Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth (Antoine Pesne, 1750) MITTEILUNGEN GEN IM APRIL 2011 SIBIRISCHER MOZART ZAUBERHAFT Requiem mit Simone Kermes und Teodor Currentzis Bernius entdeckt Zumsteegs Die Geisterinsel UNBEACKERTES FELD La Risonanza erschließt die barocke Serenata TOP 15 EDITORIAL LIEBE MUSIKFREUNDE, CHARTS 1 WIEGENLIEDER VOL.1 Kirchschlager/Rubens/Kaufmann/ Prégardien/Hauptmann/Trekel/+ CAR 83001 2 BACH: CONCERTS AVEC PLUSIEURS INSTRUMENTS VOL.5 Café Zimmermann ALP 168 3 BACH: JOHANNNESPASSION BWV 245 Brüggen/Sampson/Chance/Cappella Amsterdam/Orchestra of the Eighteenth Century/+ GCD 921113 4 VOLKSLIEDER VOL.1 Banse/Mields/Fischer-Dieskau/Henschel/ Prégardien/Ziesak/+ CAR 83003 5 FASCH: CONCERTI AUS DRESDEN UND DARMSTADT Il Gardellino ACC 24182 6 WIEGENLIEDER VOL.2 Banse/Mields/Ziesak/Scholl/Gerhaher/ Ullmann/+ CAR 83002 7 ZELENKA: OFFICIUM DEFUNCTORUM ZWV 47/ REQUIEM D-DUR ZWV 46 Luks/Collegium Vocale 1704/Collegium 1704 ACC 24244 Viele Entdeckerfreuden wünscht Ihnen Ihr Bernhard Blattmann 8 ROUND M – MONTEVERDI MEETS JAZZ Mameli/La Venexiana/Cavina GCD P30917 Note 1 Musikvertrieb GmbH | Carl-Benz-Str. 1 | D-69115 Heidelberg Tel: 06221/720351 | Fax: 06221/720381 | [email protected] | www.note-1.de 9 AUMANN: REQUIEM/TE DEUM/TENEBRAE/+ Letzbor/St.Florianer Sängerknaben/ Ars Antiqua Austria PC 10234 10 MAHLER: SINFONIE NR.5 Gergiev/London Symphony Orchestra LSO 0664 11 REINCKEN: HORTUS MUSICUS VOL.1 – PARTITEN I, II, IV & VI Stylus Phantasticus ACC 24217 12 GRUBER: CONCERTI PER FORTEPIANO Schoonderwoerd/Ensemble Cristofori PC 10231 1 ROUND M – MONTEVERDI MEETS JAZZ Mameli/La Venexiana/Cavina GCD P30917 13 LE JEUNE: DIX PSEAUMES DE DAVID (1564) Boterf/Ludus Modalis RAM 1005 2 ALL’IMROVVISO – CIACCONE, BERGAMASCHE & UN PO’DI FOLLIE Pluhar/Beasley/L’Arpeggiata ALP 512 14 SCHUBERT: WINTERREISE D 911 Bauer/Immerseel ZZT 101102 3 CHEEK TO CHEEK – TANZMUSIK DER 20ER UND 30ER JAHRE Astaire/Ellington/Crosby/Armstrong/Miller/ Goodman/+ CCL 1145 15 GRAUPNER: FAGOTT- UND VIOLINKONZERTE Azzolini/Wezel/Leitherer/Ensemble Il Capriccio CAR 83443 manche nennen ihn etwas flapsig den Dirigenten, der aus der Kälte kam, doch trifft dies nur bedingt zu, denn Teodor Currentzis ist gebürtiger Grieche. Allerdings startete der junge Dirigent seine erstaunliche Karriere tatsächlich vom sibirischen Novosibirsk aus. Seit seinem Amtsantritt als Musikdirektor hat sich das Opernhaus dort nicht nur zu einem der besten, sondern auch innovativsten Häuser Russlands gemausert. Auf ALPHA erscheint mit Mozarts Requiem seine dritte Einspielung für das Label, die man alles andere als unterkühlt nennen kann. Die Serenata ist eine abendliche Unterhaltungs- und Huldigungsmusik, die in ihrer vokalen barocken Variante allenfalls in südlichen Gefilden als Freiluftmusik taugen dürfte. Bislang sträflich vernachlässigt, wird sie nun in einer neuen Serie bei GLOSSA gewürdigt. Den Anfang machen zwei Gattungsbeiträge von Alessandro Scarlatti. In südlichen Gefilden dürfte auch Shakespeares fantastisches Drama The Tempest spielen. Für Stuttgart entstand Ende des 18. Jahrhunderts Johann Rudolf Zumsteegs Vertonung, die seinerzeit sogar bis nach Paris Aufmerksamkeit erregte. Frieder Bernius zelebriert auf CARUS diese frühromantische Zauberoper. IMPRESSUM Zahlreiche weitere zauberhafte April-Neuheiten finden Sie wie immer auf den folgenden Seiten. TEXTE: Bernhard Blattmann | REDAKTION: Manfred Glaser LAYOUT: Alice Männl www.maennl.de MARKETING: Sandra Kohlheyer | [email protected] Tel: 06221/720374 PRESSE & REPERTOIRE: Bernhard Blattmann | [email protected] Tel: 06221/720267 ADMINISTRATION: Renate Sauer | [email protected] Tel: 06221/720351 GESCHÄFTSFÜHRUNG: Hanno Pfisterer | Sandra Kohlheyer Tel: 06221/720374 TOP 3 CHARTS CROSSOVER / JAZZ 3 Teodor Currentzis (Photo: Anton Zavyalov) NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 UNGEHÖRTE ZWISCHENTÖNE Die Geschichte um die Entstehung des Requiems KV 626 ist von Anekdoten und Legenden umrankt. Beschränkt man sich auf die mittlerweile bekannten Fakten, stellt sich die Geschichte des Werks folgendermaßen dar: Graf Franz von Walsegg (1763-1827) war ein musikalischer Amateur, der gelegentlich bei anderen Komponisten Musikstücke zum exklusiven Gebrauch in Auftrag gab. Hatte er die Kompositionen dann erhalten, ließ er sie in seinen Hausmusiken als eigene Werke aufführen. Zum Gedächtnis seiner kurz zuvor verstorbenen jungen Frau gab er 1791 bei Mozart ein Requiem in Auftrag. Überlastung durch die Komposition und Aufführung der beiden Opern La Clemenza di Tito und Die Zauberflöte, ein akuter Infekt und sicherlich nicht zuletzt auch die medizinische Versorgung seiner Zeit führten zum Zusammenbruch und bereits nach kurzer Krankheit zum Tod des Komponisten. Seine Witwe Constanze sah sich genötigt, das Werk trotzdem vertragsgemäß abzuliefern und wandte sich an Freunde Mozarts, mit der Bitte, das Fragment fertig zu stellen. Nach zwei gescheiterten Versuchen kam die Aufgabe an Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr (1766-1803), der das Requiem in der heute bekannten Form abschloss (als Original-Mozart gelten heute etwa zwei Drittel der Partitur). Dabei standen ihm heute verlorenes Werkstattmaterial, vielleicht auch mündliche Anweisungen Mozarts zur Verfügung. Diese Version ist heute noch am bekanntesten und sie steht Mozart zweifellos historisch am nächsten. Das populäre Werk hat seit jeher einen festen Platz in der Mozartdiskographie und mag zwar in unzähligen Aufnahmen vorliegen, doch eines ist wohl sicher: Wenn ein Ausnahmedirigent wie Teodor Currentzis und seine Musiker auf den Spuren Mozarts wandeln, wird man bislang ungehörte Zwischentöne hören und das Werk völlig neu wahrnehmen. MOZART: REQUIEM KV 626 Kermes/Brutscher/Currentzis/MusicAeterna/+ KURZPORTRAIT CURRENTZIS Der 1972 in Athen geborene Dirigent Teodor Currentzis ist seit 2003 Musikdirektor des Staatlichen Opernhauses in Novosibirsk/Sibirien. Seit Anfang der 1990er Jahre, als er Dirigierschüler des legendären Ilya Musin am St. Petersburger Konservatorium wurde, ist Russland die Wahlheimat Currentzis’. Bei den Sankt Petersburger Philharmonikern war er Assistent des ebenfalls aus der Musin-Schmiede stammenden Yuri Temirkanov. Neben seiner Tätigkeit als Musikdirektor machte er sich noch als Gründer und Leiter des Ensembles für historische Aufführungspraxis MusicAeterna sowie als Leiter des Moskauer Territoria Modern Art Festivals für Neue Musik einen Namen. Seine Leidenschaft für die Alte wie die zeitgenössische Musik und sein breites Wissen im Symphonischen wie Opernrepertoire machten ihn schnell international bekannt. Mittlerweile gilt Currentzis als einer der einflussreichsten Dirigenten Russlands. EBENFALLS ERHÄLTLICH: PURCELL: DIDO & AENEAS Kermes/Tiliakos/Currentzis/ MusicAeterna/+ ALPHA - ALP 140 (T01) DDD, 2007 3 760014 191404 SCHOSTAKOWITSCH: SINFONIE NR.14 Korpacheva/Migunov/Currentzis/ MusicAeterna ALPHA - ALP 159 (T01) DDD, 2009 ALPHA - ALP 178 (T01) DDD, 2009 3 760014 191787 3 760014 191596 4 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 PREISVERDÄCHTIG Johann Adolf Hasse (1699-1783) war als Komponist unbestreitbar das Idol der Epoche des Spätbarock. Obwohl heutzutage vor allem als Opernkomponist berühmt, hinterließ er auch zahlreiche qualitätsvolle geistliche Werke. Im Rahmen der Hasse-Gesamtausgabe beim Carus-Verlag wird die Sakralmusik für den Dresdner Hof endlich auch für den Tonträger erschlossen. Wie bereits bei der mehrfach ausgezeichneten CD mit Hasses Requiem in Es-Dur und dem Miserere in d-Moll (CAR 83175) widmen sich der Dresdner Kammerchor und das Dresdner Barockorchester unter Hans-Christoph Rademann erneut dieser Kombination: diesmal mit einer nicht weniger preisverdächtigen Einspielung von Requiem in C-Dur und Miserere in c-Moll. Letzteres hatte Hasse zwar schon 1735 für die Mädchen des Ospedale degli Incurabili in Venedig geschrieben, doch bearbeitete er das Werk während seiner Dresdner Zeit für gemischten Chor. HASSE: REQUIEM C-DUR / MISERERE C-MOLL Rademann/Dresdner Kammerchor/ Dresdner Barockorchester CARUS CAR 83349 (T01) DDD, 2011 4 009350 833494 REIZVOLLE UNGEWÖHNLICHKEIT GOTTESLOB Viele Musikliebhaber kennen seine eingängigen Wiener Operetten, doch hat Franz von Suppé (1819-1895) auch hörenswerte geistliche Werke hinterlassen, die heute zu Unrecht im Schatten seiner Bühnenwerke stehen. In seinem unverkennbaren Personalstil, der die unterschiedlichsten Einflüsse aus kirchenmusikalischer Tradition, italienischer und deutscher Oper sowie volksmusikalischen Idiomen des wienerischen und dalmatinischen Kulturraumes vereint, hat er mit der seinem Heimatland Dalmatien gewidmeten Missa Dalmatica für dreistimmigen Männerchor und Orgel ein Werk geschaffen, das in seiner reizvollen Ungewöhnlichkeit einen besonderen Platz in der Kirchenmusikgeschichte des 19. Jahrhunderts einnimmt. Dvořáks Biblische Lieder Op.99 entstanden im März 1894 in New York. Mit Klage, Fürbitte, Angst, Zuversicht, Lob Gottes und Vertrauen auf dessen Hilfe formuliert Dvořák in seinem Opus 99 ein persönliches Bekenntnis in beklemmender Situation weit weg von der böhmischen Heimat. Dass in dieser Einspielung von RONDEAU mit Klaus Mertens und Susanne Rohn an die Stelle des originalen Klaviers eine Orgel tritt, ist nicht nur durch den religiösen Inhalt legitimiert, vielmehr legt es die kompositorische Struktur der Lieder nahe. Eine willkommene Ergänzung ˇ stellt die Orgelsonate fis-Moll von Josef Klicka (1855-1937) dar, deren Grundthema man am besten mit „durch Nacht zum Licht“ umschreiben könnte. SUPPÉ: MISSA DALMATICA Wollenschläger/Lords of the Chords ˇ DVORÁK: BIBLISCHE LIEDER OP.99 (TSCHECHISCH) ˇ KLICKA: ORGELSONATE FIS-MOLL Mertens/Rohn CARUS CAR 83455 (T01) DDD, 2011 4 009350 834552 RONDEAU ROP 6044 (R01) DDD, 2009 4 037408 060448 5 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 DER SCHWÄBISCHE MOZART EIN UNBEACKERTES FELD Frieder Bernius, der fast schon notorische musikalische Schatzgräber, ist wieder einmal fündig geworden: Mit dem 1798 in Stuttgart uraufgeführten Singspiel Die Geisterinsel des württembergischen Hofkapellmeisters Johann Rudolf Zumsteeg (1760-1802) hat er ein echtes Juwel der Vergessenheit entrissen. Das zu seiner Zeit ungemein erfolgreiche Werk erregte sogar die Aufmerksamkeit der französischen Kaiserin Josephine Beauharnais, die 1806 von der Witwe des Komponisten die Partitur erbat, um das Stück übersetzen und in Paris aufführen zu lassen. Kein Wunder: Das Mozarts Zauberflöte nahestehende Stück bietet alles, was ein großes Singspiel in dieser Zeit vorzuweisen hatte: effektvolle Arien, Ensembles, originelle und kontrastreiche Chöre sowie ausgedehnte Finalszenen. Auffällig ist auch die abwechslungsreiche Instrumentation der Partitur, die vor allem für die Holzbläser dankbare solistische Aufgaben bereithält. Mit der Einspielung bei CARUS wird nicht nur unser bislang unvollständiges Bild von der Oper der Frühromantik erweitert, sondern ein einfallsreicher Komponist wiederentdeckt, der nicht umsonst von einigen Zeitgenossen überschwänglich als „schwäbischer Mozart“ gefeiert wurde. Von der noch jungen Musikwissenschaft im frühen 20. Jahrhundert vorschnell als kurzlebige Gebrauchs- und Gelegenheitswerke abgetan, führen die Serenate bis heute ein trauriges Schattendasein in den Werkverzeichnissen, selbst bei den großen Komponisten. Dabei bot sich hier dem kreativen Komponisten ein freies Experimentierfeld für den musikdramatischen Bereich, ohne die weithin üblichen Gattungskonventionen und Beschränkungen des kommerziellen Opernbetriebs. Nach den weltlichen Kantaten Händels erkundet Fabio Bonizzoni mit seinem Ensemble La Risonanza für GLOSSA jetzt das diskographisch bislang nahezu unbeackerte Feld der barocken Serenata und führt mit den beiden für den römischen Mäzen Francesco Maria Ruspoli entstandenen Stücken Alessandro Scarlattis prompt erstaunlich gute, inspirierte und reizvolle Musik zu Tage. Die um 1706 in Rom entstandenen Werke erweisen sich dabei nicht zuletzt auch als wichtige Vorbilder für die etwa zeitgleich entstandenen weltlichen Kantaten des jungen Händel. Weitere Einspielungen in dieser Reihe bei GLOSSA werden übrigens Beiträge zu dieser zu Unrecht vernachlässigten Gattung aus der Feder Händels und Vivaldis sein. Man darf gespannt sein…! ZUMSTEEG: DIE GEISTERINSEL Bernius/Stuttgarter Hofkapelle A. SCARLATTI: SERENATE À FILLI/LE MUSE URANIA E CLIO Galli/Fernández/Oro/Bonizzoni/La Risonanza CARUS CAR 83229 (M03) 3 CDs, DDD, 2010 4 009350 832299 GLOSSA GCD 921511 (T01) DDD, 2010 8 424562 215115 6 NEUHEITEN NOTE 1 - MÄRZ 2011 LANG ERSEHNT HEILIGENVEREHRUNG Mit der Wiederveröffentlichung dieser Produktion mit frühen deutschen Liedern des 15. Jahrhunderts macht ARCANA endlich wieder einen seiner Edelsteine im Katalog zugänglich. Die mehrfach preisgekrönte Aufnahme mit dem Ferrara Ensemble unter der Leitung von Crawford Young gilt nach wie vor als Referenzeinspielung dieses Repertoires. Durch die neue, geschmackvolle Gestaltung im Digipak besticht sie nicht nur musikalisch, sondern auch optisch. Der Heilige Martin von Tours (um 316/317-397) gehört zu den populärsten Heiligen des Christentums. Für ihre Aufnahme haben Diabolus in Musica einen festlichen Gottesdienst zu Ehren des hl. Martin rekonstruiert, wie er im 13. Jahrhundert in der Basilika St. Martin in Tours am Festtag des Heiligen (11. November) gefeiert wurde. Grundlage ist der Ritus, wie er von dem Kanoniker Péan Gatineau zwischen 1226 und 1237 peinlich genau festgelegt wurde. HILDEBRANDSTON – DEUTSCHE LIEDERBÜCHER DES 15. JAHRHUNDERTS Werke von