Halbleiterbauelemente Physikalische Grundlagen und Simulation Privat-Dozent Dr. rer. nat. Andreas Schenk Integrated Systems Laboratory, ETH Zurich October 23, 2003 Contents 1 Quanten-Transport 1.1 Quanten-Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Quanten-Transportgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 17 2 Boltzmann-Gleichung 2.1 “Ableitung” . . . . . . . . . . . . 2.2 Methoden der direkten Lösung . . 2.2.1 Relaxationszeit-Näherung 2.2.2 Monte-Carlo-Methode . . . . . . 22 22 25 25 26 3 Momenten-Methode 3.1 Hydrodynamische Transportgleichungen, Drift-Diffusions-Modell . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Thermodynamisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 31 42 4 Numerische Methoden 4.1 Skalierte Gleichungen und Lösungsprozedur . . . . 4.1.1 Die Physikalischen Gleichungen . . . . . . 4.1.2 Randwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Die skalierten (stationären) Gleichungen . . 4.1.4 Wahl der Variablen . . . . . . . . . . . . . 4.1.5 Die Lösungsprozedur . . . . . . . . . . . . 4.2 Diskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Allgemeine Diskretisierungsverfahren . . . 4.2.2 Anforderung an Diskretisierung . . . . . . 4.2.3 Diskretisierung der Poissongleichung . . . 4.2.4 Diskretisierung der Kontinuitätsgleichungen 4.2.5 Die Diskretisierten Gleichungen . . . . . . 4.3 Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Anforderungen an Gitter . . . . . . . . . . 4.3.2 Gitter Adaption . . . . . . . . . . . . . . . 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 47 47 48 49 49 50 51 51 52 53 55 58 59 59 60 Silizium 5.1 Bandstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Zustandsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Fermi-Dirac-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 System mit konstanter Teilchenzahl (“kanonische Verteilung”) . . 5.3.2 System mit variabler Teilchenzahl (“grosskanonische Verteilung”) 5.3.3 Fermi-Dirac-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Ladungsträgerdichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 61 76 80 80 83 84 87 i . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Contents 1 6 Streuprozesse 92 6.1 Skk am Beispiel der Streuung an ionisierten Störstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 6.2 Die wichtigsten Streumechanismen in Silizium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 6.3 Die Matthiessen-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 7 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungsträger 7.1 µimp und µac . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Modelle für die Beweglichkeit kalter Ladungsträger im bulk 7.3 Beweglichkeit im MOSFET-Kanal . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Beweglichkeit heisser Ladungsträger . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Sättigung der Driftgeschwindigkeit . . . . . . . . . 7.4.2 Empirische Modelle für Bauelemente-Simulation . . 8 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 104 105 108 112 112 114 Strahlungslose Rekombination 8.1 Tiefe Störstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Generations-Rekombinationsraten für Band-Band- und Band-Trap-Übergänge 8.3 Raten-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 SRH-Lebensdauern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 117 121 123 125 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auger-Rekombination 10 Stossionisation 10.1 Ionisations-Schwellenenergien . . . . . . . . 10.2 Stossionisationsrate und -koeffizienten . . . . 10.3 Modelle für die Stossionisationskoeffizienten 10.4 Avalanche-Durchbruch . . . . . . . . . . . . 127 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 131 134 136 137 11 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt 11.1 Energieniveau-Schema vor Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts 11.2 MS-Kontakt im Gleichgewicht, Schottky- und Bardeen-Modell . . . . . . . . . 11.3 MS-Kontakt im Nichtgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Kontakt-Randbedingungen in der Bauelemente-Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 140 141 146 149 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Metall-Isolator-Halbleiter (MIS) Struktur 152 12.1 Isolator-Halbleiter (IS)-Übergang im Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 12.2 MIS-Struktur bei angelegter Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 12.3 Ladungstransport durch dünne Oxide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 13 Hetero-Übergänge 13.1 Banddiskontinuitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Potentialverlauf nach Einstellung des Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Supergitter und Quantum Wells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 162 163 165 1 Quanten-Transport 1.1 Quanten-Bauelemente Definition Transport: Bewegung von Ladungstr¨agern ( Ströme) in einem Bauelement oder einer Halbleiterstruktur infolge ¨ausserer Felder. dissipativer Transport im bulk: Energieverlust haupts¨achlich im Innern des Bauelements, mittlere freie Wegl¨ange klein gegen Abmessungen des Bauelements. ballistischer Transport: Mittlere freie Wegl¨ange für dissipative und elastische Streuung ist von der Grössenordnung der Abmessungen des Bauelements. quanten-ballistischer Transport: Zus¨atzlich