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Affektive Störungen und Pharmakologie
Wolfgang Maier, Thomas Schläpfer, Kai-Uwe Kühn, Jens Westheide
Frage 241
.......................................
Spezifische Krankheitslehre
?
!
Mitte der 90er Jahre untersuchte die Weltgesundheitsorganisation die Belastung der Gesellschaft
über die gesamte Lebenszeit durch verschiedene
Krankheiten. Dabei wurde sowohl die Lebenszeitverkürzung durch eine Krankheit wie auch die Reduktion der Lebensqualität durch die Krankheit
einbezogen und die Krankheiten je nach Stärke
dieses kombinierten Belastungsfaktors gewichtet
(DALY = Dysability Adjusted Life Years).
Wissen Sie, welchen Rang die unipolare Depression im Jahre 1990 einnahm bzw. für das Jahr 2020
prognostiziert wird?
±
±
i ¾hnliche Modelle werden zumeist als sog. bio-psychosoziale Krankheitsmodelle für zahlreiche psychiatrische
oder auch nicht-psychiatrische Erkrankungen diskutiert.
Ihr multifaktorieller Ansatz hat sich für offene Hypothesenbildungen über mögliche Entstehungen von Erkrankungen als sehr fruchtbar erwiesen.
Frage 244
.......................................
unbehandelte Depressionen füh? Langandauernde
ren zu funktionellen und strukturellen Hirnveränderungen.
Benennen Sie diejenige Hirnstruktur, die im Sinne
einer Volumenverminderung besonders betroffen
ist.
1990: Rang 4,
2020: Rang 2.
i Als ein DALY (Disability Adjusted Life Year) ist ein verlo-
renes Jahr an ¹Gesundheitª bzw. die Belastung durch die
Erkrankung definiert. Die Erkrankung wird in Relation
gesetzt zur Normalbevölkerung gleichen Alters und
Menschen mit vollkommener Gesundheit.
!
Der Hippocampus.
i Die Entwicklung hochauflösender bildgebender Verfah-
ren in Verbindung mit neuen Methoden der voxelbasierten Morphometrie ermöglichen den Nachweis von
krankheitsbedingten bzw. behandlungsbedingten Veränderungen von Hirnstrukturen.
Frage 242
.......................................
?
Wie groû ist die Lebenszeitprävalenz für Depression?
!
Groûe epidemiologische Studien geben übereinstimmend eine Lebenszeitprävalenz von 16 ± 18 % an.
Frage 245
.......................................
wirkende Psychopharmaka sowie
? Antidepressiv
die Elektrokrampftherapie haben eine gemeinsame neurobiologische Wirkung, die im Tierversuch
nachgewiesen wurde.
Welche ist dies?
i Üblicherweise werden nur solche Störungen als ¹De-
pressionenª gewertet, die einen Schweregrad erreichen,
die eine medizinische bzw. psychiatrische Behandlung
ratsam erscheinen lassen.
Frage 243
.......................................
?
Umschreiben Sie die heute angenommene Ursache-Wirkungsbeziehung bei der Depression anhand des Stress-Diathese-Modells.
!
±
±
±
68
Voraussetzung für die Entwicklung depressiver
Erkrankungen ist eine genetische Vulnerabilität,
wobei bis heute allerdings nicht klar ist, welche
Prädispositionsgene genau in Frage kommen.
Auf dem Boden dieser Vulnerabilität führen dann
groûe Traumata oder viele repetierte Mikrotraumen bei fehlenden oder insuffizienten ausgleichenden Ressourcen zu einer Hyperreagibilität des
Stress-Antwort-Systems.
Diese Hyperreagibilität ist biologisch gekennzeichnet durch eine verstärkte und länger andauernde Ausschüttung von Stresshormonen, insbesondere von Cortisol.
!
Sie führen zu einer Neurogenese (Neubildung von
Nervenzellen) im Stratum granulare des Hippocampus.
i Neurogenese im Hippocampus hat auch eine zentrale
Bedeutung für den Erwerb neuer Gedächtnisinhalte im
erwachsenen Gehirn (synaptische Plastizität).
Frage 246
.......................................
antidepressive Verfahren sind die
? Evidenzbasierte
Psychopharmakotherapie, gewisse Psychothera-
pieverfahren sowie die Elektrokrampftherapie.
Welche adjuvanten Verfahren ziehen Sie bei der
ambulanten oder stationären Behandlung der Depression in Betracht?
!
±
±
±
±
±
±
Ergotherapie,
Physiotherapie,
Schlafhygiene,
Strukturierung des Tagesablaufs,
Psychoedukation,
familientherapeutische Maûnahmen.
..........
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
i Evidenzbasierungen liegen häufig nur für solche Thera-
psychiatrischen Erkrankungen angewandt; er erfährt
gegenwärtig eine Ausweitung auf das überzufällig häufige, intraindividuell gemeinsame Auftreten jeglicher Erkrankungen.
pieverfahren vor, deren Einsatz durch Nachweis der
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erst legalisiert wird,
z. B. gesetzlich geregelte Zulassungsverfahren für Arzneimittel.
Frage 250
?
Es gibt viele verschiedene Psychotherapieverfahren, die bei der Behandlung der Depression eingesetzt werden oder wurden.
Welche sind nach heutigem Erkenntnisstand evidenzbasiert?
!
±
±
Ansprechen auf antidepressiv wirksame Psy? Das
chopharmaka ist um 3 ± 4 Wochen (bei älteren Patienten oft bis 6 Wochen) verzögert (Wirkungslatenz). Der Spiegel von relevanten Monoaminen
wie Serotonin und Noradrenalin verändert sich
aber bereits Stunden bis Tage nach der ersten Medikamentengabe.
Welcher neurobiologische Parameter korreliert
mit der klinischen Wirksamkeit?
Interpersonelle Psychotherapie,
kognitive Verhaltenstherapie.
i Im stationären klinischen Einsatz ist die Indikationsstellung für psychotherapeutische Verfahren zusätzlich
durch die zu veranschlagende Zeitdauer des jeweiligen
Therapieverfahrens limitiert.
!
Die Abnahme der Rezeptordichte von Serotonin- und
Noradrenalinrezeptoren bzw. deren Herabregulierung
(down regulation) korreliert mit der klinischen Wirksamkeit in der Depressionsbehandlung.
i Die inverse, intraindividuelle Beziehung von 5 HT1 a-Rezeptordichte und Alter ist ebenfalls gut belegt.
Frage 248
.......................................
sind die herausragenden Merkmale der Dys? Was
thymie?
!
Leicht- bis mittelstark ausgeprägte depressive Symptome, die für eine Dauer von mindestens 2 Jahren
ohne wesentliche Veränderungen anhalten.
i Der wichtigste Unterschied zu den meisten anderen De-
pressionsformen liegt darin, dass es sich bei den Dysthymien um lang andauernde und nicht um episodische
Verstimmungszustände handelt. Sie werden deshalb öfters als andere Depressionsformen als Persönlichkeitsstörungen verkannt.
