Kontrollierte Vergleichsstudien zur endovenösen Therapie der

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© Schattauer 2012
Originalarbeit
Kontrollierte Vergleichsstudien zur
endovenösen Therapie der Varikosis
Ist die Stripping-Operation noch konkurrenzfähig?
A. Mumme
Interdisziplinäres Venenzentrum, Ruhr-Universität Bochum
Schlüsselwörter
Lasertherapie, Radiofrequenztherapie, Stripping-Operation, kontrollierte randomisierte
Studien
Zusammenfassung
Hintergrund: Die endovenösen Therapieverfahren werden von Seiten der Industrie und
zum Teil von ärztlicher Seite als minimal invasive Alternative zur Stripping-Operation dargestellt. Im Zeitalter der Evidenzbasierten Medizin müssen derartige Bewertungen mit kontrollierten Vergleichsstudien (RCT) abgesichert sein. Ziel unserer Studie war die Überprüfung des vorhandenen Datenmaterials mit
der Fragestellung, ob die Stripping-Operation
tatsächlich in validen Vergleichsstudien unterlegen ist.
Methode: Die in einer Datenbank-Recherche
identifizierten RCTs zur Laser- oder Radiofrequenztherapie vs. Stripping-Operation wurden einer Qualitätsbewertung unterzogen.
Darüber hinaus wurden die Parameter
Schmerzhaftigkeit und Rekonvaleszenz verglichen.
Ergebnisse: Die Qualität der RCTs zur endovenösen Therapie ist schlecht. Fehlende Multizentrizität (83 %), zu geringe Fallzahl (83 %)
und fehlender Unabhängigkeit (33 %) waren
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Achim Mumme
Klinik für Gefäßchirurgie
St. Josef-Hospital
Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
Gudrunstr. 56, 44791 Bochum
E-Mail: [email protected]
die häufigsten Qualitätsmängel. Bei den Parametern Schmerzhaftigkeit und Rekonvaleszenz
zeigten sich für die Lasertherapie keine eindeutigen Vorteile gegenüber der Stripping-Operation. Dagegen schnitt die Radiofrequenztherapie
bei diesen Parametern eindeutig besser ab als
die Operation.
Schlussfolgerungen: Einen validen Methodenvergleich läßt das überwiegend mangelhafte
Datenmaterial derzeit nicht zu. Nach wie vor
fehlen unabhängige und fallzahlstarke Studien
mit multizentrischer Datenerhebung, die für die
endovenösen Therapieverfahren einen eindeutigen Vorteil gegenüber der Stripping-Operation belegen können.
Keywords
Laser therapy, radiofrequency therapy, stripping surgery, randomised controlled trials
Summary
Background: Endovenous treatments are presented by the sector (and to some extent by
medical practitioners) as a minimally invasive
alternative to vein stripping surgery. In the era
of evidence-based medicine, such claims need
to be confirmed by means of randomised con-
trolled trials (RCTs). The aim of our study was
to review the available data to determine
whether stripping surgery is actually inferior
in valid comparative trials.
Methods: RCTs identified in a database search
as comparing stripping surgery with laser or
radiofrequency treatment were assessed with
regard to their quality. Parameters of painfulness and duration of recovery were also compared.
Results: The quality of RCTs dealing with endovenous treatment is poor. Lack of multicentricity (83%), insufficient number of cases
(83%) and lack of independence (33%) were
the most common quality defects. Laser therapy was not shown to have any clear advantage over stripping surgery with respect to parameters of pain or convalescence. However,
these parameters were significantly better
with radio-frequency therapy than with surgery.
Conclusions: A valid comparison of techniques shows that the data available at present are mostly poor and unreliable. There are
still not enough independent trials with sufficient case numbers and multicentre data collection to demonstrate that endovenous
treatments have a significant advantage over
stripping surgery.
Randomised controlled trials on endovenous treatment of varicose veins. Is stripping surgery still
competitive?