Quantisierungseffekte durch “confinement” Interferenz-Effekte infolge verschiedener möglicher Wege. und kohärenter ballistischer Transport: Koh¨arenzl¨ange von derselben Grössenordnung wie die Struktur, Phase der Elektronenwelle bleibt erhalten. Quanten-Transport kann man auch nach möglichen Anwendungen in der Nanoelektronik klassifizieren, wobei jeweils typische Quanten-Effekte ausgenutzt werden: A) Interferenz-Effekte in niedrig-dimensionalen Strukturen, wie ResonantTunnel-Dioden (resonant tunnel diodes, RTDs) und Resonant-TunnelTransistoren (resonant tunnel transistors, RTTs) 2 1.1. QUANTEN-BAUELEMENTE 3 B) Coulomb-Blockade in Einzel-Elektron-Transistoren (single electron transistors, SETs) und Quanten-Punkten (quantum dots, QD) C) Mesoskopischer Transport in Quanten-Wellenleitern (quantum waveguides) A) Interferenz-Effekte single barriers resonant double barrier quantum well superlattice interferencedevices.ID.epsi 99 72 mm chirp superlattice camel transistor B) Quanten-Dr¨ahte und Quanten-Punkte epitaxial wire modulation-doped deep-etched wire split-gate wire modulation-doped shallow-etched wire confinementdevices.ID.epsi 107 60 mm quantum dot n-(Al,Ga)As GaAs C) Quanten-Wellenleiter quantum well 4 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT interference ring device tapered quantum waveguide stub device cross-talking wires waveguidedevices.ID.epsi 110 26 mm Quantenmechanik (QM): Ultra-Short Course I In QM werden Observablen ( E p x Messgrössen) A durch Operatoren beschrieben Ĥ Hamiltonoperator p̂ Impulsoperator x̂ Ortsoperator und die Zust¨ande eines Systems (die in der klassischen Mechanik durch Angabe der Koordinaten und Impulse aller Teilchen eindeutig bestimmt sind) durch Wellenfunktionen ψ x (mathematisch: Vektoren im Hilbertraum). p̂2 ∂ 1D : Ĥ V x̂ p̂ i (1.1) 2m ∂x V x̂ ist der Operator der potentiellen Energie. Die fundamentale Gleichung zur Bestimmung von ψ x ist die Schrödinger-Gleichung: station¨ar : Ĥ ψ x zeitabh¨angig : i Beispiel: freies Elektron (V 0) In der klassischen Physik ist wegen F v const E ψ x ∂ Φ x t ∂t ṗ E Ĥ Φ x t (1.2) (1.3) 0 m 2 v 2 in der QM dagegen muss man die Schrödinger-GleichungĤ ψ E ψ lösen. Einsetzen des Hamiltonoperators (es bleibt nur der Operator der kinetischen Energie in einer Dimension) ergibt die Eigenwertgleichung ∂2 ψ x 2m ∂x2 2 Eψ x (1.4) 1.1. QUANTEN-BAUELEMENTE 5 oder, mit Einführung der sogenannten Wellenzahl k 2mE ∂2 ∂x2 k2 ψ x 0 (1.5) Die allgemeine (von Null verschiedene) Lösung lautet ψ x A eikx B e ikx (1.6) und beschreibt eine ebene Welle. Der mathematische Formalismus der QM beschreibt die Wellennatur der Teilchen. Beispiel: Potentialtopf mit unendlich hohen W¨anden V(x) well1.ID.epsi 45 40 mm 0 V x ∞ für x 0 x d 0 für x im Innern V x d x Mit diesem Potential erh¨alt man ψ x ψ 0 A eikx ψ d B e 0 ikx im Innern da das Elektron in die unendlich hohen Potentialw¨ande nicht eindringen kann. Das Verschwinden der Wellenfunktion an den R¨andern des Potentialtopfes führt auf zwei Bestimmungsgleichungen für die unbekannten Koeffizienten A und B A B 0 A eikd B e ikd 0 und damit zur Quantisierungsbedingung für die Wellenzahl k: sin(kd) = 0 kn En nπ n 1 2 d 2 2 2 2 kn π n2 2m 2md 2 quantisierter Impuls quantisierte Energie 6 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT Wegen B und k kn haben die Wellenfunktionen die Form ψn x A C sin nπx d . Die Konstante C wird so spezifiziert, dass die (gebundenen) Zust¨ande auf Eins normiert sind, also d 0 dx ψn x 2 1 Die Grösse ψn x 2 heisst Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte des Teilchens im Zustand mit der Quantenzahl n. Die Normierungsbedingung bedeutet damit nichts weiter, als dass sich das Teilchen mit Sicherheit innerhalb des Potentialtopfes befindet. Die Auswertung der Normierungsbedingung ergibt für die Wellenfunktionen ψn x 2 nπ sin x d d stehende Wellen! (1.7) E n=3 diskretes Energiespektrum! 2d Wellenl¨ange λn n well2.ID.epsi 43 42 mm n=2 n=1 0 d x Was passiert im Falle a) endlich hoher und b) endlich hoher und endlich dicker Potentialw¨ande? a) Es gibt nur noch eine endliche Anzahl von gebundenen Zust¨anden. Wird der Potentialtopf zu flach, kann u.U. überhaupt kein Teilchen mehr gebunden werden (im Falle asymmetrischer Potentialtöpfe). b) Das Teilchen kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus dem Potentialtopf heraustunneln, d.h. die Lebensdauer des gebundenen Zustandes wird endlich. Wegen der Heisenbergschen Unschärferelation ∆t ∆E 2 werden die (für unendlich dicke Potentialw¨ande) diskreten Energieniveaus En zu Resonanzen mit endlicher Linienbreite “verschmiert” (LebensdauerVerbreiterung). Die Maxima der Resonanzen verschieben sich gegenüber den En zu niedrigeren Energien. 1.1. QUANTEN-BAUELEMENTE 7 a) b) well3.ID.epsi 110 34 mm Bei den Resonanzenergien wird die Durchdringungswahrscheinlichkeit für die Doppel-Barriere gross. Je asymmetrischer die Doppel-Barriere, um so mehr wird die Resonanz ged¨ampft. Sind die station¨aren Zust¨ande ψ n x bekannt, kann man sofort die Lösungen der zeitabh¨angigen Schrödinger-Gleichung angeben: e Φn x t i En t ψn x Einsetzen Probe! Die zeitabh¨angigen Wellenfunktionen oszillieren mit der Frequenz ωn En . Damit sich eine stehende Welle (bzw. scharfe Resonanz) ausbilden kann, muss die entsprechende Zeitkonstante tn En klein gegenüber einer charakteristischen mittleren Streuzeit τn sein. Zahlenbeispiel: E1 66 meV, 6 6 10 16 eVs tn 10 14 s Typisches τn bei Raumtemperatur ist τn 2 10 14 s (für Streuung von Elektronen an Phononen, den Quanten der Gitterschwingungen). Interferenz-Bauelemente funktionieren nur bei genügend tiefen Temperaturen! (“genügend” ist dabei natürlich relativ und h¨angt von der St¨arke der erreichbaren Energie-Quantisierung ab) Im folgenden werden die Bauelemente-Gruppen A) und B) an den wichtigsten Beispielen praktisch erl¨autert. 