THEMENDIENST BIOBASIERTE WIRTSCHAFT / AUSGABE 4 VOM 31.05.2013 Themendienst Biobasierte Wirtschaft Daten | Fakten | Hintergründe Ausgabe 4 Natürlich gesund: Arzneipflanzen sind ein Markt mit Zukunft Für Schnupfen, Übelkeit und Muskelschmerzen über Entzündungen und Infektionen bis hin zu Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und Depressionen sind heute wirksame Arzneimittel auf pflanzlicher Basis erhältlich. Da sie viele Krankheitssymptome erfolgreich lindern können, gewinnen diese Arzneimittel – auch Phytopharmaka genannt – bei Ärzten, in der medizinischen Forschung und auch bei Verbrauchern zunehmend an Bedeutung. Die Ursprünge der Naturheilkunde auf Grundlage heimischer Arzneipflanzen gehen auf die mittelalterliche Klostermedizin zurück. In den Klostergärten wurden Pflanzen angebaut, mit denen erkrankte Bewohner der umliegenden Dörfer versorgt wurden. Seit dem 19. Jahrhundert wird, vor allem von deutschen Pharmakologen, intensiv daran geforscht, Wirkstoffe aus den Wurzeln, Blättern, Blüten oder Samen der Arzneipflanzen zu isolieren und zu verfeinern oder gegebenenfalls mittels chemischer Verfahren nachzubilden. Beispielsweise ist der extrahierte Wirkstoff Salicin aus heimischer Weidenrinde Vorbild für das synthetisch gewonnene „Aspirin“. Die überlieferten Rezepturen auf pflanzlicher Basis wurden mit Einzug künstlich hergestellter Medikamente nicht vollständig verdrängt, da sich nicht alle im Labor kopieren oder industriell wirtschaftlich produzieren lassen. Doch die Möglichkeit, Wirkstoffe für Arzneimittel synthetisch und in industriellem Maßstab 31.05.2013 Biobasiertes Wirtschaften ... bezeichnet eine Wirtschaftsweise, die sich an natürlichen Stoffkreisläufen orientiert. Sie nutzt biologische Vorgänge, entwickelt diese weiter, macht sie leistungsfähiger und deren Nutzung damit effizienter und nachhaltiger. Die biobasierte Wirtschaft, auch Bioökonomie genannt, umfasst alle Wirtschaftssektoren und ihre zugehörigen Dienstleistungsbereiche, die biogene Ressourcen – wie Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen und deren Produkte – erzeugen, be- und verarbeiten, nutzen oder damit handeln. Sie trägt dazu bei, Herausforderungen wie Ernährungssicherung, Klimaschutz, Erhalt der Biodiversität und den schrittweisen Ersatz knapper werdender fossiler Rohstoffe durch nachwachsende Ressourcen zu bewältigen. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstützt Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsaktivitäten für eine nachhaltige biobasierte Wirtschaft. Das Ziel ist klar: „Neue Produkte: aus Natur gemacht“. Welche Alternativen es zu den fossilen Rohstoffen Erdöl, Erdgas oder Kohle gibt und welche Bedeutung die biobasierte Wirtschaft hat, zeigt der Film „Neue Produkte: Aus Natur gemacht“ www.aus-natur-gemacht.de Seite 2 von 6 THEMENDIENST BIOBASIERTE WIRTSCHAFT / AUSGABE 4 VOM 31.05.2013 herzustellen, hat in Deutschland dazu geführt, dass der Anbau von Arzneipflanzen lange Zeit eine untergeordnete Rolle spielte. Zwischenzeitlich rückte die Biotechnologie mehr in den Fokus. Penicillin war eines der ersten mikrobiologisch hergestellten medizinischen Produkte. Angesichts der zunehmenden Zahl resistenter Keime suchen Biotechnologen heute zum Beispiel in den Tiefen der Ozeane und Höhen Nepals und Tibets, im Amazonas und in Wüsten nach neuen Pilz- und Bakterienstämmen – in der Hoffnung, unter Zehntausenden von Proben fündig zu werden. Renaissance der Arzneipflanzen Ein gestiegenes Umweltbewusstsein und der allgemeine gesellschaftliche Trend zur Rückbesinnung auf natürliche Produkte sowie die Erkenntnis, dass die Natur ein großes, bisher ungenutztes Potenzial an Wirkstoffen bietet, haben zu einer größeren Nachfrage nach Arzneipflanzen aus heimischer Produktion