IP/06/129 Brüssel, den 7 Februar 2006 Europa begrüßt Erklärung von Dubai als erstes weltweites Übereinkommen für umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien Die Europäische Union begrüßt das weltweite Übereinkommen über ein strategisches Konzept für das internationale Chemikalien-Management, das am Montag in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) unter der Schirmherrschaft der UNO erzielt wurde. Dies ist die erste globale Initiative zur Förderung des umweltverträglichen Umgangs mit Chemikalien aller Art. Im Unterschied zum Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, beschränkt das Übereinkommen sich nämlich nicht auf spezifische Stoffgruppen. Die Europäische Union, die in Dubai vom österreichischen Umweltminister Josef Pröll als Vertreter des Ratsvorsitzes sowie dem für Umwelt zuständigen Kommissar Stavros Dimas vertreten wurde, ist überzeugt, dass das Übereinkommen in bedeutender Weise dazu beitragen wird, dass die Menschheit Chemikalien herstellen und nutzen und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Mindestmaß begrenzen kann. Das Übereinkommen, das insbesondere Entwicklungsländern nützen wird, umfasst einen globalen Aktionsplan, der 271 Maßnahmen vorsieht, eine politische Gesamtstrategie mit Zielsetzungen und eine Erklärung auf hoher Ebene, in der das nachdrückliche politische Engagement für das strategische Konzept zum Ausdruck kommt. Minister Josef Pröll begrüßte die Einigung als Meilenstein des weltweiten Umweltschutzes: „Das Übereinkommen enthält eine klare Verpflichtung auf das Vorsorgeprinzip. Wir müssen nicht warten, bis eine Katastrophe eintritt, um Sicherheitssysteme einzurichten. Die Botschaft der Erklärung von Dubai lautet vereinfacht: Im Zweifel lieber nicht.“ Kommissar Dimas zeigte sich zufrieden mit der gestern Abend erreichten Übereinkunft und erklärte: „2002 haben versprochen, die schädlichen Auswirkungen von Chemikalien weltweit bis 2020 auf ein Minimum zu reduzieren. In Dubai haben wir einen Plan festgelegt und uns gemeinsam zu Maßnahmen und zur Beobachtung der Fortschritte im Laufe der nächsten 14 Jahre verpflichtet.“ Weltweite Maßnahmen zur Verwirklichung eines umweltverträglichen Umgangs mit Chemikalien werden immer wichtiger. 1998 hat die Chemieindustrie weltweit 10 Millionen Menschen Beschäftigung gegeben; 7% aller Einkommen und 9% des Welthandels entfielen auf diese Branche, und seither war erhebliches Wachstum zu verzeichnen. Während 1998 16 Länder 80% der weltweiten Erzeugung von Chemikalien auf sich vereinten, wird die großmaßstäbliche Erzeugung von Grundstoffen für die chemische Industrie zunehmend von den Industrieländern in Entwicklungsländer verlagert. Minister und Beamte von mehr als 140 Staaten haben sich in Dubai auf ein neues, als „Strategisches Konzept für ein internationales Chemikalienmanagement“ (SAICM) bezeichnetes internationales Übereinkommen verständigt. Es soll zur Verwirklichung des beim Weltgipfel 2002 gesetzten Ziels beitragen, „bis zum Jahr 2020 zu erreichen, dass Chemikalien in einer Weise eingesetzt und hergestellt werden, die zur Minimierung nennenswerter nachteiliger Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt führt“. Der Erklärung auf hoher Ebene zufolge stellt das Konzept SAICM eine Verpflichtung dar, „Chemikaliensicherheit zu verwirklichen und dabei einen Beitrag zur Bekämpfung der Armut, zum Schutz anfälliger Bevölkerungsgruppen sowie zur Förderung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Menschen zu leisten“. Der globale Aktionsplan im Rahmen von SAICM sieht fast 300 verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung der Staaten bei der Verwirklichung