8 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT A) Resonant-Tunnel-Diode (RTD) and Resonant-Tunnel-Transistor (RTT) RTDbandscheme.epsi 124 103∆U mm Band-Schema einer RTD. Die Potentialbarrieren werden durch Sprünge der Leitungsbandkante zwischen dem breitlückigeren Halbleiter AlAs und dem schmallückigeren Halbleiter GaAs erzeugt. Die Energie der Zustände im Potentialtopf ist quantisiert. Elektronen aus der hochdotierten Quelle, die alle Energieniveaus zwischen der Leitungsbandkante und dem Fermi-Niveau besetzen, können nur dann durch die Doppel-Barriere tunneln, wenn ihre Energien mit der der Resonanzniveaus übereinstimmen. Dazu muss an der Quelle eine Spannung angelegt werden. Die notwendige Energie für das Hinzufügen eines (N+1)-ten Elektrons setzt sich aus zwei Anteilen zusammen: der Additionsenergie A und der Anregungsenergie ∆ε. A wird gebraucht, um die elektrostatische Abstossung zwischen dem (N+1)-ten und den N Elektronen zu überwinden, die sich bereits im Quantentopf befinden. A ist propor tional zum inversen mittleren Abstand 1 r der Elektronen im Quantentopf, wogegen ∆ε 1 d 2 (siehe Rechnung zum Potentialtopf). Senkrecht zur Quantisierungsrichtung können sich die Elektronen frei ausbreiten, was zu einem relativ grossen r und daher zu einem kleinen A führt. Für eine RTD gilt also A ∆ε. (Im Bild ist A übertrieben gross dargestellt.) 1.1. QUANTEN-BAUELEMENTE 9 RTDoperation.ps 105 139 mm a) Schematischer Querschnitt einer RTD. b) Bei zu kleiner Source-Drain-Spannung kann kein resonanter Tunnelstrom in der RTD fliessen (“off-state”). Es fliesst lediglich ein Leckstrom, verursacht von thermisch angeregten Elektronen in der Quelle (um so grösser, je höher die Betriebstemperatur). c) Resonanz-Situation (“on-state”) . Es fliesst ein resonanter Tunnelstrom, dessen Stärke von der Durchdringungswahrscheinlichkeit der Doppelbarriere abhängt, d.h. von der Linienbreite der Resonanz. 10 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT RTDkennlinie.ps 101 64 mm A a) Band-Schema einer RTD bei steigender Source-Drain-Spannung. b) Strom-Spannungs-Charakteristik. Der Abstand der Peaks entspricht grob der Anregungsenergie ∆ε. Allerdings ist ∆ε selbst eine Funktion der Source-Drain-Spannung, da sich die Form des Potentials der Struktur ständig ändert. U.U. kann kein zweiter Peak auftreten, wenn der deformierte Potentialtopf keinen zweiten gebundenen Zustand mehr erzeugt. B) Quanten-Punkt (QD) und Einzel-Elektron-Transistor (SET) Quanten-Punkt: Dimensionalit¨at ist in allen drei Richtungen reduziert. Elektronen sind völlig eingesperrt, d.h. sie haben keinen klassischen Freiheitsgrad mehr. Die elektronischen Zust¨ande sind in allen drei Dimensionen quantisiert. Die Anregungsenergien ∆εx , ∆εy und ∆εz sind gross, ebenso die Additionsenergie A, da der mittlere Elektronenabstand r im Dot durch das einsperrende Potential klein gehalten wird. Die elektronische Struktur von Quanten-Punkten kann starke Ähnlichkeiten mit der von Atomen aufweisen, daher spricht man auch von künstlichen Atomen. Insbesondere liefern die Austausch-Wechselwirkung und die Elektron-Elektron-Korrelation starke Beitr¨age zur Gesamtenergie. Die Anregungsenergien representieren keine Einteilchen-Zust¨ande mehr, sondern Vielteilchenzust¨ande der N Elektronen im Dot. Einzel-Elektron-Transistor: 3-Terminal-Bauelement analog zum gewöhnlichen MOSFET. Dimensionalit¨at ist in keiner Richtung (wesentlich) reduziert. Die zentrale Insel des SETs enth¨alt typischerweise Millionen von Elektronen. Am weitesten verbreitet sind SETs mit metallischen Inseln. Da der Quantisierungseffekt schwach ist oder gar nicht existiert, gilt für den SET: A ∆ε. Diesen Grenzfall nennt man Coulomb-Blockade, ein rein klassischer Effekt der elektrostatischen Abstossung der Elektronen untereinander, der verhindert, dass bei zu kleiner 1.1. QUANTEN-BAUELEMENTE 11 RTToperation.ps 101 141 mm a) Schematischer Querschnitt eines Resonant-Tunnel-Transistors (lateraler Typ). b) Das Band-Schema ist ähnlich dem der RTD. c) Im Unterschied zur RTD existiert eine dritte Elektrode (Gate), mit der man die Lage der Energie-Niveaus relativ zum Fermi-Niveau in der Quelle verändern kann. Insbesondere kann man bei fester Source-Drain-Spannung durch kontinuierliche Änderung der Gate-Spannung die Energie-Niveaus des Quantentopfes in Resonanz mit den besetzten Zuständen in der Quelle bringen. Allerdings werden auch die Potentialbarrieren von der Gate-Spannung beeinflusst. 