UWSF_4_03_Low.tif (1 Seite) - Potsdam Institute for Climate Impact

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Beitragsserie
Klimaänderung und Klimaschutz
Beitragsserie: Klimaänderung und Klimaschutz
Hrsg.: Prof. Dr. Detlev Möller, Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus, Lehrstuhl für Luftchemie und Luftreinhaltung,
Volmerstr. 13, D-12489 Berlin ([email protected]; http://www.luft.tu-cottbus.de)
Klimafolgenforschung
Mögliche Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Gesellschaft
Beitrag 1: Problemstellung und Grundlagen (UWSF 15 (4) 2003)
Beitrag 2: Fallstudien (UWSF 16 (1) 2004)
Manfred Stock
Dr. Manfred Stock, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Postfach 601203, D-14412 Potsdam ([email protected])
DOI: http://dx.doi.org/10.1065/uwsf2003.10.067
Abstract
Zusammenfassung
Climate Impact Research: Impacts of Climate Change
on the Society
Die Klimafolgenforschung verknüpft eine Vielzahl von Disziplinen aus Natur- und Gesellschaftswissenschaften, verwendet deren Methoden sowie insbesondere solche, die fachübergreifend
sind, wie Computersimulationen. Es ergeben sich daraus neue
Erkenntnisse zu den klimarelevanten Wechselwirkungen im Erdsystem unter Beteiligung des Menschen. Darüber hinaus zeigen
die Ergebnisse, wie gefährlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft begegnet werden kann. Dabei geht es nicht um Prognosen, sondern um Indikatoren zur Wahrnehmung kritischer Bereiche, wo bestehende Verwundbarkeiten gegenüber Klimaänderungen durch Verringerung von Belastungen und Wahrnehmung
von Anpassungspotenzialen reduziert werden können. Beispiele
dazu sind u.a. die bereits diskutierten Notwendigkeiten zum Umbau des Energiesystems und zur Verbesserung des globalen Problems der Wasserversorgung.
Schlagwörter: Energiesystem; Erdsystemanalyse; Globaler Wan-
del; Integrierte Modellierung; Klima; Klimaänderung; Klimafolgenforschung; Klimaszenarien; Klimavariabilität; Klimawandel; Leitplankenansatz; Nichtlineare Dynamik; Treibhausgasemissionen; Wasserproblematik
1
1.1
Klimaänderungen: Wirkungen, Folgen und Optionen
Interdisziplinäre Positionierung der Klimafolgenforschung
Die Klimafolgenforschung ist ein relativ junger Zweig der
Forschungslandschaft. Als das 1988 gegründete 'Intergovernmental Panel on Climate Change' seinen ersten Bericht zum
Stand des Wissens beim Klimawandel vorlegte (IPCC 1990),
erschien das mögliche Ausmaß einer Veränderung des Erdklimas durch anthropogen freigesetzte Treibhausgase wahrscheinlich bedrohlich genug, um konkret nach möglichen
Folgen dieser Veränderung zu fragen. Dies brachte ein weltweit bestehendes Defizit zu Tage: Nur punktuell gab es naturwissenschaftliche Ergebnisse zu Veränderungen bei Ökosystemen, z.B. zum Einfluss erhöhter CO2 Konzentrationen auf
das Pflanzenwachstum (Kimball 1983) oder von Klimaänderungen auf terrestrische Ökosysteme (Emanuel 1985) und
die Landwirtschaft (Parry 1989). Zu einer umfassenderen
und vergleichenden Abschätzung möglicher Auswirkungen
auf die menschliche Zivilisation fehlten Methoden, Daten
Climate Impact Research combines a number of scientific disciplines from natural as well as from economic and social sciences. Integrating methods are developed and used in addition
to the various disciplinary ones. New results are produced about
climate relevant interactions within an Earth system, which includes human societies. These results point out how to cope
with possible negative impacts on societies. That's not a question of prediction but of perception. It is a question of indicators to perceive critical issues, i.e. vulnerabilities, and to perceive the adaptive capacities of societies to reduce the burdens
and hence vulnerabilities in respect to critical impacts of climate change. Examples of how to cope with negative impacts
on societies concern the necessity of the conversion of energy
systems as well as the improvement of the global water supply.
Keywords: Climate change; climate impact research; climate
scenarios; climate variability; climate; earth-system analysis;
energy systems; global change; greenhouse-gas emissions; integrated modeling; non-linear dynamics; tolerable window's approach; water supply, problems
und Forschungseinrichtungen. Seitdem hat sich einiges getan. Es gibt inzwischen eine Vielzahl an Beobachtungen zu
Auswirkungen der laufenden Klimaänderung sowie signifikante Indizien dafür, dass der Mensch inzwischen einen
wesentlichen Anteil daran hat (Claussen 2003). Dies bedeutet eine neue Qualität gegenüber den früheren Klimaänderungen der Erdgeschichte, man spricht vom Klimawandel als
Teil des 'Globalen Wandels' (WBGU 1995). Zur Frage möglicher zukünftiger Auswirkungen gibt es inzwischen einige
orientierende Aussagen, das Gesamtbild ist aber immer noch
lückenhaft. Ein Problem der Klimafolgenforschung ist, dass
die in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen erforschten Prozesse stark miteinander gekoppelt sind, die Disziplinen hingegen kaum.
In der Praxis ist interdisziplinäre Zusammenarbeit nach disziplinär orientierten Arbeitseinheiten organisiert, die selbständig erarbeitete Ergebnisse und Daten untereinander austauschen. Um die Passfähigkeit der Daten im Rahmen der
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 251 – 261 (2003)
© ecomed verlagsges. AG & Co. KG, D-86899 Landsberg und Ft. Worth/TX • Tokyo • Mumbai • Seoul • Melborune • Paris
251
Klimaänderung und Klimaschutz
Abb. 1: Bestandteile und Wechselwirkungsprozesse im Erdsystem mit
Klimasystem und Gesellschaft
gemeinsam bearbeiteten Fragestellung und damit die wissenschaftliche Seriosität des Gesamtergebnisses sicherzustellen, ist eine Festlegung auf ein gemeinsames Bezugssystem
nötig, in dem für jedes Arbeitsgebiet Position und Wechselwirkung mit anderen definiert ist. In der Klimafolgenforschung ist der Bezug das Klimasystem mit Verknüpfungen zur
Gesellschaft, wie sie für die jeweils untersuchte Frage relevant sind. Abb. 1 zeigt solche Verknüpfungen über Stoff-,
Impuls- und Energieflüsse. Das Klimasystem mit seinen Subsystemen (Atmosphäre, Ozean, Eisflächen, Ökosysteme und
Umweltressourcen) deckt sich weitgehend bis einige Kilometer unter der Erdoberfläche mit dem System Erde. Die
Erforschung dieses Systems erfordert in erster Linie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der Naturwissenschaften.
Bei der Frage der anthropogenen Ursachen von Klimaänderungen, wie Treibhausgasemissionen oder Landnutzung, und
erst recht bei der Frage möglicher Auswirkungen erweitert
sich das Erdsystem um zivilisatorische Komponenten, und
so sind auch wirtschafts- und sozialwissenschaftliche (sozioökonomische) Disziplinen und ihre Methoden unabdingbar.
Bereits in den Anfängen der Klimafolgenforschung wurde deutlich, dass ein interdisziplinäres Arbeiten an einer gemeinsamen Fragestellung, indem eine Disziplin mit den von einer
anderen erzielten Ergebnissen sequenziell weiterarbeitet, der
Realität komplexer Systeme nur bedingt gerecht werden kann.
