Direkte Demokratie und der Niedergang der Traditionsparteien SPÖ

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Tag der Politikwissenschaft
27. – 28. November 2015
Österreichische Gesellschaft für Politikwissenschaft & Abteilung
Politikwissenschaften/Universität Salzburg
Call for Papers
Sargnagel oder rettender Strohhalm? Direkte Demokratie und der
Niedergang der Traditionsparteien SPÖ und ÖVP
Einreicher/in
Stefan Vospernik
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Abstract (300 Wörter)
Es ist eine Binsenweisheit, dass kleinere und oppositionelle Parteien mehr von der direkten
Demokratie haben als größere und regierende. Regierungsparteien setzen
direktdemokratische Verfahren nur ein, wenn es nicht anders geht: Um an der Macht zu
bleiben, ihre Einheit zu wahren, Blockaden zu brechen oder besonders umstrittene
Entscheidungen zu legitimieren. Im konfliktaversen großkoalitionären Regierungssystem der
beginnenden Zweiten Republik kam keines dieser Motive zum Tragen, für direkte
Demokratie gab es keinen Platz. Entscheidungen waren durch den Konsens der beiden
Lagerparteien legitimiert, die über eine erdrückende Parlamentsmehrheit verfügten.
Schwerfälligkeit und politischer Stillstand waren der Preis für die Konsensorientierung. Das
Rundfunkvolksbegehren 1964 zeigte eindrucksvoll, dass dieses Politikmodell den Rückhalt
der Bürger zu verlieren begann. Ein Fünftel der politisch aktiven Bevölkerung stellte sich
gegen den schwarz-roten Proporz und stieß damit die Tür auf in Richtung eines auf der
Alternanz zwischen den beiden Großparteien beruhenden Regierungssystems. Mit einem
Schlag wurde direkte Demokratie funktional. Gerade die bis dahin skeptischen Großparteien
bedienten sich direktdemokratischer Verfahren, des Volksbegehrens in der Opposition und
der Volksabstimmung an der Regierung.
Der Beitrag analysiert anhand von konkreten Fällen den Umgang von SPÖ und ÖVP mit
direktdemokratischen Verfahren. Zwar gab es, abhängig von der jeweiligen politischen
Konstellation, unterschiedliche Zugänge und Strategien, doch stand meist der Machterhalt
bzw. kurzfristige politische Erfolg gegen den politischen Gegner im Fokus. Damit
beschleunigten die beiden Großparteien unweigerlich jene Entwicklungen, die ab Mitte der
1980er Jahre zu ihrem Niedergang führten. Volksbegehren und Volksabstimmungen
lockerten die zuvor eisernen Parteibindungen, boten (neuen) Oppositionsparteien eine
Bühne und führten den Wählern immer wieder die Arroganz eines den Volkswillen
ignorierenden „Machtkartells“ vor Auge.
Hätte es auch anders laufen können? Diese Frage wird im Beitrag anhand von
internationalen Beispielen erörtert. Schließlich gibt es auch politische Systeme, in denen eine
spezifische Konfiguration der direkten Demokratie die Struktur des Parteiensystems und den
Alternanzdruck von breiten Regierungskoalitionen nimmt. Die Akzeptanz oppositioneller
direktdemokratischer Initiativen könnte für die im gesellschaftlichen Wandel ihrer sicheren
Fundamente beraubten Traditionsparteien nämlich eine ständig sprudelnde neue
Legitimationsquelle sein.
Direkte Demokratie / Parteiensystem / Regierungssystem / Wahlen
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