12 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT QDgate.epsi 98 43 mm GaAs 1 AlGaAs QD auf der Basis einer GaAs/AlGaAs Heterostruktur. Das einsperrende Potential wird durch planare metallische Gates erzeugt (Stanford University). QDox.epsi 90 49 mm QD auf der Basis einer Silicon-On-Insulator (SOI) Heterostruktur. Das einsperrende Potential wurde durch “pattern-dependent oxidation” eines Silizium-Quantendrahts erzeugt (Princeton University). Source-Drain-Spannung ein zus¨atzliches Elektron auf die Insel tunneln kann (daher der Begriff “Blockade”). Ein Strom kann erst einsetzen, wenn die SourceDrain-Spannung die Additionsenergie erreicht. Den Spannungsbereich, wo kein Strom fliessen kann, nennt man Coulomb gap. Die Tunnel-Barrieren verhindern, dass sich Elektronen gleichzeitig über Source, Drain und Insel ausbreiten können. Deshalb ist der Tunnelprozess immer sequentiell: Ein Elektron muss aus der Insel ins Drain tunneln, bevor das n¨achste von der Source auf die Insel tunneln kann. Man spricht von (r¨aumlich) korreliertem Tunneln. Dieser Vorgang wiederholt sich millionenmal pro Sekunde, so dass ein messbarer Strom durch die Insel fliesst. Bleibt die Source-Drain-Spannung kleiner als die Additionsenergie, spricht man vom Coulomb-Blockade-Regime. Durch Anlegen einer Spannung am Gate kann man die Coulomb-Blockade aufheben und die Zahl der Elektronen auf der Insel ¨andern, z.B. von N-1 zu N. Dies geschieht bei bestimmten kritischen Werten 1.1. QUANTEN-BAUELEMENTE 13 Gate QDflash.epsi 99 58 mm Dot Channel Drain Source Oxide QD flash memory: Das Speicher-Gate besteht aus einer poly-Si-Insel. (a) I e 2CΣ V e 2CΣ PSfrag replacements (b) I V e 2CΣ 3e 2CΣ 5e 2CΣ a) “Coulomb gap” und I-V-Kennlinie eines SETs mit symmetrischen Tunnel-Barrieren. Für Source-Drain-Spannungen betragsmässig kleiner als die halbe Additionsenergie e2 2CΣ kann kein Strom fliessen. b) Schematische “Coulomb staircase”, die I-V-Kennlinie eines SETs mit stark asymmetrischen Tunnel-Barrieren bei T=0 K. Der Abstand der Stufen ist gleich der Additionsenergie e2 CΣ . der Gate-Spannung, wo sich gleichzeitig N-1 oder N Elektronen auf der Insel befinden dürfen (Entartungspunkte) und bewirkt einen plötzlichen Strom 14 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT von Source nach Drain, der bei weiterer Erhöhung der Gate-Spannung aber sofort wieder verschwindet (wegen der Coulomb-Blockade!). Die Elektronenzahl hat sich dabei auf den Wert N stabilisiert. Der Source-Drain-Strom wird also durch kleinste Änderungen der Gate-Ladung ein- und ausgeschaltet. Die dazu nötige Änderung der Gate-Ladung kann eine einzige, ja selbst nur einen Bruchteil der Elementarladung ausmachen, worauf der Name “Einzel-ElektronTransistor” zurückgeht. Da der Strom auf einzelne Gate-Ladungen reagiert, kann der Verst¨arkungsfaktor (gain) des SETs extrem gross sein! ivg.epsi 96 48 mm I-Vg -Kennlinie eines SETs im Coulomb-Blockade-Regime bei T 0 K. Bei den GateN 1 2 e Cg treten Strom-Peaks auf, da die Coulomb-Blockade Spannungen Vg aufgehoben ist. Die Peaks sind umso schärfer, je tiefer die Temperatur ist. Ihr Abstand ist gleich e Cg . Die Höhe hängt von der Source-Drain-Spannung und dem Widerstand der Tunnel-Barrieren ab. Physik des SETs: Ultra-Short Course Um die Form der Kennlinien eines SETs besser zu verstehen, betrachten wir die charakteristischen Energien im einfachsten physikalischen Modell (dem sogenannten orthodoxen Modell). In diesem Modell werden sowohl Quantisierungseffekte als auch die Vielteilcheneffekte der Austausch-Wechselwirkung und Korrelation vernachl¨assigt. Ein System aus N Elektronen hat die Coulomb-Energie Ucoul N 0 eN dQ Φ Q (1.8) wobei Φ Q das elektrostatische Potential der Insel mit der Ladung Q unter dem Einfluss externer Gates ist: Q Cg Φ Q Vg (1.9) CΣ CΣ 1.1. QUANTEN-BAUELEMENTE 15 CΣ ist die Summe aus Gate-Kapazit¨at und Insel-Kapazit¨at C Σ Einsetzen erh¨alt man Ucoul N eN 2 2CΣ eN Cg Vg CΣ Cisland Cg . Nach (1.10) Im thermodynamischen Sinne ist Ucoul N gleich der freien (Gibbs) Energie F N (im hier betrachteten orthodoxen Modell); der erste Term ist die elektrostatische Energie der Insel, der zweite Term ist die Arbeit, die die Spannungsquelle am Gate verrichtet. Die Differenz F N 1 F N µ N (1.11) heisst chemisches Potential und ist gleich der Energie, die aufgebracht werden muss, um dem (N-1)-Elektronen-System ein weiteres Elektron zuzuführen. Man erh¨alt 1 2 e2 N CΣ µ N e Cg Vg CΣ (1.12) Die Änderung des chemischen Potentials mit der Elektronenzahl haben wir oben als Additionsenergie A bezeichnet µ N 1 µN e2 CΣ A (1.13) Die Coulomb-Staircase der I-V-Kennlinie und die Strom-Peaks der I-V g Kennlinie kann man nun folgendermassen verstehen: I-V-Kennlinie eines SETs mit stark asymmetrischen Tunnel-Barrieren (EinzelElektron-Box): Generell kann es nur dann zum Strom kommen (Ladungstr¨ager-Austausch zwischen Insel und Source/Drain), wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Insel N Elektronen enth¨alt, gleich der Wahrscheinlichkeit ist, dass sie N - 1 Elektronen enth¨alt. Die Elektronenzahl fluktuiert dann zwischen N und N - 1. Die Gleichheit dieser Wahrscheinlichkeiten führt auf die Bedingung µ N EF (1.14) wobei EF das Fermi-Niveau in Source/Drain ist. Sei EF drain 0, dann ist EF source eV . Die Gate-Spannung sei Null. Aus Eq. (1.12) und Eq. (1.14) erh¨alt man V N e N CΣ 1 2 (1.15) 16 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT als diejenigen Spannungen, bei denen sich die Zahl der nicht-kompensierten Elektronen auf der Insel um 1 ¨andert. N = 1 definiert das Coulomb gap. Die Zeitkonstante des korrelierten Tunnelns wird mit steigender Spannung V V(1) kontinuierlich kleiner, was zu einem kontinuierlichen Anstieg des Stroms in diesem