Presse- und Rundfunkrecht XI Dr. Christopher Wolf Presserecht Zum Warmwerden… • Was waren die Anfänge des Presserechts? • Ursprünglich v.a. Gefahrenabwehrrecht bzw. Polizeirecht im Obrigkeitsstaat: Impressumzwang und Nennung des verantwortlichen Redakteurs • Presse- und Rundfunkrecht heute: Sonderrecht gemischter Natur • öffentlich-rechtliche Elemente, z.B. • − Freiheitsgarantien, z.B. Presse-Gewerbefreiheit, § 3 II SMG − Ausschluss einer Sonderbesteuerung, § 3 III 2 SMG − Beschlagnahmebeschränkungen, § 97 V, §§ 111m, 111n StPO • zivilrechtliche Elemente, z.B. Gegendarstellungsrecht; „innere Pressefreiheit“ (Redaktionsstatut = Beziehungen der Sozialpartner in den Presseverlagen) Presserecht Zum Warmwerden… Medienspezifisches Gefahrenabwehrrecht • − Impressums- und Offenlegungspflicht − Anforderungen an den verantwortlichen Redakteur • Besonderheiten des Presserechts: − Pflicht zur Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen − Ablieferungspflicht (technologieneutral gefasst seit SMG-Novellierung) • Besonderheiten des Rundfunkrechts: − Informations- und Aufzeichnungspflichten der Veranstalter (Sinn und Zweck?) § 17 und § 18 SMG, § 9 RStV − Aufsicht über die Rundfunkveranstalter, § 42 SMG (LReg.) und § 59 SMG (LMS), §§ 39, 36 II 1 Nr. 1, 7 RStV (ZAK) − Zulassungsbedürftigkeit privater Veranstalter, §§ 20 ff. RStV, §§ 43 ff. SMG Presserecht Zum Warmwerden… • Hinweis auf die Legaldefinitionen im SMG • Nicht definiert: Presse, Reporter, Redakteur, Schriftleiter, Publizist, Journalist, Herausgeber, Verleger, Drucker… • Wo sehen Sie Unterschiede zwischen Zeitungen und Zeitschriften? • diff. insbesondere hinsichtlich Periodizität, Aktualität, Universalität der Themen, Generalität (der Leserschaft) Presserecht Gesetzgebungskompetenz • In der Bundesrepublik Deutschland ist das Pressewesen der Gesetzgebungskompetenz der Länder vorbehalten. • Auch die Gesetzgebungskompetenz für das presse- und rundfunkspezifische materielle Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht − nicht beim Bund (trotz Art. 74 I Nr. 1 GG), − sondern kraft Sachzusammenhangs bei den Ländern (Art. 70 I GG), vgl. BVerfGE 7, 29 (38); 48, 367 (372 f.) • Abgrenzung zur Bundeskompetenz aus Art. 73 I Nr. 9, Art. 71 GG: Schutz des „geistigen Eigentums“ • Somit ergibt sich das Presserecht für jedes einzelne Bundesland aus dem jeweiligen Landespressegesetz bzw. Landesmediengesetz. • Wie ist das in anderen „Medienrechtsgebieten“? Presserecht Gesetzgebungskompetenz • Wie war es den früher? • Der Bund hatte bis zum Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1. September 2006 nach dem Grundgesetz die Kompetenz, ein Presserechtsrahmengesetz zu erlassen. • Von dieser Möglichkeit hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die Rahmengesetzgebungskompetenz wurde im Zuge der Föderalismusreform abgeschafft. Die Gesetzgebungskompetenz für das Presserecht liegt nunmehr bei den Bundesländern allein. • Tatsächlich stimmen die Regelungen in den Pressegesetzen der Länder weitgehend überein, lediglich in einigen Details bestehen Unterschiede. Presserecht Zum Begriff der Presse • Unter Presse im Sinne der Landespressegesetze versteht man somit alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse (sogenannte Druckwerke), die einmalig oder periodisch erscheinen, unabhängig von Inhalt, Preis oder Niveau. Neben den klassischen Druckschriften umfasst der einfachgesetzliche Pressebegriff auch andere Verkörperungen von Gedankeninhalten, wie z. B. Hörbücher oder CD-ROM. • Umstritten ist die Reichweite des verfassungsrechtlichen Pressebegriffs und seine Abgrenzung zum Rundfunkbegriff im Rundfunkrecht, z. B. im Hinblick auf Internet-Zeitungen (Stichwort: elektronische Presse). Presserecht Anforderungen an die Presse/Medien • Zentraler Begriff: Die publizistische Sorgfaltspflicht • Eine zentrale Anforderung an die Presse ist die Einhaltung der publizistischen oder journalistischen Sorgfaltspflicht bei der Berichterstattung. Es handelt sich um einen allgemeinen medienrechtlichen Grundsatz, der für verkörperte Presseerzeugnisse in den Pressegesetzen der Länder gesetzlich verankert ist. • Als Auslegungshilfe zur Bestimmung der rechtlichen Sorgfaltsanforderungen werden in der Fachliteratur teilweise die Standesregeln der Presse im Pressekodex des Deutschen Presserates herangezogen. • Träger der Pflicht ist das jeweilige Presseorgan (z.B. Zeitung), das dann seinerseits