Anonymus/Isaac/Hofhaimer/+ Young/Ferrara Ensemble HISTORIA SANCTI MARTINI Guerber/Diabolus in Musica ARCANA A 348 (T01) DDD, 1991 AEON AECD 1103 (T01) DDD, 2010 8 033891 690298 3 760058 361139 FÜR DEN HEILIGEN JAKOB AUSTAUSCH Die Musik dieser Aufnahme ist wohl weniger für die Pilgerwege selbst als vielmehr für die großen Kathedralen entlang der Pilgerrouten nach Santiago de Compostela geschrieben. Dieses Repertoire ist also überwiegend für Liturgie gedacht, nicht für den Gesang in der Pilgerherberge. Die Schola Bamberg unter Werner Pees spannt hier souverän den Bogen von mittelalterlichen Gesängen bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen für die Verehrung des Apostels Jakobus. Das Album Insirâf ist eine musikalische Zeitreise zurück in eine Epoche, als im Andalusien des 13. Jahrhunderts nichts dem kulturellen Austausch zwischen den Völkern im Wege stand und sich Juden, Christen und Muslime noch kulturell bereicherten und austauschten. Das Repertoire dieser CD des Alte-Musik Ensembles Cantilena Antiqua schöpft aus dem reichhaltigen Schatz der Kulturen von Spanien bis Sizilien und bis ins östliche Mittelmeer. PILGERFAHRT NACH SANTIAGO – MUSIK FÜR SANKT JAKOB Werke von Anonymus/Morales/Gallus/Beimel/ Schanderl/+ Pees/ Schola Bamberg INSIRÂF – ARABO-ANDALUSISCHE MUSIK DES 13. JAHRHUNDERTS Werke von Anonymus/ Berenguer/+ Cantilena Antiqua CHRISTOPHORUS CHR 77347 (T01) DDD, 2010 4 010072 773470 PAN CLASSICS PC 10239 (T01) DDD, 1998 7 619990 102392 7 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 BLÜTEZEIT EINE ECHTE BEREICHERUNG GELUNGENER AUFTAKT Nach dem Dreißigjährigen Krieg dauerte es zwar einige Zeit, bis sich das geschundene Land auch kulturell wieder erholen konnte, doch setzte gegen Ende des 17. Jahrhunderts besonders in Norddeutschland eine musikalische Blüte ein. Namen wie Buxtehude und Bruhns stehen dabei nicht nur für eine Blütezeit der Orgel, sondern auch für eine neue Kirchenmusik, die souverän moderne Entwicklungen aus Italien mit den protestantischen Sakralmusiktraditionen zu vereinen wusste. Maßgeblich begünstigt wurde diese „Renaissance“ durch das wohlhabende Bürgertum der schnell wieder zu Wohlstand gelangten norddeutschen Hansestädte, die eifrig darum bemüht waren, diesem auch musikalisch wieder glanzvollen Ausdruck zu verleihen. Der Tenor Hans-Jörg Mammel und La Fenice unter Jean Tubéry belegen diese fruchtbare Zeit eindrucksvoll anhand herausragender Vertonungen der Psalmen Davids. Telemanns 1755 entstandenes Passionsoratorium Der Tod Jesu auf einen Text von Karl Wilhelm Ramler belegt einmal mehr, dass dessen Spätwerk zum Besten und Wertvollsten gehört, was an Musik um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutschland entstanden ist. Ungleich bekannter ist heute freilich die zeitgleich entstandene Vertonung des mit Telemann befreundeten Carl Heinrich Graun, die sogar noch bis weit ins 19. Jahrhundert in Gebrauch war. Im Gegensatz zu Graun verwendet Telemann für seine Vertonung der Verse Ramlers eine herbere Tonsprache, die uns allerdings mit ihrer überraschenden Harmonik heute weitaus mehr anspricht als die mitunter recht süßliche Empfindsamkeit Grauns. Gotthold Schwarz und dem Bach Consort Leipzig gelingt es, die Vorzüge von Telemanns Vertonung überzeugend umzusetzen, und so macht ihre Einspielung das Werk zu einer echten Bereicherung der omnipräsenten Passionen Bachs. Das britische Originalklangensemble Orchestra of the Age of Enlightenment startet diesen Monat seine längerfristige Zusammenarbeit mit dem Label SIGNUM CLASSICS und hat sich hierfür mit seinem Chor gleich eines der bedeutendsten Meisterwerke geistlicher Musik vor Bach ausgesucht: Monteverdis Marienvesper. Mit der 1610 gedruckten und Papst Paul V. gewidmeten Sammlung wollte sich Monteverdi ganz offenbar für ein Kirchenamt in Rom empfehlen und schuf eine Art Modellsammlung, die traditionelle und moderne Kompositionstechniken perfekt miteinander kombinierte. Im letzten Jahr feierte das Ensemble unter Leitung von Robert Howarth mit einer erfolgreichen Europa-Tournee den 400. Jahrestag der Drucklegung. Der Livemitschnitt vom August 2010 im Kings Place London ist nicht nur ein schönes „Geburtstagsgeschenk“, sondern mehr noch, ein gelungener Beitrag zur reichen Diskographie des Werks. JAUCHZET DEM HERREN – NORDDEUTSCHE VERTONUNGEN DER PSALMEN DAVIDS Werke von Bruhns/Buxtehude/ Weiland/Sommer/Förtsch/+ TELEMANN: DER TOD JESU (TWV 5:6) Schwarz/Bach Consort Leipzig/+ ALPHA ALP 179 (T01) DDD, 2009 3 760014 191794 RONDEAU ROP 6038 (R01) DDD, 2011 4 037408 060387 MONTEVERDI: MARIENVESPER Howarth/ Choir & Orchestra of the Age of Enlightenment SIGNUM CLASSICS SIGCD 237 (N02) 2 CDs, DDD, 2010 6 35212 02372 3 8 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 ANSPRUCHSVOLL MUSIKALISCHE REVOLUTION Die Cellosonaten von Carlo Graziani (?-1787) sind technisch recht anspruchsvoll (z.B. Gebrauch der Skordatur in der D-Dur-Sonate, durchgehende Doppelgriffe in Op.2 Nr.3) und weisen eine eigenständige musikalische Erfindungsgabe auf, die sich in den langsamen Sätzen in einem eingängigen Melos äußert. Gaetano Nasillo und seine musikalischen Mitstreiter machen uns mit einem entdeckenswerten Zeitgenossen Mozarts bekannt, der lange Cellolehrer von Friedrich Wilhelm II. war. Die Einführung der Monodie, des solistischen Gesangs, der allein durch ein Akkordinstrument begleitet wird, entfesselte in Italien um 1600 eine wahre Revolution. Losgelöst von den Regeln des Kontrapunktes boten sich nun ganz neue Ausdrucksmöglichkeiten. Die Sopranistin Amaryllis Dieltiens präsentiert mit dem Ensemble Capriola Di Gioa einige herausragende Beispiele dieser damals völlig neuartigen Musik, ohne die z.B. die frühe Oper undenkbar gewesen wäre. GRAZIANI: IL VIAGGIO VERSO BRESLAVIA – CELLOSONATEN OP.2 NR.3/OP.3 NR.1 & 2/SONATEN IN D & A Nasillo/ Guglielmi/ Bennici OHIMÈ – LIEBE, LEIDENSCHAFT UND MAGIE IM BAROCKEN ITALIEN Werke von Monteverdi/ Kapsberger/ Landi/+ Dieltiens/ Capriola Di Gioa ARCANA A 362 (T01) DDD, 2010 8 033891 690458 AEOLUS AE 10043 (U01) Hybrid-SACD, DDD, 2010 4 026798 100438 KLINGENDE ALCHEMIE FASZINIERENDE SAMMLUNG Michael Maier (1568-1622) war ein gefeierter Alchemist und Arzt am Hofe Kaiser Rudolfs II. in Prag. Sein emblematisches Werk Atalanta fugiens gehört zu den schönsten alchemistischen Werken seiner Art und enthält als Besonderheit fünfzig „Fugen“, die hier erstmals komplett und in der Reihenfolge ihrer Erscheinung im Buch aufgenommen wurden. Das Ergebnis ist eine hypnotische Aufnahme, die sich jedem Versuch der Klassifizierung widersetzt, aber außergewöhnlich wirkungsvoll ist. Die um 1624 in Oxford zusammengestellte Handschrift bietet mit ihren Vertonungen von Campion, Johnson und Lawes einen wunderbaren Überblick über den wechselnden Geschmack in den 1620er Jahren. Die