Spannungsbereich führt. Der Anstieg wird vom Widerstand der dicken Tunnel-Barriere bestimmt. I-Vg -Kennlinie eines SETs bei verschwindend kleiner Source-Drain-Spannung: In diesem Fall ist EF drain EF source 0 (wegen der Wahl des EnergieNullpunkts) und Eq. (1.12), Eq. (1.14) ergeben Vg N e N Cg 1 2 (1.16) als diejenigen Spannungen, bei denen ein Strom-Peak auftritt. Prinzipielle und praktische Hindernisse in der Nanoelektronik - Präzision und Uniformität der Strukturen (Tunnel-Barrieren, Inseln) auf einer Skala von wenigen Nanometern für zuverl¨assiges und gleichartiges Verhalten einer riesigen Zahl von Bauelementen. Besonders kritisch ist die exponentielle Sensivit¨at des Tunnelstroms bzgl. Dickenvariationen der Tunnel-Barrieren. - Hintergrund-Ladungen akkumulieren sich bevorzugt in der N¨ahe von QDs und SETs und können ihre Funktion völlig ausschalten. - Auswahl des Halbleiter-Materials: III-V-Heterostrukturen haben glatte und saubere Grenzfl¨achen, aber schwache Potential-Barrieren. Die Oberfl¨achen lassen sich nicht passivieren und sind deshalb Tr¨ager von Ladungen hoher Dichte, die die Stabilit¨at der Bauelemente stark beeintr¨achtigen. SiO 2 als natürlicher Isolator auf Silizium ist eine hervorragende Barriere gegen Leckströme, ist jedoch amorph und hat deshalb eine hohe Defektdichte. - Betriebstemperatur: Für eine Anwendung von Si SETs bei Raumtemperatur müssen die Inseln Abmessungen von höchstens 10 nm haben. Heutige Quanten-Bauelemente funktionieren deshalb nur bei sehr tiefen Temperaturen. - Betriebsspannungs-Schwankungen können leicht dazu führen, dass SETs aus der “Resonanz” geraten und so unbeabsichtigt vom “on-state” in den “off-state” umschalten. 1.2. QUANTEN-TRANSPORTGLEICHUNGEN 1.2 Quanten-Transportgleichungen 17 Beispiel: Wigner-Boltzmann-Gleichung Die allgemeinste Beschreibung eines quantenmechanischen Systems erfolgt mit Hilfe der sogenannten Dichtematrix ρ̂ ψ ψ ψ sei die Wellenfunktion eines abgeschlossenen Systems. (Zust¨ande eines Systems, die durch Wellenfunktionen beschrieben werden können, heissen reine Zust¨ande. Die Formulierung mittels Dichtematrix erlaubt auch die Beschreibung von gemischten Zust¨anden. Hier seien nur reine Zust¨ande betrachtet.) Die triviale Zeitabh¨angigkeit der Wellenfunktionen gem¨ass Eq. (1.3) wird der Kürze halber nicht mitgeschrieben. Wendet man die zeitabh¨angige Schrödinger-Gleichung auf die Dichtematrix an, erh¨alt man ihre Bewegungsgleichung ∂ ρ̂ ∂t i Ĥ ρ̂ Dabei ist a b ab ba der Kommutator. Zur sogenannten Ortsdarstellung gelangt man nach folgender Vorschrift: r2 ρ̂ r1 r2 ψ ψ r1 def ψ r 2 ψ r1 Durch Übergang zu Schwerpunktskoordinaten r1 R r 2 r2 R r 2 und anschliessende Fouriertransformation bzgl. r entsteht die Wigner-Funktion (Wigner, 1932) 1 2π fW p R t Eigenschaften: d rψ R 3 3 r r exp ψ R 2 2 i p r (1.17) 1) fW ist reell fW fW , aber nicht positiv (eine Konsequenz der Heisenbergschen Unsch¨arferelation, Wigner 1967). 2) d pf p R t sraum (Dichte). 3 W ψ R t 2 ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Ort- 18 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT 3) d Rf 3 W 1 2π 1 2π p R t 3 d 3 r d 3 R ψ R r ψ R r exp 2 2 i p r 1 2 d r d r ψ r ψ r exp p r r ψ p t ψ p t ψ p t ist die Wahrscheinlichkeitsdichte im Im 3 3 3 1 2 2 i 1 2 pulsraum. Ableitung der Bewegungsgleichung: Wir setzen abkürzend ψ ψ R r 2 und ψ Zeitableitung der Wigner-Funktion ergibt ∂ fW p R t ∂t 1 2π ∂ψ ψ ∂t 3 d r 3 ψ R ∂ψ ψ ∂t r 2 . Die explizite exp i p r Die Zeitableitungen auf der rechten Seite werden durch die jeweilige zeitabh¨angige Schrödinger-Gleichung ausgedrückt, d.h. ∂ψ ∂t ∂ψ ∂t 1 i 1 i 2 2m 2 2m ∇2R ∇2R r 2 ψ V R r 2 ψ V R Nach dem Einsetzen wird die Ableitung bzgl. R auf eine Ableitung bzgl. r umgew¨alzt, z.B. ∇2R ψ ψ 4 ∇2r ψ ψ und eine partielle Integration nach r durchgeführt. Dabei verschwinden die Terme im Unendlichen wegen der Annahme, dass die Wellenfunktionen dort Null sind und es bleibt i ∂ 1 2i 3 fW p R t ∇r ψ ∇r ψ e p r d r 3 ∂t 2π m i i 2i i ∇r ψ ∇r ψ e p r V V ψ ψ e p r m Werden nun die Ableitungen bzgl. r ausgeführt und kehrt man danach wieder zur Ableitung nach R zurück, folgt ∂ fW p R t ∂t p ∇R fW p R t m i 1 d 3 r V V 3 2π ψ ψ e i p r 1.2. QUANTEN-TRANSPORTGLEICHUNGEN 19 Um den letzten Term durch die Wigner-Funktion selbst ausdrücken zu können, wird das Potential V R r 2 in eine Taylor-Reihe bzgl. r entwickelt: r 2 V R λ λ λ R r1 1 r2 2 r3 3 ∂Rλ1 ∂Rλ2 ∂Rλ3 λ1 !λ2 !λ3 ! ∂ λ1 ∑ λ λ2 λ3 V 1 2 1 2 3 λ1 λ2 λ3 (1.18) V in der Bewegungsgleichung bleiben nur Glieder Wegen der Differenz V übrig, für die 1λ λ2 λ 3 ungerade ist. Beschr¨ ankt man sich auf die ersten beiden Terme, also auf λ1 λ2 λ3 1 und λ1 λ2 λ3 3, folgt V V ∇ RV R r 1 4λ 1 ∑ λ2 λ3 3 λ λ λ R r1 1 r2 2 r3 3 ∂Rλ1 ∂Rλ2 ∂Rλ3 λ1 !λ2 !λ3 ! ∂ λ1 λ2 λ3 V 1 2 3 Nach Einsetzen in die Bewegungsgleichung und Generierung der Komponenten von r durch partielle Ableitung nach den Komponenten des Impulses p entsteht die endgültige Form der Wigner-Boltzmann-Gleichung mit erstem nichtverschwindenden Quanten-Korrekturterm: ∂ ∂t 2 4 p ∇R m ∇RV R ∇p fW p R t ∂3V R ∑ λ1 λ2 λ3 λ1 λ2 λ3 3 ∂R1 ∂R2 ∂R3 (1.19) 1 ∂3 fW p R t λ1 !λ2 !