Predigt 30 - Internetkirche

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Predigt 6. August 2017 in Hauptwil und Bischofszell
Jesaja 2, 1 – 5 „Frieden: Utopisch oder realistisch?“
Gehalten von Daniel Aebersold, Bischofszell
Liebe Gemeinde
Wie oft nahm ich auch für heute den Predigttext-Vorschlag aus dem
Losungsbuch. Als ich ihn gelesen hatte, dachte ich: Wie utopisch ist dieser
Text. Wie unrealistisch wirkt dieser Text in der heutigen Zeit. Er führt uns in den
Nahen Osten, nach Israel, genauer noch nach Jerusalem und wer es ganz
genau wissen will: Er führt uns auf den Tempelberg. An den Ort, wo früher der
jüdische Tempel stand. An den Ort auch, an dem sich seit dem 14. Juli, an dem
zwei israelische Polizisten durch drei moslemische Palästinenser erschossen
wurden, eine Welle der Demonstrationen und Gewalt entzündet hat. Es hat
schon etwas Unwirkliches, wenn ich daran denke, dass sich unsere
Reisegruppe anfangs April auf diesem Tempelberg aufgehalten hatte.
Realitätsfremd, ja völlig utopisch scheint die prophetische Schau des
Propheten Micha, der im ersten Testament schreibt:
… Gott selbst schlichtet den Streit zwischen den Völkern, und den mächtigen
Nationen…spricht er Recht. Dann schmieden sie ihre Schwerter zu
Pflugscharen um und ihre Speere zu Winzermessern. Kein Volk wird mehr das
andere angreifen; niemand lernt mehr, Krieg zu führen.
Jeder kann ungestört unter seinem Feigenbaum und in seinem Weingarten
sitzen, ohne dass ihn jemand aufschreckt. Das verspricht der HERR, der
allmächtige Gott! (Micha 4, 3f Hfa)
Der Prophet Micha malt dem Volk Israel und der ganzen Weltgemeinschaft ein
traumhaft friedliches Bild vor Augen. Es ist jedoch viel mehr als ein Bild. Es ist
die zukünftige Realität, die der Prophet von Gott gesehen hat. „Das verspricht
der HERR, der allmächtige Gott“. Deshalb ist es weder unrealistisch noch
unmöglich. Denn Gott steht in allem zu seinem Wort. Was er spricht, geschieht.
Und wir brauchen diese Zukunftsvisionen, um im gegenwärtigen Chaos vieler
Völker die Hoffnung und den Glauben zu behalten: Was Micha beschreibt wird
kommen, weil Gott der souveräne Gott ist, der sein Wort einlöst.
Nur wissen wir nicht, wann dies sein wird und wie viele dunkle Täler, Kriege
und Katastrophen wir noch durchzustehen haben. So ist die Frage: Was will
Gott uns heute durch diesen Text sagen? Offenbar ist diese Botschaft Gott so
wichtig, dass sie zweimal im Ersten Testament steht. Viele Bibelwissenschaftler
vermuten, dass Micha den Text vom Propheten Jesaja übernommen hat. Es ist
auch möglich, dass Gott diese wichtige Botschaft beiden Propheten anvertraut
hat
Darum wollen wir nun auf den Predigttext aus Jesaja 2, 1 – 5 hören.
1 In einer Vision empfing Jesaja, der Sohn von Amoz, diese Botschaft für Juda
und Jerusalem:
2 Am Ende der Zeit wird der Berg, auf dem der Tempel des HERRN steht, alle
anderen Berge und Hügel weit überragen. Menschen aller Nationen strömen
dann herbei.
3 Viele Völker ziehen los und rufen einander zu: »Kommt, wir wollen auf den
Berg des HERRN steigen, zum Tempel des Gottes Israels! Dort wird er uns
seinen Weg zeigen, und wir werden lernen, so zu leben, wie er es will.« Denn
vom Berg Zion aus wird der HERR seine Weisungen geben, dort in Jerusalem
wird er der ganzen Welt seinen Willen verkünden.
4 Gott selbst schlichtet den Streit zwischen den Völkern, und den vielen
Nationen spricht er Recht. Dann schmieden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen
um und ihre Speere zu Winzermessern. Kein Volk wird mehr das andere
angreifen; niemand lernt mehr, Krieg zu führen.
