1 Fachhochschule Bochum Prof.Dr.Martin Sternberg Prof.Dr.Eckehard Müller Skript zur Vorlesung Physik (Teil 2) für Mechatroniker, Elektrotechniker, Informatiker und Maschinenbauer Stand: 2010 1. Fehlerrechnung ............................................................................................................... 2 1.1 Systematische Abweichungen ................................................................................ 2 1.2 Statistische Abweichungen..................................................................................... 2 1.3 Fehlerfortpflanzung ................................................................................................ 5 2. Schwingungen ................................................................................................................ 8 2.1 Ungedämpfte Schwingungen ................................................................................. 8 2.2 Gedämpfte Schwingungen ................................................................................... 11 2.3 Erzwungene Schwingungen ................................................................................. 18 2.4 Überlagerung harmonischer Schwingungen ........................................................ 23 3. Wellen .......................................................................................................................... 25 3.1 Eindimensionale Wellen....................................................................................... 25 3.2 Transversal- und Longitudinalwellen ................................................................... 28 3.3 Mehrdimensionale Wellen ................................................................................... 28 3.4 Doppler-Effekt...................................................................................................... 30 3.5 Beugung und Interferenz ...................................................................................... 33 4. Optik ............................................................................................................................. 41 4.1 Reflexion und Brechung....................................................................................... 41 4.2 Geometrische Optik.............................................................................................. 44 4.3 Dispersion............................................................................................................. 49 4.4 Polarisation ........................................................................................................... 49 4.5 Holographie .......................................................................................................... 52 4.6 Wellenpakete ........................................................................................................ 57 5. Akustik ......................................................................................................................... 63 5.1 Schallausbreitung ................................................................................................. 63 5.2 Schallstärke, Schallpegel und Lautstärke ............................................................. 64 6. Wärmeleitung ............................................................................................................... 67 7. Strömung ...................................................................................................................... 70 7.1 Strömung idealer Fluide ....................................................................................... 70 7.2 Strömung realer Fluide ......................................................................................... 73 Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 2 1. Fehlerrechnung Am Beginn des Physikkurses stand der Begriff des Messens, also der Vergleich mit einer bekannten Größe gleicher Qualität. Das Ergebnis des Vergleichs, d.h. der Wert der physikalischen Größe, ist fast immer unvollkommen. Es werden Fehler gemacht. Das Ziel der Fehlerrechnung ist es, Aussagen über die Genauigkeit von Messergebnissen zu machen, also den Fehler zu quantifizieren. Dabei unterscheidet man zwischen systematischen und statistischen Abweichungen. 1.1 Systematische Abweichungen Diese Fehler führen zu einer Abweichung des Messwerts vom wahren Wert in einer Richtung. Ursachen dafür können sein: • • • • • Falsche Kalibrierung des Messgeräts (Beispiel: ein Metermaß weist eine falsche Länge auf, ein Voltmeter misst generell eine zu kleine Spannung) Ungleichmäßige Skaleneinteilung (Beispiel: auf einem Zollstock ist die Strecke zwischen 0 m und 0,1 m kleiner als die Strecke zwischen 1,0 m und 1,1 m) Beeinflussung des Messobjekts durch das Messgerät (Beispiel: beim Ausmessen eines Rohres mit einem Messschieber weitet sich das Rohr) Beeinflussung des Messgeräts durch den Messvorgang (Beispiel: beim Ausmessen mit dem Messschieber verbiegen sich die Backen) Nichtberücksichtigung von Nebenumständen (Beispiel: ein Messschieber misst bei niedrigen Temperaturen anders als bei hohen) Systematische Abweichungen müssen erkannt und klein gehalten werden. Der Einfluss systematischer Abweichungen auf das Messergebnis muss abgeschätzt werden und das Messergebnis entsprechend korrigiert werden. Kann die systematische Abweichung mit A abgeschätzt werden, so ist das Messergebnis anzugeben als: Xk = X + K mit K = -A, X: unkorrigierter Messwert, Xk: korrigierter Messwert. Die Gründe für diese Korrektur sind ebenfalls anzugeben. Die Unsicherheit bei der Abschätzung der systematischen Abweichung beträgt uS und wird bei der Angabe des Gesamtfehlers benötigt. Am Schluss des Kapitels über den statistischen Fehler wird noch einmal auf diese Unsicherheit uS eingegangen. 1.2 Statistische Abweichungen Selbst wenn die systematischen Abweichungen null sind, führen verschiedene Messungen derselben Größe mit demselben Messgerät sehr häufig zu leicht verschiedenen Ergebnissen. Die Ursachen dafür können sehr vielfältig sein, hier ein paar Beispiele: ein Längenmessgerät wird nicht exakt angelegt, die Skala eines Messgeräts wird ungenau abgelesen, Beginn und Ende eines Messintervalls werden nur mit einer gewissen Toleranz gestoppt, Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 3 Kontaktwiderstände sind mal größer und mal kleiner. Allen diesen Abweichungen ist gemeinsam, dass sie einmal zu einer Vergrößerung und einmal zu einer Verkleinerung des Messwerts führen können. Man bezeichnet sie daher als statistische Abweichungen. Beispiel: Längenmessung am Urmeter Es ist sinnvoll, die Messungen in Klassen einzuteilen. Dabei wird der Bereich um den erwarteten Messwert in gleich große , überlappungsfreie Intervalle aufgeteilt und ermittelt, wieviele Messwerte in einem Intervall liegen. Die Verteilung der Messwerte auf die Intervalle bezeichnet man als Häufigkeitsverteilung. Applet: 8.2-1 StatCrunch (Statistikprogramm) (http://www.statcrunch.com/) Folien: Statistische Abweichungen mit N = 5, N = 10, N = 30, N = 101 Je mehr Messungen berücksichtigt werden, um so stärker nimmt bei vielen Messungen die Häufigkeitsverteilung eine charakteristische Form an. Bei der Messung kontinuierlicher Größen mit statistischen Abweichungen erhält man im Grenzfall für unendlich kleine Intervalle und unendlich viele Messungen oft die Gauß'sche Normalverteilung oder wegen ihrer Form auch Gauß'sche Glockenkurve genannt. Folie: Gauß'sche Normalverteilung Man erhält diese Verteilung aber keineswegs immer, z.B. dann nicht, wenn man diskrete Größen misst. Es gibt noch weitere Verteilungen, die wir hier aber nicht betrachten. s x Diese Verteilung hat drei charakteristische Punkte: Das Maximum liegt bei x und die Wendepunkte liegen bei x − s und x + s . In der Tat ist die Gauß'sche Normalverteilung vollständig durch x und s beschrieben. Man erhält: 1 ( x− x )2 s2 − 1 f ( x) = e 2 2π ⋅ s x : Wert, um den die Messwerte schwanken: Mittelwert s: Maß der Schwankung der Messwerte um den Mittelwert (im Praktikumskript: εx) Standardabweichung Also noch einmal zusammengefasst: Die Gauß'sche Normalverteilung gibt an, wie bei einem gegebenen Messverfahren die Verteilung bei unendlich kleinen Intervallen und unendlich vielen Messungen aussehen würde. Weiterhin ist die Funktion so normiert, dass das Integral Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 4 über f(x) in den Grenzen von a bis b die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, dass ein Messergebnis im Intervall [a;b] liegt. Natürlich ist es praktisch unmöglich, unendlich viele Messungen durchzuführen. Man wird also den Mittelwert und die Standardabweichung aus den vorhandenen endlich vielen Messwerten abschätzen müssen. Liegen insgesamt N Messungen vor, so schätzt man den Mittelwert ab durch das arithmetische Mittel: x≈ 1 N N ∑x i . xi: der i-te Messwert von N i =1 Die Standardabweichung der Messung wird folgendermaßen abgeschätzt: N s≈ ∑ (x i − x) 2 i =1 N −1 Bei nur einer Messung (N = 1) kann natürlich keine Standardabweichung bestimmt werden. Der wie oben bestimmte Mittelwert x ist natürlich mit einer Unsicherheit versehen, die um so kleiner ist, je größer die Anzahl der Messungen ist. N m= s N ∑ (x = i − x) 2 i =1 N ( N − 1) m: Standardabweichung des Mittelwerts Die Standardabweichung der Messung ist durch das Messverfahren und Messgerät gegeben, kann also durch die Anzahl der Messungen nicht verändert werden. Dagegen ist die Standardabweichung des Mittelwerts umgekehrt proportional zur Wurzel aus der Anzahl der Messungen. Um die Standardabweichung des Mittelwerts zu halbieren, müssen also die vierfache Anzahl an Messungen durchgeführt werden. Man kann nun angegeben, dass der wahre Wert des Mittelwerts x w mit der Wahrscheinlichkeit 1-α im Intervall [x − τ ⋅ m, x + τ ⋅ m] liegt. 1 -α wird als Vertrauenniveau bezeichnet. Der Parameter τ hängt vom Vertrauensniveau und von der Anzahl N der Messungen ab. Folie: Vertrauensniveaus Das vollständige Messergebnis muss also enthalten: 1. 2. 3. 4. Den um die systematische Abweichung korrigierten Mittelwert x k = x + K Die Anzahl N der Messungen Das Vertrauensniveau 1-α Die Messunsicherheit (Fehler) u = τ.m + us (us war die Unsicherheit bei der Abschätzung der systematischen Abweichung) Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 5 Das Messergebnis lautet dann: xk ± u . Die Unsicherheit bei der Abschätzung des systematischen Fehlers muss ebenfalls auf das angegebene Vertrauensniveau 1 - α bezogen werden. Der wahre systematische Fehler muss mit der Wahrscheinlichkeit 1 - α im Intervall [A − u S , A + u S ] liegen. Die Abschätzung der Unsicherheit bei der Bestimmung des systematischen Fehlers ist häufig schwierig. Ein Anhaltspunkt ist die vom Hersteller angegebene Messgenauigkeit eines Messgeräts, die sich meist auf das Vertrauensniveau 68% bezieht. Die Messunsicherheit u wird i.d.R. auf eine Dezimalstelle aufgerundet. Auf die signifikante Dezimalstelle der Messunsicherheit wird der korrigierte Mittelwert dann gerundet. Beispiel: Aus x = 0,931758 ± 0,002715 wird: x = 0,932 ± 0,003 oder aus x = 2562,12 ± 31,259 wird: x = 2560 ± 40 Oft ergeben relative Fehler einen besseren Eindruck von der Genauigkeit: Standardabweichung des Mittelwerts mr = m/ x = bzw. Mittelwert Gesamtfehler ur = u/ x = . Mittelwert Der relative Fehler ist auf eine signifikante Stelle aufzurunden und wird in der Regel in % angegeben, also z.B. 20%. Verbindlich festgelegt ist die Angabe von Messunsicherheiten im „Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen“, DIN V ENV 13005. Hinweise zum Praktikum: Das Vertrauensniveau 1-α ist ca. gleich 2/3 (67%), τ wird vereinfacht zu 1 angenommen, us wird meist vernachlässigt. Liegt überhaupt nur eine Messung vor, muss der Fehler abgeschätzt werden. 1.3 Fehlerfortpflanzung In den meisten Fällen werden physikalische Größen indirekt über die Messung mehrerer Größen bestimmt. Beispiele: Die Geschwindigkeit wird über die Messung von Ort und Zeit bestimmt Δx , v= Δt Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 6 der spezifische Widerstand eines Leiters über d2 (U: Spannung, d: Durchmesser des Leiters, I: Strom, l: Länge des ρ = Uπ 4 Il Leiters). Dabei werden die Einzelgrößen wiederholt gemessen, systematische Fehler und Unsicherheiten bei der Angabe des systematischen Fehlers ermittelt, Mittelwerte sowie Standardabweichungen der Mittelwerte berechnet, und schließlich daraus die Gesamtfehler der einzelnen Messgrößen ermittelt. Da bei zusammengesetzten Größen die Messfehler der einzelnen Messgrößen nur Zwischenergebnisse bei der Ermittlung des Fehlers der gesuchten Größe sind, dürfen sie an dieser Stelle nicht gerundet werden. Ist die zu berechnende Größe G eine Funktion der Messgrößen G1, G2, G3 etc. mit den Mittelwerten G1 , G 2 , G3 etc. und den Gesamtfehlern u1, u2, u3 etc., dann ist der Gesamtfehler des Mittelwerts der Größe G gegeben durch das Gauß'sche Fehlerfortpflanzungsgesetz: 2 2 2 ⎛ ∂G ⎞ 2 ⎛ ∂G ⎞ 2 ⎛ ∂G ⎞ 2 ⎟⎟ u3 + ... ⎟⎟ u1 + ⎜⎜ ⎟⎟ u2 + ⎜⎜ u = ⎜⎜ ∂ G ∂ G ∂ G ⎝ 1 ⎠ ⎝ 2 ⎠ ⎝ 3 ⎠ 2 Dabei sind ∂G die partiellen Ableitungen von G nach Gi an den Stellen G i . ∂Gi Einschub zu partiellen Ableitungen: Es sei g eine Funktion, die von mehreren Variablen x1, x2, x3, bis xn abhängt. Dann wird die ∂g partielle Ableitung von g nach xi geschrieben als . Wichtig in der Schreibweise sind die ∂x i runden ∂ . Bei der partiellen Ableitung nach xi geht man so vor, dass alle anderen Variablen als Konstanten angesehen werden. Somit ist g dann nur noch eine Funktion von xi, und man bildet die „normale“ Ableitung nach dieser Variablen. Die partiellen Ableitungen sind in der Regel wieder Funktionen der Variablen x1 bis xn. (Ende des Einschubs) Man kann den Fehler nach oben hin abschätzen durch: u≤ ∂G ∂G ∂G u1 + u2 + u3 + ... ∂G1 ∂G2 ∂G3 (Begründung: a 2 + b 2 ≤ a + b da ( a + b ) 2 = ( a 2 + b 2 ) 2 = a 2 + b 2 + 2 a 2b 2 ≥ a 2 + b 2 ) Der Mittelwert der gesuchten Größe G berechnet sich zu: G = G (G1 , G2 , G3 .....) . Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 7 Beispiel: d2 ρ = Uπ 4 Il Damit wird: d2 ρ = Uπ 4I ⋅ l u≤ ∂ρ ∂ρ ∂ρ ∂ρ uU + ud + uI + ul ∂U ∂d ∂I ∂l u≤π also: d2 d d2 d2 uU + 2U π ud + U π 2 u I + U π ul . 4 Il 4 Il 4I l 4 Il 2 Weitere Beispiele und Faustformeln finden sich in den Praktikumsunterlagen. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 8 2. Schwingungen Falls die Kraft konstant ist oder nur von der Zeit abhängt, lässt sich die Bahnkurve eines Körpers mit Hilfe des 2. Newtonschen Axioms direkt berechnen. Schwieriger ist es, wenn die Kraft auch vom Ort abhängt. In diesem Kapitel geht es um die Berechnung spezieller Bahnkurven bei ortsabhängigen Kräften. 2.1 Ungedämpfte Schwingungen Federpendel Man betrachte eine spezielle Anordnung: (Schwerkraft vernachlässigt) m F m x Demonstration: Federpendel und Pohlrad Ein Körper der Masse m ist mit Federn gleicher Stärke zwischen zwei Wänden gespannt. In der Mitte wirkt auf ihn keine Kraft, da die Kräfte beider Federn sich gerade kompensieren. Lenkt man ihn aus seiner Ruhelage um eine Strecke x aus, so wirkt auf ihn eine Kraft, die versucht, ihn wieder in die Ruhelage zurückzubringen. Es soll nun die Bahnkurve eines solchen Körpers berechnet werden, der um eine Strecke b ausgelenkt wird, und zum Zeitpunkt t = 0 losgelassen wird. Wir beschränken uns auf eine eindimensionale Bewegung. Die Kraft auf den Körper bei Auslenkung um die Strecke x ist nach dem Hooke'schen Gesetz: D: Federkonstante, in diesem Fall der Anordnung aus zwei Federn, Einheit der Federkonstante: N/m F = − Dx Das negative Vorzeichen gibt an, dass die Federkraft der Auslenkung entgegen wirkt. Applet: 7.1-1 Mass on a Spring (http://physics.bu.edu/%7eduffy/semester1/c18_spring_mass.html) Nach dem 2. Newtonschen Axiom gilt aber: F = ma = m dv d 2x =m 2 . dt dt Dabei hängt die Auslenkung x von der Zeit t ab! Setzt man die Federkraft ein, so erhält man: d 2x − Dx = m 2 , dt bzw. d 2x m 2 + Dx = 0 . dt Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 9 Es ist nun die Bahnkurve x(t) gesucht, die diese Gleichung erfüllt. Die Gleichung lässt sich nicht unmittelbar nach x auflösen, weil außer x auch noch die zweite Ableitung von x enthalten ist. Es handelt sich um die Differentialgleichung der ungedämpften Schwingung. Führt man den oben skizzierten Versuch durch, so wird man finden, dass der Körper eine periodische Bewegung vollführt: er schwingt. Man kann daher probieren, ob ein Lösungsansatz mit einer periodischen Funktion, z.B. einem Sinus, zum Ergebnis führt. Man macht also den Ansatz: x = x0 sin(ω 0 t ) . Dies ist zunächst nur eine Vermutung, ω 0 und x0 sind Konstanten. Nun setzt man diesen Ansatz in die Differentialgleichung der ungedämpften Schwingung ein. Dazu benötigt man zunächst die zweite Ableitung von x: dx = ω 0 x0 cos(ω 0 t ) , dt d 2x 2 = −ω 0 x0 sin(ω 0 t ) . 