λ3 ! ∂pλ1 ∂pλ2 ∂pλ3 1 2 3 0 Die niedrigste Quantenkorrektur ist 2 und verschwindet für Potentiale, die höchstens quadratisch von den Koordinaten abh¨angen (harmonische Potentiale). In diesem Fall reproduziert sich die klassische, stossfreie Liouville-Gleichung. Symbolisch schreibt man dafür ∂ ∂t v ∂R∂ F ∂p∂ f 0 (1.20) Der zweite Term beschreibt Diffusionsprozesse, der dritte Driftprozesse. Die rechte Seite ist Null wegen der Voraussetzung der Stossfreiheit (abgeschlossenes System). Das Auftreten eines Terms mit dritter Ableitung nach den Koordinaten in der Wigner-Boltzmann-Gleichung ist Ausdruck der Nicht-Lokalit¨at der Quantenmechanik. 20 CHAPTER 1. QUANTEN-TRANSPORT PSfrag replacements Free energy F Charge Q Gate voltage Vg Vg N Vg N Vg N Vg N 1 Ceg 3 e 4 Cg 1 e 2 Cg 1 e 4 Cg N 1e Ne 0 EF µN EF e Freie Energie als Funktion der Ladung auf der Insel für vier verschiedene GateSpannungen (oben). Bei Vg N 1 2 e Cg existieren zum selben Wert der freien Energie zwei Ladungszustände (Entartung). Es kann ein Strom fliessen. In dieser Situation ist das chemische Potential µ N gleich dem ¨ausseren Fermi-Niveau (unten). 1.2. QUANTEN-TRANSPORTGLEICHUNGEN 21 (a) vertdotall.epsi 133 111 mm (c) a) Schematische Darstellung eines vertikalen QDs mit unterschiedlichen Barrieren. b) Energie-Quantisierung und Vielteilcheneffekte bestimmen wesentlich die Kennlinien. Man erkennt an der I-Vg -Kennlinie die Schalenstruktur des Energiespektrums, die Ähnlichkeit mit der eines zweidimensionalen harmonischen Oszillators aufweist. Gefüllte Schalen gibt es zu den Elektronenzahlen N 2 6 12. c) Coulomb staircase (I-V-Kennlinie). 2 Boltzmann-Gleichung 2.1 “Ableitung” dz out in dx x dy x + dx Streuung streuung.epsi 114 89 mm dvz dvx vz dvy v v’ vy vx Ziel ist die Aufstellung einer Bilanzgleichung im Phasenraum (drei Ortskoordinaten x, y und z, drei Geschwindigkeitskoordinaten vx , vy und vz ) für die Zahl der Elektronen (Löcher, allgemein: Teilchen), die sich zur Zeit t im Raumelement d3 r am Ort r und im Geschwindigkeitselement d 3 v zur Geschwindigkeit v befinden. 22 2.1. “ABLEITUNG” 23 Diese Zahl bezeichnen wir mit f r v t d 3r d 3 v (2.1) f r v t ist die klassische Verteilungsfunktion, d.h. Ort und Impuls sind gleichzeitig scharf messbar. Die Teilchen bewegen sich auf klassischen Trajektorien. Bilanz im Ortsraum: Die Zahl der Elektronen, die in den infinitesimalen Würfel mit den Kantenl¨angen dx, dy, dz in x-Richtung an der Stelle x im Zeitintervall dt hineinfliegen (“in”) und an der Stelle x dx in diesem Zeitintervall wieder herausfliegen (“out”), ist f r v t d 3 v vx dt dy dz in : f x out : dx y z v t d v vx dt dy dz 3 weil sie in dt die Strecke dx vx dt zurücklegen. Der Netto-Zuwachs an Elektronen am Ort r ist dann gleich in out, d.h. vx f x dx y z v t ∂f vx d 3 v d 3 r dt ∂x v ∇r f d 3 v d 3 r dt oder in 3D : f r v t d 3 v dy dz dt (2.2) In analoger Weise betrachtet man die Bilanz im Geschwindigkeitsraum: Man erh¨alt einen Netto-Zuwachs an Elektronen mit der Geschwindigkeit v oder in 3D : v̇x f r vx dvx vy vz t ∂f 3 3 v̇x d v d r dt ∂vx v̇ ∇v f d 3 v d 3 r dt f r v t d 3 r dvy dvz dt (2.3) Die Elektronen werden im Zeitintervall dt unter dem Einfluss eines ¨ausseren Feldes beschleunigt und ¨andern ihre Geschwindigkeit von v nach v dv. Nach Newton gilt v̇ F0 m eE m (2.4) wobei F0 die einwirkende Kraft ist, die im Falle eines elektrischen Feldes E den Wert eE hat. Die Zahl der Elektronen mit der Geschwindigkeit v am Ort r kann aber auch auf andere Art ge¨andert werden. Die Elektronen werden gestreut und 24 CHAPTER 2. BOLTZMANN-GLEICHUNG ¨andern dadurch ihre Geschwindigkeit am Ort r von v nach v (wenn sie aus dem Geschwindigkeitswürfel bei v herausgestreut werden), bzw. von v nach v (wenn sie hineingestreut werden). Man erh¨alt in : ∑ S v v v ∑ S v v out : v f r v t d 3 r d 3 v dt (2.5) f r v t d 3 r d 3 v dt (2.6) für die Änderung der Elektronenzahl im Zeitintervall dt infolge von Stössen. v (DimenDabei ist S v v die Streuwahrscheinlichkeit für die Streuung v sion: s 1 ). S ist also ein Mass für die H¨aufigkeit der Streuung. Alles zusammen, d.h. die Ausdrücke (2.2), (2.3), (2.5) und (2.6), ergeben die explizite zeitliche Änderung der Elektronenzahl im Phasenraumelement d 3 r d 3 v w¨ahrend des Zeitintervalls dt, also ∂t∂ f r v t d 3 r d 3 v dt ∂ ∂t v ∇r F0 ∇v f r v t m ∑ S v v f r v t v S v v f r v t (2.7) (Ludwig Boltzmann, 1872). Die Boltzmann-Gleichung (BG) ist eine komplizierte Integro-Differentialgleichung. Die “Ableitung” zeigt, dass man implizit r¨aumliche und zeitliche Lokalit¨at annimmt. Zeitliche Lokalit¨at bedeutet, dass die Stösse instantan sind, r¨aumliche Lokalit¨at bedeutet, dass die Stösse auf einer Ausdehnung der L¨ange Null stattfinden. In sehr grossen elektrischen Feldern ( 107 V cm) sind diese Annahmen nicht mehr gerechtfertigt (intra-collisional field effect). In der Bauelemente-Modellierung werden folgende Erweiterungen gemacht: ∇k E k - Die Geschwindigkeit wird als Gruppengeschwindigkeit v standen. ver- - E k ist durch die realistische Bandstruktur des Halbleiters gegeben. - Für die Streuwahrscheinlichkeiten S v v der einzelnen Streuprozesse werden die quantenmechanischen Übergangswahrscheinlichkeiten pro Zeiteinheit verwendet. - Im Stossterm der BG (rechte Seite) wird f r v t 1 f r v t f r v t und f r v t 1 f r v t f r v t ersetzt. Damit wird das PauliPrinzip berücksichtigt, d.h. die Endzust¨ande dürfen beim Stossprozess nicht besetzt sein (Fermi-Statistik). 