5 Kommt, ihr Nachkommen von Jakob, wir wollen schon jetzt mit dem HERRN
leben. Er ist unser Licht! (Hfa)
Wir merken: Hier geht es nicht nur um Israel. Es geht um viel mehr. Es geht um
jedes Land, jede Nation, um jeden Menschen auf diesem Planeten. Es geht also
auch um mich und dich in diesem Text. Der 2. Teil unseres Predigttextes, in
dem die Rede ist, dass Kriegsgerät zu Werkzeugen umgeformt wird, dass kein
Krieg mehr gelehrt und geführt wird, begeistert die Menschen. So sehr, dass
diese Vision ja auch vor dem Uno-Gebäude in New York als Kunstgegenstand
seinen Platz gefunden hat. Diesen Traum vom Frieden träumen wir Menschen.
Denn tief in unserem Herzen wissen wir: Das ist wahres Leben. So müsste es
sein. Das bedeutet Frieden. Wenn zwischen Völkern kein Schwert mehr erhoben
wird. Wenn am Arbeitsplatz und in einer Ehe nicht mehr gestichelt, verletzt,
zerstört wird sondern Werkzeuge des Friedens wie Vergebung, Dienst am
anderen, Gerechtigkeit eingesetzt werden, dann sind wir dem Friedensreich
nähergekommen. Für diesen Teil der Vision in unserem Predigttext können wir
uns begeistern.
Können wir uns auch für den anderen Teil der Vision begeistern? Denn: Ob uns
das gefällt oder nicht: Gott hat es bestimmt, dass die entscheidenden Dinge in
Israel geschehen und die letzten entscheidenden Dinge unserer Welt mit
seinem erst-erwählten Volk Israel geschehen. Diese biblische Sicht stört und
ärgert viele Menschen. Es kommt den Mächtigen dieser Welt in Politik,
Wirtschaft und Medien in die Quere. Aber nochmals: Gott hat es so bestimmt
und wir haben höchstens die Wahl, sein Wort und damit ihn selbst abzulehnen.
Müssten wir dann nicht konsequenterweise auch den anderen Teil der Vision
loslassen? Denn in der Bibel gehört beides zusammen.
3 Hauptgedanken gebe ich weiter
1. Nicht mehr der Mount Everest - Zion als Mittelpunkt
Wir hören das Wort ‚Zion’. In der Bibel ist mit ‚Zion’ entweder Israel als Land
oder als Volk oder die Stadt Jerusalem gemeint, je nach Situation. Das erste
Bild zeigt uns den Berg Zion mit seinem Tempel, wie er alles andere auf Erden
überragt. Er kann also nicht mehr übersehen werden. Von weit her ist er
sichtbar. Er übt eine faszinierende Anziehungskraft aus wie das Matterhorn, der
Kilimandscharo oder der Mount Everest. Der Berg Zion mit dem Tempel rückt in
den Mittelpunkt. Für einen rational denkenden Menschen, der in Jerusalem
gewesen ist und diesen Hügel auf 800 Meter Höhe gesehen hat, ist dies rational
schlicht nicht vorstellbar. Es braucht den Glauben an die Möglichkeiten Gottes,
den Glauben an ein Wunder Gottes, um daran festzuhalten.
Ich persönlich halte es mit David Ben Gurion, der gesagt hat: „Wer nicht an
Wunder glaubt, ist kein Realist“ (wiederholen). Zion wird wieder zum
Mittelpunkt. Weshalb? Weil seit jeher der Berg Zion mit seinem Tempel „die
Wohnung Gottes auf Erden“ (Jesaja 8, 18) ist. Gott hat Wohnung genommen an
einem Ort, und das war im Allerheiligsten im Tempel auf dem Berg Zion. Diese
Wohnung wurde mehrmals zerstört, letztmals durch die Römer im Jahr 70 nach
Christus. Es waren Versuche, diesen Gott loszuwerden. Glücklicherweise hat
Gott vorgesorgt und Jesus gesandt, damit Gott durch seinen Heiligen Geist in
jedem Menschen wohnen kann, wenn der Mensch ihm seine Herzenstüre auftut.
Deshalb heisst es: „Wisst ihr nicht, dass ihr der Tempel des Heiligen Geistes
seid“. Gleichzeitig bleibt Zion Mittelpunkt und dies wird sichtbar werden am
Ende der Zeiten, wenn Gott sein Werk vollenden wird. Es kommt der Tag, da alle
Welt voller Hoffnung und Sehnsucht nach Zion schauen wird, weil wir
Menschen dort Gott von Angesicht zu Angesicht begegnen können.
2. Das freut den Tourismusminister - die ganze Welt kommt nach Zion
Der 2. Gedanke sollte den israelischen Tourismusminister mit grösster Freude
erfüllen. Denn Zion – Israel, Jerusalem – wird zur Traumdestination. Nicht für
ein paar Exoten, sondern es werden uns Pilgerströme vor Augen gemalt, die
von allen Ecken der Erde zum Berg Zion kommen. Und weshalb gerade dorthin?