Phlebologie 2012; 41: 68–72
eingereicht: 01. März 2012
angenommen: 15. März 2012
Vor 14 Jahren wurden die Verfahren zur
Hitzeablation insuffizienter Stammvenen
klinisch eingeführt (13). Mit dem Versprechen, „das Gleiche zu leisten wie die Operation, nur schonender“, entwickelte sich die
neue Therapieoption zu einer ernsthaften
Konkurrenz für die Stripping-Operation.
In den USA gelten die endovenösen Verfahren bereits als Therapie der Wahl, wenn es
um die Behandlung einer Stammvenenin-
suffizienz geht (6). Gegenüber der operativen Behandlung sollen die endovenösen
Verfahren weniger Schmerzen verursachen
und damit eine schnellere Rekonvaleszenz
ermöglichen.
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A. Mumme: Kontrollierte Vergleichsstudien zur endovenösen Therapie der Varikosis
Mit einer Analyse der aktuellen Vergleichsstudien (RCT) sollte überprüft werden, ob
die Datenlage tatsächlich die Präferierung
der endovenösen Therapie unterstützt. In
diesem Fall wäre die Konkurrenzfähigkeit
der Stripping-Operation infrage gestellt.
ergebnisse von endovenöser Therapie und
Operation anstellen möchte.
Schließlich wurde noch überprüft, ob
eine signifikante Patientenselektion bestand oder ob die Studie eine generelle Aussage über Patienten mit Varikosis erlaubte.
Schmerzhaftigkeit und
Rekonvaleszenz
Methode
Literatursuche und Einschlusskriterien
In einer Datenbank-Recherche in Medline,
sowie einer Auswertung der AbstractPublikationen der Jahrestagungen der
Deutschen Gesellschaft für Phlebologie erfolgte der Einschluss von englisch- oder
deutschsprachigen Studien, in denen Laser- oder Radiofrequenztherapien mit der
konventionellen Stripping-Operation in
randomisierten Kollektiven verglichen
wurden.
Die Art und Weise des konventionellen
Strippings spielte bei den Einschlusskriterien keine Rolle. Nicht-konventionelles
Stripping, wie das Stripping unter Einsatz
von Kältesonden, galt als Ausschlusskriterium. Weiterhin blieben Kollektive unberücksichtigt, bei denen die endovenöse
Therapie mit einer Krossektomie kombiniert wurde. Bei mehrfacher Publikation
derselben Studienpopulation erfolgte der
Einschluss der Studie mit dem längsten
Nachbeobachtungszeitraum. Die Datenerfassung wurde am 31.12.2010 abgeschlossen.
Qualitätsbewertung
Die herausgefilterten Vergleichsstudien
wurden einer Qualitätsbewertung unterzogen. Hierzu wurde überprüft, ob das jeweilige Studiendesign die Mindestanforderungen der Evidenzbasierten Medizin erfüllte.
Für eine ausreichende Aussagekraft sollte
eine Studie möglichst multizentrisch angelegt sein und unabhängig, d. h. frei von
Sponsering durch die Industrie. Darüber
hinaus sollte die Studie mindestens 140
Fälle pro Studienarm umfassen. Diese Fallzahl ist gemäß einer Power-Kalkulation
von Carradice et. al. (1) erforderlich, wenn
man einen validen Vergleich der Früh-
Zur Ermittlung des Schmerzniveaus und
der Dauer der Schmerzhaftigkeit wurden
Studien inkludiert, in denen Messungen
anhand von Analogskalen vorgenommen
worden waren oder zumindestens ein indirekter Vergleich dieser Parameter anhand
des Schmerzmittelverbrauches möglich
war.
Für die Bestimmung der Zeitdauer der
Rekonvaleszenz wurde nach Studien gesucht, in denen die Parameter „Rückkehr
zur normalen Aktivität“ bzw. „Rückkehr
zur Arbeit“ erfasst worden waren.
