Integrierter Umweltschutz in der nachhaltigen Chemie von Naturstoffen lernen für die Textilveredelung Biologisch abbaubare Textilhilfsmittel Einige Prozeßchemikalien für die qualitativ hochwertige Färbung von Textilien sind biologisch bislang schwer abbaubar. Auf Basis von Analogien zu Naturstoffen ist nun die Synthese von alternativen, in kommunalen Kläranlagen biologisch abbaubaren Textilhilfsmitteln gelungen. Diese neuen Prozeßchemikalien könnten weltweit bis zu 50 % der abwasserrelevanten Textilhilfsmittel ersetzen und so die Belastung der Gewässer und damit der Umwelt deutlich reduzieren. Die in diesem Vorhaben untersuchten Textilhilfsmittel sind Prozeßchemikalien, die im Gegensatz zu den Ausrüstungsmitteln nach dem Prozeß nicht im Produkt verbleiben. Ihre Aufgabe besteht darin, den Prozeß der Färbung in der wäßrigen Flotte zu ermöglichen. Prozeßchemikalien verbleiben in der Flotte und werden mit dem Abwasser ausgetragen. Die am Markt befindlichen Dispergier- und Egalisierhilfsmittel sowie die Sequestriermittel sind in Kläranlagen biologisch schwer abbaubar und gelangen so in die Umwelt. Das Ziel dieses vom BMBF im Rahmen des Programmes „Forschung für die Umwelt“ geförderten Forschungsvorhabens besteht darin, biologisch abbaubare chemische Strukturen zu entwickeln, die als Textilhilfsmittel im Färbeprozeß eingesetzt werden können. Im Sinne einer nachhaltigen Chemie soll die Forschung biologisch abbaubare chemische Verbindungen identifizieren und entwickeln, die im aeroben Bereich der Kläranlagen abgebaut und somit vollständig mineralisiert werden können. Die Resultate sind nicht nur für den deutschen Markt gedacht. Vielmehr soll die Nachfrage nach umweltverträglichen, biologisch abbaubaren chemischen Produkten auf den internationalen Märkten bedient werden. Selbstverständlich behält das Forschungsvorhaben die Qualitätsstandards der derzeit eingesetzten Textilhilfsmittel bei und berücksich- tigt die technische Eignung dieser Mittel für den Färbeprozeß. Dispergierhilfsmittel haben die Funktion, die Dispergierbarkeit von im Färbemedium schwerlöslichen Farbstoffen zu verbessern. Sie verfügen sowohl über lipophile als auch über hydrophile funktionelle Gruppen, die es ihnen ermöglichen, schwer wasserlösliche Stoffe im wässrigen Medium fein zu verteilen. Stand der Technik sind beispielsweise Naphthalinsulfonsäure-Formaldehyd-Kondensate. Nach einer Schätzung der Fraunhofer Gesellschaft aus dem Jahre 1993 werden in Deutschland jährlich rund 11.000 Tonnen Dispergiermittel im Bereich Textil eingesetzt. Egalisierhilfsmittel haben die Funktion der Sicherstellung einer gleichmäßigen Färbung der Fasern. Sie bilden eine dünne Schicht auf den Fasern, die vom Färbemittel sukzessive und gleichmäßig verdrängt wird. Dazu werden üblicherweise aliphatische Aminverbindungen verwendet. In Deutschland werden jährlich rund 3.000 Tonnen Egalisiermittel verbraucht. Sequestriermittel schließlich binden und inaktivieren durch Komplexierung Metalle, die durch den Maschinenabrieb ins Färbebad gelangen. Nicht komplexgebundene Metalle stören den Färbeprozeß und müssen eliminiert werden. Polymere Chemikalien (Carboxylate) und Phosphonsäuren sind für diesen Einsatzbereich typische Verbindungen. Jährlich Schwer abbaubare Textilhilfsmittel belasten weltweit die Gewässer und stellen ein Umweltrisiko dar. Das interdisziplinär angelegte Vorhaben der industriellen Grundlagenforschung bedient sich natürlicher, in der Regel biologisch abbaubarer chemischer Strukturen. Mit diesen Naturstoffanalogien werden Prozeßchemikalien synthetisiert, die in der Textilvorbehandlung und Textilfärbung als biologisch abbaubare Textilhilfsmittel eingesetzt werden sollen. Die biologische Abbaubarkeit in kommunalen Kläranlagen entlastet die Gewässer deutlich. „Benign by design“ beugt dem Umweltrisiko durch die bis heute eingesetzten schwer abbaubaren Textilhilfsmittel vor. kommen in Deutschland rund 2.000 Tonnen Sequestriermittel zum Einsatz. Der CSB (Chemischer Sauerstoffbedarf) von Abwässern setzt sich aus biologisch kurzfristig abbaubaren Anteilen, dem BSB (Biologischer Sauerstoffbedarf), und biologisch nicht oder nur sehr langsam abbaubaren Anteilen zusammen. Letztere werden in herkömmlichen kommunalen Kläranlagen unvollständig oder nicht abgebaut und belasten somit die Gewässer. In dem Forschungsvorhaben sollen Wege gefunden werden, den Anteil der biologisch leicht abbaubaren