Infoblatt Venus Venus (Klett) Aufbau, Oberfläche und Beobachtungen von der Venus Die Venus ist seit dem Altertum bekannt. Benannt wurde sie nach der römischen Göttin der Liebe und Schönheit, wahrscheinlich weil sie der hellste damals bekannte Planet am Himmel war. Grundlagen Die Venus ist der nach Merkur sonnennächste Planet. Der Abstand zur Sonne beträgt 0,72 AE (Astronomische Einheiten), das entspricht 108,2 Mio. km. Sie ist der Erde nach ihrer Masse (= 4,8*10 24 kg) und ihrem Radius (= 6.051 km) von allen Planeten am ähnlichsten. Die Venus gehört, ebenso wie Erde und Merkur, zu den inneren erdähnlichen Planeten. Sie besitzt keinen Mond. Die Umlaufbahn der Venus ist fast kreisförmig, um ca. 3,4° gegen die Ekliptik geneigt und verläuft zwischen der Merkur- und der Erdumlaufbahn. Manchmal kann die Venus der Erde bis auf 38 Mio. km nahe kommen. Die Venus rotiert sehr langsam und retrograd, d.h. entgegengesetzt der Erdrotation (rückläufig). Eine Drehung um die eigene Achse dauert 243 Tage - ein Sonnenumlauf dagegen nur 225 Tage. Der Venustag ist also länger als das Venusjahr. Atmosphäre Umgeben ist die Venus von einer dicken Atmosphäre. Sie verhindert den Blick auf die Planetenoberfläche und schützt vor übermäßiger Strahlung. Die bis zu 250 km hohe, mehrschichtige Atmosphäre setzt sich zusammen aus 96,4 % Kohlendioxid, 3,4 % Stickstoff und Spuren von Kohlenmonoxid, Schwefelmonoxid, Schwefelsäure, Helium, Neon, Aragon und Wasserstoff. In der Atmosphäre befindet sich eine dichte, gelbliche, undurchdringliche Wolkendecke aus Schwefelsäuretröpfchen. Die obere Wolkengrenze liegt bei 70 km, die untere bei ca. 50 km. Der hohe Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre führt zu einem starken Treibhauseffekt, d.h. die eintreffende Sonnenstrahlung wird zwar durch die Atmosphäre hindurchgelassen, die Wärmestrahlung der Oberfläche aber zurückgehalten. Folglich steigt die Temperatur an der Oberfläche bis über 450 °C. Da die Wolkendecke permanent vorhanden ist, werden extreme Temperaturunterschiede auf dem Planeten verhindert. Die Wolkendecke besitzt ein sehr hohes Reflexionsvermögen. Ca 70 % des eintreffenden Sonnenlichtes wird an der oberen Wolkengrenze zurück ins Weltall gestrahlt. Die Venus besitzt somit eine sehr große Helligkeit. Sie ist der hellste Planet im Sonnensystem. Aufbau Wie schon erwähnt, ähnelt die Venus der Erde in der Dichte und dem Durchmesser. Folglich kann man hier auch einen ähnlichen schalenförmigen Aufbau erwarten. Im Innern der Venus befindet sich wahrscheinlich ein halbfester, EisenTERRASSE online,© Ernst Klett Verlag Seite 1/3 Nickelkern mit einem Radius von knapp 6.000 km. Um den Kern schließt sich ein Mantel aus Gesteinsmaterial an. Die äußerste Schicht bildet eine dünne Kruste aus Silikatgestein. Oberfläche An der Venusoberfläche herrscht der 90-fache Atmosphärendruck der Erde. Das entspricht ungefähr dem Wasserdruck eines irdischen Ozeans in 950 m Tiefe. Die Sicht an der Oberfläche ist bis zu einer Entfernung von mehreren Kilometern frei. Die Helligkeit kommt einem trüben, verregneten Tag auf der Erde gleich. Die Venus hat zu 90 % ein sehr glattes Relief. Hier ist die Oberfläche kaum zerklüftet. Die Landmassen sind eben mit einem Höhenunterschied von max. 1 km. Die restlichen 10 % werden von Bergmassiven bestimmt, die Höhen von 12-16 km erreichen können. Der Reliefunterschied auf der Venus ist also fast doppelt so hoch wie auf der Erde. Die gesamte Oberfläche ähnelt einer Wüste mit einem felsigen, steinigen Untergrund. Man findet viele kleine Berge (bis max. 1 km Höhe), flache Täler und Schluchten sowie Krater. Die Venuskrater sind relativ klein und weitaus seltener als auf dem Mond. Der Grund ist die dicke Atmosphäre, in der die meisten Meteoriten verglühen. Tektonische und vulkanische Aktivitäten sind auf der Venus in Form von Faltenstrukturen, erkalteten Basaltergüssen und Lavaströmen sichtbar. Neben erloschenen Schildvulkanen (= kuppelförmige Erhebungen) und