Ergebnisse
Qualitätsbewertung
Die Studien zur Radiowellentherapie wiesen eine geringe Fallzahl (Durchschnitt
26,8 Fälle pro Studienarm) auf. In keiner
Studie wurde die als notwendig erachtete
Mindestfallzahl pro Studienarm von 140
erreicht. Darüber hinaus bestand in den
vier auswertbaren Studien eine Patientenselektion, bei der fortgeschrittene Stadien
der Varikosis ausgeschlossen wurden. Eine
Studie war wegen fehlender Angaben zu
den Selektionskriterien nicht auswertbar.
Die Radiowellenstudien waren überwiegend industriegesponsert (3 von 5 Studien)
und kaum multizentrisch angelegt (1 von 5
Studien).
Die Studien zur Lasertherapie waren im
Vergleich fallzahlstärker (durchschnittlich
78 Fälle pro Studienarm). In zwei Studien
wurde die geforderte Mindestfallzahl erreicht. Die Patientenselektion war weniger
Tab. 1
RCTs zur endovenösen Kathetertherapie vrs. Krossektomie und Stripping-Operation. Überblick über Patientenselektion, Fallzahlen, Multizentrizität und über die Unabhängigkeit vom Sponsoring.
Autor
Patientenselektion Fallzahl >140 Multizentrisch Unabhängig
Lurie, 2003 (10)
ja, 1,2,3,5
nein (44/36)
ja
nein
Perälä, 2005 (14)
ja, 1,2,3,
nein (15/13)
nein
ja
Stoetter, 2005 (20)
?
nein (20/20/20) nein
nein
Hinchliffe, 2006 (7)
ja, 2,3,4
nein (16/16)
nein
ja
Subramonia, 2010 (21) ja, 1,2,3
nein (47/41)
nein
nein
De Medeiros, 2005(4)
nein
nein (20/20)
nein
ja
Darwood, 2008 (3)
ja, 2,3
nein (42/29/32) nein
nein
Flessenkämper, 2009
(5)
nein
ja
(168/154/155)
ja
ja
Rass, 2009 (17)
nein
ja (161/185)
nein
ja
Christenson, 2009 (2)
nein
nein (100/104)
nein
ja
Rasmussen, 2010 (16)
ja, 3
nein (68/69)
nein
ja
Pronk, 2010 (15)
ja, 1
nein (69/62)
nein
ja
1. Ausschließlich Patienten mit ambulant durchführbarer Operation, 2. Ausschließlich Patienten ohne
starke Dilatation der Stammvene (Durchmesser >12mm), 3. Ausschließlich Patienten mit nicht geschlängelter Stammvene, 4. Ausschließlich Patienten mit bilateralen sapheno-femoralen Rezidiven
nach vorausgegangener Krossektomie, 5. Ausschließlich Patienten ohne Varikosis am Oberschenkel,
6. Ausschließlich Patienten mit CEAP II,III und IV.
Grau hinterlegt: Studien zur Radiowellentherapie, weiß hinterlegt: Laserstudien. ?: Veröffentlichung
enthielt zu diesem Punkt keine Angaben.
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A. Mumme: Kontrollierte Vergleichsstudien zur endovenösen Therapie der Varikosis
Tab. 2 Bewertung der periprozeduralen Schmerzen und der Rekonvaleszenz in RCTs zur endovenösen Kathetertherapie vs. Krossektomie und StrippingOperation. Die Radiowellentherapie (grau hinterlegt) schneidet bei beiden Kriterien besser ab als die Operation. Die Lasertherapie (hell hinterlegt) ist tendenziell schmerzhafter als die Operation. Bei der Rekonvaleszenz sind Lasertherapie und Operation sind nahezu gleichwertig.
Autor
Endovenös besser
Kein Unterschied
OP besser
Schmerzen
Rekonvaleszenz
Schmerzen
Schmerzen
Lurie, 2003 (10)
+
+
Perälä, 2005 (14)
+
+
Stoetter, 2005 (20)
+
+
Hinchliffe, 2006 (7)
+
+
Subramonia, 2010 (21)
+
+
De Medeiros, 2005(4)
+
Darwood, 2008 (3)
+
Rekonvaleszenz
+
Flessenkämper, 2009 (5)
+
Rass, 2009 (17)
+
Christenson, 2009 (2)
+
Rasmussen, 2010 (16)
Rekonvaleszenz
+
+
Pronk, 2010 (15)
streng als bei den Radiowellenstudien. Nur
3 von 7 Studien wiesen eine signifikante Selektion auf. Der Anteil industriegesponserter Studien (1 von 7) lag ebenfalls niedriger
als bei der Radiowellentherapie. Allerdings
war nur eine Laserstudie multizentrisch
angelegt.