Frage 251
.......................................
viel Prozent der Patienten, die mit einer anti? Wie
depressiven Psychopharmakotherapie behandelt
werden, sprechen auf diese Therapie an?
!
i Wodurch die intraindividuelle Varianz des Ansprechens
ein und desselben Antidepressivums von Depressionsepisode zu Depressionsepisode begründet ist, ist ungeklärt.
Frage 249
.......................................
?
!
Von zentraler Bedeutung ist das gleichzeitige Auftreten von Depression und anderen medizinischen
Erkrankungen. So konnte gezeigt werden, dass Depression bei Patienten mit Diabetes mellitus etwa
3-mal häufiger vorkommt als bei Patienten ohne
diese Affektion.
Schätzen Sie die Häufigkeit des Auftretens einer
klinischen Depression für die folgenden Krankheiten: zerebrovaskulärer Insult, Myokardinfarkt,
Krebserkrankungen.
±
±
±
Zerebrovaskulärer Insult: 10 ± 27 %,
Myokardinfarkt: 18 ± 25 %,
Krebserkrankungen: 25 %.
i Unter Komorbidität versteht man, wenn 2 psychiatrische
Erkrankungen überzufällig häufig gemeinsam (bei ein
und derselben Person) auftreten. Ursprünglich wurde der
Begriff nur auf Suchterkrankungen plus eine andere
Unter der Voraussetzung, dass dieser 1. Therapieversuch in adäquater Dauer und adäquater Dosis durchgeführt wird, sprechen etwa 70 % der Patienten darauf an.
Frage 252
.......................................
groû ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Pa? Wie
tientin nach einer 1. depressiven Episode wiedererkrankt?
Wie groû ist die Wahrscheinlichkeit nach 3 Episoden?
!
Wahrscheinlichkeit
± nach 1 Episode: 50 %,
± nach 3 Episoden: 90 %.
i Orientieren Sie sich bei der Indikationsstellung für die
Langzeit-Rezidivprophylaxe an den aktuellen Leitlinien
des Fachverbands (DGPPN). Langzeit-Prophylaxe ist indiziert, wenn 3 oder mehr Episoden in der bisherigen Lebensperiode oder mehr als 2 Episoden (Major Depression) in den letzten 5 Jahren aufgetreten sind.
. . . . . . . . . . 69
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
3.4
.......................................
.......................................
Affektive Störungen und Pharmakologie
Frage 247
Frage 253
i Bei aus Pflanzenextrakten gewonnenen Zubereitungen
haben einen schwer depressiven Patienten,
? Sie
den Sie in seiner 1. depressiven Episode erfolg-
bestehen grundsätzlich besondere Anforderungen für
Qualitätskontrolle in der pharmazeutischen Fertigung,
damit die für die jeweilige Zubereitung angegebenen
Dosierungen auch gewährleistet sind.
.......................................
reich mit einem Serotoninwiederaufnahmehemmer behandelt haben.
Wie lange muss die Therapie in der initialen Dosierung des Medikamentes fortgeführt werden?
!
Die minimale Therapiedauer ist 6 Monate nach einer
1. depressiven Episode.
Frage 257
.......................................
?
Sie behandeln eine Patientin mit einer schweren,
lebensbedrohlichen, agitierten Depression. Aus familiären Gründen ist eine Klinikeinweisung zum
jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Sie behandeln
die Depression mit einem kombiniert noradrenerg-serotoninerg wirksamen Antidepressivum,
sowie mit 3 ´ 2,5 mg Lorazepam.
Wie lange ist diese Medikamentenkombination so
angezeigt?
!
Nicht länger als etwa 4 Wochen.
i Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Erhal-
Spezifische Krankheitslehre
tungstherapie. Viele Langzeitstudien zeigen übereinstimmend, dass ein früheres Absetzen der medikamentösen
Therapie die Wahrscheinlichkeit eines akuten Rückfalls in
eine depressive Episode massiv erhöht.
Frage 254
.......................................
?
Wie groû ist der Anteil der Patienten mit einer
Bipolar-I-Störung, die über einen Zeitraum von
mehr als 12 Monaten erfolgreich mit einer pharmakologischen Monotherapie behandelt werden
können?
!
0 %.
i Die Verschreibung von Benzodiazepinen kann in der
akuten Phase der Depressionstherapie sehr sinnvoll sein,
weil damit die Wirkungslatenz-Phase der antidepressiven
Medikation überbrückt werden kann. Hilfreich ist auch
die sedierende Wirkung von Benzodiazepinen, insbesondere zur Verbesserung des gestörten Nachtschlafes. Ein
längerer Einsatz ist aber nicht angezeigt, da diese Medikamente ein signifikantes Abhängigkeitspotenzial haben
und die biologischen Faktoren der Depression nicht beheben. Hinzu kommt, dass der Wirkungseintritt der Antidepressiva und damit auch der Krankheitsverlauf kaum
noch beurteilbar sind, da insbesondere anxiolytisch
wirksame Benzodiazepine depressive Syndrome weitgehend maskieren.
i Der episodische Verlauf der Störung mit depressiven
sowie manischen bzw. hypomanen Symptomen indiziert
in jedem Fall eine Kombinationstherapie mit Stimmungsstabilisatoren, atypischen Neuroleptika, Benzodiazepinen und Antidepressiva.
Frage 255
.......................................
viele Patienten werden in Deutschland gera? Sehr
de bei einer ersten depressiven Episode nicht mit
konventionellen Psychopharmaka behandelt, sondern vornehmlich mit pflanzlichen Präparaten. In
Deutschland werden bevorzugt Johanniskrautpräparate bei der Depression verschrieben.
Wann ist der Einsatz solcher Präparate angezeigt?
!
±
±
Johanniskrautpräparate sind in ihrer Wirksamkeit
nur bei leicht- bis mittelstark ausgeprägten Depression nachgewiesen.
Die Behandlung einer schweren depressiven Episode mit diesen Präparaten ist nicht angezeigt.
Frage 256
.......................................
Risiken gehen Sie mit Johanniskrautpräpa? Welche
raten ein?
!
±
±
70
Ein gewisses Risiko dieser Medikamente liegt in
ihrem signifikanten Interaktionspotenzial mit anderen, gleichzeitig verabreichten Medikamenten
(Arzneimittelinteraktion).
Daher sollten sie nur als Monotherapie angewendet werden.
Frage 258
.......................................
?
Depressionen sind mit einer hohen krankheitsimmanenten Mortalität im Sinne von Suizidalität assoziiert. Daneben erhöhen sie auch Morbidität
und Mortalität bei komorbiden medizinischen Erkrankungen.
