesserungen sind durch ihr Projekt in der Region entstanden?
Welche Vorteile bringt die Region dem Projekt?
Was würde die Arbeit mit /in der Region in Zukunft verbessern?
Die Interviewfragen wurden per e-mail versandt, da die befragten Personen gemeint haben, dass das
Projekt schon so lange her ist und sie Zeit zum überlegen brauchen oder die Ansprechperson für das
100
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Projekt gerade nicht erreichbar ist. Es wurde stets bereits am Telefon darauf hingewiesen, dass es nur
drei Fragen sind und um welche Fragen es sich handelt. Jedoch haben wir trotz telefonischer Zusage
keine Antworten per e-mail erhalten. Daher muss der Ergebnisteil über diesen Teil der Arbeit leider
wegfallen. Ziel wäre es gewesen, zu erfahren, was das Projekt der Region gebracht hat und welche
Vorteile es für eine Region hat, regional zu arbeiten. Die dritte Frage hat sich auf die Zukunft
konzentriert, um einen Einblick in die Wünsche der ProjektleiterInnen zu bekommen. Die
Interviewfragen sind im Anhang aufgelistet.
Nähere Informationen unter www.bio-regional-fair.de
5. Ergebnisse
5.1. Agrarprojektpreis
Die Landwirtschaftskammer und der Verein Agrar.Projekt. veranstalten alle zwei Jahre einen
bundesweiten Wettbewerb, bei dem erfolgreiche Projekte aus dem ländlichen Raum mit einem Bezug
zur Landwirtschaft gesucht, bewertet und prämiert werden.
Die Bewertung erfolgt nach den Kriterien der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit, der Innovation, der
Beispielswirkung und der Projektumsetzung. Eine Prämierung gibt es in den Kategorien
„Einzelprojekt“ und „Gemeinschaftsprojekt“.
Der APP fand 2007 zum sechsten Mal statt. Insgesamt wurden seit 1999 ca. 650 Projekte eingereicht,
von denen ca. 450 als nachhaltig und damit jurywürdig eingestuft wurden.
(http://www.agrarprojektpreis.at/allgemeine_infos.2.htm; letzter Zugriff am 17.1.2009)
Dotiert ist der erste Platz sowohl bei den Einzelprojekten, als auch bei den Gemeinschaftsprojekten
mit jeweils 4.500€. Bei beiden Projektgruppen erhält der 2.Platz je 3.000€ und der 3.Platz je 1.500€.
5.2. Regionalität
Um der Frage was ist Regionalität auf den Grund zu gehen
1
Bei einer Umfrage im Rahmen der Nachhaltigen Wochen 2007 wurde der Frage „Was bedeutet
regional?“ nachgegangen:
Ein regionales Produkt zeichnet sich dadurch aus, dass seine Rohstoffe aus der Region stammen. Die
Tiere wachsen in einer kleinräumigen Region auf, werden meist mit hofeigenen Futtermitteln gefüttert
und tiergerecht gehalten.
Viele regionale Produkte weisen hohe Qualitätsstandards auf, wie etwa
das Label Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.),
das Gütesiegel Gutes vom Bauernhof,
das Tierschutz geprüft-Label,
bundesländerspezifische Gütesiegel
101
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
1
Durch die Initiative „Nachhaltige Wochen“, welche vom Lebensmittelministerium und Partner aus
dem österreichischen Handel initiiert wird, wird den KonusmentInnen ein bewusstes Einkaufen näher
gebracht, um so die Umwelt zu schonen. Während dieses Zeitraumes weisen Handelsketten gezielt
auf Produkte mit ökologischem und sozialem Mehrwert hin.
(Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 2007).
Durch den Kauf regionale Produkte können KonsumenInnen wichtige Beiträge zu einer nachhaltigen
Entwicklung der Region leisten. Weiters erfordern derartige Lebensmittel oft einen niedrigeren
Transportaufwand, schaffen Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region, tragen zum Erhalt der
Kulturland schafft bei und stärken die regionale Identität, Kultur und Tradition. (vgl. Bartel-Kratochvil, R.
& Schermer M. 2008, 30)
5.3. Ökologischer Landbau - Bio
Der Ökologische Landbau hat sich unbestritten große Verdienste um den Erhalt regionaler
Vermarktungsstrukturen erworben. Trotzdem ist innerhalb des Ökologischen Landbaus eine rasante
Entwicklung hin zu überregionalen Strukturen und Märkten festzustellen. So ist es nun eine Fraktion
der Ökobauern die fordert, dass im Ökologischen Landbau Bäuerlichkeit und Regionalität ihre
Bedeutung behalten muss (Der kritische Agrarbericht 2004; AgrarBündnis).
Der Ökologische Landbau erhebt als eines von vielen Zielen den Anspruch, dass die Erzeuger und
andere Unternehmen der Wertschöpfungskette ein angemessenes Einkommen erwirtschaften. Trotz
schwieriger Rahmenbedingungen halten viele Akteure auf dem Biomarkt an dem Ziel fest, mit der
Ausweitung des Öko-Landbaus und der ökologischen Lebensmittelwirtschaft auch soziale und
regionale Ziele zu verfolgen: Erhalt regionaler Kreisläufe, Schaffen von Arbeit und Einkommen für alle
an der Wertschöpfungskette Beteiligten. Die Umsetzung dieser Ziele wird aber immer schwieriger in
einer Zeit, in der die Erzeugerpreise im Bio-Bereich stärker fallen als die Verbraucherpreise und der
ökonomische Druck auf die Bio-Bauern immer größer wird. „Bio“ ist von einer Bewegung zur Branche
geworden.
Der Biomarkt differenziert sich weiter aus. Das führt zunehmend zu unterschiedlichen Strategien
innerhalb des Ökologischen Landbaus, häufig auch zu unterschiedlichen Interessenslagen. Der
soziale Anspruch, den der ökologische Landbau in seinen Programmen erhebt, droht unterzugehen.
Dieser Entwicklung müssen sich die Verbände stellen. Von der Politik werden keine einfachen
Lösungen erwartet. Es geht vor allem darum, Strukturen zu unterstützen, die eine regionale und
kooperative Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungsketten gewährleisten (Frieder und Groß,
2005).
Regionalität im Biosektor bedeutet:
Wirtschaftliche Leistungen:
Regionale und kooperative Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungskette
Der Erhalt regionaler Vermarktungsstrukturen
102
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Soziale Leistungen:
Arbeitsplätze
Kooperationen mit Schulen, Kindergärten, Behinderteneinrichtungen,…
Ökologische Leistungen:
Landschaftspflege
Kreislaufwirtschaft, Nutzung der vor Ort vorhandenen Ressourcen
Sieht man sich die BioVerordnung an, so findet man keinen expliziten Verweis auf Regionalität. So
sollte das gesamte System Nahrungsmittelversorgung im Biosektor unter dem Motto der Regionalität
stehen und z.B. die Weiterverarbeitung des Produktes und die Vermarktung in Betriebsnähe bleiben,
da sonst die Sinnhaftigkeit der Kreislaufwirtschaft von den Konsumenten in Frage gestellt wird.
In unserer Arbeit wollen wir darauf eingehen, was die Kombination von biologischer Landwirtschaft
und Regionalität für eine Region bedeuten können.
5.4. Clusterergebnisse
Nachdem wir über die Suchfunktion auf der Agrarprojektpreishomepage alle Projekte mit dem
Stichwort bio auswählten wurden diese in Cluster eingeteilt.
Cluster:
gefundene Cluster
Erlebnis/Veranstaltung/Veranstaltungsorte
15
Vermarktung
36
Vermarktungsgemeinschaft/Genossenschaft/Zusammenschluss
45
Ausflugsziel/ Urlaub
10
Sonstiges
10
103
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
„Vertragspartner“
3
Tierhaltung
1
Selbstversorgung
3
Beratung
3
Zusammengefasst unter der Kategorie Sonstiges
∑
116
Aus diesen Cluster wählten wir 11 Projekte, die den Anspruch von bio und regional erfüllen:
1 Erlebnis/Veranstaltung/Veranstaltungsorte
2 Vermarktung
6 Vermarktungsgemeinschaft/Genossenschaft/Zusammenschluss
1 Ausflugsziel/ Urlaub
1 Beratung
Die ausgewählten Projekte sind:
▪ Bioheumilch für die Schule
Die Bauern beliefern Kindergärten und Pflichtschulen in der Stadt Salzburg und im
Salzkammergut mit ihrer Bioheumilch. Ein wesentliches Ziel ist es, den Kindern die
Landwirtschaft näher zu bringen.
▪ Südburgenländischer Bauernmobil
Das Ziel dieses Projektes ist eine Förderung des Ansehens und der Bekanntheit der bäuerlicher
Produkte. Eine kleinstrukturierte, bäuerliche Landwirtschaft im Südburgenland soll erhalten
bleiben und eine Versorgung der Konsumenten mit hochwertigen Lebensmitteln soll
gewährleistet bleiben. Ein Verkaufsmobil wurde eingerichtet, um den Kunden direkt vor Ort
beliefern zu können.
▪ Sennereigemeinschaft Großes Walsertal
Das Ziel ist die professionelle vermarktung von Bergkäse. Eine eigene Marke
„Walserstolz“ wurde installiert um die Wertschöpfung in der Region zu steigern. Für das extreme
Bergbauerngebiet ist es äußerst positiv ein Leitprodukt zu haben. Durch die Produktion von
104
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Spezialprodukten, welche bereits im Handel unter der neuen Marke verkauft werden, können
höhere Preise erzielt werden.
▪ Almfrische Rachau, gentechnikfreie Naturbäckerei
Es wurde der Verein "Almfrische Rachau" mit bäuerlichem Produzentenring gegründet. Ziele das
Projekts waren der Aufbau von Partnerschaften zwischen landwirtschaftlichen Erzeugern und
Konsumenten, Grundeigentümern und Freizeitsportlern, sowie die Erhaltung und Pflege der
Kulturlandschaft Gleinalm und deren nachhaltige Nutzung. In diesem Projekt wurde die
Gemeinde als Kommunikations- und Entwicklungsdrehscheibe gesehen.
▪ Vögeihof-Schule auf dem Bio-Bauernhof
Bei diesem Projekt wurde eine Steigerung der Sommernächtigungszahlen um 90 % erreicht und
die Sommersaision wurde erweitert von April bis Oktober. Dadurch wurden 2 gesicherte
Arbeitsplätzegeschaffen. Ein weiteres Ziel dieses Projektes ist die Erhaltung des kulturellen
Erbes, die Beteiligung an Umwelt-Erziehung der kommenden Generation und die langfristig
Belebung des bäuerlichen Tourismus.
Es wurde auch eine gemeinsame Buchungszentrale und Werbungsstrategie verwirklicht.
▪ Kunst am Bauernhof-Bauernhofgalerie
Projektziele waren Familienarbeitsplätze zu sichern und selbständig bleiben zu können. Den
Betrieb nach den eigenen Fähigkeiten ausrichten zu können und den Bekanntheitsgrad steigern.
Ausserdem soll aus heimischen Rohstoffen mit wenig Aufwand etwas Hochwertiges und schwer
Kopierbares geschaffen werden. Eine Imageaufwertung für den Berufsstand und Aufwertung für
die Region sollen stattfinden. Mit Hilfe der Kunst und eigener Holzveredelung ist es gelungen,
eine eigene Personenschicht zu erschließen, an die man als normaler Bauer schwer
herankommt. Diese Personen sind auch hervorragende Kunden für Bio-Produkte.
▪ Haiminger Markttage
Durch das Projekt Haiminger Markttage haben viele tausend Besucher die hohe Qualität des
heimischen Angebotes erkannt und verlangen nach diesen Produkten. Bei Verkostungen kam
man auch zu Gesprächen, wo Kunden aufgeklärt wurden. Großabnehmer wie Spar, M-Preis und
Billa konnten als Abnehmer gewonnen werden. Zudem konnte der Absatz von Speisekartoffeln
gesichert werden.
▪ fahrbarer Bauernladen und Bienenschauhaus
Ein fahrbarer Bauernladen soll die Sicherung und Erhaltung der kleinstrukturierten
Bergbauernhöfe ermöglichen. Des weiteren soll Gästen und Kunden das „Natürliche"
nähergebracht werden. Zu den 250 verschiedenen biologisch erzeugten Produkten wurde auch
ein Rahmenprogramm wie Mostpressen oder auch Drechseln angeboten und eine Bienenschau
inszeniert. Dadurch wurde eine wesentliche Verbesserung des Einkommens erreicht. Die Gäste
fungieren als Werbeträger und dies verursacht einen starken Anstieg der Vermarktung.
105
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
▪ Bauernhofwanderung mit Direktvermarktung
Durch dieses Projekt wurde ein Zusatzeinkommen für die Betriebe geschaffen. Es kam zu einer
Kooperation zwischen Tourismus und Landwirtschaft. Ab Hof Verkauf und Urlaub am Bauernhof
wurden kombiniert und schufen so eine höhere Rentabilität. Die Produktionsstätten wurden
ausgebaut und Betriebe stellten auf biologische Wirtschaftsweise um. Durch den
Zusammenschluss stieg die Motivation in biologische Bewirtschaftungsweise und in die Region
zu investieren. Ein gemeinsamer Verkaufladen wurde eingerichtet und Exkursionen oder
Bäuerinnenlehrfahrten wurden organisiert.
6. Diskussion
Ein Weg zu mehr Regionalität im Biosektor besteht in Kooperationen,wie Vermarktungsgemeinschaft,
Genossenschaft oder Zusammenschlüsse, wie in der Clusterananlyse hervor geht. Sei es StadtUmland-Kooperationen, Kooperationen bäuerlicher Vermarktungsgemeinschaften mit Verarbeitern
und regionalen Supermarktketten oder die über den lebensmittelerzeugenden Sektor hinaus vernetzte
Bio-Region (Bartel-Kratochvil und Schermer, 2008).
Durch eine neue Definition des biologisch wirtschaftenden Sektors, z.B. durch die Festlegung von
Regionalität in den Bio Verordnungen, könnten all die positiven Effekte, wie die Produktion von
qualitativ hochwertigen Produkten, niedriger Transportaufwand, Wertschöpfung und Arbeitsaufwand in
der Region, Erhalt der Kulturlandschaft, Stärkung regionaler Identität, Kultur und Tradition,
Innovationsgeist, umfangreiches Wissen über Produktionsprozesse, sowie auch Wissensweitergabe
gefördert werden. Dazu muss bio immer in Verbindung mit der Region gesehen werden. Eine reine
Beschränkung von biologisch auf die Bewirtschaftungsweise öffnet der Konventionalisierung Tür und
Tore. Ein überschaubarer Kreislauf, der in der Region verankert ist, sollte für alle horizontalen und
auch vertikalen Ebenen des Biosektors gefordert werden.
7. Schlussfolgerungen
Der Großteil der ausgewählten Projekte aus dem Agrarprojektpreis mit der Kombination bio und
regional wird dem Bereich der Kooperationen zugeordnet. Kooperationen geben ein Netzwerk,
welches Halt gibt, und über wirtschaftlich schwierige Zeiten Sicherheit geben können. Daraus könnte
gelesen werden, dass umso vielseitiger ein Netzwerk ist, umso sicherer wird es für die einzelnen
Akteure. Umso mehr Akteure aus verschiedensten Bereichen zusammenarbeiten, umso stabiler kann
ein regionales System agieren. Die Vorteile von regional sind oft stark mit Emotionen behaftet. Der
Konsument kennt die Region, in der das Produkt entsteht und vielleicht sogar noch die Person,
welche das Produkt erzeugt. Wichtig ist daher, dass das Netzwerk transparent und für Akteure im
System als auch Konsumenten durchschaubar ist. Die Klarheit über die Herkunft und Entstehung
eines Produktes gibt Sicherheit. Durch Kooperationen kann auch das Defizit der
Vermarktungsmöglichkeiten im Gegensatz zu großen Supermarktketten besser überbrückt werden.
106
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
8. Zusammenfassung
Positive Aspekte von der Kombination biologisch und regional sind vor allem die Erhaltung der
Wertschöpfung in der Region und der Naturschutz, sowie die Identifikation der Menschen mit dem
ländlichen Bereich. Negative Aspekte sind die Einschränkungen der Genussmittel, wie Kaffee und Tee.
In diesen Bereichen muss eine vertretbare Lösung gefunden werden.
Die Verbindung von biologisch und regional kann für eine Region bedeuten, dass sie touristisch
attraktiver wird und so eine zusätzliche Einkommensquelle geschaffen wird.
Durch die Zusammenarbeit bei Projekten und die Schaffung eines regionalen Images werden sich die
Menschen mehr mit der Region identifizieren und Dienste, wie Landschaftsgestaltung, Schnee
räumen, Feuerwehr, uvm., welche entgeltlich nicht zu bezahlen wären, für die Gemeinde oder Region
endgeltlich leisten.
Die Gemeinsamkeiten der ausgewerteten Projekte liegen in den Kooperationen. Und sei es, dass der
Bauer die Produkte selbst vermarktet und somit eine kleine Kooperation mit dem Konsumenten
eingehen.
Innovationen, die besonders hervorstechen sind jene, deren Kooperationen über verschiedene
Bereiche hinausgehen, wie z.B. die Kombination von Produktion und Verkauf oder Produktion und
Tourismus. Diese Kombinationen können sehr wohl nur von einer Person, also dem Bauern,
abgedeckt werden. Jedoch ein Qualitätsmerkmal war die Zusammenarbeit mehrerer Akteure aus
verschiedenen Bereichen, die auch verschiedene Verantwortungen übernehmen.
Die ausgewählten
Projekte/Innovationen
wirken auf
die jeweilige Region. Oft wird über
Nachahmerprojekte in der Region berichtet. Der Konsumentenkreis von Bioprodukten vergrößert sich.
9. Literaturverzeichnis
AgrarBündnis (Hg.) (2005): Landwirtschaft 2005. Der kritische Agrarbericht, Hamm.
Bartel-Kratochvil, R. & Schermer M. (2008.): Regionale Vermarktung in Österreich. Ökologie &
Landbau, 2008/3, 30.
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Lebensministerium)
(2007): Bewusst kaufen - besser leben! Nachhaltige Wochen 2007. Informationsbroschüre des
Lebensministeriums.
Frieder, T.; Groß, D. (2005): Von der Bewegung zur Branche. Der Ökolandbau und seine sozialen und
regionalen Ziele - Eine Diskussion über Anspruch, Realität und Perspektiven. In: AgrarBündnis (Hg.)
(2005): Landwirtschaft 2005. Der kritische Agrarbericht, Hamm. S. 61-70
Geier, B. (2003): Lokal, regional, global – ganz egal?. Ökologischer Landbau. 121
107
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Schade, W. & Reuter, K. (2001): Regional – immer öfter erste Wahl? Argumente für die Verknüpfung
von „Regionalität“ und „Bio“ aus Marketingsicht. Bioland(6). 21. 2.
Internetquellen:
Agrar.Projekt.Preis, Allgemeine Informationen, http://www.agrarprojektpreis.at/allgemeine_infos.2.htm
(17.1.2009).
108
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
D.2 Ein Getreidetrockner als Beispiel einzelner Innovationen von Biobauern
– von Martin ZIEGLER
Abstract:
Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung“ habe ich
zum Thema „Einzelne Innovationen von Biobauern“ eine Arbeit verfasst, in der ich einen
Getreidetrockner vorstelle, dessen System bisher nur bei der Heutrocknung angewendet wurde.
Ich ging dabei den Fragen nach, worin sich dieser neuartige Trockner zu den gängigen Modellen
unterscheidet, worin seine Vor- und Nachteile liegen und welche Bedeutung diese Innovation für die
Biobauern der Region darstellt.
In einem ausführlichen Interview mit dem Landwirt Wolfgang Mader, auf dessen Hof sich der besagte
Getreidetrockner befindet, sowie einem Lokalaugenschein wurde mir der gesamte Prozess, von der
Ideenfindung, über die Planung bis hin zur ersten erfolgreichen Inbetriebnahme vor Augen geführt.
Durch die Aussagen von Herrn Mader, sowie Recherchen in der Fachliteratur, konnte ich danach
Vergleiche zu anderen Trocknungssystemen ziehen und die Bedeutung dieser Innovation für die
Region herausarbeiten.
Dabei kam ich zu dem Ergebnis, dass das neue Trocknungssystem, das rein mit Netzstrom betrieben
wird, im Vergleich zu Modellen die mit Öl oder Gas befeuert werden, zwar weniger Leistung, dafür
jedoch deutlich niedrigere Investitions- und Betriebskosten vorzuweisen hat.
Für die Biobauern der Region bietet dieser Trockner, neben anderen Vorteilen, nun endlich eine
wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit, zu feucht geerntetes Getreide trocknen zu lassen.
109
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ziele und Forschungsfragen
3. Methoden
4. Der Getreidetrockner
111
111
111
111
4.1. Motivation und Idee ...................................................................................................................... 111
4.2. Planung, Vorgehensweise, Errichtung und Inbetriebnahme........................................................ 112
4.3. Ergebnisse und Vergleich ............................................................................................................ 113
4.4. Bedeutung für die Erzeugergemeinschaft und die Bio-Bauern der Region ................................. 115
4.5. Kommunikation und Weitergabe von gesammeltem Wissen....................................................... 116
5. Fazit ................................................................................................................................................. 117
6. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis:
Tabellenverzeichnis:
110
118
119
119
119
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
1. Einleitung
In meiner Arbeit möchte ich ein Beispiel einer landwirtschaftlichen Innovation vorstellen, die großes
Potential zur industriellen Vervielfältigung besitzt. Es handelt sich hierbei um einen neuartigen
Getreidetrockner, dessen Prinzip bisher nur bei der Heutrocknung Anwendung fand, nun aber durch
den Landwirtschaftsmeister Wolfgang Mader aus Hofkirchen im Traunkreis, in Oberösterreich, auch
erfolgreich bei der Trocknung von Getreide und Mais verwendet wird.
Weiters vergleiche ich dieses Modell, mit den am weitest verbreiteten Anlagen in Punkto Energie,
Energieverbrauch, anfallende Kosten und deren Auswirkungen auf den Trocknungspreis für die BioLandwirte.
Während der ganzen Arbeit versuche ich auch immer wieder die große Bedeutung dieser Innovation
für die Erzeugergemeinschaft, der Herr Mader angehört und die gesamten Bio-Bauern der Region
darzulegen. Zum Abschluss werden die Vor- und Nachteile dieses Modells, sowie die verschiedenen
Möglichkeiten der Weitergabe des gesammelten Wissens an andere Bauern mit ähnlichen Ideen
zusammengefasst.
2. Ziele und Forschungsfragen
Nach dem ich das neue System des Trockners kurz vorstellen werde ist es das Ziel meiner Arbeit, die
wirtschaftlichen und ökologischen Vor- und Nachteile dieses Modells im Vergleich mit anderen
Trocknern aufzuzeigen. Weiters gehe ich der Frage nach, in wie fern diese Innovation eine große
Bedeutung für die Biobauern der Region darstellt. Abschließend werde ich dann noch darauf
eingehen, ob und in welchem Ausmaß das gesammelte Wissen von denen an der Errichtung
beteiligten Personen an Interessenten weitergegeben wird.
3. Methoden
Nach einem kurzen Telefonat mit dem Landwirtschaftsmeister Wolfgang Mader, in dem ich ihm
beschrieb, dass ich im Zuge der Lehrveranstaltung „Ökologische Landwirtschaft und regionale
Entwicklung“ eine Seminararbeit zum Thema „Einzelne Innovationen von Biobauern“ zu verfassen und
dafür seinen neu errichteten Getreidetrockner ausgewählt habe, sagte er mir sofort seine
Unterstützung zu.
Mit einem vorher von mir entworfenen Interviewleitfaden besuchte ich den Landwirt auf seinem
Betrieb in Hofkirchen, im Bezirk Linz-Land, in Oberösterreich, der mir durch mehrere Monate meiner
hier absolvierten Praxis schon bestens bekannt war.
In einem längeren Gespräch arbeiteten Herr Mader und ich die von mir erstellten Fragen
nacheinander ab, wobei ich mir schriftliche Notizen zu seinen Aussagen machte.
Zu dem geführten Interview suchte und fand ich in der Bibliothek der Universität für Bodenkultur noch
einige, zu diesem Thema passende Fachbücher und Artikel aus Fachzeitschriften.
Die gesammelten Daten und Informationen verarbeitete ich schließlich anhand des Leitfadens, den ich
im Zuge der Lehrveranstaltung erhalten hatte, zu meiner fertigen Arbeit.
4. Der Getreidetrockner
In der ökologischen Landwirtschaft gibt es zahlreiche Richtlinien die berücksichtigt und eingehalten
werden müssen, damit eine hohe Qualität gewährleistet und der Begriff „BIO“ überhaupt verwendet
werden darf.
Biologische Getreidetrocknung darf keinesfalls durch direkte Befeuerung, bei der die gesamten
Verbrennungsgase direkt mit dem Getreide in Berührung kommen, passieren. Die Trocknung von Bio
Getreide darf nur indirekt über Wärmetauscher, durch die erwärmte Luft erfolgen.
4.1. Motivation und Idee
111
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Die Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis, im Bezirk Linz-Land, im Oberösterreichischen Zentralraum,
zählt zu einem Gebiet, das, verglichen mit bedeutenden Getreideanbaugebieten in Österreich wie
etwa dem niederösterreichischen Marchfeld, feuchte Sommer aufzuweisen hat. Aus diesem Grund
und wegen der Tatsache, dass es im Umkreis von 25km keine Möglichkeit gab, biologisch erzeugtes
Getreide zu trocknen, entschloss sich der 39 jährige Landwirtschaftsmeister Wolfgang Mader dazu an
seinem Hof eine Trocknungsanlage zu errichten.
Tabelle 1: Niederschlagsmengen, Oberösterreichischer Zentralraum, Quelle: www.zamg.ac.at
Monat Niederschlagssumme
Größte
Zahl der Tage mit
Zahl der Tage mit
2
(l/m )
Niederschlagssumme
Niederschlagssumme ≥ Niederschlagssumme ≥
2
in 24h (l/m )
1mm
10mm
Juni
108,2
51
13,6
3,7
Juli
126,3
59
13,4
4,5
August
96.8
53
11,0
3,1
Tabelle 2: Niederschlagsmengen, Marchfeld, Quelle: www.zamg.ac.at
Monat Niederschlagssumme
Größte
Zahl der Tage mit
2
(l/m )
Niederschlagssumme
Niederschlagssumme ≥
2
in 24h (l/m )
1mm
Juni
67,4
53
9,3
Juli
59,5
53
8,3
August
50,2
37
7,5
Zahl der Tage mit
Niederschlagssumme ≥
10mm
2,0
1,8
1,8
Die große Nachfrage nach Speisegetreide und die Tatsache, dass die dafür notwendige Kornqualität
in diesem Gebiet nur über frühere Erntezeitpunkte und somit über feuchteres Erntegut führen kann,
sowie die Gegebenheit, dass sich an seinem Hof bereits das Getreidelager der Erzeugergemeinschaft
bei der er Mitglied ist, befand und sich somit der Standort für einen Getreidetrockner praktisch
angeboten hat, waren weitere Gründe für Herrn Maders Entscheidung, eine derartige Anlage zu
installieren.
Zuerst beschäftigte sich der Landwirt nur mit den gängigsten Modellen, die mit Heizöl, Gas oder
Hackschnitzel betrieben werden. Durch reinen Zufall stieß er jedoch dann auf eine Methode, die
bisher nur beim Trocknen von Heu Anwendung fand, jedoch noch nie bei Getreide getestet wurde.
Gespräche mit „Thermo-Dynamik-International“ (www.heutrocknung.com), einer slowenischen Firma,
die sich auf Heutrocknung spezialisiert hat, führten dann schließlich zur Entscheidung, den geplanten
Trockner nach diesem Prinzip zu errichten.
4.2. Planung, Vorgehensweise, Errichtung und Inbetriebnahme
Nach der Besichtigung von mehreren Heutrocknungsanlagen und ständigem Ideenaustausch mit der
Firma „Thermo-Dynamik-International“ begann schließlich die Planung für den Getreidetrockner.
Mit dem Risiko, das System vorher nie an Getreide getestet zu haben, dafür jedoch mit einer
Funktionsgarantie der Firma „Thermo-Dynamik“, erstellte eben diese Firma einen Bauplan, bei dem
aber auch Herr Mader selbst seine Ideen und Wünsche einbringen konnte.
Das ausgewählte Modell wird rein mit Strom betrieben und bläst die
durch Kompressoren erwärmte Luft durch den Getreidebunker, wo
sie das Wasser der Körner aufnimmt und an deren Oberfläche sie
von Kondensatoren wieder entfeuchtet wird. Die bei der
Kondensation frei werdende Energie wird ebenfalls wieder in den
Betrieb der Anlage rückgeführt.
Nach Beendigung der Planung begann Herr Mader mit seinen 3
schon vorher am Hof beschäftigten Arbeitskräften, die Anlage selber
zu installieren.
Abb1.: Kompressoren und Gebläse des Getreidetrockners
112
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Besonders Kosten sparend ist es, wenn bereits vorhandene Gebäude genutzt werden können und
dadurch größere Baumaßnahmen erspart bleiben. Beim Bau der Anlage ist zu beachten, dass das
Getreide arbeitswirtschaftlich sinnvoll ein- und ausgebracht werden kann. Gut geeignet sind
befahrbare Gebäude, die ausreichende Deckenhöhe für Kipper bieten (vgl. SARG und ECKL, 2008,
20).
Genau nach diesem Prinzip wurde für den Trockner eine, vom bestehenden Getreidelager
vorhandene Silozelle für diese Zwecke adaptiert.
Neben Materialien wie Holz und teilweise Metall, die der Landwirt selbst
beisteuern konnte, wurden wesentliche Bauteile wie Kondensatoren,
Wärme-Tauscher, Kompressoren und Gebläse von der Firma „ThermoDynamik“ geliefert.
Die vorhandenen Teile wurden von den Hof-Arbeitern danach selbständig
zusammengesetzt und montiert.
Abb2.: Die Silozellen des Getreidelagers
Nach 14 Tagen Aufbauarbeit konnte der Trockner dann schließlich das
erste Mal erfolgreich in Betrieb genommen werden.
Die Funktionsgarantie der Firma „Thermo-Dynamik-International“ hielt
stand, einzig ein Problem mit der Schaltkastensteuerung, das mit dem
Stromanschluss und dem Stromtarif zusammenhängt, aber für die Funktion des Trockners
unwesentlich ist, tat sich auf.
Abb3.: Funktionsplan des
Getreidetrockners mit dem „System
Wetzler“
4.3. Ergebnisse und Vergleich
Herr Mader meint in einem persönlichen Interview: „Ich bin von der Funktionalität und vor allem von
der Energieeffizienz der Anlage mehr als nur begeistert“. Dieses Zitat drückt wohl sehr gut aus, wie es
um die Funktionalität des Trockners nach dem ersten Betriebsjahr bestellt ist.
Entgegen der Meinung vieler Experten, das System bringe zu wenig Leistung und würde nur bei Heu-,
nicht aber bei Getreidetrocknung funktionieren, wurde Herr Mader für seinen Mut zum Risiko belohnt
113
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
und betreibt nun eine Trocknungsanlage, die die Energie mit der sie betrieben wird, nämlich reiner
Netzstrom, effizient nutzt und deren Betriebskosten nicht nur deshalb um ein Vielfaches geringer sind,
als jene von Anlagen, die mit Heizöl oder Gas, befeuert werden.
Für die Bio-Bauern in der betreffenden Region ist die Existenz des Getreidetrockners mehr als nur ein
Glücksfall. In der Zeit davor mussten die Landwirte im Falle von zu feuchtem Getreide oft auf
„illegales“ Trocknen in den Lagerhäusern der jeweiligen Ortschaften zurückgreifen, was absolut nicht
in ihrem Sinne, aber oft der einzige Ausweg war.
Eine andere Möglichkeit war, einfach optimale Witterungsverhältnisse abzuwarten um die Ernte
einfahren zu können, doch auch hier taten sich nicht selten Probleme auf. Oft war das Getreide schon
die längste Zeit über reif, doch das Wetter ließ keine Ernte zu und so nahm die Kornqualität
kontinuierlich ab. Dazu kam überdies die steigende Gefahr von Pilzbefall und Auswuchs.
Natürlich kam es auch vor, dass Bauern ihr Getreide, trotz eines Feuchtigkeitsgehaltes von über 14%
aus Mangel an Alternativen im Getreidelager der Erzeugergemeinschaft einlagerten. Diese Fälle
befanden sich stets an der Grenze des Machbaren, denn hohe Feuchtigkeit bedeutet für das Lagern
in der Silozelle natürlich steigende Temperatur, was wiederum die Gefahr von Bakterien- und
Pilzbefall enorm vergrößert. Ständige Beobachtung, dauerhaftes Belüften und Umziehen in andere
Silozellen waren in solchen Situationen notwendig um die Getreidequalität bis zum Verkauf so gut wie
möglich halten zu können.
„Belüften in der Getreideschüttung, aber auch im bewegten Getreidestrom sowie >>thermisches
Trocknen<< im Durchlauftrockner sind die sichersten Methoden der Getreidepflege“ (HUMPISCH,
1998, 27). Mit dem neuen Trockner kann Herr Mader demnach eine sichere Methode der
Getreidebehandlung umsetzen und bereitet den vorher beschriebenen Problemen ein Ende, was
natürlich auch eine wesentliche Vereinfachung der Ernteplanung für alle Bio-Bauern der Umgebung
bedeutet, die nun weitaus flexibler auf ungünstige Witterung reagieren können und sich nun auch
keine Gedanken über zu hohe Kosten für die Trocknung machen müssen.
In die Trocknungszelle passen rund 20 Tonnen Getreide, das bei einer durchschnittlichen Feuchtigkeit
von 18%, 16 Stunden getrocknet werden muss, um unter die notwendigen 14% Feuchtigkeit zu
gelangen.
Der dafür nötige Strom von rund 571 kW, in dem der Trocknerbetrieb, sowie das nötige Umziehen
beinhaltet sind, verursacht schließlich die überschaubaren Kosten von rund 63 Euro. Umgerechnet
sind das 3,15 Euro pro Tonne und berücksichtigt man Schwankungen (~ +30%) in Trocknungsdauer
und Stromverbrauch, so ergibt sich ein Trocknungspreis von rund 4 Euro pro Tonne.
Verglichen mit einem beweglichen Leih-Trockner wie ihn auch schon Herr Mader verwendet hat, der
durch Heizöl und Traktor betrieben wird, schneidet die Trocknungsanlage des Landwirtes in Punkto
Betriebskosten gerade zu sensationell ab.
Diese Art von Trockner kann mit bis zu 12 Tonnen Getreide befüllt werden, die bei 18% Feuchtigkeit 5
Stunden benötigen, um unter die Marke von 14% zu gelangen.
Der Trocknungsvorgang verbraucht 55l Heizöl, sowie 5 Traktorstunden. Bei einem Heizölpreis von 70
Cent und einem Stundenpreis für die Traktorleistung von 20 Euro, kommt man für die Trocknung von
12 Tonnen Getreide auf einen Gesamtpreis von 138 Euro, woraus sich 11,50 Euro für jede Tonne
ergeben.
Obwohl der mit Öl betriebene Trockner größere Leistung vollbringt, spricht der große Preisunterschied
doch deutlich für das mit Strom betriebene System.
Hätte sich Herr Mader nicht für dieses Modell, sondern für eines mit Öl oder Gasbetrieb entschieden,
würden sich die meisten Bio-Landwirte eine Trocknung ihres Getreides, der hohen Kosten wegen
wohl zweimal überlegen. Dazu käme ein notwendiges Genehmigungsverfahren, das eingeleitet
werden müsste, ob und mit welchen Auflagen ein Tank errichtet werden darf, dessen Aufbau
wiederum auch keine billige Angelegenheit darstellt (vgl. SARG und ECKL, 2008, 17).
Auch Wolfgang Mader selbst, ist, wie oben bereits angeführt, von der Kosten-Nutzen-Funktion seiner
Anlage beeindruckt. Nicht nur wegen der Betriebs-, sondern auch wegen der Investitionskosten, die
gegenüber Modellen mit Öl- oder Gasheizung weitaus billiger ausfielen.
114
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Die Energie die zum Betrieb verwendet wird, ist nach Meinung von Herrn Mader eine gute ökologische
Lösung. In Österreich ist Strom im Sommer im Überfluss vorhanden und wird vorwiegend in
umweltfreundlichen Kraftwerken erzeugt. Herr Mader meint wörtlich: „Strom ist für die
Getreidetrocknung die ökologischste Energieform“.
Für Landwirte oder Leute, die ein ähnliches Vorhaben planen, ist nur wichtig, dass man einen
dementsprechenden Anschluss ans Netz machen kann, was mit dem jeweiligen Energieunternehmen
abzusprechen ist (vgl. SARG und ECKL, 2008, 17).
Noch ökologischer wäre es aber, den für den Betrieb des Trockners notwendigen Strom mittels
Photovoltaik, Windenergie oder ähnlichen Methoden selber zu erzeugen.
4.4. Bedeutung für die Erzeugergemeinschaft und die Bio-Bauern der Region
Für die Erzeugergemeinschaft und die gesamten Biobauern der Region eröffnet diese Innovation
komplett neue Möglichkeiten. Früher war es völlig unrentabel, zu feucht geerntetes Getreide
maschinell trocknen zu lassen, da im Umkreis von 25 Kilometern keine Einrichtung dieser Art für
Biogetreide zur Verfügung stand. Die Bauern waren in Punkto Erntezeitpunkt unflexibel und völlig an
die gegebenen Witterungsverhältnisse gebunden.