geführt. Die rein pflanzlichen Phytopharmaka müssen, um als apothekenpflichtiges Medikament in den Handel zu gelangen, wie ihre synthetischen Pendants wissenschaftliche Prüfungen durchlaufen und sich in klinischen Tests vor dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bewähren. Das schafft Vertrauen. Gerade wenn Gelenke schmerzen, der Schnupfen nicht aufhört oder wenn sie sich abgeschlagen fühlen, greifen Verbraucherinnen und Verbraucher zu pflanzlichen Medikamenten. Die positive Einstellung zu pflanzlichen Medikamenten spiegelt sich in den Marktzahlen wider: Pflanzliche Arzneimittel erzielten im Jahr 2011 in Deutschland ein Absatzvolumen von mehr als einer Milliarde Euro. Deutschland ist damit mit Abstand der wichtigste Markt in Europa. Das ist leider nur zu einem kleinen Teil auf die hiesigen Ernteerträge zurückzuführen: 90 Prozent der verarbeiteten Arzneipflanzen werden importiert. Auf deutschem Boden werden etwa 75 Arten auf rund 13.000 Hektar unter streng kontrollierten Maßgaben angebaut, wobei 24 Arten über 90 Prozent der Gesamtfläche ausmachen. Die bedeutsamsten Anbauregionen sind in Thüringen, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Dort wachsen die wichtigsten Arzneipflanzen wie Kamille und Lein, gefolgt von Pfefferminze, Sanddorn, Fenchel, Mariendistel und Johanniskraut. Ausbau auf 20.000 Hektar Da Arzneipflanzenerzeugnisse „made in Germany“ auch weltweit gefragt sind, unterstützt die Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Erzeuger über den „Aktionsplan zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe“ dabei, die Anbauflächen bis zum Jahr 2020 auf 20.000 Hektar auszuweiten. Dazu werden aktuell mehrere innovative Forschungsprojekte gefördert, die unter anderem die Agrobiodiversität sichern und Wege aufzeigen sollen, wie die gesamte Wertschöpfungskette vom Arzneipflanzen-Züchter über den Verarbeiter bis zum Hersteller von Phytopharmaka optimiert werden kann. Was zeichnet Arzneipflanzen aus? Arzneipflanzen enthalten in einem oder in mehreren ihrer Organe, also in Wurzeln, Blättern, Blüten oder Samen, Substanzen, die für therapeutische Zwecke oder als Vorstufen für pharmazeutisch-chemische Halbsynthesen verwendet werden. THEMENDIENST BIOBASIERTE WIRTSCHAFT / AUSGABE 4 VOM 31.05.2013 Kapuzinerkresse ist Arzneipflanze des Jahres 2013 Ihren Namen verdankt sie der Form ihrer Blüten, die mit einem Sporn in der Mitte an die Kapuze einer Mönchskutte erinnert. Ihre leuchtend gelb-orangen bis roten Blütenblätter zieren vielen Gärten: Ihre Inhaltsstoffe sind medizinisch wirksam, und im Jahr 2013 wurde die Kapuzinerkresse als Arzneipflanze des Jahres ausgezeichnet. Den Inhaltsstoffen der Kapuzinerkresse wird eine antibiotische Wirkung zugeschrieben. Dafür sind ihre Glucosinolate von Bedeutung. Diese sind auch für ihren scharfen Geschmack verantwortlich und werden im Körper durch Enzyme in Senföle umgewandelt, die eine Vermehrung von verschiedenen Bakterien, Viren und Pilzen hemmen können. Zudem weisen diese Öle einen durchblutungsfördernden Effekt auf. Studien* zeigen, dass der Einsatz von Präparaten mit Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel bei Atem- und Harnwegserkrankungen ebenso wirksam sein kann wie StandardTherapien mit Antibiotika. Seit 1999 kürt der „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Universität Würzburg die Arzneipflanze des Jahres. * z. B. Albrecht U. et al.: Eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie eines pflanzlichen Arzneimittels mit Kapuzinerkressenkraut und Meerrettich bei akuter Sinusitis, akuter Bronchitis und akuter Blasenentzündung bei Kindern im Vergleich zu anderen Antibiotika. Arzneim.