Inhaltsstoffe am CSB zu erhöhen, um so die Abwässer aus der Textilindustrie ohne zusätzlichen apparativen Aufwand in kommunalen Kläranlagen reinigen zu können. ders geeignet scheinen hier zum Beispiel die in der Natur ubiquitär vorkommenden hydrolysierbaren Amid- und Esterbindungen zu sein, die sowohl bei den natürlichen als auch synthetisch hergestellten Verbindungen durch Exoenzyme der Mikroorganismen gespalten werden können. Mit den ermittelten analogen chemischen Bausteinen wurden seit 1996 bei der Bayer AG rund 1500 chemische Synthesen durchgeführt. Durch die relativ hohe Anzahl synthetisierter chemischer Strukturen hat sich die Syntheseforschung nicht zu früh auf nur wenige Möglichkeiten zur Entwicklung technisch geeigneter biologisch abbaubarer Textilhilfsmittel festgelegt. Rund 100 von den über 1000 synthetisierten Verbindungen sind inzwischen an der Universität Stuttgart verschiedenen biologischen Abbautests nach den anerkannten DIN- und OECD-Richtlinien unterzogen worden. In einem weiteren Schritt testet das Deutsche Institut für Textil- und Faserforschung die technische Anwendbarkeit der synthetisch hergestellten biologisch abbaubaren Verbindungen in Färbeprozessen. Schließlich soll am Ende des Forschungsvorhabens die Praxistauglichkeit mit einigen wenigen synthetisierten Verbindungen in drei Unternehmen der Textilveredelung ermittelt werden (Augsburger Kammgarnspinnerei, Carl Meiser-Albstadt, Schoeller Eitorf AG). Verlaufen diese Tests erfolgreich, können künftig mit den biologisch abbaubaren Textil- Der Einsatz dieser naturstoffähnlichen Textilhilfsmittel ist keineswegs auf Deutschland beschränkt, sondern kann weltweit, auch in Entwicklungsländern, zur nachhaltigen Gewässerentlastung beitragen. Interessant erscheint der Forschungsansatz in mehrfacher Hinsicht: Synthetisierte naturanaloge Stoffe, so die These, werden ebenso wie Naturstoffe biologisch abgebaut. Es werden somit analoge chemische Strukturen identifiziert, die auch in natürlichen Stoffen vorkommen. Aus diesen werden Verbindungen synthetisiert, die dann auf ihre Abbaubarkeit hin getestet werden. Hierzu wurden vom Institut für Mikrobiologie der Universität Stuttgart in einem ersten Schritt Naturstoffdatenbanken analysiert, um natürliche Verbindungen mit ähnlichen funktionellen Gruppen, wie sie in den gegenwärtig eingesetzten Textilhilfsmitteln vorliegen, zu ermitteln. Bei höhermolekularen Verbindungen sollten möglichst hydrolysierbare Bindungen, sogenannte biologische Sollbruchstellen, vorhanden sein. Beson- hilfsmitteln international neue und umweltschonende Standards in der Textilveredelung gesetzt werden. Das Forschungsprojekt führt Expertenwissen aus den Disziplinen Mikrobiologie, Chemie und Anwendungstechnik zusammen. Die Komplexität des Vorhabens erfordert diesen interdisziplinären Austausch zur Erforschung integrierter Umweltschutzlösungen; eine Zusammenarbeit, die die Beteiligten aus Industrie und Forschungseinrichtungen positiv bewerten. Bayer AG Geschäftsbereich Spezialprodukte, FuE 51368 Leverkusen Dr. H. M. Meier Telefon +49 (0) 214 / 302 23 44 Telefax +49 (0) 214 / 305 59 72 E-Mail [email protected] Internet www.bayer.de Institut für Textilchemie der deutschen Forschungsinstitute (DITF) Körschtalstraße 26 73770 Denkendorf Prof. Dr. W. Oppermann Telefon +49 (0) 711 / 934 01 00 Telefax +49 (0) 711 / 934 01 85 E-Mail [email protected] Herausgeber Bundesministerium für Bildung und Forschung Referat 423 – integrierter Umweltschutz in der Wirtschaft; Umwelttechnik Heinemannstraße 2 · 53175 Bonn Telefon +49 (0) 228 / 57 34 81 www.bmbf.de Institut für Mikrobiologie Universität Stuttgart Allmandring 31 70569 Stuttgart Prof. Dr. H.-J.- Knackmuss Telefon +49 (0) 711 / 685 54 87 Telefax +49 (0) 711 / 685 57 25 E-Mail [email protected] Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. Projektträger Umweltforschung und -technik des BMBF Südstraße 125 · 53175 Bonn Telefon +49 (0) 228 / 382 12 01 email: [email protected] www.dlr.de/PT Bezug BMBF - Referat Öffentlichkeitsarbeit Telefax +49 (0) 228 / 57 39 17 email: [email protected] www.bmbf.de Redaktion Prognos GmbH Dovestraße 2 – 4 · 10587 Berlin Gestaltung Hayn/Willemeit Media GmbH Mommsenstraße 47 · 10629 Berlin Druck Druckhaus Berlin-Mitte GmbH Schützenstraße 18 · 10108 Berlin Stand 4/99 gedruckt auf chlorfrei wiederaufbereitetem Papier Fotos mit freundlicher Genehmigung der Unternehmen