Schmerzerfassung und
Rekonvaleszenz
Die Radiofrequenztherapie war sowohl
hinsichtlich der periprozedualen Schmerzen als auch im Hinblick auf die Rekonvaleszenz der Operation eindeutig überlegen. Sämtliche Studien zeigten geringere
Schmerzen und eine schnellere Rekonvaleszenz im endovenösen Studienarm.
Bei der Vermeidung periprozedualer
Schmerzen schnitt die Lasertherapie in einer Studie besser ab als die Operation. In
zwei Studien waren die Schmerzen gleich
ausgeprägt und in drei Studien hatten gelaserte Patienten stärkere Schmerzen als
Operierte. Die Rekonvaleszenz war in einer
Studie nach Lasertherapie kürzer als nach
der Operation. Ansonsten war die Rekonvaleszenz in fünf Studien gleich.
Diskussion
Seit der breiten Einführung der endovenösen Therapieverfahren im Jahr 1998 ist die
operative Therapie der Varikosis in der Defensive. Der langjährige Goldstandard in
der Behandlung der Stammveneninsuffizienz wird herausgefordert von einer neuen
Therapieoption, die für sich in Anspruch
nimmt, variköse Stammvenen auf schonendere Art und Weise auszuschalten. Dabei sollen die initial höheren Kosten der Behandlung kompensiert werden durch den
Vorteil einer schnelleren Rekonvaleszenz
und einer geringeren Morbidität.
Inzwischen haben sich die endovenösen
Verfahren weltweit etablieren können. In
den USA ist die Operation sogar als Therapie der ersten Wahl verdrängt worden, wie
es aus den Leitlinien des American Venous
Forum des Jahres 2011 hervorgeht (6). In
Deutschland ist dagegen nach wie vor die
Operation die dominierende Therapieoption und die Leitlinien der gefäßmedizinischen Fachgesellschaften sprechen den
Hitzeablationsverfahren lediglich eine
Gleichwertigkeit bei den Frühergebnissen
zu (8).
Angesichts international divergierender
Einschätzungen des Stellenwertes der neuen Therapieoptionen sollte in einer Analyse
der bis Ende 2010 publizierten RCTs überprüft werden, ob die in den amerikanischen
Leitlinien proklamierten Vorteile der endovenösen Therapie nachvollziehbar sind
und damit eine Anpassung der deutschen
Leitlinien erfolgen müsste. Die Konkurrenzfähigkeit der Stripping-Operation wäre dann nicht mehr gegeben.
Qualität des Datenmaterials
Die entsprechend den Anforderungen der
Evidenzbasierten Medizin vorgenommene
Qualitätsbewertung des Datenmaterials
bestätigte zunächst die Ansicht von Thakur
et al. (22), dass die publizierten Standards
für phlebologische Studien (9) selten Beachtung finden. Für jede Studie gelten andere Kriterien, so dass die Ergebnisse untereinander kaum vergleichbar sind. Zur Verwendung in Sammelstatistiken ist das vorhandene Datenmaterial daher ungeeignet.
Eine weitere Einschränkung in der Qualität des Datenmaterials ergibt sich aus den
geringen Fallzahlen, vor allem in den Studien zur Radiofrequenztherapie. Fallzahlen
von 13 bis 47 können keinen repräsentativen Querschnitt aller Ausprägungen der
Varikosis abbilden und verfehlen damit das
Ziel, homogene Vergleichsgruppen zu
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A. Mumme: Kontrollierte Vergleichsstudien zur endovenösen Therapie der Varikosis
schaffen. Hier gilt es zu berücksichtigen,
dass Patienten mit Varikosis ein heterogenes Krankengut darstellen mit interindividuell höchst unterschiedlicher Ausprägung
von Anzahl, Lokalisation und Durchmesser
der Varizen. Große Konvolute erzeugen naturgemäß ein anderes Behandlungstrauma
als kleine, viele Konvolute und führen zu einer anderen Beeinträchtigung als wenige.