Bei welchen Krankheiten ist diese Beziehung
nachgewiesen?
!
±
±
Bei kardiovaskulären Erkrankungen,
bei Krebserkrankungen.
i Die genannten Komorbiditäten haben wegen der hohen
Prävalenz der einzelnen Erkrankungen erhebliche Bedeutung. Depressionen erhöhen das Mortalitäts- und das
Morbiditätsrisiko für kardiovaskuläre Erkrankungen auf
das 2 ± 4-fache. Den Komorbiditäten von Krebserkrankungen und psychiatrischen Erkrankungen widmet sich
die Psychoonkologie.
..........
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
Frage 262
.......................................
Kombination von Psychopharmakotherapie und
Psychotherapie. Die restlichen 10 % sind behandlungsresistent, d. h. dass sie auch bei genügender
Dauer und genügend hoher Dosierung von Antidepressiva auf keine Kombination ansprechen.
Welches Therapieverfahren ist in dieser Situation
angezeigt?
lige Angstsymptome und erreichen die Kriterien
für eine generalisierte Angsterkrankung oder Panikstörung.
Zu welchen Problemen führt das komorbide Vorliegen von Angst- und Depressionssymptomen?
!
60 und 85 % der Patienten, die an einer
? Zwischen
klinischen Depression leiden, haben überschwel-
!
±
Die Elektrokrampftherapie.
i Eine moderne Elektrokrampftherapie in ihrer heute an-
±
gewandten Form, d. h. unter Anästhesie und Muskelrelaxation, ist nicht nur sehr wirksam (akute Ansprechrate
80 %), sondern auch risikoarm und hat relativ wenige
unerwünschte Wirkungen. Ihr Einsatz ist vornehmlich
durch angsteinflöûende Vorurteile limitiert.
±
Es konnte gezeigt werden, dass beim Vorliegen
von Symptomen aus der jeweiligen anderen
Symptomgruppe die Symptome wechselseitig
schwerer ausgeprägt sind.
Beim Vorliegen einer Angsterkrankung ist die Depression wesentlich therapieresistenter. Auûerdem dauert es länger, bis die Depressionssymptome auf eine Therapie ansprechen.
Es konnte zudem gezeigt werden, dass bei wechselseitigen Interaktionen von depressiven und
Angstsymptome die Gefahr des Suizids wesentlich
höher ist.
Frage 260
.......................................
?
Was ist die wichtigste unerwünschte Akutwirkung
der Elektrokrampftherapie?
!
Kognitive Störungen.
i Bei einem relativ groûen Prozentsatz der mit Elektro-
krampftherapie behandelten Patienten kommt es in Abhängigkeit von körperlicher Begleitsymptomatik und
Stimulationsparametern zum Auftreten von kognitiven
Störungen im Sinne einer kurzdauernden und reversiblen
Störung des Kurzzeitgedächtnisses. Bei den meisten Patienten ist diese Nebenwirkung nur wenige Wochen nach
der letzten Therapie nachzuweisen. In der Literatur sind
allerdings seltene Fälle beschrieben, bei denen permanente Störungen des Gedächtnisses nachgewiesen werden konnten.
Frage 261
.......................................
?
!
Lange vor der Entdeckung der heute verwendeten
Antidepressiva zu Beginn des 20. Jahrhunderts
wurden anderen Substanzen als Antidepressiva erfolgreich eingesetzt.
Welches war das erste Antidepressivum in der
Medizingeschichte?
Schlafmohnextrakte.
i Opioide sind ausgesprochen wirksame Antidepressiva
mit akuter Wirkung. Selbstverständlich ist heute ein
Einsatz aufgrund des Abhängigkeitspotenzials, der Nebenwirkungen sowie der geringen therapeutischen
Bandbreite ± auûer in extremen Sonderfällen ± nicht
sinnvoll. Diese antidepressive Wirkung erklärt, warum
auch einige depressive Patienten zu Opiatabhängigen
geworden sind.
Frage 263
.......................................
Dispositionsgene für die Depression ken? Welche
nen Sie?
!
Bis heute sind keine solchen bekannt.
i Die Depression ist eine komplexe Erkrankung, die weder
ausschlieûlich von genetischen noch ausschlieûlich von
Umweltfaktoren verursacht wird, sondern sicher von
einer Kombination aus beidem. Die Depression ist eine
familiäre Erkrankung, und diese Familiarität weist auf
starke genetische Einflüsse hin. Bis heute konnten keine
klaren Dispositionsgene identifiziert werden. Es ist sehr
wahrscheinlich, dass eine sehr hohe Anzahl von möglichen Suszeptibilitätsgenen existieren, die aber alle jeweils nur einen sehr kleinen Einfluss haben.
Frage 264
.......................................
verstehen Sie unter dem SSRI-Entzugssyn? Was
drom?
!
Das Auftreten von 2 oder mehr von Symptomen aus
der folgenden Liste:
± Schwindel,
± Übelkeitsgefühl oder Erbrechen,
± Kopfschmerzen,
± Lethargie,
± Angst oder Agitation,
± Parästhesien oder elektroschockartige Gefühle im
Kopf oder den Extremitäten,
± Tremor,
± Schwitzen,
± Insomnie,
± Reizbarkeit,
± Diarrhoe.
. . . . . . . . . . 71
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
3.4
zu 90 % aller Patienten, die an einer depressi? Bis
ven Episode erkrankt sind, respondieren auf eine
Affektive Störungen und Pharmakologie
Frage 259
.......................................
i Das SSRI-Entzugssyndrom wurde erst kürzlich beschrie-
Spezifische Krankheitslehre
ben, ist aber von eminenter klinischer Signifikanz, da es
bei Patienten zu einer akuten Verschlechterung der
Symptomatik führen kann. Es tritt dann auf, wenn eine
Behandlung mit SSRI oder Venlafaxin abrupt, d. h. ohne
Ausschleichen, abgebrochen wird. Diese Symptome
haben nichts mit dem Wiederauftreten der Depression
zu tun, sondern werden verursacht durch das abrupte
Absenken des Plasmaspiegels. Das Auftreten dieses Syndroms kann durch ein langsames Ausschleichen der Medikation etwa über 4 Wochen verhindert werden. Bei
einem Wechsel auf ein anderes (serotonerges) Antidepressivum erübrigt sich ein Ausschleichen.
Das geschilderte Entzugssyndrom sollte nicht mit dem
serotonergen Syndrom verwechselt werden.
Frage 267
.......................................
einigen Jahren wurden keine bahnbrechend
? Seit
neuen Konzepte in der Psychopharmakotherapie
entwickelt. Basierend auf neueren Erkenntnissen
zur Neurobiologie der Depression, befindet sich
jetzt ein neues therapeutisches Konzept im frühen
Forschungsstadium.
Worum handelt es sich?