„Der Nachreifeprozess von Getreide verlagert sich durch den Mähdrusch immer mehr vom Feld in das
Getreidelager. Das Getreide ist ein lebender Organismus und lebt im Lager weiter“ (HUMPISCH,
1998, 18). Dieses Zitat verweist auf die Probleme, die bei der Lagerung von Getreide entstehen
können, vor allem wenn der Feuchtigkeitsgehalt zu hoch und keine Trocknungsmöglichkeit gegeben
ist.
Nun ist es mit diesem Modell möglich, den Bauern eine günstige Trocknungsmöglichkeit anzubieten,
die durch ihre niedrigen Investitions- und Betriebskosten auch wirtschaftlich betrieben werden kann.
Die Landwirte haben nun die Möglichkeit, einen optimaleren Erntezeitpunkt in Bezug auf die
Kornqualität wählen zu können, und können auch dann ernten, wenn die Kornfeuchtigkeit noch
jenseits der lagerfähigen 14% liegt. Vor allem bei Weizen ist in diesem Gebiet ein früherer
Erntezeitpunkt, der für das Erreichen der nötigen Eiweißqualität von Speiseweizen bedingt durch
feuchte Witterung oftmals essentiell ist, günstiger. Die zu diesem Termin oft noch zu hohe
Kornfeuchte kann nun durch den Trockner einfach und wirtschaftlich ausgeglichen werden.
Für die Erzeugergemeinschaft eröffnet sich natürlich nun auch die Möglichkeit, Getreide mit besserer
Qualität anzubieten und somit auch bessere Erlöse erzielen zu können, was sich in der Vergangenheit
oftmals schwierig gestaltete.
Qualität spielt letztendlich auch eine wichtige Rolle bei den Anforderungen, die der Brotgetreidemarkt
an seine Anbieter stellt. Gerade in Zeiten, in denen qualitativ hochwertiges Getreide aufgrund
witterungsbedingter Umstände rar ist, ist es für die Landwirte, oder in diesem Fall für die
Erzeugergemeinschaft wichtig, trotz aller Schwierigkeiten, den bestehenden Anforderungen des
Marktes an qualitativ hochwertigem Speisegetreide gerecht werden zu können. Der Getreidetrockner
liefert dazu einen erheblichen Beitrag, denn durch seine Existenz steigert er die Chancen der
Landwirte trotz schlechter Umstände, die geforderte Qualität liefern zu können (vgl. ERLING, 1999,
10).
Ein weiterer Pluspunkt des Trockners, ist die Tatsache, dass er auch bessere Bedingungen für die
Lagerung des Getreides in den Silozellen der Erzeugergemeinschaft schafft und somit wiederum
Energie und Kosten, die bei Getreide mit grenzwertigem Feuchtigkeitsgehalt für das notwendige
Umlagern und die Belüftung anfallen würden, spart.
Wenn also bestimmte Bedingungen, wie ausreichende Reinigung und Trocknung erfüllt sind, zeichnet
sich das Produkt Getreide im Gegensatz zu Frischeprodukten wie etwa Erzeugnisse aus Milch oder
Fleisch, durch gute Haltbarkeit über längere Zeiträume aus. Das macht einen Getreideabsatz, bei
minimalen Qualitäts- und Masseverlusten über das ganze Jahr möglich, wobei meist rund 40% der
115
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Menge direkt nach der Ernte und der Rest über das Jahr verteilt verkauft werden (vgl. ERLING,
1999, 63).
Der Trockner den Herr Mader errichtet hat und der nach dem „System Wetzler“, benannt nach dem
Erfinder, funktioniert, zählt zu jenen ökologisch-technischen Lösungen, die sich im Vergleich zu bisher
verwendeten, oder rein konventionellen Verfahren doch deutlich unterscheiden. Gerade hier ist die
Bedeutung für die Region aber auch für den gesamten Sektor der Landwirtschaft ersichtlich. Denn
gerade Projekte wie dieses, sind in Bezug auf Umwelt, oder Energieeffizienz richtungweisend.
Der Öko-Landbau sollte sich verstärkt als Motor einer umweltgerechten Landwirtschaft begreifen, der
auf eine entsprechende Weiterentwicklung der Agrartechnik Einfluss nimmt, die dann auch im
konventionellen Landbau eingesetzt werden kann und wird (vgl. HOFFMANN und HAHN, 2007, 38).
Lösungen wie der hier beschriebene innovative Getreidetrockner können dieser Forderung gerecht
werden.
4.5. Kommunikation und Weitergabe von gesammeltem Wissen
Herr Mader hat durch Ideenfindung, Planung, Errichtung und selbstverständlich nun durch den Betrieb
des Getreidetrockners wichtige Erfahrungen gesammelt, welche für andere Landwirte mit ähnlichen
Projekten von großer Bedeutung sein können. Der Landwirt ist sich dessen bewusst und ist auch sehr
gerne dazu bereit, sein erworbenes Wissen mit anderen zu teilen.
Abb4.: Gebäude, in dem Getreidelager und Trockner
untergebracht sind
Landwirte die sich vor Ort an seinem Hof informieren wollen, führt er sehr gerne herum und
beantwortet in den Gesprächen dabei ausführlich die Fragen der Interessenten. Besonders wichtig
sind ihm dabei die Vermittlung der Energieeffizienz mit der seine Trocknungsanlage arbeitet und die
dadurch niedrig gehaltenen Kosten für den Betrieb.
Auch die Firma „Thermo-Dynamik-International“ konnte durch die Funktionalität des Getreidetrockners
profitieren. Kam ihr System bisher nur bei der Heutrocknung erfolgreich zur Anwendung, so besitzt die
Firma nun auch erstmals Referenzen für die Trocknung von Getreide.
Unter externer Kommunikation versteht man die Kommunikation eines Unternehmens, oder in diesem
Fall des Projektes mit der Umwelt bei der die verschiedenen Zielgruppen und Kommunikationspartner
entsprechend angesprochen und dabei informiert und überzeugt werden sollen (vgl. KOLLER, 2007,
58). Darum sollte es auch im Interesse der Firma „Thermo-Dynamik-International“ sein, das von ihr
entwickelte System durch einen entsprechenden Internetauftritt, bei Messen oder durch
Massenmedien besser ins Rampenlicht zu rücken.
Diese neue Möglichkeit öffnet der slowenischen Firma die Tür zu einem bisher ungenutzten
Marktsegment. Um die dadurch neu gewonnenen Interessenten aus verschiedenen Nationen von der
Funktionalität zu überzeugen, bedient sich die Firma der Anlage von Herrn Mader als
Anschauungsobjekt und bietet von Zeit zu Zeit Reisen mit Führungen an den Hof der Familie an, wo
der Landwirt bereitwillig sein Wissen weitergibt.
116
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
5. Fazit
Da ich den Betrieb von Wolfgang Mader durch mehrere absolvierte Praxismonate gut kenne, kann ich
nur bestätigen, dass die Errichtung des Trockners ein „wahrer Glücksgriff“ für ihn, die
Erzeugergemeinschaft und alle Biobauern der Region ist.
Nicht nur seine Funktionalität sowie die vergleichsweise niedrigen Investitions- und Betriebskosten,
sondern auch das System selbst, mit dem der Trocknungsprozess abläuft, können als Belohnung für
den Mut zum Risiko angesehen werden. Zwar hatte Herr Mader eine Funktionsgarantie der Firma
„Thermo-Dynamik“, doch das Risiko war auf Grund der absolut nicht vorhandenen Referenzen des
Systems im Getreidetrocknungssektor kein geringes.
Nun, da sich die Anlage nach dem ersten Betriebsjahr bewährt hat, kann man auch die große
Bedeutung für alle Beteiligten erkennen. Die Bio-Landwirte haben endlich eine wirtschaftlich sinnvolle
Möglichkeit zu feuchtes Getreide trocknen zu lassen. Dadurch sind sie nun auch in Bezug auf den
Erntezeitpunkt, der großen Einfluss auf die Kornqualität hat, weitaus flexibler. Die
Erzeugergemeinschaft hat mit dem Trockner nun noch bessere Vorraussetzungen für eine gute
Lagerfähigkeit des Getreides geschaffen und kann überdies nun auch sicherer qualitativ hochwertiges
Getreide anbieten.
Nicht vergessen sollte man auch die Energieform mit der die Trockneranlage betrieben wird. Reiner
Netzstrom ist in den bedeutenden Monaten der Ernte ausreichend vorhanden und wird in Österreich
überwiegend mit Wasserkraftwerken erzeugt, die im Vergleich zu anderen Kraftwerksformen als
relativ umweltfreundlich bezeichnet werden können.
In Bezug auf die Kommunikation und die Weitergabe des gesammelten Wissens passieren zwar auch
jetzt schon wesentliche Dinge. Aufgrund der überzeugenden Funktionalität und Effizienz, sowie den
vergleichsweise niedrigen Investitions- und Betriebskosten, ist es aber von Vorteil, noch offensiver
Informationen über dieses Projekt in die Öffentlichkeit zu tragen, um das Wissen in diesem Bereich
einem weiten Kreis von Interessierten zugänglich zu machen.
Dass die Anlage Mader die bisher einzige in Betrieb stehende Anlage dieses Systems am
Getreidetrocknungssektor ist und viele potentielle Projektbetreiber weiter auf Öl- oder Gasbetrieb
setzen zeigt, dass dieses, doch sehr umwelt- und energiefreundliche System noch zu wenig bekannt
ist, beziehungsweise noch zu wenig Vertrauen in seine Funktionalität besteht.
117
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
6. Zusammenfassung
Die zu Beginn der meiner Arbeit formulierten Forschungsfragen in Bezug auf wirtschaftliche und
ökologische Vor- und Nachteile des Trockners, die Bedeutung dieser Innovation für die Biobauern der
Region, sowie die aktive Kommunikation des gesammelten Wissens an Dritte dienten mir dazu, die
nötigen Daten und Informationen durch ein ausführliches Interview mit dem Betriebsleiter Wolfgang
Mader, sowie aus diverser Fachliteratur zu erheben und anhand des in der Vorlesung erhaltenen
Leitfadens in eine Seminararbeit zu verpacken.
Der Getreidetrockner um den es hier geht, funktioniert durch ein im Getreidesektor noch nie
verwendetes System. Das „System-Wetzler“, benannt nach seinem Erfinder, wurde bisher nur in der
Heutrocknung angewendet.
Da es im Umkreis von 25km keine Möglichkeit gab, biologisch erzeugtes Getreide trocknen zu lassen,
und es noch dazu aufgrund der, für diese Region typischen eher feuchten Sommermonate, oftmals
schwierig war, den optimalen Erntezeitpunkt zu wählen entschloss sich Wolfgang Mader an seinem
Hof einen Getreidetrockner zu errichten. Nachdem er mehrere Systeme auf ihre Investitions- und
Betriebskosten geprüft hatte, stieß er durch Zufall auf das besagte „System Wetzler“. Nach einer
längeren Beratungs- und Planungsphase wurde dann der Trockner errichtet und steht nun seit letztem
Sommer in Betrieb.
Verglichen mit Trocknern, die durch Öl oder Gas befeuert werden, weist diese Innovation zwar
weniger Leistung, dafür aber deutlich niedrigere Betriebs- und Investitionskosten auf. Die Tatsache,
dass die dafür notwendige Energie einzig und allein durch Netzstrom herbeigeführt wird, der in
Österreich vorwiegend in umweltfreundlichen Kraftwerken erzeugt wird, ist ebenso ein Argument für
das neue System.
Für die Biobauern der Region steht nun endlich eine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit zur
Verfügung, zu feucht geerntetes Getreide trocknen zu lassen. Dies hat bedeutende Auswirkungen auf
die Lagerfähigkeit und die Qualität des Erntegutes, die durch die Existenz des neuen Trockners
entscheidend verbessert werden konnte.
Das während des gesamten Prozesses erworbene Wissen, kann für Landwirte mit ähnlichen
Vorhaben enorm wichtig sein. Deshalb ist Herr Mader auch gerne bereit, Interessenten zu beraten.
Auch die Firma „Thermodynamik“, mit der Wolfgang Mader den Trockner entwickelte, nützt diesen
bisher einzigartigen Trockner als Möglichkeit, ihr System einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren,
indem sie von Zeit zu Zeit mit interessierten Kunden Anschauung am Objekt betreiben.
118
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Literaturverzeichnis
ERLING, P. (1999): Qualitätsmanagement in landwirtschaftlichen Erzeugergemeinschaften – Analyse
und Konzeption am Beispiel der Produktion und Vermarktung von Brotgetreide. Bergen/Dumme:
Buchedition Agrimedia GmbH. (325 S.)
HOFFMANN, H. und HAHN J. (2007): Einführung moderner agrartechnischer Lösungen in den
ökologischen Landbau. Ökologie & Landbau 142, 38 - 39.
HUMPISCH, G. (1998): Getreide lagern – Belüften und Trocknen. Bergen/Dumme: Buchedition
Agrimedia Gmbh. (155 S.)
KOLLER, V (2007): Faktoren für wirtschaftlich erfolgreiche Projekte im ländlichen Raum - eine
rückblickende Analyse des "Agrar.Projekt.Preises" 1999 bis 2005. Wien: Dipl.-Arb. Universität für
Bodenkultur.
MADER, W. (2008): Mündliches Interview vom 28.12.2008
SARG, A. und ECKL, J. (2008): Rund, hoch oder flach. Bio-Austria 5/2008, 20 – 21.
SARG, A. und ECKL, J. (2008): Qualität sichern. Bio-Austria 5/2008, 18.
SARG, A. und ECKL, J. (2008): Getreidelagerung am Hof – Körner haben Ansprüche. Bio-Austria
5/2008, 16 - 17.
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Kompressoren und Gebläse des Trockner
5
Abbildung 2: Die Silozellen des Getreidelagers
5
Abbildung 3: Funktionsplan des Trockners mit dem „System Wetzler“
6
Abbildung 4: Gebäude, in dem Getreidelager Trockner untergebracht sind
9
Tabellenverzeichnis:
Tabelle 1: Niederschlagsmengen, Oberösterreichischer Zentralraum
4
Tabelle 2: Niederschlagsmengen, Marchfeld
4
119
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
D.3 Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter Uni Gärten.
Ein Vergleich unterschiedlicher Beispiele
– von Johannes PREE, Manuel JANITS und Christiane RINGLER
Abstract
Im Zuge der Lehrveranstaltung „Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung“ und aus
persönlichem Interesse erstellten wir diese Seminararbeit.
In unserer Seminararbeit haben wir uns mit Campus Gärten beschäftig. Dies sind studentische
Projekte, welche sich mit der Lebensmittelherstellung und der Zubereitung dieser beschäftigen. Dabei
wird von den StudentInnen hauptsächlich Gemüse angebaut und in der Folge weiterverarbeitet. Die
Arbeiten reichen von der Saat bis zur Ernte. Das Hauptziel eines solchen Projektes ist die Herstellung
des Bewusstseins für Lebensmittel und deren Herstellung und Herkunft. Wir sind dabei auf Beispiele
aus dem angloamerikanischen Raum, sowie der Universität für Bodenkultur Wien (im Folgenden Boku
genannt) eingegangen. Näher betrachtet wurden die Motive, die StudentInnen dazu bewegen, an
einem Campus-Garten-Projekt mitzuarbeiten, die personelle Organisation sowie organisatorische und
finanzielle Hintergründe, die für den Fortbestand eines derartigen Projektes unerlässlich sind. Nach
einer Recherche zu den Themen Motivation, personelle Organisation und finanzielle Organisation
führten wir eine Befragung von 117 StudentInnen an der Boku durch. Wir haben während unserer
Seminararbeit herausgefunden, dass ein Campus-Garten ein sehr komplexes und umfassendes
Projekt darstellt, das auf jeden Fall eine große Bereicherung für die Universitätsgemeinschaft bedeutet.
Unsere Seminararbeit kann als Grundlage für die Realisierung eines Campus-Gartens an der
Universität für Bodenkultur Wien dienen.
120
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ____________________________________________________________________ 122
2. Literaturübersicht______________________________________________________________ 123
2.1. Personelle Organisation
(Manuel) ___________________________________________ 124
2.2. Organisatorische Grundlagen:
( Hannes ) _____________________________________ 127
3. Ziele und Forschungsfragen _____________________________________________________ 128
4. Methoden____________________________________________________________________ 129
5. Ergebnisse___________________________________________________________________ 131
6. Diskussion ___________________________________________________________________ 136
6.1. Die Motivationen (Christiane) ________________________________________________ 136
6.2. Personelle Organisation (Manuel)_____________________________________________ 137
6.3. Organisatorische Grundlagen (Hannes) ________________________________________ 138
7. Schlussfolgerungen ____________________________________________________________ 140
8. Zusammenfassung ____________________________________________________________ 140
9. Literaturverzeichnis ____________________________________________________________ 141
121
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
1. Einleitung
Die Lebensmittelherstellung sowie die Lebensmittelzubereitung verändern sich rasant in eine negative
Richtung. Das Ernährungsverhalten vieler Menschen verändert sich dramatisch. Fertiggerichte und
Fastfood gehören für viele Menschen zum Alltag.
Neben der Ernährung haben die Veränderungen der Produktion und Zubereitung von Lebensmitteln
noch viel weitreichendere Folgen. Durch Spezialisierung einiger weniger Menschen auf intensive
Landwirtschaft in bestimmten Gebieten der Erde kommt es in anderen Gebieten zu fehlendem Kontakt
vieler Menschen mit der Natur, der Grundlage für alles Leben auf der Erde. Außerdem ist es möglich
sich auf Grund einer Vielzahl von fertigen Nahrungsmitteln nicht mit der Zubereitung dieser zu
beschäftigen. Dies führt natürlich zum Verlust des direkten Bezugs zu den Lebensmitteln. Essen und
Kochen wird immer mehr auf das Notwendigste reduziert. Viele Menschen wissen überhaupt nichts
über den Anbau von Obst und Gemüse bzw. wo ihre Nahrung überhaupt herkommt und wie sie
entstanden ist. Dieser Verlust an Wissen über den Anbau und die Verarbeitung von Lebensmitteln ist
sehr bedenklich.
Um diesem Trend entgegen zu wirken entstanden in Übersee studentische Initiativen wie z. B.
Campus Gärten. In diesen bauen junge Menschen gemeinsam Gemüse und Obst an und verarbeiten
dieses in der Folge weiter. Vom vorbereiten der Beete über die Pflege dieser bis hin zur Ernte werden
die anfallenden Arbeiten von den Studenten selbst – oft mit fachkundiger Hilfe - durchgeführt. Der
Umfang der Initiative Campus Garten ist unterschiedlich. So gibt es Campus Gärten in denen Gemüse
angebaut wird aber auch Universitäten die sich voll und ganz der Idee der Nachhaltigkeit verschrieben
haben. Ebenso variiert auch die Organisation der Campus Gärten stark. Je nach Zielen,
Mitgliederanzahl und Mitgliederstruktur ergaben und ergeben sich so unterschiedliche Formen der
Zusammenarbeit.
Das primäre Ziel ist es einen Bezug zu den Lebensmitteln, der Produktion dieser sowie deren
Weiterverarbeitung herzustellen. Neben dem Erwerb von Wissen um den Anbau, stellen auch die
Organisation eines solchen Projektes und das gemeinsame Arbeiten wichtige Aspekte dar. Diese
Arbeit stellt eine Annäherung an das Thema Campus Garten dar. Dazu wurde in diverser
Grundlagenliteratur recherchiert, es wurden Beispiele aus der Praxis analysiert sowie eine Umfrage
durchgeführt. Die Schwerpunkte dieser Arbeit liegen dabei im Bereich der Motivation der Mitglieder,
sowie in der personellen und finanziellen Organisation eines Campus Gartens. Außerdem wurde über
eine mögliche Form der Umsetzung an der Boku nachgedacht.
122
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
2. Literaturübersicht
Zur Beantwortung unserer Forschungsfragen haben wir Literatur über die Online-Suchmaschine
Scopus gesucht. Dabei haben wir Texte nach den Suchkriterien „Organic, Campus/School, Garden,
Sustainable/Sustainability“ ausgewählt. Nachdem wir die Abstracts der gefundenen Artikel genauer
studiert hatten, haben wir diejenigen ausgesucht, die in Wien von Universitäten oder anderen
Einrichtungen (wie zB der Österreichischen Nationalbibliothek) zum Download zur Verfügung gestellt
wurden.
Zum besseren Verständnis: Unter Campus-Struktur versteht sich „ein geschlossenes
Hochschulgelände mit sämtlichen Einrichtungen für Forschung, Lehre, Studium, Sport, Erholung,
Wohnungen für Studenten und Lehrkräfte; besonders verbreitet in den USA“ (MEYERS ONLINE LEXIKON,
2009, s.p.).
Campus Gärten stellen einen wichtigen Beitrag zur Förderung von gesunder Ernährung (frisch
zubereitete Speisen, Obst und Gemüse) in einer jungen Generation mit erhöhtem Aufkommen von
Diabetes II und Fettleibigkeit dar. Laut Ozer wird in den USA großes Potenzial in Campus- oder
Schulgärten, sowie in Bauernhof-zur-Schule/Uni-Projekten gesehen. Die Studierenden sollen lernen,
wo die Nahrungsmittel herkommen, und wie sie zubereitet werden, der Verzehr von frischen
Lebensmitteln soll gegenüber dem Verzehr von Fertiggerichten gefördert werden (OZER, 2006, 846).
Auch in Österreich ist die Stoffwechselerkrankung Adipositas mit ihren Begleiterscheinungen
(Diabetes, erhöhter Blutdruck, coronarer Herzkrankheit, Osteoporose, Krebserkrankungen) ins
Zentrum gerückt. In der EU sind 200 Mio. Erwachsene und 14 Mio. Kinder von Übergewicht und
Adipositas betroffen. Die Ernährungsweise alleine ist nicht für die Stoffwechselerkrankung
verantwortlich, sondern auch Bewegung ist ein gewichtiger Faktor. (MINI MED STUDIUM, 2009,s.p.)
Der Verzehr von frischen Lebensmitteln wird auch an der Boku gefördert, wo die Studierenden eine
Parzelle in Jedlersdorf bekommen, die sie selbstständig im Rahmen der Lehrveranstaltung
bewirtschaften. Das geerntete Obst- und Gemüse dient anschließend dem Eigenverbrauch
(Spornberger, 2008, s.p.).
Aber nicht nur die Förderung einer gesünderen Lebensweise bzw. die Vermeidung von Krankheiten,
als Resultat eines ungesunden Lebensstils (Diabetes II, Adipositas) stellen für die Universitäten eine
Motivation zur Errichtung eines Campus Gartens dar.
Die University of British Columbia in Kanada zum Beispiel hat sich Nachhaltigkeit am Campus und
allen universitären Einrichtungen zum obersten Ziel gesetzt. Mit dem „University of British Columbia
Food System Project“, im Folgenden UBCFSP abgekürzt, sollen alle der Universität Angehörigen für
einen nachhaltigen Lebensstil sensibilisiert werden. Informationskampagnen sollen die StudentInnen
dazu motivieren Energie, Wasser und Papier zu sparen, zu recyceln, sowie sich für ökologisch
erzeugte Lebensmittel zu entscheiden. Die Idee der Universität ist es, eine eigene
„Universitätsstadt“ zu gründen, für die Menschen, die dort studieren und arbeiten, so sollen auch die
Abgase durch Verkehrsmittel drastisch reduziert werden. Jede/r ist somit ein Teil des UBCFSP. Durch
monatliche E-Mails sollen die Studierenden informiert und motiviert werden sich für nachhaltige
Veranstaltungen zu interessieren und teilzunehmen. Nachhaltigkeit soll in ihrem Leben immer einen
Platz haben. Studierende werden motiviert einen wichtigen Beitrag für die Gemeinschaft und für
zukünftige Generationen zu leisten, nicht nur für sich selbst (UNIVERSITY OF BRITISH COLUMBIA CANADA,
2008, s.p.).
Das UBCFSP soll dabei helfen eine neue Generation von Wissenschaftlern (Global Citizens)
auszubilden, mit einem soliden Grundverständnis für ökologische, soziale und ökonomische
Nachhaltigkeit. Die WissenschaftlerInnen sollen ausgerüstet werden, Lösungen für die
Gesellschaftsprobleme der Zukunft zu entwickeln, so Rojas in einem Artikel über das UBCFSP in
Ecohealth.
Durch die Struktur der Universitätsstadt, die errichtet werden soll, soll es den WissenschaflterInnen
möglich gemacht werden, globale Probleme anhand eines kleinen, regionalen und sehr persönlichen
Umfeldes zu analysieren und zu verstehen, um als Gemeinschaft zu handeln. Auch den Studierenden
soll so eine Möglichkeit geboten werden, ihr gelerntes theoretisches Wissen praktisch umzusetzen, in
einem richtigen Projekt (ROJAS et al, 2007, 89).
123
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Ein weiterer wichtiger Aspekt - um nicht zu sagen oftmals ein Charakteristikum von Campus Gärten sind die freiwillige und ehrenamtliche Mithilfe der teilnehmenden Studierenden oder ProfessorInnen.
Ehrenamtliche Tätigkeiten sind im Rahmen solcher Campusgarten-Projekte bedeutsam, weil viele
Studierende die Vorteile von ehrenamtlichen Tätigkeiten zB Lernen fürs Leben oder die Gemeinschaft
der Studierenden zu unterstützen kennen lernen. Weiters sind ehrenamtliche Tätigkeiten als ein
wichtiger Aspekt jeder Gemeinschaft, besonders Gemeinschaften, die dran arbeiten, einen
nachhaltigen Lebensstil von der Basis auf zu schaffen, anzusehen. Die Leistungen durch
ehrenamtliche Tätigkeit gehen über das Individuum hinaus, außerdem sind die Leistungen für das
einzelne Individuum (persönliches Wachstum, Gesundheit) zahlreich und haben viel Potenzial.
Im Gegensatz zu anderen Projekten dieser Art bekommen die Studierenden der Universität
Charleston in South Carolina, USA kein Gemüse zur Selbstversorgung, aber nehmen Teil, um
nachhaltig etwas zur Bildung am Campus und der Gemeinschaft beizutragen (MCKINNE et al, 2007,
155f).
2.1. Personelle Organisation
(Manuel)
Um die möglichen Gründe für das Funktionieren eines Campus Gartens - hinsichtlich der Organisation
eines solchen – besser verstehen zu können, beschäftigten wir uns außerdem mit personeller
Organisation. Dabei lag der Focus im Speziellen auf den Motiven zur Mitarbeit in einem solchen
Projekt sowie dem Personalmanagement und dessen Wechselwirkungen. Um einen Überblick zu
erhalten, wurde in diverser Literatur recherchiert. Im Folgenden befindet sich eine Zusammenfassung
dieser Recherche.
Die Erklärungen für das menschliche Verhalten in Organisationen setzen an drei Punkten an:
• Können
Hierbei geht es um die Suche nach der bestmöglichen Übereinstimmung zwischen individuellen
Fähigkeiten und organisationalen Anforderungen.
• Wollen
Einen weiteren wichtigen Punkt stellt die Motivation dar. Sie trägt zu einem bestimmten Verhalten
maßgeblich bei. Unterschiedliche Modelle zur menschlichen Motivation betonen, dass diese nicht nur
von monetären Anreizen abhängt, sondern auch stark von den Interaktionen zwischen der unmittelbar
vorgesetzten Führungskraft und den Mitarbeitern beeinflusst wird.
• Dürfen
Dieser Ansatzpunkt beschäftigt sich mit der “richtigen“ Aufgabenverteilung, der Verteilung der
Entscheidungskompetenzen sowie der handlungsleitenden Normen und Werte
(Organisationskultur).
Die drei Punkte Können, Wollen und Dürfen stehen in Wechselwirkung, das heißt, dass
Veränderungen in einem Bereich meist zu Anpassungen in den beiden anderen führen.
Die Suche nach dem passenden Management sprich die Wahl des richtigen Führungstils, der
Motivationsinstrumente, die Handhabung der Organisationsstruktur und –kultur etc. ist nicht zu
verallgemeinern, sondern je nach gegebener Situation mit speziellen Voraussetzungen individuell zu
wählen. Unterschiedliche Forschungen kommen zu dem Schluß (vgl. BADELT et al., 2007, 172f),
dass bei einfachen, klaren und stabilen Umweltbedingungen eher das mechanistische
Managementkonzept, in komplexen, unklaren, dynamischen Umwelten eher das selbstorganisierende
Modell gilt.“ (BURNS et al., 1961, s.p.) (Abbildung 15)
124
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Abbildung 15: Managementkonzepte aus Verhaltenswissenschaftlicher Sicht
Quelle:
Heimerl-Wagner, 1996, S. 118
Die Verantwortung sämtlicher Prozesse werden beim selbstorganisierten Modell
eigenverantwortlichen operativen Einheiten übergeben, die thematisch und oder strategisch
voneinander abgegrenzt sind und unterschiedliche Teamstrukturen aufweisen können. Die
Organisationsspitze beschränkt sich auf Prozesse wie die strategische Planung, die Finanzierung
sowie die Gesamtorganisation der operativen Einheiten und legt damit den Rahmen deren Autonomie
fest. Die sich dadurch ergebenden flachen Hierarchien welche für selbstorganisierte Modelle
charakteristisch sind, fördern die Möglichkeiten, Systemverbesserungen eigenverantwortlich
konzipieren und verbessern zu können (vgl. BADELT et al., 2007, 225ff).
Das Personalmanagement ist in NPO’s sehr stark durch differenzierte Personalstrukturen (Bezahlte,
Ehrenamtliche, etc.) und durch individuelle Be- und Überlastungsphänomene geprägt (vgl. BADELT et
al., 2007, 175). Ehrenamtliche Mitarbeiter, die für ihre Arbeitsleistung keine monetäre Gegenleistung
erhalten stellen eine wichtige Bedeutung in NPO’s dar.
125
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
“Zunächst einmal heißt ehrenamtliche Tätigkeit, dass eine Tätigkeit um ihrer selbst, in anderen Fällen
um der «Ehre» willen, also vor allem wegen der Außenwirkung übernommen wird, die mit ihr
verbunden ist oder die die jeweiligen Erbringer aus ihr ableiten.“ (BADELT et al., 2007, 275)
Dies bedeutet, dass ehrenamtliche Mitarbeiter bereits von sich aus motiviert sind. Diese Mitglieder
definieren stärker als hauptamtliches Personal für sich selbst, ob, in welcher Weise, mit welcher
Intensität und wie lange sie für die NPO tätig sein wollen. Besonders dieses Nebeneinander von
Hauptamtlichen - die meist einer einkommensbezogenen Motivationsstruktur folgen - sowie von
Ehrenamtlichen bedingen besondere Anforderungen an das Personalmanagement.
Die ehrenamtliche Tätigkeit setzt voraus, dass die jeweilige Person bereits von einem gesicherten
Lebensunterhalt ausgehen kann. (vgl. BADELT et al., 2007, 274ff)
Ehrenamtliche Arbeit ist durch zahlreiche unterschiedliche Faktoren zu erklären, denen
unterschiedliche Motive zu Grunde liegen. Aus ökonomischer Sicht können die Erklärungsfaktoren
nach einem grundlegenden Gesichtspunkt geordnet werden (vgl. BADELT et al., 2007, 513ff):
“ Es kann dem Ehrenamtlichen zum einen um den Nutzen oder die Lebenssituation des
Leistungsempfängers gehen – ein Verhalten, das in der Alltagssprache wie in der Fachwelt meist als
altruistisch bezeichnet wird. Es ist zum anderen möglich, dass der eigene Nutzen des Ehrenamtlichen
sein Verhalten wesentlich bestimmt. Dieser Nutzen kann entweder aus dem Prozess der
ehrenamtlichen Arbeit oder aus dem Ergebnis erhofft werden.“ (BADELT et al., 2007, 514).
Die altruistische Komponente:
Oft engagieren sich Ehrenamtliche, weil es ihnen um die gute Sache geht. Dabei wird eine bestimmte
Einrichtung unterstützt, einer Idee, die der Gemeinschaft dient zum Durchbruch verholfen, oder es soll
einfach einer Person oder einer Institution geholfen werden. Aus soziologischer Sicht spricht man
dabei von «Motiven». Aus der ökonomischen Forschung kann diese Form der Motivation als
altruistisch bezeichnet werden, wobei es darum geht, das Wohlbefinden (den Nutzen) einer anderen
Person zu erhöhen. Unter diesem Motiv ist es notwendig, dass der Ehrenamtliche über die
Wunschvorstellungen des Leistungsempfängers hinreichend informiert sein muss. In der Praxis führt
dies auf Grund falscher Annahmen des Ehrenamtlichen bezüglich der Wünsche des
Leistungsempfängers speziell in der sozialen Arbeit oft zu Problemen. In direkten Befragungen geben
Ehrenamtliche oft Motive dieser Art für ihr Engagement an (vgl. BADELT et al., 2007, 514).
Die Eigenwertkomponente:
Oft leitet sich der Nutzen eines Ehrenamtlichen mehr aus dem Prozess der Arbeit und weniger aus
dem Arbeitsergebnis ab. In der soziologischen Literatur werden diese hinter dem Eigenwert der Arbeit
stehenden Motive meist als persönliche Motive bezeichnet. Dazu zählen soziale Integration,
persönliche Zufriedenheit, Erwerb von sozialem Status, sinnvolle Freizeitgestaltung etc. Auch die
weitgehende Zeitautonomie in der Ehrenamtlichkeit im Vergleich zum typischen Erwerbsleben kann
die Zufriedenheit steigern. Die Fachliteratur ist optimistisch hinsichtlich des hohen Eigenwerts
ehrenamtlicher Arbeit und spricht von einer so genannten «Helfer-Rückwirkung». Dies bedeutet, dass
der Ehrenamtliche durch seine Arbeit eine bestimmte Form der Persönlichkeitsentwicklung,
Zufriedenheit, Kompetenzerweiterung etc. gewinnt. Manche sozialpsychologischen Studien gehen
sogar so weit, positive Wirkungen auf die Gesundheit der Ehrenamtlichen zu diagnostizieren und
sogar empirisch zu belegen. Auch das Eigenwertargument wird in der Praxis beobachtet und ist
empirisch gestützt. Manche Menschen beginnen in einer schwierigen Lebensphase mit
ehrenamtlicher Arbeit wobei die Arbeit zu einem Instrument der Suche nach einer biographischen
Orientierung wird (vgl. BADELT et al., 2007, 515f).
Die Tauschkomponente:
Auch wenn die ehrenamtliche Arbeit nicht monetär entlohnt wird, können Ehrenamtliche für ihre Arbeit
eine Gegenleistung erhalten. Man spricht von einem Tausch, wenn die Gegenleistung direkt vom
Leistungsempfänger ausgeht, alle anderen Fälle sind eher durch den Eigenwert zu erklären.
Gegenleistungen können z.B. Information, Einfluss, insbesondere Mitentscheidungsmöglichkeiten
darstellen. Auch der Erwerb beruflicher Erfahrungen kann in diesem Zusammenhang als
Gegenleistung verstanden werden. Diese Tauschkomponente kann auch in der organisierten
Nachbarschaftshilfe, aber auch in sozial oder medizinisch orientierten Selbsthilfegruppen gefunden
werden (vgl. BADELT et al., 2007, 515f).
126
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Bei der Akquisition von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen ist darauf zu achten, dass eine klare
Perspektive aufgezeigt wird, die den Motiven der potentiellen MitarbeiterInnen entgegenkommen. Die
Aufgaben- und Arbeitsbereiche für die Organisation sowie für die InteressentInnen selbst müssen
definiert werden. Diese Werbung um Ehrenamtliche stellt einen wichtigen Bestandteil der betrieblichen
Außenkommunikation dar. Auch die Präsenz in entsprechenden Medien wie dem Internet ist von
großer Bedeutung (vgl. BADELT et al., 2007, 516f).
Um ehrenamtliche Mitglieder anzuwerben haben sich diverse Events als förderlich erwiesen. Dabei
werden die Arbeit sowie die Ziele der Organisation und die Möglichkeiten der Mitarbeit in dieser
präsentiert. Außerdem ist auf die Vorteile für das einzelne Individuum, der gesamten Organisation
sowie einer größeren Gemeinschaft hinzuweisen.
Ständige Motivation durch Zukunftsvisionen und die Möglichkeit jeder und jedes Einzelnen sich
einzubringen führt zu einer langlebigen Organisation (vgl. MCKINNE et al., 2007, 148 ff).
Die drei Punkte zur Erklärung für menschliches Verhalten in Organisationen, nämlich das Können,
Wollen und Dürfen (vgl. BADELT et al., 2007, 172f) sind sowohl als Möglichkeiten als auch als
Einschränkungen für eine Organisation zu sehen. Je nach den gegebenen Möglichkeiten und
Vorstellungen der Organisation verschieben sich diese drei Punkte bzw. beeinflussen sich gegenseitig.
2.2. Organisatorische Grundlagen:
( Hannes )
Unter der Bedingung, dass Studentengärten nicht gewinnorientiert handeln und entscheiden, lässt
sich die Unternehmung eindeutig den Nonprofit-Bereich zuordnen. Nonprofit bedeutet allerdings nicht
„No Profit“, sondern „Not for Profit“. Der Profit sollte nicht Ziel der Unternehmung sein. Folgende
Kriterien von Badelt et al. zur Identifikation einer Nonprofit Organisation (NPO) treffen mehr oder
weniger für einen Studentengarten zu:
- Mindestmass an formaler Organisation
- Selbstverwaltung und Entscheidungsautonomie
- Freiwilligkeit
- keine Gewinne bzw. Überschüsse an Mitglieder ausschütten
In der Praxis lassen sich diese Grenzen nicht so einfach ziehen. Bei den meisten NPO’s sind einzelne
Kriterien stärker ausgeprägt und andere werden nicht erfüllt (vgl. Badelt et al. 2007,7). Bei einem
Studentengarten, der als Ziel die praktische Übung und als Produkt Lebensmittel liefert, ist das
Verwerten von Produkten durch die Mitglieder auch als Gewinnausschüttung zu sehen. Um sich
allerdings von profitorientierten Unternehmungen abzugrenzen, ist anzumerken, dass die
Gewinnmaximierung nicht in Entscheidungen und Planungen das oberste Ziel ist.