2 dt und 2 − mω 0 x0 sin(ω 0 t ) + Dx0 sin(ω 0 t ) = 0 . 2 mω 0 = D bzw. ω0 = ± Also eingesetzt: Daraus folgt: D . m Also ist x(t ) = x0 sin(ω 0 t ) Lösung der Differentialgleichung, wenn ω 0 der angegebenen Bedingung entspricht. Das Einsetzen des Ansatzes x(t ) = x0 sin(ω 0 t ) in die Differentialgleichung hat also zu einer Bedingung für die Konstante ω0 geführt. Die zweite Konstante x0 ist offenbar noch frei wählbar. Die Lösung ist im folgenden Bild graphisch veranschaulicht: x(t) Harmonische Schw ingung 0 1 2 3 4 t Applet: 7.1-2 Feder, ungedämpfte Schwingung (http://www.didaktik.physik.unierlangen.de/download/applets/feder.htm) Der Körper vollführt also eine periodische Bewegung, d.h., x(t ) = x(t + T ' ) , bzw. x0 sin(ω 0 t ) = x0 sin(ω 0 (t + T ' )) . Dies ist aber genau dann der Fall, wenn ω 0T ' = n ⋅ 2 ⋅ π (n=0,1,2,...). Daraus folgt: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 10 T '= n 2π ω0 . Die Periodendauer ist also T= 2π ω0 = 1 . f Daraus folgt für die Kreisfrequenz ω 0 : ω 0 = 2πf . Da die Bewegung mit einer Sinusfunktion erfolgt, wird sie harmonische Schwingung genannt, ebenso die Bewegungen, die mit einer Cosinusfunktion erfolgen. Allgemein gilt: Schwingungen sind Bewegungen, bei denen sich der Bewegungszustand nach Vielfachen einer Periodendauer T genau oder annähernd wiederholt. Sie sind nicht notwendigerweise harmonisch. Die Lösung der Differentialgleichung der ungedämpften Schwingung ist nicht eindeutig. Wie man leicht verifizieren kann, ist auch die Funktion y(t ) = y0 cos(ω 0 t ) Lösung. Auch ist die Summe x(t ) + y (t ) eine Lösung. Die allgemeine Form der Lösung lautet: x(t ) = x0 sin(ω 0 t ) + y0 cos(ω 0 t ) , oder mit ω0 = x(t ) = x0 sin(ω 0 t + ϕ 0 ) D . m x0 und y0, bzw. x0 und ϕ0 sind Konstanten, die aus den Anfangs-, bzw. Randbedingungen bestimmt werden müssen, beispielsweise dem Ort und der Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t = 0. Applet: 7.1-3 Federpendel (http://www.walter-fendt.de/ph11d/federpendel.htm) Beispiel 1: Gesucht ist die Auslenkung eines Körpers der Masse m an einer Feder der Federkonstante D mit den Anfangsbedingungen: und x(0) = 0 v(0) = v0 Die erste Bedingung eingesetzt in x(t) ergibt: x(0) = x0 sin(ω 0 0) + y0 cos(ω 0 0) = 0 . Daraus folgt: y0 = 0 . Um die zweite Bedingung einzusetzen, muss zunächst v(t) durch Ableitung berechnet werden: v(t ) = dx = x0ω 0 cos(ω 0 t ) − y 0ω 0 sin(ω 0 t ) . dt Die zweite Bedingung eingesetzt in v(t) ergibt: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 11 v(0) = x0ω 0 cos(ω 0 0) − y0ω 0 sin(ω 0 t ) = v0 . x0ω 0 = v0 , bzw. x0 = v0 ω0 Daraus folgt: . Somit steht aber die spezielle Lösung für das Problem mit den gegebenen Anfangsbedingungen fest: x(t ) = v0 ω0 sin(ω 0 t ) mit ω0 = D . m Beispiel 2: Gesucht ist die Auslenkung einer Masse m an einer Feder mit Federkonstante D mit den Anfangsbedingungen: und x(0) = b v(0) = 0 . Die erste Bedingung liefert eingesetzt in die Differentialgleichung: x0 sin(ω 0 0) + y0 cos(ω 0 t ) = y0 = b . Die zweite Bedingung eingesetzt in die Gleichung für v(t) ergibt: x0ω 0 cos(ω 0 0) − y0ω 0 sin(ω 0 0) = x0ω 0 = 0 . Daraus folgt: x0 = 0 . Die spezielle Lösung des Problems mit gegebenen Anfangsbedingungen lautet also: x(t ) = b cos(ω 0 t ) . 2.2 Gedämpfte Schwingungen Bei jeder realen Schwingung wird man mit der Zeit eine Abnahme der Amplitude beobachten (sofern dem System nicht von außen Energie zugeführt wird): die Schwingung ist gedämpft. Versuch: Abnahme der Schwingungsamplitude am Pohl-Rad Es wirken also (nichtkonservative) Reibungskräfte, die zu einer Abnahme der Summe aus potentieller und kinetischer Energie führen. Dies können sein: - Gasreibung - Flüssigkeitsreibung - Gleitreibung, Rollreibung - Elektrische Reibung (z.B. Wirbelstrombremse) Die Reibungskräfte können unabhängig von der Geschwindigkeit sein (Gleitreibung, Rollreibung), der Geschwindigkeit proportional (Fluidreibung bei laminarer Strömung), oder proportional dem Quadrat der Geschwindigkeit sein (Fluidreibung bei turbulenter Strömung). Hier sei der Fall betrachtet, dass die Reibungskraft proportional der Geschwindigkeit ist: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 12 Fr = −rv , bzw. eindimensional: Fr = −rv . r: Dämpfungskonstante, Dabei ist r die Dämpfungskonstante, eine Eigenschaft des reibenden Systems, mit der Einheit Ns/m = kg/s. Aus dem 2. Newtonschen Gesetz folgt dann: d 2x dx F = ma = m 2 = − Dx − rv = − Dx − r , dt dt m d 2x dx + r + Dx = 0 . 2 dt dt also: Differentialgleichung der gedämpften Schwingung Applet: 7.2-1 Gedämpfte Schwingung (weiter klicken auf Harmonische Schwingung Bewegung 3) (http://www.matheprisma.uniwuppertal.de/Module/Schwingu/index.htm) Experimentell erhält man bei kleiner Dämpfung folgenden Verlauf der Auslenkung: Gedämpfte Schw ingung x(t) Amplitudenhüllkurve t Der Schwingung ist also eine Amplitudenhüllkurve überlagert, die eine exponentielle Abnahme der Amplitude bewirkt. Man wählt daher folgenden Ansatz für den Schwingfall: x(t ) = y 0 e −δt cos(ωt ) . y 0 , ω , δ : Konstanten Mit der gleichen Berechtigung könnte man anstatt des Cosinus auch den Sinus wählen, wie es dem obigen Diagramm eher entspricht. Zur Überprüfung des Ansatzes, also dem Einsetzen in die Differentialgleichung, sind die ersten und zweiten Ableitungen notwendig: dx = −δy 0 e −δt cos(ωt ) − ωy 0 e −δt sin(ωt ) = y 0 e −δt (−δ cos(ωt ) − ω sin(ωt )) dt Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 13 d 2x = δ 2 y0 e −δt cos(ωt ) + ωδy0 e −δt sin(ωt ) + δωy0 e −δt sin(ωt ) − ω 2 y0 e −δt cos(ωt ) 2 dt = y 0 e −δt (cos(ωt )(δ 2 − ω 2 ) + sin(ωt ) ⋅ 2δω ) . Eingesetzt in die Differentialgleichung ergibt das: my 0 e −δt (cos(ωt )(δ 2 − ω 2 ) + 2δω sin(ωt )) − ry 0 e −δt (δ cos(ωt ) + ω sin(ωt )) + Dy 0 e −δt cos(ωt ) = 0 Daraus folgt durch Ausklammern von y 0 e −δt und Zusammenfassen der Faktoren vor dem Sinus und dem Cosinus: y 0 e −δt (cos(ωt )( mδ 2 − mω 2 − rδ + D) + sin(ωt )( 2mδω − rω )) = 0 . Für y0 = 0 ist die Gleichung trivialerweise immer erfüllt. Soll bei von null verschiedenem y 0 die Gleichung für alle Zeiten gelten, müssen die Faktoren vor sin(ωt ) und cos(ωt ) null werden: (i): δ = 2mδω − ωr = 0 . Daraus wird: r = 2mδ , also: r . 2m Der Parameter δ wird Abklingkonstante genannt, da er das exponentielle Abklingen der Amplitude beschreibt (ii): mδ 2 − mω 2 − rδ + D = 0 , also: ω2 =δ 2 − rδ D r D D D + =δ2 −2 δ + = δ 2 − 2δ 2 + = − δ 2 m m 2m m m m Damit wird: ω =± D 2 − δ 2 = ± ω0 − δ 2 m Die Kreisfrequenz der gedämpften Schwingung ist also kleiner als die der ungedämpften, hängt aber auch nicht von der Amplitude ab. Der Ansatz x = y 0 e −δt cos(ωt ) liefert also nur dann reelle Frequenzen, wenn ω 0 > δ ist. Offensichtlich gilt der Ansatz also nicht für alle physikalischen Bedingungen. In der Tat gilt er nur dann, wenn der Körper tatsächlich eine Schwingung ausführt (Schwingfall). Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 14 Es ist also y 0 e −δt cos(ωt ) Lösung der Differentialgleichung der gedämpften Schwingung, r wenn ω Eigenfrequenz ist und δ = . Genauso kann man zeigen, dass auch 2m x' (t ) = x0 e −δt sin(ωt ) Lösung ist mit den gleichen Bedingungen für δ und ω . Damit ist aber auch die Summe x' (t ) + x(t ) Lösung. Die allgemeine Form der Lösung lautet: x(t ) = x0 e −δt sin(ωt ) + y 0 e −δt cos(ωt ) , δ = r und 2m ω= D −δ 2 m Da die Lösung durch die Sinus- und Cosinusterme periodisch ist, bezeichnet man diesen Fall als Schwingfall. Die Konstanten x0 und y0 müssen aus den Anfangsbedingungen ermittelt werden. Ein schwingfähiges System wird auch als Oszillator bezeichnet. Die Frequenzen der gedämpften oder ungedämpften Schwingungen heißen auch Eigenfrequenzen des Oszillators, da es die Frequenzen sind, mit denen das System ohne äußere periodische Anregung schwingt.. Beispiel: Das Federpendel werde zur Zeit t = 0 bei einer Auslenkung von b mit der Geschwindigkeit null losgelassen. x(0) = b und v(0) = 0 . Aus der ersten Bedingung folgt sofort: x(0) = x0 e −δ 0 sin(ω 0) + y 0 e −δ 0 cos(ω 0) = y 0 = b . Da die zweite Bedingung ist, dass die Geschwindigkeit bei t = 0 null ist, muss die Ableitung an der Stelle 0 betrachtet werden: dx = −δx0 e −δt sin(ωt ) + ωx0 e −δt cos(ωt ) − δy 0 e −δt cos(ωt ) − ωy 0 e −δt sin(ωt ), und damit: dt v(0) = ωx0 − δy0 = 0 , also: x0 = y 0 δ δ =b . ω ω Damit lautet die Lösung für das spezielle Problem (x(0) = b, v(0) = 0): x(t ) = be −δt (cos(ωt ) + δ sin(ωt )) , ω Bei sehr kleiner Dämpfung ( δ << ω 0 ) gilt: Lösung zu: δ = r 2m und ω= D −δ 2 m δ ≈ 0 . Damit vereinfacht sich die ω x(t ) = be −δt cos(ωt ). Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 15 Betrachtet man ein Federpendel bei sehr großer Dämpfung, wird man finden, dass es gar nicht mehr schwingt, sondern nur noch langsam in seine Ruhelage "kriecht". Dies bezeichnet man als den Kriechfall. Versuch: Pohl-Rad bei sehr großer Dämpfung Applet: 7.2-1 Gedämpfte Schwingung (weiter klicken auf Harmonische Schwingung Bewegung 3, k muss größer als 5 sein ) (http://www.matheprisma.uni-wuppertal.de/Module/Schwingu/index.htm) Es ergibt sich experimentell der folgende Verlauf der Auslenkung: x(t) Kriechfall t Betrachtet man die Lösung für den Schwingfall, so sieht man, dass sich keine reelle Frequenz mehr für δ > ω 0 ergibt. Es liegt also nahe, dort die Grenze zwischen Schwing- und Kriechfall zu vermuten. Man macht nun den Ansatz: x(t ) = x0 e − λt . Zum Einsetzen in die Differentialgleichung benötigt man wiederum die ersten und zweiten Ableitungen: dx = −λx0 e −λt , dt d 2x = λ2 x0 e −λt . 2 dt Setzt man dies in die Gleichung ein, ergibt sich: mλ2 x0 e − λt − rλx0 e − λt + Dx0 e − λt = 0 . Für x0 ≠ 0 muss gelten: mλ2 − rλ + D = 0 . λ2 − 2δλ + D = 0. m Daraus folgt: λ2 − r D r : λ + = 0 , also mit δ = m m 2m Daraus folgt für λ : Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 16 λ =δ ± δ2 − D 2 = δ ± δ 2 − ω 0 . Es ergeben sich also zwei Werte für die Konstante λ. m Jeder davon führt zu einer Lösung der Differentialgleichung. Also ist auch die Summe beider Lösungen eine Lösung (weil die Differentialgleichung linear ist). Damit lautet die allgemeine Lösung für den Kriechfall: x(t ) = x0 e ( −δ − δ 2 −ω 0 2 ) t + y0 e ( −δ + δ 2 −ω 0 2 ) t , δ = r und 2m D m ω0 = Die Konstanten x0 und y0 müssen wiederum aus den Anfangsbedingungen bestimmt werden. Der Ansatz x = x0 e − λt liefert aber nur dann reelle Amplituden, wenn δ > ω 0 ist. Dies ist die Bedingung für den Kriechfall. Beispiel: Das Federpendel werde zur Zeit t = 0 bei einer Auslenkung von b mit der Geschwindigkeit null losgelassen. Durch Einsetzen dieser Bedingungen in Auslenkung und Geschwindigkeit (Ableitung) in Abhängigkeit von der Zeit ergibt sich als Lösung des speziellen Problems: x(t ) = b −δt δ − e ((1 − )e 2 δ 2 − ω02 δ 2 −ω 0 2 t + (1 + δ δ 2 − ω02 )e δ 2 −ω 0 2 t ), δ = r und ω 0 = 2m D . m Bei sehr großer Dämpfung ( δ >> ω 0 ) vereinfacht sich die Lösung zu: x(t ) = be − ω02 t 2δ . (Zur Ableitung dieser Beziehung beachte man, dass δ δ 2 − ω02 für δ >> ω0 gegen 1 geht, 2 und dass δ 2 − ω0 2 ⎛ ω02 ω04 ω 0 2 ⎞⎟ ω02 2 ⎜ ) ≈ δ − 2δ + = ⎜ δ − =δ − 2δ 4δ 2 2δ ⎟⎠ 2δ ⎝ Abklingzeit: Man sieht, dass bei sehr großer Dämpfung die Amplitude um so langsamer abnimmt, je größer die Dämpfung ist. Dies ist auch verständlich, da bei sehr großer Dämpfung das Pendel nur sehr langsam in seine Ruhelage zurückkehrt. Als Abklingzeit definiert man die Zeit, in der die Amplitude auf den Bruchteil 1/e ihrer Ausgangsamplitude abgesunken ist. Im Schwingfall nahm die Amplitude der Schwingung mit e −δt ab, also um so schneller, je größer die Dämpfung ist. Die Abklingzeit nimmt also zunächst mit größer werdender Dämpfung ab, dann aber mit weiter steigender Dämpfung wieder zu. Es muss also eine Dämpfung geben, bei der die Abklingzeit minimal ist. Dieser Fall ergibt sich beim Übergang vom Schwingfall zum Kriechfall, also bei δ = ω 0 . Da dann gerade keine periodische Bewegung mehr vorliegt, bezeichnet man dies als aperiodischen Grenzfall. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 17 Folie: Abklingzeiten Als allgemeine Lösung für den aperiodischen Grenzfall ergibt sich: x(t ) = x0 e −δt + y 0 te −δt , δ = r 2m Die Konstanten x0 und y0 müssen aus den Anfangsbedingungen bestimmt werden. Für die gleichen Anfangsbedingungen wie beim Schwing- und Kriechfall (x(0) = b und v(0) = 0) ergibt sich als spezielle Lösung: x(t ) = be −δt (δ ⋅ t + 1) , δ = r . 2m Ein System im aperiodischen Grenzfall kehrt also nach einer Auslenkung in der kürzest möglichen Zeit in seine Ruhelage zurück. Folie: Drei Fälle der gedämpften Schwingung Energie der Schwingung Ein Feder-Masse-System besitzt potentielle und kinetische Energie. Bei der gedämpften Schwingung treten auch noch andere Energieformen wie Wärme und Verformungsenergie auf. 1 2 Dx , wobei die 2 willkürliche Konstante der potentiellen Energie so gewählt wurde, dass Ep in der Ruhelage 1 der Feder bei x = 0 null ist. Die kinetische Energie ist Ek = mv 2 . Es kann nun gezeigt 2 werden, dass die Summe aus kinetischer und potentieller Energie konstant ist. Daher genügt es, als Gesamtenergie der ungedämpften Schwingung entweder das Maximum der kinetischen oder der potentiellen Energie zu betrachten. Hat das System eine maximale Auslenkung von a, dann ist die Geschwindigkeit an dieser Stelle null und die Gesamtenergie ist: Ungedämpfte Schwingung: Die potentielle Energie ergibt sich zu E p = E= 1 Da 2 , 2 a: maximale Auslenkung D: Federkonstante Gedämpfte Schwingung, Schwingfall: Die Amplitude nimmt mit e −δt ab. Betrug die maximale Auslenkung zur Zeit t = 0 a, so ist sie nach der Zeit t auf den Wert ae −δt abgesunken. Die Summe aus potentieller und kinetischer Energie ergibt sich dann wiederum als Maximum der potentiellen Energie zu: E p + Ek = 1 1 D(ae −δt ) 2 = Da 2 e −2δt = E0 e −2δt 2 2 E0: Gesamtenergie zur Zeit t = 0 Die Differenz zu E0 ist in Wärme, Verformungsenergie o.Ä. umgewandelt. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 18 Für die näherungsweise Abnahme der Summe aus potentieller und kinetischer Energie in einer Periode kann man schreiben: dE T: Periodendauer der Schwingung T = −2δE0 e −2δt T = −2δET . dt Die Energieabname in einer Periode ist also proportional zu δ , E und T. E (t + T ) − E (t ) ≈ Gedämpfte Schwingung, Kriechfall und aperiodischer Grenzfall: Hier muss die Summe aus kinetischer und potentieller Energie berechnet werden. Bei sehr großer Dämpfung kann die kinetische Energie vernachlässigt werden und es ergibt sich für die Summe: ω 2 − 0 t − 1 1 E k + E p ≈ E p = D(ae 2δ ) 2 = Da 2 e 2 2 2.3 ω02 t δ . Erzwungene Schwingungen Wir betrachten jetzt ein gedämpftes Feder-Masse-System, auf das eine periodische externe Kraft F(t) wirkt. F(t) m Man nehme nun an, dass die externe periodische Kraft harmonisch sei: F (t ) = F0 sin(ωt ) F0: Amplitude der externen Kraft ω : Frequenz der externen Kraft ω ist also jetzt nicht die Eigenfrequenz der gedämpften Schwingung, die sich aus der Masse m, der Federkonstante D und der Dämpfungskonstanten r ergibt, sondern eine beliebige, von der externen Kraft aufgezwungene Frequenz. Versuch: Pohl-Rad mit verschiedenen Anregungsfrequenzen und konstanter Anregungsamplitude Es zeigt sich, dass nach einer gewissen Einschwingdauer das Federpendel mit der Frequenz der externen Kraft schwingt. Die Amplitude hängt dabei von der Frequenz ab und hat bei einer mittleren Frequenz ein Maximum. Die Phasendifferenz zwischen Auslenkung und Anregung hängt ebenfalls von der Frequenz ab. Als Phasendifferenz bezeichnet man dabei die Differenz der Argumente der periodischen Funktion, die Auslenkung und Anregung beschreibt. Zu der Federkraft auf die Masse m und der Reibungskraft tritt nun noch die externe Kraft F(t) hinzu. Dann kann man wieder mit dem 2. Newton'schen Axiom sagen: F = − Dx − r dx d 2x + F0 sin(ωt ) = m 2 , also: dt dt Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 19 m d 2x dx + r + Dx = F0 sin(ωt ) 2 dt dt Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung Die Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung unterscheidet sich von der Differentialgleichung der freien gedämpften Schwingung also nur durch den einen Term F0 sin(ωt ) , der nicht von der Auslenkung x(t) abhängt. Aus dem Versuch folgte, dass nach dem Einschwingen die resultierende Schwingung die Frequenz der anregenden Kraft hat, aber phasenverschoben ist. Daher wählt man den Ansatz: x(t ) = x0 sin(ωt + ϕ ) ω : Frequenz der Anregung x0 (ω ) : Amplitude ϕ (ω ) : Phasendifferenz zwischen Auslenkung und anregender Kraft Zum Einsetzen in die Differentialgleichung werden die ersten und zweiten Ableitungen gebildet: d 2x = − x0ω 2 sin(ωt + ϕ ) . dt 2 dx = x0ω cos(ωt + ϕ ) , dt Eingesetzt in die Differentialgleichung ergibt das: − mx0ω 2 sin(ωt + ϕ ) + rx 0ω cos(ωt + ϕ ) + Dx0 sin(ωt + ϕ ) = F0 sin(ωt ) . Für sehr kleine Frequenzen gehen ω und ω 2 gegen null. Damit wird aus obiger Gleichung: Dx0 sin(ωt + ϕ ) = F0 sin(ωt ) . F0 . Die Masse folgt der Kraft ohne Phasendifferenz. D Die Reibungskraft spielt keine Rolle, weil die Geschwindigkeiten klein sind, ebenso die Beschleunigungen. Daraus folgt, dass ϕ = 0 ist und x0 = Für sehr große Frequenzen wird ω 2 sehr viel größer als ω und D. Aus der Differentialgleichung wird dann: − mx0ω 2 sin(ωt + ϕ ) = F0 sin(ωt ) Da sin( x + 180o ) = − sin( x) ist, folgt daraus, dass die Phasenverschiebung ϕ = −180 o ist, und F x 0 = 0 2 . Auslenkung und Kraft sind also gegenphasig, und die Amplitude geht für große mω Frequenzen gegen null. Da die Phasendifferenz für kleine Frequenzen null ist und für große -180o, wird sie vermutlich bei einer mittleren Frequenz -90o betragen. In diesem Fall wird die Geschwindigkeit: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 π cos(ωt − ) = sin(ωt ) 2 20 cos(ωt ) t v= π dx π = x π ω π cos(ω π t − ) = x π ω π sin(ω π t ) , da cos( x − ) = sin( x) . 0 , 0 , 2 dt 2 2 2 2 2 2 2 ω π bezeichnet dabei eben jene Kreisfrequenz, bei der die Phasenverschiebung gleich π/2 ist, 2 x 0, π die bei dieser Kreisfrequenz sich einstellende Amplitude der Auslenkung. 2 Also hat unter diesen Bedingungen die Geschwindigkeit immer die gleiche Richtung wie die anregende Kraft. Daher bewirkt die durch die Kraft hervorgerufene Beschleunigung stets eine Zunahme der Geschwindigkeit. Die Kraft verrichtet also ständig Arbeit an dem schwingenden System, bzw. das schwingende System nimmt ständig Arbeit auf. Da die Energie zunimmt, muss auch die Amplitude wachsen. Wenn keine Reibung wirkt, nimmt die Amplitude der Schwingung ständig zu. Film: 09-01 Bowling Ball Pendulum Resonance 09-06 Glass Breaking with Sound Bei der Frequenz, die eine Phasendifferenz von -90o zwischen Auslenkung und Kraft hervorruft, wird also die maximale Leistung übertragen. Man nennt dies Leistungsresonanz. Durch die Reibung wird dem schwingenden System aber auch laufend Energie entzogen. Eine konstante Amplitude stellt sich dann ein, wenn dem System durch die externe Kraft ständig genauso viel Energie zugeführt wird, wie ihm durch Reibung entzogen wird. Es muss also die zugeführte Leistung gleich der durch Reibung abgeführten sein. Für die Leistung, die eine Kraft F an einem mit der Geschwindigkeit v bewegten Körper erbringt, gilt aber: P = F ⋅v. Da die Leistungen der externen Kraft und der Reibungskraft dem Betrag nach gleich sein müssen, gilt also: Pextern = F0 sin(ω π t )v = PRe ibung = Fr v = rvv = rv 2 . Somit gilt: 2 Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 21 F0 sin(ω π t ) = rv = rx π ω π sin(ω π t ) . 0, 2 2 2 2 Da die Gleichung für alle Zeiten gelten muss, folgt daraus: x 0, π = 2 F0 rω π . 2 Betrachtet man nun die Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung: d 2x dx m 2 + r + Dx = F0 sin(ωt ) , dt dt F0 sin(ω π t ) = rv = r 2 dx , dt und berücksichtigt die oben ermittelte Beziehung: so sieht man, dass bei der Kreisfrequenz ω π die Summe der 2 beiden übrigen Terme auf der linken Seite null ergeben muss: d 2x m 2 + Dx = 0 . dt Dies ist aber genau die Differentialgleichung der ungedämpften Schwingung. Bedingung dafür, dass diese Gleichung gilt, ist aber gerade: ωπ = 2 D = ω0. m Kreisfrequenz bei Leistungsresonanz Das Maximum der Leistungsübertragung ergibt sich also, wenn die Anregungsfrequenz gleich der Eigenfrequenz des ungedämpften schwingenden Systems (Oszillators) ist. Bei beliebiger Anregungsfrequenz lautet der Zusammenhang zwischen der Amplitude der Schwingung, der Anregungsfrequenz und der Amplitude der anregenden Kraft: x0 = F0 2 2 2 2 m (ω − ω 0 ) + 4δ ω 2 , ω0 = D , m δ = r . 2m Amplitude der erzwungenen Schwingung Für die Phasendifferenz zwischen Auslenkung und Anregung ergibt sich: tan ϕ = 2δω ω − ω02 2 Applet: 7.3-1 Erzwungene Schwingung (http://www.walter-fendt.de/ph11d/resonanz.htm) Folie: Amplitude und Phase der erzwungenen Schwingung Folie: Resonanzkurven für verschiedene Dämpfungen Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 22 Folie: Phasenverhalten für verschiedene Dämpfungen Das Maximum der Amplitude der Auslenkung ergibt sich durch Differenzieren und Nullsetzen. Überraschenderweise liegt das Maximum nicht exakt bei der Frequenz der Leistungsresonanz, sondern bei einer etwas kleineren Frequenz. Der Grund dafür ist, dass die dämpfende Kraft mit der Geschwindigkeit, und damit mit der Amplitude zunimmt. Das Maximum der Amplitude wird als Resonanzamplitude, die zugehörige Frequenz als Resonanzfrequenz bezeichnet. Sie errechnet sich zu: ω r = ω 0 2 − 2δ 2 = 2πf r . Die Resonanzfrequenz ist also kleiner als die Eigenfrequenz des ungedämpften Oszillators und kleiner als die Eigenfrequenz des gedämpften Oszillators. Für ω 0 2 < 2δ 2 gibt es keine Resonanzfrequenz mehr. Die Resonanzamplitude beträgt: x0, r = F0 2 2mδ ω 0 − δ 2 . Als Resonanzüberhöhung eines Oszillators wird das Verhältnis zwischen der Resonanzamplitude und der maximalen Amplitude bei der Anregungsfrequenz null bezeichnet. Die Resonanzüberhöhung ist näherungsweise gleich der Güte (englisch quality) eines Oszillators. Q≈ x0, r D . = 2 2 F0 2mδ ω 0 − δ D Resonanzüberhöhung und Güte sagen also aus, wie „ausgeprägt“ das Resonanzmaximum ist. Sie sind stark von der Dämpfung abhängig. Durch Resonanz können so große Amplituden auftreten, dass die Festigkeitsbedingungen des Systems nicht mehr erfüllt sind. Es kommt zur Zerstörung des Systems. Dies nennt man Resonanzkatastrophe. Versuch: Pohl-Rad mit geringer Dämpfung in Resonanz Folie: Tacoma Narrow's Bridge Film: Tacoma Narrow’s Bridge Betrachtet man die Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung, so sieht man, dass man zu einer Lösung dieser Gleichung auch eine Lösung der Differentialgleichung der gedämpften Schwingung hinzuaddieren kann, und die Summe ist immer noch Lösung der Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung. Die gedämpfte Schwingung erfolgt natürlich (im Schwingfall) mit ihrer Eigenfrequenz. Es treten dann also in der Lösung die Frequenz der erregenden Kraft und die Eigenfrequenz der gedämpften Schwingung auf. Die Schwingung mit der Eigenfrequenz ist allerdings gedämpft und wird sich nach einiger Zeit Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 23 nicht mehr bemerkbar machen. Diese Addition von Lösungen der gedämpften Schwingung benötigt man zur Beschreibung spezieller Anfangsprobleme. Man bezeichnet die sich ergebenden Lösungen dann auch als Einschwingvorgänge. Folien: Erzwungene Schwingung mit Drehmomentsprung 2.4 Überlagerung harmonischer Schwingungen Es sei nun ein gedämpftes Feder-Masse-System betrachtet, an dem mehrere periodische Kräfte F1, F2, F3 etc., mit unterschiedlichen Frequenzen und Phasen angreifen. Aus der Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung wird dann: m d 2x dx + r + Dx = F1 sin(ω1t + ϕ1 ) + F2 sin(ω 2 t + ϕ 2 ) + F3 sin(ω 3t + ϕ 3 ) + ... 2 dt dt Wenn xi(t) Lösung der Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung mit einer externen Kraft Fi ist, dann ist x1(t) + x2(t) + x3(t) + ... Lösung der Gleichung für die Summe der Kräfte F1, F2, F3 etc. Dies liegt daran, dass die Differentialgleichung linear ist, d.h. die Funktion und ihre Ableitungen nur mit der ersten Potenz vorkommen. Es ist dann nämlich die Ableitung der Summe gleich der Summe der Ableitungen. Somit gilt das Prinzip der ungestörten Superposition: Wird ein Körper zu mehreren Schwingungen angeregt, so addieren sich die Auslenkungen ohne gegenseitige Störung. Man kann also für jede einzelne Kraft die Schwingungsgleichung lösen und die Lösungen dann addieren. Das gilt so lange, wie die Differentialgleichung linear ist. In der Praxis ist das bei nicht zu großen Auslenkungen und Geschwindigkeiten der Fall. Wenn die beteiligten Frequenzen ein gemeinsames Vielfaches haben, ergibt die Summe der Lösungen eine periodische Schwingung, die aber nicht notwendigerweise harmonisch sein muss. Aus der Überlagerung harmonischer Schwingungen unterschiedlicher Frequenzen kann also eine nicht harmonische (anharmonische) periodische Schwingung entstehen. Es lässt sich zeigen, dass sogar allgemein gilt: Jede periodische Schwingung lässt sich als Überlagerung harmonischer Schwingungen darstellen. 2π . ω1 heißt T Grundfrequenz der anharmonischen Schwingung. Dann lässt sich x(t) fast überall darstellen als: Sei x(t) eine periodische Schwingung mit der Periodendauer T gemäß ω1 = ∞ x(t ) = x0 + ∑ (a n sin( nω1t ) + bn cos( nω1t )) . Fourier-Reihe bzw. Fourier-Darstellung n =1 Applet: 7.4-1 Fourierreihenentwicklung: http://www-es.fernuni-hagen.de/playground/FourierDSV.html.de Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 24 Die Koeffizienten x0, an und bn können experimentell, z.B. durch Frequenzfilterung, oder rechnerisch ermittelt werden. Diesen Vorgang nennt man Fourier-Analyse. Es ergeben sich: x0 = 1 T T 2 ∫ x(t )dt an = T − 2 ω1 π T T 2 ∫ x(t ) sin(nω1t )dt bn = T − 2 ω1 π 2 ∫ x(t ) cos(nω t )dt . 1 − T 2 Eine besondere Implementierung der Fourier-Analyse für schnelle Berechnungen ist FFT (Fast Fourier Transform). Die Darstellung der Koeffizienten an und bn über der Frequenz nennt man Fourier-Spektrum. Die Zusammensetzung einer Schwingung aus harmonischen Schwingungen gemäß der Fourier-Reihe nennt man Fourier-Synthese. Folie: Fourier-Synthese Folie: Fourier-Spektrum In der Akustik bestimmt die Grundfrequenz eines Tons die Tonhöhe, das Fourier-Spektrum den Klang. Versuch: Tonhöhe und Klang bei Sinus- Dreieck- und Rechteckschwingung Applet: 7.4-2 Fourier-Synthese mit Ton: http://ac16.uni-paderborn.de/arbeitsgebiete/messtech/simulationen/fourier/fourier/fourier.html Fourier-Darstellung nicht periodischer Vorgänge Zeitlich begrenzte, nicht periodische Auslenkungen können auch als Überlagerung harmonischer periodischer Schwingungen dargestellt werden. Aus der Fourier-Reihe wird dann das Fourier-Integral: ∞ x(t ) = ∫ (a(ω ) sin(ωt ) + b(ω ) cos(ωt ))dω 0 Die Funktionen a (ω ) und b(ω ) bilden das Fourier-Spektrum. Folie: Fourier-Spektrum nicht periodischer Vorgänge Es ist schon sehr erstaunlich, dass aus der Überlagerung lauter zeitlich periodischer, unbegrenzter harmonischer Schwingung ein zeitlich begrenzter, nichtperiodischer Vorgang entsteht. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 25 3. Wellen 3.1 Eindimensionale Wellen Eine Welle ist die räumliche Ausbreitung einer zeitlichen Störung in Materie oder im Vakuum. Versuch: Wellenausbreitung an der Wellenmaschine Versuch: Wellenausbreitung an der Wellenwanne Applet: 9.1-1 Transversal-, Longitudinal- u. Oberflächenwellen (http://www.nt.fhkoeln.de/fachgebiete/nf/html/wellen.html) Folie: Transversalwellen Voraussetzung für die Wellenausbreitung ist, dass es einen Kopplungsmechanismus gibt, der bewirkt, dass die Abweichung eines physikalischen Zustands vom Gleichgewichtszustand zu einer zeitlich verzögerten Zustandsänderung an den benachbarten Orten führt. Dieser Kopplungsmechanismus kann ganz unterschiedlicher Natur sein: Kopplungs von Pendeln durch Federn (Wellenmaschine) Kopplung von Atomen im Festkörperverband (Schallausbreitung im Festkörper) Film: 9.9 Wave on a Rope Kopplung von Molekülen in Flüssigkeiten (Wasserwellen, Schall im Wasser) Kopplung von elektrischen und magnetischen Feldern (elektromagn. Wellen) Folie: Einige Wellen und ihre Frequenzen Folie: Spektrum elektromagnetischer Strahlung Im zeitlichen Mittel erfolgt bei der Wellenausbreitung kein Materietransport, aber Energieund Impulstransport. Wellen müssen nicht periodisch oder harmonisch sein, wir beschränken uns aber im Wesentlichen auf harmonische Wellen. Zur Herleitung der Wellengleichung sei wiederum die Pendelkette betrachtet. Folie: Transversalwellen Wir betrachten zunächst ein Pendel an einem festen Ort (x = const.). Dies führt eine harmonische Schwingung mit der Kreisfrequenz ω aus, also z.B. g = g 0 sin(ωt ) als Lösung der Schwingungsgleichung (g ist die Auslenkung des Pendels) m d 2g + Dg = 0 . dt 2 Betrachtet man die Auslenkung zu einer festen Zeit (t = const.), so findet man ebenfalls eine harmonische Funktion g = g 0 sin( kx) , die der Gleichung genügt: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 26 d 2g a 2 + bg = 0 , dx (2) Aus (1) folgt: g =− mit k = b . a m d 2g , aus (2): D dt 2 g =− a d 2g . b dx 2 Da die Auslenkung g offensichtlich eine Funktion sowohl des Ortes, als auch der Zeit ist, muss man anstatt der Ableitungen die partiellen Ableitungen verwenden. Es wird somit: m ∂2 g a ∂2 g 1 ∂2g 1 ∂2g , bzw. . = − g = = D ∂t 2 b ∂x 2 ω 2 ∂t 2 k 2 ∂x 2 t = const. x = const. λ = 2π/k g g T = 2π/ω x t In einer Periode T hat sich die Welle genau um eine Wellenlänge λ ausgebreitet. Also ist die Geschwindigkeit, mit der sich der Schwingungszustand ausbreitet, die Phasengeschwindigkeit: v ph = λ T =λ⋅ f = 2π ω ω = . k 2π k Damit kann man die für die Welle gefundene Differentialgleichung schreiben als: ∂2 g k 2 ∂2 g − = 0, ∂x 2 ω 2 ∂t 2 ∂2 g 1 ∂2g − = 0. ∂x 2 v ph 2 ∂t 2 bzw. mit vph = ω/k : Eindimensionale Wellengleichung Es handelt sich um eine lineare partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung. Gesucht ist jetzt die Funktion g(x,t), die die obige Wellengleichung erfüllt. Zum Zeitpunkt t1 = 0 kennen wir eine Lösung bereits. Sie lautet: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 27 g ( x,0) = g 0 sin( kx) . Ein Zeitintervall t später hat sich die Welle um die Strecke Δx weiter ausgebreitet: Zwei Momentaufnahmen der Welle Δx g t1 = 0 t x Man findet nun den Funktionswert der um Δx nach rechts verschobenen Kurve, indem man auf der x-Achse um Δx nach links geht und dort den Wert der nicht verschobenen Kurve nimmt: g ( x, t ) = g ( x − Δx,0) = g 0 sin( k ( x − Δx)) . Nun breitet sich die Welle aber mit der Phasengeschwindigkeit vPh aus, so dass man schreiben kann: vPh = Δx , bzw. Δx = vPh t . t Somit wird: g ( x, t ) = g 0 sin( k ( x − vPht )) = g 0 sin( kx − kv Pht ) . Aus der Beziehung: v Ph = ω k folgt aber: kv Ph = ω . Eine Lösung der eindimensionalen Wellengleichung ist also: g = g 0 sin( kx − ωt ) Demo: harmonische, eindimensionale Welle Excel-Diagramm „Wellenausbreitung“ Es gibt aber noch sehr viel mehr Lösungen, denn jede zweimal differenzierbare Funktion g(kx-ωt) ist Lösung der Wellengleichung, wenn vph = ω/k, z.B. also auch ein Impuls oder ein Wellenpaket. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 28 Die Phasengeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der sich der physikalische Zustand ausbreitet. Sie darf nicht mit der Geschwindigkeit verwechselt werden, mit der sich Teilchen (z.B. Pendel einer Pendelkette oder Atome eines Gases oder Festkörpers) bewegen. 3.2 Transversal- und Longitudinalwellen Die Auslenkung von Wellen kann senkrecht oder parallel zur Ausbreitungsrichtung erfolgen. Folie: Transversalwellen Applet: 9.2-1 Transversalwellen (http://www.nt.fhkoeln.de/fachgebiete/nf/html/transversalwellen.html) Film: 9-12 Torsional Waves Transversalwellen: Die Auslenkung erfolgt senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Beispiele: Schwingendes Seil Elastische Transversalwellen in Festkörpern Elektromagnetische Wellen Folie: Longitudinalwellen Applet: 9.2-2 Longitudinalwellen (http://www.nt.fhkoeln.de/fachgebiete/nf/html/longitudinalwellen.html) Film: 9-14 Longitudinal Waves Longitudinalwellen: Die Auslenkung erfolgt parallel zur Ausbreitungsrichtung. Bespiele: Elastische Longitudinalwellen in Festkörpern Schallwellen in Gasen und Flüssigkeiten Steht einer Welle nur ein begrenzter Raum zur Ausbreitung zur Verfügung, bzw. die Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle in einem Hohlleiter, so bilden sich keine reinen Transversal- oder Longitudinalwellen. Dazu zählen auch die Oberflächenwellen, die eine Kombination aus Transversal- und Longitudinalwellen darstellen (z.B. Wasserwellen). Applet: 9.2-3 Oberflächenwellen (http://www.nt.fhkoeln.de/fachgebiete/nf/html/oberflaechenw.html) 3.3 Mehrdimensionale Wellen Die Ausbreitung von Wellen erfolgt nicht nur entlang einer Linie, sondern kann auch entlang einer Fläche oder im Raum erfolgen. Aus der eindimensionalen Wellengleichung wird dann: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 29 ∂2g ∂2g ∂2g 1 ∂2g + + − = 0. ∂x 2 ∂y 2 ∂z 2 v ph 2 ∂t 2 Dreidimensionale Wellengleichung Die Lösung dieser Wellengleichung hängt nun davon ab, welche Gestalt die Orte gleicher Phase, also die Orte gleichen physikalischen Zustands haben. Diese bezeichnet man als Phasenflächen. Versuch: Erzeugung von Kreiswellen und ebenen Wellen an der Wellenwanne Sonderfälle sind die ebenen Wellen und die Kugelwellen. Applet: 9.3-1 Ebene Wellen: http://www.nt.fh-koeln.de/fachgebiete/nf/html/eben.html Bei den ebenen Wellen sind die Phasenflächen Ebenen, also unendlich ausgedehnt. Die Lösung der Wellengleichung lautet: g = g 0 sin(k ⋅ x − ωt ) . ⎛ k ⎞ ⎜ x ⎟ ω2 Dabei ist k = ⎜ k y ⎟ der Wellenvektor mit v ph 2 = 2 . 2 2 k + k + k ⎜ k ⎟ x y z ⎝ z ⎠ x1 α1 α2 k x2 Die geometrische Interpretation des Skalarprodukts k ⋅ x ist die Multiplikation der Länge des Vektors k mit der Länge der Projektion des Vektors x auf k . Diese Projektion ist aber für alle Vektoren x auf einer Ebene durch x1 und senkrecht auf k gleich. Die Phasenflächen sind also Ebenen. Die Phasenflächen stehen senkrecht auf dem Wellenvektor und die Phasengeschwindigkeit hat die Richtung des Wellenvektors. Applet: 9.3-2 Kugelwellen (Kugelwellen: http://www.nt.fhkoeln.de/fachgebiete/nf/html/kwnull.html) Bei den Kugelwellen sind die Phasenflächen Kugelflächen. Dieser Lösungstyp ergibt sich, wenn eine rotationssymmetrische Quelle in alle Raumrichtungen gleich strahlt. Zu einem festen Zeitpunkt t darf die Wellenfunktion g also nur vom Abstand des betrachteten Orts x vom Ursprung der Welle bei x 0 abhängen. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 30 r = x − x0 x0 x Der Abstand vom Ursprung der Welle bei x 0 , also r , ist gleich für alle Punkte auf einer Kugelfläche um x 0 mit Radius r. Der Abstand lässt sich berechnen zu: r = r = x − x0 = (x − x0 )2 + ( y − y 0 )2 + (z − z 0 )2 Die Lösung der Wellengleichung in diesem Fall lautet: g g ( x ) = 0 sin( kr − ωt ) mit r = ( x − x0 ) 2 + ( y − y 0 ) 2 + ( z − z 0 ) 2 r ⎛ x ⎞ ⎜ ⎟ x = ⎜ y ⎟ sowie ⎜ z ⎟ ⎝ ⎠ und ⎛ x0 ⎞ ⎜ ⎟ x0 = ⎜ y 0 ⎟ als Ursprung der Kugelwelle. ⎜ z ⎟ ⎝ 0 ⎠ Man beachte, dass die Auslenkung im Gegensatz zu den ebenen Wellen mit 1/r abnimmt. Dies ist notwendig, weil sonst die Energie der Welle mit steigender Entfernung zum Ursprung zunehmen würde. Die Energie ist proportional zum Quadrat der Auslenkung (man vergleiche z.B. mit der Energie des Federpendels E = ½ D x2). Die Phasenfläche der Welle, also die Kugeloberfläche, nimmt mit dem Quadrat des Abstands von der Quelle zu. Also muss die Energiedichte mit dem Quadrat des Abstands von der Quelle abnehmen. Dies ist aber der Fall, wenn die Auslenkung g mit 1/r abnimmt. 3.4 Doppler-Effekt Wenn sich die Wellen-erzeugende Quelle und der Beobachter relativ zueinander bewegen, kommt es zu Änderungen der Frequenzen. Bewegte Quelle: Ein Reisender wandert im 18. Jahrhundert von Köln nach Italien und schickt jede Woche einen Brief nach Hause. Solange er nach Italien reist, werden die Briefe Zuhause seltener als alle Woche eintreffen, auf der Rückreise häufiger. Applet: 9.4-1 Bewegte Quelle (http://www.astro.ubc.ca/~scharein/a311/Sim/doppler/Doppler.html) Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 31 9.4-2 Bewegtes Auto (http://www.walter-fendt.de/ph14d/doppler.htm) Bewegter Beobachter: Auf der Trasse der U35 fährt alle 5 min ein Zug in Richtung Herne. Fährt man im Auto parallel die Universitätsstraße entlang, so trifft man seltener auf einen Zug, wenn man in die gleiche Richtung fährt (sogar nie, wenn man die gleiche Geschwindigkeit wie die U35 hat), und häufiger, wenn man in die entgegengesetzte Richtung fährt. Bewegter Beobachter v ph : Phasengeschwindigkeit vB : Geschwindigkeit des Beobachters relativ zur ruhenden Quelle vB v ph Für die Frequenz, die der bewegte Beobachter wahrnimmt, gilt: f B = f (1 ± vB ) v ph f: Frequenz, mit der die ruhende Quelle emittiert fB: Frequenz, die der bewegte Beobachter wahrnimmt + : Beobachter bewegt sich auf die Quelle zu - : Beobachter bewegt sich von der Quelle weg Bewegte Quelle (mediengebundene Wellen) Versuch: Wellenwanne mit strömendem Wasser Die Welle breitet sich im Medium weiterhin mit der Phasengeschwindigkeit vph aus. v ph vQ Für die Frequenz, die der ruhende Beobachter wahrnimmt, gilt: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 32 fB = f 1 1 vQ v Q : Geschwindigkeit, mit der sich die Quelle relativ zum Medium bewegt - : Quelle bewegt sich auf den Beobachter zu + : Quelle bewegt sich vom Beobachter weg v ph Diese Frequenzverschiebung tritt z.B. im Straßenverkehr bei vorbeifahrenden Fahrzeugen deutlich in Erscheinung. Nähert sich die Geschwindigkeit der Quelle der Phasengeschwindigkeit der Welle an, kommt es also zu einer Verdichtung der Wellen in Vorwärtsrichtung. Ist die Quellengeschwindigkeit gleich der Phasengeschwindigkeit, so liegen in Vorwärtsrichtung alle Wellen übereinander. Die Auslenkungen addieren sich und ergeben eine außerordentlich große Gesamtauslenkung. Dies wird bei Schallwellen als Überschallknall bezeichnet und tritt bei schnellen Flugzeugen in Erscheinung. Bei noch größeren Quellengeschwindigkeiten bildet sich ein Mach-Kegel aus, dessen halber Öffnungswinkel gegeben ist durch: sin α = v ph vQ = α 1 Ma vQ Ma: Machzahl Folie: Schallmauer und Machkegel Applet: 9.4-3 Bewegte Quelle und Überschallgeschwindigkeit (http://www.gmi.edu/~drussell/Demos/doppler/doppler.html) Film: Sonic Boom Cloud Auch bei der elektromagnetischen Strahlung kommt es zu extrem großen Feldstärken, wenn sich die Quelle mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Dies kommt vor, wenn sich strahlende Elementarteilchen in einem Medium bewegen, dessen Lichtgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit) unter der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit liegt. Das als CerenkovEffekt bezeichnete Phänomen kann z.B. als helles Blitzen bei der Abbremsung schneller Neutronen in Wasser beobachtet werden. Bewegte Quelle und bewegter Beobachter In diesem Fall müssen sowohl die Geschwindigkeit der Quelle, als auch die des Beobachters berücksichtigt werden. Es ergibt sich für den Fall, dass die Geschwindigkeiten unterschiedliche Richtungen haben: fB = f v ph ± v B v ph vQ Obere Vorzeichen: Beobachter und Quelle bewegen sich aufeinander zu untere Vorzeichen: Beobachter und Quelle bewegen sich voneinander weg Haben die Geschwindigkeiten die gleiche Richtung, so gilt: Obere Vorzeichen: Beobachter ist hinter der Quelle untere Vorzeichen: Beobachter ist vor der Quelle Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 33 fB = f v ph ± v B v ph ± vQ Doppler-Effekt für elektromagnetische Wellen Da elektromagnetische Wellen für die Ausbreitung kein Medium benötigen, kann hier von einer Bewegung der Quelle relativ zum ruhenden Medium nicht gesprochen werden, ebensowenig von einem bewegten Beobachter. Quelle und Beobachter können sich aber relativ zueinander bewegen. Weiterhin muss die Relativitätstheorie berücksichtigt werden. Es ergibt sich der relativistische Doppler-Effekt: vr: Relativgeschwindigkeit zwischen Quelle und Beobachter c0: Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c ± vr fB = f 0 c0 v r Obere Vorzeichen: Beobachter und Quelle bewegen sich aufeinander zu untere Vorzeichen: Beobachter und Quelle bewegen sich voneinander weg Technisch wird der Doppler-Effekt bei elektromagnetischen Wellen zur RadarGeschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr eingesetzt. Er wird auch zur Geschwindigkeitsmessung von Sternen herangezogen. Sterne bestehen hauptsächlich aus Wasserstoff. Daher gibt es im Spektrum der Sterne charakteristische Absorptionslinien. Bewegt sich ein Stern relativ zur Erde, so sind diese charakteristischen Linien zu anderen Frequenzen hin verschoben. Aus der Verschiebung lässt sich die Relativgeschwindigkeit berechnen. Bewegen sich die Sterne von uns weg, was für weiter entfernte Sterne immer gilt, so spricht man von einer Rotverschiebung. Folie: Rotverschiebung bei Sternen 3.5 Beugung und Interferenz ∂2 g 1 ∂2g Die Linearität der Wellengleichung − = 0 führt dazu, dass die Summe zweier ∂x 2 v ph 2 ∂t 2 Lösungen der Wellengleichung g1 und g2 auch Lösung der Wellengleichung ist. Wellen können sich also überlagern. Die Auslenkungen, z.B. elektrische Feldstärken, addieren sich. Applet: 9.5-1 Superposition Principle of Wave (http://www.phy.ntnu.edu.tw/java/waveSuperposition/waveSuperposition.html) Es sei zunächst eine ebene Welle betrachtet, aus der man durch einen Spalt einen Teil ausblendet. Man könnte die Erwartung haben, dass sich die Welle hinter dem Spalt genauso ausbreitet, wie davor, nur dass der ausgeblendete Teil fehlt. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 34 Tatsächlich zeigt sich aber ein ganz anderes Verhalten. Versuch: Ebene Wellen an Wellenwanne mit Spalt Versuch: Laserbeugung am Einzelspalt Hinter dem Spalt zeigt sich eine Kreiswelle, also im dreidimensionalen Fall eine Kugelwelle. Man erhält also durch Ausblenden aus einer ebenen Welle eine Kugelwelle. Nun ist es ganz egal, an welcher Stelle der ebenen Welle die Ausblendung erfolgt. Daher schließt man, dass von jedem Punkt der ebenen Welle eine Kugelwelle ausgeht. Das ist das Huyghens'-Fresnel'sche Prinzip: Jeder Punkt einer Wellenfläche sendet Wellen in den Raum hinaus, sogenannte Elementarwellen. Die Überlagerung dieser Elementarwellen ergibt die tatsächlich beobachtete Welle. Dieses Prinzip ermöglicht das Verständnis von Beugung, Reflexion und Brechung. Folie: Huyghens'sches Prinzip für ebene Wellen und Kugelwellen Hinter einem Hindernis überlagern sich wiederum die Elementarwellen. Auch in den geometrischen Schattenraum hinein werden sich Elementarwellen ausbreiten. Dies nennt man Beugung. Versuch: Wellenwanne, ebene Welle mit Hindernis Ein sehr enger Spalt lässt nur eine Elementarwelle hindurchkommen. Es seien jetzt zwei Spalte dicht nebeneinander angeordnet. Versuch: Wellenwanne mit Doppelspalt Versuch: Laserbeugung am Doppelspalt Film: 23-10 Microwave Double Slit Interference Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 35 Die beiden Elementarwellen überlagern sich offensichtlich so, dass interessante Strukturen entstehen. Zwei Elementarwellen, die jede für sich an jedem Ort Auslenkungen hervorrufen, rufen offensichtlich in der Summe an manchen Orten keine Auslenkung hervor. Das widerspricht zunächst der Erwartung. Nicht für jede Wellenauslenkung besitzt der Mensch ein Sinnesorgan. Viele Wellenerscheinungen, insbesondere die elektromagnetischen, kann er nur über sekundäre Effekte wahrnehmen. Dabei spielt die durch die Welle übertragene Energie pro Fläche und Zeit eine wichtige Rolle. Diese Größe bezeichnet man als Intensität I (Beispiel: Wirkung der elektromagnetischen Wärmestrahlung auf die menschliche Haut). ΔE P I = lim = lim Δt →0 ,ΔA→0 Δt ⋅ ΔA ΔA→0 ΔA ΔE : Energie, die pro Zeitintervall Δt in dem Flächenelement ΔA , senkrecht zur Phasengeschwindigkeit, auftritt P : Leistung Die Intensität einer Welle ist proportional zum Quadrat der Auslenkung . Dies gilt z.B. auch für die Energie eines Federpendels, E = ½ D x2. Bei der Überlagerung zweier Kugelwellen ist es nun nicht so, dass sich die Einzelintensitäten, also die Quadrate der Einzelauslenkungen, addieren. Wäre es so, dann gäbe es beispielsweise keine Erklärung für die entstehenden Bereiche mit Gesamtintensität null. Diesen Effekt, dass es bei der Überlagerung von Wellen zu Abweichungen von der Addition der Intensitäten kommt, nennt man Interferenz. Es gilt dann: I ( g1 + g 2 ) ≠ I ( g1 ) + I ( g 2 ) . Dabei sind I(g1 + g2) die Intensität der Summe und I(g1) bzw. I(g2) die Einzelintensitäten an einem Ort. Wenn g1 und g2 zwei Wellen sind, dann ist die Gesamtintensität proportional zu (g1 + g2)2, und dies kann durchaus von der Summe der Einzelintensitäten verschieden sein. Excel-Diagramm: Holographie-Schwingungen Man nehme an, eine Welle treffe auf eine um 1800 phasenverschobene Welle der gleichen Amplitude und Frequenz. In diesem Fall löschen sich die Wellen aus und die Gesamtintensität ist null. g1 g2 g1 + g2 Auslenkung g Summe zweier Wellen an einem Ort mit Phasendifferenz π. Zeit t Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 36 Beträgt die Phasendifferenz hingegen 0o, so verstärken sich die Wellen. g1 g2 g1 + g2 Auslenkung g Summe zweier Wellen an einem Ort mit Phasendifferenz 0. Zeit t Natürlich kann auch eine beliebige Phasendifferenz vorliegen, z.B. 5/6.π. g2 g1 + g2 Summe zweier Wellen an einem Ort mit Phasendifferenz 5/6.π. Auslenkung g g1 Zeit t Es kommt bei der Überlagerung von Wellen also auf die Phasendifferenz an. Bei Phasendifferenz 0 ergibt sich eine maximale Intensität, bei Phasendiffenz π die Intensität null. Die Phasendifferenz zwischen zwei Wellen wird in der Regel eine Funktion des Ortes und der Zeit sein. Beobachten können wir Interferenzerscheinungen aber nur, wenn die Phasendifferenz zeitlich konstant ist. Dies wird durch den Begriff Kohärenz beschrieben. Man bezeichnet zwei oder mehr Wellen als kohärent, wenn ihre Phasenbeziehungen an jedem Ort zeitlich konstant sind. Dann ergeben sich Interferenzeffekte, also Abweichungen von der Addition der Intensitäten. Bei harmonischen Wellen bedeutet dies insbesondere, dass die Wellen die gleiche Frequenz haben müssen, dies ist aber kein ausreichendes Kriterium. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 37 Sind die sich überlagernden Wellen inkohärent (nicht kohärent), so addieren sich natürlich auch an jedem Ort und zu jeder Zeit die Einzelauslenkungen. Da die Phasendifferenzen aber nicht zeitlich konstant sind, mitteln sich Interferenzeffekte weg und es ergibt sich als Gesamtintensität die Summe der Einzelintensitäten. Zwei normale Glühbirnen stellen inkohärente Quellen dar. Die Überlagerung der von den Birnen ausgelösten Wellen ergibt eine Intensität, die an jedem Ort der Summe der beiden Einzelintensitäten entspricht. Selbst wenn man nur eine Farbe aus dem weißen Licht ausfilterte, ergäbe sich keine Interferenzerscheinung. Anders ist es, wenn man das Licht aus zwei von demselben Laser beleuchteten Spalten betrachtet. Die Wellen sind kohärent und rufen eine beobachtbare, zeitlich konstante Interferenzerscheinung hervor. Zum Verständnis der Interferenzerscheinung beim Doppelspalt seien zwei Folien mit Kreiswellen betrachtet. Applets: 9.5-2 Double Slit Interference (http://www.phy.ntnu.edu.tw/java/doubleSlit/doubleSlit.html) 9.5-3 Zwei Kreiswellen (http://www.walter-fendt.de/ph11d/interferenz.htm) Versuch: Zwei Kreiswellen am Overheadprojektor oder Applet 9.5-4 Interferenz (http://lectureonline.cl.msu.edu/~mmp/kap13/cd371.htm) Man sieht, dass es Bereiche gibt, bei denen die schwarzen Striche übereinander liegen (Phasendifferenz 0), und Bereiche, bei denen die schwarzen Striche der einen Welle über den durchsichtigen Strichen der anderen Welle liegen (Phasendifferenz π). In den ersten Bereichen kommt es zur Verstärkung der Wellen, in den zweiten zur Auslöschung. d Die beiden Elementarwellen überlagern sich. Es wird die Intensität der Überlagerung auf dem Schirm beobachtet. ϑ Ist der Abstand zwischen Schirm und Doppelspalt groß gegenüber dem Abstand der beiden Spalte, so sind die Verbindungslinien zwischen einem auf dem Schirm betrachteten Punkt und den Mittelpunkten der Spalte nahezu parallel. Dann kann man schematisch zeichnen: ϑ d ϑ Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 38 Δl Am Spalt haben beide Elementarwellen die gleiche Phasenlage. Betrachtet man eine um den Winkel ϑ gegenüber der Normalen auf dem Spalt verkippte Richtung, findet man einen um die Strecke Δl vergrößerten Weg für die untere Welle. Beträgt dieses Δl ein Vielfaches der Wellenlänge λ, so beträgt die Phasendifferenz ein Vielfaches von 360o, und damit tritt Verstärkung ein. Ist die Weglängendifferenz Δl ein ungerades Vielfaches der halben Wellenlänge, so beträgt die Phasendifferenz ein ungerades Vielfaches von 180o, und es tritt Auslöschung ein. Maximale Intensität ergibt sich also für: (n = 0,1,2,3, ...) Δl = nλ Ist der Abstand zwischen Schirm und Doppelspalt groß gegenüber dem Abstand der Spalte, kann man schreiben: sin ϑmax = Δl , d sin ϑmax = n also λ Δl = d sin ϑmax = nλ und damit: (n = 0,1,2,3,...) d Auslöschung ergibt sich für ein ungerades Vielfaches der halben Wellenlänge, also: 1 Δl = (n + )λ 2 (n = 0,1,2,3, ...). 1 Δl = d sin ϑmin = (n + )λ , 2 1 λ sin ϑ min = (n + ) 2 d Damit wird: also: (n = 0,1,2,3, ...) Die Richtungen der Maxima und Minima hängen also vom Abstand der Spalte und von der Wellenlänge ab. Man kann einen Doppelspalt also z.B. auch zur Spektralanalyse verwenden. Applet: 9.5-5 Two-Slit Interference (http://lectureonline.cl.msu.edu/~mmp/kap27/Gary-Inter2/app.htm) Ordnet man anstatt zweier Spalte drei, vier oder N Spalte jeweils im Abstand d an, so erhält man ein Gitter. N=4 Die Bedingungen für ϑmax bleiben gleich, aber die Maxima werden schärfer. Je mehr Spalte man verwendet, um so schärfer werden die Interferenzmaxima. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 39 d Folie: Beugung am Gitter Versuch: Laserbeugung am Gitter (10 l/mm, 50 l/mm, 570 l/mm) Bei Gittern gibt man meist die Anzahl der Linien pro Millimeter an (z.B. 570 Linien/mm). Der Spaltabstand ist der Kehrwert davon. Verwendet man als Wellen Röntgenstrahlung einer Wellenlänge von 10-10 m, so erhält man für einen Winkel von ϑmax = 5o einen Spaltabstand von ca. 10-9 m, was ungefähr dem Abstand von Atomen in Festkörpern entspricht. Solche Spalte sind technisch nicht herstellbar. Man kann sich aber die regelmäßige Anordnung der Atome in Kristallen zunutze machen, um Interferenzeffekte mit Röntgenstrahlen sichtbar zu machen. Die darauf basierende Methode der Festkörper-Strukturuntersuchung mittels Röntgenstrahlen ist heute weit verbreitet. Folie: Röntgenbeugung an Kristallen Beleuchtet man einen einzelnen Spalt mit Laserlicht, so findet man in Abhängigkeit der Spaltöffnung auch hier Maxima und Minima. Dies liegt daran, dass innerhalb eines Spaltes nicht nur eine, sondern eine Vielzahl von Elementarwellen ausgelöst werden, deren Interferenz man beobachtet. Deshalb kommt es auch am Einzelspalt zu Beugungs- und Interferenzerscheinungen. Versuch: Laserbeugung am Einzelspalt Eine genaue Betrachtung führt zu der folgenden Abhängigkeit der Amplitude und Intensität vom Winkel ϑ: A( X ) = A0 I(X ) = I0 sin X X mit X = sin 2 X X2 πs sin ϑ λ A, I: Amplitude, bzw. Intensität unter dem Winkel ϑ A0, I0: Amplitude, bzw. Intensität unter dem Winkel 0o im betrachteten Abstand s: Spaltbreite λ: Wellenlänge Folie: Spaltfunktion Bei kreisrunden Blenden, mit denen man es in der Optik meist zu tun hat, wird aus der Spaltfunktion sin2X/X2 die Bessel-Funktion. Bei Beugung und Interferenz an realen Spalten oder Gittern steht für die Überlagerung zwischen Wellen verschiedener Spalte nur jeweils die Amplitude A(X) zur Verfügung, die sich hinter jedem Spalt ergibt. Die Amplitude hinter einem Doppelspalt oder Gitter ergibt sich also als Produkt der Amplitude hinter einem Einzelspalt und der Funktion des Doppelspalts oder Gitters. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 40 Applet: 9.5-6 Überlagerung von Einzel- u. Doppelspalt (http://lectureonline.cl.msu.edu/~mmp/kap27/Gary-TwoSlit/app.htm) Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 41 4. Optik Die Optik ist ein Teil der Wellenlehre und befasst sich mit dem für den Menschen sichtbaren Bereich der elektromagnetischen Strahlung und den angrenzenden Bereichen. Der Wellenlängenbereich reicht etwa von 800 nm (Infrarot) bis 200 m (Ultraviolett). Für den Menschen sichtbar ist dabei der Bereich von 700 nm (Rot) bis 380 nm (Blau). 4.1 Reflexion und Brechung Die Wechselwirkung zwischen Lichtwelle und Medium führt nicht nur zu einer Abnahme der Intensität, sondern auch zu einer Änderung der Phasengeschwindigkeit. Dies ist so zu verstehen, dass von den angeregten Oszillatoren im Medium wiederum Lichtwellen der gleichen Frequenz ausgesandt werden, die sich mit der ursprünglichen Welle überlagern. Das Ergebnis der Überlagerung ist eine sich i.d.R. langsamer als im Vakuum ausbreitende Welle. Die Phasengeschwindigkeit (Lichtgeschwindigkeit) hängt also vom Medium ab! Applet: 10.1-1 Absorption und Emission von Strahlung (http://www.physics.uoguelph.ca/applets/Intro_physics/kisalev/java/atomphoton/index.html) Man charakterisiert ein Medium i durch seine Brechzahl ni: ni = c0: Vakuumlichtgeschwindigkeit ci: Lichtgeschwindigkeit im Medium i c0 . ci In der Regel wird die Brechzahl eines Mediums also größer als 1 sein. Es sei jetzt eine Grenzfläche zwischen zwei Medien mit den Brechzahlen n1 und n2 betrachtet, wobei gelten soll: c1 > c2, bzw. n1 < n2. Eine ebene Welle falle unter dem Winkel α zum Lot aus dem Medium 1 auf die Grenzfläche. B α α A A'' β A' α' α' β B' c1, n1 c2, n2 Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 42 Applet: 10.1-2 Wellenausbreitung in zwei Medien: http://www.phy.ntnu.edu.tw/java/propagation/propagation.html Film: 09-20 Refraction of Water Waves Die Wellenfläche AB löst beim Fortschreiten auf der Grenzfläche Elementarwellen aus, die sich im Medium 1 mit c1 und im Medium 2 mit c2 ausbreiten. Die Elementarwellen überlagern sich wieder zu ebenen Wellenflächen. Die Zeit, die die Welle von B nach B' braucht, sei τ. Es gilt nun: BB' = c1τ , AA' = c1τ und AA' ' = c2τ . AA' = sin α ' und AB ' AA' ' = sin β . AB' Außerdem gilt: BB ' = sin α , AB ' Nun kann man schreiben: BB' = c1τ = sin α ⋅ AB' = AA' = AB'⋅ sin α ' . Daraus folgt: sin α = sin α ' , bzw.: α = α' Reflexionsgesetz (Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel) Aus: BB' = c1τ = AB' sin α und AA' ' = c2τ = AB' sin β folgt durch Division: c1 sin α , = c 2 sin β bzw. unter Berücksichtigung der Brechzahlen sin α n 2 = . sin β n1 Snellius'sches Brechungsgesetz c1 n2 = : c 2 n1 Da man in der Praxis leicht mit den α, β, n1 und n2 durcheinander kommt, empfiehlt es sich, den Satz in folgender Weise zu merken: Die Sinus der Winkel zum Lot verhalten sich umgekehrt wie die entsprechenden Brechzahlen. Das Medium mit der kleineren Lichtgeschwindigkeit, also der größeren Brechzahl, wird optisch dichteres Medium genannt, das Medium mit der größeren Lichtgeschwindigkeit, also der kleineren Brechzahl, optisch dünneres Medium. Versuch: Reflexion und Brechung am Plexiglasquader. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 43 Beim Übergang vom optisch dünneren zum optisch dichteren Medium, z.B. von Luft zu Glas, ergibt sich: sin β = sin α ⋅ n1 < 1. n2 Somit findet man zu jedem Einfallswinkel α einen Winkel β des gebrochenen Strahls. Allerdings nimmt bei größer werdendem Einfallswinkel die Intensität des gebrochenen Strahls ab und die Intensität des reflektierten Strahls zu. Beim Übergang vom optisch dichteren zum optisch dünneren Medium, z.B. von Wasser zu Luft, gilt: sin β = sin α ⋅ n1 n2 mit n1 > 1. n2 Damit existiert nicht für jeden Einfallswinkel ein Winkel des gebrochenen Strahls. Für Einfallswinkel größer als ein Grenzwinkel αGrenz wird das Licht vollständig reflektiert. Dies bezeichnet man als Totalreflexion. Der Grenzwinkel der Totalreflexion ergibt sich aus: sin α Grenz ⋅ n1 = 1. n2 sin α Grenz = Daraus folgt: n2 . n1 Versuch: Totalreflexion am Plexiglasdreieck und Glasstab Applet: 10.1-3 Reflection/Refraction (mit Totalreflexion): (http://www.phy.ntnu.edu.tw/java/light/flashLight.html) Film: 22-11 Critical Angle/Total Internal Reflection Die Totalreflexion wird bei den Lichtleitfasern ausgenutzt, die bei Durchmessern von 10 bis 50 µm flexibel sind (vielfache Totalreflexion). Folie: Totalreflexion Geordnete Bündel von Lichtleitfasern (Faserbündel) leiten ein auf die Stirnfläche projiziertes Bild zur anderen Stirnfläche weiter. Das ist die Grundlage der Glasfaseroptik, die z.B. in der Endoskopie Anwendung findet. Film: 22-13 Light Pipes 22-14 Optical Path in Fibers Bei großer Hitze bildet sich über Straßen eine Luftschicht erhöhter Temperatur, verringerter Dichte und damit kleineren Brechungsindex im Vergleich zur übrigen Luft. Somit kann es an Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 44 dieser Grenzschicht zu Totalreflexion kommen. Das macht sich als silbrig reflektierender Streifen bemerkbar, der manchmal wie eine Wasserschicht auf der Straße aussieht. Bei bestimmten Wetterlagen kommt es zur Bildung einer wärmeren Luftschicht in größeren Höhen. Auch hier kann es zu Totalreflexion kommen. Die bekannteste Erscheinung dazu ist die „Fata Morgana“ in der Wüste. 4.2 Geometrische Optik Bei der geometrischen Optik handelt es sich um ein Näherungsverfahren zur Berechnung optischer Abbildung mit folgenden Annahmen: • • • • Es wird das Strahlenkonzept verwendet, d.h., Licht breitet sich geradlinig aus. Strahlen überlagern sich ohne Wechselwirkung. Es wird Reflexion und Brechung berücksichtigt. Beugung und Interferenz werden vernachlässigt. Für die Abbildung eines Objekts müssen zwei Bedingungen gegeben sein: 1. Alle Strahlen, die von einem Objekt ausgehen (und vom abbildenden System erfasst werden), werden wieder in einem Bildpunkt vereinigt. 2. Bild und Objekt sind sich geometrisch ähnlich. Zur Veranschaulichung sei die Abbildung eines punktförmigen Objekts betrachtet: δ2 α1 α2 r1 δ1 r2 β2 β1 Gegenstand Optische Achse Bild g (Gegenstandsweite) b (Bildweite) abbildendes System Das abbildende System ist durch eine Ebene angenähert. Daher gelten die im Folgenden gemachten Ableitungen für dünne Linsen. Ein Strahl wird vom abbildenden System um einen Winkel δ abgelenkt. Für diesen Winkel gilt: δ = α + β. Für die Winkel α und β lässt sich schreiben: tan α = r g und tan β = r . b Wir betrachten jetzt nur Strahlen, die unter kleinen Winkeln zur optischen Achse verlaufen (Näherung für kleine Winkel). Dies vereinfacht die Berechnung sehr und ist für viele Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 45 Anwendungen zulässig. Für kleine Winkel ist aber der Tangens eines Winkels ungefähr gleich dem Winkel selber (im Bogenmaß!): bzw. tan α ≈ α tan β ≈ β Damit ergibt sich für den Ablenkwinkel δ: 1 g 1 b δ = α + β ≈ r( + ) . Die vom Objekt ausgehenden Strahlen werden also genau dann alle wieder in einem Punkt vereinigt, wenn der Ablenkwinkel δ proportional zum Abstand r von der optischen Achse ist. Anders gesprochen: Ein System, bei dem der Ablenkwinkel δ proportional zum Abstand r von der optischen Achse ist, liefert eine Abbildung! Diese Systeme können sein: • • • • • Sphärische Linsen Parabolische Spiegel Holographische Gitter Homogene magnetische Felder (für Teilchenstrahlen) Spezielle elektrische Felder (für Teilchenstrahlen) Für eine bikonvexe sphärische Linse (Flächen sind Ausschnitte aus Kugelflächen) gilt: δ =2 r: Abstand von der optischen Achse R: Krümmungsradius der Linse n: Brechungsindex des Linsenmaterials r (n − 1) R R Damit wird: 1 g 1 b δ = r( + ) = 2 r (n − 1) R und daraus folgt: 1 1 2 + = (n − 1) . g b R Man führt nun die Brennweite f als die Bildweite für ein unendlich weit entferntes Objekt ein. Wenn g sehr groß ist, wird der Kehrwert 1/g ungefähr gleich null. Dann gilt für die Bildweite: 1 2 1 = (n − 1) = . b∞ R f Damit lässt sich der Zusammenhang so schreiben: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 46 1 1 1 + = g b f Das ist die Linsenformel (für dünne Linsen). Die Linsenformel stellt also den Zusammenhang zwischen Gegenstands- und Bildweite, bzw. der Brennweite her. Sie gilt auch dann, wenn der abgebildete Objektpunkt nicht auf der optischen Achse liegt. Die Eigenschaften des abbildenden Systems stecken in der Brennweite. Der Kehrwert der Brennweite wird Brechkraft genannt: D= 1 . f Die Einheit ist die Dioptrie. (1 dpt = 1/m) Geometrische Konstruktion der optischen Abbildung Zur Konstruktion muss der Brennpunkt eingeführt werden. Dies ist ein Punkt auf der optischen Achse im Abstand der Brennweite vom abbildenden System. Zu jedem solchen System gehören also zwei Brennpunkte, ein objektseitiger und ein bildseitiger. Man kann nun einige Strahlen besonders leicht konstruieren: • • Die Strahlen, die durch den Mittelpunkt des abbildenden Systems auf der optischen Achse gehen, werden nicht abgelenkt (r = 0). Die Strahlen, die parallel zur optischen Achse verlaufen, kann man sich denken als von einem unendlich weit entfernten Objekt herkommend. Daher werden sie so abgelenkt, dass sie durch den bildseitigen Brennpunkt gehen. Versuch: Abbildung mit Sammellinsen Applet: 10.2-1 Abbildung mit dünner Linse (http://www.phy.ntnu.edu.tw/java/Lens/lens_e.html) g b G f f B Man erhält also ein auf dem Kopf stehendes, in diesem Fall leicht vergrößertes Bild. Die Bildweite erhält man aus der Linsenformel: 1 1 1 + = , also: g b f f ⋅g 1 1 1 g− f , daraus folgt: b = = − = b f g f ⋅g g− f Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 47 Die Vergrößerung, d.h. das Verhältnis aus Bildgröße zu Gegenstandsgröße, erhält man aus dem Strahlensatz: V= f B b 1 . = = = g G g g− f −1 f Film: 22-17 Lens Magnification Vergrößerung Vergrößerung über Gegenstandsweite 10 5 0 f -5 -10 Gegenstandsweite Man sieht, dass die Vergrößerung für Gegenstandsweiten kleiner als die Brennweite negativ wird. Um das zu deuten, sei für diesen Fall die Abbildung betrachtet: B G f f Die Strahlen scheinen von einem aufrecht stehenden Bild auf der Objektseite des abbildenden Systems herzukommen. Dies bezeichnet man als virtuelles Bild, im Gegensatz zum reellen Bild das durch einen Schirm aufgefangen werden kann. Versuch: Erzeugung eines virtuellen Bildes mit einer Sammellinse Beispiele für reelle Bilder sind die projizierten Overhead-Folien, oder das Bild auf dem Film des Fotoapparates. Beispiele für virtuelle Bilder sind die Bilder hinter einer Lupe oder hinter dem Okular eines Mikroskops oder Fernrohrs. Rechnerisch ergibt sich aus der Linsenformel bei virtuellen Bildern eine negative Bildweite. Die Vergrößerung wird ebenfalls negativ. Wie man dem Diagramm der Vergrößerung über der Gegenstandsweite, bzw. der entsprechenden Gleichung, entnimmt, ergibt sich ein virtuelles Bild bei Gegenstandsweiten kleiner als die Brennweite. Für Gegenstandsweiten größer als die Brennweite und kleiner als die doppelte Brennweite ergibt sich