Darüber hinaus variiert das Behandlungstrauma in Abhängigkeit vom Lebensalter, dem Körpergewicht, der Co-Morbidität und dem CEAP-Stadium. In dieser Situation lassen sich generelle Aussagen zur
Wertigkeit unterschiedlicher Behandlungsmethoden nur dann anstellen, wenn fallzahlstarke Kollektive verglichen werden, wobei die von Carradice et al. (1) vorgeschlage
Fallzahl von 140 pro Studienarm wohl am
ehesten eine Mindestanforderung darstellt.
Die Studien zur Radiofrequenztherapie
weisen eine strenge Patientenselektion auf,
bei der Patienten mit fortgeschrittener Varikosis ausgeschlossen wurden. Inkludiert
wurden ambulant behandelbare Fälle mit
anatomischer Eignung für die endovenöse
Therapie und geringem Venendurchmesser
(7, 10, 14, 20, 21). Dementsprechend beschränkt sich die Aussagekraft der Studien
auf diesen Patientenkreis. Für fortgeschrittene Stadien der Varikosis liefern die RCTs
zur Radiofrequenztherapie keine verwertbaren Daten.
Weitere Einschränkungen der Radiofrequenztherapiestudien betreffen deren oft
fehlende Unabhängigkeit von der Industrie
und die meist fehlende Multizentrizität.
Dabei muß das Sponsering durch die Industrie nicht zwangsläufig ein Abhängigkeitsverhältnis bedeuten. Dennoch ist eine
solche Beziehung als Manko zu werten, zumal in einer kürzlich publizierten Studie
der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (19) deutlich wurde, dass
von pharmazeutischen Unternehmen finanzierte klinische Studien im Vergleich zu
Studien, die unabhängig von pharmazeutischen Unternehmen durchgeführt wurden,
häufiger ein günstiges Ergebnis für den
Wirkstoff des pharmazeutischen Sponsors
darstellen.
Im Vergleich zu den Radiofrequenztherapiestudien ist die Aussagekraft der Studien zur Lasertherapie (2–5, 15–17) besser.
Mit bis zu 168 Fällen pro Studienarm wa-
ren die untersuchten Kollektive umfangreicher. Gleichzeitig wurde in den Studien weniger selektioniert, so dass auch die fortgeschrittenen Stadien der Varikosis Berücksichtigung fanden. Ein weiterer Vorteil
besteht darin, dass fast alle Studien ohne
Industriebeteiligung durchgeführt wurden. Allerdings leiden auch die Laserstudien an mangelnder Multizentrizität.
Schmerzen und Rekonvaleszenz
Die Radiofrequenztherapie war in sämtlichen Vergleichsstudien weniger schmerzhaft als die Operation. Dementsprechend
erreichten die endovenös behandelten Patienten auch schneller ihre normale Aktivität.
Ob dieser bei Patienten mit gering ausgeprägter Varikosis festgestellte Vorteil auf
die fortgeschrittene Varikosis übertragbar
ist, muß durch weitergehende Studien erst
noch geklärt werden. Hier gilt es zu berücksichtigen, dass die Ausprägung der Varikosis mit wachsendem Venendurchmesser
zunimmt (11).
Bei ausgedehnter Varikosis und dementsprechend zahlreichen Miniphlebektomien sinkt die Bedeutung der Stammvenenausschaltung für das Gesamttrauma
der Behandlung. Wenn dagegen bei einer
schmalkalibrigen Stammvene nur wenige
Konvolute exstirpiert werden müssen,
überwiegt das Trauma an der Stammvene.