Es müssen alternative Ziele festgelegt werden:
1. Um sich vor den Geldgebern rechtfertigen zu können: Bei gewinnorientierten Unternehmungen ist
dies aus der Bilanz abzulesen. Bei NPO’s ist dies nur bedingt möglich bzw. erwünscht. Um den
Geldgebern allerdings eine Entscheidungsgrundlage zu geben, ob sie die finanziellen Mittel weiter zur
Verfügung stellen, sollte großes Augenmerk auf die alternativen Ziele gelegt werden. Schließlich
sollten alle Beteiligten mit den Zielen einverstanden sein und auf die Erfüllung geachtet werden. Sie
sollten schriftlich festgehalten werden. Dies stellt einen Schutz aller Mitwirkender dar, da der
Geldgeber nicht einfach seine Mittel abziehen kann.
2. Um den Fortschritt der Unternehmung feststellen zu können: Dies wirkt sich nicht nur positiv auf die
Motivation der Beteiligten aus, sondern ist auch für eine Nonprofit Organisation von großer Bedeutung.
Eng damit verbunden ist Innovation und Entwicklung.
In Bezug auf einen StudentInnengarten könnten interessante Eckdaten sein:
- Wie viele StudentInnen nehmen das Angebot in Anspruch?
- Nützen ProfessorInnen den Garten um praxisnahes Wissen zu vermitteln?
- Wird dieser für ein Tutorium eingesetzt?
- Wie ist die Zustimmung der beteiligten StudentInnen?
127
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
In Österreich ist der NPO Sektor eng mit staatlichen Einrichtungen im Förderungs- und Sozialbereich
verknüpft (vgl. Badelt et al. 2007,58ff). Als Beispiele sind hier die Sporthilfe und viele
Sozialeinrichtungen zu erwähnen.
Als Rechtliches Konstrukt sind in Österreich folgende Formen für NPO’s interessant:
- Verein
- Genossenschaft
- Stiftung
- gemeinnützige Kapitalgesellschaft
In der Praxis ist die Vereinsform in Österreich am weitesten verbreitet (vgl. STATISTIK AUSTRIA, 2007.).
Sie ist rechtlich am einfachsten zu organisieren und eignet sich für Nonprofit Unternehmungen mit
geringem finanziellen Aufwand und Risiko. Die Organisation eines Campus-Gartens von StudentInnen
an der BOKU in Form eines Vereines wäre daher eine mögliche Option. Nach österreichischem Recht
gilt für Vereine folgendes:
„Ein Verein muss als juristische Person sogenannte Organe einrichten, und zwar jedenfalls:
- die Mitgliederversammlung (häufig Generalversammlung oder Hauptversammlung
genannt), die zumindest alle vier Jahre einzuberufen ist
- das Leitungsorgan (oft als Vorstand bezeichnet), das aus mindestens zwei Personen
bestehen muss
außerdem
hat
jeder
Verein
mindestens
zwei
Rechnungsprüfer
bzw.
Rechnungsprüferinnen zu bestellen.
Ein Verein, der zu einem erweiterten Jahresabschluss verpflichtet ist, hat einen Abschlussprüfer
bzw. eine Abschlussprüferin zu bestellen“ (Bundesministerium für Inneres, 2009, s.p.).
Finanzierung
Betriebswirtschaftliche und Rechtliche Rahmenbedingungen dürfen aber gerade bei NPO’s nicht
vergessen werden. Badelt et al. (2007) weisen ausdrücklich darauf hin, da diesem durchaus sehr
wichtigen Teil der Organisation zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird und die Unternehmung
dadurch unnötig gefährdet wird.
Die Liquidität ist bei Nonprofit Unternehmungen von großer Bedeutung. „Setzt man an dem Begriff
Zahlungsfähigkeit an, wird klar, dass die Liquidität eines Unternehmens von den an das Unternehmen
gerichteten Zahlungsansprüchen einerseits und dem Zahlungsvermögen des Unternehmens
andererseits abhängt“ ( DRUKARCZYK, 1999, 23ff). Auch die zukünftige Liquidität ist für eine
nachhaltige Organisation von großer Bedeutung. Hier bietet die Betriebswirtschaftslehre einige
Methoden und Planungsinstrumente an ( Finanzplan ), die hier nicht näher besprochen werden (vgl.
DRUKARCZYK, 1999, 28). Wenn einer NPO eine Zahlungsunfähigkeit droht, sind alternative Ziele
unterzuordnen (vgl. Badelt et al. 2007,105ff).
3. Ziele und Forschungsfragen
Ein Aspekt unserer Seminararbeit ist die Erhebung der verschiedenen Motive zur Gründung von so
genannten Campus-Gärten von StudentInnen. Wir wollen herausfinden, was die Motivationen der
StudentInnen sind ein solches Projekt zu unterstützen. Ein besonderes Augenmerk haben wir dabei
auch auf die BOKU als „Universität des Lebens“ gesetzt, und haben versucht zu erheben, ob es ein
Publikum an der BOKU gibt für einen Studentengarten, und wie groß die Bereitschaft und das
Interesse der einzelnen StudentInnen ist – unabhängig von ihrer Studienrichtung – bei so einem
Projekt mitzuarbeiten. Die Forschungsfragen, die wir uns gestellt haben sind folgende:
1. Welche Motivationen treiben StudentInnen an, einen Studentengarten zu gründen oder dort
mitzumachen?
2. Wie interessiert sind StudentInnen der BOKU an so einem Projekt mitzumachen (unabhängig
von der Bachelorstudienrichtung)?
3. Was sind mögliche Motivationen für StudentInnen der BOKU an einem BOKU-Garten
mitzuwirken?
128
Christiane
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Außerdem wurde die Thematik der personellen Organisation - um die Struktur der Mitglieder und in
der Folge die der Organisation besser zu verstehen - behandelt und folgende Fragestellungen
formuliert:
1. Welche Möglichkeiten bezüglich der Zusammenarbeit in Organisationen gibt es aus der Sicht
des Managements?
2. Welche Faktoren sind für das Überleben bzw. die Weiterentwicklung eines personellen
Netzwerkes von Bedeutung?
3. Was charakterisiert ehrenamtliche Tätigkeiten und deren MitarbeiterInnen?
4. In wie weit beeinflussen Entscheidungskompetenzen also Mitentscheidungsmöglichkeiten die
Bereitschaft in einer ehrenamtlichen Organisation tätig zu sein?
Weiters haben wir folgende Forschungsfragen aufgegriffen,
Studentengartens auf der BOKU einen Schritt näher zu kommen:
um
Manuel
der
Realisierung
eines
1. Welche Organisationsformen bieten sich für einen Studierendengarten in Bezug auf die BOKU an?
2. Welche Finanzierungsmöglichkeiten bieten sich für einen BOKU Studierendengarten an?
Hannes
4. Methoden
Zur Beantwortung unserer Forschungsfragen haben wir Literatur aus E-Journals und Hardcopys aus
Universitätsbibliotheken sowie über das Internet herangezogen. Die E-Journale wurden via
„Scopus“ gesucht und aufgrund der Abstracts ausgewählt. Bei Scopus handelt es sich um eine
Suchmaschine mit deren Hilfe es möglich ist wissenschaftliche Artikel in E-Journals zu suchen. Als
Schlagworte, die entweder im Text oder den Abstracts vorkommen sollten haben wir „Campus,
Garden, School, Organic bzw. Sustainable“ gewählt. Teilweise konnten die relevanten Artikel an der
Universität für Bodenkultur herunter geladen werden, einen anderen Teil haben wir an der TU Wien
und der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien ausfindig machen können, da nur diese Zugriff
boten.
Außerdem wurde eine Befragung von Studierenden, durch einen strukturierten Fragebogen (siehe
Anhang), durchgeführt. Die StudentInnen wurden zufällig an zwei aufeinander folgenden Tagen
zwischen 10 Uhr und 15 Uhr vor dem Exnerhaus und in der Muthgasse ausgewählt. Wir haben uns
bewusst für diese Standorte der Befragung entschieden, da dort unserer Meinung nach der größte
Teil der Studierenden anzutreffen ist, da sich dort auch die Bibliothek befindet (Exnerhaus). Für die
Muthgasse haben wir uns entschieden, da dort ein Großteil der LMBT-Studierenden anzutreffen ist.
Es wurde ihnen kurz erklärt, worum es bei dem Fragebogen geht, wozu er gut ist, und dass die
Befragung ca. 2 Minuten dauern wird. Die Studierenden haben den Fragebogen dann selbstständig
ausgefüllt. Es sollten mindestens 15 Studierende pro Bachelorstudienrichtung befragt werden.
Insgesamt wurden an den zwei Tagen 117 Studierende befragt. Ausgewertet wurde der Fragebogen
mit Excel. Die Ergebnisse wurden in eine Tabelle eingetragen, und daraus wurden Kreisdiagramme
erstellt, da man dort die %-Angaben der Antworten unserer Meinung nach am Besten ablesen kann.
Wenn es Sinn machte haben wir den Mittelwert errechnet.
Um weitere sachbezogene Informationen zu sammeln entschieden wir uns dazu ein Experteninterview
zu verfassen und an vier Universitäten in den U.S.A. - die ein solches Campus Garten Projekt bereits
in die Realität umgesetzt haben - per E-Mail zu versenden. Dazu zählen die Universität Yale
(Berkeley), die Universität Utah, die Universität Wisconsin – Madison sowie die Universität Michigan.
Ein Exemplar dieses Experteninterviews befindet sich im Anhang. Das Interview enthält Fragen der
Organisation, der Lage und Gestaltung des Gartens, der Finanzierung sowie des
Personalmanagements. Ziel war es eine Person – die möglichst lange in der Organisation des
Campus Gartens tätig ist – zu befragen um eine möglichst gute und in der Praxis erprobte Information
zu erhalten. Es wurden mehrere Universitäten befragt um gegebenenfalls Unterschiede in der
129
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
strategischen Vorgehensweise der einzelnen Institutionen vergleichen und bewerten zu können.
Leider antwortete uns keine einzige dieser Institutionen. Wir vermuteten, dass es möglicherweise an
der Formulierung des E-mails gescheitert ist, indem wir um die Beantwortung der Fragen baten, dass
sich die kontaktierten Institutionen nicht zuständig oder sogar beleidigt fühlten. Ein weiterer möglicher
Grund könnten Universitätsferien sein.
Weiters wäre noch ein Interview mit der Rektorin geplant gewesen. Aus zeitlichen Gründen und um
den Umfang dieser Arbeit nicht zu sprengen wurde dies nicht realisiert. Aktuelle personelle
Umstellungen an der Universitätsspitze erschweren eine längerfristige Planung und diese Methode
hätte aus derzeitiger Sicht keine nachhaltige Wirkung gezeigt.
130
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
5. Ergebnisse
Die Ergebnisse aus den Befragungen der Studierenden werden im Folgenden in der Reihenfolge der
Fragen des Fragebogens (siehe Anhang) dargestellt. Zu Beginn wurden allgemeine Fragen zum
Studium gestellt (Studienrichtung und Studienfortschritt), danach folgten Fragen zur Bekanntheit von
Campusgärten, sowie zur konkreten Bereitschaft und den möglichen Motivationen der Studierenden,
an einem derartigen Projekt an der BOKU mitzuwirken.
Frage 1a: Welcher Bachelorstudienrichtung gehörst du an?
Über 3/4 der Befragten gehören den Studienrichtungen UBRM, LMBT, LAPLA, KTWW und AW an.
Das entspricht in etwa dem Bild der Studierendenzahlen der BOKU im Sommersemester 2008 in
Prozent, verteilt auf die einzelnen Studienrichtungen. Von den Befragungen ausgenommen sind
Studierende der Studienrichtung Pferdewissenschaften, da diese an der veterinärmedizinischen
Universität inskribiert sind und Studierende der Individuellen Bachelorstudien.
Studienrichtungen der Befragten
Studienzahlen Boku SS 2008
0%
2%
3%
14%
1%
9%
16%
AW
21%
6%
UBRM
LMBT
LAPLA
12%
19%
Holz
FW
Holz
Wein
Wein
19%
LMBT
Pferde
22%
15%
4%
18%
Abbildung 1: Studienrichtung der
Befragten
UBRM
LAPLA
KTWW
AW
FW
KTWW
Individuell
2%
17%
Abbildung 2: Studienzahlen Boku SS 2008
Frage 1b: Im wievielten Semester bist du?
85 % der Befragten studieren entweder im 5., 3., 1. oder 7. Semester. Das ergibt sich vor allem
daraus, dass die Befragung im Wintersemester durchgeführt wurde, und der Großteil der
StudentInnen auch im WS ihr Studium aufnimmt.
Frage 2: Hast du schon einmal etwas von Stadt-Landwirtschaft gehört?
Fast 40 % (39,32) der Befragten haben bereits
etwas von Stadt-Landwirtschaft gehört,
für 57,26 % war der Begriff noch unbekannt.
3,42%
39,32%
57,26%
Ja
Nein
k.A.
Abbildung 3: Bekanntheit von StadtLandwirtschaft unter den Studierenden
der Boku
131
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Frage 3: Wie sehr interessiert dich das Thema?
7,69 % gaben an, dass sie das
Thema sehr interessiert, 41,03 %,
dass sie am Thema eher
interessiert sind, 37,61 % gaben
an, dass sie mittel an dem Thema
interessiert sind und 12,82 %
gaben an, dass sie eher nicht bis
gar nicht an den Thema
interessiert sind (gar nicht: 0,85 %;
das entspricht einer befragten
Person).
Interesse d. BOKU-Studiernden an StadtLandwirtschaft
60
50
40
30
20
10
0
sehr
interessiert
mich
mittel
eher nicht
gar nicht
k.A.
Abbildung 4: Interesse der Boku-Studierenden an StadtLandwirtschaft
1,71%
0,85%
19,66%
22,22%
Frage 4: Was hältst du von so genannten Campus-Gärten,
sehr viel
die von ProfessorInnen und StudentInnen biologisch
viel
bewirtschaftet werden?
mittel
Knapp 3/4 der Befragten halten sehr viel bis viel von CampusGärten, 22,22 % antworteten mit mittel und 2,56 % halten eher
nichts von diesen Initiativen. Eine befragte Person (0,85 %)
machte keine Angaben.
k.A.
eher nichts
55,56%
Abbildung 5: Haltung der Boku-Studierenden
zu Campus-Gärten
Relevanz des Themas für die Boku
0,85% 1,71%
7,69%
11,11%
34,19%
sehr relevant
relevant
mittel
eher nicht
relevant
nicht relevant
44,44%
k.A.
Abbildung 6: Relevanz des Themas (CampusGarten) für die Boku
132
Frage 5: Wie relevant ist für dich das
Thema in Bezug auf die BOKU?
78,6 % der Befragten gaben an, dass sie
das Thema für die BOKU sehr relevant bzw.
relevant finden. 11,11% bewerten das
Thema als mittel relevant für die BOKU und
nur 8,54 % finden das Thema für die BOKU
eher nicht bzw. nicht relevant.
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Frage 6: Würdest du selber an einem Campus-Garten
an der BOKU mitarbeiten?
47,86 % (Antworten „ja sicher“ und „eher ja“ zusammen
gefasst) der Befragten – das entspricht 56 befragten
Personen – würden selber an einem Campus-Garten
mitarbeiten, 17,95 % gaben an, mittel an dem Vorhaben
interessiert zu sein selber Hand an zu legen und 34,19 %
gaben an, nicht daran interessiert zu sein, an dem Garten
selber mitzuarbeiten.
Bereitschaft an einem BokuCampus-Garten mitzuarbeiten
9,40%
11,11%
24,79%
36,75%
ja, sicher
eher ja
mittel
eher nein
nein
17,95%
Frage 7a: Würdest du das geerntete Obst- und Gemüse
Abbildung 7: Bereitschaft an einem Boku-CampusGarten mitzuarbeiten
gerne zum Eigenverbrauch verwenden?
72,65 % der Befragten der Befragten gaben an,
dass sie das geerntete Obst und Gemüse gerne
zum Eigenverbrauch verwenden würden. 17,95 %
antworteten mit mittel und knapp 10 % (9,4)
gaben an, dass sie das Obst- und Gemüse nicht
zum Eigenverbrauch verwenden wollen.
Ernte für den Eigenverbrauch
5,98%
3,42%
17,95%
47,86%
ja
eher ja
mittel
eher nein
24,79%
nein
Abbildung 8: Anteil der Studierenden,
welche die Ernte zum Eigenverbrauch
verwenden wollen
133
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Ernte zum Verkauf im
Tüwi- Hofladen
Frage 7b: Würdest du das geerntete Obst und Gemüse gerne
9,40%
im Tüwi-Hofladen verkaufen?
20,51%
47,01 % der Befragten gaben an, dass sie das geerntete Obst und
Gemüse gerne im Tüwi-Hofladen verkaufen würden. 24,79 % gaben
mittel an, und 28,2 % gaben an, dass sie das Obst- und Gemüse
eher nicht bzw. nicht im Tüwi-Hofladen verkaufen würden.
18,80%
26,50%
24,79%
ja
bevorzugen,
Selbstversorgung
dass
verwendest,
du
und
einen
den
Teil
mittel
eher nein
nein
Abbildung 9: Ernte zum Verkauf im TüwiHofladen
Frage 7c: Würdest du einen Mix aus den oben genannten
Möglichkeiten
eher ja
Mix aus Eigenverbrauch und
Verkauf im Tüwi-Hofladen
zur
produzierten
0,85%
Überschuss an den Tüwi-Hofladen verkaufst?
Fast 70 % (69,23) der Befragten würden einen Mix aus oben
genannten Möglichkeiten bevorzugen, für 15,38 % ist diese
Möglichkeit als mittel eingestuft worden, und 14,53 % würden
eher nicht oder nicht den Mix der oben genannten Möglichkeiten
wählen.
6,84%
7,69%
35,04%
15,38%
ja
eher ja
mittel
eher nein
nein
k.A.
34,19%
Abbildung 10: Mix aus Eigenverbrauch und
Verkauf im Tüwi-Hofladen
Bereitschaft Obst und Gemüse im TüwiHofladen zu kaufen
0,85%
Frage
7d: Wenn du nicht an dem Projekt
teilnehmen
2,56%
6,84%
aus
welchen
Gründen auch immer, würdest du Obstund
36,75%
24,79%
Gemüse,
dass
von
StudienkollegInnen produziert wurde im
ja
eher ja
mittel
eher nein
nein
k.A.
28,21%
Abbildung 11: Bereitschaft Obst und Gemüse im TüwiHofladen zu kaufen
134
könntest,
Tüwi-Hofladen kaufen?
64,96 % der Befragten gaben an, Obst und
Gemüse, dass von StudienkollegInnen
produziert wurde, im Tüwi-Hofladen zu
kaufen (ja, eher ja), 24,79 % gaben mittel
an, und knapp 10 % (9,4) antworteten nein
bzw eher nein.
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Frage 8: Würdest du an dem Projekt nur mitarbeiten, wenn du auch ECTS-Punkte dafür
erhalten würdest?
21,37 % der Befragten gaben an, dass Sie am Projekt
nur oder eher dann mitarbeiten würden, wenn sie
Bereitschaft das Projekt nur im
auch ECTS-Punkte dafür erhalten würden. Immerhin
Gegenzug
für ECTS zu unterstützen
61,54 % gaben an, dass sie nicht unbedingt ECTS10,26%
Punkte dafür erhalten müssten, und 17,09 % gaben
mittel als Antwort an.
11,11%
34,19%
ja
eher ja
mittel
eher nein
17,09%
nein
27,35%
Abbildung 12: Bereitschaft das Projekt nur im
Gegenzug für ECTS zu unterstützten
Frage 9: Würdest du eventuell auch bereit sein, im Sommer ein oder mehrere Monate in Wien
zu bleiben, und dich um den Garten zu
kümmern?
Bereitsch af t im S om m er in W ien z u b leib en , u m
sich u m d en G arten z u küm m ern
Die Bereitschaft auch ihren Sommer bzw.
ein paar Monate davon in Wien zu
verbringen, und sich um den Garten zu
kümmern war bei 35,04 % – das
entspricht 23 Befragten – vorhanden.
28,21 % konnten diese Möglichkeit eher
bis dezidiert ausschließen, und 36,75 %
waren unentschlossen und antworteten
mit mittel.
3,42%
24,79%
16,24%
ja
eher ja
18,80%
mittel
eher nein
nein
36,75%
Abbildung 13: Bereitschaft im Sommer in Wien zu
bleiben, um sich um den Garten zu kümmern
Frage 10: Könntest du dir vorstellen, deine
Bachelorarbeit über den Garten zu schreiben?
Eine Bachelor-Arbeit über den Garten zu
schreiben könnten sich 34,50 % vorstellen, 27,35
% antworteten mit mittel, und 36,75 konnten sich
das eher weniger bis gar nicht vorstellen.
Bereitschaft eine Bachelor-Arbeit
über den Garten zu schreiben
0,85%
5,98%
12,82%
30,77%
ja
eher ja
mittel
22,22%
27,35%
eher
nein
nein
k.A.
Abbildung 14: Bereitschaft eine Bachelor-Arbeit über den
Garten zu schreiben
135
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Frage 11: Wie viel Zeit würdest du maximal in kauf nehmen, um zu dem Garten zu gelangen?
Als maximale Fahrzeit, um zu dem Garten zu gelangen, gaben 12,82 % 10 Minuten an, 26,5 % gaben
an, 20 Minuten in kauf zu nehmen,
32,48 % würden 30 Minuten fahren,
Maximale Fahrzeit zum Boku-Garten
18,80 % fänden sogar noch 40 Minuten
nicht zuviel, und 2,56 % würden 50
Minuten in kauf nehmen, bzw. 6,84 %
6,84% 0,00%
sogar 1 Stunde. Keiner der Befragten
12,82%
2,56%
würde länger als eine Stunde hinfahren.
18,80%
26,50%
≤ 10 Minuten
≤ 20 Minuten
≤ 30 Minuten
≤ 40 Minuten
≤ 50 Minuten
32,48%
≤ 60 Minuten
> 60 Minuten
Abbildung 14: Maximale Fahrzeit zum Boku-Garten
6. Diskussion
6.1. Die Motivationen
(Christiane)
Die Motivationen von Studierenden, einen Campus-Garten zu gründen, oder an einem solchen
mitzuarbeiten sind so verschieden, wie die Universitäten, an denen solche Projekte realisiert werden.
Die Diversität der einzelnen Universitätsstrukturen und Projekte ist ein wichtiger Aspekt für unsere
Erhebung, da uns bewusst sein muss, dass wir sozusagen nicht „Äpfel mit Birnen“ vergleichen können.
Wir finden an den einzelnen Universitäten von der Boku bis Yale sehr unterschiedliche
Rahmenbedingungen vor. Im angloamerikanischen Raum ist die so genannte Campus-Struktur
vorherrschend. An der Boku zum Beispiel sind die einzelnen Gebäude sehr verstreut angeordnet
(Türkenschanze, Muthgasse, Tulln), außerdem haben die meisten Studierenden nicht ihren
Lebensmittelpunkt im unmittelbaren Umkreis der Boku. Es ergibt sich also eine ganz andere
Gemeinschaftsstruktur als beispielsweise an einem kanadischen oder amerikanischen Campus. Dort
leben die meisten Studierenden im unmittelbaren Umkreis der Universität oder auf dem Campus
(siehe Literaturübersicht).
Vergleicht man beispielsweise die University of British Columbia mit der Boku wird einem schnell klar,
was damit gemeint ist. Die University of British Columbia hat es sich außerdem zum Ziel gesetzt, eine
Universitätsstadt zu gründen um somit ein optimales Forschungs(um)feld für ProfessorInnen und
Studierende zu schaffen, wie Rojas (2007) berichtet. Außerdem sind der Universität ein nachhaltiges
und vor allem gesundes und ökologisches Nahrungsmittelangebot wichtig. Die Studierenden sollen
sensibilisiert werden, biologisch produzierte Lebensmittel zu bevorzugen und auf Recycling zu achten.
Nachhaltigkeit ist für die University of British Columbia das Thema schlechthin und zieht sich wie ein
Roter Faden durch die Organisation der Universität und des Campus. Nachhaltigkeit und eine
nachhaltige Lebensweise sind mögliche Motivationen einen Campus-Garten zu gründen oder an einer
solchen Initiative mitzuwirken (UNIVERSITY OF BRITISH COLUMBIA, 2009, s.p.).
Weitere Motivationen, sind die Förderung von gesunder Ernährung als Reaktion auf das erhöhte
Aufkommen von gesundheitlichen Problemen in einer jungen Generation, wie OZER (2006) das
beschreibt. In Amerika sind das hauptsächlich Diabetes II und Adipositas. Ich würde die Relevanz von
gesunder Ernährung auch für die Boku hoch einstufen, da wir auch in Europa immer häufiger mit der
Stoffwechselerkrankung Adipositas konfrontiert werden. Auch wenn die Ernährung nicht der einzige
ausschlaggebende Faktor für die Erkrankung ist, kann die Ernährungsweise einen doch sehr
136
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
erheblichen Beitrag leisten. (MINI MED STUDIUM, 2009, s.p.). Außerdem sollen die Studierenden lernen,
wo ihre Nahrungsmittel herkommen, und wie sie zubereitet werden. Sie sollen sich dadurch vermehrt
für frisch zubereitete Speisen gegenüber von Fertiggerichten entscheiden (OZER, 2006, 846f). Die
Nahrungsmittelzubereitung könnte auch für die Boku ein relevantes Thema sein. Wenn man sich die
Nahversorgungslandschaft der Boku ansieht, finden sich noch die ein oder andere
Verbesserungsmöglichkeit. Zum Beispiel könnte man in der Mensa Vollwertkost und ein Salatbuffet
anbieten, oder auch im Innenhofstand vermehrt auf Vollkornprodukte setzen anstatt deftiger
Hausmannskost. Es gibt zwar den Tüwi-Verein, der einen Hofladen auf der Boku betreibt, wo
regionale, biologische sowie Fair Trade Produkte angeboten werden, allerdings ist die Zukunft des
Projektes ungewiss (TÜWI, 2009, s.p.).
Aber nicht nur in den Boku-Küchen soll die Verarbeitung von Lebensmitteln eine Rolle spielen, auch in
einigen Studierenden-Küchen kann fleißig gekocht werden. Einige Campus-Gärten ermöglichen es
ihren UnterstützerInnen Obst und Gemüse zum Eigenverbrauch mit nach Hause zu nehmen, wie zum
Beispiel das seit Wintersemester 2008 an der Boku laufende Projekt in Jedlersdorf. StudentInnen
bewirtschaften eine Parzelle und können anschließend fleißig ernten (siehe Literaturübersicht). Ich
sehe hier eine große Motivation für die StudentInnen der Boku, dass geerntete Obst- und Gemüse
nach getaner Arbeit mit nach Hause zu nehmen und zu verarbeiten. Dies konnte auch durch unsere
Befragung belegt werden. Fast ¾ der Befragten (72,65 %) würden das geerntete Obst- und Gemüse
zum Eigenverbrauch verwenden. Auch der Mix aus Eigenverbrauch und Vertrieb im Tüwi fand
zahlreiche Anhänger (knapp 70 %).
MCKINNE ist der Ansicht, dass ehrenamtliche Tätigkeiten ein wichtiger Aspekt jeder Gemeinschaft sind
(MCKINNE ET AL., 2007, 148). Das bestätigt auch unsere Befragung, denn ein Großteil der
Studierenden würde am Campus-Garten mitarbeiten, auch wenn es keine ECTS-Punkte dafür geben
würde. Es muss also andere Motivationen, wie persönliches Wachstum, ein persönliches Anliegen,
besonderes Interesse für biologische Landwirtschaft oder das Engagement in einem Verein oder einer
Gruppe geben. Einen wichtigen Aspekt an der Boku sehe ich auch daran, das gelernte theoretische
Wissen in die Praxis umzusetzen. Dieses Bedürfnis wurde durch unsere Befragung zwar nicht
erhoben, zeigt sich aber in Gesprächen mit StudienkollegInnen und aus der eigenen Erfahrung. Auch
ROJAS sieht es als wichtigen Punkt, sein Können an einem richtigen Projekt anzuwenden (ROJAS ET
AL., 2007, 89).
Dass es an der Boku StudentInnen gibt, die generell daran interessiert wären an einem CampusGarten mitzuarbeiten haben wir durch unsere Erhebungen belegt. Knapp die Hälfte der 117 befragten
StudentInnen (47,86 %, das entspricht 56 befragten Personen) würden sich dafür interessieren selbst
Hand an einem Garten anzulegen.
Zusätzlich könnte man schon die Erstsemestrigen für das Projekt Campus-Garten bzw. nachhaltige
Entwicklung begeistern und motivieren. In Yale beispielsweise findet für die Erstsemestrigen ein
fünftägiges Tutorium auf einem Bauernhof statt, bei dem die Studierenden gemeinsam arbeiten.
Natürlich steht auch hier der Gemeinschafts- und Kennenlernaspekt im Vordergrund (vgl. YALE
SUSTAINABLE FOOD PROJECT, 2008, s.p.). Es ist denkbar, dass Aktivitäten wie dieses Tutorium eine
gute Motivation sind, sich anschließend im Campus-Garten oder für andere nachhaltige Projekte im
regionalen Umkreis zu engagieren. Die Umsetzung eines solchen Tutoriums an der Boku wäre
möglich, da es ja bereits ein Tutorium gibt, und Strukturen, auf denen man aufbauen kann.
Weiters gibt es in Yale die Möglichkeit eines Praktikums im Campus-Garten für 6 Undergraduates im
Sommer, mit theoretischem Input und praktischer Anwendung (YALE SUSTAINABLE FOOD PROJECT,
2008, s.p.). Es ist sehr gut vorstellbar, dass es auch auf der Boku Studierende gibt, die so ein
Praktikum in Anspruch nehmen würden.
6.2. Personelle Organisation
(Manuel)
Die drei Punkte zur Erklärung für menschliches Verhalten in Organisationen, nämlich das Können,
Wollen und Dürfen (vgl. BADELT et al., 2007, 172f) sind sowohl als Möglichkeiten als auch als
Einschränkungen für eine Organisation zu sehen. Je nach den gegebenen Möglichkeiten und
Vorstellungen der Organisation verschieben sich diese drei Punkte bzw. beeinflussen sich gegenseitig.
137
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Als Managementkonzept eines Uni Gartens ist auf Grund der Komplexität und der Dynamik eher ein
selbstorganisiertes Modell zu wählen, das mehr Raum für Flexibilität und Entscheidungen bietet (vgl.
BADELT et al., 2007, 172f). Dabei beschäftigen sich eine Person bzw. mehrere Personen gleichzeitig
als Kopf der Organisation mit allgemeiner Organisation des Netzwerkes, sowie Zeitplänen und
Zuständigkeiten der einzelnen operativen Teams. Diese Teams haben thematische Schwerpunkte
relative Autonomie hinsichtlich der Entscheidungen, und sind untereinander sowie mit der
Organisationsspitze kommunikativ sehr gut vernetzt.
Ehrenamtlichkeit stellt einen sehr wichtigen Punkt in einem solchen Campus Garten Projekt dar. Die
Mitarbeiter werden größtenteils bzw. ausschließlich ehrenamtlich also unentgeltlich tätig sein müssen,
da das nötige Kapital für hauptamtliches Personal fehlt.
Außerdem soll das Projekt auf Grund der Ehrenamtlichkeit dessen höhere Bedeutung für das
Individuum, die Organisation selbst sowie das soziale Umfeld unterstreichen.
Wichtig ist auch die Möglichkeit jeder einzelnen Person sich durch Ideen, Entscheidungen usw. in die
Organisation einzubringen und so “in ihr aufzugehen“ (vgl. MCKINNE et al., 2007, 148 ff).
Eine einheitlich auftretende Organisation mit klaren Zielen und den dazugehörigen Strategien ist ein
wichtiger Faktor der Mitarbeiterwerbung sowie des Weiterbestehens der Organisation.
Weiters ist die Kommunikation und die ständige Information der momentanen Vorhaben und Zustände
z.B. in Form einer Homepage zu präsentieren (vgl. BADELT et al., 2007, 516f).
Die Motivation der einzelnen Mitglieder ist unter Berücksichtigung der drei weiter oben genannten
Komponenten leichter zu verstehen (vgl. BADELT et al., 2007, 514f). Die unterschiedlichen Motive für
die Mitarbeit verlangen unterschiedliche Voraussetzungen, unterschiedliche Maßnahmen und im
Besonderen individuelles Verhalten. Diese Komponenten bzw. Motive der einzelnen Personen gilt es
zu erkennen, um in der Folge durch bestimmte Maßnahmen und bestimmtes Verhalten die
Organisation nachhaltig zu gestalten.
6.3. Organisatorische Grundlagen
(Hannes)
Für die Boku und einen Campus-Garten von Studierenden wäre ein StudentInnenverein, gestützt von
der Universität, als Basis sicherlich auch eine denkbare Variante. Es ist sicherlich sinnvoll auf bereits
bestehende Strukturen wie die ÖH oder den TÜWI-Verein zurückzugreifen, da diese die Schnittstelle
bereits nutzen.
Da die StudentInnen nur temporär an einem Campus-Garten mitarbeiten, wäre ein projektorientierter
Zugang organisatorisch am einfachsten zu handhaben. Aufgaben würden in Projekte oder
Arbeitspakete unterteilt, definiert und Kompetenzen vergeben. Die Arbeitspakete werden
anschließend in einen strukturierten Plan in Bezug auf Ressourcen, Arbeitskräfte und Zeitpunkt der
Erledigung eingetragen. Um den Beteiligten einen gewissen Freiraum und Mitgestaltung
zuzusprechen, wäre eine Online Plattform zur Koordinierung und Kommunikation eine Möglichkeit. Es
ist allerdings zu prüfen, ob alle Arbeitspakete angenommen und abgearbeitet werden. Diesem
Problem könnte man mit einer Gewichtung der Wichtigkeit entgegen wirken (vgl. W YTRZENS, 2008).
Ein projektorientierter Zugang würde außerdem für die Beteiligten einen praxisbezogenen Einblick ins
Projektmanagement bieten, da es für StudentInnen der Boku einen theoretischen Pflichtgegenstand
darstellt. Ausnahmen bilden die Studienrichtungen Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur
und Holz- und Naturfasertechnologie (vgl. UNIVERSITÄT FÜR BODENKULTUR W IEN, 2009). Für einige
Tätigkeit ist allerdings die Organisation mit Hilfe des Projektmanagement nicht zu empfehlen.
Kontinuierliche Arbeiten und Verwaltungstätigkeiten sind durch erfahrene Mitarbeiter einfacher zu
erledigen (vgl. W YTRZENS, 2008).
Finanzierung:
Um sich einen groben Überblick zu verschaffen, welche Mittel aufgetrieben werden müssten um einen
BOKU Garten zu organisieren, werden folgende Kostenstellen aufgeschlüsselt und beschrieben:
1. Grundstück:
138
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Stellt sicherlich die größte organisatorische Herausforderung dar. Es ist sehr unrealistisch sich
ein Grundstück in der Stadt zu kaufen. Daher müssen Alternativen überlegt und durchgedacht
werden. Folgende Kooperationen wären denkbar:
- mit Immobilienfirmen, die ein Grundstück vorübergehend nicht nutzen
- mit der Stadt Wien
- Boku eigene Flächen
- allgemein verwaiste Grundstücke
- mit dem Boku nahen Pensionistenheim
- Kleingartenvereine
Viele dieser Alternativen bieten unterschiedliche zusätzliche Anreize. Eine Kooperation mit
dem Pensionistenheim wäre zum Beispiel nicht nur ökonomisch sondern sozial sicherlich
interessant. Man könnte die Senioren, wenn sie wollen, mit in das Projekt einbeziehen und so
Synergien schaffen. Die einfachste Variante wäre mit Boku eigenen Flächen, die im Boku
Umkreis aber sehr rar sind. Zu überlegen wäre vielleicht eine Nutzung des Flachdaches auf
dem Muthgasse 2 Gebäude mit Topfkulturen. Dies muss vorher statischen Überlegungen
standhalten.
2. Arbeitsgeräte
Hier ist eine Schätzung sehr abhängig von der Größe des Gartens und der
StudentInnenbeteiligung und würde nur Vermutungen zulassen. Außerdem summieren sich
diese Kosten im Laufe des Projekts.
3. Saatgut und Pflanzgut
Hier wäre eine Finanzierung über SponsorInnen eine denkbare Möglichkeit. Für
SaatgutherstellerInnen, wie beispielsweise „Arche Noah“, ist es sicherlich interessant, wenn
sie unter Boku StudentInnen einen guten Ruf genießen oder einfach bekannt sind. Die
StudentInnen könnten einen Teil der Saatgutvermehrung übernehmen und sich so das
Saatgut für einen Garten zu finanzieren.
4. Sonstige Materialien
Umfasst alle Materialien die im laufenden Betrieb noch anfallen.
Dies ist eine nicht zu unerschätzende Kostenstelle, die sich meist im Laufe des Betriebes
aufsummiert. Durch gutes Planen lässt sich dieser Aufwand ungefähr einschätzen.
5. Personalkosten
Sind von der Organisationsform und der Entgeltung der MitarbeiterInnen abhängig. Sie stellen
in den meisten Unternehmen die größte Kostenstelle dar. Die Beschäftigung entlohnter
Arbeitskräfte sollte gut überlegt und sinnvoll eingesetzt werden, da hier sehr große laufende
Kosten auf das Unternehmen zukommen. Diese lassen sich aber sehr gut planen und
koordinieren. Wie oben schon erwähnt wären bezahlte Personalstellen in den Bereichen
Organisation und Finanzierung sinnvoll, da diese Tätigkeiten Aufgaben und Verantwortung
umfasst, die auf Basis von unbezahlter Arbeit nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten.