!
i Konvergierende Befunde aus verschiedenen wissenschaftlichen Arbeitsgebieten deuten darauf hin, dass bei
depressiven Patienten eine Hyperreagibilität der Hypophysennebennierenrindenachse vorliegt, welche schon
bei vergleichsweise kleinen Stressoren groûe Mengen von
Glucocorticoiden prolongiert ausschüttet. Über lange
Zeit führt dann diese Hyperreagibilität zu den heute bekannten strukturellen Veränderungen am Hirn, insbesondere der Volumenabnahme des Hippocampus. Der
corticotropin releasing factor (CRF) spielt im Signalübertragungsweg dieses Mechanismus eine groûe Rolle.
Die Entwicklung von CRF-Antagonisten könnte einen
wichtigen Schritt in eine hypothesengeleitete Depressionstherapie darstellen. Solche Substanzen befinden sich
z. Zt. vielerorts in der Entwicklung und werden zum Teil
bereits in Phase-I-Studien getestet.
Frage 265
.......................................
?
Was verstehen Sie unter dem Begriff ¹rapid cyclingª?
!
Mindestens 4 Episoden von Stimmungsstörungen im
Rahmen einer Bipolaren-I- oder -II-Erkrankung oder
einer unipolaren Depression innerhalb der letzten 12
Monate.
i Rapid cycling ist eine i. Allg. zu wenig erfasste Krank-
heitsentität, die auch schwierig zu behandeln ist. Im klinischen Alltag gibt es Patienten, die sich in einem ausgesproch schnellen Rhythmus, der nur wenige Tage oder
in seltenen Fällen auch nur wenige Stunden dauern
kann, zwischen manischen und depressiven Polen hinund herbewegen.
Frage 268
.......................................
Sie Gründe
? Nennen
unter Neuroleptika.
!
Frage 266
.......................................
sind die Kriterien für eine ¹endogene Depres? Was
sionª nach ICD-10? (Cave!)
!
Diese Diagnose existiert in aktuellen Klassifikationssystemen nicht mehr.
i Die alte Einteilung in exogene und endogene Depressio-
nen ist sowohl beim ICD-Klassifikationssystem als auch
beim amerikanischen DSM-System verlassen worden,
und zwar aus diagnostischen und therapeutischen
Gründen. Es ist ausgesprochen schwierig festzustellen,
welches Ereignis oder welche Verhältnisse bei einem gewissen Patienten als Auslöser für eine Depression in
Frage kommen. Viel wichtiger ist, dass dies absolut keine
therapeutischen Konsequenzen hat. Obwohl es sicher
verschiedene Subtypen von Depressionen gibt, werden
schwere depressive Episoden zumindest in der Anfangsphase der Therapie mit gleichen Methoden behandelt.
72
Um die Entwicklung von CRF-Rezeptorantagonisten.
für die Gewichtszunahme
Gründe für die Gewichtszunahme sind nicht nur im
Medikament selbst begründet, sondern z. B. in:
± stationärer Aufnahme (regelmäûige Mahlzeiten),
± gemeinsames Essen (induziert gesteigerte Nahrungsaufnahme),
± Langeweile mit geringer Bewegung,
± ¹Rundum-Serviceª im stationären Setting u. a..
Es gibt aber auch spezifische arzneimittelbedingte
Ursachen:
± psychopathologische Besserung (¹Essen wird
nicht mehr bestrahltª),
± antihistaminerg bedingte Appetitsteigerung,
± Hemmung des natürlichen Bewegungsdrangs
durch Sedation.
i Leider reagieren junge Frauen mit niedrigem BMI be-
sonders häufig mit starker Gewichtszunahme.
Die unerwünschte, Gewicht steigernde Wirkung ist bei
einzelnen Neuroleptika unterschiedlich ausgeprägt: Olanzapin . Clozapin . Thioridazin . Zotepin . Quetiapin . Risperidal . Haloperidol . Amisulprid . Fluphenazin .Aripiprazol. Ziprasidon.
..........
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
!
Gemeinsamkeiten:
± Die wichtigste Gemeinsamkeit besteht in der
Hemmung des Serotonintransporters.
± Durch die resultierende serotonerge Stimulation
der postsynaptischen Serotoninrezeptoren kommt
es zu ähnlichen Nebenwirkungen, z. B. sexuelle
Dysfunktion, Unruhe, gastrointestinale Symptome.
Unterschiede:
± Andererseits stammen die SSRI aus verschiedenen
Stoffklassen,
± wirken in unterschiedlicher Weise auf das noradrenerge und dopaminerge System (sind also nicht
wirklich serotoninspezifisch),
± werden unterschiedlich metabolisiert und
± führen zu völlig unterschiedlichen Interaktionen
mit anderen Arzneimitteln.
sog. atypische Neuroleptikum ist
? Welches
pharmakodynamisch ¹reinsteª und welches
¹unreinsteª Substanz?
!
±
±
die
die
¹Reinsteª Substanz: Amisulprid,
¹unreinsteª Substanz: Clozapin.
i ± Das Benzamid Amisulprid ist ein nahezu reiner D2/
D3-Antagonist ohne aktiven Metaboliten.
± Clozapin ist eine antidopaminerge, antihistaminerge,
antimuskarinerge und anticholinerge Substanz mit
direkter und indirekter Wirkung auf das Serotoninsystem, die hepatisch u. a. zu N-desmethyl-clozapin
metabolisiert wird, das ebenfalls zahlreiche Neurotransmittersysteme beeinflusst.
Da die genannten Antipsychotika sich bzgl. erwünschter
und unerwünschter klinischer Wirkungsdimensionen zumindest nicht polar unterscheiden, relativieren sie
grundsätzlich die Bedeutung der pharmakodynamischen
Spezifität.
i SSRI sind wegen der geringeren unerwünschten Wirkun-
gen, der geringeren Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, der relativen Risikoarmut bei Überdosierung
(im Falle eines Suizidversuchs geringe kardiotoxische
Wirkung) und der sehr gering verstärkenden Wirkung
von Alkohol vielen anderen Antidepressiva überlegen.
Frage 272
.......................................
?
Carbamazepin und Lithium werden beide in der
Phasenprophylaxe affektiver Erkrankungen eingesetzt.
Was müssen Sie im Hinblick auf die Pharmakodynamik und Pharmakokinetik insbesondere bei CoMedikationen mit Antidepressiva jeweils beachten?
!
Carbamazepin
± wird hepatisch metabolisiert,
± ist ein extrem starker Enzyminduktor.
± Das bedeutet, dass Antidepressiva, die selbst hepatisch metabolisiert werden, u. U. sehr schnell
abgebaut werden, in der Kombination mit Carbamazepin möglicherweise keinen wirksamen Spiegel erreichen.
Lithium
± wird renal eleminiert,
± führt deshalb nicht zu pharmakokinetischen Interaktionen mit Antidepressiva, die hepatisch
metabolisiert werden.