-Forsch./Drug Res. 57, No. 4, S. 238-246 (2007) Seite 3 von 6 Neue Hautpflegeprodukte aus Pflanzen Arzneipflanzen machen nicht nur der Schulmedizin Konkurrenz, sondern beleben auch das Geschäft mit Naturkosmetik. In einem Verbundprojekt soll nun erstmals aus Blättern des Sanddorns eine Hautcreme gegen Alterung kreiert werden. „Bislang werden nur die Früchte und Kerne der Sanddornbeere verwendet. Die Blätter landen nach der Ernte stets auf dem Kompost“, sagt Silvia Hinrichs, Geschäftsführerin der Sanddorn Storchennest GmbH. Ihr Unternehmen ist in Deutschland mit rund 100 Hektar größter Anbauer der gelb-roten Beere. Jährlich werfen die Plantagen 70 bis 100 Tonnen Beeren ab. Daraus entstehen Brotaufstriche, Säfte, Tee, Senf, Gummibärchen, Weine oder Liköre. „Derzeit kann die Nachfrage nach Sanddorn durch einheimische Produktion nicht vollständig gedeckt werden“, berichtet Hinrichs. Die Abnehmer stünden Schlange, da die Beeren aus kontrolliertem Anbau auch international begehrt seien. Dr. Thomas Mörsel von der brandenburgischen Untersuchungs-, Beratungs-, Forschungslaboratorium GmbH interessiert sich weniger für die Früchte, sondern vielmehr für die Blätter des Baumes. Mörsel koordiniert das vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderte Forschungsprojekt, das die Wirkstoffe der Blätter für Cremes nutzbar machen will. Den Chemiker interessieren die sekundären, auch Phytamine genannten Inhaltsstoffe der Sanddornblätter. „Jede Pflanze, jeder Baum hat im Laufe der Evolution lebenserhaltende Schutz- und Abwehrstoffe entwickelt, um sich gegen Bakterien, Pilze oder Fressfeinde zu schützen oder schädliche UV-Strahlen abzublocken“, erklärt Seite 4 von 6 THEMENDIENST BIOBASIERTE WIRTSCHAFT / AUSGABE 4 VOM 31.05.2013 Mörsel. „Solche suchen wir gezielt.“ Er spricht konkret von Stoffen wie Flavonoiden, Ellagtaninen und Carotinoiden, die in den Blättern des Sanddorns zu finden sind und entzündungshemmende wie auch antimikrobielle Eigenschaften besitzen. Vom Blatt zum Produkt Seit anderthalb Jahren forschen und testen die Projektbeteiligten, wie aus den Sanddornblättern ein heilendes Naturkosmetikprodukt werden kann. Von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt ist es ein langer Weg, bei dem es auf Feinheiten ankommt. „Ob die Beere am Wegesrand wächst oder an der Küste, ob sie in einem sonnigen oder einem verregneten Sommer gedeiht, ob sie im Juni geerntet wird oder Ende September, kann schon das Wirkstoffpotenzial der Blätter beträchtlich beeinflussen“, sagt Mörsel. Die Wirkstoffe findet er in manchen Blättern in einem Gehalt von zwei Prozent, in anderen von acht Prozent. Silvia Hinrichs führt daher genau Buch, um den geeigneten Strauch zu identifizieren. Erntemaschine gesucht Noch gibt es jedoch einige offene Punkte. Silvia Hinrichs bereitet vor allem die bevorstehende Ernte Kopfzerbrechen. Derzeit tüftelt sie mit ihren Mitarbeitern an einer brauchbaren Erntemethode. Bislang werden die Sträucher per Hand abgeschnittenen, schockgefrostet und maschinell gerüttelt, die Blätter landen dabei lieblos auf dem Boden. „Gelingt es, Beeren und Blätter in ausreichender Qualität zu ernten, werden wir Landwirten, die Sanddorn anbauen, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer höheren Wertschöpfung pro Hektar verhelfen können“, stellt Hinrichs vorsichtig in Aussicht. Thomas Mörsel ergänzt: „Wenn alles klappt, können wir unsere Ergebnisse auch auf andere Pflanzenarten übertragen.