Es wäre denkbar, dass der bei selektionierten Patienten beobachtete Vorteil für
die Radiowellentherapie relativiert wird,
wenn Kollektive mit ausgeprägter Varikosis
betrachtet werden.
Ein genereller Vorteil für die Radiofrequenztherapie, wie er in den amerikanischen Leitlinien ausgewiesen ist, lässt sich daher aus
dem vorhandenen Datenmaterial keinesfalls ableiten.
Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass die Ergebnisse in den operativen Studienarmen zum Teil ungewöhnlich
schlecht waren. Beispielsweise hatten die
ambulant operierten Patienten in der RCT
von Subramonia und Lees (21) perioperativ so starke Schmerzen, dass sie durch-
schnittlich 10 Tage (5–14 Tage) lang auf
Schmerzmittel angewiesen waren und erst
nach durchschnittlich 12,5 Tagen (4–21 Tage) ihre normale Aktivität erreichten.
Eine operative Vergleichsgruppe mit
derartig schlechten Ergebnissen ist aus der
täglichen Praxis genauso wenig bekannt
wie aus der Literatur. Im Vergleich mit einer repräsentativen Vergleichsgruppe (15),
bei der kaum ein Patient nach ambulanter
Operation Schmerzmittel braucht und die
normale Aktivität nach spätestens drei Tagen wieder erreicht ist, hätte die Radiowellentherapie möglicherweise gar keinen
Vorteil gezeigt.
In den RCTs zur Lasertherapie konnte
der in den amerikanischen Leitlinien ausgewiesene Vorteil einer geringeren
Schmerzhaftigkeit und einer schnelleren
Rekonvaleszenz der endovenösen Therapie
nicht nachvollzogen werden. Beide Therapieoptionen wiesen ähnliche Resultate auf,
wobei die Lasertherapie perioperativ in der
ersten Woche weniger Schmerzen verursachte, dafür aber in der zweiten Woche
das schmerzhaftere Verfahren war (15).
Fazit
Die Qualität des Datenmaterials zu den Frühergebnissen der endovenösen Therapie ist
unbefriedigend und lässt zumindestens bei
der Radiowellentherapie einen validen Vergleich mit dem alten Goldstandard, der Varizenoperation, kaum zu.
Die RCTs zur Lasertherapie sind qualitativ
besser, leiden aber auch an meist fehlender
Multizentrizität und geringer Fallzahl. Der
oft postulierte Vorteil geringerer Schmerzhaftigkeit und schnellerer Rekonvaleszenz
lässt sich in den Vergleichsstudien zur Lasertherapie nicht belegen. Gegenwärtig ist daher keine generelle Überlegenheit der endovenösen Therapieverfahren zu erkennen, so
dass die Konkurrenzfähigkeit der StrippingOperation weiterhin gegeben ist.
Angesichts der potenziellen Vorteile sich
weiterentwickelnder endovenöser Therapieverfahren ist aber nach wie vor der Bedarf
groß für fallzahlstarke und unabhängige
RCTs mit multizentrischer Datenerhebung.
Dabei sollten dann nicht nur die Frühergebnisse, sondern auch die noch nicht verglichenen Langzeitergebnisse analysiert werden.
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A. Mumme: Kontrollierte Vergleichsstudien zur endovenösen Therapie der Varikosis
Dementsprechend bestanden zwischen
beiden Therapieoptionen keine Unterschiede in der Rekonvaleszenzdauer. Lediglich in der Studie von Darwood et al. (3)
konnte ein Vorteil für die Lasertherapie
festgestellt werden. Allerdings wurden in
der Studie die gelaserten Patienten verglichen mit operierten Patienten, bei denen
zusätzlich zum Stripping noch eine Seitenastexhairese vorgenommen worden war. In
der Lasergruppe war auf eine Seitenastexhairese verzichtet worden: Ein klassischer
Vergleich von Äpfel und Birnen, der die Ergebnisse im endovenösen Studienarm begünstigte.
Interessenkonflikt
Es bestehen keine Interessenkonflikte.
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