Klimawandel als Ursache von Migration Hartmut Graßl Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg Vortrag an der Katholischen Universität Eichstätt 8. April 2009 NASA • • • • • • • • • Jüngste Meeresspiegeländerungen Recent sea level change 2007 - 1993 Observed Climate Change How much is anthropogenic? The disturbed carbon cycle Radiative Forcing by human activities Scenarios of human behaviour The 2°C goal of the EU and other guard rails Global development and climate protection Contraction and convergence as the ultimate goal Climate adaptation and protection costs Topex and Jason 1 Altimeters Regionalized Sea Level Rise; source: NOAA for 1993 - 2010 Gliederung • • • • • • Debatte zu Klimarisiken Anlass für die Klimaänderungen Beobachtete Änderungen Szenarien der anthropogenen Klimaänderung Warum fliehen Menschen aus ihrer Heimat? Die naturwissenschaftliche Forschung allein kann die Antworten nicht geben Befunde • Seit dem Ende des Kalten Krieges hat die Zahl bewaffneter Konflikte und die Zahl dabei Getöteter stark abgenommen und nimmt noch immer ab • Obwohl in den Medien viel über „Klimakriege“ gesprochen wird, gibt es keinen empirischen sozialwissenschaftlichen Nachweis über den signifikanten Einfluss von Umweltänderungen auf die Konfliktträchtigkeit • Ressourcenknappheit bei Wasser in internationalen Einzugsgebieten hat eher die Kooperation angeregt als zu politischen Konflikten geführt • Viele Wetterextreme führen zu starker Migration meist innerhalb des eigenen Landes oder der Region (Beispiele: Saheldürre, Wirbelstürme in Mittelamerika und Südasien sowie in New Orleans) • Konflikte mit Migranten sind zahlreich, erreichen aber sehr selten die Schwelle bewaffneter Auseinandersetzungen • Das beste Mittel zur Verringerung der Verletzbarkeit ist eine gelungene Anpassung an die bisher aufgetretene Klimavariabilität oder in anderen Worten: wirtschaftliche und politische „Entwicklung“ Änderung des Kohlenstoffkreislaufes seit 1750 (rote Pfeile und rote Zahlen mit anthropogenen Beiträgen zu den Flüssen zwischen den Speichern und Speicherumfang) Quelle: IPCC AR-WG I, 2007 Carbon cycle changes since 1750 (red arrows and red numbers with anthropogenic contribution to reservoirs and fluxes between them) Mit Klimamodellen errechnete mittlere Erwärmung an der Erdoberfläche Mittlere globale Erwärmung (Modellmittel und Unsicherheitsbereiche der Klimamodelle) EU,G8,G20 Goal-------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------- IPCC- AR4, 2007.1 never experienced by homo sapiens Quelle: D. Jacob u.a., 2008 °C Average 2 m temperature increase in 2100 compared to 1961 -1990 Geänderte Niederschlagsmuster Stippled: 90% of models agree White: no significant changes in 60% of all models Kurzfassung dieses Diagramms: • Wer genügend Wasser hat bekommt noch etwas dazu, wer schon heute Mangel leidet, dem wird oft noch etwas genommen • Physikalische Begründung: Die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete mittlerer Breiten verschieben sich leicht polwärts Hauptgründe für die Migration durch die raschen Klimaänderungen • Anstieg des regionalen Meeresspiegels (z.B. bereits 1 cm pro Jahr im Warm Pool des Pazifik) • Schrumpfung der Niederschlagsmenge In beiden Fällen flieht der Mensch erst nach Wetterextremen Zu- oder Abnahme der Dürredauer Prozentuale Änderungen maximaler Trockenperioden eines Jahres im Szenario A1B; dabei ist die maximale Trockenperiode definiert als maximale Anzahl von aufeinander folgenden Tagen innerhalb eines Jahres mit täglicher Niederschlagsmenge unterhalb eines Schwellwertes von 1mm; dargestellt ist prozentuale Änderung der 30-jährigenMittelwerte im Zeitraum 20712100 bezogen auf Mittelwerte der Jahre 1961-1990 Zu- oder Abnahme des Hochwasserrisikos Prozentuale Änderungen von jährlichen Extremniederschlägen in Szenario A1B; dabei ist der jährliche Extremniederschlag definiert als maximale Niederschlagsmenge in einem 5-Tages-Zeitraum innerhalb eines Jahres; dargestellt ist die prozentuale Änderung der 30-jährigen Mittelwerte im Zeitraum 2071-2100 bezogen auf Mittelwerte der Jahre 1961-1990 Die Überforderung der Natur • • • • • IPCC-WG II April 2007 „Wenn der Anstieg der mittleren globalen Temperatur 1,5 bis 2,5 oC überschreitet, ist ein erhöhtes Aussterberisiko für ca. 20-30 % der bisher untersuchten Tier- und Pflanzenarten wahrscheinlich.