dieses Zieles vor. Besonderes Gewicht liegt dabei auf dem Aufbau von Kapazitäten und der technischen Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern beim sicheren Umgang mit Chemikalien. Dies wird dazu beitragen, die zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten bestehenden Unterschiede in der Chemikaliensicherheit zu beseitigen. Die beteiligten Regierungen haben auf Vorschlag der EU die Einrichtung eines „Schnellstartprogramms“ vereinbart, das Startkapital für die Anfangsphase mobilisieren und es den betreffenden Staaten ermöglichen wird, Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens insbesondere durch den Aufbau von Kapazitäten zu treffen. Es war extrem schwierig, eine Übereinkunft zu erreichen, und bis zuletzt war unklar, ob eine Einigung überhaupt möglich ist. Die Entwicklungsländer forderten möglichst weit reichende Unterstützungszusagen und wollten eigene Maßnahmen zur Verwirklichung von SAICM an die Bedingung externer Hilfen knüpfen. Sie begrüßten den Vorschlag der EU zur Einrichtung eines „Schnellstartprogramms“, zeigten sich aber skeptisch im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Ressourcen für die längerfristige Umsetzung. Der Umstand, dass die Gespräche über die Neudotierung der Globalen Umweltfazilität ins Stocken geraten sind, war ihnen zusätzlich Anlass zur Besorgnis. Den USA versuchten vor dem Hintergrund der derzeitigen Handelsstreitigkeiten mit der EU erfolglos, zu verhindern, dass SAICM bei der Auslegung rechtsverbindlicher Übereinkünfte als Richtschnur herangezogen wird. Die EU konnte den Geltungsbereich von SAICM weiter ausdehnen, so dass er über landwirtschaftlich und industriell genutzte Chemikalien hinausgeht und auch Haushaltsprodukte und Biozide erfasst. Sie hat daneben betont, dass bei der Gefahr ernster oder irreversibler Schäden Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit nicht allein auf Grund fehlender wissenschaftlicher Gewissheit unterlassen werden sollten. Letztlich würdigten alle Beteiligten einen abschließenden Kompromiss, der in einer kleinen Gruppe von Ministern und hohen Beamten erarbeitet worden ist, in der Kommissar Dimas und der österreichische Umweltminister Pröll eine zentrale Rolle spielten. Es herrschte allseits Einigkeit darüber, dass das Augenmerk nun auf die Umsetzung gelenkt werden muss. Durch diese SAICM-Übereinkunft wurde ein Beaufsichtigungsmechanismus eingerichtet, durch den der erreichte Fortschritt erstmals 2009 und später in regelmäßigen Abständen beurteilt werden soll. Vor der Abschlusssitzung in Dubai vom 4. bis 6. Februar wurde SAICM unter Beteiligung zahlreicher Betroffener bei drei internationalen Vorbereitungssitzungen, die zwischen November 2003 und September 2005 stattfanden, erarbeitet und ausgehandelt. Die EU hat SAICM stets nachdrücklich unterstützt und war aktiv an den vorbereitenden Arbeiten beteiligt. 2 In Dubai hat Kommissar Dimas auch erläutert, wie die neue Chemikalienverordnung der EU - REACH - zur Verwirklichung der Ziele von SAICM beitragen wird. Das Übereinkommen zu SAICM wurde bei der vom 4. bis 6. Februar in Dubai abgehaltenen Internationalen Konferenz über Chemikalienmanagement (ICCM) erzielt, die von den Vereinten Nationen, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) sowie einer Reihe anderer Organisationen innerhalb und außerhalb der UN, die fachlich oder finanziell von der Problematik des umweltgerechten Umgangs mit Chemikalien berührt sind, veranstaltet wurde. Der nächste Schritt ist nun die Billigung des Übereinkommens auf der Sondersitzung des UNEP-Verwaltungsrates / des Globalen Umweltministerforums, die am Dienstag in Dubai beginnt. 3