Aus der Analyse der Wechselwirkungen im Erdsystem ergeben sich Notwendigkeit und Form neuer transdisziplinärer
Methoden zur Überwindung bestehender kommunikativer
Barrieren und methodischer Inkompatibilitäten.
1.2
Klimafolgen als Ergebnis von Wechselwirkungen im
komplexen Erdsystem
Einen Zugang zur Analyse des Erdsystems ermöglicht die
(disziplingerechte) Aufteilung in Teilsysteme, wie Ökosysteme, Gesellschaftssysteme, Märkte oder das Klimasystem. Zu
erfassen sind die in den Teilsystemen ablaufenden Prozesse,
sowie die zwischen ihnen stattfindenden Austauschprozesse
von Energie, Waren, Stoffen und Informationen. Die Systeme verändern sich infolge dieser Austauschprozesse selbst
wieder. Diese Wechselwirkungen führen zu komplexen Beziehungen zwischen Ursachen und Folgen. Mehrere Ursa-
252
Beitragsserie
Abb. 2: Wechselwirkungsprozesse im Erdsystem zwischen sozialen Systemen S, Umwelt- und Ökosystemen U und dem Klimasystem K. Während und durch die Wechselwirkung verändert sich das Erdsystem vom
heutigen Zustand (Index 0) mit der Zeit zu einem anderen zukünftigen
Zustand (Index 1)
chen führen mit- und gegeneinander wirkend zu einem Bündel von Folgen, wobei die lineare Beziehung 'aus A folgt B'
verwischt werden kann. Entstandene Folgen werden später
zu Ursachen weiterer Folgen (Henne-Ei-Beziehung), und Wirkungen können direkt auftreten oder indirekt durch die Hintertür als Nebenwirkungen anderer Prozesse.
Abb. 2 skizziert links die gegenwärtigen (Index 0) für die Analyse von Klimafolgen relevanten Wechselwirkungen zwischen
drei Systemen, dem sozioökonomischen System S mit Märkten und Akteuren, dem Klimasystem K und den Umwelt- und
Ökosystemen U. Die Wirkungen eines Systems auf ein anderes sind als Pfeil dargestellt. Es handelt sich um sechs Arten
der Wechselwirkung, die im folgenden charakterisiert werden:
(1) Ressourcennutzung: Umweltressourcen werden vielfältig wirtschaftlich genutzt, z.B. als Trinkwasser, Holz,
Nahrungsmittel, Bodenschätze, Energieträger, Erholungsraum oder Siedlungsgebiet. Die Nutzung kann zu Umweltschäden führen (2). Eine nachhaltige Nutzung soll
irreversible Schädigungen vermeiden.
(2) Nutzungsbedingte Umweltveränderungen: Durch Nutzung bedingte Eingriffe in die Umwelt können Rückwirkungen auf Qualität, Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Ressourcennutzung haben, im Beispiel 'Trinkwasser' also auf Wasserqualität und über dadurch erforderliche Reinigungsmaßnahmen auf Wasserverfügbarkeit und
Preis. Im Zusammenhang mit Klimafolgen spielt ferner der
expansive Flächenverbrauch der Gesellschaft eine Rolle.
(3) Nutzungsbedingte Klimaveränderung: Je nach Intensität und Art der Energienutzung in Wirtschaft und Gesellschaft werden Treibhausgase in die Atmosphäre freigesetzt und ebenso aus Landnutzungsänderungen durch
Rodung oder Trockenlegung sowie aus landwirtschaftlicher Nutzung. Parallel dazu werden die klimatischen
Eigenschaften der Erdoberfläche infolge Landnutzung
verändert (Wirkungskette (2)+(6)). Beides kann das Klima mehr oder weniger stark verändern und dem versucht der Klimaschutz vorzubeugen.
(4) Direkte Klimafolgen für die Gesellschaft: Bereits heute
sind etwa 5 bis 10% des Bruttosozialprodukts der Industrienationen von Wetterschwankungen abhängig. Dies
betrifft eine Vielzahl von Branchen, die damit auch auf
den Klimawandel empfindlich reagieren können; daher
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
Beitragsserie
Klimaänderung und Klimaschutz
beschäftigt sich die Klimafolgenforschung mit diesen
Auswirkungen und ihrer zukünftigen Entwicklung. Die
Wahrnehmungen zur Veränderlichkeit von Klima und
Umwelt können des weiteren auch Verhaltensänderungen
bewirken, z.B. zur Anpassung an unvermeidliche Folgen
bei langfristigen Investitionsentscheidungen und Versicherungsoptionen, oder beim Klimaschutz (3).
(5) Klimafolgen über Umweltveränderungen: Infolge von
Klimaänderungen ändern sich verschiedene Umwelt- und
Lebensbedingungen, zum Beispiel die regionale und saisonale Niederschlagsverteilung und, zusammen mit Landnutzungsänderungen, auch Wasserqualität und -verfügbarkeit. Diese Veränderungen der Umwelt wirken sich
weiter auf die Ressourcennutzung aus (1).
(6) Klimaveränderung durch Umweltveränderungen: Ökosysteme und Wasserressourcen können das lokale und regionale Klima beeinflussen. Umweltveränderungen durch
den Menschen (2) durch Flächeninanspruchnahme und
Bewirtschaftungsmaßnahmen in Ökosystemen verändern
Klimafunktionen der Landschaft. Die Abholzung von Wäldern oder das Austrocknen von Wasserflächen kann z.B.
Wüstenklima nach sich ziehen.
Je nach Art, Intensität und Geschwindigkeit dieser Wechselwirkungen zwischen den Systemen zum heutigen Zeitpunkt
(Index 0) wird die Zukunft der Systeme (Index 1) anders
aussehen, werden Märkte vergehen und neue entstehen (S1),
die Klimaänderung moderat oder drastisch ausfallen (K1)
oder zum Beispiel Wasserressourcen entweder nachhaltig
nutzbar oder frühzeitig verbraucht sein (U1). Die Entwicklung des Gesamtsystems zwischen Gegenwart und Zukunft
lässt sich mit einem gekoppelten nichtlinearen Differentialgleichungssystem allgemein beschreiben:
S1 = s(S0, dU/dt, dK/dt)
U1 = u(U0, dS/dt, dK/dt)
(Gl. 1)
K1 = k(K0, dS/dt, dU/dt)
S, U und K sind Vektoren aus mehreren Variablen. Die konkrete Formulierung der Beziehungen der Variablen in den
Gleichungen ist allerdings größtenteils noch nicht oder kaum
bekannt und Gegenstand der Klimafolgenforschung.
Sowohl die graphisch-verbale, wie auch die mathematische
Beschreibung der Wirkungszusammenhänge zeigt, dass die
Erforschung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf
die Gesellschaft sich nicht auf Wirkungsbeziehungen (4) und
(5)+(1) beschränken kann. Zur Komplexität der Wirkungszusammenhänge gehört ferner die Dynamik, die zeitliche Veränderung der Systeme durch und während der Wirkung. Diese
Dynamik kann gut in naturwissenschaftlichen Modellen abgebildet werden, die Klimaveränderungen mit der Zeit (K0→K1)
oder Umweltveränderungen (U0→U1) simulieren. Vernachlässigt werden dabei aber in der Regel die während der Zeitspanne stattfindenden Wechselwirkungsprozesse der Teilsysteme
untereinander (S-U-K-S). Vereinfacht gesagt wird so beispielsweise der Einfluss der Klimaänderung in 50 Jahren auf die
heutige Gesellschaft untersucht (K1→S0) anstatt auf die dann
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
entstandenen Strukturen (K1→S1). Einige Ökonomische Modelle hingegen erfassen explizit diese Wechselwirkungsprozesse
der Teilsysteme (S-U-K-S) untereinander, da sie Optimierungsstrategien verfolgen. Sie haben dagegen wiederum Probleme, die Dynamik der Systementwicklung über einen Zeitraum
zu erfassen, wie es für Klimaänderungen erforderlich ist. Die
z.T. unterschiedliche Bewertung der Klimaproblematik durch
Klimasystemforscher einerseits und Klimaökonomen andererseits hat hier eine Wurzel. Das Gleichungssystem (1) bringt
beide Gesichtspunkte zwar unter einen Hut, doch die zu seiner Lösung erforderlichen integrierten Systemmodelle sind
noch nicht verfügbar.