reichen Verzierungen deuten an, dass die junge Frau offenbar über virtuose gesangliche Fähigkeiten verfügte, während die komplexen Verse auf eine profunde Ausbildung hinweisen. Rebecca Ockenden und Sofie Vanden Eynde entdecken für uns diese faszinierende Sammlung. MAIER: ATALANTA FUGIENS – MUSIK, ALCHEMIE UND ROSENKREUZER IM FRÜHEN 17. JAHRHUNDERT Noone/Ensemble Plus Ultra MISTRESS ELIZABETH DAVENANT, HER SONGES – LAUTENLIEDER Werke von Campion/ Johnson/Wilson/ Lawes/+ Ockenden/ Vanden Eynde GLOSSA GCD P31407 (T01) DDD, 2008 8 424562 314078 RAMÉE RAM 1101 (T01) DDD, 2010 4 250128 511018 9 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 WILHELMINES KAPELLMEISTER EMPFINDSAMES FÜR FRIEDRICH II. ZUKUNFTSWEISEND Mit der Thronbesteigung von Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth und seiner Gemahlin Wilhelmine von Preußen (die Schwester von Friedrich dem Großen) begann eine kurze kulturelle Blüte für das kleine Fürstentum. Als ebenso begeisterte wie talentierte Musikerin konnte sie ab 1734 mit Johann Pfeiffer (16971761) einen hervorragenden Mann an ihren Hof binden, dessen Musik von der Nachwelt bislang nur deshalb wenig beachtet wurde, weil viele seiner Werke heute verloren bzw. verschollen sind. Glücklicherweise haben sich im berühmten Dresdner Schranck II und in anderen Bibliotheken Abschriften seiner Werke erhalten, die jetzt nach und nach gesichtet werden. Die Auswahl der Batzdorfer Hofkapelle für ACCENT (zwei Ouvertüren, zwei Konzerte und eine Sonate) macht auf einen zu Unrecht vernachlässigten Komponisten des Spätbarocks aufmerksam, der auch moderne italienische Elemente in seine Musik zu integrieren wusste. Der im schlesischen Schweidnitz (Świdnica) geborene Johann Gottlieb Janitsch (1708 - um 1762) zählt zu jener exklusiven Schar von Musikern, die der preußische Kronprinz Friedrich bereits während seiner Ruppiner und Rheinsberger Jahre um sich versammelte. Die sich damals formende kleine Kapelle sollte zum Nucleus der ab 1740 wiedererrichteten preußischen Hofkapelle werden. Obwohl zum engsten Musikerkreis um Friedrich II. zählend, finden sich Abschriften seiner Werke auch außerhalb Preußens. Die Zeitgenossen schätzten z.B. in seinen farbig besetzten Quartetten besonders den geschickten Kontrapunktiker. In Darmstadt haben sich mehrere Abschriften seiner Sinfonien erhalten, die uns Janitsch als einen bedeutenden Vertreter des Galanten und Empfindsamen Stils zeigen. Das Frankfurter Barockorchester Antichi strumenti bricht hier eine wohlklingende Lanze für den lange vernachlässigten Janitsch. Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) war sicherlich der originellste Komponist in der Zeit zwischen Barock und Klassik. Als ausgesprochen kreativer und innovativer Kopf schuf er einige der Hauptelemente der Wiener Klassik. Dies gilt im besonderen Maße für seine drei späten Quartette für Fortepiano, Flöte und Viola Wq 93-95 (H 537-539) an denen allenfalls noch die Gattungsbezeichnung barock wirkt, da sie sich nicht an der Anzahl der Instrumente, sondern an der der obligaten Stimmen orientiert. Die kontrastierenden Themen, die unabhängige Behandlung aller Instrumente und besonders die gründlich ausgearbeiteten Entwicklungen sind dagegen zukunftsweisend. Die Melodie wird hier von einem Instrument gestaltet und dann von einem anderen übernommen, in ständiger Veränderung der Klangfarben und Kombinationen. Die Musiker um den Flötisten Jan de Winne machen die Modernität des Komponisten „ohrenfällig“. PFEIFFER: OUVERTÜREN UND KONZERTE Batzdorfer Hofkapelle JANITSCH: DARMSTÄDTER SINFONIEN Toffetti/Bonz/Antichi strumenti C.P.E. BACH: QUARTETTE WQ 93-95/ FLÖTENSONATEN WQ 132 & 133 De Winne/Boekem/Dieltiens/Ad El ACCENT ACC 24218 (T01) DDD, 2009 4 015023 242180 CYPRES CYP 1658 (T01) DDD, 2011 5 412217 016586 PASSACAILLE PAS 973 (T01) DDD, 1998 5 425004 849731 10 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 DEFTIG UND FRECH Die 1692 gegründete Leipziger Oper war eines der ersten öffentlichen Opernhäuser in Deutschland. Bis zu ihrer Schließung 1729 verdienten sich in ihrem Orchester namhafte Komponisten wie Telemann, Heinichen, Fasch, Graupner und Pisendel ihre ersten musikalischen Sporen als Instrumentalisten und Komponisten. Lange musste man allerdings davon ausgehen, dass sich von den hier aufgeführten Opern lediglich die Libretti erhalten hatten, bis zahlreiche Stücke in der handschriftlichen Sammlung Musicalische Rüstkammer von 1719 als Ausschnitte aus Leipziger Opern von Telemann, Keiser u.a. identifiziert werden konnten. Sie bestechen durch eine eingängige Melodik und zum Teil recht deftige, freche Texte. Der Tenor Jan Kobow stieg für uns zusammen mit dem United Continuo Ensemble in die „Rüstkammer“ und erfreut uns mit bislang unbekannten Schätzen der frühen deutschen Oper. TELEMANN UND DIE LEIPZIGER OPER Populäre Arien aus der Sammlung Musicalische Rüstkammer von Telemann/Keiser/Anonymus/+ Kobow/United Continuo Ensemble PAN CLASSICS PC 10237 (T01) DDD, 2010 7 619990 102378 KONZERTE MIT JAN KOBOW UND DEM UNITED CONTINUO ENSEMBLE (PROGRAMM DER CD) 29.05. 15 Uhr Leipzig, Bachmuseum 24.06. 20 Uhr Arolser Barockfestspiele 19.08. 21 Uhr Moselfestwochen Trier 21.08. 17 Uhr Fränkischer Sommer, Schloss Seehaus WIEDERGEWONNEN GELUNGEN Obwohl Silvius Leopold Weiss (1687-1750) zu den renommiertesten Musikern Deutschlands zählte, erschien nur ein Stück zu seinen Lebzeiten in gedruckter Form, da er offenbar nicht an der Veröffentlichung seiner Werke interessiert war. In Dresden befinden sich vier Sonaten für zwei Lauten von denen sich allerdings nur ein Part erhalten hat. Robert Barto und Karl-Ernst Schröder konnten den fehlenden zweiten Part rekonstruieren und so wunderbare barocke Lautenmusik wiedergewinnen. Élisabeth-Claude Jacquet (1665-1729) darf als eine der wenigen, wirklich etablierten professionellen Komponistinnen des Barock bezeichnet werden. Ihre Heirat bedeutete zum Glück nicht das Ende der musikalischen Karriere. Ihre 1695 veröffentlichten Sonaten für Violine sind frühe Beispiele für eine gelungene Integration italienischer Stilelemente in französische Musik und zeichnen sich durch harmonischen Reichtum und große Regelmäßigkeit der Form aus. WEISS: DAS DRESDNER MANUSKRIPT – MUSIK FÜR ZWEI LAUTEN Barto/Schröder JACQUET DE LA GUERRE: SONATEN FÜR VIOLINE UND B.C. Malgoire/Les Dominos PAN CLASSICS PC 10238 (T01) DDD, 1998 7 619990 102385 RICERCAR RIC 310 (T01) DDD, 2010 5 400439 003101 11 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 NEUES BEI Steigende Temperaturen urreen n fführen ühreen be üh ühre bei AC bei ACCENT CCCE EN NTT ffast asst zw zwangsläufi wangs aan nggss g ins Plus, zu ACCENTplus. Acht neue Titel in der Serie bereiF üh ühj h nicht ühj i h nur den d K l ddes Labels, sondern vor allem die CD-Sammlung der Musikfreunde