± Jedoch kann es zu pharmakodynamischen Interaktionen mit serotonoerg wirksamen Antidepressiva kommen, im Extremfall bis hin zu einem Serotonin-Syndrom.
Frage 270
.......................................
Sie die Begriffe ¹Pharmakodynamikª
? Erläutern
und ¹Pharmakokinetikª und bewerten Sie deren
Bedeutung bei der Psychopharmakotherapie.
!
Pharmakodynamik
± beschreibt die Wirkung von Medikamenten auf
Zielstrukturen, z. B. Rezeptoren.
± Substanzen agieren agonistisch oder antagonistisch an gleichen bzw. gleichsinnigen Rezeptoren
bzw. Rezeptorsystemen.
Pharmakokinetisch
± wird das Schicksal eines Stoffes im Organismus
bestimmt durch seine Resorption, Verteilung und
Elimination.
± Letztere wird durch den metabolischen Abbau
(Biotransformation), die Exkretion und Speicherung bestimmt.
i In der medikamentösen Behandlung psychiatrischer Erkrankungen treten sowohl pharmakodynamische wie
auch pharmakokinetische Interaktionen auf, die oft von
erheblicher klinischer Relevanz sind.
i Neben Lithiumsalzen und Carbamazepin wird bei unipolar-manischen und bipolar-affektiven Störungen auch
Valproat eingesetzt (s. Leitlinien der DGPPN).
. . . . . . . . . . 73
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
3.4
sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede der
? Was
SSRI?
Frage 271
.......................................
Affektive Störungen und Pharmakologie
Frage 269
.......................................
Frage 273
.......................................
wie vor werden in Deutschland auch ältere,
? Nach
körperlich kranke Patienten mit trizyklischen Antidepressiva behandelt.
Wenn eine Umstellung nicht möglich oder nicht
sinnvoll ist, worauf müssen Sie dann bei diesen
Patienten besonders achten?
!
±
±
±
±
Sehr langsam eindosieren, möglichst niedrige Dosis,
Wirkungseintritt ausreichend lange abwarten,
trizyklische Antidepressiva mit starker anticholinerger Nebenwirkung möglichst vermeiden,
auf Arzneimittelinteraktionen achten.
Frage 275
.......................................
Stoffklasse von Antidepressiva wird bei
? Welche
depressiven Patienten mit Zustand nach Myokardinfarkt empfohlen?
!
i Cave: Auch für Fluoxetin, Paroxetin und Sertralin sind
QT-Zeitverlängerungen und z.T auch Torsade de pointes
beschrieben worden.
Spezifische Krankheitslehre
i In Folge von zentralen anticholinergen Nebenwirkungen
kann es zu einer kognitiven Verschlechterung und zum
Delir kommen. TCAs verlängern auch die QTc-Zeit (Cave
Arzneimittelinteraktionen). Die Gefahr hierzu besteht
beispielsweise, wenn ein 2. Medikament eingenommen
wird, das über das gleiche Enzym-(Cytochrom-)system in
der Leber abgebaut wird. Diese 2. Substanz muss selbst
keine QTc-verlängernde Wirkung besitzen, um eine potenziell lebensbedrohliche Arrhythmie auszulösen. EKGKontrollen sind obligatorisch.
Frage 274
.......................................
Frage 276
.......................................
ist aus pharmakologischer Sicht bei älteren
? Was
Patienten zu beachten, die mit Clomethiazol behandelt werden?
!
±
±
Zumindest die wirksam dosierten, hyperphorathaltigen Johanniskrautpräparate sind starke Enzyminduktoren, die zum Abbau anderer Präparate
bis unter die Nachweisgrenze führen können.
Dies hat bei Transplantationspatienten zu Abstoûungsreaktionen (bei gleichzeitiger Behandlung
mit Cyclosporin) und bei HIV-Patienten unter antiretroviraler Therapie zum Ansteigen der Viruslast geführt.
Klinisch häufiger sind ¾nderungen der Blutungszeit bei Marcumarpatienten, die sowohl bei Anals auch bei Absetzen des Johanniskrautpräparates
auftreten können.
i Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) unterscheidet bei der Zulassung grundsätzlich 2
Gruppen: Rationale und traditionelle Phytopharmaka.
Für die ¹rationalen Phytopharmakaª gelten ebenso
strenge Zulassungsvoraussetzungen wie für synthetische
Medikamente.
74
Im Alter steigert sich die Bioverfügbarkeit von
Clomethiazol um das 8fache.
Dies muss bei der Dosierung berücksichtigt werden.
i Die physiologischen Alterungsprozesse führen allgemein
zu einer Steigerung des Körperfettanteils, einer Abnahme
des Plasmavolumens, des Gesamtkörperwassers und der
extrazellulären Flüssigkeit. Die Lebermasse nimmt deutlich ab, und die Leberdurchblutung kann bis zur Hälfte
reduziert sein.
oft auf ein ¹rein pflanzlichesª Antidepressivum.
Was müssen sie beispielsweise bei der Verordnung von Johanniskrautpräparaten beachten?
±
±
±
multimorbide Patienten, die bereits meh? Gerade
rere Medikamente einnehmen müssen, drängen
!
SSRI.
± Sie reduzieren cum grano salis die Herzleistung
nicht.
± Zumindest Citalopram und Sertralin haben auch
ein relativ geringes Interaktionsrisiko mit Kardiaka.
Frage 277
.......................................
?
Wann war die ¹Geburtsstundeª der Antidepressiva?
!
±
±
Durch die Einführung von Imipramin (Tofranil)
1957 (Fa. Ciba-Geigy), das vom Schweizer Roland
Kuhn klinisch entdeckt wurde, konnten Patienten
mit Depressionen erstmalig wirksam medikamentös therapiert werden.
Fast gleichzeitig (1956) (Fa. Roche) erinnerte man
sich der antidepressiven Wirkungen des damals
als Tuberkulostatikum eingesetzten Monoaminooxidase-Hemmers Iproniazid. Dies war die Geburtsstunde der MAO-Hemmer.
i Zunächst wurde Imipramin bei schizophren Erkrankten
klinisch geprüft, weil man sich wegen seiner antihistaminischen Eigenschaften eine sedierende Wirkung erhoffte. Der Therapieeffekt konnte jedoch nicht überzeugen. Dagegen konnte bei Depressiven antidepressive
Wirkungen nachgewiesen werden. Die Publikation von R.
Kuhn (Kuhn 1957) gehört inzwischen zu den medizinhistorischen Dokumenten.
..........
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
fahren zu könnenª.
Was entgegnen Sie ihm?
!
±
±
±
±
sind die heute gängigen Hypothesen zum
? Was
Wirkmechanismus von atypischen Neuroleptika?
!