Calderen (= Vulkankrater) findet man auch noch aktive Vulkane. Die Oberflächenstrukturen der Venus tragen meist weibliche Namen. Eine Ausnahme bildet der "Maxwell Montes", der höchste Berg der Venus. Beobachtung und Erforschung Die Venus ist wegen ihrer Nähe zur Sonne nur bei Sonnenaufgang (als Morgenstern) und bei Sonnenuntergang (als Abendstern) zu sehen. Sie ist das hellste Objekt am Himmel, nach Sonne und Mond. Wegen ihrer dominierenden Helligkeit kann sie vom geübten Beobachter zu gewissen Zeiten auch am Tag mit bloßem Auge gesehen werden. Im Fernrohr zeigt die Venus deutliche Phasen (z.B. Vollvenus, Halbvenus, Sichelvenus), ähnlich Merkur und Mond. Wegen der dichten Atmosphäre sind jedoch keine Einzelheiten erkennbar. Manchmal kann es, wie bei Merkur, zu Vorübergängen vor der Sonnenscheibe kommen. Dieser sog. Venusdurchgang (= Venustransit) war zuletzt am 06.06.2012 zu beobachten. Das heutige Wissen von Bau, Atmosphäre und Oberflächenformation der Venus beruht fast ausschließlich auf radioastronomischen Beobachtungen und den Ergebnissen zahlreicher Venussonden, wie z.B. den verschiedenen Mariner-, Verena- und Pioneer-Venus-Sonden. Eine der wichtigsten Sonden war die "Magellan", die 1989 vom Space-Shuttle ausgesetzt wurde. Sie kartierte mit Hilfe von Radargeräten, die die Wolken durchdringen, die Venusoberfläche. Die Daten wurden zu fotoähnlichen Bildern umgearbeitet und bilden die Basis für detailreiche 3-D-Computermodelle der Oberfläche. Die Messungen begannen am 15.09.1990 und erfassten Details mit einer Auflösung von bis zu 75 m. Am 11. April 2006 ist die erste Venussonde der ESA, Venus Express, in eine Umlaufbahn um die Venus eingeschwenkt und sollte von dort aus während mindestens zwei siderischen Venusrotationen (4,2 Venustage beziehungsweise 486 Erdtage) die Atmosphäre und die Oberfläche des Planeten studieren. Die wissenschaftliche Arbeit begann Anfang Juni 2006. Mit MESSENGER umkreist eine US-amerikanische Raumsonde den Merkur, die unter anderem zwei Vorbeiflüge an der Venus wie Mariner 10 zum Abbau von Bahndrehimpuls genutzt hat. Der erste dieser sog. Swing-bys erfolgte am 24. Oktober 2006. Dabei befanden sich jedoch die Venus und die Sonde, von der Erde aus gesehen, hinter der Sonne, so dass durch den daher stark eingeschränkten Funkverkehr keine Bilder oder Messdaten übertragen werden konnten. Die zweite Passage wurde am 6. Juni 2007 vollzogen; für dieses Mal konnte der Einsatz aller Messinstrumente bei nur 337 km Abstand vorgesehen werden. Durch die laufende Mission des Orbiters Venus Express wurde die Venus während dieses Vorbeifluges zum ersten Mal von zwei verschiedenen Raumsonden gleichzeitig untersucht. Dieser zweite Swing-by von MESSENGER fand auf der gerade erdzugewandten Seite des Planeten statt, während Venus Express sich an der gegenüberliegenden Seite befand; dadurch war zwar keine synchrone Untersuchung desselben Gebietes möglich, aber zeitlich etwas versetzt ergänzten sich die verschiedenen Untersuchungsmethoden der beiden Sonden dennoch. Die japanische Raumfahrtagentur hat am 20. Mai 2010 einen kleinen Venusorbiter gestartet. Er wurde für eine Missionsdauer von insgesamt 4,5 Jahren vorgesehen und sollte nach seiner Ankunft am 8. Dezember 2010 die Venus mit gekühlten Kameras im infraroten Licht beobachten und die Superrotation der Atmosphäre studieren. Das Einschwenken der Sonde in den Venusorbit misslang jedoch und könnte erst in sechs Jahren bei einem weiteren Venusvorbeiflug erneut versucht werden. Geplante Missionen stammen u.a. von der ESA (Merkursonde BepiColombo Quellen: Quelle: Geographie Infothek Autor: Sabine Seidel, überarbeitet und aktualisiert: Ulrich Knittel Verlag: Klett Ort: Leipzig TERRASSE online,© Ernst Klett Verlag Seite 2/3 Quellendatum: 2003 Seite: www.klett.de Bearbeitungsdatum: 29.05.2012 Autor/Autorin: Sabine Seidel, Ulrich Knittel http://www.klett.de/terrasse Letzte Änderung: 21.09.2016 TERRASSE online,© Ernst Klett Verlag Seite 3/3