chern traditionell im Frühjahr Katalog mit interessanten Wiederveröffentlichungen aus dem Katalog des Labels. Namen wie Konrad Junghänel, Wieland und Sigiswald Kuijken oder Marcel Ponseele stehen sozusagen für ein Non plus ultra an künstlerischer Integrität in der historischen Aufführungspraxis. PHILIPS: PARADISUS SACRIS CANTIONIBUS Van Nevel/Currende ACCENT ACC 10062 (Z395) DDD, 1988 4 015023 100626 BERCHEM: LA FAVOLA DI ORLANDO Festa/Ensemble Daedalus ACCENT ACC 10112 (Z395) DDD, 1995 MUSIC FOR A VIOL – ENGLISCHE GAMBENMUSIK DES 17. JAHRHUNDERTS Werke von Simpson/Jenkins/Locke/+ Wieland & Sigiswald Kuijken, Viola da gamba ACCENT ACC 10014 (Z395) DDD, 1980 VIVALDI/HÄNDEL: SONATEN UND TRIOSONATEN FÜR OBOE Ponseele/Vanlancker/Demeyere/ Van der Meer ACCENT ACC 10136 (Z395) DDD, 1999 4 015023 101364 4 015023 101128 FUX/HAYDN: CEMBALOWERKE Robert Kohnen, Cembalo ACCENT ACC 10022 (Z395) DDD, 1978 4 015023 100220 DIE ORGELN VON WILLEM HERMANS IN PISTOIA UND COLLESCIPOLI Werke von Merula/Cornet/Dalem/ Pasquini/+ Liuwe Tamminga, Orgel 4 015023 100145 ACCENT ACC 10129 (Z395) DDD, 1998 HAYDN: DIVERTIMENTI A QUATTRO HOB.III:3 & 7/HOB.DEEST Piccolo Concerto Wien ACCENT ACC 10405 (Z395) DDD, 2007 4 015023 104051 4 015023 101296 ITALIENISCHE LAUTENMUSIK Werke von Kapsberger & Piccinini Konrad Junghänel, Barocklaute ACCENT ACC 10016 (Z395) DDD, 1980 4 015023 100169 12 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 URFASSUNGEN Bachs vier erhaltene Orchestersuiten sind zweifellos Gipfelwerke dieser barocken Gattung. So sah es der Meister ganz offensichtlich auch selbst, denn er führte die bereits in Weimar und Köthen entstandenen Suiten auch später noch mit dem studentischen Collegium musicum in Leipzig auf. Bei dieser Gelegenheit überarbeitete er sie allerdings noch einmal. Im Falle der dritten und vierten Suite nahm er sogar einschneidende Änderungen an der Instrumentierung vor, indem er z.B. bei der dritten, nur für Streicher konzipierten Orchester-suite Oboen, Trompeten und Pauken hinzufügte. Für ihre Einspielung auf FUGA LIBERA haben sich Paul Dombrecht und Il Fondamento einmal die wenig bekannten Urfassungen aus Weimar und Köthen vorgenommen. Das frische, dabei aber nie hyperaktive Spiel der Belgier beschert uns endlich wieder einen Bach in bester historischer, nicht hysterischer Aufführungspraxis. BACH: ORCHESTERSUITEN (URFASSUNGEN WEIMAR UND KÖTHEN) Dombrecht/Il Fondamento FUGA LIBERA FUG 580 (R02) 2 CDs, DDD, 2010 5 400439 005808 MUSTERGÜLTIG BRITISCHER BACH Thomasorganist Ullrich Böhme, der dieses Jahr sein 25jähriges Dienstjubiläum feiert, spielt die „Achtzehn Leipziger Choräle“ an der Bach-Orgel der Leipziger Thomaskirche. Das Instrument wurde im Bachjahr 2000 auf der Nordempore, gegenüber dem Bach-Fenster, errichtet. Es orientiert sich am Orgelbau und -klang des 18. Jahrhunderts. Die den Bearbeitungen vorangestellten Choralsätze spielt Böhme bewusst an einem anderen, jedoch bei weitem nicht weniger historischen Instrument: die Hildebrandt-Orgel in Störmthal aus dem Jahr 1723, die Bach einst persönlich in einem feierlichen Gottesdienst einweihte, nachdem er zuvor bereits das Gutachten angefertigt und die Abnahme des Instrumentes vollzogen hatte. Eine mustergültige Bach-Einspielung. Mehr noch als in der Matthäus-Passion BWV 244 kommt dem Chor in der Johannes-Passion BWV 245 eine ausgesprochen dramaturgische Funktion zu, da er hier sowohl die Gemeinschaft der Gläubigen (Choräle und freie, kontemplative Chorsätze) als auch in den sogenannten Turba-Chören verschiedene Personengruppen (Kriegsknechte, Priester, Volk) repräsentiert. Deswegen ist ein sehr guter Chor hier ebenso unerlässlich wie sehr gute Solisten. Seit 1973 gehören die Yorkshire Baroque Soloists zu den führenden Alte-Musik-Ensembles Großbritanniens. Unterstützt werden sie in der vorliegenden Aufnahme auf SIGNUM CLASSICS durch exzellente Solisten wie z.B. Charles Daniels (Evangelist) und Stephen Varcoe (Jesus). BACH: DIE LEIPZIGER CHORÄLE Ullrich Böhme, Orgel BACH: JOHANNES-PASSION BWV245 Daniels/Varcoe/Loges/Seymour/Yorkshire Baroque Soloists/+ COVER LAG BEI DRUCKLEGUNG NOCH NICHT VOR RONDEAU ROP 605051 (P02) 2 CDs, DDD, 2010 4 037408 060509 SIGNUM CLASSICS SIGCD 209 (N02) 2 CDs, DDD, 2010 6 35212 02092 0 13 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 SÄNGER AUF VIER SAITEN Max Bruchs Musik hat vielleicht nicht neue oder gar revolutionäre Klangsprachen erschlossen, vielmehr wurde sie alsbald von der Musikgeschichte überholt. Nichtsdestotrotz berührt sie uns in ihren besten Momenten und erinnert daran, dass romantische Gefühle in der Musik eben nie überholt sind, zumindest sofern sie so überzeugend und mit so viel kompositorischer Könnerschaft einhergehen wie im Falle dieses Komponisten. Der Melodiker Bruch entpuppt sich in den hier aufgenommenen Stücken für Violoncello und Orchester als wahrer Meister in der Handhabung des Instruments, als ein Sänger auf vier Saiten, der die Möglichkeiten des Violoncello so genau kennt, dass man den Eindruck gewinnt, er hätte es selbst gespielt. Friedrich Kleinhapl setzt sich zusammen mit dem Sinfonieorchester des Tschechischen Rundfunks unter Jan Kučera nachdrücklich für einen nach wie vor unterschätzten Spätromantiker ein. BRUCH: WERKE FÜR VIOLONCELLO UND ORCHESTER Kol Nidrei Op.47/Canzone Op.55/Adagio Op.56/Ave Maria Op.61/Suite Op.79b Kleinhapl/Kučera/Sinfonieorchester des Tschechischen Rundfunks ARS PRODUKTION ARS 38090 (U01) Hybrid-SACD, DDD, 2010 4 260052 380901 DER KLANG DER ROMANTIK STRUKTURELLE DICHTE Für seine Aufnahme so bekannter Schumannscher Klavierwerke wie die Kinderszenen und die Waldszenen hat der Hammerklavierexperte Jan Vermeulen versucht, den Metronomangaben Schumanns so nahe wie möglich zu kommen. Das Ergebnis ist ebenso überraschend wie überzeugend, vor allem dann, wenn man bereit ist, Automatismen und liebgewonnene Hörgewohnheiten abzulegen. Als Instrument steht ihm ein wunderbarer Flügel aus der Werkstatt von Johann Nepomuk Tröndlin (1790-1862) zur Verfügung, der in Leipzig Klaviere in der Wiener Tradition baute und dessen Instrumente Schumann sicherlich gekannt haben dürfte. Sein Klang vereint ein warmes und singendes Mittelregister, sonore Tiefe und einen klaren Diskant. Anders als für Liszt und Wagner, blieb für Brahms die Sinfonie die höchste und repräsentativste Ausprägung autonomer Tonkunst. Komponieren bedeutete für ihn immer auch Arbeit an historischen Modellen. Wie sehr Brahms dabei aber zu eigenständigen Lösungen gelangte, zeigen die dritte und vierte Sinfonie, die in enger zeitlicher Nachbarschaft entstanden. Bei beiden ist der Eindruck kraftvoller Energie vorherrschend, der aber jeweils einhergeht mit einer geradezu kammermusikalischen Intensivierung motivischer Arbeit und damit einer bis dato im Bereich der Sinfonie