Grundsätzlich ist die Fahrtauglichkeit eines unter
antidepressiver Medikation remittierten Patienten
eher gegeben als die eines unbehandelten depressiven Patienten.
Nach Abklingen der initial beeinträchtigenden
Symptome sind insbesondere unter nicht-sedierenden Antidepressiva wie SSRI i.d.R. keine wesentlichen Beeinträchtigungen zu erwarten.
Jedoch können auch unter SSRI relevante Störungen der Konzentrationsfähigkeit gegeben sein.
Deshalb muss jeder Patient sorgfältig zur Fahrtüchtigkeit befragt und ggf. untersucht werden.
Frage 279
.......................................
Psychopharmaka werden nicht über das
? Welche
P450-System metabolisiert?
!
Die meisten Psychopharmaka werden hepatisch über
das P450-System metabolisiert.
Ausnahmen sind z. B.
± Lithium,
± Amisulprid.
Diese werden renal eliminiert.
durch eine Dopamindysbalancehypothese ersetzt werden.
Frage 282
.......................................
?
Können Sie das ¹Loose-Binding-Konzeptª beschreiben?
!
Aufgrund der höheren Dissoziationsgeschwindigkeit
können manche Atypika rascher vom D2-Rezeptor
durch das physiologische Dopamin verdrängt werden.
Frage 283
.......................................
beiden atypischen Neuroleptika haben die
? Welche
schwächste Affinität zum D2-Rezeptor?
!
sind über eine D2-Rezeptor-Blockade vermit? Was
telte unerwünschte Nebenwirkungen?
!
±
±
Extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen,
Prolaktinerhöhung.
i Alle Neuroleptika sind mehr oder minder D2-Rezeptor-
blocker. Dies ist allerdings auch die einzige Gemeinsamkeit der sowohl strukturchemisch als auch pharmakodynamisch und kinetisch heterogenen Neuroleptika.
Extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen sind nach
wie vor von enormer Bedeutung und stellen nicht nur in
der akuten Behandlungsphase, sondern auch in der rehablitativen Phase wegen der besonderen Risiken der
Stigmatisierung, der Compliance etc. ein erhebliches
Problem dar.
Clozapin,
Quetiapin.
Frage 284
? Was ist eine Parkinson-Psychose?
!
Psychotisches Erleben unter dopaminagonistischer
Parkinson-Medikation.
Frage 285
.......................................
Neuroleptika sind zur Behandlung der Parkison? 2Psychose
gebräuchlich.
Welche Neuroleptika sind zugelassen bzw. werden
zu ihrer Behandlung eingesetzt?
Frage 280
.......................................
±
±
.......................................
i Das P450-System besteht aus verschiedenen Iso-Enzy-
men, von denen für den Psychiater v. a. die Iso-Enzyme
CYP2D6 und CYP3A3 interessant sind. Für CYP2D6 gibt
es einen nachgewiesenen funktionell relevanten Polymorphismus und damit ¹Poor-ª und ¹Fast-Metabolizerª.
D2-Plus-Hypothese, z. B. D2 + 5HT2,
mesolimbische Bindungsselektivität,
partieller D2-Agonismus.
i Die alte reine Dopaminmangelhypothese müsste längst
i Es gibt jedoch kein Monopol des TÜVs zur Bewertung der
Fahrtüchtigkeit. Auf die Einhaltung des Alkoholverzichts,
insbesondere in Verbindung mit Psychopharmaka, ist
eindringlich hinzuweisen.
±
±
±
!
Klinische Praxis oder Zulassung:
± Quetiapin,
± Clozapin.
In dieser Indikation im formalrechtlichen Sinne zugelassen ist derzeit lediglich Clozapin.
i Mindestens 20 % aller medikamentös behandelten Par-
kinsonpatienten leiden unter einer Parkinson-Psychose.
. . . . . . . . . . 75
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
3.4
depressiv erkrankter Patient will das verord? Ein
nete Antidepressivum absetzen, ¹um wieder Auto
Frage 281
.......................................
Affektive Störungen und Pharmakologie
Frage 278
.......................................
Frage 286
i Nefazodon (Nefadar) wurde im Jahr 2003 in allen euro-
Atypika erhöhen nicht oder nur kaum den
? Einige
Prolaktinspiegel.
päischen Ländern wegen Lebertoxizität vom Markt genommen. Weltweit sind unter Nefazodon 26 Fälle von
Leberversagen beschrieben, das in 10 Fällen zur Lebertransplantation und in 13 Fällen zum Tod führte.
Insbesondere bei der Untersuchung von pharmakologisch bedingter sexueller Dysfunktion ist es wichtig, auf
die Speziesspezifität hinzuweisen.
.......................................
Welche?
!
±
±
±
Quetiapin,
Clozapin,
Aripiprazol.
Spezifische Krankheitslehre
i ± Mehrere Studien belegen, dass Quetiapin nicht kli-
nisch relevant den Prolaktinspiegel erhöht. Der häufig unterstellte direkte Zusammenhang zwischen
Prolaktinerhöhung und sexueller Dysfunktion ist
wissenschaftlich relativ schlecht belegt. Lediglich bei
gleichzeitigem Prolaktinanstieg und Abfall der Sexualhormone gibt es eine relativ starke Korrelation mit
der sexuellen Dysfunktion.
± Gemeinsames Merkmal von Quetiapin und Clozapin
ist der relativ schwache D2-Antagonismus.
± Cum grano salis trifft dies auch auf Olanzapin und
Ziprasidon zu, wobei bei diesen Substanzen in höheren Dosen aber ebenfalls ein mit der zunehmenden
D2-Antagonisierung korrelierender Prolaktinanstieg
auftritt.
± Aripiprazol dagegen ist ein D2-Partialagonist/ -antagonist, dessen Einsatz sogar zu einem leichten Prolaktinabfall führt.
Frage 289
.......................................
Sie die typischen Schritte des Thera? Beschreiben
peutischen Drug-Monitorings (TDM).
!
Das TDM besteht in der klinischen Praxis
aus 5 Schritten:
± Anforderung,
± Blutentnahme,
± Analyse,
± Befundung,
± Umsetzung der Ergebnisse in die Therapie.
i ± Voraussetzungen für ein qualifiziertes TDM sind eine
±
±
Frage 287
.......................................
anderen Psychopharmaka beeinflussen
? Welche
den Clozapinspiegel in erheblichem Ausmaû?
!
±
±
±
Viele, insbesondere aber Medikamente, die Einfluss auf das CYP1A2 P450-System haben.
Ein typisches Beispiel ist Fluvoxamin (50 mg Fluvoxamin können zu einer Vervierfachung des Clozapinspielgels führen).
±
±
i ± Die meisten sog. ¹Clozapinzwischenfälleª sind ¹In-
teraktionszwischenfälleª bei einer Polypharmazie mit Clozapin.