1.3
Ziele der Klimafolgenforschung
Die Klimafolgenforschung hat wissenschaftliche und anwendungsnahe Ziele. Die übergeordnete wissenschaftliche
Zielsetzung ist es, die klimarelevanten Wechselwirkungen
im Erdsystem (unter Einschluss des Menschen) und ihre jeweiligen Beiträge zur nichtlinearen Dynamik des Systems zu
verstehen. Aus diesem Verständnis heraus ergeben sich praxisrelevante Aussagen darüber, welche Auswirkungen durch
welche Klimaänderung unter welchen nichtklimatischen
Randbedingungen sich zukünftig ergeben könnten. Es ist
nicht Aufgabe oder Ziel der Klimafolgenforschung, Prognosen abzugeben. Ziel ist es vielmehr, die heute bestehenden Alternativen und Optionen für Entscheidungen oder Handlungen im Lichte der aus ihnen sich möglicherweise ergebenden
Auswirkungen, einschließlich sekundärer Nebenwirkungen, beurteilen zu können. Dies bedeutet, dass die Ermittlung
von Auswirkungen darauf abzielt, diese als erwünscht, unerwünscht oder tolerierbar einstufen zu können. Ziel der anwendungsnahen Klimafolgenforschung ist es demzufolge, Methoden zur Entscheidungsfindung bereit zu stellen, für die
Durchführung oder Unterlassung von Maßnahmen zur:
•
•
•
Vermeidung katastrophaler Klimaänderungen,
Verminderung einschneidender Wirkungsmechanismen und
Anpassung an die unausweichlichen Folgen.
Aufgabe der Klimafolgenforschung ist daher die Bereitstellung von Methoden zur nachhaltigen Steuerung des komplexen Erdsystems (Schellnhuber 1998).
2
Ansätze und Methoden der Klimafolgenforschung
Die Klimafolgenforschung verwendet Daten und Methoden
aus den beteiligten Fachdisziplinen und integriert sie mit Hilfe
übergreifender, verbindender Methoden.
2.1
Integration der Methoden aus wissenschaftlichen
Disziplinen
Inter- bzw. transdisziplinäre Projekte bestehen in der Regel
aus sehr unterschiedlichen Forschungsgruppen, und diese
sind sehr heterogen aus Natur-, Sozial- und auch Nichtwissenschaftlern (Stakeholdern) zusammengesetzt. Entsprechend
vielgestaltig sind die zum Einsatz kommenden Methoden
aus den wissenschaftlichen Fachdisziplinen. Tabelle 1 gibt
hierzu (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) Beispiele, wie
Gruppen von Fachdisziplinen (Zeilen) bestimmten Frage-
253
Beitragsserie
Klimaänderung und Klimaschutz
Tabelle 1: Beteiligung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen an Projekten in der Klimafolgenforschung (exemplarisch). Die Gruppierung in Spalten erfolgt nach den Wechselwirkungen in Abb.2
(1)
Ressourcennutzung
Fachdisziplinen
Klimasystemforschung
Umweltsystemforschung
Sozioökonomische
Forschung
Übergreifende
Wissenschaften
Forstwissenschaft
Weltwirtschaftsmodelle
(2)
(3)
Umweltveränderung Klimaveränderung
infolge Ressourceninfolge
nutzung
Ressourcennutzung
Klimasystemmodellierung
Waldschadensforschung,
Biodiversitätsforschung
Umweltschutzpolitik,
Klimapolitik,
Rechtswissenschaft
Klimaökonomie
Bei der Integration der verschiedenen Beiträge in einem interdisziplinären Verbundprojekt sind unter anderem folgende Probleme zu lösen (Bronstert 1997):
•
•
•
•
•
Die verschiedenen Disziplinen oder Sektoren brauchen zur Abgrenzung und Verknüpfung der Arbeiten sowie zum Austausch
von Daten und Ergebnissen gemeinsame Definitionen und eine
gemeinsame Sprache.
Unterschiedliche räumliche, zeitliche und funktionale Aggregationsebenen müssen aufeinander skalenbezogen abgestimmt (skaliert)
werden.
Unterschiedliche Niveaus der Analyse müssen über Makrovariable
und Indikatoren aufeinander bezogen werden.
Unsicherheiten und Unterschiede erfordern eine Diskussion von
Randbedingungen, Fehlerausbreitung und Wahrscheinlichkeiten
kombinierter Aussagen.
Unterschiedliche normative Aspekte und Wertungen müssen klar
von den wissenschaftlichen Fragestellungen abgegrenzt werden
und beispielsweise in Gestalt von Schwell- oder Grenzwerten darauf Bezug nehmen.
Der Anwendungsbezug erfordert eine flexible interaktive Variation von Annahmen und Szenarien, um die Sensitivität von Ergebnissen bei der Diskussion der Implikation mit Entscheidungsträgern
sichtbar zu machen.
Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass in inter- bzw. transdisziplinären Projekten Ziele, Kommunikationsstrukturen und
Interessen der Beteiligten sehr verschieden sind und sie unterschiedliche Anforderungen an das Projektmanagement stellen. Gleichwohl bleibt dieser Management-Prozess in der Regel unreflektiert, und es fehlt an Methoden der Projektbegleitung. Hier kann eine gezielte umweltpsychologische Mediation Instrumente zur Steuerung von Forschergruppen und
Forschungsprozessen bereit stellen und so das Projektziel gefährdende Reibungsverluste vermeiden. Ein Beispiel ist das
Verbundforschungsprojekt GRANO, in dem Konzepte entwickelt und erprobt werden, die zu einer dauerhaft-umweltgerechten, also nachhaltigen Nutzung von Agrarlandschaften
in ausgewählten Regionen Nordostdeutschlands beitragen
sollen (Aenis 1999).
254
Humanbiometeorologie
(5)
Indirekte
Klimafolgen über
Umweltveränderung
Agrarklimatologie
Ökosystemmodellierung,
Hydrologie,
Limnologie
Geschichtsforschung, Umweltökonome
(6)
Klimaveränderung
durch
Umweltveränderungen
Klimasystemmodellierung
Geologie,
Archäologie,
Paläontologie
Kultursoziologie,
Gesundheitssystemforschung
Informatik, Informations- und Computerwissenschaften,
Integrierte System-Analyse, Erdsystemanalyse, Geographie, Nichtlineare Dynamik,
Mathematik, Statistik, Spieltheorie, Steuerungstheorie, Umweltpsychologie
stellungen (Spalten) in einem Verbundprojekt oder Forschungsprogramm zur Klimafolgenforschung zugeordnet werden
können. Besondere Bedeutung in der transdisziplinären Struktur haben übergreifende wissenschaftliche Ansätze und Methoden zur Verknüpfung der Einzelbereiche, wie z.B. die Informatik (siehe 2.3) oder die Umweltpsychologie.