Meiner Meinung nach sind alle Kostenstellen mit guten kreativen Lösungen zu bewerkstelligen. Eine
Möglichkeit um bei den Arbeitsmitteln und sonstigen Materialien zu sparen, wäre das Ersteigern
dieser über ein Online-Auktionshaus. Natürlich bringt dies nicht nur Kostenvorteile sondern auch
zeitlichen Aufwand mit sich, den man nicht unterschätzen darf. Die Finanzierung durch SponsorInnen
sollte gut überlegt werden, da diese auch eigene Interessen verfolgen und diese nicht unbedingt mit
der einer NPO übereinstimmen. Die Interessen sollten aufeinander abgestimmt und schriftlich
festgehalten werden.
Eine weitere Möglichkeit Finanzmittel bereitzustellen, ist ein Mitgliedsbeitrag, der von den beteiligten
StudentInnen einbezahlt wird. Dieser sollte allerdings nicht dazu führen, dass sich StudentInnen
wegen diesem Betrag nicht beteiligen. Die Höhe des Beitrages, den StudentInnen bereit wären zu
zahlen wurde bei unserer Befragung leider nicht erhoben und sollten noch geprüft werden.
139
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Eine fundierte finanzielle Planung ist für die Realisierung eines StudentInnengartens unbedingt
notwendig.
7. Schlussfolgerungen
Bei der Auswertung der Fragebögen stellten wir fest, dass die Fragen oft etwas unglücklich formuliert
waren. Es wäre sehr interessant gewesen mehr über die tatsächlichen Motivationen der StudentInnen
der Boku herauszufinden. Wir hätten die eine oder andere Frage weglassen können, wie zum Beispiel,
Frage 1b: Im wievielten Semester bist du? Frage 3: Wie sehr interessiert dich das Thema? Bei Frage
11 ist zum Beispiel nicht klar, von wo weg die StudentInnen die Fahrzeit in kauf nehmen würden. Von
sich zu Hause, der Boku. Wir können darüber leider keine Aussagen treffen.
Im Laufe unserer Arbeit stellten wir fest, dass die soziale Komponente in bestehenden Campusgärten
einen sehr großen Stellenwert einnimmt. Die klassische Vorstellung von „Garteln“ im Sinne von „ein
paar Karotten“ zu pflanzen, ist zu eng gefasst. Netzwerke, Austausch und Kommunikation
kristallisierten sich als Hauptmotive einen Studentengarten zu organisieren, heraus. Dies versuchten
wir in unserer Arbeit mit einzubeziehen und zu ergänzen.
Die weiteren Schritte für eine praktische Umsetzung eines Campus Gartens an der Boku stellen
natürlich in erster Linie die Beschaffung der benötigten Flächen in möglichst direkter Umgebung des
Universitätsgeländes sowie die Unterstützung des Projektes durch die Universitätsleitung dar. Dabei
ist es unserer Meinung nach sehr wichtig, auf den möglichen positiven und sehr umfassenden
Imageeffekt für die Universität hinzuweisen. Nebenbei ist es natürlich erforderlich für die benötigten
ehrenamtlichen Teilnehmer zu sorgen. Die ersten Schritte dafür sind eine umfangreiche Information
über das Vorhaben und dessen Ziele und die ständige überzeugende Präsenz der Initiatoren!
8. Zusammenfassung
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein Campus-Garten eine Bereicherung für jede
Universität ist. Die Vorteile für das einzelne Individuum, wie persönliches Wachstum, Lernen fürs
Leben, die Eingliederung in eine Gemeinschaft, etc. sind zahlreich. Außerdem ergeben sich
gruppendynamische Prozesse, wie Kommunikation, Partizipation, und der Austausch von
verschiedenen Sichtweisen zu einem Thema.
Ein Campus-Garten kann einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Universitätsgemeinschaft
liefern. Die Beispiele aus dem angloamerikanischen Raum können als ein gutes Vorbild für die Boku
fungieren, dennoch darf nicht auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen vergessen werden. Die
Finanzierung ist sicherlich ein wichtiger Aspekt einer nachhaltigen Organisation. Ihr sollte großes
Augenmerk geschenkt werden, um die Unternehmung nicht unnötig zu gefährden.
140
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
9. Literaturverzeichnis
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YALE SUSTAINABLE FOOD PROJECT (2008): Yale University:
http://www.yale.edu/sustainablefood/index.html (Stand 7. Jänner 2009 )
141
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
D.4 Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben in Bezug
auf die Vermarktungssituation in den Regionen – von Andrea FUCHS und Natalia PRAXL
Abstract
20
Die Seminararbeit ist im Rahmen des Seminars Ökologische Landwirtschaft und Regionale
Entwicklung verfasst worden. Das Ziel war die Vermarktungsvarianten von Freilandschweinefleisch in
den Regionen Waldviertel und Steiermark aufzuzeigen und Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche
Vermarktung zu finden.
Die Forschungsfragen lauteten:
1) Was hat die Betriebe dazu veranlasst Freilandschweine zu halten und wie hat sich ihre
Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt?
2) Wie schätzen die Landwirte und Experten die Position des Haltungssystems/der Produkte im
unmittelbaren Umfeld/ in der Region ein?
3) Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region? Welche Vor- und
Nachteile haben diese; beurteilen die Bauern ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend?
Es wurden in den beiden Regionen ein Experte und ein bis zwei Landwirte über ihre
Freilandschweinehaltung und Vermarktungswege befragt. Die Befragungen wurden mit Hilfe eines
Fragebogens in Form eines persönlichen oder telefonischen Interviews, oder als schriftliche
Befragung per Email durchgeführt.
Anschließend wurden die Daten deskriptiv ausgewertet und die Ergebnisse der beiden Regionen
miteinander verglichen.
Das Fazit dieser Arbeit ist, dass die indirekte, sowie die direkte Vermarktung von
Freilandschweinefleisch ihre Vor- und Nachteile haben. Die Landwirte müssen die für sie am
rentabelste und praktikabelste Variante auswählen.
Danksagung
Besonders möchten wir uns bei Frau Susanne Kummer bedanken, die uns bei dieser Seminararbeit
wertvolle Hilfestellungen gab.
Weiteres bedanken wir uns bei Herrn Prof. Konrad und Herr Dipl. Ing. Heinz Köstenbauer für die
umfangreichen Auskünfte über die Freilandschweinehaltung in den jeweiligen Regionen, sowie
natürlich bei den Landwirten, die bereit waren unsere Fragen zu beantworten.
20
Verfasst von Natalia Praxl
142
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Literaturübersicht
144
144
2.1. Freilandhaltung von Schweinen ................................................................................................... 144
2.1.1. Definition................................................................................................................................ 144
2.1.2. Die Wildschweine .................................................................................................................. 144
2.1.3. Schweinerassen für die Robusthaltung................................................................................. 145
2.1.3.1. Mangalitza ...................................................................................................................... 145
2.1.3.2. Schwäbisch Hällisches (Sattlerschwein) ....................................................................... 145
2.1.3.3. Turopolje......................................................................................................................... 146
2.1.3.4. Duroc .............................................................................................................................. 146
2.1.3.5. Waldschwein .................................................................................................................. 146
2.2. Absatzwege für landwirtschaftliche Produkte............................................................................... 147
2.2.1. Indirekter Absatz.................................................................................................................... 147
2.2.2. Direkter Absatz ...................................................................................................................... 147
2.2.2.1. Ab Hof Verkauf ............................................................................................................... 148
2.2.2.2. Hofladen ......................................................................................................................... 148
2.2.2.3. Bauernläden ................................................................................................................... 148
2.2.2.4. Bauernmarkt ................................................................................................................... 149
2.2.2.5. Erzeugergemeinschaft.................................................................................................... 149
3. Ziele, Forschungsfragen
4. Methoden
149
150
4.1. Auswahl der Personen und des Standorts ................................................................................... 150
4.1.1. Datenerhebung in der Steiermark (südöstliche Region) ....................................................... 150
4.1.2. Datenerhebung im Waldviertel .............................................................................................. 150
4.2. Datenerhebung............................................................................................................................. 151
4.3. Dateneingabe- und Analyse ......................................................................................................... 151
5. Ergebnisse
151
5.1. Freilandschweinehaltung und Vermarktung in der Steiermark ................................................... 151
5.2. Freilandschweinehaltung und Vermarktung im Waldviertel ........................................................ 153
5.3. Zusammenfassung der Ergebnisse.............................................................................................. 156
6. Diskussion
7. Schlussfolgerungen
8. Zusammenfassung
9. Literaturverzeichnis
10. Abbildungsverzeichnis
157
158
159
160
161
143
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
21
1. Einleitung
Die Freilandhaltung von Rindern ist inzwischen etwas Selbstverständliches geworden, während sie
bei Schweinen noch etwas unüblich ist. Seit einiger Zeit gibt es in Österreich mehr und mehr Betriebe,
die auf Freilandschweinehaltung setzen, obwohl sich die Zahl im minimalen Bereich abspielt. In
unserer Arbeit interessierten wir uns besonders dafür, ob das Freilandschweinefleisch trotz des
geringen Tierbestandes gewinnbringend vermarktet wird. Warum findet in manchen Regionen eine
erfolgreiche Vermarktung von Freilandschweinen statt und in anderen nicht? Welche
Vermarktungswege gibt es und was sind die Faktoren einer erfolgreichen Vermarktung? Kann das
Freilandschweinefleisch gewinnbringend vermarktet werden? Was sind Faktoren für eine erfolgreiche
Vermarktung?
Diesen Fragen versuchten wir im Rahmen unserer Seminararbeit auf die Spur zu kommen.
2. Literaturübersicht
2.1. Freilandhaltung von Schweinen
22
2.1.1. Definition
Die Freilandhaltung von Zuchtsauen ist ein Haltungssystem, welches in England 1952 entwickelt
wurde.“ (HÖRNING, 1999, 147). Bei einer Freilandschweinehaltung werden die Tiere ganzjährig bzw.
eingeschränkt ganzjährig im Freien auf einer bewachsenen, eingezäunten Fläche mit Schutzhütten
gehalten. Es besteht auch die Möglichkeit die Schweine in die Fruchtfolge einzugliedern, indem
abgeernteten Ackerflächen als Rotationskoppel dienen(HÖRNING, 1999, 95f). Diese Haltungsform
kommt sowohl in der Mastschweine- und Zuchtsauenhaltung als auch in der Familienhaltung der
Schweine zur Anwendung (HOHENEDER, 1994, s.p.).“So können die Baukosten stark reduziert werden.
Vorteilhaft sind durchlässige Böden und nicht zu hohe Niederschläge. Die Tiere sind sehr robust, bei
geeigneter Rassenwahl [Hervorh. nicht im Original] und können Grünfutter aufnehmen“ (HÖRNING,
1999, 147).
Um Schweine artgerecht halten zu können, ist es wichtig zu wissen, wie sie sich in freier Natur
verhalten:
23
2.1.2. Die Wildschweine
Eine intensive Stallhaltung entspricht nicht den natürlichen Bedürfnissen der Schweine. Schweine in
freier Wildbahn zeigen viele Verhaltensweisen, die moderne Haltungsformen nicht mehr zulassen.
Um diese Tiere artgerecht halten zu können, muss man daher diese Verhaltensweisen kennen (PEITZ
und PEITZ, 1993, 51).
Wildschweine sind in der Natur in Eurasien weit verbreitet. Da sie als Jagdwild ausgesetzt wurden
oder Hausschweine verwilderten, findet man sie heute in fast allen Teilen der Erde.
Wildschweine sind ausgesprochene Waldbewohner, die sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung
(Insektenlarven, verendetes Wild) zu sich nehmen. Der lange kräftige Rüssel ist dabei ein
wunderbares Wühlgerät (PEITZ und PEITZ, 1993, 52). Bei den heutigen Hauschweinen wird dieses
Verhalten jedoch durch die Stallhaltung unterbunden.
Wildschweinen leben in Familien, wobei die Bachen mit ihren Nachkömmlingen eine Gruppe bilden.
Bei der Freilandhaltung wird es den Schweinen wieder ermöglicht eine soziale Gemeinschaft zu bilden.
Die älteren Keiler sind dagegen Einzelgänger. Zwischen ihnen kann es zu heftigen Kämpfen kommen,
die aber trotz Hauer (Eckzähne) meist unblutig enden. Deshalb ist es nicht möglich mehrere Eber in
einer Gruppe zu halten.
Die Paarungszeit liegt generell im Winter und zum Paarungsspiel gehört meist eine wilde Hetzjagd
(PEITZ und PEITZ, 1993, 51f.). Die Tragzeit beträgt ca. 16 Wochen. Im Frühjahr wird ein Nest gebaut
und 4-6 Junge geworfen (STEFFEN et al., 2008, 113). In der Freilandschweinhaltung können die
Schweine ihr Nest aus den dort vorhandenen Materialien bauen und so ihrem natürlichen Trieb
nachgehen.
Wildschweine wirken relativ massiv und ungelenkig. Sie haben kräftige Beine und ihr Haarkleid (graubeige bis schwarz) besteht aus Borsten. Frischlinge haben ein langes, gelb-braun gestreiftes
21
Verfasst von Andrea Fuchs und Natalia Praxl
22
Verfasst von Natalia Praxl
23
Verfasst von Andrea Fuchs
144
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Tarnkleid (STEFFEN et al., 2008,109). Das Haarkleid ist für das Leben im Freien von besonderer
Bedeutung, da es die Schweine vor Sonnenbrand schützt.
Wildscheine haben ein Gewicht bis 350kg. In den ersten 9 Monaten kommt es in der Natur zu einen
60%igen Verlust. Große Verluste entstehen durch die seuchenartig
verlaufende Schweinepest, die deshalb auch für die Freilandschweinehaltung
eine Gefahr darstellt (STEFFEN et al., 2008, 109).
Abbildung 8: Bache mit Frischlingen
Quelle: http://www.tierpark.ch/tiere/wildschwein.htm
In der Freilandhaltung können Schweine in Gruppen leben, wühlen, sich suhlen, ein Nest bauen etc.
Somit entspricht es ihrer natürlichen Lebensweise und stellt ein artgerechtes Haltungssystem dar.
Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist die Wahl der Schweinerasse. Welche Rassen eignen sich für
diese Art der Haltung?
24
2.1.3. Schweinerassen für die Robusthaltung
Im folgenden Teil werden einige Robustrassen kurz vorgestellt, die in Österreich gehalten werden:
2.1.3.1. Mangalitza
„Wollschwein“ ist ein Synonym für Mangalitza (STEFFEN et al., 2008, 118).
Sie sind vor allem in den südosteuropäischen Ländern beheimatet, jedoch gibt es heute nur noch
Restbestände von dieser einst weit verbreiteten Rasse (PEITZ und PEITZ, 1993, 30).
Das einst führende Fettschwein wurde von Schweinerassen mit magerer Fleischqualität verdrängt und
galt als gefährdete Haustierasse (STEFFEN et al., 2008, 118).
Die Mangalitza Schweine haben einen ausgeprägten Familiensinn und auch die Fortpflanzung selbst
verläuft problemlos. Sie sind genügsame, stressunempfindliche und wetterharte Tiere. Ihr Fleisch ist
dunkel und leicht fettmarmoriert. Eine Besonderheit sind auch die gestreiften Ferkel (PEITZ und PEITZ,
1993, 30f).
Bei den einzelnen Wollschweinen handelt es sich um eigenständige
Rassen und nicht um Farbschläge. Die letzten drei erhaltenen Rassen
sind:
Blonde Mangalitza, Schwalbenbäuchige Managlitza und rote Mangalitza.
Abbildung 2: Mangalitza
Quelle: http://blog.zeit.de/schwein_und_co/?cat=4
2.1.3.2. Schwäbisch Hällisches (Sattlerschwein)
Diese Schweinerasse wurde im 18Jh. von China nach England eingeführt und von dort aus über den
Kontinent verbreitet (STEFFEN et al., 2008, 133).
Es ist, mit seinem schwarzen Vorderteil, der ins weiße übergeht
und wieder mit schwarz abschließt, ein ungewöhnlicher Anblick. Da
es in den 70ern nicht mehr konkurrenzfähig war, war es Ende der
70er Jahr beinahe ausgestorben.
Das Schwäbisch Hällische Schwein ist frühreif, hat eine
außergewöhnliche Fruchtbarkeit und ein gutes Aufzuchtvermögen
(PEITZ und PEITZ, 1993, 26).
Abbildung 3: Schwäbisch Hällisches mit Ferkel
Quelle: http://www.huettenhofers-landkost.de/?id=13&pid=1
24
Verfasst von Andrea Fuchs
145
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
2.1.3.3. Turopolje
Diese Schweinerasse ist nach einer Region benannt die in Kroatien, zwischen Zagreb und Sisak, liegt.
Die Turopolje stammen von den ausgestorbenen Shiska- Schweinen ab, einem Abkömmling des
mitteleuropäischen Wildscheins. Um der Nachfrage nach magerem Fleisch nachzukommen hat man
sie immer wieder gekreuzt.
Die Turoplje Schweine sind mittelgroß. Ihre Grundfarbe ist blond mit schwarzen Flecken. Sie haben
einen halblangen Rüssel, lange breite Ohren, eine abgerundete Hinterhand, kurze, starke Hinterbeine
und einen geringelten Schwanz.
Die Turopolje Schweine sind erst im Alter von zwei Jahren ausgewachsen und werfen 6-10 Ferkeln
pro Wurf. Sie sind gute Raufutterverwerter und langlebig. Durch ihre Robustheit,
Stressunempfindlichkeit und Kälteresistenz sind sie hervorragend als Weideschweine geeignet. Sie
können ein Gewicht von bis zu 250kg erreichen.
Turopolje Schweine werden seit 2001 vom „ Verein zur Erhaltung gefährdeter
Haustierrassen“ gefördert. Österreich führt als einziges Land ein Herdenbuch (STEFFEN et al., 2008,
127f).
Abbildung 4: Turopolje
Quelle: www.gutlandsthal.at/.../schweine/schweine.html
2.1.3.4. Duroc
Die Rasse entstand in den USA aus den guineaschen und spanischen Schweinen. Daraus wurden
drei Duroc- Linien gezüchtet.
Es sind großrahmige, robuste Schweine mit gewölbten Rücken, dicken Borsten und mittelgroßen
Hängeohren. Selten haben sie kleine schwarze Flecken.
Duroc werfen 9-12 Ferkeln pro Wurf und haben gute Muttereigenschaften.
Sie sind widerstandsfähig und haben einen hohen Anteil an intramuskulärem
Fett.
In Österreich gibt es wenige Reinzuchtbetriebe (STEFFEN et al., 2008, 149).
Abbildung 5: Duroc
Quelle: http://www.largavistaranch.com/pasture-raised-organic-pork.htm
2.1.3.5. Waldschwein
Das Waldschwein ist keine eigenständige Rasse, sondern eine Kreuzung zwischen den
Hausschweinen und den Wildschweinen. Sie sind den Wildschweinen sehr ähnlich, jedoch
leistungsfähiger in Bezug auf Fruchtbarkeit, Schlachtkörperqualität und Tageszunahme als die
Wildschweine.
Sie eignen sich besonders gut für die extensive Haltung im Wald und kommen nahezu ohne
Zufütterung aus. Die Waldschweine sind allerdings auch wilder in ihrem Charakter als die
Hausschweine. Bei Zufütterung neigen sie dazu viel Fett anzusetzen, die Fleischqualität selbst ist sehr
gut.
Zu beachten ist, dass die Waldschweine unter die landwirtschaftliche Wildhaltung fallen (STEFFEN et
al., 2008, 115).
Abbildung 6: Waldschweine
Quelle: http://www.gaestezimmerluisser.at/images/bauernhof_allgemeines/16_g.jpg
Diese beschriebenen Rassen eigenen sich besonders gut zur Freilandschweinehaltung, da sie ein
Haarkleid tragen, das sie vor Sonnenbrand schützt, einen robusten Körperbau aufweisen,
146
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
unempfindlich gegenüber der Witterung und Krankheiten sind und über gute Muttereigenschaften
verfügen.
Als allgemeiner Nachteil kann jedoch der hohe Fettanteil gesehen werden, welcher in unserer
heutigen Gesellschaft meist nicht erwünscht ist.
2.2. Absatzwege für landwirtschaftliche Produkte
25
Man kann zwischen indirekten und direkten Absatzwegen unterscheiden (siehe Abbildung 10),
wobei auch mehrere Absatzwege gleichzeitig möglich sind (Hamm, 1991,218).
Abbildung 7: Absatzwege für landwirtschaftliche Produkte
Quelle: (POTTEBAUM et al., 1996, 175)
2.2.1. Indirekter Absatz
Als indirekte Absatzwege werden Marktwege bezeichnet, bei denen zwischen Hersteller und
Endverbraucher Handelsunternehmen das betreffende Produkt erwerben und verkaufen.
Dabei wird zwischen Großhandel und Einzelhandel unterteilt: Einzelhandelsunternehmen verkaufen
das Produkt an den Endverbraucher, während Großhandelsunternehmen Waren beziehen und sie an
Wiederverkäufer verkaufen (POTTEBAUM, et al., 1996, 174).
Vorteilhaft ist der Verkauf über den Handel vor allem bei schlechter Lage des Betriebs für
Direktvermarktung und wenn es viele direkte Konkurrenten in näherer Umgebung gibt (HAMM,
1991,217). Eine leistungsfähige Logistik, spezielle Lieferungsflexibilität, Verfügbarkeit großer
Produktmengen, gleich bleibende und gesicherte Qualität sind ein Erfolgsfaktor für den Absatz über
den Handel. Jedoch ist dafür eine Mindestgröße des landwirtschaftlichen Betriebs erforderlich oder ein
Zusammenschluss zu Erzeugergemeinschaften (SPILLER et al., 2004, 45).
2.2.2. Direkter Absatz
Von Direktvermarktung spricht man wenn die Erzeugnisse direkt vom Landwirt, ohne Beteiligung des
Großhandels an die Abnehmer geliefert werden (POTTEBAUM et al., 1996, 178). Es gibt verschiedene
Arten von Direktvermarktung:
25
Verfasst von Andrea Fuchs
147
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
2.2.2.1. Ab Hof Verkauf
Diese Variante ist die älteste und häufigste Form der Direktvermarktung. Für Produkte mit höherer
Wertschätzung, Frischprodukte und Produkte mit längerer Haltbarkeit sind die Kunden auch bereit
längere Wege auf sich zu nehmen.
Ideal für den Ab- Hof Verkauf sind Standorte, die in einem Tourismus-, Wohn-, oder Ausflugsgebiet
liegen. Damit die Kunden den Hof finden, und sich auch am Hof zurechtfinden können ist eine
ausreichende Beschilderung notwendig.
Vorteile:
•
Die Kunden bekommen durch den Ab- Hof Verkauf einen Einblick in den Betrieb.
•
Es kann sich eine Beziehung zum Kunden aufbauen und der persönliche Kontakt wird
gepflegt.
Nachteile:
•
Das Hoferscheinungsbild muss gepflegt sein. Es soll für den Kunden einladend wirken, so
•
Alle am Hof lebenden Personen sind für die Kundenbetreuung verantwortlich.
•
Es muss ein geeigneter Verkaufsraum eingerichtet werden und die Verkaufszeiten sollten sich
dass er sich willkommen fühlt.
an den Kunden orientieren.
•
Eine gewisse Zeit muss einberechnet werden, da manche Kunden eine Unterhaltung suchen
(REICHSTHALER et al.1997, 139-142).
2.2.2.2. Hofladen
Der Hofladen stellt eine Weiterentwicklung im Ab- Hof Verkauf dar. Von einem Hofladen spricht man
wenn der Landwirt nicht nur seine eigenen Produkte anbietet, sondern auch im Namen und auf
Rechnung anderer Bauern deren Erzeugnisse verkauft. Dadurch ist ein vielfältiges Angebot möglich.
Der Hofladen sollte eine günstige Standortvorrausetzung haben und der Betreiber über
Managerqualitäten verfügen. Damit ein Hofladen erfolgreich laufen kann, sind klare Spielregeln über
den Ablauf für alle Beteiligten wichtig.
Vorteile:
•
Der Hofbetreiber kann seinen Hof durch das vielfältige Angebot interessant gestalten.
•
Gemeinkosten für den Verkauf können aufgeteilt werden.
•
Betriebe mit schlechten Standortvorrausetzungen können über die Gemeinschaft erfolgreich
vermarkten.
Nachteile:
•
Der Erfolg hängt vom Standort und vom Geschick des Betreibers ab.
•
Eine gute Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten ist wichtig.
•
Der Kontakt zwischen den Kunden und den liefernden Bauern fehlt.
•
Der Organisationsaufwand ist höher (REICHSTHALER et al., 1997,143f.).
2.2.2.3. Bauernläden
Bauernläden funktionieren rechtlich und organisatorisch wie Hofläden. Der Unterschied liegt darin,
dass ein Bauernladen ortsunabhängig ist. Er kann sich in einem Einkaufszentrum oder in einer sehr
guten Lage (z.B. Fußgängerzone) befinden.
Vorteile
•
Standort kann gezielt ausgewählt werden.
•
Die Kunden müssen nicht am Hof bedient werden.
•
Alle Mitglieder können sich auf die Erzeugung ihrer Produkte konzentrieren.
• Eine neutrale Verkaufskraft bietet alle Produkte an.
Nachteile:
•
Die Atmosphäre ist gemindert.
•
Der Kunden- Bauernkontakt fehlt.
148
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
•
Der Organisationsaufwand und die Gemeinkosten sind höher.
•
Der Erfolg hängt sehr von der Verkaufskraft im Laden ab.
•
Gemeinschaft aller Beteiligten ist von Bedeutung.
•
Es müssen Kunden Parkplätze in der Nähe sein (REICHSTHALER et al., 1997,145).
2.2.2.4. Bauernmarkt
Auf einem Bauernmarkt bieten mehrere Bauern auf einem privaten oder öffentlichen Grundstück ihre
Produkte im Rahmen der Direktvermarktung an. Um das erforderliche Kundenpotential zu haben,
sollte es sich um ein Einzugsgebiet handeln. Der Standort sollte zum Bummeln verlocken und nicht zu
nah am Verkehr sein.
Vorteile:
•
Es gibt fixe Marktzeiten.
•
Jeder Landwirt kann sich auf bestimmte Produktbereiche spezialisieren.
•
Es herrscht Marktatmosphäre.
• Eine ungünstige Hoflage spielt keine Rolle.
Nachteile:
•
Der Umsatz ist witterungsabhängig.
•
Der Transport ist zeitaufwendig und man benötigt ein geeignetes Fahrzeug.
•
Man braucht eine Marktstandausstattung( Präsentationsvorrichtungen, Lagerung)
•
Mitwerber sind in unmittelbarer Nähe, so dass Kunden Preis und Produkt vergleichen können.
•
Gleichbleibender Zeitbedarf unabhängig vom Umsatz ( REICHSTHALER et al.,1997,150-153).
2.2.2.5. Erzeugergemeinschaft
Eine weitere Vermarktungsmöglichkeit ist die Vermarktung über eine Erzeugergemeinschaft. Bei einer
Erzeugergemeinschaft bündeln mehrere Produzenten ihre Produkte, verarbeiten und vermarkten sie
gemeinsam. Damit eine erfolgreiche Vermarktungsinitiative garantiert ist, müssen bestimmte Punkte
beachtet werden:
Bei der Gründung einer Vermarktungsinitiative ist ein Know- How über Märkte und Marketing, sowie
Betriebswirtschaft und Betriebsorganisation notwendig. Es muss ein Marketingkonzept mit klaren
Zielsetzungen erstellt werden. Vermarktungsinitiativen haben nur dann auf dem gesättigten Markt eine
Chance, wenn sie ein eigenes, unverwechselbares Profil entwickeln und der Preis der Produkte
leistbar ist.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind geeignete Marktpartner wie spezialisierte Verarbeiter oder ein
Großverteiler. Der Vorteil dabei ist eine gewisse Absatzsicherheit, aber es besteht auch eine
Abhängigkeit zum Absatzpartner (SANDERS UND SCHMID, 2003, 24f).
Ein Beispiel für eine Erzeugergemeinschaft ist MANTURO (siehe: http://www.manturo.at/).
Der Name dieses Netzwerks setzt sich aus den Schweinerassen Mangalitza und Turopolje zusammen.
Das Ziel dieses Projektes ist es diese alten Rassen wieder zu etablieren und zu vermarkten. Aus dem
Fleisch werden hochwertige Produkte hergestellt (STEFFEN et al, 2008, 278).
3. Ziele, Forschungsfragen
26
Die Arbeit soll einen Überblick darüber geben, wie die bereits beschriebenen robusten
Schweinerassen von den Konsumenten aus der Sicht der Landwirte, eines Fleischermeisters und
Experten angenommen werden, und worauf sich eine erfolgreiche Vermarktung zurückführen lässt. Es
haben sich folgende Fragen herauskristallisiert:
•
Was hat die Betriebe dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten und wie hat sich ihre
Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt?
26
Verfasst von Andrea Fuchs und Natalia Praxl
149
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
•
Wie schätzen die Bauern die Position ihres Haltungssystems/ der Produkte im unmittelbaren
Umfeld/ in der Region ein?
•
Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region und welche Vor-
•
Beurteilen die Bauern ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend?
und Nachteile haben diese?
27
4. Methoden
4.1. Auswahl der Personen und des Standorts
Zur Durchführung der Arbeit wurden zwei Freilandschweinebetriebe in der südöstlichen Steiermark,
sowie ein Freilandschweinebetrieb und ein Fleischermeister im Waldviertel für die Befragung
ausgewählt. Um ein umfangreiches Bild zu bekommen, stellten wir unsere Fragen auch an Experten
in der jeweiligen Region.
4.1.1. Datenerhebung in der Steiermark (südöstliche Region)
Als Experte wurde Herr Dipl. Ing. Köstenbauer befragt, der als Berater für Bio- Ackerbau und
Schweinehaltung in der Steiermark zuständig ist.
In der Steiermark wurde bei drei Landwirten um ein Interview angefragt, wovon sich zwei Landwirte
bereit erklärten Fragen zu beantworten. Bei beiden Betrieben handelt es sich um konventionelle
Betriebe.
Allgemeine Daten der befragten Landwirte
Landwirt A:
Betriebsgröße: 19,8 ha Eigengrund, 4,6 ha zugepachteter Grund
Hektar die für Schweinehaltung verwendet werden: über 10 ha
Freilandschweinehaltung seit: 5 Jahren
Anzahl der Freilandschweine (in Stückzahl): wurde nicht angegeben
Sonstige Bemerkungen: Der Landwirt betreibt die Freilandschweinehaltung neben einer
konventionellen Schweinehaltung.
Landwirt B:
Betriebsgröße: 60,5 ha Eigengrund
Hektar die für Schweinehaltung verwendet werden: ca. 2,5 ha
Freilandschweinehaltung seit: 11 Jahren
Anzahl der Freilandschweine (in Stückzahl): 85 Schweine
Sonstige Bemerkungen: Der Landwirt betreibt die Freilandschweinhaltung neben einer
Rinderzucht und einer kleinen konventionellen Schweinhaltung.
4.1.2. Datenerhebung im Waldviertel
In der Region Waldviertel wurde nach einer fehlgeschlagenen Kontaktaufnahme mit dem Verein
“Waldviertler Freilandschweine“ Herr Prof. Konrad als Experte herangezogen. Er ist der Leiter des
Projekts „Waldviertler Freilandschwein“.
Weiteres wurden im Waldviertel Interviews mit einem Demeter Landwirt und einem Fleischermeister
geführt, in dessen Bio- Fleischerei die Turopolje- Freilandschweine geschlachtet und zu diversen
Spezialitäten verarbeitet werden.
27
Verfasst von Andrea Fuchs und Natalia Praxl
150
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Allgemeine Daten des befragten Landwirts im Waldviertel
Landwirt C:
Betriebsgröße: 12ha
Hektar die für Schweinehaltung verwendet werden: 1-1/2 ha
Freilandschweinehaltung seit: 2 Jahren
Anzahl der Freilandschweine (in Stückzahl):ca. 36 Schweine
Sonstige Bemerkungen: Der Betrieb wurde aufgelöst. Die Schweine sind von einem anderen
Bauern, in Plank am Kamp, übernommen worden, der jetzt die Turopolje Schweine teilweise in
einem großen Eichelwald hält.
4.2. Datenerhebung
Als Methode der vorliegenden Arbeit wurde die Befragung in Form eines persönlichen Interviews und
einer schriftlichen Befragung gewählt.
Vor der Befragung wurde ein Fragebogen zu den Forschungsfragen entwickelt. Der Fragebogen
wurde von Frau Kummer überprüft und die gefundenen Fehler wurden verbessert.
Die zu Befragenden wurden über ein telefonisches Gespräch oder per e- Mail um ein Interview
gebeten.
Am 18.12.2008 wurde mit Herrn Prof. Konrad ein ausführliches persönliches Gespräch geführt und
der Fragebogen beantwortet. In dem Gespräch gab er uns Auskunft über die Situation der
Freilandschweinehaltung in Österreich und berichtete vom Projekt „Waldviertler Freilandschwein“.
Am 19.12. 2008 wurde uns der ausgefüllte Fragebogen von Herrn Köstenbauer per Email zugesandt
und ein telefonisches Gespräch fand statt. Herr Köstenbauer gab uns Auskunft über die allgemeine
Situation in Bezug auf die Freilandschweinehaltung in der Steiermark.
Am 21.12.2008 wurde mit Landwirt C ein persönliches Interview geführt, wobei auch der Fragebogen
ausgefüllt wurde.
Am 3.1.2009 fand ein persönliches Interview mit Landwirt A in seinem gewerblichen Betrieb statt um
seine Situation zu eruieren.
Landwirt B beantwortete die Fragen über ein telefonisches Gespräch am 29.12.2008.
Am 15.1.2009 wurde der Fleischermeister, der die Turopoljeschweine vermarktet, telefonisch
ergänzend zum Landwirt C befragt.
4.3. Dateneingabe- und Analyse
Die Daten aus den Erhebungen aus der Steiermark und dem Waldviertel wurden digital erfasst und in
MS Word deskriptiv ausgewertet. In Reihenfolge der Forschungsfragen wurden die zentralen
Aussagen herausgefiltert. Anschließend wurden die Ergebnisse aus den beiden Regionen miteinander
verglichen.
5. Ergebnisse
5.1. Freilandschweinehaltung und Vermarktung in der Steiermark
28
In der Steiermark gibt es ca. 50 Freilandschweinebetriebe, davon werden ca. 15 Betriebe biologisch
bewirtschaftet, laut Angaben von Herrn Köstenbauer.
1. Forschungsfrage: Was hat die Betriebe dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten
und wie hat sich ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt?
Gründe für die Freilandschweinehaltung
Herr Köstenbauer gab als Gründe für die Freilandschweinehaltung in der Steiermark den höheren
Preis pro Kilo Fleisch an. Viele Landwirte würden denken, dass dieses Haltungssystems einfacher
28
Verfasst von Andrea Fuchs
151
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
wäre und weniger Aufwand bedarf. Auch Vermarktungsprojekte wie MANTURO würden Landwirte
zur Freilandschweinehaltung animieren (siehe Kapitel: 2.2.2.5).
Landwirt A gab als Grund an, dass bei ihm oft die Qualität bei 10-12 Schinken minderwertig war. Er
glaubt, dass bei konventionell gehaltenen Stallschweinen Ammoniak in das Fleisch gelangt.
Landwirt B gab als Gründe den höheren Preis pro Kilo und die geringeren Tierarztkosten bei sauberer
Haltung an.
Rassenwahl
Nach Angaben von Herrn Köstenbauer werden hauptsächlich Rassen wie Mangalitza, Turopolje,
Schwäbisch Hällisch und Duroc gehalten. Der Fettanteil hänge stark von der Genetik ab, aber bei
vernünftiger Fütterung sei er geringer als angenommen.
Landwirt A hat sich bei der Freilandschweinehaltung für eine Kreuzung aus Edelsau und
Kanadischem Duroc entschieden. Bei ihm ist der Fettanteil um ca. eine Klasse höher.
Landwirt B hält Wildscheine und Waldschweine.
Wie schätzen die Landwirte die Position des Haltungssystems/ der Produkte im unmittelbaren
Umfeld/ in der Region ein?
Reaktion der Landwirte in der Umgebung:
Andere Landwirte haben bei beiden Landwirten negativ auf die Freilandschweinehaltung regiert.
Reaktionen der Nachbarn:
Die Reaktion der Nachbarn wurde in einem Fall als neutral und im anderen als negativ bewertet.
Reaktion der Konsumenten:
Die Konsumenten reagieren durchwegs positiv auf dieses Haltungssystem. Sie schätzen die gute
Qualität und den guten Geschmack.
Nach Aussage von Herrn Köstenbauer bemängeln manche Kunden den hohe Fettanteil, was bei den
Landwirten A und B nicht der Fall ist.
Produkte:
Das Fleisch wird großteils zu Produkten verarbeitet und es wird kaum Frischfleisch verkauft. Dabei
handelt es sich sowohl um traditionelle Produkte, als auch um Markenprodukte aus dem Ausland (z.B
Salami), laut Herrn Köstenbauer.
Landwirt A stellt nach einem alten Familienrezept Johann Schinken (8, 12, 18 Monate gereift) und
Johannwurst her und verkauft Frischfleisch.
Landwirt B stellt Hausspezialitäten wie Selchfleisch und Würste her und verkauft ebenfalls das
Frischfleisch.
Kunden:
Als Kunden werden allgemein von Herrn Köstenbauer der Handel, die ländliche und städtische
Bevölkerung sowie Touristen angegeben.
Bei Landwirt A wird das Fleisch von der Spitzengastronomie und von besser verdienenden
Endverbrauchern gekauft.