seine Mitarbeiter wiederum vertraglich zur Einhaltung verpflichtet. Presserecht Anforderungen an die Presse/Medien • Zentraler Begriff: Die publizistische Sorgfaltspflicht • Konkret bedeutet die publizistische Sorgfaltspflicht, dass Inhalt, Herkunft und Wahrheitsgehalt von Nachrichten vor der Veröffentlichung überprüft werden müssen und dass die Nachrichten nicht sinnentstellend wiedergegeben werden dürfen. Unbestätigte Meldungen oder Gerüchte müssen als solche gekennzeichnet werden. Kommentare müssen von der Berichterstattung erkennbar getrennt sein. • Die Anforderungen an die Sorgfalt sind umso höher, je stärker durch die Berichterstattung möglicherweise in Rechte Dritter eingegriffen wird. Presserecht Anforderungen an die Presse/Medien • Zentraler Begriff: Die publizistische Sorgfaltspflicht • Andererseits kann die Pflicht auch abgeschwächt sein, wenn derselbe Inhalt bereits andernorts ohne Beanstandung veröffentlicht wurde oder wenn er aus einer seriösen Quelle, z. B. von einer Nachrichtenagentur, stammt. • Zu den Rechten Dritter, die bei der Berichterstattung zu beachten sind, gehört vor allem das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Es erfolgt jeweils eine Güterabwägung zwischen den Grundrechten der Meinungsfreiheit und Pressefreiheit einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht andererseits. Dabei gilt: Je größer das öffentliche Interesse an einem Ereignis ist, desto eher wird bei einer gerichtlichen Überprüfung die Güterabwägung zugunsten der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit erfolgen. Presserecht Klassisches Presseordnungsrecht: Das Impressum • Die Impressumspflicht ist die Pflicht, in Druckerzeugnissen und in Online-Veröffentlichungen ein Impressum zu führen. Darin werden zum Beispiel der Verlag und die Redaktion genannt. • Bei Veröffentlichungen im World Wide Web spricht man von Anbieterkennzeichnung. • Die Impressumspflicht stellt sicher, dass im Falle einer Rechtsverletzung aus dem verkörperten Presseerzeugnis selbst Name und Anschrift des Druckers, Verlegers, bei Periodika auch des verantwortlichen Redakteurs (V.i.S.d.P.), ersichtlich sind. • Bei Zeitungen ist in der Regel für jedes Ressort ein verantwortlicher Redakteur zu benennen. Presserecht Das Presseprivileg…? • Was fällt Ihnen hierzu ein? • Ein vorrangiges Privileg der freien Presse ist, dass sie keiner Zulassung bedarf. • In Deutschland wird die Pressefreiheit durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantiert. • Wichtiges Recht der Presse/Medien: Gegenüber Behörden und staatlichen Stellen besteht ein Anspruch auf Auskunft (Informationsrecht), bei amtlichen Bekanntmachungen müssen die Behörden die verschiedenen Zeitungen gleichbehandeln. • Im Rahmen der Beleidigungsdelikte der §§ 185ff StGB und auch des zivilrechtlichen Deliktsrechts können sich Journalisten auf den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB berufen. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich nicht um eine Formalbeleidigung handelt, dass ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse besteht und die journalistische Sorgfaltspflicht eingehalten wurde. Presserecht Das Presseprivileg • Daneben besteht auch ein Beschlagnahmeverbot (§ 97 Abs. 5 StPO) für von Journalisten selbst recherchiertes Material. Es umfasst Schriftstücke, Datenträger, und sonstige Materialien, die sich im Gewahrsam von Redaktionen, Verlagen oder einer Druckerei befinden. Auch das Beschlagnahmeverbot kann eingeschränkt werden, die Einschränkung muss aber ausdrücklich gegen die Pressefreiheit abgewogen und von einem Richter angeordnet werden. • Welche Urteile fallen Ihnen hierzu ein? • Bei der Datenverarbeitung ist die Presse durch das Medienprivileg teilweise von den Einschränkungen des Bundesdatenschutzgesetzes ausgenommen, soweit dies zu journalistisch-redaktionellen Zwecken erforderlich ist. • Welche strafrechtliche Norm, die „äußere Ähnlichkeiten“ zur Arbeit von Journalisten haben kann, steht gerade in der Diskussion? Presserecht Das Presseprivileg • Wie verhalten sich diese „Privilegien“ zu der Frage, ob ein Mensch einen Presseausweis besitzt oder nicht? Rechtsnatur des Presseausweises? • Ein Presseausweis dient dem Nachweis der haupt- oder nebenberuflichen journalistischen Tätigkeit gegenüber Dritten und ist damit in erster Linie ein Arbeitsinstrument, das die journalistische Recherche erleichtern soll. • Der Presseausweis enthält