unerreichten strukturellen Dichte. Die Bremer Philharmoniker unter Markus Poschner legen hier ihre Sicht auf die beiden Meisterwerke vor. SCHUMANN: WERKE FÜR FORTEPIANO Kinderszenen/Waldszenen/Arabeske/Sinfonische Etüden/+ Jan Vermeulen, Fortepiano (Johann Nepomuk Tröndlin, Leipzig 1830-1835) BRAHMS: SINFONIEN NR. 3 & 4 Poschner/Bremer Philharmoniker ACCENT ACC 24238 (I02) 2 CDs, DDD, 2010 4 015023 242388 DREYER-GAIDO DGCD 21064 (K02) 2 CDs, DDD, 2009 4 260014 870648 14 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 ANEIGNUNG ENGELSMUSIK GESAMTAUFNAHME Silvius Leopold Weiss war der letzte international bekannte Lautenvirtuose des Barock, und das, obwohl zu Lebzeiten nur eines seiner Werke veröffentlicht wurde. Sein Ruhm verbreitete sich einzig durch seine Reisen und Abschriften seiner Kompositionen. Dass sich seine Musik auch bestens für die moderne Konzertgitarre eignet, beweist uns hier Ansgar Krause. Bachs Kantaten zum Michaelisfest gehören zu seinen festlichsten Kompositionen, die den Erzengel mit viel Pauken und Trompetenglanz feiern. Doch auch andere Komponisten haben dem Schutzpatron Deutschlands ihre würdige musikalische Huldigung dargebracht. Unterstützt von Dominik Wörner, huldigen hier Le Concert Royal, Thomas Holzinger und Daniel Leininger. Für ihre 1983 entstandene Gesamtaufnahme der Violinsonaten Händels haben Philipp Naegele und Paul Rey Klecka auch die Sonaten berücksichtigt, deren Echtheit mittlerweile angezweifelt wird. Naegele beschrieb seinerzeit im Begleittext seine Herangehensweise als Synthese von Stilbewusstsein und persönlicher Note in Tongebung und Inflexion. ANSGAR KRAUSE SPIELT SYLVIUS LEOPOLD WEISS Ansgar Krause, Gitarre MUSICA MICHAELIS – FESTLICHE KANTATEN Werke von Bach/Krieger/Telemann/+ Wörner/Le Concert Royal/ Holzinger/+ HÄNDEL: DIE VIOLINSONATEN HWV 361/364/368/370-373 Naegele/Klecka AMATI AMI 2201 (T01) DDD, 2010 4 011030 220111 AMATI AMI 2502 (T01) DDD, 2009 4 011030 250217 DA CAMERA MAGNA DACA 77036 (D01) DDD, 1983 4 011563 770367 BACH IN CONCERT AUSHÄNGESCHILD DIE GRÜNE INSEL Für seine Arbeit mit dem Collegium musicum in Leipzig musste Bach nicht zwangsläufig neue Musik komponieren, sondern konnte aus seinem Repertoire bereits vorhandener Werke aus seiner Zeit als Konzert- bzw. Kapellmeister in Weimar und Köthen schöpfen. Eine Idee eines möglichen Leipziger Konzerts bietet die vorliegende CD mit dem Heidelberger Kammerorchester. Gottesdienstliche Musik ist die ureigenste Aufgabe der Posaunenchöre, doch umfasst das Repertoire eines Posaunenchors auch konzertante Werke, mit denen ein versiertes Ensemble seine Vielseitigkeit beweisen kann. Der Bläserkreis der Braunschweiger Landeskirche ist das musikalische Aushängeschild des Posaunenwerks und stellt sich hier auf RONDEAU vor. Der Pianist Iain Burnside und die Sopranistin Ailish Tynan präsentieren hier irische Lieder des 20. Jahrhunderts, wobei die Vertonungen in diesem Fall auch von außerhalb Irlands stammen können. Dafür schöpfen allerdings die Texte aus der reichen literarischen Tradition der grünen Insel und greifen auf Gedichte von W.B. Yeats bis James Joyce zurück. BACH: EINE CONCERTANTE SERENADE Brandenburgische Konzerte Nr.2-4/ Doppelkonzert BWV 1043/+ Junker/Nieciag/Grabowska/Preis/ Heidelberger Kammerorchester/+ IN IHM KLINGT MEIN LEBEN – MUSIK UND GEISTLICHE LIEDER AUS SECHS JAHRHUNDERTEN Werke von Speer/Kremers/Zipp/ Rheinberger/ Schütz/+ Bläserkreis der Braunschweiger Landeskirche AN IRISH SONGBOOK Lieder von Barber/Britten/Bridge/Bax/ Cage/+ Tynan/Burnside DA CAMERA MAGNA DACA 77059 (D01) DDD, 2000 4 011563 770596 RONDEAU ROP 6047 (M01) DDD, 2010 4 037408 060479 SIGNUM CLASSICS SIGCD 239 (T01) DDD, 2009 6 35212 02392 1 15 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 BEZWINGENDE INTENSITÄT Neben Gustav Mahler ist Franz Liszt (1811-1886) sicherlich das zweite musikalische Schwergewicht in diesem Jahr. Der französische Pianist François-Frédéric Guy legt für ZIG ZAG TERRITOIRES eine wahrhaft fulminante LisztPlatte vor, die neben der bekannten H-Moll-Sonate auch die Harmonies poétiques et religieuses enthält. Hat der 1969 in der Normandie geborene Franzose sich bislang einen Namen als herausragender Beethoven-Interpret gemacht (eine Gesamtaufnahme aller Sonaten bei ZIG ZAG ist übrigens bereits angekündigt), so beweist er hier, dass er auch ein glückliches Händchen für Liszt besitzt. Guy beschert uns eine Liszt-Platte von bezwingender Intensität in der Sonate und betörender Sinnlichkeit in den Harmonies. Kein Zweifel, die Einspielung platziert den Franzosen sogleich in die erste Reihe der Liszt-Interpreten und setzt ein erstes Highlight im Liszt-Jahr 2011. LISZT: SONATE H-MOLL / HARMONIES POÉTIQUES ET RELIGIEUSES François-Frédéric Guy, Klavier ZIG ZAG TERRITOIRES ZZT 110301 (R02) 2 CDs, DDD, 2010 3 760009 292420 ZAUBERN MIT FAURÉ FRANZÖSISCHE LIEDKUNST Es soll ja Musikliebhaber geben, die das französische Liedrepertoire noch nicht kennen. Dabei ist hier eine ganze Reihe von Preziosen zu entdecken, so zum Beispiel der Liedzyklus La bonne chanson Op.61 nach Gedichten von Paul Verlaine. Ein Werk der Reifezeit von Gabriel Fauré, in dem Wort und Musik so vollkommen miteinander verschmelzen, dass dies danach wohl von keinem Komponisten übertroffen wurde. Hier erklingt die klanglich aparte Fassung für Singstimme, Klavier und Streichquintett. Mit Karine Deshayes und dem Ensemble Contraste konnten Interpreten gefunden werden, denen es gelingt, den Zauber der Musik Faurés glaubhaft zu vermitteln. Dessen erstes Klavierquartett bildet hierzu eine ideale Ergänzung. Die über 150 Lieder von Francis Poulenc (1899-1963) gehören zum Besten was im Frankreich des 20. Jahrhunderts in dieser Gattung geschrieben wurde. Entstanden in einem Zeitraum von 44 Jahren spiegeln sie sehr schön die einzelnen Entwicklungsphasen Poulencs wider. Auf SIGNUM CLASSICS startet nun das ehrgeizige Projekt, die Lieder erstmals in ihrer Gesamtheit einzuspielen, was bedeutet, dass in den kommenden Folgen auch solche eingespielt werden, die bei den bisherigen „Gesamtaufnahmen“ stets gefehlt haben. Die Sänger, darunter so bekannte Namen wie Felicity Lott, Jonathan Lemalu u.a., gehören zu den bekanntesten Liedinterpreten Englands und werden von Malcolm Martineau einfühlsam begleitet. FAURÉ: LA BONNE CHANSON OP.61 / KLAVIERQUARTETT NR.1 OP.15 Deshayes/ Ensemble Contraste POULENC: SÄMTLICHE LIEDER VOL.1 Cocardes/Chansons gaillardes/Trois Poèmes de Louise de Vilmorin/Bleuet/ Fiançailles/+ Lott/Lemalu/ Anderson/ Maltman/ Martineau/+ ZIG ZAG TERRITOIRES ZZT 110302 (T01) DDD, 2010 3 760009 292437 SIGNUM CLASSICS SIGCD 247 (T01) DDD, 2010 6 35212 02472 0 16 Valery Gergiev NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 MEISTERWERKE DENKMÄLER „Erst seit ich zum ersten Mal L’après-midi d’un faune gehört hatte, wusste ich, was Musik ist.