eine Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 48 Vergrößerung größer als 1. Bei noch größeren Gegenstandsweiten ist die Vergrößerung kleiner als 1. Die bisher behandelte Typ der Bikonvexlinse ist ein Vertreter der Konvexlinsen. (Auch die Plankonvexlinsen sind Konvexlinsen, nur dass eine Fläche plan ist.) Alle Konvexlinsen haben die Eigenschaften, dass sie Strahlen in einem Punkt bündeln können. Man bezeichnet sie daher auch als Sammellinsen. Daneben gibt es die Konkavlinsen oder Zerstreuungslinsen. Diese Konkavlinsen sind nicht in der Lage, Strahlen in einem Punkt zusammenzuführen. Daher sind mit ihnen keine reellen Bilder möglich. Mit Zerstreuungslinsen können nur virtuelle Bilder erzeugt werden. Versuch: Zerstreuungslinse im Strahlengang In der Praxis verwendet man für die optische Abbildung meist nicht einzelne Linsen, sondern Kombinationen aus mehreren Linsen, sog. Objektive. Dabei werden mehrere Linsen (Sammellinsen und Zerstreuungslinsen) so zusammengesetzt, dass Abbildungsfehler weitestgehend kompensiert werden. Die wichtigsten Abbildungsfehler sind: • • • Sphärische Aberration (Öffnungsfehler): Abweichung von der idealen Abbildung für achsferne Strahlen. Die Herleitung der Linsenformel erfolgte ja nur für achsnahe Strahlen (α und β klein). Chromatische Aberration (Farbfehler): Aufgrund der Dispersion hängt der Brechungsindex n, und damit die Brennweite, von der Frequenz des Lichts ab. Es kommt zu Farbsäumen. Astigmatismus schiefer Bündel: Für achsferne Strahlen liegt der Brennpunkt nicht in der Ebene senkrecht zur optischen Achse durch den Brennpunkt achsnaher Strahlen, sondern auf einer gewölbten Fläche. Die Ränder eines Bildes werden also unscharf und verzerrt. Ein weiterer Abbildungsfehler, der sich aber nicht kompensieren lässt, ist der • Beugungsfehler: Aufgrund von Beugungs- und Interferenzerscheinungen an den Begrenzungen der Abbildungsoptik ist die Auflösung begrenzt. Oft verwendet man in der Praxis auch mehrstufige optische Systeme, um z.B. möglichst große Vergrößerungen, oder möglichst helle Bilder zu erzielen. Folie: Projektor Folie: Mikroskop Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 49 4.3 Dispersion Die geringere Lichtgeschwindigkeit in Materie im Vergleich zur Ausbreitung im Vakuum ergibt sich aus der Überlagerung der ursprünglichen Welle mit Sekundärwellen angeregter Oszillatoren. Die Anregung der atomaren Oszillatoren hängt aber von der Frequenz der Welle ab (Resonanz). Daher hängt auch die Phasengeschwindigkeit des Lichts, also die Lichtgeschwindigkeit, von der Frequenz ab. Dies bezeichnet man als Dispersion. Man muss also eigentlich für ein Medium die Lichtgeschwindigkeit, bzw. die Brechzahl, in Abhängigkeit der Frequenz angeben: ci(f), bzw. ni(f). Folie: Brechzahl und Absorptionsverlauf Für Licht ist n ≈ ε r εr: relative Dielektrizitätszahl εr ist aber ein Maß für die Polarisierbarkeit des Mediums, d.h. das Vermögen, elektrische Dipole zu induzieren. Dies ist frequenzabhängig. Für Luft unter Normalbedingungen ist n ≈ 1 und die Frequenzabhängigkeit ist zu vernachlässigen. Die Dispersion hat folgende Konsequenzen: • Licht unterschiedlicher Frequenz wird unterschiedlich gebrochen (n(f)). Versuch: Lichtbrechung und Dispersion am Prisma Applets: 10.3-1 Dispersion im Prisma (http://www.phys.ksu.edu/perg/vqm/laserweb/Java/Prism/Prisme.htm) 10.3-2 Regenbogen (http://www.cbu.edu/~jvarrian/applets/rainbow1/rainbo_z.htm) • • • Der Grenzwinkel der Totalreflexion hängt von der Frequenz ab. Bei einem Gemisch aus Wellen verschiedener Frequenzen geht die feste Phasenbeziehung zwischen den Wellen verloren, da sie sich unterschiedlich schnell ausbreiten. Dies führt z.B. zu einer Verbreiterung von Lichtpulsen und damit zu einer Begrenzung der Datenrate in der optischen Nachrichtentechnik Für sehr hohe Frequenzen (Röntgenlicht) wird n < 1 (c > c0), damit ist Totalreflexion beim Übergang von Luft zu einem Medium möglich. Kein Effekt der Dispersion, sondern der Streuung sind das Himmelsblau und die Rotfärbung der Sonne bei Sonnenauf- und –untergang. Blaues Licht wird an kleinen Partikeln stärker gestreut als rotes. Film: 24-08 Artificial Sunset 4.4 Polarisation Licht ist als elektromagnetische Welle eine Transversalwelle. Die elektrischen und magnetischen Feldstärken stehen also senkrecht zur Ausbreitungsrichtung und senkrecht aufeinander. Betrachtet man beispielsweise die elektrische Feldstärke, so kann diese aber noch ganz verschiedene Orientierungen zur Ausbreitungsrichtung einnehmen. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 50 Elektrische Feldstärke senkrecht zur Ausbreitungsrichtung Ausbreitungsrichtung Ist die elektrische Feldstärke (oder auch die magnetische) in bestimmter Weise zur Ausbreitungsrichtung ausgerichtet, so bezeichnet man die Welle als polarisiert. Linear polarisiertes Licht: Die elektrische Feldstärke hat genau eine Richtung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Applet: 10.4-1 Polarisationsrichtungen (http://www.netzmedien.de/software/download/java/polarisation/) Glühlampen oder Gasentladungslampen liefern in der Regel unpolarisiertes Licht, also Licht, bei dem die elektrische Feldstärke eine beliebige, laufend sich ändernde Orientierung zur Ausbreitungsrichtung hat. Man kann nun durch geeignete Filter, sogenannte Polarisationsfilter, aus unpolarisiertem Licht polarisiertes machen, indem man nur eine Richtung der Feldstärke durchlässt, und Anteile senkrecht dazu herausfiltert: Durchlassrichtung Vektor der elektrischen Feldstärke Anteil der elektrischen Feldstärke in Durchlassrichtung Unter idealen Bedingungen, also ohne Absorption, macht ein Polarisationsfilter aus einer Intensität I0 an unpolarisiertem Licht die Intensität I0/2 an linear polarisiertem Licht. Folie und Versuch: Polarisation von Mikrowellen Applet: 10.4-2 2 Zwei Polarisationsfilter (http://www.microscopy.fsu.edu/primer/java/polarizedlight/filters/index.html) Versuch: Polarisationsfilter auf Overhead-Projektor In einer Anordnung aus zwei hintereinander angeordneten Polarisationsfiltern nennt man den ersten Filter Polarisator, den zweiten Analysator. Trifft linear polarisiertes Licht auf ein Polarisationsfilter, so hängt die Intensität des durchgelassenen Lichts von der Orientierung der Durchlassrichtung des Filters zur Polarisationsrichtung des Lichts ab. Ist die Durchlassrichtung parallel zur Polarisationsrichtung, bleibt die Intensität unverändert: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 51 Durchlassrichtung Vektor der elektrischen Feldstärke Anteil der elektrischen Feldstärke in Durchlassrichtung I = I 0 mit I: Intensität des Lichts hinter dem Polarisationsfilter I0: Intensität des Lichts vor dem Polarisationsfilter Ist die Durchlassrichtung senkrecht zur Polarisationsrichtung, so ist die durchgelassene Intensität null: Durchlassrichtung Vektor der elektrischen Feldstärke I=0 Im allgemeinen Fall bilden Polarisationsrichtung und Durchlassrichtung einen Winkel θ: Durchlassrichtung θ Vektor der elektrischen Feldstärke Anteil der elektrischen Feldstärke in Durchlassrichtung Dann gilt für die Amplitude des durchgelassenen Lichts: A = A0 cos(θ ) , A: Amplitude der elektrischen Feldstärke hinter dem Polarisationsfilter A0: Amplitude der elektrischen Feldstärke vor dem Polarisationsfilter und für die Intensität: I = I 0 cos 2 θ . Versuch: Zwei Polarisationsfilter auf dem Overhead-Projektor Die Polarisation kann zum Nachweis physikalischer Effekte dienen, die die Polarisationsrichtung des Lichts drehen, z.B. der Kerr-Effekt und der Faraday-Effekt. Man kann auch über Drehung der Polarisationsrichtung eine schnelle Modulation der Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 52 Lichtintensität erreichen. Dies ist z.B. der Fall beim LCD-Display, das in den meisten Flachbildschirmen zur Anwendung kommt. Applet: 10.4-3 LCD-Bildschirm (http://www.iap.uni-bonn.de/P2K/laptops/index.html) Außer durch Absorption kann eine Polarisation auch durch Reflexion an einer nicht metallischen Oberfläche erfolgen. Man erhält vollständige Polarisation unter dem BrewsterWinkel αBr mit: n1 n unpolarisiert αBr tan α Br = 2 . polarisiert n1 n2 > n1 Die Reflexion erfolgt an dem Medium mit dem größeren Brechungsindex n2, n1 ist der Brechungsindex des Mediums, in dem sich das Licht ursprünglich ausbreitet. Auf der Polarisation durch Reflexion beruht z.B. die Ausblendung störender Reflexe durch Polarisationsfilter in der Fotografie. Film: 24-5 Polarization by Reflection Applet: 10.4-4 Polarisation durch Reflexion (http://www.iap.uni-bonn.de/P2K/polarization/polarizationI.html) 4.5 Holographie Der Holographie liegt der Wunsch zugrunde, ein Objekt so aufzunehmen, dass man das rekonstruierte Bild genauso betrachten kann wie das ursprüngliche Objekt, also dreidimensional, aus verschiedenen Perspektiven und in verschiedenen Schärfeebenen. Die konventionelle fotografische Aufzeichnung leistet das offensichtlich nicht, denn das Bild ist lediglich zweidimensional. Auch die übrigen existierenden Verfahren zur dreidimensionalen Bildwiedergabe, etwa mit Rot-/Grünbrille, Polarisationsbrille, Prismen oder Bildschirm und Shutter, leisten das nicht, denn das Bild ist nur aus der Perspektive zu betrachten, aus der heraus es mit zwei Kameras aufgezeichnet wurde, und ein Scharfstellen auf unterschiedliche Schärfeebenen ist nicht möglich. Film: 21.23 Holograms Es sei nun ein mit einfarbigem Licht beleuchteter Gegenstand betrachtet. Von jedem reflektierenden Punkt der Oberfläche des Gegenstands gehen Wellen aus, die sich zu spezifisch geformten Phasenflächen überlagern. Dieses Wellenfeld wird als Gegenstandsoder Objektwelle bezeichnet. Die Objektwelle enthält die vollständige Information über die sichtbare Oberfläche des beleuchteten Gegenstands. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 53 Referenzwelle Beobachter y x Objektwelle Objekt Glasplatte / Fotoplatte Stellt man nun zwischen Objekt und Beobachter eine Glasplatte, so ändert sich nichts an den Betrachtungsmöglichkeiten für den Beobachter. Es sei nun angenommen, dass die Objektwelle eindeutig durch ihre Eigenschaften in der Ebene der Glasplatte bestimmt sei. Wäre das nicht so, so müssten zwei verschiedene Objektwellen zu der gleichen Feldstärkeverteilung in dieser Ebene führen. Da Wellen aber kein "Gedächtnis" haben, könnte ein Beobachter auf der rechten Seite nicht mehr zwischen den beiden Objektwellen unterscheiden. Damit können sich die Objektwellen aber auch nicht links von der Glasplatte unterschieden haben, da die Ausbreitung von Wellen umkehrbar ist. In der Ebene der Glasplatte lässt sich die Objektwelle beschreiben als harmonische Schwingung der elektrischen Feldstärke, deren Amplitude und Phase vom Ort (x,y) auf der Glasplatte abhängen. A(x,y): ortsabhängige Amplitude E Objekt (x, y, t ) = A(x, y ) cos(ωt + ϕ (x, y )) . ϕ(x,y): ortsabhängige Phase ω: Kreisfrequenz des Beleuchtungslicht Wenn es also gelingt, in der Ebene der Glasplatte Amplitude und Phase in Abhängigkeit vom Ort zu erfassen, so hat man die vollständige Information über die Objektwelle gespeichert und kann sie möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt wieder rekonstruieren. Es ist kein technisches Mittel bekannt, um unmittelbar mit hoher Ortsauflösung Amplituden und Phasen von Licht zu messen. Fotografische Methoden scheitern, weil die Belichtungszeiten im Vergleich zur Periodendauer der Lichtschwingung (etwa 10-14 s) sehr lang sind. Auf einer Fotoplatte wird die über die Belichtungszeit gemittelte Intensität registriert. Diese ist proportional zum Quadrat der Schwingungsamplitude der elektrischen Feldstärke. Die Information über die Phase ist verloren. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 54 Es gibt aber einen Effekt, der bei Wellen eine phasenabhängige Intensität liefert: die Interferenz. Dazu ist kohärentes Licht notwendig. Man bestrahlt also den Gegenstand mit kohärentem Licht und überlagert der Objektwelle eine ebene, kohärente Referenzwelle. Die Referenzwelle führt in der Ebene der Glasplatte zu einer elektrischen Feldstärke der Form: E Re ferenz (x, y, t ) = E 0 cos(ωt ) . ω: Kreisfrequenz des Beleuchtungslicht Die Feldstärken von Objekt- und Referenzwelle addieren sich nun. Es ergibt sich eine Gesamtfeldstärke von: E O´bjekt + Re ferenz = A(x, y ) cos(ωt + ϕ (x, y )) + E 0 cos(ωt ). Stellt man an die Stelle der Glasplatte eine Fotoplatte, so ist deren Schwärzung proportional zum zeitlichen Mittel der Intensität, also zu dem Signal: 2 I Objekt + Re ferenz ∝ ( A(x, y ) cos(ωt + ϕ (x, y )) + E0 cos(ωt )) . Als Beispiel seien zwei Orte auf der Phasenplatte betrachtet, bei denen sich die Objektwellen nur durch die Phase unterscheiden. An beiden Orten würde sich ohne Referenzwelle die gleiche Schwärzung der Fotoplatte ergeben, weil die zeitlich gemittelten Intensitäten gleich sind. Durch die Addition der Referenzwelle ändert sich das. Feldstärke/Intensität Objektwelle Referenzwelle Summe Intensität Zeit Überlagerung Objekt- und Referenzwelle gemittelte Intens. Phase der Objektwelle ϕ = 0 Summe Intensität Phase der Objektwelle ϕ = π/2 Objektwelle Feldstärke/Intensität Referenzwelle Zeit Überlagerung Objekt- und Referenzwelle Referenzwelle Summe Intensität Zeit Objektwelle Feldstärke/Intensität Überlagerung Objekt- und Referenzwelle gemittelte Intens. Phase der Objektwelle ϕ = π Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 gemittelte Intens. 55 Excel-Diagramm: Holographie-Schwingungen Durch die Überlagerung von Objekt- und Referenzwelle hängt die zeitlich gemittelte Intensität in der Ebene der Fotoplatte nicht nur von den Amplituden von Objekt- und Referenzwelle ab, sondern auch von der Phase der Objektwelle (natürlich auch von der Phase der Referenzwelle, aber die wird konstant gehalten). Nach einigen Umrechnungen ergibt sich für die gemittelte Intensität in der Ebene der Fotoplatte: I Objekt + Re ferenz ∝ 1 2 2 E 0 + A(x, y ) + E 0 A(x, y ) cos(ϕ (x, y )) . 2 ( ) Die gemittelte Intensität hängt also tatsächlich von den Amplituden von Objekt- und Referenzwelle ab, aber auch von der Phase der Objektwelle. Um die Information über die Objektwelle möglichst genau zu speichern, muss die Fotoplatte eine möglichst hohe Auflösung haben, also möglichst feinkörnig sein. Dadurch ergeben sich oft erheblich lange Belichtungszeiten in der Größenordnung von einer Minute. Nach der Belichtung wird die Fotoplatte entwickelt. Sie enthält nun ein Muster von undurchlässigen und durchlässigen Bereichen. Vom ursprünglichen Gegenstand ist darauf nichts zu erkennen. Diese entwickelte Fotoplatte durchstrahlt man nun mit exakt der gleichen Referenzwelle, mit der die Aufnahme erfolgt ist. Es müssen also nicht nur die Frequenz, sondern auch die Richtung der Referenzwelle mit der der Aufnahme übereinstimmen. Dort, wo die Fotoplatte geschwärzt wurde, wird kein Licht durchgelassen, an den nicht geschwärzten Bereichen kann das Licht durch die Fotoplatte hindurch gehen. Durch Beugung und Interferenz bildet sich hinter der Fotoplatte, auf der Beobachterseite, ein Wellenfeld. Für die elektrische Feldstärke in der Ebene der Fotoplatte ergibt sich: E Re konstruktion = K1 E0 cos(ωt ) + K 2 A(x, y ) cos(−ωt + ϕ ( x, y)) + K 2 A(x, y ) cos(ωt + ϕ ( x, y)) Referenzwelle ähnlich Objektwelle Objektwelle K1 und K2 sind Konstanten. Der erste Term entspricht dem Referenzstrahl. Man sieht also auf der Beobachterseite die Lichtquelle des Referenzstrahls, eine unendlich weit entfernte Punktlichtquelle. Der zweite Term sieht ähnlich wie die Objektwelle aus, unterscheidet sich aber durch ein Vorzeichen im Kosinus. Er gehört zu einem reellen Bild, das sich auf der Beobachterseite ergibt. Der dritte Term beschreibt bis auf eine Konstante die Objektwelle. Es ergibt sich also auf der Beobachterseite die gleiche Objektwelle wie bei der Aufnahme. Man sieht den Gegenstand an derselben Stelle, an der er bei der Aufnahme gestanden hatte. Es handelt sich um ein virtuelles Bild. Im Unterschied zu allen anderen abbildenden Verfahren kann man sich dieses Bild aus unterschiedlichen Perspektiven und in unterschiedlichen Schärfeebenen anschauen. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 56 Referenzwelle Beobachter y x Räumliches virtuelles Bild Rekonstruierte Objektwelle Belichtete und entwickelte Fotoplatte Folie: Holographie Als Lichtquelle verwendet man für die Aufnahme von Hologrammen zweckmäßigerweise einen Laser, da man kohärentes Licht benötigt (Interferenz). Der Laserstrahl wird bei der Aufnahme geteilt in einen Strahl, mit dem der Gegenstand beleuchtet wird, und einen Strahl, mit dem die Referenzwelle erzeugt wird. Die Holographie kommt prinzipiell ohne Linsen aus. Sie werden lediglich im praktischen Aufbau für die Strahlaufweitung eingesetzt. Bei der Sichtbarmachung des Bildes (Rekonstruktion) wird der Referenzstrahl am Hologramm gebeugt. Kohärentes Licht ist nicht erforderlich, aber Frequenz und Richtung müssen mit dem Referenzstrahl der Aufnahme übereinstimmen. Eine Sonderform der Hologramme sind die Weißlichthologramme, die zu Dekorations- und Kontrollzwecken eingesetzt werden. Dabei verwendet man dicke Fotoschichten, also dreidimensionale Fotoplatten. Bei der Aufnahme kommt der Referenzstrahl von der Beobachterseite. In der Fotoschicht bildet sich ein räumliches Interferenzmuster aus. Nach der Entwicklung können diese Weißlichthologramme mit weißem Licht bestrahlt werden. Durch die räumliche Struktur der entwickelten Fotoplatte wird das für die Rekonstruktion notwendige monochromatische (einfarbige) Licht herausgefiltert. Man muss allerdings eine punktförmige Quelle einsetzen, um einen ebenen Referenzstrahl zu erhalten, und der Winkel muss dem der Aufnahme entsprechen. Führt man die Aufnahme des Weißlichthologramms Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 t = const. Amplitude Feldstärke Amplitudenhüllkurve 57 Kreisfrequenz ω ω0 Trägerwelle nacheinander λmit drei unterschiedlich farbigen Lasern durch, so erhält man bei der 0 Rekonstruktion durch additive Farbmischung sogar ein farbiges virtuelles Bild. 4.6 Wellenpakete Mit einem unendlich ausgedehnten Wellenzug lässt sich keine Information übertragen. Informationsübertragung wird erst durch Modulation möglich. Eine wichtige Form der Modulation ist die Erzeugung endlich ausgedehnter Wellenpakete. Damit lassen sich digitale Daten übertragen, wobei ein Wellenpaket für ein Bit steht. Die Feldstärke in Abhängigkeit vom Ort sieht für eine feste Zeit so aus: Das Wellenpaket besteht aus einer Trägerwelle der Wellenlänge λ0 und einer AmplitudenHüllkurve. Es handelt sich um eine nicht harmonische, nicht periodische Welle, denn fast überall ist das Wellenpaket ja ungefähr gleich null, nur in einem kleinen Ausschnitt ist es näherungsweise periodisch. Fasst man die Auslenkung der Welle als Funktion des Ortes als Schwingung auf, so kann man eine Fourier-Analyse durchführen und die Anteile der harmonischen Schwingungen ermitteln. Wie im Abschnitt über Fourier-Analyse dargestellt, ergibt sich eine nicht periodische Schwingung als Überlagerung unendlich vieler, beliebig dicht nebeneinander liegender harmonischer Schwingungen. Genau so lässt sich eine nicht periodische Welle, wie das Wellenpaket, als Überlagerung unendlich vieler harmonischer Wellen mit kontinuierlicher Frequenzverteilung darstellen. Das örtlich begrenzte Wellenpaket lässt sich also aus unendlich vielen, örtlich unbegrenzten harmonischen Wellen zusammensetzen. Das Maximum der Amplitude ergibt sich bei der Kreisfrequenz der Trägerwelle, also bei ω0 = 2πf0 = 2πc/λ0 , wobei c die Lichtgeschwindigkeit für Strahlung der Wellenlänge λ0 ist. Excel-Blatt: Wellenpaket Sucht man die Geschwindigkeit, mit der sich ein Wellenpaket ausbreitet, so muss man die Ausbreitung des Maximums der Amplituden-Hüllkurve betrachtet. Diese Geschwindigkeit Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 Trägerwelle Amplituden-Hüllkurve 58 wird als Gruppengeschwindigkeit bezeichnet (das Wellenpaket wird als Gruppe harmonischer Wellen aufgefasst). Da aber auch die Signale mit dieser Geschwindigkeit übertragen werden, bezeichnet man die Gruppengeschwindigkeit auch als Signalgeschwindigkeit. Es wäre zunächst naheliegend, als Gruppengeschwindigkeit die Phasengeschwindigkeit anzunehmen. Dies ist aber in den meisten Fällen falsch! Bei Vorliegen von Dispersion bewegt sich ja auch jede harmonische Welle mit einer anderen Phasengeschwindigkeit. Applet: 10.6-1 Phasen- u. Gruppengeschwindigkeit (1) (http://www.harendt.de/studinf/pIII/quanten/die.htm) 10.6-2 Phasen- u. Gruppengeschwindigkeit (2) (http://www.vsc.de/vsengine/vlu/vsc/de/ch/13/vlu/spektroskopie/theorie/dispersion.vlu/Page/v sc/de/ch/13/pc/spektroskopie/theorie/dispersion/disp6.vscml.html) Der Einfachheit halber sei nicht die Überlagerung unendlich vieler harmonischer Wellen, sondern nur die Überlagerung zweier Wellen mit dicht benachbarten Kreisfrequenzen ω1 und ω2 betrachtet. Aus den beiden Einzelwellen der gleichen Amplitude: y1 = y0 sin (k1x - ω1t) y1 + y 2 = 2 y 0 sin( und y2 = y0 sin (k2x - ω2t) wird in der Summe: k1 + k 2 ω + ω2 k − k2 ω − ω2 x− 1 t ) cos( 1 x− 1 t) . 2 2 2 2 Dabei wurde Gebrauch gemacht von dem trigonometrischen Additionstheorem: sin( X ) + sin(Y ) = 2 sin( X +Y X −Y ) cos( ). 2 2 Die Überlagerung der beiden Wellen mit dicht benachbarten Frequenzen führt zu einer Welle mit einer "Trägerwelle" der mittleren Kreisfrequenz (ω1 + ω2)/2 und der mittleren Wellenzahl (k1 + k2)/2 und einer periodischen Amplituden-Hüllkurve der halben Differenz-Kreisfrequenz (ω1 - ω2)/2 und halben Differenz-Wellenzahl (k1 - k2)/2. Zur Zeit t = 0 befindet sich das Maximum der Amplituden-Hüllkurve bei x = 0. Nach dem kleinen Zeitintervall Δt hat sich das Maximum um die Strecke Δx weiterbewegt, so dass dann gilt: cos( k1 − k 2 ω − ω2 Δx − 1 Δt ) = 1, 2 2 Δk Δω Δx − Δt = 0 , 2 2 woraus folgt, dass mit Δk = k1 − k 2 und Δω = ω1 − ω 2 . Daraus folgt aber für die mittlere Geschwindigkeit, mit der sich das Maximum der Amplituden-Hüllkurve bewegt: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 59 Δx Δω . Die Gruppengeschwindigkeit eines Wellenpakets ergibt sich aus ähnlichen = Δt Δk Betrachtungen zu: v gr = dx dω = dt dk . Dabei ist k0 der Wellenvektor der harmonischen Welle mit der k0 größten Amplitude, entsprechend also dem Maximum der Frequenzverteilung (Trägerfrequenz). Die Gruppengeschwindigkeit ergibt sich also als Ableitung der Kreisfrequenz nach der Wellenzahl an der Stelle k0. Man beachte, dass sich die Phasengeschwindigkeit als Quotient aus Kreisfrequenz und Wellenzahl ergab: ω . Daraus folgt also: k berechnen zu: v ph = v gr = dω dk k0 ω = v ph k . Damit lässt sich die Gruppengeschwindigkeit dv ph ⎞ ⎛ dk ⎟⎟ . = ⎜⎜ v ph +k dk dk ⎝ ⎠ k0 Die Wellenzahl k hängt mit der Wellenlänge λ zusammen gemäß λ = 2π/k. Somit kann man die Phasengeschwindigkeit als Funktion der Wellenzahl k auch auffassen als Funktion der Wellenlänge λ, die ihrerseits wieder von der Wellenzahl k abhängt. Für vph(λ) kann man also auch schreiben: vph(λ(k)). Leitet man nun vph nach k ab, so muss die Kettenregel berücksichtigt werden, also: dv ph dk = dv ph dλ . dλ dk Die Ableitung von λ nach k ist aber : dλ 2π =− 2 . dk k Eingesetzt in die Gleichung für die Gruppengeschwindigkeit ergibt das: ⎛ dv ph dλ ⎞ 2π dv ⎟ = v ph (k 0 ) − ⎛⎜ ⎞⎟ ph v gr = v ph (k 0 ) + ⎜⎜ k ⎟ ⎝ k ⎠ dλ ⎝ dλ dk ⎠ k0 . k0 Führt man λ0 als diejenige Wellenlänge ein, bei der das Frequenzspektrum des Wellenpakets sein Maximum hat, also die Wellenlänge der Trägerwelle, so erhält man für die Gruppengeschwindigkeit: v gr = v ph (λ 0 ) − λ 0 dv ph dλ λ0 Durch eine vergleichbare Rechnung ergibt sich auch: v gr = v ph (ω0 ) + ω0 dv ph dω . Dabei ist ω0 die Kreisfrequenz der Trägerwelle. ω0 Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 60 Feldstärke Δx Hängt die Phasengeschwindigkeit gar nicht von der Frequenz, der Wellenlänge oder der Wellenzahl ab, so sind die Ableitungen der Phasengeschwindigkeit nach diesen Größen null und die Gruppengeschwindigkeit ist identisch mit der Phasengeschwindigkeit. Ort Ort ungenau, Ohne Dispersion sind Phasengeschwindigkeit und Gruppengeschwindigkeit gleich! Z.B. sind groß im Vakuum für elektromagnetische Wellen Phasen- undOrtsunschärfe Gruppengeschwindigkeit gleich der Vakuumlichtgeschwindigkeit! Liegt Dispersion vor, so ist die Gruppengeschwindigkeit meist Frequenz genau kleiner als die Phasengeschwindigkeit. Frequenzunschärfe klein Amplitude Die Breite der Frequenzverteilung eines Wellenpakets, etwa die Halbwertsbreite, hängt von der räumlichen Ausdehnung des Wellenpakets ab. Je größer die Ausdehnung (Halbwertsbreite) Δx des Wellenpakets ist, um so schmaler ist die Frequenzverteilung, also Δω um so kleiner ist die Halbwertsbreite Δω der Frequenzverteilung. Kreisfrequenz Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 61 Feldstärke Δx Ort Ort genau, Ortsunschärfe klein Amplitude Frequenz ungenau Frequenzunschärfe groß Δω Kreisfrequenz Je genauer der Ort eines Wellenpakets bestimmt ist, um so ungenauer ist die Frequenz bestimmt. Je ungenauer der Ort eines Wellenpakets bestimmt ist, um so genauer ist die Frequenz bestimmt. Excel-Blatt: Wellenpaket Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 62 Für alle Wellenpakete gilt: Δx . Δk = const Dies ist die "Unschärferelation" für Wellenpakete. Δt .Δω = const Δx, Δk, Δt und Δω sind die Unschärfen von Ort, Wellenzahl, Zeit und Kreisfrequenz In der Wellenmechanik, bzw. der Quantenmechanik, entwickelt man ähnliche Unschärferelationen, z.B. die Heisenberg’sche: Δx . Δp ≥ , mit der Ortsunschärfe Δx, der Impulsunschärfe Δp und der Konstanten . Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 63 5. Akustik Die Akustik beschäftigt sich mit dem vom Menschen hörbaren Schall im Frequenzbereich zwischen 16 Hz und 20000 Hz. Die oberer Frequenzgrenze nimmt mit zunehmendem Alter und bei starker Belastung des Ohrs durch laute Geräusche ab. Versuch: Hörbarer Schall im Bereich zwischen 16 Hz und 20000 Hz Man kann bei einem Geräusch oder Ton verschiedene "Qualitäten" unterscheiden: • • • Versuch: Tonhöhe oder Grundfrequenz Lautstärke und Klang, also das Frequenzspektrum Akustischer Eindruck von Sinus-, Dreieck- und Rechteckschwingung Hörbeispiele: 11.1 5.1 Ton und Klang (http://www.dasp.uni-wuppertal.de/ars_auditus/ ) Schallausbreitung Schallwellen sind Longitudinalwellen. Sie entstehen durch elastische Wechselwirkung von Molekülen, Ionen oder Atomen. Der statistischen, ungeordneten Bewegung überlagert sich also eine gerichtete Bewegung in Richtung der Ausbreitungsgeschwindigkeit. Die Auslenkungsgeschwindigkeit bezeichnet man als Schnelle. In Gasen kann diese Bewegung sichtbar gemacht werden, indem man in einem Glasrohr stehende Wellen erzeugt, also Wellen, bei denen an einigen Stellen die Amplitude maximal, an anderen null ist. Bringt man nun ein feines Pulver in das Rohr, so wird dort, wo die Schallamplitude maximal ist, das Pulver aufgewirbelt, dort, wo die Amplitude null ist, bleibt das Pulver liegen. Versuch: Kundt'sches Rohr Für die Phasengeschwindigkeit (Schallgeschwindigkeit) von Schallwellen in Gasen und Flüssigkeiten erhält man: v ph = K ρ Dabei ist ρ die Massendichte und K der Kompressionsmodul. Δp mit der Druckänderung Δp, der ⎛ ΔV ⎞ ⎜ ⎟ ⎝ V ⎠ Volumenänderung ΔV und dem Volumen V. Das negative Vorzeichen drückt aus, dass sich bei abnehmendem Volumen (ΔV negativ) der Druck Δp erhöht. K ist also positiv. Bei gegebener relativer Volumenänderung ΔV/V ist der Kompressionsmodul um so größer, je größer die dafür notwendige Druckänderung Δp ist. Bei Gasen benötigt man eine kleinere Druckänderung als bei Flüssigkeiten, daher ist auch der Kompressionsmodul von Gasen Der Kompressionsmodul ist definiert als K =− Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 ΔA In der Zeit Δt tritt die Energie ΔE durch das Flächenelement der Fläche ΔA, das senkrecht zur 64 F:Ausbreitungsrichtung Kraft, die am Körper ist. angreift A: Fläche des Körpers, an der die Kraft angreift Δl: Längenänderung des Körpers kleiner. Die Massendichte im Nenner unter der Wurzel drückt aus, dass schwere Teilchen l: Länge des Körpers langsamer in Bewegung zu setzen sind, als leichte. Kurz gesagt, die Schallgeschwindigkeit ist um so größer, je schwerer sich das Medium komprimieren lässt, und um so leichter die beteiligten Teilchen sind. Folie: einige Schallgeschwindigkeiten Da Kompressionsmodul und Massendichte von der Temperatur abhängen, ist auch die Schallgeschwindigkeit temperaturabhängig. Für die Schallgeschwindigkeit von Luft bei Normaldruck gibt es eine Näherungsformel: v ph, Luft = (331,3 + 0,6 1 m t) C s o t: Temperatur in oC Für die Schallgeschwindigkeit in Festkörpern erhält man: v ph = E ρ . definiert als Dabei ist ρ die Massendichte und E der Elastizitätsmodul. Er ist F ( ) E= A Δl ( ) l Bei gegebener relativer Längenänderung Δl/l ist der Elastizitätsmodul also um so größer, je größer die dazu erforderliche Spannung (Kraft pro Fläche) ist. Ein "weiches" Material hat also einen kleineren Elastizitätsmodul als ein "hartes" Material. Die Schallgeschwindigkeit von Festkörpern ist in der Regel größer als die von Gasen und Flüssigkeiten. 5.2 Schallstärke, Schallpegel und Lautstärke Als Schallstärke oder Schallintensität bezeichnet man die Leistung pro Fläche in einem Flächenelement senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Schallwelle. Die Schallintensität ergibt sich dann als Grenzwert, wenn ΔA und Δt gegen null gehen. I= lim Δt →0 , ΔA→0 ΔE dE . = ΔtΔA dt ⋅ dA Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 peff: Effektivwert der Druckschwankung, für Δp Sinusschwingungen ist p eff = 65 2 Peff,0: Effektivwert der Druckschwankung an der Hörschwelle, festgelegt auf peff,0 = 2.10-5 Pa Durch die Bewegung der Atome oder Moleküle in Gasen werden bei akustischen Wellen Druckschwankungen hervorgerufen. Der Zusammenhang zwischen der Schallintensität und der Amplitude der Druckschwankung Δp lautet: I= 1 Δp 2 2 ρv ph ρ: Massendichte Die Schallintensität ist keine angemessene Größe, wenn der Schalleindruck auf das menschliche Ohr beschrieben werden soll. Das Ohr hat ein logarithmisches Lautstärkeempfinden. Menschen empfinden Schallintensitätsdifferenzen bei kleinen Intensitäten viel stärker als die gleichen Differenzen bei großen Intensitäten. Berücksichtigt man ferner die Hörschwelle des menschlichen Ohrs, die nach statistischen Untersuchungen auf I0 = 10-12 W/m2 festgelegt wurde, so kann man eine Größe festlegen, die der Empfindung des Ohrs nahe kommt: den Schallintensitätspegel. ⎛ I LI = 10 lg⎜⎜ ⎝ I 0 ⎞ ⎟⎟ ⎠ I: Schallstärke oder Schallintensität Die Einheit des Schallintensitätspegels ist Dezibel (dB). Hörbeispiele: 11.1 Schallpegel und Schallpegeladdition (http://www.dasp.uni-wuppertal.de/ars_auditus/ ) Verwendet man anstatt der Intensität die Druckschwankung als Bezugsgröße, so erhält man den Schalldruckpegel. ⎛ p eff L p = 20 lg⎜ ⎜ p ⎝ eff ,0 ⎞ ⎟ ⎟ ⎠ Die Einheit des Schalldruckpegels ist ebenfalls Dezibel (dB). In der Regel sind Schallintensitätspegel und Schalldruckpegel verschieden. Folie: einige Schallintensitätspegel Das menschliche Ohr kann also akustische Wellen in einem Dynamikumfang von 6 Zehnerpotenzen Druckdifferenz oder 12 Zehnerpotenzen Intensität wahrnehmen. Das deutet darauf hin, dass das gute Funktionieren des Gehörs eine große Rolle bei der Evolution gespielt hat. Man beachte auch, dass man das Ohr im Gegensatz zum Auge nicht schließen kann. Die Schallpegel berücksichtigen nicht die Frequenzabhängigkeit des Lautstärkeempfindens des menschlichen Ohrs. Daher hat man die Lautstärke eingeführt, deren Einheit das Phon (phon) ist. Die Lautstärke ist gleich dem Schalldruckpegel eines als gleich laut empfundenen Tons der Frequenz 1 kHz. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 66 Die Hörschwelle liegt bei 4 phon aufgrund der gerundeten Angabe von peff,0. Die Schmerzgrenze liegt bei 120 phon. Lautstärkeunterschiede von 1 phon sind gerade noch wahrnehmbar. Folie: Schallpegel und Lautstärke Grundsätzlich kann man mit der oben beschriebenen Methode die Lautstärke jedes Geräusches bestimmen. Für die messtechnische Anwendung ist das Verfahren aber unpraktisch. Daher wendet man ein Näherungsverfahren an. Man kann durch Versuche mit vielen verschiedenen Menschen den Zusammenhang zwischen Frequenz, Schalldruckpegel und Lautstärke auf statistischer Basis, wie in der Folie gezeigt, ermitteln. Dies nimmt man zur Grundlage der Bestimmung eines bewerteten Schalldruckpegels. Das gesamte hörbare Frequenzband wird in Intervalle Δfi aufgeteilt, und die jeweiligen Schalldruckpegel Lp,i werden gemessen. Je nach Frequenzintervall werden diese Schalldruckpegel nun als unterschiedlich laut empfunden. Wie man dem Verlauf der Kurven gleicher Lautstärke entnehmen kann, hängt das Verhältnis zwischen Lautstärke und Schalldruckpegel aber nicht nur von der Frequenz, sondern auch noch von der Lautstärke ab. Daher führt man unterschiedliche Klassen von Bewertungsfaktoren je nach Lautstärke ein. Zu den in gewissen Frequenzintervallen Δfi gemessenen Schalldruckpegeln Lp,i wird ein frequenzabhängiger Bewertungsfaktor Δi addiert gemäß: L p , i + Δi ⎛ n ⎞ ⎜ L X = 10 lg ∑ 10 10 dB ⎟dB ( X ) ⎜ i =1 ⎟ ⎝ ⎠ n: Anzahl der Frequenzintervalle Das X steht dabei für den Satz der verwendeten Bewertungsfaktoren Δi. Diese sind in einer Norm festgelegt. Man verwendet für Lautstärken unter 90 phon die Bewertungskurve A, für Lautstärken über 100 phon die Kurve C. Die Bewertungskurve B wird nicht mehr verwendet. Dieses Verfahren erlaubt es also, mit Messgeräten einen bewerteten Schallpegel zu ermitteln, der der Lautstärke nahe kommt, z.B. LA = 87 dB(A). Folie: Bewertungskurven Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 Temperatur T z T1 T T21 Querschnittsfläche A T2z Ort 67 6. Wärmeleitung Der Wärmeleitung liegt die Erfahrung zugrunde, dass bei zwei Körpern in thermischem Kontakt, die unterschiedliche Temperaturen haben, Wärme von dem wärmeren zum kälteren Körper fließt, bis die Temperaturdifferenz ausgeglichen ist. Dabei ist Wärme die Form der Energie, die aufgrund von Temperaturunterschieden ausgetauscht wird. Die Einheit der Wärme ist das Joule: [Q] = J . Früher war für die Wärme auch die Einheit Kalorie gebräuchlich mit 1 cal = 4,184 J. Bei der Wärmeleitung wird Energie in Form von Wärme ohne Massenaustausch transportiert. Nicht gemeint ist also der Wärmetransport durch Diffusion, Strömung oder Strahlung. Wärme entsteht z.B. durch chemische Prozesse (Verbrennung), Stromfluss oder mechanische Reibung. In der Mikroelektronik ist das Abführen der im Chip entstehenden Wärme heute eines der größten Probleme geworden. Leistungsstarke Motoren müssen gekühlt werden. Beim Wiedereintritt in die Athmosphäre erhitzen sich die Kacheln des Space Shuttle durch Gasreibung auf über 1000o C. Die Probleme lassen sich lösen, wenn man die Gesetze der Wärmeleitung beachtet. Es sei ein Körper betrachtet, dessen eines Ende die Temperatur T1 und dessen anderes Ende die Temperatur T2 hat. Entlang des Körpers verlaufe die Raumachse z. Wenn T1 und T2 unterschiedlich sind, wird sich entlang der Koordinate z ein Temperaturgefälle einstellen. Die Temperatur T(z) wird also eine Funktion des Orts z. Besteht der Körper aus einem einheitlichen (homogenen) Material und ist die Querschnittsfläche überall gleich, so wird sich ein linearer Temperaturverlauf einstellen. Im Allgemeinen ist das aber nicht so. Da eine Temperaturdifferenz vorliegt, wird eine gewisse Wärmemenge pro Zeit durch den Querschnitt A fließen. Dies bezeichnet man als Wärmestrom φ. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 A T1 l T2 λ 68 φ= dQ , bei konstantem Wärmestrom auch: dt φ= ΔQ . (Einheit: J/s = W) Δt Man beachte die Analogie zwischen der Definition des Wärmestroms und des elektrischen Stroms. Diese Analogie wird sich noch weiter fortsetzen. Bezieht man den Wärmestrom auf die Querschnittsfläche, so erhält man die Wärmestromdichte q: q= φ d 2Q . Bei konstanter Wärmestromdichte wird daraus: q = . A dAdt Die Einheit der Wärmestromdichte ist W/m2. Versuch: Wärmeleitung bei verschiedenen Materialien Man beobachtet nun, dass die Wärmestromdichte um so größer ist, je größer das Temperaturgefälle an diesem Ort ist. Weiterhin hängt die Wärmestromdichte vom Material an der betreffenden Stelle ab. Man erhält als Zusammenhang: q = −λ dT dz Gesetz von Fourier Das Minuszeichen bringt zum Ausdruck, dass die Wärmestromdichte das umgekehrte Vorzeichen wie das Temperaturgefälle hat. Im obigen Beispiel nimmt die Temperatur in positiver z-Richtung ab, die Steigung ist also negativ. Der Wärmestrom, und damit die Wärmestromdichte, verlaufen aber in positiver z-Richtung, und sind positiv. Die Konstante λ ist die Wärmeleitfähigkeit, eine Materialkonstante der Einheit W/(mK). Folie: Wärmeleitfähigkeiten einiger Stoffe Wir betrachten nun einen homogenen Stab der Länge l, Wärmeleitfähigkeit λ und konstantem Querschnitt A, der zwei Wärmereservoirs der Temperaturen T1 und T2 verbindet. Es wird sich ein gleichmäßiger Temperaturabfall entlang des Stabes einstellen: Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 T2 Temperatur T T1 l Ort z 69 Also wird: dT ΔT T2 − T1 ΔT ' = = =− dz Δz l l mit ΔT' = T1 - T2. Der Wärmestrom ergibt sich zu: φ = qA = −λ dT ΔT ' A=λ A. dz l Die Länge l, der Querschnitt A und die Wärmeleitfähigkeit λ hängen nur von dem Stab ab. Man fasst diese Größen zusammen zu einem thermischen Widerstand Rth mit: Rth = l . Die Einheit des thermischen Widerstands ist K/W. λA Damit ergibt sich für den Wärmestrom: φ= ΔT ' . Rth Wegen seiner formalen Ähnlichkeit mit dem Ohm'schen Gesetz heißt dieser Zusammenhang das Ohm'sche Gesetz der Wärmeleitung. Dem elektrischen Strom entspricht der Wärmestrom, dem elektrischen Widerstand der thermische Widerstand (Wärmewiderstand) und der elektrischen Spannung die Temperaturdifferenz. Ganz analog zur Elektrotechnik lassen sich auch die Wärmeströme bei Netzwerken von Wärmewiderständen berechnen, also etwa bei der Reihen- oder Parallelschaltung thermischer Widerstände. Es gilt, wiederum in Analogie zur Elektrotechnik, dass in einem Knoten die Summe der Wärmeströme null ergeben muss, und dass auf einem geschlossenen Weg die Summe aller Temperaturdifferenzen null ergeben muss. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 A1 1 Δm v1 ρ1 Δm2 ρ 2 v2 A2 70 7. Strömung Unter Strömung versteht man die Bewegung von Fluiden, also von Flüssigkeiten und Gasen. In diesem Kapitel werden einige der Bewegungsgesetze behandelt, insbesondere für die Strömung durch Rohre und die Wechselwirkung mit festen Körpern. Hinsichtlich der Strömung ist der wesentliche Unterschied von Flüssigkeiten und Gasen die Druckabhängigkeit der Massendichte. Für Flüssigkeiten ist die Dichte nahezu unabhängig vom Druck, die Dichte also nahezu konstant. Das bedeutet, dass man Flüssigkeiten kaum komprimieren kann. Bei Gasen ist die Druckabhängigkeit der Dichte groß. Verändert sich der Druck, so verändert sich auch die Dichte. Kurz gesagt: Flüssigkeiten kann man kaum zusammendrücken, Gase schon. 7.1 Strömung idealer Fluide Ideale Fluide sind solche, bei denen man die Reibung nicht zu betrachten braucht, weder die von Fluidschichten untereinander, noch die zwischen Fluid und festen Körpern. Ein ideales Fluid strömt z.B. überall im Querschnitt eines Rohrs gleich schnell, während ein reales Fluid an den Rändern langsamer strömt. Weiterhin gibt es bei idealen Fluiden keine Wirbel, die Fluidschichten gleiten aneinander, die Strömung ist laminar. Wir betrachten die Strömung eines idealen Fluids durch ein sich verengendes Rohr: A1, A2: Querschnittsflächen v1, v2: Strömungsgeschwindigkeiten dm Δm ρ1, ρ2: Massendichten ( ρ = , bei konstante Dichte auch: ρ = ) dV ΔV In der Zeit Δt strömt durch die Querschnittsfläche A1 die Masse Δm1 = A1v1 ρ1 Δm2 = A2 v2 ρ 2 . und durch die Querschnittsfläche A2 die Masse Wenn man annimmt, dass in dem Rohr weder vernichtet, noch erzeugt wird, müssen die beiden Massen gleich sein. Aus Δm1 = Δm2 folgt: A1v1 ρ1 = A2 v2 ρ 2 Dies ist die Kontinuitätsgleichung, ein Ausdruck für die Erhaltung der Masse. Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 A Δl1 1 p1 v1 Kasse p2 Δl2 A2 v2 y2 71 Für Flüssigkeiten gilt in guter Näherung, dass die Dichte konstant ist, also wird aus der Kontinuitätsgleichung: A1v1 = A2 v2 . In engen Querschnitte ist also die Strömungsgeschwindigkeit größer, denn es muss ja das gleiche Volumen pro Zeit durch den engeren Querschnitt fließen. Man betrachte als Beispiel für ein näherungsweise inkompressibles Fluid eine Menschenmenge vor einer Kinokasse: kleiner Querschnitt große Strömungsgeschwindigkeit großer Querschnitt kleine Strömungsgeschwindigkeit Wir betrachten jetzt die Strömung eines idealen inkompressiblen Fluids (konstante Dichte) durch ein speziell geformtes Rohr. Das linke schraffierte Fluidelement wird um die Strecke Δl1 nach rechts bewegt, das rechte schraffierte Element um die Strecke Δl2 nach rechts. Die Änderung des Systems ist also, dass ein Fluidelement der Strömungsgeschwindigkeit v1 von der Höhe y1 auf die Strömungsgeschwindigkeit v2 bei der Höhe y2 gebracht wird. Dabei wird es gegen den Druck p2 um die Strecke l2 verschoben. Die dazu notwendige Energie ist: ΔE = ρΔVg ( y 2 − y1 ) + 1 ρΔV v 22 − v12 + p 2 A2 Δl 2 . 2 ( ) (g: Erdbeschleunigung) Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 72 ΔV ist dabei das Volumen des betrachteten Fluidelements mit ΔV = A1Δl1 = A2Δl2. Der erste Term auf der rechten Seite beschreibt die Änderung der potentiellen Energie, der zweite die Änderung der kinetischen Energie, der dritte die Verschiebung gegen den Druck p2. Die oben beschriebene Energie ΔE muss als Arbeit durch Verschiebung des Fluidelements auf der linken Seite gegen den Druck p1 um die Strecke l1 aufgebracht werden. Es gilt also: p1 A1l1 = ρΔVg ( y 2 − y1 ) + 1 ρΔV (v 22 − v12 ) + p 2 A2 Δl 2 . 2 Durch Umstellen und Division durch das Volumenelement ΔV wird daraus: p1 + p+ 1 2 1 ρv1 + ρgy1 = p 2 + ρv 22 + ρgy 2 . 2 2 1 2 ρv + ρgy = p ges = const. 2 Da dies an allen Stellen gilt, kann man schreiben: Bernoulli-Gleichung Die konstante Summe wird als Gesamtdruck pges bezeichnet. Der statische Druck ist p. Er kann mit einem Druckmessgerät gemessen werden. Der Term 1/2 ρv2 wird als dynamischer Druck bezeichnet, ρgy als Schweredruck. Gesamtdruck, dynamischer Druck und Schweredruck können aber nicht ohne weiteres mit einem Druckmessgerät gemessen werden. In Worten lautet also die Bernoulli-Gleichung: In einem strömenden Fluid konstanter Dichte ist die Summe aus statischem Druck, dynamischem Druck und Schweredruck konstant. Liegt keine Höhenänderung vor (y = const.), so vereinfacht sich die Bernoulli-Gleichung zu: p+ 1 2 ρv = const. 2 Das heißt, dort, wo die Strömungsgeschwindigkeit groß ist, ist der statische Druck klein, und wo die Strömungsgeschwindigkeit klein ist, ist der Druck groß. Zur Veranschauung sei wiederum die Menschenmenge vor der Kinokasse betrachtet. Vor der Kasse bewegt man sich langsam vorwärts (kleine Strömungsgeschwindigkeit), man wird aber von allen Seiten gedrückt (großer Druck). Hinter der Kasse kann man schnell weitergehen (große Strömungsgeschwindigkeit) und man wird nicht mehr gedrängt (kleiner Druck). Obwohl die Bernoulli-Gleichung für ideale, inkompressible Fluide hergeleitet wurde, gilt sie näherungsweise auch für reale Flüssigkeiten und auch für Gase, da die Dichte sich erst für sehr große Geschwindigkeiten deutlich ändert. Betrachtet man ein strömendes Fluid, so versuche man, zunächst die Strömungsgeschwindigkeiten an verschiedenen Punkten zu ermitteln. Anschließend lassen sich daraus mit Hilfe der Bernoulli-Gleichung die statischen Drücke ermitteln. Daraus ergeben sich dann die Kräfte. Beispiel: Ideale Umströmung einer schrägen Platte Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 Drucks Staupunkte, also Punkte der kleinsten Strömungsgeschwindigkeit und des größten M M =0 73 Die Fluidelemente strömen entlang sog. Stromlinien. Im Fall der schräg angeströmten Platte geht ein Teil der Stromlinien oben über die Platte hinweg, ein anderer Teil unten. An den Kanten stellt sich also eine erhöhte Strömungsgeschwindigkeit, und damit ein geringerer Druck ein. Es muss nun aber einen Bereich geben, in dem die Stromlinien senkrecht in Bezug auf die Platte auftreffen (links), bzw. senkrecht starten (rechts). An diesen Stellen ist die Strömungsgeschwindigkeit null und es stellt sich nach der Bernoulli-Gleichung der maximale statische Druck ein. Diese Punkte werden als Staupunkte bezeichnet, da sich hier das Fluid "staut". Damit wirkt an diesen Punkten eine maximale Kraft auf die Platte. Da wegen der schrägen Anströmung die beiden Staupunkte nicht gegenüber liegen, ergibt sich ein Kräftepaar, also ein Drehmoment, das versucht, die Platte senkrecht zur Strömung zu stellen. Es wirkt also bei der idealen Strömung auf den Körper keine Gesamtkraft, aber ein Drehmoment. Die Strömung dreht die Platte so lange, bis sie senkrecht zur Strömung steht. Dann liegen die beiden Staupunkte genau gegenüber, und das Drehmoment ist null. Man kann dies leicht nachvollziehen, indem man ein Blatt Papier zu Boden fallen lässt. Es stellt sich nach kurzer Zeit aufgrund des oben geschilderten Effekts senkrecht zur Strömung. Dann wird es abgebremst, da anders als in der idealen Strömung bei der realen Strömung auch eine Kraft auf den Körper wirkt. Dann rutscht das Blatt nach einer Seite weg, wird wieder beschleunigt, und von der Strömung wieder senkrecht gestellt u.s.w.. Dies ergibt den typischen Eindruck der vom Baum fallenden Blätter. 7.2 Strömung realer Fluide Auch schon bei der idealen, also reibungsfreien Strömung kann es zur Ausbildung von Wirbeln kommen. Bei realen Fluiden tritt noch die Reibung zwischen Fluidschichten und Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 p0v ps p0 74 A: angeströmte FlächeKörper hinzu. Die Größe der zwischen Fluid und der Oberfläche der umströmten Dichte Reibungskräfte hängt von demρ:Fluid ab des undFluids wird durch die Größe der Viskosität beschrieben. v: Strömungsgeschwindigkeit Wir betrachten hier die Umströmung eines Körpers durch ein reales Fluid: Versuch: Reale Umströmung eines Körpers in der Wasserwanne Zur Berechnung der Reibungskraft seien folgende Annahmen gemacht: An der angeströmten Seite des Körpers werde das Fluid überall auf die Geschwindigkeit null abgebremst. Es liegen also überall Staupunkte vor. Weiterhin sei angenommen, dass hinter dem Körper das Fluid mit der gleichen Strömungsgeschwindigkeit wie vor dem Körper ströme. Der Gesamtdruck der Strömung beträgt nach Bernoulli: p ges = p 0 + 1 2 ρv . 2 p s = p ges = p 0 + 1 2 ρv 2 Der Staudruck ps an der angeströmten Seite beträgt dann: , und ist damit größer als p0. Der statische Druck auf der strömungsabgewandten Seite des Körpers beträgt p0, da hier die gleiche Strömungsgeschwindigkeit v vorliegt. Somit gibt es eine Druckdifferenz zwischen der strömungszugewandten und der strömungsabgewandten Seite des Körpers, und damit auch eine resultierende Kraft. Diese Kraft, die auf den Körper in der Strömung wirkt, berechnet sich dann zu: FW = AΔp = A( p s − p 0 ) = 1 Aρv 2 . 2 Nun sind in der Realität die Verhältnisse nicht genau so, wie oben dargestellt. Nicht jeder Punkt der angeströmten Seite ist ein Staupunkt, weiterhin kann die Fluidgeschwindigkeit hinter dem Körper in den Wirbeln auch größer als die Strömungsgeschwindigkeit v sein. All Physik 2, FH Bochum, Stand 2010 75 dies wird für einen konkreten Körper in einer dimensionslosen Zahl, dem Widerstandsbeiwert cW berücksichtigt. Die Kraft auf den Körper in der Strömung wird damit: FW = cW AΔp = 1 cW Aρv 2 . 2 Der Widerstandsbeiwert (cW-Wert) hängt von der Geometrie und der Oberflächenbeschaffenheit des Körpers ab. Folie: Widerstandsbeiwerte verschiedener Körper Die Widerstandskraft in der Strömung hängt aber weiterhin noch von der angeströmten Fläche, der Dichte des Fluids und vom Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit ab! Physik 2, FH Bochum, Stand 2010