Landwirt B verkauft sein Fleisch an Bewohner der ländlichen und städtischen Bevölkerung und an
Bekannte.
2. Forschungsfrage: Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der
Region, welche Vor- und Nachteile haben diese; beurteilen die Bauern ihre
Vermarktungsvariante als gewinnbringend?
Herr Köstenbauer gibt an, dass das Fleisch von Freilandschweinen in der Steiermark vorwiegend Ab Hof verkauft wird.
Landwirt B verkauft seine Produkte Ab- Hof.
Vorteile: Die saubere Arbeit, die gute Qualität und die zufriedenen Kunden wurden als Vorteile
genannt. Den Kunden wird dabei die Gesamtleistung des Systems vermittelt.
Nachteile: Es ist eine zeitaufwendige, arbeitsaufwendige Vermarktungsvariante und die Entfernung
zum Kunden darf nicht zu groß sein.
Preis: Landwirt B bekommt für Fleisch und Wurst 6,50 Euro /kg.
Landwirt A besitzt einen Fleischereibetrieb und vermarktet seine Produkte großteils in seiner eigenen
Filiale und den Rest über Billa Gourmet.
Vorteile: Höhere Erträge und zufriedene Kunden wurden als Vorteile genannt.
152
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Nachteile: Landwirt A kann keine Nachteile nennen.
Preis: Landwirt A bekommt für sein Fleisch im Handel 9,90 Euro pro Kilo Schnitzelfleisch.
Beide Landwirte beurteilen ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend, da die Verkaufszahlen
sehr zufrieden stellend sind. Die gesetzten Erwartungen haben sich erfüllt und sie ziehen nicht in
Erwägung auf eine andere Vermarktungsvariante umzusteigen.
Fazit:
Herr Köstenbauer meint, dass Landwirte, die sich gut informieren, wissen worauf sie sich einlassen.
Unterlagen, wie das ÖKL MERKBLATT als Richtschnur sind wichtig. Die meisten Betriebe würden
Schritt für Schritt einsteigen und laufend entscheiden, ob der Weg für sie stimmt oder nicht.
Auf die Frage wie Herr Köstenbauer die zukünftige Entwicklung der österreichischen
Freilandschweinehaltung sieht, antwortet er, dass ein allzu starker Ausbau der
Freilandschweinehaltung unwahrscheinlich sei. Es seien eher kleinere Betriebe, die ein zusätzliches
Standbein suchen. Freilandschweinefleisch in der indirekten Vermarktung wäre aus seiner Sicht zu
einem kostendeckenden Preis nur in geringem Umfang zielführend. Er meint jedoch: “Kooperationen
mit Vermarktung z.B. über Buschenschänke, erscheinen zielführender. Buschenschänke sind gute
Beispiele dafür, dass kleine Freilandschweinehaltungen als Marketingaufhänger für einen ganz
anderen Betriebszweig dienen können.“
Landwirt A meint über die Situation in der Region, dass viele Betriebe bereit wären auf
Freilandhaltung umzustellen, jedoch nicht die damit verbundenen Veränderungen, z. B. bei der
Fütterung, mittragen würden wollen.
5.2. Freilandschweinehaltung und Vermarktung im Waldviertel
29
Im Waldviertel befinden sich ca. 13 Bio Freilandschweinebetriebe, im Projekt, von „Ja Natürlich!,
Waldviertler Freilandschwein“. Mit der Bio Fleischerei Schober stehen weiters 2-3 Bio/Demeter
Freilandschweinebetrieben in Kooperation. Weitere Betriebe wurden im Rahmen dieser Arbeit nicht
recherchiert.
1. Was hat die Betriebe dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten und wie hat sich ihre
Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt?
Gründe für die Freilandschweinehaltung
Prof. Konrad gab als Gründe für die Freilandschweinehaltung im Waldviertel an, dass die Landwirte
sich geringere Investitionskosten erhoffen, da kein teurer Stall gebaut werden müsse. Die
Freilandschweinelandwirte erhalten für ihr Fleisch keinen höheren Preise, sondern den normalen
Biopreis.
Landwirt C gab als Grund an, dass nur Freilandschweinehaltung für ihn in Frage komme, da sie dem
Wesen des Schweins entspricht. Er hat sich sehr lang mit der Freilandschweinehaltung beschäftigt,
eine Arbeit verfasst und auch diverse Vorträge über dieses Haltungssystem gehalten.
Finanzielle Gründe spielten keine Rolle. Die Schweine wurden von einem Freund übernommen um
das Turopoljeschweine -Projekt weiter am Leben zu erhalten.
Der Fleischer gab als Grund für den Beginn der Verarbeitung von Turopolje Freilandschweinefleisch
an, dass ein Freund angefangen habe Turopolje Schweine an ihn zu liefern. Allerdings musste dieser
die Haltung aufgrund wasserrechtlicher Probleme einstellen und an einen Freund abgeben.
Vor 5 Jahren hat sich dann ein Projekt mit Turopolje Freilandschweinen entwickelt. Zurzeit wird die
Fleischerei von 3-4 Landwirten mit dieser Schweinerasse beliefert.
Rassenwahl
Beim Projekt „Waldviertler Freilandschweine“ wird das ÖHYB- Schwein und eine Kreuzung aus
Schwäbisch- Hällisch (Mutter), mit Duroc (Vater) verwendet.
Nach Aussage von Prof. Konrad werden für den indirekten Absatz weniger robuste Rassen gehalten,
aufgrund des niedrigeren Fettanteils.
Die Landwirte, die an die Bio Fleischerei Schober liefern, haben ausschließlich Turopolje- Schweine.
29
Verfasst von Natalis Praxl
153
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Als Vorteile für die Rassenwahl wurde angegeben, dass sie zu den Robustrassen zählen und an das
Leben im Freien gewöhnt sind. Als Nachteile für die Rassenwahl wurde angegeben, dass sie
langsamer wachsen, und somit mehr Futter brauchen und einen höheren Fettanteil haben.
2. Wie schätzen die Landwirte die Position des Haltungssystems/ der Produkte im
unmittelbaren Umfeld/ in der Region ein?
Reaktion der Landwirte in der Umgebung:
Nach einer Aussage von Prof. Konrad haben die anderen Landwirte negativ reagiert. Es stellte sich
Neid ein, aufgrund der geringeren Investitionskosten in den Stallbau.
Dem Fleischermeister zufolge stehen die Landwirte dieser Haltungsform etwas skeptisch gegenüber.
Landwirt C hingegen bezeichnet die Reaktionen als neutral.
Reaktionen der Nachbarn:
Die Reaktion der Nachbarn wurde als durchwegs positiv geschildert, es gibt viele Besucher, die
kommen um die Schweine zu sehen.
Reaktion der Konsumenten:
Die Konsumenten regieren absolut positiv auf das Haltungssystem. Allerdings werden der hohe
Fettgehalt und der hohe Preis kritisiert.
Produkte:
Das Fleisch vom „Waldviertler Freilandschwein“ wird an Ja natürlich! verkauft. Die Landwirte in
diesem Projekt stellen keine eigenen Produkte her und vermarkten das Fleisch auch nicht selbst.
Der Landwirt C stellt keine Produkte selbst her.
Die Fleischerei Schober stellt aus den Turopolje Schweinen hauptsächlich Salami und Rohschinken
her.
Kunden:
Die Kunden von der Fleischerei Schober sind Menschen, die sich Bio- und Demeter Produkte leisten
können und wollen.
Die Schweine vom Projekt „Waldviertler Freilandschwein“ werden gänzlich an Rewe geliefert und über
die Marke, Ja Natürlich! vermarktet. Das Fleisch wird in einigen wenigen Merkurfilialen angeboten,
somit besteht kein Kundenkontakt.
Von manchen Kunden der Fleischerei Schober wird der hohe Fettanteil bemängelt, welche im
Anschluss dennoch vom Geschmack begeistert sind. Die Verkaufszahlen sind einigermaßen zufrieden
stellend. Die Produkte sind kein Massenartikel und werden in geringer Stückzahl hergestellt.
3. Forschungsfrage: Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der
Region, welche Vor- und Nachteile haben diese; beurteilen die Landwirte ihre
Vermarktungsvariante als gewinnbringend?
Das Fleisch vom Projekt „Waldviertler Freilandschwein“ wird laut des Experten ausschließlich
indirekt abgesetzt. Es wird an Rewe unter dem Markennamen „Ja! Natürlich“ vermarktet und in 12
Merkur Filialen angeboten
(http://www.janatuerlich.at/Layouts/jn_Produkt.aspx?folderId=32130&pageId=66382).
Vorteile: Es besteht kein Organisationsaufwand und mit der Ablieferung der Schweine endet die
Verantwortung der Landwirte.
Nachteile: Als Nachteile wurden die niedrigen Preise, kein Mitbestimmungsrecht und die
Preisschwankungen des Handels genannt.
Der Fleischhauer Schober vermarktet über den Bio Großhandel, in seiner eigenen Filiale und an
Privatpersonen.
Vorteile: Da er so spezielle Produkte erstellt, gibt es nicht genügend Abnehmer dafür im regionalen
Umfeld, deshalb ist die Vermarktung über den Großhandel eine gute Möglichkeit seine Produkte
einem größeren Kundenfeld zur Verfügung zu stellen.
Nachteile: Zwischen Selbstvermarktung im Geschäft und über den Bio- Großhandel gibt es einen
Preisunterschied von 30-40%.
Preis: Für 1kg Schnitzelfleisch vom Turopolje- Schwein bekommt der Fleischermeister 10-12 Euro
und für Speck 35-40 Euro pro kg.
154
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Der Landwirt C verkauft seine Schweine an die Bio- Fleischerei Schober oder Schweinehälften an
Privatpersonen. Es werden allerdings alle Schweine in der Fleischerei geschlachtet.
Vorteile: Man erspart sich die Kosten für einen Schlachtraum, und braucht kein Know how im Bezug
auf Vermarktung und Verarbeitung.
Nachteile: Damit es sich für ihn rentiert, müsste er 4,50 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht
verlangen. Wenn er an Privatpersonen verkauft, verlangt er diesen Preis auch.
Preis: Der Landwirt C bekommt 25% über den Bio- Preis, beim letzten Verkauf war das 3.50 Euro für
1 kg Schlachtgewicht
Laut des Fleischermeisters befindet sich das Projekt noch im Aufbau, und deshalb muss noch von
beiden Seiten, von seiner und der der Landwirten, noch etwas „Herzblut“ hinein fliesen. Er erhofft sich
für die Zukunft, wenn alle Vorhaben umgesetzt sind, dass seine Vermarktungsvariante
gewinnbringender sein wird.
Fazit:
Prof. Konrad zufolge haben sich die Vorstellungen der Landwirte an das „Waldviertler
Freilandschweine Projekt“ nicht erfüllt. Diese hatten viel höhere Erwartungen an das Projekt und
waren frustriert aufgrund der Mehrarbeit und den unbeeinflussbaren Witterungsverhältnissen. Die
Landwirte hatten sich auch einen finanziellen Gewinn erhofft.
Die zukünftige Entwicklung der Freilandschweinehaltung in Österreich hingegen sieht Prof. Konrad
sehr positiv, vor allem dort wo es ein Gesamtprojekt mit einem durchdachten Vermarktungskonzept
gibt, das nicht vom Handel ausgeht.
Zur Zukunft des Projekts „Waldviertler Freilandschwein“ meint er, dass das Projekt bestehen bleibt
solange der Handel Interesse zeigt.
Laut des Landwirts C und des Fleischermeisters hat die Vermarktung noch nicht den erhofften Erfolg
gezeigt. Landwirt C glaubt, dass keine weiteren Landwirte in der Region auf Freilandschweinehaltung
umsteigen würden. Er selber würde wieder Freilandschweine halten, wenn die Vermarktung in einem
Projekt verankert wäre.
155
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
5.3. Zusammenfassung der Ergebnisse
1. Frage
Landwirt A
Gründe für
Freilandschweinehaltung
Bessere Fleischqualität
Landwirt B
Landwirt C
Höherer Preis
Ethische Gründe
2.Frage
Rassenwahl
Edelsau mit kanadischen
Duroc
Wald- und Wildschweine
Turopolje
Landwirt A
Landwirt B
Reaktionen der
Landwirte
negativ
negativ
Reaktionen der
Nachbarn
negativ
neutral
Reaktionen der
Kunden
positiv
positiv
Landwirt C
neutral
positiv
positiv
3. Frage
Landwirt A
30
30
Landwirt B
Vermarktungsweg
Eigene Filiale, Billa
Gourmet
Ab Hof
Landwirt C
Verkauft an Fleischerei
Verfasst von Andrea Fuchs und Natalia Praxl
156
Vorteile
Höhere Erträge,
zufriedene Kunden
Gute Qualität,
zufriedene Kunden,
saubere Arbeit
Keine Investitionen in
einen Schlachtraum,
kein Know how
notwendig
Produkte
Wurst, Schinken
Selchfleisch,
Wüste
keine
Nachteile
keine
Hoher Zeit- und
Arbeitsaufwand
Niedrigerer Preis
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
6. Diskussion
31
In diesem Kapitel versuchen wir die Ergebnisse im Waldviertel und in der Steiermark miteinander zu
vergleichen:
• Was hat die Betriebe dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten und wie hat
sich ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt?
Gründe für die Freilandschweinehaltung
Nach Aussagen der Experten werden oft zu hohe Erwartungen in die Freilandschweinehaltung gesetzt,
da sich die Landwirte geringere Investitionskosten erhoffen.
Es stellte sich uns die Frage, warum konventionelle Landwirte Freilandschweine halten.
Bei den befragten steirischen Betrieben werden finanzielle Gründe und Fleischqualitätsgründe
angegeben. Kritisch ist dabei zu bemerken, dass Konsumenten Freilandschweinehaltung häufig mit
biologischer Landwirtschaft gleichsetzten. Jedoch ist ihnen oft nicht bewusst, dass ein gravierender
Unterschied in der Fütterung liegt. Konventionelle Betriebe können das gute Image der
Freilandschweinehaltung nützen obwohl sie nur das tiergerechte Haltungssystem umsetzen.
Die Schweine vom „Waldviertler Freilandschwein“ werden ohne chemische Leistungsförderer und
ausschließlich mit hochwertigem Futter österreichischer Herkunft aus biologischem Anbau gefüttert
(JA! NATÜRLICH, 2009, s.p.) Beim befragten biologischen Betrieb sind dagegen eher ethische Gründe
für eine Freilandschweinehaltung ausschlaggebend, da es sich um ein ganzheitlich artgerechtes
Haltungssystem handelt, das den Schweinen ermöglicht ihre natürlichen Verhaltensweisen
auszuleben, wie in Kapitel 2.1.2. beschrieben wird.
In beiden Regionen sind spezielle Vermarktungsinitiativen ein wichtiger Anlass zur Haltung von
Freilandschweinen, wie zum Beispiel im Waldviertel das TUROPOLJE SCHWEINE PROJEKT und das
„W ALDVIERTLER FREILANDSCHWEIN“. In der Steiermark gibt es das Projekt „MANTURO“(siehe: Kapitel:
2.2.2.5).
Rassenwahl
Wie im Kapitel 2.2. betont wurde, ist die Wahl einer Robustrasse für die Freilandschweinehaltung
wichtig. Dennoch kann dieser Punkt nicht immer zur Gänze erfüllt werden, da die Vermarktung großen
Einfluss auf die Wahl der Rasse hat. Bei indirekten Absatzwegen über den Handel muss eine Rasse
gewählt werden, die nicht zu viel Fettanteil aufweist, um der Nachfrage nach magerem Fleisch
entsprechen zu können. Diese Behauptung von Prof. Konrad kann bestätigt werden, da zu bemerken
ist, dass beim „Waldviertler Freilandschwein“ ÖHYB- Schweine verwendet werden. Bei
Vermarktungsinitiativen wie MANTURO oder Turopolje- Freilandschweine und Direktvermarktung
können robustere Schweinerassen wie Mangalitza oder Turopolje gehalten werden, die einen höheren
Fettanteil haben. Bei diesen Vermarktungswegen ist Kundenkontakt vorhanden und so können die
Produkte speziell beworben und erklärt werden.
•
Wie schätzen die Landwirte die Position ihres Haltungssystems/ der Produkte im
unmittelbaren Umfeld/ in der Region ein?
In den von uns befragten Fällen tendieren andere Landwirte in beiden Regionen eher dazu negativ auf
die Freilandschweinehaltung zu reagieren. Dabei scheinen vorwiegend Investitionskosten, die bei den
Freilandschweinehaltern geringer sind, Anlass für Neid zu sein.
Die Konsumenten reagieren hingegen in beiden Regionen sehr positiv auf die
Freilandschweinehaltung.
Über die Reaktionen der Nachbarn auf das Haltungssystem wurden in beiden Regionen
unterschiedliche Angaben gemacht. Während diese bei den befragten steirischen Betrieben neutral
bis negativ reagieren, kommen im Waldviertel Besucher zu den Betrieben um die Schweine zu sehen.
In der Steiermark besteht größtenteils direkter Kundenkontakt, während im Waldviertel kein Kontakt
zu den Kunden hergestellt wird, da hauptsächlich über den Handel vermarktet wird. Dadurch können
diese Landwirte auch keine Auskunft darüber geben, wer die Kunden sind.
31 31
Verfasst von Andrea Fuchs und Natalia Praxl
157
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Allgemein hat sich gezeigt, dass die Produkte hauptsächlich von Menschen gekauft werden, die
Qualitätsprodukte schätzen oder sich mit der Ideologie von Bio-Produkten identifizieren können. Somit
sind diese bereit höhere Preise zu bezahlen.
Beim „Waldviertler Freilandschwein“ werden keine Produkte mit einem bestimmten Image hergestellt,
für die die Konsumenten eher bereit wären höhere Preise zu zahlen. Das ist auch, laut Prof. Konrad,
einer der Gründe warum die Vermarktung sich so schwierig gestaltet. Er weist in diesem
Zusammenhang auch auf ein Projekt in Kärnten hin, im Zuge dessen Kärntner Speck hergestellt wird
und zu hohen Preisen vermarktet werden kann.
•
Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region, welche
Vor- und Nachteile haben diese und beurteilen die Bauern ihre Vermarktungsvariante
als gewinnbringend?
In der Steiermark wird vorwiegend Ab -Hof verkauft, während im Waldviertel das Fleisch hautsächlich
indirekt vermarktet wird. Für das Frischfleisch erhalten die Landwirte die üblichen Bio- Preise, die sie
nicht beeinflussen können.
Die Landwirte im Projekt „Waldviertler Freilandschweine“ befinden sich in einer schwierigen Situation,
da sie von den Preisen des Handels abhängig sind. Der Handel darf die Spanne zwischen
biologischem und konventionellem Fleisch nicht zu sehr ausdehnen, weil sonst das Fleisch nicht mehr
gekauft wird. Ein weiterer Nachteil dieser Vermarktungsvariante ist, dass wie in Kapitel 2.2.1.
beschrieben, der Handel gleichbleibende Qualität in großen Mengen verlangt. Bei der
Freilandschweinehaltung können auf einem Hektar weniger Zuchtsauen gehalten werden, als bei
einer intensiven Stallhaltung, so dass die Freilandschweine nicht in Massen verkauft werden können.
Der Zeit- und Arbeitsaufwand ist jedoch bei der indirekten Vermarktung geringer als bei der direkten
Vermarktung, man muss sich nicht um die Produktion und Vermarktung der Produkte kümmern. Der
erhöhte Arbeitsaufwand wird im Zusammenhang mit der Ab- Hof Vermarktung in der Literatur oftmals
nicht erwähnt. Es wird aber angemerkt, dass die Kunden für frische Produkte mit hoher
Wertschätzung eher bereit wären längere Strecken auf sich zu nehmen und sie Ab- Hof zu kaufen
(REICHSTHALER et al.1997, 139-142), jedoch meint Herrn Köstenbauer, dass die Entfernung zu den
Kunden für eine erfolgreiche Direktvermarktung nicht allzu weit sein sollte.
In der Steiermark sind die befragten Landwirte mit ihrem Umsatz sehr zufrieden, während die
Landwirte im Waldviertel wenig bis nicht zufrieden sind. Uns ist aufgefallen, dass die steirischen
Betriebe bereits länger bestehen, sich in der Region etabliert haben und einen festen Kundenstock
vorweisen können. Im Vergleich dazu stehen die Projekte im Waldviertel noch in den „Kinderschuhen“.
Das Turopolje Freilandschweinenprojekt hat gute Zukunftsaussichten, weil die Projektteilnehmer auf
dem Weg sind, ein eigenes, unverwechselbares Profil zu entwickeln. Da auch Produkte aus dem
Fleisch hergestellt werden, bekommen die Landwirte nicht nur den Magerfleischanteil bezahlt,
sondern können über die Veredlung des Fleisches höhere Gewinne erzielen. Somit können diese
mehr daraus profitieren. Bei dieser Vermarktungsinitiative werden die Landwirte mehr in das Projekt
involviert, da sie als Vereinsmitglieder am weiteren Verlauf beteiligt sind.
Der Fleischermeister äußerte sich zum Gedanken ökologische Landwirtschaft und regionale
Entwicklung folgendermaßen: Er findet die Idee sehr positiv, allerdings schwer umsetzbar, da die
früheren regionalen Strukturen nicht mehr vorhanden sind, z. B. gibt es in der Region keinen Greisler
mehr sondern nur noch Supermärkte. Wenn man solche speziellen Produkte wie er herstellt, müsste
man im größeren Rahmen über die Region hinaus vermarkten um Gewinne erzielen zu können.
Deshalb vermarktet er größtenteils über den Handel, wo er aber 30- 40 % weniger als bei der
Direktvermarktung verdient.
7. Schlussfolgerungen
32
Unser Vorhaben den Erfolg der Vermarktungsvarianten anhand der Fleischpreise aufzuzeigen hat
sich als nicht umsetzbar erwiesen, da wir sehr unterschiedliche Betriebe für die Befragung ausgewählt
haben. Es wurden sowohl konventionelle wie auch Bio Betriebe befragt, welche von Grund auf
unterschiedliche Preise für ihre Produkte erhalten. Um die Ergebnisse vergleichbarer zumachen,
hätte man sowohl im Waldviertel als auch in der Steiermark biologische Betriebe auswählen und die
Befragung in einem größeren Umfang durchführen müssen. Auch spielt die Schweinerassenwahl eine
32
Verfasst von Andrea Fuchs und Natalia Praxl
158
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Rolle, z.B. kann man von einem ÖHYB Schwein, das einen hohen Magerfleischanteil hat, weitaus
mehr Schnitzelfleisch gewinnen als von einem Turopolje Schwein, mit einem von Natur aus hohen
Fettanteil. Es ist schwierig die aufgewendete Arbeitszeit, die zum Herstellen und Vermarkten der
Produkte notwendig ist, in den Preis einzubeziehen, die bei der indirekten Vermarktung entfällt. So
konnten wir den Erfolg der Vermarktungsvarianten nur anhand der Zufriedenheit der Landwirte
bestimmen.
Unser Fazit ist, dass jede Vermarktungsvariante Vor- und Nachteile aufweist und jeder Landwirt die
für sich rentabelste Vermarktungsvariante wählen sollte.
Bei dieser Arbeit hat sich heraus kristallisiert, dass die Vermarktung umso erfolgreicher ist, je
spezieller die Produkte sind, die hergestellt werden, bei konventionellen Betrieben sowie bei
biologischen Betrieben.
8. Zusammenfassung
33
Bei der Freilandschweinehaltung werden die Tiere ganzjährig im Freien gehalten, dazu muss eine
geeignete Rasse gewählt werden. Die Wahl der Rasse hängt von der Vermarktungsvariante ab, die
indirekt und direkt verlaufen kann.
In dieser Arbeit verglichen wir die Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen Freilandschweinefleischvermarktung, anhand zweier Regionen durch Befragungen von Experten und Landwirten. Dabei
zeigte sich, dass bei der Vermarktung vor allem ein eigenes unverwechselbares Profil wichtig ist.
33
Verfasst von Andrea Fuchs und Natalia Praxl
159
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
9. Literaturverzeichnis
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HAMM,U.(1991): Landwirtschaftliches Marketing-Grundlagen des Marketing für
landwirtschaftliche Unternehmen. Stuttgart: Eugen Ulmer GmbH.
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HÖRNING, B. (1999): Artgemäße Schweinehaltung – Grundlagen und Beispiele aus der Praxis.
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Ökowirt - Informationsservice für Bauern u. Konsumenten. Wartberg; Wien
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PEITZ, B. und PEITZ, L. (1993): Schweine halten. Stuttgart: Eugen Ulmer.
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POTTEBAUM, P. REICHERT, J. und STRECKER, O. (1996): Marketing in der Agrar- und
Ernährungswirtschaft. 3.Aufl., Frankfurt am Main: DLG- Verlags GmbH.
•
REICHSTHALER, M., SCHAFZAHL, G., PUTZ, G., ZAPFL, W., ENGELHART, R. UND SCHNEIDER,
G.(1997): Direktvermarktung bäuerlicher Produkte. Stuttgart, Graz: Leopold Stocker Verlag.
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Spezialitäten- Potenziale des Mehrkanalvertriebs. Gregor-August Universität Göttingen.
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Internetquellen:
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http://www.janatuerlich.at/Layouts/jn_Produkt.aspx?folderId=32130&pageId=66382
(26.01.2009)
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ÖKL MERKBLATT (2004): Anforderungen an Freilandhaltung für Schweine. Merkblatt77.
http://www.oekl.at/publikationen/merkblaetter/verzeichnis/77
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MANTURO: http://www.manturo.at/
•
TUROPOLJE SCHWEINE PROJEKT : www.bioschober.at)
•
W ALDVIERTLER FREILANDSCHWEIN: www.janatuerlich.at)
160
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
10. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Bache mit Frischling ....................................................................................................... 145
Abbildung 2: Managlitza ...................................................................................................................... 145
Abbildung 3: Schwäbisch Hällisches mit Ferkel.................................................................................. 145
Abbildung 4: Turopolje......................................................................................................................... 146
Abbildung 5: Duroc ............................................................................................................................. 146
Abbildung 6: Waldschweine ................................................................................................................ 146
Abbildung 7: Absatzwege für landwirtschaftliche Produkte................................................................. 147
161
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
D.5 Regionale Entwicklung und gesundes Essen im Land um Laa – NÖ
– von Gerlinde WOHLMUTH und Maria HARMER
Abstract
In unserer Arbeit beschreiben wir die Entwicklung der biologischen Landwirtschaft, die Vermarktung
und den Konsum von biologischen Produkten in der Region Land um Laa.
Wir haben den Stellenwert der biologischen Landwirtschaft innerhalb und im Sinn der regionalen
Entwicklung im „Gesunden Land um Laa“ recherchiert, sowie herausgearbeitet,
wie wichtig biologische Landwirtschaft und das Angebot von Bio-Produkten im gesunden Land um Laa
ist. Informationen haben wir über Interviews eingeholt und Landwirte befragt.
Die Ergebnisse unserer Arbeit zeigen auf, dass die Gründung des Distelvereines 1987, die
Grenzöffnung 1989, der Beitritt zur Europäischen Union 1995, die Gründung von ÖPUL 1995, die
Eröffnung der Therme Laa an der Thaya 2002, die Eröffnung des Ayurveda Gesundheitszentrums in
Loosdorf 2004 und vor allem das zunehmende Bewusstsein der Bevölkerung und der Gäste das Land
um Laa sowohl in umweltrelevanten, als auch in wirtschaftlichen Belangen belebt haben.
Danksagung
Wir danken allen, die uns zu dieser Seminarbeit Auskunft und wertvolle Impulse gegeben haben.
Insbesondere danken wir Herrn Bürgermeister OSR Karl Nagl, Obmann des Vereins „Ganz gesund im
Land um Laa“; Herrn Karl Nagl junior, Obmann des Vereins „Regionalentwicklungsverein“ und Herrn
Ing. Michael Staribacher, Geschäftsführer von „AGRAR PLUS GesmbH“ für ausführliche Gespräche
und Informationen am Beginn unserer Arbeit.
162
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Regionale Entwicklung und Biologische Landwirtschaft
164
164
2.1. Was bedeutet Regionale Entwicklung?........................................................................................ 164
2.2. Was bedeutet Biologische Landwirtschaft?.................................................................................. 165
2.3. Produktion, Konsum und Vermarktung von biologischen Lebensmitteln..................................... 166
5. Das Land um Laa
167
5.1. Geographische Darstellung.......................................................................................................... 167
5.2. Rückblick zur Entwicklung der Region Land um Laa ................................................................... 167
5.3 Umsetzung der Ziele der Region Land um Laa ............................................................................ 169
6. Methoden
7. Umfeldanalysen und Untersuchungsergebnisse
170
170
7.1. Der Distelverein ............................................................................................................................ 170
7.2. Vom Distelverein zum ÖPUL........................................................................................................ 171
7.3. Verein „Ganz gesund im Land um Laa“ ....................................................................................... 171
7.4. Exemplarische Aufzählung zur Steigerung der Vermarktung regionaler Produkte im Land um Laa
............................................................................................................................................................. 172
8. Diskussion
9. Schlussfolgerung
10. Zusammenfassung
11. Zahlen, Daten, Fakten
174
174
175
175
11.1. Bio-Betriebe (und Umstellungsbetriebe) in der Umgebung ....................................................... 175
12 Literatur- und Quellenverzeichnis
176
163
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
1. Einleitung
Bio ist in aller Munde – ganz besonders im Land um Laa. Galt man vor 21 Jahren noch als Öko-Freak,
wenn man sein Interesse für Bio-Produkte bekundete, so gehört es heute bereits zum guten Ton,
biologische Produkte zu konsumieren.
Das „Land um Laa“ stellt die Klimabündnis-Schwerpunktregion Weinviertel Nord dar.
In der Arbeitsgruppe „Gesundheit“ des Tourismus- und Regionalentwicklungsvereines wurde die Idee
geboren, die Biobetriebe im Land um Laa zu erfassen bzw. zu erweitern und deren Produkte in der
Gastronomie und in den Haushalten der Region zentral und marktkonform zu vertreiben.
Im Land um Laa hat man sich diesbezüglich weitere ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis 2016 sollen 60% der
Lebensmittel, die in der Region von bäuerlichen Betrieben angeboten und konsumiert werden,
biologischer-regionaler Herkunft sein.
Die Vision: Die regionale Bevölkerung wird flächendeckend mit Bio-Produkten versorgt und darüber
hinaus sollen in ganz Österreich, sowie im benachbarten Ausland (Tschechien, Slowakei) diese
Produkte verkauft werden.
Die Region soll in Zukunft auch zu 75% energieautark werden. All das soll bis zum Jahr 2016 weiter
zur Entwicklung des gesunden Land um Laa beitragen.
Unser Ziel ist es, mit dieser Arbeit den Stellenwert der biologischen Landwirtschaft innerhalb der
regionalen Entwicklung im „Gesunden Land um Laa“ zu beleuchten, wie sich der Biolandbau in den
letzten 21 Jahren im Land um Laa verändert hat und insbesondere welche Auswirkungen dies auf die
regionale Entwicklung bisher hatte. Besonders herausarbeiten möchten wir den Stellenwert der
regionalen Produkte für die Bevölkerung, wobei wir insbesondere verschiedene Initiativen der
Produktion und Vermarktung im Land um Laa präsentieren. Des Weiteren möchten wir kurz die
Entwicklung des „Biokisterl“, welches die Bevölkerung mit regionalen Produkten versorgt, untersuchen
und die positiven Effekte der regionalen Produkte für die Bevölkerung hervorheben.
2. Regionale Entwicklung und Biologische Landwirtschaft
2.1. Was bedeutet Regionale Entwicklung?
Darunter versteht man die Entwicklung innerhalb einer Region, hier die Region Nördliches Weinviertel
in NÖ, das „Land um Laa an der Thaya“ in verschiedenen Bereichen, wie z.B.: Biologische
Landwirtschaft, Wirtschaft, Tourismus, Infrastruktur, Freizeit, Wohnen, Gastronomie und Landschaft.
Man unterscheidet die endogene Regionalentwicklung (eigenständige Regionalentwicklung) und diese
ist ein Konzept der Raumordnung, bei dem die Entwicklung einer Region nicht vorrangig durch äußere
Impulse (staatliche Eingriffe) geschehen soll, sondern durch die Nutzung regionseigener Potenziale.
Daneben unterscheidet man auch die nachhaltige Regionalentwicklung, sie ist ein Konzept, mit dem
langfristig die Lebensqualität einer Region gesichert werden soll. Ein Prozess, an dem sich möglichst
viele Akteure aus der Region beteiligen sollen. Die Produzenten und Verarbeitungsbetriebe von
Nahrungsmitteln, der Handel, die Handwerker und kleinen Betriebe, die öffentliche Verwaltung und
Politik und die Verkehrsbetriebe. Vorallem auch die Bürgerinnen und Bürger als Konsumenten sind
wichtige Beteiligte an der Gestaltung der Region.
164
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
2.2. Was bedeutet Biologische Landwirtschaft?
Das Grundprinzip der biologischen Landwirtschaft ist die Kreislaufwirtschaft, das heisst,
dass in einem geschlossenen Kreislauf gewirtschaftet wird (siehe Skizze).
Futter
Pflanzen
Tiere
Nährstoffe
D
Dünger
Boden
Biologische Landwirtschaft
o
o
bedeutet:
Förderung der Biodiversität
Natürliche Düngung mit Kompost, Pflanzenresten, Gründüngung und
eine ausgewogene Fruchtfolge erhalten die Bodenfruchtbarkeit
o
Hohe Lebensmittelqualität
o
Schaffung lebenswerter Lebensräume
o
Produktion gesunder Lebensmittel von gesunden Tieren und Pflanzen
o
Kein Einsatz von chemisch- synthetischen Pflanzenschutzmitteln
o
o
Angepasste Sorten, die Förderung von Nützlingen und eine ausgewogene
Fruchtfolge verringern den Krankeits und Schädlingsdruck
Beikräuter werden händisch oder maschinell reguliert
o
Artgerechte Tierhaltung mit großen Stallflächen, Einstreu und viel Auslauf
o
Biologisch erzeugtes Futter ohne Antibiotika, Hormone und Tiermehl
o
Bei der Verarbeitung von Biolebensmitteln sind nur 10% der in Österreich
zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe erlaubt
o
Konservierungsstoffe, Farbstoffe oder künstliche Aromen sind gänzlich
verboten
o
o
Gentechnikfreiheit beim Saatgut, bei den Futtermitteln und bei der
Verarbeitung
Schutz des Trinkwassers
165
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Welche Vorteile bieten Bioprodukte?
o
Höhere Nährstoffdichte (mehr Vitamine, mehr Mineralstoffe....)
o
Nachweislich weniger Rückstände (Nitrat, Pestizide, Antibiotika....)
o
Weniger Lebensmittelzusatzstoffe
o
Gentechnikfreiheit
o
Besserer Geschmack
o
Nachhaltigkeit (Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, Trinkwasserschutz,
Klimaschutz, Erhalt der Arten- Sorten und Rassenvielfalt, geringere
Energie- und Ressourcenverbrauch)
o
Kurze Transportwege
o
Frische
o
Authentizität (Echtheit)
o
Rücksicht auf Saisonalität
2.3. Produktion, Konsum und Vermarktung von biologischen Lebensmitteln
Wenn man die Entwicklung der biologischen Landwirtschaft, die Vermarktung und den Konsum von
biologischen Lebensmitteln Revue passieren lässt, wird ein stetiges Wachstum der Biobewegung
deutlich. Bio-Lebensmittel haben in den letzten Jahren den Lebensmittelmarkt erobert. Egal ob Fleisch,
Milchprodukte, Gemüse und Obst, Brot und Gebäck, Getränke oder Süßigkeiten – beinahe jedes
Lebensmittel ist in Bio-Qualität zu einem erschwinglichen Preis verfügbar.
Die Beweggründe für eine immer stärker werdende Nachfrage nach Bio-Produkten sind
unterschiedlich. Das steigende Bewusstsein der Menschen für Umwelt-, Natur- und
Tierschutz dürfte ebenso eine Rolle spielen, wie das Bedürfnis, sich etwas Gutes, für die eigene
Lebensqualität und Gesundheit tun zu wollen.
Biologische Lebensmittel werden über die unterschiedlichsten Absatzwege vermarktet. Neben den
klassischen Bio-Vermarktungsschienen wie Ab-Hof-Verkauf, Bauernmärkte und Naturkostläden
setzen in den letzten Jahren der Lebensmitteleinzelhandel und Großküchen verstärkt auf biologische
Lebensmittel. Auch die Hauszustellung, z.B. die Lieferung von Obst und Gemüsekisten und
Bestellung über das Internet haben zugenommen. Da der Bio-Markt mit 15% – 20% auch global
gesehen immer noch deutlich stärker wächst, als der konventionelle Lebensmittelmarkt (4-5%) steigen
auch immer mehr multinationale Konzerne in die Vermarktung von Bio-Produkten ein. Etwa zwei
Drittel der österreichischen Bio-Produkte werden über den Lebensmitteleinzelhandel abgesetzt. Ein
Drittel der Absätze erfolgt über Export, Gemeinschaftsverpflegung, Gastronomie, Direktvermarktung
und Naturkosthandel.
166
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
5. Das Land um Laa
5.1. Geographische Darstellung
5.2. Rückblick zur Entwicklung der Region Land um Laa
-
In den 70er Jahren war die Stadt Laa an der Thaya und die Region durch die tote
Grenze zur damaligen Tschechoslowakei ohne große Entwicklungen und Perspektiven.
Es herrschte Abwanderung.
Die Landwirtschaft war durch sinkende Erträge infolge des Klimawandels
zunehmend weniger wettbewerbsfähig. Dies führte zu einem radikalen Strukturwandel
und der Auflösung von Betrieben. Trotzdem blieb die
Landwirtschaft in Ermangelung industrieller Leitbetriebe tragende Säule der
wirtschaftlichen Entwicklung. Schon aus diesem Grund war eine Neupositionierung
wichtig.