•
(4)
Direkte
Klimafolgen für
die Gesellschaft
2.2
Daten: Erhebung, Validierung und Anwendung
Der Umgang mit Daten, als Ausgangsinformation, als Zwischen- oder Endergebnis von Abschätzungen möglicher Auswirkungen mit verschiedenen Methoden und Modellen, ist
wesentlicher Bestandteil der Klimafolgenforschung. Die
Daten können quantitativer oder qualitativer Natur sein, sind
sequentiell zeitlich geordnet oder räumlich als Teil eines
Graphischen Informations-Systems (GIS) und ergeben Datensysteme hoher Inhomogenität. Die Datenbestände werden
an verschiedenen Orten in Datenbanken verwaltet, und zentrale Metadatenbanksysteme eröffnen den Zugang dazu,
beispielsweise CERA-2 (Climate and Environmental Data
Retrieval and Archive System, http://pik-potsdam.de/cera).
Nützlich bei der Modellentwicklung und zur Validierung sind
paläologische, historische und aktuelle Datenquellen. Veränderungen der Temperatur lassen sich für die vergangenen
200 bis 300 Jahre anhand von instrumentellen Messreihen,
für die vergangenen 1000 Jahre anhand von Aufzeichnungen in Chroniken nachweisen. Wesentlich weiter zurück in
die Vergangenheit reichen Temperaturdaten aus 'Archiven
der Natur', wie Eisbohrkerne, Baumringe oder Seesedimente.
Abb. 3 zeigt eine Datenanalyse von Klimaschwankungen der
letzten 850.000 Jahre aus solchen Archiven (Sassin 1988).
Die untere Kurve markiert die Schwelle, ab der Klimafolgen
Abb. 3: Geschwindigkeit (Y-Achse) und Stärke (X-Achse) von Klimaschwankungen in den vergangenen 850.000 Jahren auf der Nordhalbkugel (Sassin
1988). Steigende und fallende Temperaturwerte (langjährige Mittel) markieren den Übergang von unkritisch, kritisch und gefährlich für Ökosysteme
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
Beitragsserie
Klimaänderung und Klimaschutz
bauverband). Im Bordeaux hat sich zwischen den Jahren
1960 und 2000 die Produktionsmenge roter AOC Weine
versechsfacht (Jones 2000). In den genannten Fällen spielt
das Klima nur eine, wenn auch gewichtige, Rolle neben anderen, ökonomischen Faktoren. Enger mit dem Klima verknüpfte Indikatoren sind die Zeitpunkte für Austrieb, Blüte,
Reife- und Erntebeginn. Für diese Daten wird in den Weinbaugebieten über die letzten Jahrzehnte ein durchgängiger
Trend zur Verfrühung beobachtet. Abb. 4 zeigt dazu das
Beispiel einer langjährigen Reihe des Rieslings-Erntebeginns
auf der Domäne Schloss Johannisberg (Rheingau) in den
Jahren 1784 bis 2000 (Staab 2001).
Abb. 4: Variation des Erntebeginns beim Riesling von Schloss Johannisberg (Rheingau) in den Jahren 1784 bis 2000 (graue Punkte). Die Linie
zeigt das gleitende Dekadenmittel (Stock 2003)
in Ökosystemen feststellbar sind, die obere die Grenze, bis
zu der Ökosysteme die Klimaänderungen noch überstanden
haben. Oberhalb dieser Grenze liegt eine Gefahrenzone, in
der offen ist, wie sich Ökosysteme verhalten werden. Schnelle
Klimaänderungen sind schon bei relativ geringer Temperaturerhöhung kritischer als allmähliche Änderungen.
Schwieriger als bei der Temperatur ist die Erfassung der
Niederschlagsentwicklung, und kaum erforscht ist schließlich
die Frage, ob und wie sich mit dem Klima die Häufigkeit
von Naturkatastrophen verändert hat. Aus historischen Archiven lassen sich zwei verschiedene Typen von Daten gewinnen, zum einen Schilderungen von Anomalien und Naturkatastrophen seit dem Mittelalter. Zum anderen findet
man Aufzeichnungen der täglichen Witterung seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert. Einer der Pioniere war der Abt
Kilian Leib, Prior des Klosters Rebdorf bei Eichstätt, Bayern, der vom April 1513 bis zum 31. Dezember 1531 das
tägliche Wetter nahezu lückenlos festhielt. Er wertete seine
Aufzeichnungen aus, um den Auswirkungen der Witterung
auf Ernten und Preise nachzuspüren (Pfister 1999). Der klimatische Übergang vom sogenannten Klimaoptimum im
Mittelalter zur Kleinen Eiszeit (1550–1850) ist durch eine
Häufung von Wetteranomalien und eine große Variabilität
gekennzeichnet. In den Aufzeichnungen finden sich Schilderungen sowohl von extremen Trockenperioden als auch von
nasskalten Jahren und Flutkatastrophen.
Ergiebig sind Aufzeichnungen aus dem Weinbau, der hinsichtlich geografischer Ausdehnung der Anbaufläche, Phänologie, Qualität und Ertrag ein aufschlussreicher Klimaindikator ist. Im sogenannten Klimaoptimum des Mittelalters
erstreckte sich der Weinbau in Deutschland sehr viel weiter
nördlich als heute, so z.B. bis zum Zisterzienserkloster Bad
Doberan an der Ostseeküste. Auch in England war der Weinbau damals weit verbreitet und erlebt heute eine Renaissance. Beobachtet wurde, dass sich in den letzten fünfzehn
Jahren die Anbaufläche in Südengland auf 250% erhöht hat
(Palutikof 2000). Auch die Zunahme der Rotweinproduktion
in verschiedenen Anbaugebieten kann als Indikator angesehen werden. In Deutschland verdreifachte sich der Anteil
der Rotweinsorten auf den Anbauflächen gegenüber Weißwein in den letzten zwanzig Jahren (Quelle: Deutscher Wein-
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
2.3
Integrierte Computermodelle und Simulation nachhaltiger
Energienutzung
Wie die Klimaforschung arbeitet auch die Klimafolgenforschung mit Modellen, die es ermöglichen, den aktuellen Stand
des Wissens, neue Hypothesen oder den Einfluss verschiedener gekoppelter Parameter auf das Resultat in Computersimulationen im Vergleich zu Beobachtungsdaten zu untersuchen.
Mit Hilfe derartiger validierter Modelle lassen sich zukünftige
Entwicklungen von Klimaänderungen und ihrer Auswirkungen abschätzen. Die Komplexität der zu untersuchenden Fragestellungen erfordert den Einsatz integrierter Modelle, die
aus verschiedenen Teilen (ähnlich wie in Abb. 1) zusammengesetzt werden. Dazu gehören folgende Schritte:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Formulierung einer wissenschaftlichen Fragestellung, Identifikation von Kriterien zur Evaluierung der Resultate und Aufteilung in
geeignete überschaubare Arbeitspakete (Module),
Erfassung der wesentlichen Prozessparameter und ihrer Beziehungen (Erhaltungssätze, Stoffparameter u.a.), der Eingangsdaten mit Annahmen und Unsicherheiten (Szenarien) und Schnittstellen zwischen den Modulen,
Modulweise Beschreibung der Prozesse in Form mathematischer
Modelle mit Differential- und Integralgleichungen oder regelbasierten qualitativen (Fuzzy) Beziehungen,
Diskretisierung und Auswahl geeigneter Algorithmen und numerischer Näherungs- und Lösungsverfahren,
Umsetzung der Module in Computerprogramme zu Simulationsrechnungen,
Modulweise Parametervariation, Fehlerkontrolle, Bewertung der
Simulationsergebnisse und Nachbesserung,
Integration der Module zum integrierten Modell, wobei Softwaretools die Kombination ganz verschiedenartiger Computermodelle
erleichtern oder einen definierten Datenaustausch zwischen ihnen ermöglichen (Flechsig 2001),
Simulationsrechnungen und Parametervariationen, Fehlerkontrolle, Bewertung der Simulationsergebnisse und Nachbesserung
des integrierten Modells oder einzelner Module bzw. Schnittstellen,
Visualisierung, Parameterstudien, Aus- und Bewertung der Ergebnisse.