In der Schweiz ist es ja auch wunderschön. Der Prophet Jesaja fordert auf:
»Kommt, wir wollen auf den Berg des HERRN steigen, zum Tempel des Gottes
Israels! Dort wird er uns seinen Weg zeigen, und wir werden lernen, so zu leben,
wie er es will.« Denn vom Berg Zion aus wird der HERR seine Weisungen
geben, dort in Jerusalem wird er der ganzen Welt seinen Willen verkünden.
Die Menschen kommen nicht, um eine wunderschöne Stadt zu besichtigen oder
das orientalische Treiben zu geniessen, sondern um zu lernen. Gott selber wird
uns Menschen lehren. Gott selber will uns Menschen zeigen, was sein Herz
erfüllt und welchen Weg wir gehen sollen. Ein Stück weit ist dies in Jesus
Christus schon vorweggenommen. Jesus hat Menschen gelehrt. Er hat gezeigt,
wofür das Herz seines Vaters brennt. Jesus hat gezeigt, welchen Weg wir
Menschen gehen sollen.
Es geht also hier nicht um die Stadt, sondern es geht um Gott, den lebendigen,
souveränen Gott. Er rückt ins Zentrum, nicht das Land oder ein Ort. Gott selber
wird auch dafür sorgen, dass die Sehnsucht nach Wahrheit und Gerechtigkeit
viel tiefer in uns brennt.
3. Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist – Gottes Friedensreich wird
Realität
Der 3. Gedanke liefert uns die Bestätigung. Die Kriegswaffen verschwinden,
kein Volk will ein anderes beherrschen oder vernichten. Alle Kräfte sind auf den
Frieden Gottes ausgerichtet. Das haben die Menschen gelernt in der
persönlichen Begegnung mit dem Gott Israels. Diesen Weg wollen sie deshalb
jetzt auch gehen. Wenn Gott wirklich der Herr ist, dann kommt zuallererst die
Vergebung und die Versöhnung der Menschen und mit Gott.
Und da werden wir auf Jesus Christus hingeführt, der als Gottessohn am Kreuz
starb, um uns Menschen mit Gott zu versöhnen und die Voraussetzung zu
schaffen, dass sich Menschen untereinander versöhnen. Und wo das geschieht,
wird das Friedensreich Gottes in unserem eigenen Alltag zeichenhaft sichtbar,
fühlbar. Jesus ist der grosse Versöhner, und du hast die Möglichkeit, dieses
Friedensreich im Kleinen bereits jetzt zu erleben und mitzubauen. Indem du zu
Jesus kommst, auf ihn hörst, von ihm lernst und seine Wege gehst. Wir müssen
nicht auf eine ferne Zukunft warten, in der Gott sein Friedensreich aufrichten
wird. Du kannst es heute bereits haben, denn wo Jesus die Mitte deines Lebens
ist, breitet sich Frieden aus, inmitten aller Unruhe, Ungewissheit, Schuld,
Sorgen, Nöte.
Dafür setzt sich unter anderem auch die Gemeinschaft der Versöhnung (GdV)
im Nahen Osten ein, in der Elvira Schildknecht mitarbeitet, und deren Dienst wir
über s’Läbe teile unterstützen.
Unser Vertrauen zu Jesus Christus lässt uns nicht einfach passiv auf ein
paradiesisches Traumland hoffen, in dem über Nacht aus Schwertern
Pflugscharen werden. Menschen, die Jesus persönlich begegnet sind und aus
seiner Kraft leben, wissen, dass sie selbst Schritte der Busse, der Vergebung
und der Versöhnung tun müssen, ja tun dürfen.
Auf diese Weise wird gegenseitige Anklage losgelassen, denn Jesus klagt uns
auch nicht an. Gegenseitiges Misstrauen wird überwunden, denn Jesus
misstraut dir auch nicht. Erlebtes Unrecht wird vergeben und nicht mehr bei
passender Gelegenheit hervorgegraben, denn Jesus ist dafür gestorben und
reibt uns unsere Sünden nicht unter die Augen. Das sind ganz praktische
Friedensschritte, die unser Christsein ausmachen. Gott wirkt dies in uns. Du
sollst dich dazu entscheiden, dies in deinem Alltag umzusetzen.
So sind wir von dem grossen Friedenstraum in unserer kleinen, persönlichen
Welt angelangt. Beides aber dürfen wir im Auge behalten: Mithelfen, Gottes
Friedensreich aufbauen in unserem Alltag. Und gleichzeitig uns freuen darauf,
dass Gott eines Tages, der nicht mehr allzufern ist, sein weltumspannendes
Friedensreich aufrichten wird, wenn er in Jesus in Zion erscheint.
Amen.
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