-
Anfang der 80er Jahre begannen in der Folge landwirtschaftliche Betriebe im Land um
Laa auf biologische Landwirtschaft umzustellen.
-
1987 Gründung des Distelvereins in NÖ durch Ing. Hermann Schultes.
167
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
-
1989 Fall des eisernen Vorhangs und Grenzöffnung zur damaligen Tschechoslowakei.
Die Region Land um Laa erlebt einen großen Entwicklungsschub.
-
Ab den 90er Jahren beginnt die Stadt und Region Laa verschiedene Projekte ins Leben
zu rufen und zu realisieren. Mit dem Ziel, sanften Tourismus zu fördern, wobei speziell
auf Gesundheit und regionale Vermarktung von Bio-Produkten das Augenmerk gelegt
wurde.
Diese sind:
TILL
AGRAR PLUS
REGIONALENTWICKLUNGSVEREIN
Verein Ganz Gesund im Land um Laa
IGL
-
1995 Beitritt der EU
-
1995 ÖPUL
-
2002 Eröffnung der Therme Laa.
-
2004 Eröffnung des Ayurveda Gesundheitszentrums im Loosdorf.
TILL - Tourismus- und Innovationsverein Land um Laa
Der Tourismus- und Innovationsverein Land um Laa bezweckt vorrangig die Umsetzung von
nachhaltiger Entwicklung im Tourismus unter Berücksichtigung von sozial- kultur- und
umweltverträglichen, sowie ökonomischen Aspekten. Der TILL möchte die Attraktivität des Landes um
Laa als Reiseregion und Urlaubsregion fördern.
TILL
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
betreibt aktives Marketing für die gesamte Region
fördert das Tourismusbewusstsein in der Bevölkerung
berät Gäste, beantwortet Anfragen, begleitet Veranstaltungen
schafft Synergien mit ansässigen Unternehmen zwecks gegenseitiger Unterstützung
unterstützt Institutionen und Anbieter von Tourismusprojekten bei der Erstellung von
Konzepten zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien
erarbeitet sachlich fundiertes Informationsmaterial für die Zielgruppen
vermittelt Kontakte und Know-how
fördert neue Ideen bis zur Realisierung
erfüllt eine wichtige Netzwerkfunktion in der Region
betreut die Internetauftritte www.landumlaa.com sowie www.landumlaa.at
AGRAR PLUS
AGRAR PLUS wurde im November 1985 gegründet und hat seinen Sitz in St. Pölten. In Laa an der
Thaya ist eine Zweigniederlassung. AGRAR PLUS beschäftigt 14 festangestellte Mitarbeiter sowie 7
Projektbetreuer.
Die Entwicklung und Durchführung von Marktkonzepten, die Entwicklung neuer oder alternativer
landwirtschaftlicher Produkte, die Koordination der Planung und der Betriebsführung, der Finanzierung
und Versorgung von Bioenergieanlagen gehören zu den Aufgaben von AGRAR PLUS.
AGRAR PLUS hat sich zum Ziel gesetzt, landwirtschaftliche Gemeinschaftsprojekte im Bereich der
Wärme aus Biomasse zu verwirklichen. Auch die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte und die
Mitwirkung bei der Gestaltung positiver Rahmenbedingungen in Zusammenarbeit mit den relevanten
168
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Institutionen gehören zu den vordergründigen Aufgaben. AGRAR PLUS stellt ein Bindeglied zwischen
Landwirtschaft und gewerblicher Wirtschaft, sowie zwischen Wissenschaft und Praxis dar.
IGL
Der Verein IGL bedeutet „Interessensgemeinschaft der Laaer Wirtschaft“, welche mit diversen
Angeboten, wie etwa mit der „Laaer Einkaufsnacht“, Schwerpunkte setzt. Die Mitglieder sind Betriebe
der Stadt Laa an der Thaya.
REV – Regionalentwicklungsverein
Der Regionalentwicklungsverein (REV) Land um Laa ist prinzipiell in allen Bereichen tätig, die
unmittelbar die Kleinregionen betreffen. Somit ist das Büro des Vereines, mit Geschäftsführer Karl
Nagl junior, die erste Anlaufstelle für Ideen und Anfragen in Richtung Förderungen,
Projektunterstützung, grenzüberschreitende Kontakte, Kontakte zwischen den Gemeinden und zum
Land NÖ. Weiters werden alle Projekte, die die Weiterentwicklung des Landes um Laa betreffen,
behandelt und koordiniert.
Die konkreten Arbeitsbereiche umfassen:
- strategische Planung
- Koordination der regionalen Projekte
- Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Regionalkultur, Wirtschaft, Jugend, etc.
- Grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit unseren Partnergemeinden
5.3 Umsetzung der Ziele der Region Land um Laa
Die Region Land um Laa hat sich als Vorreiterregion den Schwerpunkt „Gesundheit“ zum Ziel gesetzt.
Sie versteht darunter eine gesunde Region mit der Produktion und Vermarktung eigener biologischer
Produkten und den dazugehörigen Konzepten. Die Vielfalt und
Unterschiedlichkeit der Betriebe und vielfältige Vermarktungsmöglichkeiten machen den Erfolg des
Regionalprojektes „Gesund im Land um Laa“ aus.
Dieses beinhaltet:
Das Ziel, regional durch den Ausbau der biologischen Landwirtschaft eine gesunde
Landschaft (Artenschutz, Umweltschutz, Naturschutz), gesunde Böden (Klimaschutz),
gesunde Pflanzen, gesunde Tiere und gesunde Menschen zu fördern und zu erhalten.
Das Ziel „Bio+regional+saisonal=klimaoptimal“ zu agieren.
Das Ziel durch Kombination von biologischer Produktion, regionaler Herkunft und
Seasionalität die Waren optimal zu vermarkten.
169
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Das Ziel der Formel: regional=klimafreundlich wird in Hinblick zum Beitrag der Region für
den Klimaschutz berücksichtigt.
Das Ziel unter dem Aspekt „Gesundheit“ als Stadt und Region Laa die Gemeinden, die
Produzenten, die Unternehmer und die Vereine mit Know How und unterstützenden
Maßnahmen zu begleiten. Beispiele: Broschüren wie „Ernten und Essen“, „Gesundheit im
Land um Laa“, AGRAR PLUS „Zukunft im ländlichen Raum“ und „besser essen“.
Das Ziel der ausgewogenen Bio-Ernährung schützt die Gesundheit der
KonsumentInnen und diese können mit ihrer Nachfrage nach Bio-Produkten viel zum
Klimaschutz beitragen, wie z.B. durch das Projekt des Biokisterl (siehe Kapitel 7.3.1.4).
6. Methoden
Unsere Informationen haben wir aus der Region Land um Laa, wobei wir sowohl Interviews (mit einem
Aufnahmegerät mitgeschnitten) durchgeführt haben, als auch diverses Informationsmaterial über
Internet und Broschüren von verschiedenen Stellen (Vereine Land um Laa,
Tourismusinformationsbüro Laa und in Gemeinden) erhalten haben. Ebenso haben wir mündliche
Auskünfte bei biologisch produzierenden Landwirten eingeholt.
Unsere Gesprächspartner waren insbesondere der Bürgermeister OSR Karl Nagl aus Fallbach, sein
Sohn Karl Nagl aus Laa, Ing. Michael Staribacher aus Laa und Mag. Gerda
Denner aus Wildendürnbach. Die Landwirte Dipl.Ing. Robert Harmer, Alt-Prerau; Dipl. Ing. Georg
Thurn -Vrints, Falkenstein; Mag. Alfons Piatti, Loosdorf; Fred Zehetner, Wildendürnbach und Ing.
Hermann Fritz, Wildendürnbach haben uns wertvolle Impulse gegeben.
Bürgermeister OSR Karl Nagl haben wir deshalb gewählt, da er der Vorsitzende vom Verein „Ganz
gesund im Land um Laa“ ist. Sein Sohn Karl Nagl ist Vorsitzender des
„Regionalentwicklungsvereins“ in Laa, Mag. Gerda Denner ist Vorsitzende des
Tourismusinnovationsvereins in Laa an der Thaya und ist mit der Bewusstseinsbildung der gesunden
und biologischen Ernährung im Land um Laa beauftragt.
Ing. Michael Staribacher betreut „AGRAR PLUS“ mit der Initiative „Biokisterl“.
Die Analyse der Daten haben wir schriftlich ausgewertet.
7. Umfeldanalysen und Untersuchungsergebnisse
7.1. Der Distelverein
Im Dezember 1984 wurde die Hainburger Au zum Symbol für den ökologischen Aufbruch. Aus einer
Energiedebatte wurde eine Diskussion um einen Nationalpark Donau-March-Thaya-Auen, um
Landschaft, Naturschutz, Jagd und Landwirtschaft, mit starken Emotionen aller Betroffenen in der
Region.
Ökologie war für die Bauern ein neues Wort. Exzentrische Wissenschafter, verträumte Botaniker und
frustrierte Agrarberater bestimmten die Debatte. Bei vielen war der Umgang mit Pestiziden, die es in
dieser Art heute zu Recht nicht mehr gibt, recht unkritisch, eine offene Diskussion dazu war überfällig.
Bewusster Umgang mit der Landschaft als Teil des bäuerlichen Wirkens wurde zum Thema.
1987 schlug die Geburtsstunde des Distelvereins. Dieser wurde vom heutigen Präsidenten der NÖ
Landwirtschaftskammer Ing. Hermann Schultes gegründet.
Der Rechtsträger des Distelvereins sind vier Mitglieder: der WWF (World Wild Life Fund for Nature),
der NÖ Naturschutzbund, der NÖ Landesjagdverband und die Landwirtschafts-kammer
Niederösterreich.
Die Grundidee war der Vertragsnaturschutz zwischen den Bereichen Jagdwirtschaft, Landwirtschaft
und Umweltschutz. Dies bedeutet, dass eine Symbiose zwischen diesen drei Bereichen entsteht,
wobei die beteiligten Land- und Forstwirte und die Verantwortlichen der Jagdwirtschaft miteinander
kooperieren. Das Konzept beinhaltete den Anbau von so genannten Ökowertflächen, die den
Beteiligten vom Verein abgegolten wurden. Dabei wurde vorallem die Humuswirtschaft, die
170
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Winterbegrünung der Felder, Ökowertflächen als naturnahe Ergänzungslebensräume zwischen den
Äckern, Wiesenverträge, Beweidungsprojekte mit Naturschutzprioritäten gefördert. Die heimische
Tierwelt und gefährdete Pflanzen zu erhalten war Grundlage für neue Nistplätze und Schutzräume.
Aus finanziellen Mitteln von Bund und Land und freiwilligen Spenden wurde den Bauern ihre
Arbeitsleistung für die Pflege der freien Flächen abgegolten. Bald waren 3000 Landwirte durch
mehrtägige Seminare mit der Neuorientierung ihrer Praxis befasst. Diese Landwirte erprobten vor dem
EU Beitritt ein Wirtschaften mit vertraglich verpflichteten und
abgegoltenen Leistungen für Landschaft und Grundwasser. Damals exotisch, wurde dieses Programm
nach dem EU Beitritt ausgebaut und zum Rettungsanker für 90% der
österreichischen Bauern. Heute noch läuft über dieses Programm ein Vertragsvolumen von über 520
Mio Euro.
Nach nur einem Jahr gab es in der Region um Laa an der Thaya bereits ein 50 Kilometer langes Netz
von Ökowertflächen. Schon von Beginn an waren das Gemeindegebiet von Wildendürnbach im
nördlichen Land um Laa einschließlich der bereits privatwirtschaftlich etablierten, organisch
biologischen Landwirtschafen in Alt-Prerau, Loosdorf und Neuruppersdorf, Teile dieses Projektes und
somit ein beginnendes Schutzgebiet unter Kontrolle und Auflagen des Distelvereins. 10 % der Flächen
des Gemeindegebietes Wildendürnbach waren unter Vertragsnaturschutz zwischen Bauern und
Distelverein bewirtschaftet.
7.2. Vom Distelverein zum ÖPUL
Mit Hilfe des Distelvereins war es gelungen, die gemeinsame Verantwortung für die Gestaltung der
ländlichen Lebensräume in die öffentliche Diskussion zu bringen.
Kreativ und konkret begann der Distelverein seine stille Revolution: Ökowertflächen, Winterbegrünung
als Erosionsschutz, die Energieversorgung des Bodes durch Begrünungspflanzen, reduziert
kontrollierter Einsatz der Pflanzenschutzmittel, bewusste und abgegoltene Pflege von Strukturen in
der Landschaft- all dies war zum Praxislabor für die Entwicklung des „Umweltprogramms für die
Landwirtschaft“ (ÖPUL) geworden.
Der Klimaschutz, die steigende Energieabhängigkeit von Atomstrom und Erdgas bei ungebrochener
Verbrauchssteigerung, der Einstieg in die erneuerbare Energie, um ineffiziente Verbrauchsstrukturen
gewissensberuhigt bedienen zu können, waren und sind, heute mehr denn je, kritische Themen. Die
ökologisch sinnvolle Nutzung von Flächen zur Produktion nachwachsender Rohstoffe in Konkurrenz
zur ökologisch begründeten Nutzung derselben Flächen für andere Naturschutzziele, das alles ergibt
den Bedarf nach strukturierter Diskussion und Einbringung der Ergebnisse in die Welt der Forschung,
wie in die Erfahrungswelt der wirtschaftenden Menschen.
Diese Entwicklung war der Grundstein und die Basis für die darauf aufbauende regionale Entwicklung
im Land um Laa in den Bereichen biologische Produktion, Vermarktung, Gastronomie und Gesundheit.
7.3. Verein „Ganz gesund im Land um Laa“
Im Jahre 2004 wurde das Ayurvedazentrum in Loosdorf im Land um Laa eröffnet. Grundlage waren
regionale biologische Produkte für den Gesundheitsgewinn der Gäste. Die Nachfrage
nach diesen Produkten regte die Arbeitsgemeinschaft der Bürgermeister im Land um Laa zum
Nachdenken an. 2004 wurde ein Tourismuskonzept im Land um Laa erstellt, welche die
Wichtigkeit regionaler Lebensmittel hervorhob. Die Schwerpunkte waren: Maßnahmen im Bereich der
erneuerbaren Energien zu setzen und eine große Verfügbarkeit von regional biologischen
Lebensmitteln für die Zukunft zu sichern. Im Rahmen des Projekts „Klimabündnis
grenzenlos“ beauftragten die Bürgermeister im Land um Laa Ing. Michael
Staribacher von „AGRAR PLUS“ mit der Initiative „Biokisterl“. Diese wird von Martin Kromer und Beate
Hofbauer umgesetzt (Siehe 7.3.1.4).
Mag. Gerda Denner ist beauftragt, die Bewusstseinsbildung zu gesunder und biologischer Ernährung
im Land um Laa zu koordinieren. Die sogenannte „Energiedrehscheibe im gesunden Land um Laa“,
dient dazu, Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energie zu unterstützen und zu initiieren. Bei
den monatlichen Treffen der Arbeitsgemeinschaft der Bürgermeister im Land um Laa wurde über die
Entwicklung der Projekte diskutiert und auf
171
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
notwendige neue Schritte eingegangen Durch die gute Zusammenarbeit mit der Region Hrusovany
(CZ) war es möglich, grenzüberschreitende klimafreundliche Aktivitäten
durchzuführen. Die Umstellung auf erneuerbare Energie ist bei unseren Nachbarn ebenso Thema, wie
die Grünraumgestaltung zum Naturschutz oder der Windkraft.
Außerdem sollten konventionelle Bauern motiviert werden, auf biologische landwirtschaftliche Produktion umzustellen, bzw. ihre Flächen im Sinne des Klimabündnisses für
nachwachsende Energieträger zu nutzen.
Ein besonders wichtiges Ziel des Vereins war die Steigerung des Konsums von regionalen
biologischen Produkten für KonsumentInnen im Land um Laa.
Ernten und Essen im gesunden Land um Laa ist somit eine regionale Stärke geworden, gesunde
Lebensmittel, großteils aus kontrolliert - biologischem Anbau. Sie kommen auf dem kürzesten Weg
vom Produzenten zum Endverbraucher. Ernährung ist Vertrauenssache. Das ist die Philosophie im
gesunden Land um Laa. Es geht um Lebensqualität, Schutz des Klimas und des Bodens und um die
regionale Wertschöpfung.
7.4. Exemplarische Aufzählung zur Steigerung der Vermarktung regionaler Produkte im Land
um Laa
7.4.1. Initiative Traubensaft aus der Region
Im Jahr 2006 war die Traubenernte hervorragend und wurde von den Weinbauern unter der Regie
von AGRAR PLUS zum Anlass genommen ein gemeinsames Konzept zur Produktion von regionalen
Traubensäften zu starten. Bei den Produzenten der Region Land um Laa kann man nun für
Veranstaltungen und zum persönlichen Genuss, Traubensaft beziehen. Der gemeinsame Auftritt soll
den Traubensaft als gesunde Alternative zu den künstlichen Zuckersäften der Getränkeindustrie
positionieren. Vitamine und Flavanoide machen den Traubensaft zum gesunden, schmackhaften
Trunk, der auch gespritzt hervorragend schmeckt und den Bezug zu heimischer Ware darstellt. Bei
einer internen Verkostung
wurden die Säfte geschmacklich getestet und ausgewählt. Das Ziel ist, öffentliche Veranstaltungen mit
regionalen Produkten zu erobern.
Das Slogan heisst: „Trinkt Traubensaft, er ist von den Bauern der Region.“
Bei Festen in den Gemeinden, bei Heurigen, bei Gemeinderatssitzungen, in Kindergärten und
Schulen wird bereits Bio-Traubensaft angeboten und von den Konsumenten sehr gut angenommen.
Um den Verbrauchern entgegenzukommen, wurde nun sogar die
Flaschengröße auf 0,25 l geändert. Die dabei entstehende Preissteigerung nehmen die Kunden
dennoch in Kauf, denn Qualität hat natürlich auch seinen Wert.
Aussage von Bürgermeister OSR Karl Nagl: „Wenn die Regionalität eingehalten wird, haben wir schon
gewonnen“.
7.4.2. Initiative Frühstück aus der Region
„Was kommt auf dem Frühstückstisch? Orangensaft aus Afrika oder
Traubensaft und Apfelsaft aus dem Land um Laa?“
Diese Erkenntnis hat eine Kooperation zwischen Biobauern und Gästezimmervermietern ins Leben
gerufen, nämlich den Gästen ein regionales Frühstück zu servieren. Unter dem Slogan „Frühstück aus
dem gesunden Land um Laa“ wird eine regionale, biologische Produktpalette entwickelt, welche z.B.
mehr als 60% des gesamten Frühstücks einnimmt. Mit dieser Frühstückskomposition werden die
Gäste mit heimischen, kontrolliert- biologischen Spezialitäten verwöhnt. Das Frühstück vereint Kultur,
Bio-Landwirtschaft, Ökotourismus und Wirtschaft und stärkt somit die Region nachhaltig.
„Die Gäste sollen schmecken, wie gut unsere Region isst und trinkt.“
Es gibt den heimischen Traubensaft aus biologischem Anbau in einer Frische, die nur im Land um Laa
möglich ist. Diese Initiative, das Frühstück aus der Region zusammenzustellen, entwickelt sich
zunehmend, vorallem, wenn die örtlichen UnternehmerInnen an einem Strang ziehen, sich aktiv
vernetzen, ihre Leistungen abstimmen und gemeinsam bewerben.
172
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
7.4.3. Initiative Gastronomie
In der Gastronomie im Land um Laa wird immer mehr Schwerpunkt auf regionale Zutaten gesetzt.
Hochwertige Produkte aus der Region sollen Ihren fixen Platz im gastronomischen Angebot im Land
um Laa erhalten.
Das Regionalmanagement arbeitet daran, Kontakte zwischen Produzenten, Gastronomie und
KonsumentInnen aufzubauen und die Zusammenhänge regionaler Wertschöpfungsketten zu
vermitteln – wobei Genuss und Qualität höchste Priorität haben.
Regionale Produktspezialitäten, welche sich auf den Speisekarten der Region wiederfinden sind: die
Laaer Zwiebel, Kräuterspezialitäten, Hanfvariationen, Biofleisch, Biogemüse, Biosäfte,
Biomilchprodukte und vieles mehr.
Der Besuch in einem der Gastronomiebetriebe der Region soll für den Gast ein unvergessliches
Erlebnis bleiben. Die kulinarischen Genüsse sollen die Authentität der Region der Biolandwirtschaft
widerspiegeln. Die Produkte garantieren keine Verfälschung
des ursprünglichen Geschmackes mit Geschmacksverstärker, Fertigsoßen und anderen Hilfsmitteln
der „modernen Fast Food Gesellschaft“.
Zu wissen, was auf den Tisch kommt, ist das Motto der Zukunft im Land um Laa. Vertrauen,
Natürlichkeit, Rückverfolgbarkeit und Genuss sollen importieren Billigprodukten keinen Vorzug mehr
geben.
7.4.4. Initiative Biokisterl
Eine gelungene Maßnahme auf dem Weg zum Ziel im Land um Laa ist das Biokisterl.
Der „Regionalentwicklungsverein“ setzte im Jahr 2004 Maßnahmen, um dem Biolandbau zu
unterstützen. Im Rahmen des von der EU geförderten Projektes „Klimabündnis“ wurde dann
die Aktion „Biokisterl“ im Land um Laa initiiert. In jeder Gemeinde fanden zur Bewusstseinsbildung
Veranstaltungen statt, wie z.B.: das Kochen in Schulen und Kindergärten mit dem Biokisterl.
Beate Hofbauer aus Wildendürnbach und Martin Kromer aus Falkenstein organisieren das Angebot
und beliefern, von Wildendürnbach und Falkenstein aus, direkt die Haushalte. Durch die rasche
Zustellung bekommen die Konsumenten garantiert frische, biologische Produkte, je nach Saison.
Als überzeugte Biobäuerin ist Beate Hofbauer eine gesundheitsbewusste Ernährung genauso ein
Anliegen, wie auch die Ankurbelung des regionalen Produktkreislaufes. Die
Kunden werden mit jahreszeitlich bedingten Produkten konfrontiert, die ihre Kochkünste herausfordern,
frei nach dem Motto: „Was koche ich heute mit Mangold oder Pastinaken?“.
Vorteile für den Konsumenten:
-
-
Die Kunden schätzen die bequeme Anlieferung, die saisonal abwechslungsreichen
Produkte direkt vor die Haustür, Bio ist ein wesentlicher Aspekt, aber auch das
Nahverhältnis zum Produkt schätzen sie sehr.
Das Kisterl ist relativ krisensicher und jeder hat dabei auch das Gefühl, man unterstützt
die heimische Landwirtschaft.
Das Preisleistungsverhältnis kann bestehen, da die Hauszustellung und ebenso die
Möglichkeit des individuellen Umbestellens der Produkte im Biokisterl ein großer
Pluspunkt ist.
173
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
8. Diskussion
Wie hätte sich das „Land um Laa“ ohne Ökologische Landwirtschaft und Vermarktung dieser Produkte
entwickelt?
Fakten sind: Wegen der Jahrzehnte langen Lage an der „Toten Grenze“ zum ehemaligen Ostblock
waren die Beziehungen zum nördlichen Nachbarn im Weinviertel völlig unterentwickelt. Ein kaum
ausgebautes Strassennetz und ein unterentwickeltes Verkehrsnetz behinderten zudem die
Entwicklung der Region. Ebenso fehlte es der Region.
an industriellen nutzbaren Naturressourcen. Dies hatte in der Vergangenheit entscheidend dazu
beigetragen, dass die Region kaum industrialisiert worden ist und neben einem
enormen Fehlbestand an -außer landwirtschaftlichen- Erwerbsmöglichkeiten auch keine touristischen
Leitbetriebe vorhanden waren.
Mit dem Fall des eisernen Vorhangs erkannten die verantwortlichen Politiker und Unternehmer das
enorme Potential der Region und agierten und reagierten auf die neue Situation, die durch die
Grenzöffnung 1989 zu den MOEL (Mittel Ost Europäische Länder) entstanden war. Die Stärken
wurden auf die Erhaltung der intakten Natur, auf biologische Landwirtschaft und Gesundheit mit der
Therme Laa gesetzt. Dieses Konzept war für die Region ökonomisch.
Im Vergleich zu anderen regionalen Entwicklungsprojekten wie z.B.: „Region Leisser Berge“, Bezirk
Mistelbach, der sich auf die Bereiche Kultur (Puppenfestspiele, Museum für Urgeschichte, MZMNitsch Museum), auf Wandern und Sinneserfahrungen spezialisiert hat,
setzt die Region Land um Laa mit großem Erfolg auf die Schwerpunkte Wellness, Gesundheit und
Ernährung.
Beim Interview mit Bürgermeister OSR Karl Nagl wurde auf die momentane Situation der Biobauern
und auf die Träger der finanziellen Unterstützung neuer Projekte im Land um Laa eingegangen und es
entstand eine rege Diskussion. In der derzeitigen Situation der Finanzkrise, die sich auch in Österreich
auf die Realwirtschaft ausdehnt, ist es derzeit sowohl für die Produktionsbetriebe, wie für die
Gemeinden schwierig, die finanziellen Mittel
für neue Investitionen aufzubringen. Deshalb wird auf Basis des derzeitigen Know How in der Region
gewirtschaftet und die bestehenden Projekte gefestigt.
Für die Zukunft wäre es nötig, eine zentrale Anlaufstelle für die Vermarktung der Bio-Produkte zu
schaffen – dies wäre wünschenswert!
9. Schlussfolgerung
Wir sind zu Erkenntnis gekommen: „Bio im Land um Laa – das zahlt sich aus“.
Es zahlt sich aus für den Konsumenten, der durch biologische und regionale Produkte seine
Gesundheit und Lebensqualtität erhöht; für den Unternehmer, der seine Produkte in der Region positiv
vermarkten kann; für den Landwirt, der in der nahen Umgebung seinen Absatzmarkt findet und durch
die umweltfreundliche Produktionsweise zur Erhaltung der
intakten Natur beiträgt; für die Gemeinden und die Gesellschaft, da die diverse Projekte und Initiativen
das soziale und ökonomische Umfeld der Bürger positiv beeinflusst. Der Zuzug von jungen Familien,
sowie die Nachfrage nach Grund und Boden steigt wieder. Weiters für Schulen und Kindergärten, da
bereits bei den Jüngsten das Bewusstsein für Gesundheit, gesunde Ernährung und Bewegung
geschult wird; für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region; für den Erhalt der
Kleinstruktur in der Landwirtschaft; für die Umwelt; die Artenvielfalt und den Schutz des Trinkwassers.
Vor allem auch für die Gäste, die in einer gesunden Umwelt Wellness, gesunde Ernährung und
attraktive naturnahe Angebote im Bereich des sanften Tourismus wie etwa Radfahren, Wanderungen,
Urlaub am Bauernhof und gesunde kulinarische Angebote mit biologischen Lebensmitteln genießen
können.
174
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
10. Zusammenfassung
Das Land um Laa hat seinen Besuchern und Bürgern Einiges zu bieten. Gesundheit, Wellness und
gesunde Ernährung. Die Bewusstseinsbildung für eine gesündere Lebensweise wird hier nicht nur
groß geschrieben, sondern vor allem aktiv gelebt. Hinter all dem stehen viele engagierte Menschen
und Vereine, die mit innovativen Ideen, Engagement, Ausdauer und mit großem Mut bewiesen haben,
wie positiv sich eine Region
verändern kann. War man vor 20 Jahren noch eine Grenzregion, geprägt vom „Eisernen Vorhang“,
von der Abwanderung junger Familien in die Städte und wenig wirtschaftlichen Perspektiven, so
präsentiert sich die Region nun als fortschrittlich, jung, lebendig und vor
allem als lebenswert. Der Zusammenhalt der Bevölkerung wird durch diverse Initiativen gestärkt.
Die Region ist auf einem guten Weg – man hat die Chancen und Vorzüge der Region rechtzeitig und
richtig erkannt, genützt und sich spezialisiert.
Man lebt hier zwar an der Grenze – doch diese wurde schon längst überschritten.
11. Zahlen, Daten, Fakten
11.1. Bio-Betriebe (und Umstellungsbetriebe) in der Umgebung
Gesamt
Biobetriebe im Land um Laa/Bezirk Mistelbach
Laut Liste von Hermann Frtz, BIO-ERNTE Austria
Anerkannte Betriebe
Umstellungs-Betriebe
Gesamt
32
30
62
davon
Biobetriebe im Land um Laa
Anerkannte Betriebe
Umstellungs-Betriebe
Gesamt
19
14
33
davon
Biobetriebe im restlichen Bezirk Mistelbach
Anerkannte Betriebe
Umstellungs-Betriebe
Gesamt
13
16
29
175
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
12 Literatur- und Quellenverzeichnis
Artikel in Zeitschriften, Journals und Broschüren:
„BIO AUSTRIA“, Neues aus der Landesorganisation Niederösterreich und Wien, 2008, Nr. 5
Rosemarie Zehetgruber „Ist Bio wirklich besser?“, Fakten zur Qualität biologisch erzeugter
Lebensmittel, 2003
Ernten und Essen, „Gesunder Genuss im gesunden Land um Laa, was das Land zu bieten hat“. Diese
Zeitung ist eine Initiative von Klimabündnis Grenzenlos und dem Tourismus- und
Regionalentwicklungsverein Land um Laa, November 2006
„BIO“ Lebensmittel mit Charakter
Broschüre „Alt-Prerau“, Biologischer Ackerbau im östlichen Weinviertel
Broschüre „BIO AUSTRIA“, Bio-Landbau=Klimaschutz
Broschüre „AGRAR PLUS“, Zukunft im ländlichen Raum
Broschüre „Gesundheit im Land um Laa“, 2008
Internetquellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Endogene_Regionalentwicklung
www.regionalentwicklung.at
www.agrarplus.at
www.biolandumlaa.at
www.landumlaa.at
www.bioaustria.at
www.lebensministerium.at
http://www.agrarplus.at/vorstellung.firmenportrait.php?lang=de
http://www.ganzgesund.at/aktuelles.html
http://www.therme-laa.at/xxl/_lang/de/_area/415375/_subArea/415426/index.html
Interview:
Ing.Michael Staribacher, Laa an der Thaya, 20.12.2008
Bürgermeister OSR Karl Nagl, Fallbach, 12.12.2008
Karl Nagl Junior, Laa an der Thaya, 28.11.2008
Persönliche Gespräche:
Mag. Alfons Piatti, persönliches Gespräch am 23.11.2008
Dipl.Ing. Robert Harmer, persönliches Gespräch am 3.1.2009
Ing. Hermann Fritz, persönliches Gespräch am 5.1.2009
176
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
177
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
D.6 Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region Murtal
– von Johanna BISCHOF und Birgit HÖRBINGER
Abstract
Im Fach „Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung“ wählten wir als
Seminararbeitsthema „Urlaub am Bio-Bauernhof“. Grund für die Auswahl dieses Themas war die hohe
Zahl an „Urlaub am Bauernhof“- Anbietern in unserer Region, dem Murtal. Um uns genauer zu
informieren, suchten wir zwei Interviewpartnerinnen: Frau Marianne Hochfelner, eine Biobäuerin, die
Urlaub am Bauernhof anbietet und Frau Ing. Gabriela Stein, eine Kammerangestellte, Fachberaterin
für Ernährung und Erwerbskombination. Frau Ing. Stein ist zuständig für die Qualitätskategorisierung
der Höfe in den Bezirken Judenburg, Knittelfeld und Leoben. Das Ergebnis unserer Recherche waren
folgende Punkte:
1) Das System Urlaub am Bauernhof wird auch in der Praxis als flexibel empfunden und es bleibt
genügend Freiraum für Individualität.
2) Es gibt gewisse Qualitätsauflagen, die in der Praxis schwer umzusetzen sind, wie zum
Beispiel räumliche Gegebenheiten.
3) Das Angebot Spezialisierung wird in der Region Murtal von den Vermietern eher selten
genützt.
4) Die Urlauber werden in das Alltagsleben am Bauernhof stark eingebunden.
5) Wir erkannten durch unsere Arbeit, dass Urlaub am Bauernhof nicht nur ein wichtiges
Standbein für den bäuerlichen Betrieb darstellt, sondern auch auf die Region positive
Auswirkungen hat.
Danksagung
Vorab möchten wir uns bei allen Personen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen
haben.
Allen voran bei unserer Betreuerin, Frau Dipl.-Ing. Heidrun Leitner, für ihre Unterstützung. Sie hat
dazu beigetragen, dass die anfänglichen Schwierigkeiten bei unserer ersten Seminararbeit zu keinem
Hindernis, sondern zu einer Herausforderung wurden.
Weiters danken wir Frau Ing. Gabriela Stein und Frau Marianne Hochfelner, die geduldig unsere
Fragen beantwortet und sich sehr viel Zeit für uns genommen haben.
Danke sagen möchten wir auch unseren Eltern, die es uns ermöglichen zu studieren und uns in
schwierigen Phasen immer wieder neu motivieren.
178
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Marke Urlaub am Bauernhof
3. Qualitätskategorisierung
179
179
180
3.1. Voraussetzungen.......................................................................................................................... 180
3.2. Wozu eine Kategorisierung der Höfe? ......................................................................................... 180
3.3. Abgrenzung der Kategorien ......................................................................................................... 181
4. Spezialisierung
182
4.1. Kriterien zur Spezialisierung......................................................................................................... 182
4.2. Spezialangebote........................................................................................................................... 182
Urlaub am Biobauernhof.................................................................................................................. 183
5. Methoden
6. Interview
7. Diskussion
8. Schlussfolgerungen
9. Zusammenfassung
10. Literatur- und Quellenverzeichnis
11. Abbildungsverzeichnis
185
185
188
190
191
191
191
1. Einleitung
15.500 Zimmer oder/und Ferienwohnungen, 170.000 Gästebetten - das heißt jedes 7. Gästebett in
Österreich wird von einer bäuerlichen Familie vermietet.
Daher stellt Urlaub am Bauernhof für Tourismus und Wirtschaft eine bedeutende Einnahmequelle
34
dar. Außerdem bedeutet Urlaub am Bauernhof eine wesentliche Einkommensquelle für bäuerliche
Betriebe. Bei diesen Betrieben stammen rund 1/3 des Gesamteinkommens aus diesem Zuerwerb.
„Als Urlaub am Bauernhof wird eine Form der Vermietung an erholungssuchende Gäste bezeichnet,
die in enger räumlicher und funktionaler Beziehung zu einem bewirtschafteten land- und
35
forstwirtschaftlichen Betrieb stehen [sic]“.
Zur Differenzierung des großen Angebotes führt die Organisation Urlaub am Bauernhof
Qualitätsprüfungen durch und weiters können sich die Höfe zur zusätzlichen Abgrenzung
spezialisieren (zum Beispiel: Bio, Kinder…).
Ziel dieser Arbeit ist es, anhand der Region Murtal herauszufinden, wie diese Qualitätsprüfungen
funktionieren, welche Kriterien der/die Landwirt/in erfüllen muss, um eine gute Bewertung zu erhalten
und welche davon in der Praxis am schwersten umzusetzen sind. Wir wollten herausfinden, wie stark
das Angebot der Spezialisierung in der Praxis genutzt wird und welche Rolle dabei Bio spielt. Auch die
Frage, wie stark die Urlauber in das Alltagsleben am Bauernhof eingebunden werden, wird in dieser
Arbeit behandelt. Weiters wurde untersucht, wie sich diese Form des Tourismus auf die ummittelbare
Umgebung auswirkt und ob die Region einen direkten Nutzen aus Urlaub am Bauernhofbetrieben
ziehen kann.
2. Die Marke Urlaub am Bauernhof
34
vgl. EMBACHER et al., 2001, 3
35
GRABNER, 2005, 6
179
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Abbildung 9: Das Markenzeichen von Urlaub am Bauernhof
36
37
Der Verein Urlaub am Bauernhof wurde 1972 mit 70 Betrieben gegründet.
Die Marke „Urlaub am Bauernhof“ garantiert einen qualitätsgeprüften, gastfreundlichen Bauernhof, auf
dem man die Landwirtschaft uninszeniert miterleben kann. Diese Marke kann mit den Schlagwörtern:
Echt und ehrlich, wertvoll und preiswürdig, vielfältig und einzigartig und natürlich und lebendig
beschrieben werden. Eine der Hauptaufgaben liegt darin, dass die zahlreichen Angebote für die Gäste
differenzierbar gemacht werden. Die Bauernhöfe erhalten genaue Informationen welche Kriterien sie
38
zu erfüllen haben, um diesen Markennamen führen zu dürfen. Außerdem ist ein Mitgliedsbeitrag zu
39
bezahlen, der von der Bettenanzahl am Betrieb abhängt. Die interessantesten Märkte liegen für
Urlaub am Bauernhof in den Gästen aus Deutschland und Österreich. Aber auch die Länder im Osten
Europas werden durch die Osterweiterung der EU immer interessanter. Die Stärken dieser
Organisation liegen darin, dass sich die Anbieter und die Mitarbeiter mit ihr sehr gut identifizieren
können. Außerdem ist die Marke bereits stark vertreten und genießt einen guten Ruf, wie
„glaubwürdig“, „authentisch“ und „echt“.
Die Herausforderungen bestehen darin, dass die Vermarktungsmöglichkeiten im Internet gut genutzt
40
werden und das gute Preisleistungsverhältnis aufrechterhalten bleibt.
3. Qualitätskategorisierung
3.1. Voraussetzungen
Um als Anwärter für eine Qualitätskategorisierung zu gelten, müssen einige Voraussetzungen erfüllt
sein. Ein Kriterium ist, dass es sich um einen „lebenden“ landwirtschaftlichen Betrieb handelt und dass
die Bewirtschaftungsform für die Region typisch ist. Die Gäste müssen in die betrieblichen Abläufe
einbezogen werden und den landwirtschaftlichen Charakter klar erkennen können, auch bei
Nebenerwerb.