2.2. METHODEN DER DIREKTEN LÖSUNG 25 2.2 Methoden der direkten Lösung 2.2.1 Relaxationszeit-N¨aherung - Die Streuwahrscheinlichkeit in allen S sei gerade GeschwindigkeitsS v v S v v S v v . (Gilt nicht komponenten: S v v für alle Streuprozesse und für bestimmte nur n¨aherungsweise.) - Man zerlegt die Verteilungsfunktion f in einen geraden Anteil f ungeraden Anteil f 1 f 0 f f 1 mit 0 f f 1 v 0 f v f 1 v v ∑ v 0 r v t S v v f 0 S v v f r v t Der Term mit f 1 r v t verschwindet, weil f gerade Funktion in der Geschwindigkeit v ist. 1 und einen - Einsetzen in den Stossterm der BG ergibt S v v f 0 1 r v t eine ungerade und S eine - Im thermodynamischen Gleichgewicht ist f 0 die GleichgewichtsVerteilungsfunktion (Maxwell-Boltzmann-Verteilung). Die eckige Klammer verschwindet dann wegen des Prinzips der detaillierten Balance (Zahl der herausgestreuten gleich Zahl der hineingestreuten Teilchen). - Definition totale (mikroskopische) Relaxationszeit: 1 τtot v ∑ S v v v - Damit wird der Stossterm symbolisch ∂f 0 ∂t f coll 1 τtot v Beispiel: Stationäre, homogene BG, linearisiert im elektrischen Feld E Ist das elektrische Feld E hinreichend schwach, kann man die BG in E lin 0 earisieren, d.h. f ist dann identisch mit der Gleichgewichts-Verteilung und 26 CHAPTER 2. BOLTZMANN-GLEICHUNG f 1 h¨angt nur linear von E ab. Beschr¨ankt man sich weiter auf den r¨aumlich und zeitlich homogenen Fall, reduziert sich die BG auf eE ∇v f m 0 f 1 v τtot v v (2.8) Zur weiteren Vereinfachung ersetzen wir τtot v durch eine Konstante τtot und führen die Grösse Beweglichkeit µ eτ tot m ein. Für die Stromdichte der Elektronen folgt jn ev e ∑ f v v v e∑ f v 1 v v eµ ∑ v E ∇v f v 0 v Nach partieller Integration erh¨alt man eµ ∑ f v jn 0 v E eµ n E σn E (2.9) also das Ohmsche Gesetz. Dazu wurde die Definition der Elektronendichte n ∑v f 0 v und der Leitf¨ahigkeit σn eµ n benutzt. 2.2.2 Monte-Carlo-Methode - Man verfolgt Trajektorien der einzelnen Elektronen und l¨asst sie nach dem Zufallsprinzip streuen. - Alle zu betrachtenden Streumechanismen (Phononen, Störstellen, ...) werden durchindiziert. Die Streurate des α-ten Mechanismus ist ∑ Sα v v def v 1 τα v - Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Elektron bis zur Zeit t + dt nicht gestreut wurde, ist Pt dt P t P dt P t 1 dt ∑ S v v v (dt ∑v S v v dt ∑α τα 1 v ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Elektron im Zeitintervall dt gestreut wurde.) 2.2. METHODEN DER DIREKTEN LÖSUNG 27 a) x(t) 〈x〉 c) y trajectory t trajectory.ID.epsi 111 78 mm b) v(t) x 〈v〉 t Schematische Darstellung der stochastischen Bewegung eines Elektrons im Falle reiner Diffusion (kein Feld). a) x t -Diagramm. b) v t -Diagramm: Nach jedem Stoss hat die Geschwindigkeit einen neuen, konstanten Wert. c) Trajektorie in der x-y-Ebene. - Daraus folgt die Differentialgleichung dP dt P ∑ S v v v mit der Lösung (man beachte, dass P(0) = 1) P t t exp dt 0 ∑ S v v im Intervall 0 t v (2.10) Die Zeit t ist also gleich der freien Flugzeit t f vom Anfangszeitpunkt t 0 an gerechnet. P nimmt Werte zwischen 0 und 1 an, ist also eine echte Wahrscheinlichkeit. Sie kann durch Zufallszahlen r f zwischen 0 und 1 beschrieben werden. - Auf diese Weise kann die zufällige freie Flugzeit t f eines Elektrons aus tf dt 0 1 τtot v t ln r f (2.11) 28 CHAPTER 2. BOLTZMANN-GLEICHUNG berechnet werden. Die numerische Auflösung dieser Gleichung nach der oberen Integrationsgrenze t f verbietet sich jedoch geradezu wegen der kom plizierten Gestalt von τtot v t . Deshalb führt man eine fiktive Selbst Streuung S f ict v v Γ S f ict v Γ δvv ∑ S v v v 1 τtot v 0 ein, die wegen δvv offenbar den Zustand des Elektrons nicht ver¨andert (daher der merkwürdige Name “Selbst-Streuung”). Das Hinzufügen von Sf ict zur BG hat keine Wirkung, da sich in-scattering- und out-scattering-Term kompensieren. Der Sinn der Einführung von Sf ict wird sofort deutlich: Die 1 v S f ict v Γ const und GleGesamt-Streurate ist nun n¨amlich τtot ichung (2.11) für die freie Flugzeit vereinfacht sich zu ln r f Γ d.h. der numerische Aufwand reduziert sich auf die Berechnung des Logarithmus der Zufallszahl. In der Praxis nimmt man für Γ die obere Grenze der Streurate aller realen Prozesse. tf - Nach der Zeit t f wird das Elektron gestreut. Es muss ein bestimmter Streumechanismus ausgewürfelt werden. Der α-te Mechanismus (inclusive der Selbst-Streuung) wird mit Hilfe der Zufallszahl rs über die Ungleichung 1 ∑ τj α 1 rs Γ j 1 α 1 ∑ τj bestimmt. Veranschaulichung: zB α 2 iv wenn (2.12) j 1 1 τac rs Γ 1 τac 1 τiv Um so st¨arker ein bestimmter Streumechanismus, um so grösser 1 ατ und um so grösser die Wahrscheinlichkeit, dass er ausgewürfelt wird. Die ganze Physik wird also in die Wichtung gesteckt. - Der Endzustand nach der Streuung (v ) muss unter den Restriktionen der Energie- und Impulserhaltung für das Gesamtsystem der Stosspartner ausgew¨ahlt werden. Wenn eine Hyperfl¨ache existiert, muss der konkrete vVektor ausgewürfelt werden, z.B. im Falle der elastischen Streuung ( v 2.2. METHODEN DER DIREKTEN LÖSUNG j= Type = 1 ac Rate = τ ac 1 2 iv 1 29 3 imp τ iv 1 streumech.ID.epsi τ imp 100 33 mm 4 ee 5 self-scatt. 1 Sfict τ ee Γ 0 rs Γ v ) der Elektronen in Silizium ein bestimmtes Tal und ein bestimmter Winkel: v endzustand.ID.epsi 61 58 mm v’ - Die makroskopischen Grössen, wie mittlere Driftgeschwindigkeit, Stromdichte, Elektronentemperatur, ... werden nach gewissen (Beobachtungs-) Zeitintervallen ∆t durch Ensemble-Mittelung bestimmt. 