Ein Beispiel für ein integriertes Modell des globalen Wandels ist das IMAGE Modell (Integrated Model to Assess the
Greenhouse Effect, Alcamo 1998). IMAGE setzt sich aus Modulen zu den Teilsystemen Energie-Industrie, LandnutzungUmwelt und Atmosphäre-Ozean zusammen. Für Klimaschutzstrategien werden Kosten-Nutzen-Analysen, ausgehend von (Nordhaus 1991, Fankhauser 1993) in integrierte
Modelle eingebaut. Ein erster wichtiger Beitrag ist das DICEModell (Dynamic Integrated Model of Climate and the
Economy, Nordhaus 1993), das eine globale Analyse vornimmt. Für die Klimaschutzverhandlungen sind aber geo-
255
Beitragsserie
Klimaänderung und Klimaschutz
Abb. 5: Leitplankenansatz und Berechnung von Energienutzungsalternativen mit dem MIND-Modell (WBGU 2003). Der BAU-Pfad (Business as usual)
verlässt das Fenster tolerierbarer Klimaentwicklungen während ein entsprechender Umbau des Energiesystems einen Pfad im Klimafenster ergibt
grafisch explizite Modelle geeigneter, wie MERGE (Model
for Evaluating Regional and Global Effects of GHG Reduction Policis, Manne 1993) oder das erwähnte IMAGE.
Einen innovativen Ansatz zur Berücksichtigung zentraler
Variablen wie Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftswachstum, Entwicklung des Energiebedarfs und des technologischen Fortschritts innerhalb des Modellrahmen liefert das endogene Energiesystemmodell MIND (Model of
Investment and Technological Development, Edenhofer
2002), welches an ein Klimamodell gekoppelt ist und innovative Techniken der Energieerzeugung oder der CO2-Speicherung berücksichtigt. Damit lassen sich nachhaltige Pfade
der Energienutzung unter Klimaschutzzielen ableiten (WBGU
2003). Da MIND ein Optimierungsmodell ist, verläuft im
UmBAU-Fall in Abb. 5 die Temperaturentwicklung in Teilen direkt entlang der Grenze des Klimafensters. Es wurde
eine Klimasensitivität von 2,5°C Erwärmung bei Verdopplung der vorindustriellen CO2-Konzentration angenommen.
Zugrunde liegt dem Klimafenster der sogenannte Leitplankenansatz, demzufolge kritische Belastbarkeitsgrenzen ökologischer und ökonomischer Systeme überschritten werden,
wenn Klimaänderungen bestimmte, ein Toleranzfenster definierende, Schwellwerte für die Änderung der Temperatur
(2°C) und der dabei befolgten Geschwindigkeit (0,2°C/Dekade) übersteigen (WBGU 1995).
3
Abb. 6: Elemente einer Verwundbarkeitsanalyse für Regionen im Klimawandel zur Ermittlung und Nutzung von Anpassungspotentialen (Klein 2001)
Die regionale Verwundbarkeit oder Robustheit (Resilienz)
gegenüber Klimaänderungen ergibt sich aus den potenziellen
Auswirkungen und deren Abpufferung infolge vorausschauendem Einsatz heute erkennbarer Anpassungspotenziale.
3.1
Szenarien möglicher zukünftiger Belastungen
Am Anfang der Untersuchungen steht die Auswahl eines globalen Klimaänderungsszenarios, z.B. aus den Vorgaben des
(IPCC 2001), wie sie als farbige Kurven in Abb. 7 wiedergegeben sind. Die Spanne für die globale Erwärmung bis zum
Jahr 2100 beträgt 1,4 bis 5,8 K, dargestellt als grauer Fächer, der sich aus den Unsicherheiten der globalen Klimamodelle (GCM) ergibt.
Aussagen zur zukünftigen Klimaentwicklung einer Region
und damit zu den Belastungen lassen sich nicht direkt aus
globalen Modellrechnungen ableiten, da deren räumliche
Auflösung zu grob ist. Deshalb müssen die großräumigen
Informationen aus dem Modell mit Hilfe spezieller Verfahren
zu aussagekräftigen regionalen Informationen 'herunterskaliert'
werden. Die Sicherheit bzw. Unsicherheit der Aussagen ist bei
den Verfahren recht unterschiedlich zu beurteilen, insbesondere
bezüglich der auswirkungsrelevanten Niederschlagsentwick-
Analyse der Verwundbarkeit gegenüber Klimaänderungen
Die Auswirkungen des globalen Klimawandels hängen von
verschiedenen Faktoren ab, die in einer Region die Verwundbarkeit erhöhen oder verringern können und in Abb. 6 skizziert sind. Klimaänderungen können unterschiedliche Belastungsformen, wie Stürme, Sturmfluten, Hochwasser, Hitzewellen, Dürreperioden, usw. für eine Region mit sich bringen1. Verschiedene Regionen der Erde erfahren dabei unterschiedliche Formen und Stärken der Belastung. Die potenziellen Auswirkungen der Belastung hängen außer von dieser
auch davon ab, welche Wirtschaftsstrukturen, Öko- und
Sozialsysteme die Region prägen und wie empfindlich diese
reagieren (Sensitivität).
1
Vgl. die Hochwasserepisoden an der Elbe im Jahr 2002 und die
Niedrigstwasserstände der meisten Flüsse nicht nur in Deutschland im
Sommer 2003.
256
Abb. 7: Änderung der Temperaturdifferenz zu 1990 (globale Jahresmittelwerte) zwischen 1900 und 2100 für verschiedene Emissionsszenarien
(IPCC 2001)
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
Beitragsserie
lung. Große Unsicherheiten bestehen noch bei Aussagen zur
Entwicklung von Variabilität und extremen Wetterereignissen. Drei Methoden der Regionalisierung der Klimaentwicklung werden zur Zeit verfolgt, siehe unten.
3.1.1
Regionale Klimamodelle
Es wird ein regionales Klimamodell mit kleiner räumlicher
Auflösung auf der gleichen physikalischen Grundlage wie
ein GCM entwickelt und in dieses entsprechend der Lage der
Untersuchungsregion eingebettet (Machenhauer 1996). Die
Informationen zwischen beiden Modellen werden über gemeinsame Schnittstellen ausgetauscht. Die physikalischen Prozesse
werden hier am besten erfasst, soweit sie modellierbar sind.
Jedoch beeinflussen die Modellfehler des GCM noch zu stark
die regionalen Ergebnisse. Von Nachteil ist der außerordentlich hohe Rechenzeitbedarf, der nur Zeitscheibenexperimente
begrenzter Dauer (z.Z. max. 10 Jahre) ermöglicht. Die Entwicklungsperspektiven der regionalen Klimamodelle lassen
erwarten, dass in wenigen Jahren Aussagen zur Entwicklung
von Extremwettersituationen möglich sein werden.