„Die Gästebeherbergung muss im engen wirtschaftlichen und örtlichen Verbund mit dem
41
landwirtschaftlichen Betrieb erfolgen.“
Außerdem muss die Angebotsphilosophie eingehalten werden. Bei Urlaub am Bauernhof beträgt die
42
maximale Bettenzahl 50 Betten pro Betrieb.
3.2. Wozu eine Kategorisierung der Höfe?
Eine Kategorisierung ist sehr wichtig, weil damit dem Gast die Differenzierung des Angebotes leichter
fällt. Für den/die VermieterIn dient diese als Orientierungshilfe. Das System gilt in ganz Österreich und
36
Abbildung 1: Quelle: http://www.landurlaub.at/
37
vgl. STEIN, G., Landesverband UaB Graz, Mitteilung vom 09.01.2009
38
vgl. GRABNER, 2005, 11f
39
vgl. STEIN, G., Landesverband UaB Graz, Mitteilung vom 09.01.2009
40
vgl. GRABNER, 2005, 13
41
URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 5
42
vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH , 2009, 5
180
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
gewährleistet damit eine Sicherung der Qualität von Urlaub am Bauernhof. Obwohl das System als
einheitlich gilt, wird darauf geachtet, die individuellen Besonderheiten der einzelnen Höfe nicht zu
beeinflussen. Das System soll nicht starr sein, sondern auf die unterschiedlichen Gegebenheiten der
43
Vermieter (zum Beispiel: Lage, Bewirtschaftungsform…) Rücksicht nehmen.
3.3. Abgrenzung der Kategorien
Die Betriebe, die Urlaub am Bauernhof anbieten, werden in drei Qualitäts-Kategorien nach ihrer
Ausstattungsqualität, Bauernhof-Erlebnisqualität, Servicequalität und ihren allgemeinen
Erhaltungszustand eingeteilt. Die grafische Darstellung dieser Kategorien erfolgt über die zwei, drei
44
oder vier Blumen (Margariten). Diese Kategorisierung ist für vier Jahre gültig und kann nach einer
45
erneut positiven Prüfung verlängert werden.
Zwei Blumen (zufrieden stellend)
Abbildung 10: Margariten: zwei Blumenbetrieb
Die Ausstattung ist einfach, aber sauber und funktionstüchtig. Die Übernachtung ist verhältnismäßig
günstig und die Gäste können am Bauernhofleben teilnehmen.
Alle Bewertungen müssen in allen Bereichen - Ausstattungs-, Bauernhof-, Erlebnis- und
Servicequalität- die Anforderungen von zwei Blumen, oder darüber erfüllen, sonst ist keine Einstufung
möglich.
Drei Blumen (gut)
Abbildung 11: Margariten: drei Blumenbetrieb
Die Kategorisierung „Gut“ garantiert eine wohnliche Atmosphäre, einen optimalen Preis und eine
ordentliche, saubere Ausstattung. Bäuerliche Produkte sind erwerbbar und das Bauernhofleben ist
echt und uninszeniert spürbar. Die Familie bietet ein reichhaltiges, bäuerliches Frühstück an.
Um diese Blumenanzahl zu erhalten, müssen mindestens 80 % der Bewertungen in den Bereichen
Ausstattungs-, Bauernhof-, Erlebnis- und Servicequalität dem Standard von drei, oder vier Blumen
entsprechen.
Vier Blumen (sehr gut)
43
vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 2
44
vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 7
45
vgl. GRABNER, 2005, 14
181
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Abbildung 12: Margariten: Vier Blumenbetrieb
46
In einem Vier- Blumenbetrieb findet man eine harmonische Ausstattung mit zeitgemäßem,
geschmackvollem Stil. Die Einrichtung ist von hoher Qualität.
Die Vermieter bieten dem Gast einen Bauernhof mit typischem Charakter, auf dem er gerne
mitarbeiten kann. Die Betreuung ist aufmerksam und das Service vielfältig und bemüht.
Das Gesamtbild des Hofes lädt zum Wohlfühlen ein.
Diese Qualitätsstufe wird nur genehmigt, wenn mindestens 80 % der Bewertungen in den Bereichen
Ausstattungs-, Bauernhof-, Erlebnis- und Servicequalität dem Standard von vier Blumen entsprechen.
47
4. Spezialisierung
Um das große Angebot von Urlaub am Bauernhof übersichtlicher zu gestalten und den Gästen die
Auswahl zu erleichtern, gibt es für die landwirtschaftlichen Betriebe die Möglichkeit der Spezialisierung.
Die Spezialisierung stellt ein Zusatzangebot dar, dass sich genau an den Bedürfnissen der Gäste
orientiert und beinhaltet eine zusätzliche Qualitätsüberprüfung. Betriebe können dadurch ihre
Besonderheiten besser vermarkten und so leichter Marktnischen besetzten. Diese Tatsache führt
auch zu einer erhöhten Auslastung in den nicht so ertragsreichen Nebensaisonen. Ein weiterer Vorteil
der Spezialisierung ist, dass man höhere Preise auch mit dem zusätzlichen Mehraufwand
rechtfertigen kann. In allen neun Bundesländern gelten gleiche Richtlinien, um die allgemeinen
Qualitätsstandards bestmöglich zu erfüllen.
4.1. Kriterien zur Spezialisierung
Um ein „spezialisierter Urlaub am Bauernhof Betrieb“ zu werden, gilt es, gewisse Kriterien zu erfüllen,
die für alle Spezialangebote gültig sind. Es dürfen nur vom Bundesverband „Urlaub am
Bauernhof“ kategorisierte und qualitätsgeprüfte Betriebe ein Spezialangebot beantragen. Auf
Weiterbildung wird sehr viel Wert gelegt. Aus diesem Grund werden immer wieder Exkursionen
ausgeschrieben, Seminare angeboten oder Arbeitsgruppen gebildet, um Erfahrungen auszutauschen.
Einmal jährlich muss daran verpflichtend teilgenommen werden.
Darüber hinaus gibt es noch genauere Auflagen, die sich mit den Wünschen und Bedürfnissen der
Gäste auseinandersetzen und regelmäßig aktualisiert werden.
4.2. Spezialangebote
- Urlaub am Biobauernhof
- Gesundheitsurlaub am Bauernhof
- Urlaub am Baby- und Kinderbauernhof
- Urlaub am Bauernhof für Rollstuhlfahrer
und bewegungseingeschränkte Menschen
46
Abbildung 2, 3 ,4: Quelle:
http://www.stantonamarlberg.com/sommer/ViewPage.asp?Site=STANTON_SOMMER&PageID=259&
Params=PageID:234
47
vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 7f, 29
182
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
- Urlaub am Reiterbauernhof
- Urlaub am Radlerbauernhof
- Urlaub am Weinbauernhof
Abbildung 13: Spezialangebote
48
49
Urlaub am Biobauernhof
50
„Wenn Bio drauf steht, muss auch Bio drin sein!“ , das verspricht das Spezialangebot Urlaub am
Biobauernhof. Diese Spezialisierung ist ausgerichtet auf Menschen, die sich genauer mit den Themen
Umweltschutz, artgerechte Tierhaltung, geschlossene Kreisläufe und gesunde Ernährung befassen.
Diese Zielgruppe ist sehr gut informiert und erwartet das auch vom jeweiligen Betrieb. Um den Begriff
„Bio“ authentisch wiederzugeben, müssen spezielle Kriterien erfüllt werden. Diese werden aufgeteilt in
Muss- und Soll-Kriterien.
48
URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 5
49
Abbildung 5: Quelle: http://www.urlaubambauernhof.net/
50
URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 7
183
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Muss-Kriterien
Zu den Muss-Kriterien zählen allgemeine Kriterien, wie die Mitgliedschaft in einem anerkannten
österreichischen Bioverband, Anreise, Information, Ausstattungsqualität, Verköstigung, Mülltrennung,
Verwendung umweltfreundlicher Materialien und die Bewirtschaftung des Gartens.
Der Gast muss die Möglichkeit haben, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen und mit diesen
auch diverse Attraktionen besuchen zu können. In jedem Zimmer muss eine Infomappe aufliegen, die
folgende Inhalte enthält:
einen Hinweis auf ein garantiert biologisches Frühstück,
Grundlegendes über den Betrieb, wie Datum der Umstellung auf Bio und Gründe für die
Umstellung
einen Aushang über anstehende Arbeiten wie Heuernte oder Äpfelpflücken
Informationen darüber, welche biologischen Produkte in der Region erhältlich sind, und
eine Liste von Gasthäusern, die eine biologische, vollwerte und vegetarische Küche anbieten.
Bei der Ausstattung darf keine Plastikdekoration verwendet werden, sondern Materialen wie Leinen,
Baumwolle oder Schafwolle. Wenn möglich, sollten diese aus der Region stammen, oder zumindest
aus biologischem Anbau. Bei der Inneneinrichtung ist es wichtig, umweltverträgliche Innenanstriche zu
verwenden und für die Böden keine PVC - Beläge sondern Holz, Kork oder Stein.
Das Frühstück muss aus biologischen Produkten bestehen, wenn diese nicht aus der eigenen
Landwirtschaft stammen, können sie zugekauft werden, dann muss für den Gast aber ersichtlich sein,
woher und von wem diese stammen. Sollten auch nicht biologische Produkte angeboten werden,
müssen diese als solche deklariert werden.
Im Bereich Müll hat der Vermieter darauf zu achten, dass er umweltfreundliche Verpackungen
verwendet, wie zum Beispiel Mehrwegflaschen statt Papierpackungen.
Die Mülltrennung muss gut nachvollziehbar sein, mit Hilfe von sauberen, verschließbaren und
beschrifteten Sammelbehältern, die auch für Gäste gut zu erreichen sind.
Gereinigt wird mit biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln.
51
Der Garten muss natürlich nach den biologischen Richtlinien bewirtschaftet werden.
Soll-Kriterien
Von den folgenden Sollkriterien müssen mindestens die Hälfte erfüllt werden:
Typisches aus der Region und dem Biolandbau soll den Gästen zum Kauf angeboten
werden – auch von anderen Biobauern
Kinderspielplatz – alle Geräte aus Holz
Wasserspartaste bei Spülkästen
Energiesparlampen bei Dauerbeleuchtung
Solaranlage, Hackschnitzelheizung oder Scheiterholz-Vergaserkessel Heizung
Biologische Kläranlage
Netzfreischaltung
auf Störfelder (Wasseradern, Verwerfungen, sonstige magnetische Felder,…) überprüfte
Schlafplätze (Nachweis vorlegen)
52
Wenn alle Muss-Kriterien und 50% der Soll-Kriterien erfüllt werden, kann sich der „Urlaub am
Bauernhof“ Betrieb als „Urlaub am Bio-Bauernhof“ ausweisen.
51
vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 4ff
52
URLAUB AM BAUERNHOF, 2001, 10
184
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
5. Methoden
Interview mit Frau Ing. Grabriela Stein:
Durch ein Telefonat mit Kammersekretär Ing. Rathschüller wurden Johanna Bischof und Birgit
Hörbinger auf Frau Ing. Gabriela Stein aufmerksam. Um ein persönliches Treffen wurde gebeten. Am
09.01.2009 um 9.30 Uhr besuchten Johanna Bischof und Birgit Hörbinger, Frau Ing. Gabriela Stein in
der Landwirtschaftskammer Judenburg in der Frauengasse 19, um ein Interview zum Thema:
„Qualitätskategorisierung von Urlaub am Bauernhof “ durchzuführen.
Frau Ing. Stein ist Fachberaterin für Ernährung- und Erwerbskombination und damit zuständig für die
Qualitätseinteilung (Blumenvergabe) der Urlaub am Bauernhofbetriebe in den Regionen Judenburg,
Knittelfeld und Leoben. Frau Ing. Stein wurde aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung in diesem
Arbeitsbereich in der Region Murtal für die Befragung ausgewählt. Auf Wunsch von Frau Ing. Stein
wurde das Interview in ihrem Büro durchgeführt. Bei einem Interview mit Leitfaden musste Frau Ing.
Stein auf ganz konkrete Fragen Antworten geben. Das Interview wurde mit Hilfe des MP3-Players
Medion Life P60002 aufgenommen und zusätzlich wurde stichwortartig mitgeschrieben. Das
Gespräch endete um 11.00 Uhr. Die Antworten wurden dann unter Zuhilfenahme der Mitschrift und
der Aufnahme schriftlich ausformuliert.
Interview mit Frau Marianne Hochfelner:
Am 10.01.2009 von 9.30 Uhr bis 10.45 Uhr befragten Johanna Bischof und Birgit Hörbinger, Frau
Marianne Hochfelner auf ihrem Biobauernhof am Fressenberg 6, 8733 St. Marein bei Knittelfeld.
Dieser Hof wurde aufgrund seiner hohen Qualitätskategorisierung- vier Blumen- und des vorbildlichen
Biobetriebes für dieses Interview ausgewählt. Aufmerksam wurden Johanna Bischof und Birgit
Hörbinger auf diesen Hof durch die Internetseite „http://www.urlaubambauernhof.at/“, auf der man
nach Urlaub am Bauernhofbetrieben in konkreten Gebieten suchen kann. Frau Hochfelner wurde zu
ihrem Tourismusbetrieb und ihrem Bauernhof befragt. Aufgezeichnet wurde die Befragung mit Hilfe
des MP3-Players Medion Life P60002 und einer stichwortartigen Mitschrift. Im Anschluss an das
Interview wurden noch einige Fotos vom Hof und den Zimmern mit einer Digitalkamera von Sony
gemacht.
Das Interview wurde mit Hilfe der Mitschrift und der Aufnahme schriftlich ausformuliert.
6. Interview
Unser empirischer Teil der Arbeit besteht aus zwei Interviews. Wir haben Frau Ing. Stein, eine
Fachberaterin für Ernährung- und Erwerbskombination und damit zuständig für die Qualitätseinteilung
(Blumenvergabe), und eine Biobäuerin, die selbst Urlaub am Bauernhof anbietet, Frau Hochfelner,
befragt.
Unsere Interviewfragen konzentrierten sich auf die Themen Qualitätskategorisierung, Gäste,
Schwierigkeiten und Motive für Umstieg auf Urlaub am Bauernhof, Angebote im Murtal und Einfluss
auf diese Region.
Qualitätskategorisierung:
Frau Ing. Stein erwähnte den neuen Katalog, der ab 01.01.2009 in ganz Österreich einheitlich gültig
ist.
Wie gehabt werden Gästebetriebe in zwei, drei oder vier Blumenkategorien eingestuft.
Das alte System war laut Frau Ing. Stein auf das Zählen von Punkten ausgerichtet, das neue
hingegen wurde an die Bedürfnisse und Wünsche der Urlauber angepasst. Es wurden intensive
Befragungen der Gäste durchgeführt, um herauszufinden, was dem Gast wertvoll ist und was er
schätzt.
185
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Zwar bezieht sich die Beurteilung noch immer auf die drei Hauptkategorien Ausstattung, Service und
Bauernhofqualität, aber jetzt wird mehr auf die Qualität geachtet und mehr aus der Sicht des Gastes
bewertet.
Frau Ing. Stein sieht darin eine Chance für die Betriebe, weil man sich nicht mehr auf Einzeldinge
fixiert, die dem Gast nicht wichtig sind und die oft Punkte gekostet haben. Andererseits ist das System
auch strenger geworden, weil zum Beispiel allein das Vorhandensein einer Sauna nicht mehr
automatisch Punkte bedeutet, sondern auch die Qualität der Sauna einwandfrei sein muss. Frau Ing.
Stein vermutet, dass einige Betriebe dadurch eine Abstufung erleben könnten.
Auch Frau Hochfelner steht diesem neuen System positiv gegenüber und erwartet sich dadurch, dass
sie ihre Ausstattung der Gästezielgruppe besser anpassen kann.
Sie betreibt im Moment einen vier Blumen Betrieb und hat auch mit dem neuen System keine Angst
vor einer Abstufung.
Frau Hochfelner hofft, dass das neue Kategorisierungssystem flexibler ist als das alte, weil sie früher
gezwungen war gewisse Einrichtungen zu besitzen, die für ihre Zielgruppe nicht von Bedeutung waren.
Frau Ing. Stein glaubt auch, dass das neue System flexibler ist als die alte Punktezählerei.
Für die Durchführung der Qualitätsprüfung gibt es eine eigene Kommission.
Frau Ing. Stein bevorzugt es, wenn eine Fachberaterin, ein Funktionär, ein Vertreter des
Landesverbandes und eventuell auch zum Beispiel der Vorstand des Vereins dabei sind.
Jeder Kommissionsteilnehmer beurteilt den Hof eigenständig und erst zum Schluss setzt man sich
zusammen und tauscht die unterschiedlichen Meinungen aus. Der Betrieb erfährt das Ergebnis sofort
und erhält auch Erklärungen und Informationen. Auf die Frage, ob es ihr schwer fällt, befreundete
Bauernhofbetriebe zu beurteilen, antwortet Frau Ing. Stein, dass sie kein Problem damit hat, weil die
Qualitätsmerkmale, die erreicht werden müssen, genau aufgelistet sind und daher genau begründet
und erklärt werden können.
Zusätzlich zu den vier Blumen gibt es noch eine Möglichkeit zur Spezialisierung. Frau Ing. Stein sieht
in den sieben Spezialisierungsmöglichkeiten eine Chance für Betriebe ihre besonderen Fähigkeiten
für alle Gäste sichtbar hervorzuheben.
Frau Hochfelner hat sich gegen ein Spezialangebot entschieden mit der Begründung, dass die Palette
an Gästen, die sie ansprechen will, dadurch größer und vielschichtiger ist. Sie besitzt zwar einen BioBauernhof, will aber keine „Bio-Freaks“, die von ihr verlangen, dass absolut alles biologisch ist. Auch
das Frühstück ist als spezialisierter Bio-Betrieb komplizierter, weil man ganz bestimmte Produkte
immer anbieten muss. Ohne diese Spezialisierung fällt ihr die Bewirtung einfach leichter. Es gibt auch
Gäste, die wert auf Bio legen, aber da sie seit 1995 eine biologische Landwirtschaft betreibt, wird auch
diese Zielgruppe angesprochen.
Umstellung auf Urlaub am Bauernhof
Jeder Betrieb muss eine Grundkategorisierung haben und Vereinsmitglied bei Urlaub am Bauernhof
sein, um Anwärter für die Qualitätseinstufung zu sein.
Für Frau Ing. Stein ist eine weitere wichtige Voraussetzung auf jeden Fall, dass die Familie dafür
passt. Nicht jede Familie kommt für einen ständigen Gästebetrieb in Frage.
Auch der Betrieb und die Räumlichkeiten müssen den Anforderungen entsprechen.
Frau Hochfelner behandelt ihre Gäste wie gute, alte Freunde und integriert diese voll in ihre Familie.
Frau Ing Stein findet, dass der Bauernhof und der Gästebetrieb eine klassische
Einkommenskombination sind. Urlaub am Bauernhof bietet ein zusätzliches Standbein und hilft, den
Vollerwerb und den Betriebsstandort zusätzlich abzusichern.
Auch für Frau Hochfelner ist die Vermietung ein Zuverdienst, damit sie mit ihrem Mann zu Hause
bleiben kann. Außerdem sind nach dem Auszug der zwei älteren Töchter genügend Räume zur
Verfügung gestanden, und auch der Raum im Nebengebäude wird dadurch genutzt.
Die meisten Umstellungen auf Urlaub am Bauernhof erfolgen laut der Erfahrung von Frau Ing. Stein
bei jungen Bauern/Bäuerinnen, zum Beispiel direkt nach der Hofübernahme, denn die Auflagen sind
hoch und oft mit baulichen Veränderungen gekoppelt. Probleme gibt es dabei natürlich mit der
Ausstattung der Zimmer bzw. Ferienwohnungen, da dahinter teilweise große Investitionen stehen.
186
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Viele haben auch Schwierigkeiten mit den vorgegebenen Mindestgrößen der Zimmer, weil sie an ihre
Räumlichkeiten gebunden sind.
Auch im Service wird sehr viel verlangt. Vor allem, wenn nur mehr zwei Leute im Betrieb arbeiten, sind
die Auflagen für die Erlebnisqualität eine Herausforderung.
Man muss zum Beispiel geführte Wanderungen anbieten und die brauchen natürlich auch
dementsprechend Zeit.
Frau Hochfelner arbeitet mit ihrem Mann alleine am Betrieb und kennt diese Probleme. Vor allem im
Sommer ist es oft schwierig die Bedürfnisse der Gäste mit den Pflichten am Hof zu vereinbaren.
Die vorgegebenen Mindestgrößen der Ferienwohnungen waren auch für Frau Hochfelner nicht zu
erfüllen. Ihr Raum mit Kochnische, Bad, Essecke und Bett wurde bei der letzten Überprüfung aufgrund
dieser Vorschriften von einer Ferienwohnung auf ein „normales“ Zimmer zurückgestuft.
Angebot in der Region Murtal:
In unserer Region sind Spezialisierungen eher dünn gesät. Frau Ing. Stein betreut selbst keinen
einzigen spezialisierten Betrieb in Judenburg.
Viele Betriebe sind Bio, haben sich aber nicht von Urlaub am Bauernhof spezialisieren lassen. Es gibt
einige Gesundheitsbauernhöfe in der Region mit besonderen Angeboten, wie zum Beispiel
traditionelle chinesische Medizin oder Kneipp Touren.
Ein Bauer hat sogar die Ausbildung zum Gesundheitsbegleiter gemacht, ein anderer ist gelernter
Koch und bäckt für seine Gäste.
Frau Hochfelner hat sich zur Seminarbäuerin ausbilden lassen, um den Gästen mehr Informationen zu
heimischen Produkten und deren Besonderheiten geben zu können.
Gäste
Die Nachfrage ist laut Frau Ing. Stein nach wie vor steigend in der Region Murtal.
Hauptsächlich interessieren sich die Gäste für Ferienwohnungen, da sie genügend Platz zum Leben
haben wollen.
Weiters liegen auch Almhütten stark im Trend.
Die meisten Gäste in der Region, die Urlaub am Bauernhof in Anspruch nehmen, sind Eltern mit ihren
Kindern.
Aber auch rüstige Senioren interessieren sich für das Wanderangebot und kommen gerne.
Frau Hochfelner sprich mit ihrem Hof genau diese Zielgruppe an.
Ihre Urlauber kommen aus Österreich, Deutschland, Holland, Italien, England und Belgien. Aus
Österreich kommen viele Oberösterreicher, Wiener, Grazer, Kärntner. Die Gäste sind nicht
ausschließlich Leute aus der Stadt, sondern es sind auch welche dabei, die vom Land kommen.
Frau Hochfelner hat viele Stammgäste, die schon einige Jahre hintereinander immer wieder auf ihren
Hof kommen. Ein Highlight im Sommer ist immer der Besuch von Gästen aus dem Zillertal. Das sind
6-8 Leute, die schon seit 25 Jahren zu ihr kommen und schon richtige Freunde sind. Diese Woche ist
dann aber auch immer besonders anstrengend für die Familie.
Frau Ing. Stein sieht in der starken Einbeziehung der Gäste in das Hofleben einen großen Vorteil von
Urlaub am Bauernhof. Die Gäste bevorzugen den Kontakt, sonst würden sie in ein Hotel gehen. Sie
wollen einen echten, möglichst uninszenierten Bauernhofalltag miterleben. Die Möglichkeiten einer
Hofführung und der Mitarbeit im Betrieb sind Pflicht für Urlaub am Bauernhofanbieter und damit auch
in den Kriterien dafür verankert.
Frau Hochfelner lebt diese Philosophie auf ihrem Gästebetrieb voll aus.
Ihre Gäste legen sehr viel Wert auf das Eingebundenwerden in den Alltag und helfen im Stall oder bei
diversen Arbeiten. Manche Frauen wollen auch lernen, wie man bestimmte regionale Spezialitäten
zubereitet, wie zum Beispiel einen Strudelteig, eine Saure Suppe, Marmeladen, Säfte oder einen
Braten.
In solchen Fällen hilft ihr die Ausbildung zur Seminarbäuerin.
Ein deutscher Gast der Familie Hochfelner empfindet gerade diese familiäre Atmosphäre als sehr
angenehm und kommt deswegen auch schon seit fünf Jahre regelmäßig zu Besuch.
Natürlich gibt es auch manchmal Konflikte, wenn Gäste und Vermieter auf so engem Raum
zusammenleben. Frau Ing. Stein weiß aus ihrer Erfahrung, dass es manchmal zu
Meinungsverschiedenheiten kommen kann, wenn zum Beispiel die Kinder der Gäste vom Bauern
187
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
ermahnt werden. Oft haben Eltern nicht die Einsicht, dass es auf einem Bauernhof gefährlich sein
kann.
Es kann auch zu Problemen kommen, wenn Gäste am Abend sehr gerne lang sitzen und sich
unterhalten wollen, da der Bauer/die Bäuerin in der Früh aufstehen und arbeiten muss.
Ihrer Meinung nach haben die Urlaub am Bauernhofanbieter das jedoch meistens sehr gut im Griff
und das Zusammenleben funktioniert im Allgemeinen sehr gut.
Frau Hochfelner hält die Konflikte mit ihren Urlaubern für harmlos. Es gab nur einmal ein Wiener
Ehepaar, das sehr genau war und alle Dinge, die es als störend empfunden hat, auf eine Liste
geschrieben und ihnen vorgelegt hat.
Frau Hochfelner glaubt, dass Leute, die Urlaub am Bauernhof in Anspruch nehmen, keine Perfektion
verlangen und das Leben der Bauern möglichst naturgetreu erleben wollen.
Einfluss auf die Region
Die Besonderheiten des Betriebes von Frau Hochfelner sind der „urige“ Bauernhof und eine sehr
schöne Aussicht. Gäste aus der Stadt legen viel wert auf dieses ländliche Flair.
Die Region Murtal wird noch als „echt“ und „natürlich“ empfunden. Es gibt auch sehr viele
Ausflugsziele in dieser Gegend, wie zum Beispiel das Vivarium, den Tierpark Mautern, das
Holzmuseum in St. Ruprecht, den Sternenturm in Judenburg (ein Planetarium), das Stift Seckau, den
Märchenwald in St. Georgen ob Judenburg, die Therme Aqua Lux in Fohnsdorf und viele Teiche, wie
den Zechner Teich, die Grüne Lagune, den Kraubather Teich. Der Hof liegt zentral inmitten dieser
Angebote. Frau Hochfelners Gäste tragen somit auch zur besseren Auslastung dieser Betriebe bei.
Für das Essen versucht Frau Hochfelner regionale Produkte zu kaufen und preist diese auch den
Gästen an, wie zum Beispiel den Murtaler Steirerkäse. Weiters profitieren umliegende Gastwirte, die
durch ihre Gäste mehr Umsatz machen, wie zum Beispiel das Gasthaus „Sucher“, das sich sehr nett
um Gäste kümmert und auch zu ungünstigen Zeiten die Küche aktiviert.
Wir bedanken uns bei Frau Hochfelner für ihre Zeit und machen im Anschluss noch ein paar Fotos
von ihrem Hof.
Unser Dank gilt auch Frau Ing. Stein, die uns sehr geduldig unsere Fragen beantwortete und uns
ausreichend mit Informationsmaterial versorgt hat.
7. Diskussion
Die Auflagen für die verschiedenen Qualitätskategorisierungen sind streng, trotzdem will der Verein
Urlaub am Bauernhof die Vielfalt und Individualität der bäuerlichen Betriebe erhalten. „Das System soll
Freiräume für individuelle Besonderheiten lassen. Die Kategorisierung soll und darf nicht zu einer
‚Gleichmacherei’ führen, denn die Vielfalt der Höfe und der Menschen sind ein besonderes
53
Charakteristikum von Urlaub am Bauernhof.“
Diese Ansicht vertritt auch Frau Ing. Stein, die Fachberaterin für Ernährung- und Erwerbskombination
und damit zuständig für die Qualitätseinteilung (Blumenvergabe) der Urlaub am Bauernhofbetriebe in
den Regionen Judenburg, Knittelfeld und Leoben ist.
Vor allem betont sie die positive Entwicklung dieses Systems, in der seit 01.01.2009 gültigen Fassung.
Das neue System hält sie für flexibler als die „alte Punktezählerei“. Ihrer Meinung nach geht dieses
mehr auf die Bedürfnisse und Wünsche der Urlauber ein.
Die Kategorisierung der Bauernhöfe erfolgt nach einem strengen Muster und genauen Regeln. In der
Realität stehen hinter diesen Regeln jedoch oft Familienbetriebe oder bemühte Einzelpersonen. Wir
haben uns gefragt ob es dem/der PrüferIn zum Teil schwer fallen könnte die Qualitätsprüfungen
objektiv und konsequent zu vollziehen, wenn diese/r die Familie gut kennt.
Frau Ing. Stein widerlegt diese Befürchtung, da es sich hier um schriftlich festgelegte Kriterien handelt,
die daher auch nicht durch persönliche Beziehungen abgeändert werden können. Sie stellt jedoch
auch fest, dass im neuen System von den Qualitätsprüfern mehr Erfahrung und eigene Argumentation
verlangt wird und diese Tatsache eventuell zu Problemen für den Prüfer führen könnte.
Probleme für den Vermieter ergeben sich oft aus den strengen Qualitätsbedingungen.
53
URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 2
188
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
Der Verein Urlaub am Bauernhof verlangt von seinen Mitgliedern teilweise schwer zu erfüllende
Kriterien
Noch schwieriger zu erfüllen sind die Auflagen bei den Spezialisierungen. Für die Spezialisierung zu
einem Biogästebetrieb muss sogar bei der Inneneinrichtung darauf geachtet werden, natürliche
Materialen zu verwenden. Der Boden sollte hier ausschließlich aus den Materialen Stein, Kork oder
Holz bestehen. Beim Frühstück muss aufgelistet werden, welche Produkte selbst erzeugt bzw. welche
54
von wo und wem zugekauft werden.
In der Praxis liegen die Probleme, laut Frau Ing. Stein, vor allem in der Ausstattung des Betriebes und
den Räumlichkeiten. Viele sind hier durch ihre räumlichen Gegebenheiten eingeschränkt und können
das Mindestmaß für die Zimmergröße einfach nicht erfüllen. Außerdem ist die Ausstattung natürlich
auch immer eine finanzielle Frage und vielen Bauern sind hier die Hände gebunden.
Frau Hochfelner, eine Biobäuerin, die selbst Urlaub am Bauernhof betreibt, lehnt eine Spezialisierung
ihres Hofes auf Bio aus mehreren Gründen ab.
Für sie sind die Auflagen für eine Spezialisierung ein Mehraufwand, der sich ihrer Meinung nach
finanziell nicht lohnt. Ihr würde zum Beispiel das Frühstück und Abendessen Schwierigkeiten bereiten.
Außerdem glaubt sie ohne eine Spezialisierung eine größere Zielgruppe an Gästen anzusprechen.
Die Gäste, die diese Spezialisierungsangebote für Bio in Anspruch nehmen, sind sehr gut informiert
und verlangen dies auch von dem jeweiligen Betrieb. Sie befassen sich mit den Themen gesunde
55
Ernährung, Tierschutz und nachhaltige Wirtschaftsweisen. Frau Hochfelner befürchtet daher, dass
sich diese Gäste zu stark in ihren Betrieb einmischen und sie dadurch unnötig unter Druck setzen
könnten.
Laut Frau Ing. Stein gibt es in der Region Murtal keinen einzigen auf Bio spezialisierten Betrieb. Die
strengen Auflagen und die Einschränkung der Zielgruppen könnten ihrer Meinung nach Gründe für
dieses Phänomen sein.
Die meisten kommen auf einen Hof, um das landwirtschaftliche Leben uninszeniert und echt
mitzuerleben. Der Verein Urlaub am Bauernhof besteht daher auf eine Einbindung der Gäste in das
Alltagsleben und bewirbt dies auch in seinen Prospekten: „Wer seine Ferien am Bauernhof verbringt,
lebt mit seinen Gastgebern. Wer da ist, ist da und ist eingeladen, mitzuessen, mitzufeiern und auch
56
einmal mitanzupacken - im Stall, am Feld, im Obst- und Gemüsegarten oder in der Küche.“
Diese Aussage konnte von Frau Ing. Stein bestätigt werden. Sie sieht darin die Besonderheit und die
große Stärke von Urlaub am Bauernhof. Frau Hochfelner lässt ihre Gäste auch gerne im Stall
mitarbeiten und sieht es als lustige Abwechslung. Ein Gast, der auf ihrem Hof Urlaub macht liebt die
bäuerliche Atmosphäre und fühlt sich bei Frau Hochfelner wie zu Hause.
Bei so viel Eingebundenheit in die Familie kann es aber auch zu Konflikten zwischen Gästen und
Vermietern kommen. Ein Streitpunkt ist laut Frau Ing. Stein unter anderem, wenn ein Bauer die Kinder
der Gäste zu deren Sicherheit zurechtweist.
Frau Marianne Hochfelner empfindet ihre Gäste als großteils hilfsbereit und verständnisvoll. Bei ihr am
Hof kommt es nur sehr selten zu Unstimmigkeiten, da Frau Hochfelner mit großem
Einfühlungsvermögen auf ihre Gäste eingeht.
Um den Urlaub abwechslungsreich zu gestalten, hat Frau Hochfelner eine Liste von Angeboten in der
Region für ihre Gäste bereitgestellt. Durch diese Empfehlung profitieren auch die Freizeitangebote in
der Region rund um ihren Hof.
Die umliegende Gastronomie kann auch einen Nutzen aus den Urlaub am Bauernhofgästen ziehen.
Für eine ländliche Region wie das Murtal ist es folglich sehr wichtig, Urlaub am Bauernhofbetriebe zu
beheimaten, denn diese Betriebe fördern auch die Wirtschaft in ihrer Umgebung.
„Damit kommt ‚Urlaub am Bauernhof’ sowohl in der Landwirtschaft als auch im Tourismus eine
57
erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu.“
54
vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 8f
55
vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 7
56
LANDESVERBAND „URLAUB AM BAUERNHOF“, 2008, 2
57
EMBACHER et al., 2001, 3
189
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
8. Schlussfolgerungen
In unserer Arbeit stellten wir uns die Frage, wie stark das Angebot der Spezialisierung im Murtal
genutzt wird.
Wir kamen zu dem Ergebnis, dass einige der Bauern/Bäuerinnen auf diese zusätzliche
Kategorisierung verzichtet, weil sie der Meinung sind, dass sich dieser Mehraufwand nicht lohnt.
Außerdem wird die Spezialisierung als zusätzliche Belastung empfunden und die Vermieter
befürchten, dass die Zielgruppen dadurch eingeschränkt werden.
Vor allem die Spezialisierung Bio wird von den Bauern abgelehnt, aufgrund schwer erfüllbarer
Auflagen und aus Angst vor zu anspruchsvollen Gästen.
Eine weitere Beobachtung war, dass es in der Region Murtal nur wenige klassische Urlaub am
Bauernhof Betriebe gibt, sondern sich die Form der Vermietung eher in Richtung Almhütten verlagert
hat.
Die Kriterien der Qualitätskategorisierung sind zwar streng, dieses System wird aber trotzdem als
flexibel wahrgenommen. Für Individualität bleibt genug Freiraum. Die Marke Urlaub am Bauernhof
58
steht für echt und ehrlich und auch in der Praxis empfinden die Gäste das Angebot auf den Höfen
als authentisch und unverfälscht und die Beziehung zu den Vermietern als aufrichtig und offen.
Das Zusammenleben von Tieren und Menschen wird als harmonisch beurteilt.
Trotz der strengen Auflagen finden wir die Kategorisierung nicht aussagekräftig. Es herrschen große
Unterschiede innerhalb einer Kategorie in ganz Österreich. Wir haben bei unserer Recherche
herausgefunden, dass man zum Beispiel innerhalb von vier Blumenbetrieben große Unterschiede in
der Qualität und Quantität der Ausstattung feststellen kann. Bis jetzt hat das reine Vorhandensein
einer Sauna schon gereicht, um zum Beispiel eine Kategorie aufzusteigen, ohne dass auf die Qualität
Rücksicht genommen wurde. Unserer Meinung nach sollte die beste Kategorie (vier Blumen)
sorgfältiger vergeben werden, und auf einen gleichmäßigen Standard geachtet werden. Wir hoffen,
dass diese Unterschiede in der Qualität in einer Kategorie durch das neue Bewertungssystem
minimiert werden können. Die Kategorisierung ist demnach nur sinnvoll, wenn die unterschiedlichen
Qualitätsstufen in ganz Österreich für die Gäste vergleichbar sind.
Obwohl sich die Gäste in das Arbeitsleben am Hof einbringen können, nutzen diese ihren Urlaub auch
sehr oft für Ausflüge in der Region. Diese Tatsache führt dazu, dass auch die Umgebung eines Urlaub
am Bauernhof Betriebes profitiert.
Am Anfang unserer Arbeit wollten wir uns mit spezialisierten Bio Betrieben beschäftigen. In der
Region Murtal gibt es jedoch keinen Betrieb dieser Art. Daher ist die Frage offen geblieben, wie diese
Höfe ihren Gästebetrieb führen.
Aufgrund des fehlenden Interviewpartners in diese Richtung konnten wir die praktische Seite der
Spezialisierung nicht erfassen.
Die Forschungsmethode Interview erschien uns für die Seminararbeit als passend. Einziger Nachteil
ist das nicht repräsentative Ergebnis.
Urlaub am Bauernhof ist eine wichtige Form des Tourismus in Österreich.
Das Betreiben von Urlaub am Bauernhof dient den Landwirten als Zusatzeinkommen und sichert
dadurch den Erhalt der kleinstrukturierten Landwirtschaft in Österreich.