in der Regel Name, Anschrift und Foto des Ausweisinhabers. Die ausstellende Organisation bestätigt diesem darin, als Journalist tätig zu sein. Die meisten Presseausweise bestehen aus Kunststoff und sind im Scheckkartenformat gehalten. Sie werden üblicherweise für ein Jahr ausgestellt. • Eine gesetzliche Regelung über die Ausstellung von Presseausweisen gibt es in Deutschland nicht, da diese die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit einschränken würde. Presserecht Der Presseausweis • Presseausweise werden von zahlreichen Organisationen und Redaktionen ausgestellt, die unterschiedliche Kriterien für die Vergabe anlegen. • Während einige Verbände Ausweise nur an nachgewiesenermaßen hauptberuflich tätige Journalisten ausstellen, geben andere diese auch an nebenberufliche Journalisten aus. • Darüber hinaus gibt es Organisationen, die gegen Entgelt sog. „Presseausweise“ auch an Personen ausstellen, die keine berufliche Tätigkeit als Journalist nachweisen können bzw. sich mit einer vom Antragsteller unterschriebenen Bestätigung begnügen, er sei als Journalist tätig, ohne weitere Nachweise zu verlangen. • Gibt es hier eine Missbrauchsgefahr? • Mitgliedern der Journalistenverbände werden die Ausweise in der Regel kostenfrei ausgestellt, ansonsten fällt in der Regel eine jährliche Gebühr für Nicht-Mitglieder an, die je nach Verband unterschiedlich bemessen wird. Presserecht Der Presseausweis • Seit 1950 gab es eine Vereinbarung zwischen der Innenministerkonferenz sowie den Journalistengewerkschaften und den Verlegerverbänden, die die Ausstellung eines damals so genannten „bundeseinheitlichen Presseausweises“ regelte. • Dieser Ausweis sollte von Behörden grundsätzlich akzeptiert werden und wurde daher als „amtlich anerkannter“ Presseausweis bezeichnet. Diese Vereinbarung, die „den Behörden die Überprüfung, wer als Vertreter/in der Presse tätig ist“, erleichtern sollte, erlaubte das Ausstellen des „bundeseinheitlichen Presseausweises“ nur folgenden Verbänden: Deutscher Journalisten-Verband (DJV), Deutsche Journalistinnen- und JournalistenUnion (dju) – Berufsgruppe innerhalb der Fachgruppe Medien der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) Presserecht Der Presseausweis • Im Herbst 2004 stellte das Verwaltungsgericht Düsseldorf nach einer Klage des Freelens e. V. fest, dass auch dieser Verband zur Ausstellung des „bundeseinheitlichen Presseausweises“ befugt sei. • Am 5. Mai 2006 beschlossen die deutschen Innenminister daraufhin, auch künftig „das Erfordernis der Hauptberuflichkeit“ als „Leitbild“ beizubehalten. Presserecht Der Presseausweis • Aus behördlicher Sicht sei es jedoch „sachgerecht“, auch solchen Journalisten den Ausweis zuzugestehen, „die nicht hauptamtlich, aber quantitativ und qualitativ vergleichbar regelmäßig und dauerhaft journalistisch tätig sind“. • Zugleich wurde festgelegt, dass die Ausgabe von Presseausweisen nicht „der Hauptzweck des Verbandes“ sein dürfe. • Eine endgültige Vereinbarung über die künftige Regelung der Presseausweis-Vergabe und über die hierfür berechtigten Verbände wurde durch die deutschen Innenminister zunächst nicht getroffen. Presserecht Der Presseausweis • Als Kandidaten für die weiteren Verhandlungen meldeten sich der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV), der DPV Deutsche Presse Verband, der Bundesverband der PressebildAgenturen und Bildarchive (BVPA), der Verband Deutscher Lokalzeitungen (VDL), der Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS), der Deutsche Medienverband und die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK). • Da zwischen den Anwärtern und den vier Altverbänden keine Einigung zustande kam, beschloss die Innenministerkonferenz (IMK) am 7. Dezember 2007, dass Presseausweise ab 2009 nicht mehr die Autorisierung der Innenminister auf der Rückseite tragen dürfen. Presserecht Der Presseausweis • Bis dahin war dort die IMK-Aufforderung vermerkt, den Ausweis-Inhaber bei seiner Arbeit zu unterstützen. • Presseausweis derzeit „reines Verbandsdokument ohne öffentlichen Glauben“ (Soehring, Presserecht) • Seit 2009 lautet die Formulierung: „Institutionen und Unternehmen werden gebeten, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.“ • Die Gespräche laufen weiter… Presserecht Hinweis auf EMR-Publikation zum „Brexit“ Ausblick auf morgen…. • Bitte das Thema „Auskunftsansprüche/ Informationsansprüche“ vorbereiten • Vielen Dank!