“ (Übersetzung BMU) IPCC-Synthesebericht November 2007 „Es gibt eine mittlere Sicherheit dafür, dass 20-30 % der Pflanzen- und Tierarten wahrscheinlich von einem wachsenden Risiko des Aussterbens bedroht sind, wenn die globale Durchschnittstemperatur um 2-3 oC gegenüber vorindustriellen Werten ansteigt.“ (Übersetzung BMU) Folgerung: Zur Habitatzerstörung und der Artenverschleppung kommt der Klimawandel als mindestens ebenso wesentliche Bedrohung der biologischen Vielfalt Which Earth system parts are endangered at which mean temperature increase? Rapid Anthropogenic Climate Change IPCC 2001 PNAS 2009 Rascher Klimawandel durch den Menschen EU, -- G20 Goal---------------------------------------------------------------------------------- Hartmut Grassl Max Planck Institut for Meteorology, Hamburg Reykjavik, 9 July 2009 Die Bedrohung der Korallenriffe Aragonite saturation and present occurrence of reef locations for warm-water corals (blue dots). (a) pre-industrial values (around 1870, atmospheric CO2 concentration 280ppm), (b) present (around 2005, 375 ppm CO2), (c) future (around 2065, 517 ppm CO2). The degree of aragonite saturation (Ω) indicates the relative proportion between the product of the concentrations of calcium and carbonate ions and the solubility product for aragonite. Locations with an aragonite saturation below 3.5 are only marginally suitable for reef-forming warm-water corals, below 3 they are not suitable. Source: WBGU, 2006, Steffen et al., 2004 Mean global temperature and sea level (relative to today’s) at different times in Earth’s history,with the projection for the year 2100 (1 m above today’s sea level). For the long term a much higher sea-level rise probably has to be assumed than that predicted for 2100. Source: WBGU, 2006 after Archer, 2006 Szenario unter Einhaltung der Leitplanken des WBGU, z.B. 2°C maximale mittlere Erwärmung Quelle: D. Jacob u.a., 2008 Quelle: WBGU, 2003 Nature 2009, Meinshagen et al. (C = CO2/3.67) WBGU 2009: nur noch 750 Gt CO2 bis 2050 erlaubt Konsequenzen des 2°C-Zieles: Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bevor diese zur Neige gehen Schrittweise Annäherung an das Verursacherprinzip Conclusions for an energy system transformation Resume für die Energiewende • The future and again sustainable energy system uses direct solar radiation and is augmented by other renewables related to it. • Das zukünftige und wieder nachhaltige Energieversorgungssystem nützt die direkte Energie der Sonne und wird durch von ihr abgeleitete erneuerbare Energieträger ergänzt • The more innovative a region is in this system transformation the better it will fare • Je innovativer eine Region bei diesem Umbau ist, um so besser wird es ihr gehen. • Who uses the sun directly is no longer disturbing, he gets a peace dividend, because all have this resource and conflict number shrinks • Wer die direkte Sonne nützt, ist kein Störenfried mehr, er erhält eine Friedensdividende, weil alle über diesen Energierohstoff verfügen und somit Ressourcenkonflikte weniger werden. Uniqueness of present situation •Mankind has to make decisions in the coming few decades for the next centuries •Global mean climate change rate is for the 21st century by a factor of at least 30 above the fastest natural temperature increase rate of the recent million years •The two strongest challenges, namely development of less developed countries and dampening of the climate change rate, could (will) hinder each other •People nearly not having caused climate change will suffer much stronger Die Chance der Klimapolitik • Eine umfassende und wirksame internationale Klimapolitik könnte im Sinne vertrauensbildender Maßnahmen zwischen den großen Mächten wirken und in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu einem wesentlichen Pfeiler globaler Friedenspolitik werden. (Bauer, 2009, Die Friedenswarte 84, Heft 2) Herausforderung Klimawandel The Climate Change Challenge 1. Das Unbeherrschbare vermeiden 2. Das Unvermeidbare beherrschen 1. Avoiding the unmanageable 2. Managing the unavoidable (Schellnhuber)