Klimaänderung und Klimaschutz
3.2
Spezifische Sensitivitäten gegenüber Klimaänderungen
Regionen und Wirtschaftszweige reagieren unterschiedlich
empfindlich auf eine Belastung durch Klimaänderung. Diese spezifische Sensitivität ist, wie in Abb. 8 vereinfacht skizziert, durch kritische Schwell- und Grenzwerte charakterisiert (Bruckner 1999). Unterhalb eines Schwellwerts sind die
Auswirkungen nicht signifikant, während sie oberhalb eines
kritischen Grenzwertes die Belastbarkeit eines Systems übersteigt. In der Regel hat ein System mehrere Schwell- und Grenzwerte gegenüber unterschiedlichen Belastungsformen, wie hohe
oder tiefe Temperaturen, geringe oder kräftige Niederschläge.
Die Sensitivität von Gesellschaftsstrukturen hängt beispielsweise ab von der geographischen Lage (Küste, Gebirge, Flusstäler, Stadt, Land), der Wirtschaftskraft und der spezifischen
demographischen, kulturellen und ökonomischen Strukturen.
3.1.2 Statistisches 'Downscaling'
Mit Hilfe statistischer Verfahren wird versucht, einen Zusammenhang zwischen dem großräumigen und dem regionalen
Verhalten einzelner meteorologischer Größen für bereits abgelaufene Zeiträume herzustellen. Dieser Zusammenhang wird
auf die Zukunft übertragen und aus der zukünftigen großskaligen Entwicklung auf die regionale geschlossen (Zorita
1993). Vorteile liegen in der relativ einfachen Handhabung
der Methodik und dem geringen Rechenzeitaufwand. Der
Nachteil ist, dass Fehler des GCM voll in die Untersuchungsregion übertragen werden.
3.1.3 Statistische Kopplung globaler Trendaussagen mit
regionalen Beobachtungsdaten
Aus globalen Klimamodellen ist man z.Z. in der Lage, für
größere Regionen und einzelne meteorologische Größen, wie
die Temperatur, relativ gesicherte Aussagen über deren zukünftige Entwicklung abzuleiten. Diese Trends lassen sich als
generalisiertes GCM-Ergebnis ohne Informationsverlust in
eine kleinräumige Untersuchungsregion transformieren. Mit
Hilfe eines speziellen multivariaten statistischen Verfahrens
werden beobachtete meteorologische Parameter der generalisierten Größe so zugeordnet, dass ein in sich physikalisch
konsistentes Zukunftsszenarium des Regionalklimas entsteht
(Gerstengarbe 1997, Werner 1997). Hier werden die Fehler
des GCM für die Region auf ein Minimum reduziert, und die
Berechnung beliebig vieler Realisierung eines Szenariums ermöglicht eine hohe statistische Sicherheit der Aussagen zur
Klimaentwicklung. Nachteilig ist, dass das Andauer-Verhalten einzelner meteorologischer Größen unterschätzt werden
kann. Diese dritte Methode scheint derzeit am besten für auswirkungsrelevante Trendaussagen geeignet zu sein; verbleibende Fehler bei Niederschlag und anderen Größen wurden auf
unter 10% evaluiert. Für die anderen Verfahren ergeben sich
wesentlich größere Fehler. Mit dieser Methode lassen sich detaillierte Analysen der möglichen regionalen Auswirkungen
des Klimawandels durchführen (Gerstengarbe 2003).
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
Abb. 8: Die Auswirkungen (Climate Impact) des Klimawandels hängen
nichtlinear von der Belastung ab (Climate Change). Sie treten erst oberhalb
eines kritischen Schwellwerts in Erscheinung, um bei Überschreitung eines kritischen Grenzwertes drastisch anzusteigen (Bruckner 1999)
3.3
Analyse potenzieller Auswirkungen
3.3.1 Veränderungen und Verschiebungen klimatischer
Bezugsgrößen
Meeresspiegelanstieg: Die Temperaturerhöhung gemäß Abb. 7
führt infolge Wärmeausdehnung zu einem Anstieg des Meeresspiegels im Bereich von 0,2–0,7 m im globalen Mittel in
den nächsten 100 Jahren. Berücksichtigt man auch die unsicheren Veränderungen beim Inlandeis, so erweitert sich die
Spanne auf 0,1–0,9 m (IPCC 2001). Die regionalen Unterschiede werden insbesondere durch Meeresströme und Stürme verstärkt und können beträchtlich sein. Auswirkungen
sind erhöhte Küstenerosion, sowie Versalzung und Degradation von Böden.
Klimazonen: Nach jüngsten Untersuchungen, unter anderem am PIK, sind die in den letzten 100 Jahren zu beobachtenden Verschiebungen von Klimazonen beträchtlich. In
Deutschland können sie regional z.T. bis zu vier Zonen ausmachen (Fraedrich 2001). Die Folgen dieses weltweit zu beobachtenden Phänomens sind verstärkter Anpassungsdruck und
Artenschwund. Rückwirkungen auf das Klimasystem (Albedo, Kohlenstoff- und Wasserkreislauf, Permafrostböden, usw.)
sind zu erwarten. Die Analyse der Auswirkungen auf natürliche Ökosysteme geben erste Hinweise für Anpassungsmaßnahmen in Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft sowie Verkehr, Tourismus, Energie- und Bauwirtschaft.
257
Beitragsserie
Klimaänderung und Klimaschutz
Nichtlineare Prozesse: Als nichtlineares System kann das
Klima unter bestimmten Voraussetzungen selbst auf kleine
Änderungen stark und sogar sprunghaft reagieren. Veränderungen und Instabilitäten können ozeanische Strömungen
('Golfstrom') oder die Wechselwirkungen von Atmosphäre
und Ozean, wie El Niño Southern Oscillation (ENSO), North
Atlantic Oscillation (NAO) oder Monsun zeigen. Eine Begleiterscheinung sind Veränderungen der Klimavariabilität.
Großwetterlagen und Klimavariabilität: Einige Veränderungen der Charakteristik von Großwetterlagen über die letzten drei Jahrzehnte wurden beobachtet. Daraus lässt sich
noch zwar kein stringentes Bild zukünftig veränderter Klimavariabilität erkennen, jedoch zeichnet sich ab, dass gewohnte regional spezifische Praktiken und Erfahrungswerte, wie
Baunormen oder Bauernregeln, zukünftig an geänderte Bedingungen angepasst werden müssen. Für die Auswirkungen bedeutsam sind in diesem Zusammenhang zu erwartende Veränderungen der Extreme.
3.3.2 Extremwetterereignisse
Die etwa 5 bis 10% des Bruttosozialprodukts westlicher
Industrienationen, die Wettereinflüssen unterliegen, entsprechen etwa 300 Milliarden US$. Dabei spielen Wetterextreme
eine große Rolle, die wahrscheinlich in einigen Regionen, aber
nicht generell, häufiger und heftiger auftreten werden. Erste
Trendanalysen deuten steigende Zahlen wetterbedingter Elementarereignisse (Stürme, Hochwasser, Lawinen, usw.) an.
Dies ist überwiegend noch nicht statistisch signifikant, wohl
aber die Zunahme der dabei verursachten Schäden, wie sie die
Versicherer registrieren (Münchner Rück 1998–2002).
Starkregen: Beobachtet wird eine Verschiebung von Dauerzu Starkregenereignissen sowie eine signifikante Veränderung bestimmter Großwetterlagen in Europa, die häufig mit
extremen lokalen Niederschlägen im Sommer verbunden sind
(Fricke 2002). Beispiele sind die Wettersituationen im Sommer 1997 bei der Oderflut oder der Elbeflut 2002. Der Klimawandel lässt bei den Folgen von Überschwemmungen, Sturzfluten und Erdrutschen eine Zunahme erwarten. Vereinzelt
zeigen sich bereits entsprechende Verschärfungen in Hochwasserstatistiken (Caspary 2000).