“ Ravels enthusiastische Äußerung gilt Debussy erstem Meisterwerk, das zwar 1894 noch ohne Wagner kaum denkbar gewesen wäre, aber bereits das Neuartige in der Tonsprache Debussys exemplarisch aufzeigt. Dieses Neue hatte sich knapp zehn Jahre später fest etabliert: Die traditionelle sinfonische Form mit ihrer klassischen thematischen Durchführungstechnik war Debussy nicht fremd, er lehnte sie vielmehr leidenschaftlich ab. Seine zwischen 1903 und 1905 entstandenen Trois esquisses symphoniques, besser bekannt unter dem Namen La Mer, sind deshalb auch keine dreisätzige Sinfonie. Vielmehr soll „Skizzen“ betonen, dass keine sinfonische Form befolgt wird, während sich das Sinfonische tatsächlich in deutlicher ausgearbeitetem thematischem Material äußert, als es sonst bei Debussy üblich wäre. Es handelt sich auch nicht um eine programmatische Darstellung des Meeres, vielmehr sollen Bewegung und Rhythmus des Ozeans in klangliche Entsprechungen umgewandelt werden. Die Aufnahme von Valery Gergiev eröffnet uns den ganzen Klangzauber der Musik Debussys und belegt Gergievs ganze Meisterschaft im französischen Repertoire. Wie die zweite Sinfonie so ist auch die dritte, die den Beinamen „Der erste Mai“ trägt, ein avantgardistisches Propagandawerk, das die Aufbruchstimmung in der jungen Sowjetunion beschwört. Im Gegensatz zur atonalen Zweiten ist die dritte Sinfonie aber fast durchweg tonal komponiert. Experimentell ist das Stück allerdings trotzdem, da es nicht in klassischer Weise Themen durchführt, sondern Formen und Motive persifliert und karikiert. Biographen betonen immer wieder die Nähe der Dritten zum Film, und in der Tat scheint der Komponist hier seine Erfahrungen aus vorangegangenen Filmmusiken eingesetzt zu haben. 1929, im Entstehungsjahr von Schostakowitschs dritter Sinfonie, wurde Stalin zum unangefochtenen Führer der Sowjetunion. Nachdem er dem Diktator in seiner Neunten das erwartete symphonische Denkmal verweigert hatte, setzte er ihm nach dessen Tod mit der zehnten Sinfonie sein eigenes ganz persönliches. Wenn z.B. im Finale die Initialen des Komponisten in die Pauken gehämmert werden, dann triumphiert ganz deutlich der Komponist über den brutalen Diktator. Mit seiner Einspielung beweist Valery Gergiev erneut, dass er derzeit einer der führenden Schostakowitsch-Exegeten ist. DEBUSSY: L’APRÈS-MIDI D’UN FAUNE / LA MER Gergiev/London Symphony Orchestra SCHOSTAKOWITSCH: SINFONIEN NR. 3 & 10 Gergiev/Mariinsky Orchester LSO LIVE LSO 0692 (M01) Hybrid-SACD, DDD, 2011 8 22231 10692 0 MARIINSKY MAR 0511 (M01) Hybrid-SACD, DDD, 2011 8 22231 85112 7 17 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 GOULD-LECKERBISSEN Und wieder eine kleine Sensation von WESTHILL RADIO ARCHIVES: Das Label dokumentiert hier Glenn Gould als Konzertpianist in bislang nie dagewesener Ausführlichkeit. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1951, als Gould gerade mal achtzehn Jahre alt war, bis 1960, nur wenige Jahre bevor sich Gould vom Konzertleben zurückzog. Sie umfassen alle musikalischen Genres, in denen er live zu hören war (Solowerke, Konzerte, Kammermusik und Lieder), und fast das gesamte Spektrum seines Repertoires. Zu hören sind Werke vom frühen 18. Jahrhundert bis zu Kreneks dritter Klaviersonate und solcher Komponisten, die von zentraler Bedeutung für den jungen Gould gewesen sind. Neben Aufnahmen von Werken, die Gould weder im Studio noch im Rundfunk eingespielt hat, findet sich auch über fünf Stunden bislang unveröffentlichtes Material. Ein Muss für jeden Gould-Fan! GLENN GOULD IN CONCERT (1951-1960) Werke von Bach/Krenek/Brahms/Beethoven/Haydn/+ Glenn Gould/Diverse Orchester und Dirigenten/+ WEST HILL RADIO ARCHIVES WHRA 6038 (H06) 6 CDs, AAD, mono, 1951-1960 5 425008 377391 KLASSIKER MEISTER DER GITARRE Seit seinem 25. Lebensjahr hat Charles Ramirez eine Professur für Gitarre am Royal College of Music inne. Die erste Aufnahme für SIGNUM CLASSICS präsentiert ihn mit dem Concierto de Aranjuez und der Fantasia para un gentilhombre von Joaquín Rodrigo (1901-1999) gleich mit zwei großen Klassikern des konzertanten Gitarrenrepertoires. Das renommierte Chamber Orchestra of Europe unter der Leitung seines Mitbegründers Douglas Boyd begleitet ihn auf höchst einfühlsame Weise bei zwei der lyrischsten Gitarrenkonzerte des vergangenen Jahrhunderts. Die bezaubernde Elogio für Gitarre solo (komponiert 1971) rundet das bemerkenswerte Debüt-Album des Schülers der Gitarrenlegende Narciso Yepes ab. José Miguel Moreno ist sicherlich der wichtigste spanische Spezialist auf dem Gebiet historischer Zupfinstrumente. Für die vorliegende Zusammenstellung benutzt er eine ganze Reihe historischer Instrumente bzw. deren getreue Nachbauten. Sein Ziel ist es, das bedeutende Repertoire aus der langen Geschichte der spanischen Gitarre wiederzubeleben. Von den Vihuelisten Narváez, Milán und Mudarra über die großen Namen der Romantik wie z.B. Fernando Sor oder Johann Kaspar Mertz bis hin zu den großen postromantischen Meistern Tárrega und Llobet. Moreno gelingt mit diesem Doppelalbum ein abwechslungsreicher Überblick, der mit unerschöpflicher Musikalität durch vier Jahrhunderte spanischer Gitarrenmusik führt. RODRIGO: GITARRENKONZERTE Concierto de Aranjuez/Fantasia para un gentilhombre/ Elogio de la guitarra Ramirez/Boyd/Chamber Orchestra of Europe SIGNUM CLASSICS SIGCD 244 (T01) DDD, 2010 6 35212 02442 3 LA GUITARRA ESPAÑOLA Werke von Milan/Mudarra/Sor/Mertz/Tárrega/+ José Miguel Moreno, Gitarren GLOSSA GCD 920111 (R02) 2 CDs, DDD, 1994/1996 8 424562 201118 18 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 ATEMBERAUBEND MEILENSTEINE Bruno Mantovani (*1974) gehört ohne Zweifel zu den führenden französischen Komponisten seiner Generation. Die hier aufgenommenen Orchesterwerke, darunter das mit Tabea Zimmermann und Antoine Tamestit wahrlich erlesen besetzte Doppelkonzert für zwei Bratschen, stammen aus den Jahren 2006 bis 2009. Sie zeichnen sich durch geradezu atemberaubende Energie, hohe Orchestrierungskunst, Einfallsreichtum und bisweilen sogar sensible Poesie aus. Edith Canat de Chizy (*1950) gehört zu den bedeutendsten französischen Komponistinnen unserer Zeit. AEON ehrt die Grande Dame der zeitgenössischen Musik durch eine Gesamtaufnahme ihrer Orchesterwerke, die in einem Zeitraum van knapp zwanzig Jahren entstanden und als Meilensteine ihrer kompositorischen Laufbahn angesehen werden können. Dabei wurden die Stücke absichtlich nicht in der chronologischen Reihenfolge, sondern nach künstlerischen Gesichtspunkten angeordnet. MANTOVANI: DOPPELKONZERT FÜR ZWEI BRATSCHEN / TIME STRETCH / FINALE Zimmermann/ Tamestit/Rophé/ Orchestre Philharmonique Royal de Liège CANAT DE CHIZY: DAS ORCHESTERWERK Yamada/BBC Symphony Orchestra/Altinoglu/Orchestre National de France/+ AEON AECD 1102 (T01) DDD, 2011 3 760058 361122 AEON AECD 1105 (T01) DDD, 2010 3 760058 361153 HÖRENSWERT LUZIDE VERSCHMELZUNG Jean Absil (1893-1974) gehört zu den bedeutendsten belgischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Im Laufe seiner langen Karriere traf er nicht nur mit vielen bedeutenden Komponisten zusammen (darunter Milhaud und Bartók), sondern verkehrte auch freundschaftlich mit ihnen. Seine musikalische Sprache umfasst polytonale und kontrapunktische Ausdruckstechniken. Daniel Blumenthal macht uns mit einer hörenswerten Auswahl seiner Klavierwerke bekannt. Defoorts 2001 entstandene Oper wurde bereits über fünfzigmal in Europa inszeniert. Das extreme und schmerzliche Werk nach dem 1994 veröffentlichten Roman des irischen Schriftstellers Roddy Doyle verwendet Elemente des Sprechtheaters, Songs, klassische und zeitgenössische Musik ebenso wie Pop und Jazz. Die Oper besticht durch die ebenso gelungene wie luzide Verschmelzung dieser verschiedenartigen Elemente, die uns unmittelbar anzusprechen weiß. ABSIL: AUSGEWÄHLTE KLAVIERWERKE Trois Impromptus Op.10/Sonatine Op.27/Marines Op.36/ Cinq Bagatelles Op.61/+ Daniel Blumenthal, Klavier DEFOORT: THE WOMAN WHO WALKED INTO DOORS McFadden/Blom/Siebens/Dreamtime/Prometheus Ensemble FUGA LIBERA FUG 578 (R02) 2 CDs, DDD, 2010 5 400439 005785 FUGA LIBERA FUG 709 (R02) 2 CDs, DDD, 2010 5 400439 007093 19 NEUHEITEN NOTE 1 - APRIL 2011 Szenenbilder HERBE ARCHAIK Für seine Oper Oedipus der Tyrann übernahm Carl Orff (1895-1982) wörtlich und weitgehend ungekürzt die Nachdichtung der sophokleischen Tragödie durch Friedrich Hölderlin. Da Orff ein durchgehendes Textverständnis anstrebte, verzichtete er weitgehend auf Koloraturen und Melismen und ließ die Sänger den Text in einer direkten Umsetzung der Silben in Töne vermitteln. Der Komponist unterlegt die Handlung des antiken Mythos mit einer äußerst sparsamen Musik, die lediglich kleine oder nur sehr kurze dramatische Schlaglichter setzt. Das Orchester wird auf Schlaginstrumente, vier Konzertflügel und ein paar Kontrabässe reduziert. Die herb-archaische, auf das wesentliche reduzierte Musiksprache der 1959 am Württembergischen Staatstheater in Stuttgart uraufgeführten Oper spaltete freilich das damalige Publikum. Tatsächlich könnte man Orff’s Oedipus der Tyrann nicht als Oper, sondern fast schon als ein Schauspiel mit Musikunterlegung bezeichnen. Die Produktion des Werkes am Staatstheater Darmstadt in der Inszenierung von John Dew war ein überwältigender Erfolg und wurde von der Kritik einhellig begrüßt. Sie beweist, dass man sich der dramatischen Wirkung dieses Stücks nicht entziehen kann. ZAUBERHAFTE NAIVITÄT Anders als in früheren Kompositionen präsentiert sich Karlheinz Stockhausen (1928-2007) in seinem Zyklus Tierkreis (ursprünglich für Spieluhren komponiert) keineswegs streng avantgardistisch. Er verwendet vielmehr ein traditionelles Gefüge aus Melodie und Begleitung. Die Melodie wird in den Mittelpunkt gestellt und ist vergleichsweise leicht eingängig. Trotz ihrer zauberhaften Naivität strahlt sie die Akribie eines erfahrenen Komponisten aus. Auf engem Raum wird alles gesagt. Die Erfahrung des seriellen Komponisten Stockhausen spürt man durch die Abgeschliffenheit des Materials und seiner Präsentation. Typisch für den Komponisten ist die allumfassende Kompositionsweise, die sämtliche zwölf Sternzeichen behandelt. Er durchstreift auf diese Weise einen ganzen Mikrokosmos an verschiedenen musikalischen Charakteristika. Der äußere Rahmen der Sternzeichen bot Stockhausen Struktur und Halt beim Kompositionsprozess. Der Zyklus erklingt in der Orgelfassung von Dominik Susteck als musikalische Bewegung. Die Musik wird in unterschiedliche Facetten getaucht. Sie erscheint wie ein vielfach gespiegelter Gegenstand, der zwischen Geräusch und Ton, zwischen Klangfarbe und Tonhöhe variiert. ORFF: OEDIPUS DER TYRANN Blunier/Dew/Schmittberg/Ivashchenko/+ Sprache: Deutsch Untertitel: Deutsch/Englisch Laufzeit: 126 +10 min Tonformat: Dolby Stereo Bildformat: 16:9 (PAL) WERGO MV 08545 (Z171) DVD-Video, DDD, 2010 4 010228 085457 STOCKHAUSEN: TIERKREIS (FASSUNG FÜR ORGEL) Dominik Susteck, Orgel WERGO WER 67362 (T01) DDD, 2008 4 010228 673623 6 35212 00482 1 CD-EMPFEHLUNG DES MONATS Nur diesen Monat $9,99* *UNVERBINDLICHE PREISEMPFEHLUNG INKL. MWST. GESUALDO: TENEBRAE-RESPONSORIEN FÜR GRÜNDONNERSTAG The King’s Singers SIGNUM CLASSICS – SIGCD 048 (Z580) DDD, 2004 PRESSESTIMMEN „Eine extreme, makellos gesungene Aufführung der King’s Singers. Nicht verpassen!" Classic FM Magazine „Extrem intensiv, mit dem klaren, gleichmäßigen Klang der King’s Singers, schön austarierte Wechsel von Tempo und Dynamik." Daily Telegraph PORTRAIT Die blutige Rache an seiner untreuen, in flagranti ertappten Gattin und ihrem Liebhaber hat Don Carlo Gesualdo, Fürst von Venosa (1566-1613), mittlerweile sogar zur Gestalt gleich mehrerer Opern werden lassen. Doch auch ohne die grausige Bluttat wäre er heute eine musikalische Größe, dem die Bewunderung Igor Strawinskys sicher wäre. Diesen interessierte nämlich mehr die kompromisslos chromatische Schreibweise seiner Madrigale und geistlichen Werke. Tatsächlich sind die Extravaganzen seiner musikalischen Wendungen und die schwindelerregenden Harmoniewechsel auch heute noch unerhört und eine Herausforderung für jedes professionelle Vokalensemble. Was uns 400 Jahre nach ihrer Entstehung an dieser Musik so sehr fasziniert, ist die erstaunlich unverhüllte Direktheit, die wir in ihr hören. Sie lässt uns einen verzweifelten und unglücklichen, aber auch leidenschaftlichen und in gewisser Hinsicht sogar liebevollen Mann erahnen, der fest entschlossen war, in seinen Kompositionen weiter zu gehen als alle anderen vor ihm. Seine Musik bietet so mannigfaltige Überraschungen, dass sie ihre Frische auch nach wiederholtem Hören nie einbüßen wird. Seine Responsoriums-Vertonungen für Gründonnerstag sind Meisterwerke der geistlichen Musik im frühen 17. Jahrhundert und gleiches darf für die Interpretation der Stücke durch die King’s Singers auf SIGNUM CLASSICS gelten. Die sechs Briten bewiesen mit dieser Aufnahme einmal mehr, dass sie seit ihrer Gründung vor mehr als 40 Jahren (!) gleichermaßen in der polyphonen Musik des 17. Jahrhunderts wie in populäre Song-Adaptionen zu Hause sind. Ihre Meisterschaft im Bereich Ensemblegesang ist jedenfalls nach wie vor unübertroffen. Aus diesem Grund haben wir sie, passend zur Passionszeit im April, als Empfehlung des Monats ausgewählt. The King’s Singers IM KOMPROMISSLOS – GESUALDOS TENEBRAE-RESPONSORIEN FÜR GRÜNDONNERSTAG An dieser Stelle möchten wir Ihnen monatlich einen Künstler oder Komponisten aus dem Vertriebsprogramm von Note 1 kurz vorstellen. Verbunden ist das Portrait mit einem ausgewählten Titel zu einem attraktiven Sonderpreis.