58
GRABNER, 2005, 12
190
D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft
9. Zusammenfassung
Urlaub am Bauernhof ist nicht nur eine Form von Tourismus sondern seit 1972 auch eine Marke,
deren Ziel es ist, den Gästen eine möglichst hohe Qualität zu bieten.
Die Aufgabe des Vereins ist das vielfältige Angebot der Vermieter übersichtlich zu gestalten.
Als Orientierung für den Gast wurde ein Qualitätskategorisierungssystem eingeführt. Der Gast kann
zwischen den Kategorien 2, 3, oder 4 Blumen wählen.
Eine weitere Differenzierung kann der Betrieb mit Hilfe der Spezialisierung, die eine zusätzliche
Qualitätsüberprüfung fordert, durchführen.
Der praxisbezogene Teil der Arbeit umfasst zwei Interviews, die von uns durchgeführt wurden. Wir
befragten Frau Ing. Stein, eine Kammerangestellte, die für die Kategorisierung von Urlaub am
Bauernhof zuständig ist und eine Biobäuerin aus der Region Murtal, die Urlaub am Bauernhof anbietet.
Aus den Gesprächen ergibt sich folgende Schlussfolgerung:
Das System Urlaub am Bauernhof wird auch in der Praxis als flexibel empfunden und es bleibt
genügend Freiraum für Individualität.
Es gibt gewisse Auflagen, die in der Praxis schwer umzusetzen sind, wie zum Beispiel räumliche
Gegebenheiten.
Das Angebot Spezialisierung wird in der Region Murtal von den Vermietern kaum genützt. Die
Urlauber werden in das Alltagsleben am Bauernhof stark eingebunden. Wir fanden heraus, dass auch
die nahe Umgebung von Urlaub am Bauernhof Betrieben profitiert.
10. Literatur- und Quellenverzeichnis
EMBACHER, H.;FALKENSTEINER,M. UND PERNKOPF, J. (2001):Urlaub am Bauernhof (UaB) in Österreich
2001.Urlaub am Bauernhof- der Weg zum Markenprodukt.3.
GRABNER,H. (2005):Urlaub am Bauernhof und Direktvermarktung- Stellenwert und rechtliche
Rahmenbedingungen in Österreich. Diplomarbeit Universität für Bodenkultur Wien.
HOCHFELLNER,M.(2009): Biobäuerin. Persönliche Mitteilung vom 10.01.2009
LANDESVERBAND „URLAUB AM BAUERNHOF“.(2008): Echte Gastfreundschaft. Urlaub am BauernhofZimmer und Ferienwohnungen.2.
STEIN, G. (2009): Landesverband UaB Graz. Persönliche Mitteilung vom 9.01.2009.
URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH (2001) Spezialisierung der Höfe. s.l.: Selbstverlag.
URLAUB AM BAUERNHOF ÖSTERREICH (2009): Urlaub am Bauernhof in Österreich-Qualitätsrichtlinien für
die Kategorisierung von Urlaub am Bauernhof-Betrieben.Salzburg: Selbstverlag.
11. Abbildungsverzeichnis
Titelbild: Quelle: http://www.sonderbichlhof.at/images/index_r3_c2.jpg
Abbildung 1: Das Markenzeichen von Urlaub am Bauernhof: Quelle: http://www.landurlaub.at/
Abbildung 2: Margariten: zwei Blumenbetrieb: Quelle:
http://www.stantonamarlberg.com/sommer/ViewPage.asp?Site=STANTON_SOMMER&PageID=
259&Params=PageID:234
Abbildung 3: Margariten: drei Blumenbetrieb: Quelle: selbe wie oben
Abbildung 4: Margariten: Vier Blumenbetrieb : Quelle: selbe wie oben
Abbildung 5: Spezialangebote: Quelle: http://www.urlaubambauernhof.net/
Abbildung 6: Biobauernhof von Fam. Hochfelner: Quelle: Fotografie von Johanna Bischof
191
Anhang
A-C.1 Fragebögen zu: City-Farm. Ein Projekt mit Zukunft?.......................................................... 193
A-D.1. Clusterverzeichnis zu: Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des
Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von Bio und Regional ................................................... 196
A-D.3. Fragebögen zu: Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter
Uni Gärten. Ein Vergleich unterschiedlicher Beispiele. ................................................................ 199
A-D.4 Fragebögen zu: Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben
in Bezug auf die Vermarktungssituation in den Regionen…………………………………………. 202
A-D.6 Inteviews zu: Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region
Murtal…………………………………………………………………………………………………………. 207
192
Anhang
A-C.1 Fragebögen zu: City-Farm. Ein Projekt mit Zukunft?
1. Fragebogen für ein persönliches Interview
1. Organisation (allgemein):
Wer hat Emmaus - Gemeinschaft ins Leben gerufen
Wie ist es zur Gründung der Emmaus - Gemeinschaft gekommen
Welche Philosophie liegt der Emmaus - Gemeinschaft zu Grunde
Welche verschiedene Arbeitsbereiche gibt es in der Emmaus - Gemeinschaft
In welchen Ländern ist Emmaus vertreten
Welche Partnerorganisationen gibt es
2. Organisation (City- Farm)
Was ist die City - Farm
Was wird dort gemacht
Struktureller Aufbau der City - Farm
Wer arbeitet dort (Organisation, Arbeitstherapie, Arbeitstraining)
Gesetzliche Auflagen für die Finanzierung
Zusatzeinkommen (Vermietung, Externe Arbeiten,..),
3. Regional
Wie bringt sich die City-Farm in der Region ein
Inwiefern profitiert die Region davon von der City – Farm und oder wie schaut es
umgekehrt aus
Wenn sie an das Verhältnis der City - Farm mit der näheren Umgebung bzw. mit den
direkten Nachbarn denken, welche positiven Wirkungen / Beziehungen sind wahrnehmbar
Wenn sie an das Verhältnis der City - Farm mit der höheren Umgebung bzw. mit den
direkten Nachbarn denken, welche Spannungen/ Problembereiche sind wahrnehmbar
Welche Feierlichkeiten gibt es auf der City – Farm
Inwiefern sind diese auch für die Menschen aus der Region / die Nachbarn offen (werden
diese aktiv eingeladen)
Wie rege ist die Teilnahme von Nachbarn und Leuten aus der Region
Welche regionalen Firmen unterstützen dieses Projekt
Gibt es ehrenamtliche MitarbeiterInnen aus der Region
Wenn ja, was bewegt sie dazu
Wenn ja, welche Aufgaben führen diese aus
Woher kommen die restlichen Lebensmittel. Werden regionale Produkte eingekauft
Werden Ausflüge / Betriebsbesichtigungen in der Region mit den Gästen unternommen
4. Arbeitstraining / Arbeitstherapie
Mitarbeiter und Anzahl der Gäste dieser Gruppe
Wie kommen die Gäste zur Emmausgemeinschaft, Voraussetzungen, Vermittlung
Aus welchen Regionen / Bundesländer kommen die Gäste
Täglicher Ablauf in der City - Farm
Gibt es auch saisonale Unterschiede im Tagesablauf
Werden die zwei Arbeitsbereiche Arbeitstraining / - Therapie strikt getrennt oder gibt es
dort fließende Übergänge
Welche konkrete Tätigkeiten führen die Gäste auf der City – Farm aus
Nach welchen Kriterien werden die Gäste wo eingesetzt und wer bestimmt das
193
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Wie kommt das Angebot der Emmaus bei den Gästen an
Wie kommt die Arbeit in der Landwirtschaft bei den Gästen an
Gibt es eine indiv. Betreuung, wenn ja , wie schaut diese aus
Wie lange können/ dürfen die Gäste bleiben
Wie hoch ist die Erfolgsquote
Was passiert mit den Gästen, nach der abgelaufenen Zeit
5. Therapiegarten
Welche konkreten Neuerungen werden / wurden in der City - Farm durchgeführt
(Therapiegarten)
Woher kam die Idee einen Therapiegarten einzurichten
Wie wurde der Therapiegarten aufgebaut
Wie werden Erfahrungen und Erkenntnisse über den Therapiegarten an der Region
weitergegeben
Steht der Garten für Besucher offen
Warum ist der Betrieb bio -zertifiziert
Werden die produzierten Bio- Lebensmittel vermarktet
Wenn ja, wie werden diese vermarktet ( Regional / Überregional)
Wieso werden keine Tiere zur Unterstützung der Therapie herangezogen
6. Abschlussfragen
Was gefällt ihnen an ihrer Arbeit bei der City – Farm
Bewegende / berührende Momente
Gesteckte Ziele der City – Farm
Möchten sie noch was hinzufügen
2. Auszug aus dem Interview
Kurz vor Weihnachten stellten sich uns jeweils ein Mitarbeiter der Bereiche Arbeitstraining (Thomas)
und der Arbeitstherapie (Wolfgang) zur Beantwortung unserer Fragen zur Verfügung. Im Folgenden
werden wörtliche Aussagen aus den Interviews auszugsweise widergegeben.
Frage: Was gefällt ihnen an ihrer Arbeit bei der City - Farm?
Wolfgang: Bevor ich die Arbeit bei einer Tagesbetreuungsstätte annahm, war ich in der
Privatwirtschaft tätig. Nun bin ich seit sechs Jahren hier auf der City – Farm. Das Arbeiten mit
und in der Natur macht mir sehr viel Freude. Aber auch der Umgang mit den Gästen. Es herrscht
ein sehr menschlicher und respektvoller Umgang untereinander. Dies macht das alles so wertvoll
– eine Oase für sich.
Frage: Gibt es ehrenamtliche MitarbeiterInnen? Wenn ja, was bewegt sie dazu?
Thomas: Ja, wir haben ehrenamtliche MitarbeiterInnen, die hauptsächlich in der Küche eingesetzt, da
hier jeden Tag bis zu 45 Essen frisch zubereitet werden müssen. Die Regel besagt jedoch, dass
ein Mitarbeiter mindestens ein Monat bleiben muss. Nur so kann ein gutes Verhältnis aufgebaut
werden, und es kommt keine Unruhe durch ständigen Personalwechsel auf. Nur nach einer
gewissen Zeit kann ein wirklicher Einblick gewonnen werden.
Wolfgang: Dies ist nur aufgrund der guten Atmosphäre möglich. Dabei spielt nicht nur die gute
Stimmung auf der City – Farm eine Rolle, sondern auch, dass wir in der Region gut integriert und
akzeptiert sind. Das sind sicher die entscheidenden Gründe, wieso es so gut funktioniert.
Frage: Inwiefern profitiert die Region von der City- Farm bzw. wie schaut es umgekehrt aus?
Wolfgang: In erster Linien profitieren benachteilige Menschen und deren Familien von der City –
Farm, da wir als Anlaufstelle fungieren und versuchen sie aufzufangen und aufzubauen. Garten-
194
Anhang
und Blumenlieberhaber profitieren dadurch, dass wir ein Gartenpflege und Beratungen anbieten.
Noch dazu schneiden wir Bäume und Sträucher und übernehmen die Grabpflege. Im Winter
bieten wir die Kübelüberwinterung an,
Thomas: Aber auch von unseren Festivitäten profitieren sie. Nachbarn, Geschäftspartner und
Sponsoren können sich so in einer ungezwungenen Atomsphäre miteinander unterhalten.
Beziehungen und Freundschaften werden geknüpft. Dies sollte nicht außer Acht gelassen
werden.
Frage: Auf der City- Farm finden immer wieder Feierlichkeiten statt. Was für Feste werden dort
gefeiert?
Wolfgang: Vor kurzen hatten wir das 10jährige Jubiläum. Dazu wurden alle eingeladen:
Politiker, Sponsoren, unsere freiwilligen Helfer, ehemalige Mitarbeiter und alle Gäste, die in
diesen 10 Jahren auf der City – Farm betreut wurden.
Besonders die Gespräche mit den Gästen waren sehr spannend, zu sehen wie sie sich
weiterentwickelt haben. Das sind die Früchte unserer Arbeit.
Thomas: Das Erntedankfest ist immer das Highlight des Jahres. Dazu sind ebenfalls Nachbarn,
Sponsoren, unsere freiwilligen Helfern eingeladen. Es ist ein Zeichen der City- Farm, um allen
Danke zu sagen.
Aber nicht nur die Mitarbeiter der City – Farm feiern hier. Räume können abends oder über das
Wochenende angemietet werden. So haben wir beispielsweise eine Singrunde und eine YogaGruppe hier. Die Räumlichkeiten wären auch für eine Familienfeier ideal.
Frage: Die City- Farm ist seit 2003 ein Bio- Betrieb, und dies obwohl keine Produkte vermarktet
werden. Welcher Gedanke steckt dahinter?
Wolfgang: Es ist ein philosophischer Grundgedanke. Wir setzen damit ein Zeichen, dass wir mit der
Natur und nicht gegen die Natur arbeiten. Aber auch für das Ansehen unserer Institution ist es
nicht von Nachteil.
Thomas: Und wir erhalten dadurch von der AMA die Bio- Förderungen.
Frage: Tiere werden oft zur Unterstützung von Therapien herangezogen. Wäre dies nicht auch eine
Bereicherung für die City - Farm?
Thomas: Es stimmt, dass Tiere einen positiven Einfluss auf das Gemüt und Wohl des Menschen
haben. Leider ist dies auf der City – Farm nicht möglich, da abends und an den Wochenende
niemand da ist, um die Tiere zu versorgen. Außerdem ist die Arbeit mit den Tieren viel
komplexer, wir sind zeitlich gebundener, und wir könnten uns nicht mehr nur auf die Bedürfnisse
der Gäste konzentrieren. Aber gerade heute beim Mittagessen stellt ein Gast eine ähnliche
Frage, nämlich: wieso wir keinen Fischteich haben oder anlegen? Meine Antwort dazu: „Was
nicht ist, kann ja noch werden.“
195
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
A-D.1. Clusterverzeichnis zu: Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des
Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von Bio und Regional
Cluster: Erlebnis/Veranstaltung/Veranstaltungsorte
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Murecker Schiffmühle und Murmüller Bauern
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Rieder Bauernmarkt
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Schratln in Heimschuh
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Waldviertler Hoffest
▪ Agrar.Projekt.Preis::Rochushof
▪ Agrar.Projekt.Preis::Multifunktionshof
▪ Agrar.Projekt.Preis::Schmankerlecke im Lagerhaus Rohrbach
▪ Agrar.Projekt.Preis :: "Höfen" - Biobauernhof, Hofladen
▪ Agrar.Projekt.Preis :: „Bio-Kooperation St. Daniel“
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Vögeihof - Schule auf dem Bio-Bauernhof
▪ Agrar.Projekt.Preis :: BioBier und Wollschweinsteak
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Haselböck’s Waldviertler Heuunterbetten GmbH
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Hofkäserei Groß Redling
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Huttern, Ziegen und mehr…
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Kremstaler Landmatura
Cluster: Vermarktung
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Mühlviertler Alm Biofleisch
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Neueinsteiger ? biologische Bewirtschaftungsweise mit Tiervielfalt
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Neuwirth Hof ? Schaf- und Ziegenkäse
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Ökobauernhof Hausstein
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Öko-Hof Naglhofer
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Paradeiser-Paradies
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Ploners Qualitätsrindfleisch vom eigenen Hof
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Putenzucht und Eigenvermarktung
▪ Agrar.Projekt.Preis :: "Sind Sie auch ein Feinspitz?"
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Seewinkler Sonnenparadeiser
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Stefansharter Ziegenkäse
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Teigwarenerzeugung Holzmann-Moser
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Vorarlberger Freilandbeef
▪ Agrar.Projekt.Preis::Bioheumilch
▪ Agrar.Projekt.Preis::Bio-Heumilch für Schulklassen
▪ Agrar.Projekt.Preis::Biohof Petschnig
▪ Agrar.Projekt.Preis::Biologischer Heilkräuteranbau
▪ Agrar.Projekt.Preis::Biowildfleisch aus bäuerlichem Gehege
▪ Agrar.Projekt.Preis::Hanfwelt Riegler-Nurscher
▪ Agrar.Projekt.Preis::Schafland Huber
▪ Agrar.Projekt.Preis::Partyservice vom Baiernaz
▪ Agrar.Projekt.Preis :: "Walserstolz"
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Ausbau und Erweiterung einer Dinkelentspelzungsanlage
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Automatisches Einstreunest
▪ Agrar.Projekt.Preis :: BIO-GÄRTNEREI RÁBCAKAPI/Familienbetrieb von István Németh
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Imkerei
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Biologischer Kräuteranbau
▪ Agrar.Projekt.Preis :: BioMenü
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Blumauer Bio-Hofkäserei
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Eiermanipulierungshalle und Lager
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Erlebnistage am 1. österreichischen Nostalgie-bauernhof
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Gentechnikfreie Naturbäckerei
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Grazi-Mühle
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Hanfkornverarbeitung und –vermarktung
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Lucky pig – das Freilandschwein
Cluster: Vermarktungsgemeinschaft/Genossenschaft/Zusammenschluss
196
Anhang
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Agrar.Projekt.Preis :: Mölltalernte
Agrar.Projekt.Preis :: Mühlviertler Bio-Lieferservice
Agrar.Projekt.Preis :: Österreichische Weidegans
Agrar.Projekt.Preis :: Sennereigemeinschaft Großes Walsertal
Agrar.Projekt.Preis :: St. Martiner Bauernladen
Agrar.Projekt.Preis :: Südburgenländisches Bauernmobil
Agrar.Projekt.Preis :: Super-Erdäpfel im Supermarkt
Agrar.Projekt.Preis :: Tauernfenster - Verein für Direktvermarktung von regionalem Handwerk
Agrar.Projekt.Preis :: Textilwerkstatt Weitersfelden
Agrar.Projekt.Preis :: Vermarktung von Waldhackgut im Rahmen eines Biomasseheizwerkes
Agrar.Projekt.Preis :: Vermarktungszentrum Maria Taferl
Agrar.Projekt.Preis :: Waldviertler Wald- und Holzhof
Agrar.Projekt.Preis :: Zeillerner Mostland
Agrar.Projekt.Preis::Bio vom Berg
Agrar.Projekt.Preis::Die Bauern zu Gast
Agrar.Projekt.Preis::Dinkelreis Honeder
Agrar.Projekt.Preis::Feiertag Gourmettreff
Agrar.Projekt.Preis::IG-BioDinkel
Agrar.Projekt.Preis::Manturo
Agrar.Projekt.Preis::SalburgerLand-Ei
Agrar.Projekt.Preis::Wienerwald Weiderind
Agrar.Projekt.Preis :: Almtaler Bauern
Agrar.Projekt.Preis :: ARGE biofisch Eisgarn
Agrar.Projekt.Preis :: ARGE Lebensmittel vom Biobauern
Agrar.Projekt.Preis :: ARGE Steinbacher Natursäfte
Agrar.Projekt.Preis :: Arriacher Purzelwelt
Agrar.Projekt.Preis :: Bauernhofwanderung mit Direktvermarktung
Agrar.Projekt.Preis :: Bergholz
Agrar.Projekt.Preis :: Bio Pferdehof Fabian
Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Bauernmarkt Aglassing
Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Erdäpfel und –Zwiebeln vom Manhartsberg
Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Hofbäckerei Mauracher GmbH
Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Geflügelvermarktung
Agrar.Projekt.Preis :: BIO-LOGO
Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Topaz-Apfel-Projekt
Agrar.Projekt.Preis :: Haiminger Markttage
Agrar.Projekt.Preis :: EG Mühlviertler Weidegans
Agrar.Projekt.Preis :: Erlebnissennerei Sonntag-Boden
Agrar.Projekt.Preis :: Fahrbarer Bauernladen und Bienenschauhaus
Agrar.Projekt.Preis :: Gutensteiner Bauernmarkt
Agrar.Projekt.Preis :: HIASL
Agrar.Projekt.Preis :: Knabbersnacks vom Bauernhof
Agrar.Projekt.Preis :: Kräuterhof
Agrar.Projekt.Preis :: Lilienhof
Agrar.Projekt.Preis :: Lungauer Eachtling
Cluster: Ausflugsziel/ Urlaub
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Mohn schauen und erleben mit allen Sinnen
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Mohndorf Armschlag
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Sattle deinen Urlaub beim Biobauern in Tober
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Schwimm- und Erholungsanlage mit neuer "Wellnessoase"
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Wollbad Weitersfelden
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Wurzelkinder + Prickelwasser
▪ Agrar.Projekt.Preis :: "Eßbare Landschaft" – wildwachsende Urnahrung vom Biohof
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Almerlebnistage auf der Grilleralm
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Almfrische Rachau
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Bio- und Gesundheitsbauernhof Fürstenhof
Cluster: Sonstiges
197
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
Bereich: „Vertragspartner“
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Salzburg is(s)t gesund
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Sonnentor
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Milch-Kooperation
Bereich: Tierhaltung
▪ Agrar.Projekt.Preis :: PKH ? Perfektionierte Kleingruppenhaltung für Legehennen
Bereich: Selbstversorgung
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Ökologischer Kreislauf Moorbad Harbach
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Raps ? Treibstoff der Zukunft
▪ Agrar.Projekt.Preis ::Fernwärmeversorgungsgenossenschaft
Bereich: Beratung
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Sonderkulturen im Ackerbau
▪ Agrar.Projekt.Preis::Bio-Informationsoffensive NÖ
▪ Agrar.Projekt.Preis :: Kunst am Bauernhof – Bauerngalerie
198
Anhang
A-D.3. Fragebögen zu: Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter
Uni Gärten. Ein Vergleich unterschiedlicher Beispiele.
Fragebogen
Danke, dass du dir kurz für diesen Fragebogen Zeit nimmst! Wir beschäftigen uns im Rahmen einer Seminararbeit
über die Motivationen von StudentInnen an einem so genannten Campus-Garten mitzuarbeiten. Es gibt eine Vielzahl
von Campus-Gärten an amerikanischen Unis, wo StudentInnen und ProfessorInnen gemeinsam Obst- und Gemüse
biologisch anbauen, und so zB die Cafeteria und Mensen mit Lebensmitteln beliefern.
1)
Welcher Bachelorstudienrichtung gehörst du an?
□ KTWW
□ AW
□ LAPLA
□ Weinbau, Önologie und Weinwirtschaft
2)
□ FW
□ LMBT
□UBRM
□ Holz-und Naturfasertechnologie
□ Pferdewissenschaften
Im wievielten Semester bist du?
□1
3)
□2
□3
□4
□5
□6
□7
□8
□9
□ ………
Hast du schon einmal etwas von Stadt-Landwirtschaft gehört? Wie sehr interessiert dich das Thema?
□ sehr □ interessiert mich
4)
□ mittel
□ eher nicht
□ gar nicht
Was hältst du von so genannten Campus-Gärten, die von ProfessorInnen und StudentInnen biologisch
bewirtschaftet werden?
□ sehr viel
5)
□ viel
□ mittel
□ eher nichts
□ gar nicht
Wie relevant ist für dich das Thema in Bezug auf die Boku?
□ sehr relevant
6)
□ relevant
□ mittel
□ eher nicht relevant
□ gar nicht relevant
Würdest du dir wünschen selber an einem Campus-Garten an der Boku mitzuarbeiten?
□ ja, sehr
7)
□ eher ja
□ mittel
□ eher nein
□ nein
a) Würdest du das geerntete Obst- und Gemüse gerne zum Eigenverbrauch verwenden?
□ ja
□ eher ja
□ mittel
□ eher nein
□ nein
b) Würdest du das geerntete Obst- und Gemüse gerne im Tüwi-Hofladen verkaufen?
□ ja
□ eher ja
□ mittel
□ eher nein
□ nein
c) Würdest du einen Mix aus den oben genannten Möglichkeiten bevorzugen, dass du einen Teil zur
Selbstversorgung verwendest, und den produzierten Überschuss an den Tüwi-Hofladen verkaufst.
□ ja
□ eher ja
□ mittel
□ eher nein
□ nein
d) Wenn du nicht an dem Projekt teilnehmen könntest, aus welchen Gründen auch immer, würdest du Obst- und
Gemüse, dass von StudienkollegInnen produziert wurde im Tüwi-Hofladen kaufen wollen?
□ ja
□ eher ja
□ mittel
□ eher nein
□ nein
199
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
8)
Würdest du an dem Projekt nur mitarbeiten, wenn du auch ECTS-Punkte dafür bekommen würdest?
□ ja
9)
□ eher ja
□ mittel
□ eher nein
□ nein
Würdest du eventuell auch bereit sein, im Sommer ein oder mehrere Monate in Wien zu bleiben, und dich um
den Garten kümmern?
□ ja
10)
□ eher ja
□ mittel
□ eher nein
□ nein
Könntest du dir vorstellen, deine Bakkalaureatarbeit über den Garten zu schreiben?
□ ja
11)
□ eher ja
□ mittel
□ eher nein
□ nein
Wieviel Zeit würdest du maximal in kauf nehmen, um zu dem Garten zu gelangen?
□ ≤ 10 Min
□ ≤ 20 Min
□ ≤ 30 Min
□ ≤ 40 Min
□ ≤ 50 Min
□ ≤ 60
Min
□ > 60 Min
12)
Noch eine Frage die eine Verbindung zum Haus der Studierenden hat, ist mir noch nichts Konkretes
eingefallen Tipps werden gerne entgegengenommen.
DANKE für deine Mithilfe!
Experteninterview
200
Anhang
Department of Sustainable Agricultural Systems
Division of Organic Farming
Experts interview
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
How was the idea to create a campus garden born?
When did the project start?
Who had the idea to start the project?
How was the acceptance by students/professors e.g. after the inception of the project?
How many students/professors are supporting the garden project?
How were the students motivated to participate in the garden project?
Is the garden project integrated in the students schedule or is the participation voluntary?
Do the students get any certificate or other “compensation” for working in the garden?
Please list the main products/services that flow into the garden, and that go out of the garden.
How are the produced products distributed?
How is the project organised? (Democratic/autocratic….)
Is it organized by students only or by professors, the university e.g.?
Where are the gardens located?
Did you notice any changes in consumerism of the students, is there a greater awareness for
healty food, organic food e.g.? What are your observations of the influence of the garden on
campus life?
According to your experience and observation: what are the main reasons for the continuity of
the project?
What were the most significant problems/constraints you had to deal with at the beginning of
the project, or you still have to deal with.
How did you solve them?
Who is taking care of the garden in summer/holidays?
What happens with the food you harvest in summer?
Who are the main consumers?
How long did it take you to establish the organisation of the garden? How much preparation
time did you have before actually starting growing the first food?
How is the financiation of the garden?
What are the estimated costs of the project for each year?
Please send us a plan of the garden.
201
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
A-D.4 Fragebögen zu: Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben
in Bezug auf die Vermarktungssituation in den Regionen
Fragebogen für die Landwirte:
Fragebogen
Name:
Adresse:
E-Mail:
Tel.-Nr.:
Betriebsgröße (in Hektar):
Viehbestand (Stückzahl):
Wie viel Hektar des Betriebes werden für die Schweinehaltung verwendet?
Wie viel Hektar des Betriebes wird für den Futteranbau (sofern vorhanden) verwendet?
Seit wie vielen Jahren halten sie Freilandschweine?
1. Forschungsfrage
Was hat Sie dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten?
• Ethische Gründe, und zwar:___________________________________
• Wirtschaftliche Gründe:
o Höhere Förderungen
o Höherer Preis pro Kilo Fleisch
o Sonstige finanzielle Gründe: ___________________
• Sonstiges, und zwar:________________________________________
Welche Vorteile haben Sie sich von diesem Haltungssystem erhofft?
• Geringerer Arbeitsaufwand
• Gesündere Tiere
• Mehr Einkommen
• Sonstiges
Hatten Sie Schwierigkeiten bei der Umstellung? Wenn, ja…
• Gesetzliche Vorschriften
• Widerstand der Nachbarn
• Widerstand in der Familie
• Platzmangel
• Höherer finanzieller Aufwand
• Sonstiges
Wie hat sich Ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt?
• Für welche Rasse(n) haben Sie sich entschieden?
•
Wie groß ist der Fettanteil im Schweinefleisch?
•
Wie gut eignet sich die Rasse für die Freilandhaltung?
o Treten gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Haltung im Freien auf?
2. Forschungsfrage
202
Anhang
Wie schätzen Sie die Position des Haltungssystems im unmittelbaren Umfeld/in der Region ein?
• Wie haben die anderen Landwirte der Umgebung reagiert?
o Positiv
o Neutral
o Negativ
• Wie haben die Nachbarn darauf reagiert?
o Positiv
o Neutral
o Negativ
• Wie haben die Konsumenten darauf reagiert?
o Positiv
o Neutral
o Negativ
• Sonstige Bemerkungen dazu:____________________________________________
Wie schätzen Sie die Bekanntheit der Produkte in der Region ein?
•
Stellen Sie Produkte aus dem Schweinefleisch her? Ja Nein
•
Welche Produkte vermarkten Sie?
•
Liegt der Ursprung der Produkte in der Tradition der Region?
o Regional typische(s) Produkt(e):_________________________________
•
o Alte Familienrezepte:__________________________________________
Wie kommen die Produkte bei den Konsumenten an?
o werden generell wertgeschätzt
hohe Qualität
guter Geschmack
guter Preis
Sonstige positive Rückmeldungen:___________________
o
werden bemängelt
(zu) hoher Fettgehalt
hoher Preis
Sonstige negative Rückmeldungen:____________________________
•
Sind die Verkaufszahlen zufrieden stellend für Sie?
o Ja, sehr zufrieden stellend
o Einigermaßen zufrieden stellend
o Wenig zufrieden stellend
o Nicht zufrieden stellend
Bemerkungen zu Verkaufszahlen:________________________________________________
•
Wer sind die Kunden?
o Gastronomie
o Handel
o Bewohner der ländlichen Region
o Bewohner aus der Stadt
o Touristen
o Sonstige
1. Forschungsfrage
Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region?
• Direkt Vermarktung
o Ab Hof Vermarktung
o Bauernmarkt
o Liefern an den Konsumenten
203
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
•
•
Handel
Sonstige Vermarktungswege:_____________________________________________
Auf welchen Vermarktungswegen vermarkten Sie Ihr Schweinefleisch?
• Direkt Vermarktung
o Ab Hof Vermarktung
o Bauernmarkt
o Liefern an den Konsumenten
• Handel
• Sonstige Vermarktungswege:_____________________________________________
Wie viel bekommen Sie bei ihrer Vermarktungsvariante für 1 kg Schweine Fleisch schätzungsweise
bezahlt?
• Direkt Vermarktung ____€/kg
• Handel ____€/kg
• Sonstige Vermarktungswege:_________________ ____€/kg
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie an ihrer Vermarktungsvariante?
Vorteile:
Nachteile:
Beurteilen Sie ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend?
• Ja
• Nein
Ziehen Sie in Erwägung auf eine andere Vermarktungsvariante umzusteigen?
• Nein
• Ja
o Auf welche
Fazit:
Haben sich die an die Umstellung auf Freilandschweinehaltung gesetzten Erwartungen erfühlt?
Wenn Sie wieder vor der Entscheidung stehen würden auf Freilandschweine umzusteigen was
würden Sie anders machen?
Würden Sie die Entscheidung, auf Freilandschweinehaltung umstellen heute wieder treffen?
• Ja
• Nein
Glauben Sie, dass andere Bauern in der Region auch auf Freilandschweinehaltung umstellen würden?
• Wenn ja, warum?__________________________________________________
•
Wenn nein, warum?_________________________________________________
Fragebogen für die Experten
Fragebogen
Name:
Adresse:
E-Mail:
Tel.-Nr.:
Zuständigkeitsbereich:
204
Anhang
1. Forschungsfrage
Wie viele Freilandschweinebetriebe gibt es in der Steiermark?
Welchen gesetzlichen Vorschriften unterliegen diese Betriebe?
Was hat die Betriebe dazu veranlasst Freilandschweine zu halten?
o Ethische Gründe, und zwar:
o
Wirtschaftliche Gründe:
o Höhere Förderungen
o Höherer Preis pro Kilo Fleisch
o Sonstige finanzielle Gründe: ___________________
•
Sonstiges, und zwar:________________________________________
Welche Vorteile hat dieses Haltungssystem?
• Geringerer Arbeitsaufwand
• Gesündere Tiere
• Mehr Einkommen
• Sonstiges
Welche Schwierigkeiten treten bei der Umstellung auf?
Wenn, ja…
•
•
•
•
•
•
Gesetzliche Vorschriften
Widerstand der Nachbarn
Widerstand in der Familie
Platzmangel
Höherer finanzieller Aufwand
Sonstiges:
Welche Rassen werden hauptsächlich gewählt?
•
Wie groß ist der Fettanteil im Schweinefleisch?
2. Forschungsfrage
Wie schätzen sie die Position des Haltungssystems im unmittelbaren Umfeld/in der Region ein?
• Wie reagieren andere Landwirte in der Umgebung t darauf?
o Positiv
o Neutral
o Negativ
•
Wie reagieren die Nachbarn darauf?
o Positiv
o Neutral
o Negativ
•
Wie reagieren die Konsumenten darauf?
o Positiv
o Neutral
o Negativ
•
Sonstige Bemerkungen dazu:____________________________________________
Wie schätzen sie die Position der Produkte in der Region ein?
•
Welche Produkte werden aus dem Schweinefleisch hergestellt?
205
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
•
Werden traditionelle Produkte hergestellt?
Wie kommen die Produkte bei den Konsumenten an?
o werden generell wertgeschätzt
hohe Qualität
guter Geschmack
guter Preis
Sonstige positive Rückmeldungen:____________________________
o werden bemängelt
(zu) hoher Fettgehalt
hoher Preis
Sonstige negative Rückmeldungen:____________________________
Sind die Verkaufszahlen zufrieden stellend?
o Ja, sehr zufrieden stellend
o Einigermaßen zufrieden stellend
o Wenig zufrieden stellend
o Nicht zufrieden stellend
Bemerkungen zu Verkaufszahlen:________________________________________________
•
Wer sind die Kunden?
o Gastronomie
o Handel
o Bewohner der ländlichen Region
o Bewohner aus der Stadt
o Touristen
o Sonstige
1. Forschungsfrage
Welche Vermarktungswege sind für Freilandschweinefleisch in der Region am häufigsten?
• Direkt Vermarktung
o Ab Hof Vermarktung
o Bauernmarkt
o Liefern an den Konsumenten
• Handel
• Sonstige Vermarktungswege:_____________________________________________
a) Welche Vor- und Nachteile haben die jeweiligen Vermarktungswege?
Wie viel bekommen die Landwirte im Durchschnitt bei ihrer Vermarktungsvariante für 1 kg Schweine
Fleisch schätzungsweise bezahlt?
• Direkt Vermarktung ____€/kg
• Handel ____€/kg
• Sonstige Vermarktungswege:_________________ ____€/kg
Kann der Arbeitsaufwand und die finanziellen Investitionen durch den Gewinn abgedeckt werden?
• Ja
• Nein
o Wenn Nein: Was ist der Grund dafür?
Fazit:
Glauben Sie, dass sich die Erwartungen von Landwirten, die auf Freilandschweinehaltung umstellen
erfüllen?
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der österreichischen Freilandschweinehaltung?
206
Anhang
A-D.6 Inteviews zu: Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region
Murtal
Interviewfragebogen:
Interview mit Frau Ing. Stein (Kammerangestellte)
1) Sie sind zuständig für die Qualitätseinteilung der Urlaub am Bauernhofbetriebe in den
Bezirken Knittelfeld, Judenburg und Leoben. Seit 01.01.2009 gelten neue
Qualitätseinstufungskriterien? Worin liegt der Unterschied und wie stehen Sie persönlich der
Erneuerung gegenüber?
2) Wie starr ist diese Kategorisierung? Bleibt ihrer Meinung nach noch Raum für Individualität
und Vielfalt?
3) Wer führt die Qualitätsprüfung durch?
4) Sie kennen alle Bauern persönlich. Fällt es Ihnen da ab und zu schwer die Qualitätsprüfung
hart durchzuziehen?
Umstellung auf Urlaub am Bauernhof
5) Was muss ein Bauernhof erfüllen, um ein Anwärter für die Qualitätseinstufung zu sein?
6) In welchem Alter erfolgt meistens die Umstellung auf Urlaub am Bauernhof?
7) Was sind die häufigsten Gründe für ein Umstellung auf Urlaub am Bauernhof?
8) Mit welchen Auflagen haben Urlaub am Bauernhofanbieter Ihrer Erfahrung nach am
häufigsten zu kämpfen?
Angebot in der Region Murtal:
9) Werden in der Region viele Spezialisierungen angeboten? Was ist die am häufigsten
vorkommende Spezialisierung?
10) Welche besonderen Zusatzleistungen bieten Betriebe, die Urlaub am Bauernhof betreiben,
ihren Gästen an?
Gäste
11) Wie ist die Nachfrage nach Urlaub am Bauernhof in der Region Murtal?
12) Welche Gäste besuchen das Murtal und nehmen Urlaub am Bauernhof in Anspruch?
13) Wie stark werden ihrer Meinung nach die Gäste in das Familienleben und die Hofarbeit
eingebunden?
14) Welche Konflikte zwischen Gästen und Vermietern kennen Sie?
Interview mit Frau Marianne Hochfelner (Biobäuerin)
Motive und Service
1) Welche Motive waren für den Beginn der Vermietung ausschlaggebend?
2) Wie viele Blumen hat Ihr Betrieb?
3) Erfüllen Sie die Kriterien für ein Urlaub am Bauernhof-Spezialangebot?
Charakterisierung der Gäste
207
VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung
4) Welches Klientel an Gästen sprechen Sie mit Ihrem Hof besonders an?
5) Woher kommen die Gäste?
6) Haben Sie auch Stammgäste?
7) Gibt es auch Konflikte mit Gästen?
Was glauben Sie ist das Besondere an Ihrem Betrieb? Warum kommen die Leute so gerne?
208
209
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