Andere Niederschlagsextreme sind Hagel, Eisregen, extreme Schneefälle (Lawinen). Hier kann punktuell auch eine
Zunahme eintreten, aber die Daten sind aber unsicherer als
beim Starkregen.
Nebeltage werden möglicherweise vereinzelt lokal bis regional häufiger, woanders seltener auftreten.
Stürme: Nachgewiesen wurden signifikante Veränderungen der
Dauer von Großwetterlagen im Winter, die mit Weststürmen
und starken Niederschlägen einhergehen (Werner 2000). Ereignisse wie der Sturm 'Lothar' oder die Lawinenkatastrophe
von Galtür, beides 1999, sind damit verbunden. Erste statistische Nachweise für eine Zunahme von Stürmen liegen
inzwischen vor. Seit den siebziger Jahren werden zunehmend
höhere Wellen im Atlantik beobachtet (Grevemeyer 2000) und
nach Modellrechnungen auch erwartet (Bauer et al. 2000).
258
Die Seegangswellen nehmen mit dem Quadrat der Windgeschwindigkeit zu und sind somit ein empfindlicher Indikator für zunehmende Windstärken und -dauern. Durch den
Klimawandel wird mit einer weiteren Zunahme gerechnet.
Dürreperioden: Wassermangel und seine Begleiterscheinungen,
wie Gesundheitsgefahren, Nahrungsknappheit und Bodenerosion sind schon heute eine große Bedrohung in einigen Regionen der Erde, wobei viele Faktoren neben dem Klima eine
Rolle spielen. Auch hier werden in Zukunft durch den Klimawandel zum Teil dramatische Verschlechterungen erwartet.
Hitzewellen: Betroffen von Hitzewellen sind vor allem ältere und sehr junge Menschen sowie Personen, die an HerzKreislauf- und Atemwegserkrankungen leiden, während gesunde erwachsene Personen über Abwehrmechanismen gegen
einen begrenzten Temperaturanstieg verfügen. Der Tod trifft
in vielen Fällen ohnehin geschwächte Personen, bei denen
der Zeitpunkt des Todes oft nur vorweggenommen wird.
Entsprechend sinken die täglichen Todesraten in den Wochen nach einer Hitzewelle. Nach einer Studie in den USA
betrifft dies 20–40% der Todesfälle während einer Hitzeperiode (McMichael 1996). Untersuchungen in Baden-Württemberg für die Zeit von 1968 bis 1993 zeigen einen Anstieg der
Mortalitätsrate um 10% bei extremer Wärmebelastung und
einen Rückgang um fast 3% in den darauf folgenden 40
Tagen (Jendritzky 1998). Hitzewellen haben deutlich stärkere Auswirkungen in Städten als in den sie umgebenden
suburbanen und ländlichen Gebieten, da die Temperaturen
in der Stadt Hitzeinseln ausbilden und eine nächtliche Abkühlung weitgehend ausbleibt2. Dagegen bedrohen Waldund Steppenbrände verstärkt naturnahe Gebiete. Ein mögliches Szenario für derartige Entwicklungen im Klimawandel
lieferte der Extremsommer 2003.
Kälteextreme fordern bisher mehr Menschenleben als Hitzewellen. Sie werden zukünftig weniger häufig erwartet – daher erwartet man in der Gesamtbilanz für Temperaturextreme eine Verringerung der Schäden durch den Klimawandel.
Dennoch sind auch neue Kälterekorde wie in letzter Zeit in
Sibirien nicht ausgeschlossen.
3.4
Wahrnehmung und Verminderung von Verwundbarkeit
durch Anpassung
Die Untersuchungen in der Klimafolgenforschung stellen in
der Regel Risiken und Gefahren des Klimawandels dar, indem sie seine potenziellen Auswirkungen ermitteln. Dem
wird als Kritik entgegengehalten, dass neben negativen auch
positive Effekte zu erwarten sind, die vernachlässigt werden. Positive Auswirkungen sind tatsächlich möglich und
werden auch beobachtet, z.B. im Weinbau; die Wirkungszusammenhänge liegen dabei aber im Bereich der Schwellwerte
von Abb. 8. Betrachtet man hingegen die Wirkungen im Bereich der höher liegenden kritischen Grenzwerte, dominieren die Gefahren und Negativeffekte. Die Wahrnehmung
dieser Grenzwerte ermöglicht aber ihre Beeinflussung durch
Nutzung von Anpassungspotentialen.
2
Im extrem heißen und trockenen Sommer 2003 gewann dieser Aspekt
zunehmend an Bedeutung. In Vorbereitung ist im Rahmen dieser Klimaserie ein Beitrag zum Thema 'Stadtklima' von Wilhelm Kuttler.
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
Beitragsserie
Klimaänderung und Klimaschutz
Tabelle 2: Möglichkeiten der Anpassung an den Klimawandel mit Beispielen (nach Klein 1999)
Systeme
Antizipatorisch
Reaktiv
Natürliche Systeme
Soziale Systeme
Privat
Öffentlich
•
•
•
Änderungen der Wachstumsperiode
verändertes Artenspektrums in Ökosystemen
abnehmende Feuchtgebiete
•
•
•
mehr Versicherungen
Gebäudekonstruktionen auf Stelzen
Neukonstuktion von Ölplattformen
•
•
•
geänderte Bewirtschaftungsmaßnahmen
geänderte Versicherungsprämien
mehr Klimaanlagen
•
•
•
Frühwarnsysteme
Neue Bauvorschriften und Konstruktionsnormen
Anreize für Umsiedlungen
•
•
•
Ausgleichszahlungen und Beihilfen
Kontrolle von Bauvorschriften
Küstenschutz und Deichverstärkung
Tabelle 2 gibt Beispiele für Anpassungsmöglichkeiten in natürlichen und sozialen Systemen (Klein 1999, IPCC 2001).
Während erstere sich nur reaktiv unter Ausnutzung der Evolutionsmechanismen anpassen können, haben Gesellschaftssysteme theoretisch die Möglichkeit zur vorausschauenden,
antizipatorischen Anpassung an den Klimawandel. Dafür,
wo Anpassungsmaßnahmen möglich, sinnvoll oder dringend
geboten sind, kann die Klimafolgenforschung wertvolle Hinweise geben, indem sie insbesondere die Probleme von möglichen kritischen Auswirkungen analysiert. Die Nutzung
möglicher Chancen durch den Klimawandel kann anschließend eine Analyse wert sein.