“ Die Büffelbeere, eine amerikanische Verwandte des Sanddorns, würde er sich dann als nächstes vornehmen. Ein neuer Wirkstoff gegen Tumorzellen – gefunden im Brokkoli Prof. Dr. Ingrid Herr arbeitet als experimentelle Onkologin in der Grundlagenforschung zu Krebstherapien am Universitätsklinikum Heidelberg und dem Deutschen Krebsforschungszentrum. Für ihre Studien zur Wirkung von Brokkoli-Inhaltsstoffen wurde sie 2012 mit dem SebastianKneipp-Preis ausgezeichnet. Im Labor von Thomas Mörsel wird daran gearbeitet, die wertvollen Wirkstoffe aus den Blättern herauszuholen, die später im Endprodukt enthalten sein sollen. Aus diesen Extrakten wird vom niedersächsischen Kosmetikhersteller Logocos AG dann eine Lotion oder Creme angerührt und die Verträglichkeit klinisch getestet. Dabei werden keine synthetischen Farb-, Duft- und Konservierungsstoffe wie Paraffine oder Silikone mit verarbeitet. Das Kompetenzzentrum Skintegral an der Universitätsklinik Freiburg untersucht abschließend die dermatologische Wirksamkeit der Produkte. Prof. Dr. Ingrid Herr Frau Prof. Herr, was machen Sie als experimentelle Onkologin in Ihrer täglichen Arbeit? Ein großer Teil meiner Arbeit besteht darin, die aktuellen Entwicklungen in der Forschung zu verfolgen und eigene Ideen für Forschungsprojekte zu entwickeln. Vielversprechende Ideen zu bestimmten Substanzen THEMENDIENST BIOBASIERTE WIRTSCHAFT / AUSGABE 4 VOM 31.05.2013 und ihrer erwarteten Wirkung auf den Krebs setze ich dann mit meinem Team aus Biologen und Medizinern zunächst in der Petrischale um. Im Erfolgsfall, also einer Wirkung auf das Wachstum oder die Metastasierung der Tumore, folgen in-vivo-Tests mit befruchteten Hühnereiern. Und wenn auch das erfolgreich war, werden Tests an Mäusen durchgeführt. Im vergangenen Jahr haben Sie den Sebastian-Kneipp-Preis für Ihre Forschung erhalten. Was war Ihre Entdeckung? Wir haben als erstes Forschungsteam entdeckt, dass ein Inhaltsstoff im Brokkoli – Sulforaphan – gegen Tumor-Stammzellen wirkt. Dazu muss man wissen, dass bei herkömmlichen Chemotherapien die für Tumor-Wachstum und Metastasierung verantwortlichen Stammzellen meistens überleben und der Krebs so immer wieder zurückkehren kann. 2007 las ich dann von einer epidemiologischen Studie, bei der Männer mit Prostatakarzinom ein um die Hälfte verringertes Risiko für Metastasen hatten, wenn sie viel Blumenkohl oder Brokkoli aßen. So kamen wir auf die Idee, das therapeutisch wirksame Senföl aus diesem Gemüse auf seine Wirkung hin zu untersuchen. Und tatsächlich: Unsere Tests zeigten, dass die Substanz Tumorstammzellen beseitigte und Metastasen verhinderte und zwar besonders effektiv in Verbindung mit einer Chemotherapie. Die Substanz greift einen übergeordneten Entzündungsfaktor an und hemmt so spezielle Eigenschaften der Tumor-Stammzellen, nämlich ihre Fähigkeit zur Selbsterneuerung und Resistenz gegen den programmierten Zelltod. Bei welchen Krebsarten kann Gemüse die Prognose für Patienten verbessern? Wir haben bei den Analysen mit dem sehr aggressiven Bauchspeicheldrüsenkrebs angefangen. Patienten mit diesem Befund haben eine sehr schlechte Prognose, weil zum Zeitpunkt der Diagnose meistens schon Metastasen vorhanden sind. In der Zwischenzeit werden unsere Daten auch von anderen Forschern auf der ganzen Welt bestätigt. Offenbar hat Sulforaphan auch eine positive Wirkung bei Prostatakrebs und Brustkrebs. Sicher wird es auch noch weitere experimentelle Studien mit anderen Tumor-Arten geben. Wir haben wahrscheinlich einen generellen Mechanismus gefunden. Seite 5 von 6 Sollten Krebspatienten jetzt mehr Brokkoli essen? Oder wirkt das Gemüse auch bei gesunden Menschen? Senföl-Glukoside mit einer therapeutischen Wirksamkeit kommen in der gesamten Kreuzblütler-Familie vor: in Blumenkohl und Brokkoli, Rucola und Kresse, Senf, in der gesamten Kohl-Familie, aber auch in Rettich, Radieschen, Meerrettich und vielem mehr. Deshalb ist es ratsam, viel aus dieser Gemüse-Familie zu essen. Epidemiologische Studien haben bereits herausgefunden, dass der regelmäßige Verzehr von Kohlgemüse vor bestimmten Krebserkrankungen schützen kann. Es gibt offenbar also auch eine vorbeugende Wirkung. Unbekannt