± Wichtig ist, dass auch Nichtpsychopharmaka wie
z. B. Erythromycin den Clozapinspiegel stark verändern können.
± Darüber hinaus verstoffwechseln Raucher u. a. Clozapin sehr viel schneller als Nichtraucher.
Frage 290
.......................................
?
Was bedeutet für den Kliniker ¹TDMª und ¹therapeutische Breiteª?
!
±
Frage 288
.......................................
?
Mit welcher Substanz im Rahmen einer SSRI-Therapie geht eine sexuelle Dysfunktion einher?
!
Nefazodon.
± Bezeichnenderweise führte der Einsatz von Nefazodon (postsynaptischer 5HT-2A/2C Antagonist
bei gleichzeitiger Serotonintransporterinhibition)
nur zu Inzidenz von sexueller Dysfunktion unter
bzw. auf Placeboniveau.
76
sinnvolle Indikation für die Laboruntersuchung und
eine detaillierte Fragestellung.
In der Psychopharmakotherapie werden TDM-Aufträge nicht als Routineuntersuchung, sondern i.d.R.
fallbezogen angefordert .
Präzise Angaben zur Psychopathologie, (Co)- Medikation und Einnahmezeitpunkt sind unverzichtbare
Vorraussetzung.
Die Befundung des Laborergebnisses sollte durch
einen sachkundigen Mitarbeiter mit Erfahrung in
Psychopharmakologie und Pharmakokinetik erfolgen.
Der anfordernde Arzt sollte auf keinen Fall nur einen
unkommentierten Messwert, sondern konkrete Hinweise für die Therapieoptimierung erhalten.
Entscheidend für eine Veränderung der Arzneimitteltherapie ist jedoch der klinische Befund. Merke: Es
wird der Patient behandelt und nicht sein Blutspiegel.
±
±
Therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) verfolgt
das Ziel, die Wirksamkeit einer Pharmakotherapie
zu optimieren und die Arzneimittelsicherheit zu
erhöhen.
Zur Beurteilung der Effizienz einer medikamentösen Therapie müssen die erwünschte Wirkung,
unerwünschte Wirkungen und mögliche Interaktion beobachtet werden.
Plasmaspiegelkontrollen sind besonders dann indiziert, wenn ein Medikament eine geringe therapeutische Breite besitzt, d. h. zwischen klinisch
wirksamen und toxischen Dosen nur ein geringer
Spielraum besteht.
..........
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
Frage 291
siblen MAO-Hemmern kann nach Absetzen der
Plasmaspiegel bereits bei Null liegen, während das
Enzym Mono-Amino-Oxidase (MAO) noch vollständig inhibiert ist.
.......................................
Sie ein Psychopharmakon
? Nennen
therapeutischer Breite.
Kombination mit MAO-Hemmern das (seltene) Serotoninsyndrom auszulösen. Deswegen dürfen überwiegende
oder selektive 5 HT-Rückaufnahmehemmer mit MAOHemmern nicht kombiniert werden. Auch die Kombinationen von MAO-Hemmern oder SSRI mit L-Tryptophan
oder Lithium können, wenn auch seltener, das Serotoninsyndrom verursachen. Die Karenzzeit nach Absetzen
irreversibler MAO-Hemmer beträgt mindestens 14 Tage.
i Trizyklische Antidepressiva zählen ebenfalls zu den Arz-
neistoffen mit geringer therapeutischer Breite. So sind
Blutspiegel, die die therapeutisch erforderliche Konzentration um das 10 ± 20-fache überschreiten, bereits potenziell toxisch bzw. letal. Für Lithium ist das Risiko der
Überdosierung wesentlich gröûer, da 2-fache Überdosierung bereits zum Tod führen kann.
Da Suizidalität in der Behandlung depressiver Patienten
ein groûes Problem darstellt, sind Substanzen mit geringer therapeutischer Breite besonders kritisch zu sehen
± ca. 50 % aller Suizidversuche ambulanter Psychiatriepatienten werden mit Psychopharmaka vorgenommen.
Die therapeutische Wirkung eines Arzneimittels ist abhängig von seiner Konzentration am Wirkungsort. Da die
Messung der Medikamentenkonzentration im Hirn nicht
umzusetzen ist, dient alternativ dazu die Kontrolle des
Blutspiegels. Die Diskrepanz zwischen Arzneimitteldosis
und Plasmaspiegel ist u. a. auf individuelle Unterschiede
metabolisierender Enzyme in der Leber zurückzuführen,
bei Antidepressiva vornehmlich die aus der Cytochrom
P450-Gruppe. Des Weiteren spielen Gewicht, Absorption,
Distribution im Körper und andere Faktoren eine Rolle in
der Relation zwischen applizierter Dosis und Wirkungsgrad.
Frage 294
.......................................
sind unerwünschte
? Wie
allgemein definiert?
!
±
±
Arzneimittelwirkungen
Als unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
werden alle Wirkungen eines Arzneimittels auf
den Patienten definiert, die bzgl. der individuellen
Indikationsstellung und bei normaler Dosierung
unerwünscht sind.
Unerwünschte Wirkungen erfordern charakteristischerweise häufig eine zusätzliche Therapie, eine
Dosisreduktion oder evtl. eine Unterbrechung
oder sogar den Abbruch der Therapie.
i Der Begriff unerwünschte Wirkungen ist dem Begriff
Nebenwirkungen vorzuziehen.
Frage 292
.......................................
sie wichtige Nebenwirkungen von irrever? Nennen
siblen MAO-Hemmern.
!
±
±
±
±
±
±
Als Nebenwirkungen können v. a. bei Therapiebeginn
Unruhe,
Schlafstörungen,
Hypotonie,
Orthostasereaktionen,
Blutdruckerhöhungen auftreten.
i Bei Nicht-Einhalten einer tyraminarmen Kost tritt eine
hypertensive Krise als mögliche lebensbedrohliche Komplikation selten auf.
Frage 293
.......................................
therapeutisches Drug-Monitoring vor die? Schützt
sen Risiken?
!
±
±
In Kombination mit serotonergen Antidepressiva
kann durch irreversible MAO-Hemmer ein Serotoninsyndrom ausgelöst werden.
Hier bietet TDM bzw. die Spiegelbestimmung des
MAO-Hemmers keinerlei Schutz, denn bei irrever-
3.4
i Pharmakodynamisch bergen die SSRI die Gefahr, in
Lithium.
Frage 295
.......................................
?
Welche unerwünschten Arzneimittelwirkungen
sind typisch für trizyklische Antidepressiva?
!
Häufige UAWs von trizyklischen Antidepressiva sind
u. a.:
± Mundtrockenheit,
± Sedierung,
± Blutdrucksenkung,
± Koordinationsstörungen,
± Schwitzen,
± Sehstörungen,
± Magen-Darm-Probleme,
± Verstopfung,
± Zittern,
± Kopfschmerzen,
± sexuelle Dysfunktionen,
± Harnverhalt,
± Überleitungsstörungen der Reizleitung des Herzens,
± Krampfanfälle (bei disponierten Patienten),
± anticholinerges Delir (insbesondere bei älteren
Patienten).