Ein Beispiel für eine länderspezifisch sehr unterschiedliche
Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel ist die Versorgung mit Trinkwasser. Die Regionen der Erde sind in davon
schon heute sehr unterschiedlich betroffen, und es stellt sich
die Frage, wo die Probleme sich zukünftig unter dem Klimawandel verschärfen oder auch entspannen werden. Global
sollte eine Erwärmung die Verdunstung und damit die Summe der Niederschläge erhöhen. Da aber auch mit erhöhter
Variabilität zu rechnen ist, werden bestimmte Regionen in
Fortsetzung eines schon jetzt erkennbaren Trends abnehmende Niederschläge, andere dagegen zunehmende erhalten. Zur
Identifikation kritischer Regionen wurde eine auf Indikatoren basierende Methode entwickelt, die regional aufgelöst
Veränderungen verschiedenster Art erkennen und bewerten
lässt. Bezogen auf das Beispiel der Wasserproblematik wurde ein regional aufgelöster, zusammengesetzter Indikator der
Kritikalität K(r) in folgender Weise definiert:
sowie wasserbauliche Maßnahmen von Bedeutung. Das
schwieriger zu fassende Anpassungspotenzial hängt z.B. ab
von der standortspezifischen Wirtschaftskraft, dem Knowhow im Umgang mit Wasser, der Ver- und Entsorgungsinfrastruktur sowie der Effizienz und Stabilität der politischen
Institutionen. Effiziente Strukturen der Raumordnung erhöhen dieses Potenzial ebenso, wie z.B. vorhandene Energieressourcen und Kapazitäten zu Meerwasserentsalzung. Für
den Einfluss des Klimas auf die Wasserproblematik wurden
neben Bevölkerungswachstum und Wirtschaftsentwicklung
Szenarien für die Wasserverfügbarkeit entwickelt. Abb. 9
zeigt das Ergebnis der Entwicklung bis zum Jahr 2025 für
ein Szenarium mit einem eher zurückhaltend eingeschätzten
Problemlösungspotenzial und einer Klimaänderung gemäß
dem Szenarium 'business as usual' (IS92a: IPCC 1996), was
etwa im mittleren Bereich der in Abb. 7 gezeigten Kurven
liegt. Abb. 9a (oben) zeigt die errechnete geographische Verteilung der Kritikalität für das Jahr 1995, Abb. 9b (unten)
Wasserentnahme
K(r) =
(Gl. 2)
Wasserverfügbarkeit * Anpassungspotenzial
Die Methode und Ergebnisse wurden in Kapitel 3.1 des
WBGU Jahresgutachtens beschrieben (WBGU 1997). Die
Wasserentnahme wird bestimmt durch die regionale Bevölkerungsdichte, die in Bezug auf Wassereffizienz und Wasserverschmutzung spezifischen Wirtschaftsformen, die Umweltbedingungen und die kulturellen Besonderheiten. Für
die Wasserverfügbarkeit sind Klima, Klimavariabilität3, Vegetation, Bodenbeschaffenheit und Hydro- und Topographie
3
Vgl. das Abschmelzen der Gletscher, insbesondere im Sommer 2003,
und die damit verbundene Abnahme der Grundwasserreservoire. In Vorbereitung ist im Rahmen dieser Klimaserie ein Beitrag zum Thema
'Schwankungen der Alpengletscher im Wandel von Klima und Perzeption' von Wilfried Haeberli und Heinz J. Zumbühl.
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
Abb. 9: Kritikalität der Wasserproblematik im Klimawandel (WBGU 1997).
a) oben: globale Verteilung im Jahre 1995
b) unten: Veränderung zwischen 1995 und 2025 für ein Szenarium der
Klimaänderung in Kombination mit anderen sozioökonomischen Faktoren
Rot: Verschlechterungen, Grün: Verbesserungen, Weiß: nicht signifikant
259
Klimaänderung und Klimaschutz
die Differenz dazu für das Jahr 2025. Positive Veränderungen zeigen z.B. Länder mit Erdölreserven, für die Meerwasserentsalzung eine Lösung ist. Zu den Gebieten mit einer
Verschlechterung der Wasserproblematik zählt die Region
Berlin-Brandenburg, für die in einer detaillierteren Studie
genauer die Auswirkungen auf Wasser- Forst- und Landwirtschaft und mögliche Anpassungsmaßnahmen untersucht
wurden (Gerstengarbe 2003).
4
Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Ergebnisse der Klimafolgenforschung zeigen, dass die
Auswirkungen des globalen Klimawandels regional sehr
unterschiedlich ausfallen und die spezifische Verwundbarkeit von der Stärke der Belastung durch regionale Klimaänderung, der Sensitivität und der Anpassungspotenziale
abhängt. Die möglichen Folgen sind demnach nicht unabänderlich und auch nicht Gegenstand einer Prognose, sondern zeigen auf, wo kritische Grenzen der Belastungsfähigkeit
der Gesellschaft bestehen und wie diesen durch geeignete
Anpassungsmaßnahmen begegnet werden kann. In einem
nächsten Beitrag soll dies anhand konkreter Fallstudien näher analysiert werden.
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Kuttler W (2004): Stadtklima (Beitragsserie 'Klimaänderung und Klimaschutz' hrsg. von Detlev Möller).
UWSF – Z Umweltchem Ökotox, in Vorbereitung: Übersicht
1. Einführung
Definition des Begriffs 'Stadtklima'. Darstellung der Problematik, auch
in Hinblick auf die extremen thermischen Verhältnisse des Sommers
2003 in Europa.
2. Das Stadtklima und seine Stellung in der Klimatologie
Das urbane Klima als Besonderheit der mikro- und mesoklimatischen
Skalen. Prägung der meteorologischen und lufthygienischen Größen durch
Siedlungsräume. Einbindung des makroklimatischen Bereichs durch
lokale Freisetzung langlebiger Luftverunreinigungen aus Städten.
3. Erscheinungsbild des Stadtklimas
Darstellung der allgemeinen klimatischen und lufthygienischen Unterschiede zwischen Stadt und Umland am Beispiel mitteleuropäischer Großstadtverhältnisse.
4. Ursachen des Stadtklimas
Diskussion der Wirkungsfaktoren als Voraussetzung zur Entstehung
des Stadtklimas. Hierzu zählen:
– Umwandlung des natürlichen Untergrundes in versiegelte Flächen
– Dreidimensionale Kammerung von Siedlungsgebieten
– Emission von sensibler und latenter Wärme sowie von Luftverunreinigungen durch technische Prozesse
4.1
Eigenschaften und Quantifizierung der stadtklimatischen
Wirkungsfaktoren
Darstellung der wichtigsten Einflussgrößen, die durch die urbanen
Oberflächen bedingt sind.
4.1.1 Thermische und hydrologische Eigenschaften städtischer Materialien
4.1.2 Dreidimensionale Struktur städtischer Oberflächen
4.1.3 Anthropogene Wärmeflüsse
4.1.4 Emission von Luftverunreinigungen
5. Komponenten der stadtklimatischen Größen
Systematische Darstellung der wichtigsten stadtklimatischen Charakteristika.
5.1 Aufbau der Stadtatmosphäre
5.2 Windfeld
5.3 Strahlungs- und Wärmebilanzen
5.4 Städtische Überwärmung
5.5 Luftfeuchte- und Niederschlagsverhältnisse
5.6 Luftqualitätssituation
6. Human-biometeorologische Aspekte
Einfluss der biometeorologischen Wirkungskomplexe auf das gesundheitliche Wohlbefinden der Stadtbewohner.
6.1 Photoaktinischer Wirkungskomplex
6.2 Thermischer Wirkungskomplex
6.3 Lufthygienischer Wirkungskomplex
7. Steuerung stadtklimatischer Prozesse
Darstellung von Möglichkeiten, durch planerische Eingriffe gezielt
die nachteiligen Wirkungen des Stadtklimas durch Anlage von
Frischluftschneisen, Grünflächen und Gewässern zu verbessern.
8. Das Verhalten des Stadtklimas unter dem Einfluss der
globalen Klimaentwicklung
Untersuchung der Reaktion ausgewählter Stadtklimakomponenten
unter dem Aspekt global ansteigender Temperaturen.
Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Wilhelm Kuttler, University of Essen, FB 9 – Institute of Geography/Institute of Ecology, Dept. of Applied Climatology and
Landscape Ecology. Mailing address: PO box: D-45117 Essen, Germany. Office address: Universitaetsstrasse 5, D-45141 Essen, Germany.
T: +49 (0) (201) 183 – 2734; F: +49 (0) (201) 183 – 3239; [email protected]; http://www.uni-essen.de/klimatologie
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 15 (4) 2003
261
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