ist bislang, welche therapeutischen Dosen bei Menschen notwendig sind. Es kann aber bestimmt nicht schaden, häufig Gemüse aus der Familie der Kreuzblütler zu essen. Besonders viel Sulforaphan – nämlich 20 bis 100 Mal soviel wie ausgewachsene Pflanzen – enthalten Sprossen von Brokkoli. Die kann man sich selbst auf der heimischen Fensterbank ziehen, außerdem passen sie gut zum Salat oder aufs Butterbrot. Liegt die Zukunft der Krebsvorsorge also im Gemüse? Es gibt auf jeden Fall eine deutliche Tendenz. Denn auch andere Inhaltsstoffe sind interessant für die Krebsforschung. Wir haben beispielsweise auch eine positive Wirksamkeit des Polyphenols Quercetin gefunden, das im Brokkoli, aber auch in Zwiebeln, Äpfeln, Beeren und vielen weiteren Obst- und Gemüsesorten vorkommt. Andere Forschergruppen fanden solche Substanzen z. B. in grünem Tee oder im Curcuma-Gewürz. Wie geht Ihre Arbeit weiter? Unsere experimentelle Forschung zum Sulforaphan wird demnächst in einer einjährigen Pilotstudie mit 40 Patienten in Verbindung mit einer Chemotherapie in Bezug auf Tumorwachstum und Lebensqualität getestet. Wenn das erfolgreich ist, soll eine größer angelegte Studie folgen. Parallel forschen wir im Labor aber schon mit weiteren bioaktiven Stoffen aus Gemüsepflanzen. Seite 6 von 6 THEMENDIENST BIOBASIERTE WIRTSCHAFT / AUSGABE 4 VOM 31.05.2013 Die Zahl des Monats: 440 Impressum In Deutschland sind rund 440 heimische Arzneipflanzen bekannt. Ca. 75 Arten werden in Deutschland erwerbsmäßig angebaut. Der Anbau von Arzneipflanzen hat eine lange Tradition. In Deutschland findet er bevorzugt in den Bundesländern Thüringen, Bayern, Hessen und Niedersachsen statt: Gemeinsam decken diese Länder über 70 Prozent des heimischen Arzneipflanzenanbaus ab. Den größten Anteil an der Gesamtanbaumenge hat die Kamille, gefolgt von Lein, Mariendistel, Pfefferminze, Sanddorn, Fenchel, Johanniskraut und dem Wolligen Fingerhut. Herausgeber Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) Referat L1 Presse Wilhelmstraße 54 10117 Berlin Telefon: +49 (0) 30 18 529-3174 /-3208 Telefax: +49 (0) 30 18 529-3179 E-Mail: [email protected] Internet: www.bmelv.de Auch die Bedeutung ursprünglich in China beheimateter Heilpflanzen, wie zum Beispiel der Chinesische Engelwurz, nimmt in Deutschland zu. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz setzt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft ihre seit 2004 laufenden Arbeiten zum Anbau von asiatischen Heilpflanzen unter mitteleuropäischen Boden- und Klimabedingungen bis Ende 2013 fort. Gelingt es, die Anbaupotenziale für diese Arzneipflanzen zu erschließen, bietet sich der deutschen Landwirtschaft ein neuer Einkommensbereich mit hoher Wertschöpfung und für die deutsche Pharmaindustrie eine größere Unabhängigkeit von Importen. KAMEL: für mehr Arzneipflanzen in Deutschland Damit künftig wieder mehr Arzneipflanzen in hoher Qualität und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland angebaut werden, fördert das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz das Demonstrationsprojekt „KAMEL“ (aus „Kamille“ und „Melisse“). Forschergruppen und Unternehmen testen dabei Fortschritte beim Anbau der Arzneipflanzen Kamille, Melisse und Baldrian. Es geht um züchterische Optimierung, verbesserte Trocknung, Sä- und Erntetechniken. Bildnachweise Seite 2: Shutterstock Seite 3: Shutterstock, Sanddorn Storchennest GmbH Seite 4: Shutterstock, Universitätsklinikum Heidelberg Redaktion und Gestaltung familie redlich Agentur für Marken und Kommunikation GmbH Saarbrücker Straße 37 10405 Berlin Telefon: +49 (0) 30 818 77 70 Telefax: +49 (0) 30 818 77 7-25 E-Mail: [email protected] Internet: www.familie-redlich.de Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.aus-natur-gemacht.de