. . . . . . . . . . 77
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
Affektive Störungen und Pharmakologie
!
mit geringer
i ± Bei trizyklischen Antidepressiva bietet das therapeu±
±
Spezifische Krankheitslehre
±
±
tische Drug-monitoring einen gewissen Schutz.
Wesentlich ist bei der genannten Definition von unerwünschten Wirkungen, dass sie sich auf eine individuelle Behandlungssituation beziehen. Z. B. können
sedierende Wirkungen von Psychopharmaka bei ambulanten, berufstätigen Patienten höchst unerwünscht und andererseits beim Einsatz zur Schlafregulation wünschenswert sein.
Die meisten TZA verändern ebenfalls die Schlafarchitektur; diese Eigenschaften sind bei einzelnen Antidepressiva geringer ausgeprägt, z. B. bei Trimipramin.
Bei langer Anwendungsdauer und in seltenen Fällen
treten bei abruptem Absetzen Unruhe, Schwitzen
und ähnliche Symptome auf, die vermutlich auf einer
überschieûenden cholinergen Aktivität beruhen und
regelhaft innerhalb von einigen Tagen abklingen.
Die meisten der genannten UAWs sind Folgen der
anticholinergen Wirkungseigenschaften der trizyklischen Antidepressiva.
Frage 298
.......................................
? Was verstehen Sie unter ¹double depressionª?
!
Das Vorliegen einer phasenhaft verlaufenden Major
Depression zusätzlich zu einer bestehenden Dysthymie.
i I.d.R. besteht die Dysthymie bereits längere Zeit. Nach
Remission der depressiven Episode besteht die Dysthymie
auch fort.
Frage 299
.......................................
versteht man unter den Begriffen ¹Inkludenzª
? Was
und ¹Remanenzª?
!
±
±
Frage 296
.......................................
Erkrankungen oder
? Welche
zum bipolaren Spektrum?
!
±
±
±
±
±
Störungen gehören
i Beide Begriffe gehören zum Konzept des Typus melan-
Zyklothyme Persönlichkeit,
Zyklothymie,
Bipolar-II-Störung,
monopolare Manie,
Bipolar-I-Störung.
cholicus, das von Tellenbach entwickelt wurde. Dieses
Konzept stellt die Bedeutung einer bestimmten Persönlichkeitsstruktur als prädisponierenden Faktor für die
Entwicklung einer damals sog. endogenen Depression
dar. Menschen mit einem Typus melancholicus sind
durch eine überdurchschnittlich hohe Empfindlichkeit des
Gewissens und Angst, in Schuld zu geraten, gekennzeichnet. Es besteht ein hoher Anspruch an die eigene
Leistung sowie ein beharren auf Ordnung und Ordentlichkeit. Sie sind bemüht, eine Struktur aufrecht zu erhalten, die Sicherheit verspricht. Eine Gefährdung dieser
Ordnung bedroht gleich das ganze Dasein. Es sind
zwanghafte Züge vorhanden, es liegt jedoch keine anankastische Persönlichkeitsstörung vor.
i Von einer Spektrumsstörung spricht man, da diese Erkrankungen häufig ineinander übergehen können bzw.
möglicherweise unterschiedliche Ausprägungsgrade
einer gemeinsamen ätiologischen Ursache darstellen.
Frage 297
.......................................
sind die Kennzeichen einer atypischen De? Was
pression?
!
±
±
±
±
±
±
±
Erhaltene Stimmungsreagibilität,
bleierne Schwere,
erhöhtes Schlafbedürfnis,
Hyperphagie,
Gewichtszunahme,
Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung,
ausgeprägte ängstliche Symptome.
Frage 300
.......................................
sind nach DSM-IV die diagnostischen Krite? Was
rien für eine saisonale affektive Störung?
!
±
i Zur medikamentösen Therapie werden v. a. SSRI empfohlen.
±
±
78
Unter Inkludenz versteht man das Sich-Einschlieûen in externe Vorgaben und das rigide Festhalten
an einer Ordnungsstruktur. Damit verbunden ist
eine mangelnde Flexibilität, sich auf neue Situationen einzustellen.
Remanenz bedeutet ein Zurückbleiben hinter den
selbstgestellten Ansprüchen und Pflichten, so dass
bereits alltägliche Aufgaben aufgrund des hohen
Anspruchs i.d.R. zu einer andauernde Belastung
werden.
Regelmäûiger zeitlicher Zusammenhang zwischen
dem Auftreten von depressiven Episoden bei Bipolar-I- oder Bipolar-II-Störung oder rezidivierender Major Depression und einer bestimmten Jahreszeit,
Fälle mit offensichtlichem Einfluss von saisonal
bedingten psychosozialen Belastungsfaktoren
werden nicht gewertet,
vollständige Remission (oder Wechsel in eine Hypomanie/ Manie) wird ebenfalls innerhalb einer
Jahreszeit erreicht,
..........
Klein, Pajonk, Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie (ISBN 313140471X), ã 2007 Georg Thieme Verlag KG
±
±
in 2 aufeinander folgenden Jahren 2 saisonal abhängige depressive Episoden, ohne dass eine
nicht-saisonal gebundene depressive Episode dazwischen aufgetreten ist,
die Gesamtzahl saisonal abhängiger Depressionen
liegt höher als die Gesamtzahl nicht-saisonal abhängiger Depressionen.
i Die Einjahresprävalenz für diese Erkrankung beträgt ca.
5 ± 9 %. Auch kurz dauernde Depressionen können sehr
schwer sein und gehen mit erhöhter Suizidalität einher.
i Typische klinische Charakteristika sind neben den typi-
3.4
schen depressiven Grundsymptomen u. a. Hypersomnie,
Hyperphagie mit Gewichtszunahme und Heiûhunger auf
Süûigkeiten oder Kohlenhydrate (¹carbohydrate cravingª).
Frage 301
.......................................
? Was ist eine rekurrente kurz dauernde
!
±
±
±
±
Affektive Störungen und Pharmakologie
Depression?
Es handelt sich um eine rezidivierende depressive
Störung, bei der alle Kriterien einer Major Depression mit Ausnahme des Zeitkriteriums erfüllt
sind.
Depressive Perioden dauern mindestens 2 Tage,
sind aber kürzer als 2 Wochen.
Sie treten mindestens 1-mal im Monat während
12 aufeinander folgenden Monaten auf, stehen
aber in keinem Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus.
Der Patient darf nie alle Kriterien einer Major Depression (inkl. des Zeitkriteriums) erfüllt haben.
. . . . . . . . . . 79
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