30 CHAPTER 2. BOLTZMANN-GLEICHUNG mc-flow.epsi 132 162 mm Fluss-Diagramm einer Monte-Carlo-Simulation für den Fall eines homogenen Halbleiters. 3 Momenten-Methode 3.1 Hydrodynamische Transportgleichungen, Drift-DiffusionsModell Ziel ist die Ableitung von kinetischen Gleichungen für Mittelwerte einer Funktion Φ v Φ d v Φ v f r v t d v f r v t 3 1 n r t 3 d3v Φ v f r v t (3.1) aus der Boltzmann-Gleichung.1 Dabei geht ein betr¨achtlicher Teil an Information verloren (n¨amlich der über die Geschwindigkeiten der einzelnen Teilchen), aber die Gleichungen werden einfacher und numerisch schneller lösbar. Φ bleibt natürlich eine Funktion von r und t, was wir nicht explizit mitschreiben. Wir betrachten jetzt das Produkt aus Dichte n r t und dem Mittelwert Φ und leiten dieses Produkt explizit nach der Zeit ab: ∂ nΦ ∂t ∂ ∂t d3v Φ v f r v t d3v Φ v ∂ f r v t ∂t Für ∂ f ∂t setzen wir die Boltzmann-Gleichung (2.7) ein, wobei wir den l¨anglichen Stossterm mit der Bezeichnung ∂ f ∂t coll abkürzen: ∂ nΦ ∂t d v Φ v 3 ∇r d3v Φ v v f v ∇r f F0 m F0 ∇v f m d 3 v Φ v ∇v f ∂f ∂t ∂ ∂t coll d3v Φ f coll Um alle Terme auf der rechten Seite wieder durch Mittelwerte ausdrücken zu können, darf keine Ableitung von f unter dem Integral stehen. Im zweiten Term 1 Diese Ableitung folgt der von K. Bløtekjær (IEEE TED 17, 38 (1970)) vorgeschlagenen Methode. 31 32 CHAPTER 3. MOMENTEN-METHODE muss daher eine partielle Integration durchgeführt werden d 3 v Φ v ∇v f (man beachte, dass f für v des Mittelwerts (3.1), folgt ∂ nΦ ∂t ∇r ∞ verschwindet). Benutzt man jetzt die Definition n vΦ F0 n m ∇v Φ was man in verallgemeinerter Form als ∂ nΦ ∂t d 3 v ∇v Φ v f ∇r j Φ nF Φ ∂ nΦ ∂t ∂ nΦ ∂t (3.2) coll (3.3) coll schreiben kann. Diese Gleichung ist eine Bilanzgleichung für die verallgemeinerte Dichte n Φ . Ihre explizite zeitliche Änderung ist mit der Divergenz einer n v Φ und dem Auftreten einer verallgeverallgemeinerten Stromdichte j Φ meinerten treibenden Kraft F Φ F0 ∇vΦ m verknüpft. W¨ahlt man Φ v speziell als Potenz der Geschwindigkeit, d.h. vm , erh¨alt man eine Hierarchie von Erhaltungss¨atzen für Teilchendichte (m=0), TeilchenStromdichte (m=1), Energiedichte (m=2) und Energie-Stromdichte (m=3). Man nennt n vm das m-te Moment von v und die entsprechende Gleichung dafür das m-te Moment der Boltzmann-Gleichung. Sprechen von jetzt ab wieder von Elektronen (Index n). m=0 Φ v0 1 j Φ n v jn e FΦ 0 Einsetzen in Gleichung (3.3) liefert den Erhaltungssatz für die Elektronendichte n (Kontinuitäts-Gleichung): ∂n ∂t 1 ∇r jn e (jn ist die elektrische Stromdichte). ∂n ∂t coll (3.4) 3.1. HYDRODYNAMISCHE TRANSPORTGLEICHUNGEN, DRIFT-DIFFUSIONS-MODELL 33 m=1 Betrachten zun¨achst nur die x-Komponente von v. Φ v1x vx jΦ n v vx FΦ F0 x mn Um ∇r j Φ zu berechnen, zerlegen wir die Geschwindigkeit in die Summe aus Mittelwert und Abweichung vom Mittelwert: v v δv Offenbar gilt δv 0. Der erste Term ist die mittlere Driftgeschwindigkeit, der zweite Term beschreibt die zuf¨alligen Fluktuationen der ElektronenGeschwindigkeit um diesen Wert herum. Man könnte auch sagen, δv ist ein Mass für die chaotische Bewegung. Die Zerlegung führt auf jΦ n v vx n v vx n v δv n δv δvx vx δvx (3.5) Bei der Anwendung der Divergenz muss man beachten, dass s¨amtliche Mittelwerte Funktionen von r sind. Auf den ersten Term wird die Produktregel bzgl. der Faktoren n v und vx angewendet: n v ∇r j Φ vx ∇r n v ∇r vx ∇r n δvδv x Geht man jetzt zum Vektor v über, erh¨alt man für das 1. Moment der BG ∂ nv ∂t F0 n mn n v v ∇r ∂ nv ∂t n v ∇r v ∇r n δv δv (3.6) coll Wir definieren jetzt die mittlere Elektronen-Temperatur (am Ort r) über die mittlere kinetische Energie der chaotischen Bewegung: 1 kB T̂n 2 mn δv 2 δv (3.7) T̂n ist der Temperatur-Tensor, kB die Boltzmann-Konstante. Multipliziert man Gleichung (3.6) noch mit der Ladung des Elektrons (-e), folgt der Erhaltungssatz für die Elektronen-Stromdichte ∂ j ∂t n v ∇r jn j n ∇ r v e ∇r nkB T̂n mn e2 E n mn ∂jn ∂t coll (3.8) 34 CHAPTER 3. MOMENTEN-METHODE m=2 Berechnen zuerst den Mittelwert Φ für diesen Fall. δv v2 v mn δv δv ist der letzte Term Wegen kB T̂n Φ Φ 2 v δv 2 2 v 2 2 v δv δv 2 δv 2 1 Sp kB T̂n mn wobei Sp die Spur des Tensors bedeutet (Summe der Diagonalelemente der “Matrix”). Die mittlere Energie der Elektronen wird als Summe aus einem Driftanteil und einem W¨armeanteil geschrieben: wn mn v 2 2 1 Sp kB T̂n 2 (3.9) Wir erhalten also für Φ im Falle m = 2: Φ 2 wn mn Für die verallgemeinerte Stromdichte ergibt sich jΦ n v v2 n v n v δv v 2 2 v δv v δv 2 2 v δv 2 mn 2 mn nv v δv 2 mn 2 2 2 1 nv wn Sp kB T̂n mn 2 3 n δv δv 2 2 nv wn mn kB T̂n δv δv 2 δv δv 2 mn δv δv 1 Sp kB T̂n 2 n δv δv 2 n δv δv 2 kB T̂n (3.10) Der letzte Term ist ein Term dritter Ordnung in der Geschwindigkeit, dessen Berechnung nur mit Hilfe des 3. Moments der BG erfolgen kann. Wir wollen die Hierarchie jedoch bei m = 2 abbrechen. Dazu muss der Term dritter Ordnung durch Grössen niedrigerer Ordnung ausgedrückt werden. Physikalisch beschreibt 3.1. HYDRODYNAMISCHE TRANSPORTGLEICHUNGEN, DRIFT-DIFFUSIONS-MODELL 35 dieser Term offenbar den chaotischen (diffusiven) Transport von W¨arme. Man macht deshalb den ph¨anomenologischen Ansatz Qn mn n δv δv 2 2 ! κn ∇r Tn (3.11) und nennt Qn die konduktive W¨arme-Stromdichte, sowie κn die thermische Leitf¨ahigkeit der Elektronen. Dabei ist Tn Sp T̂n 3. Man darf die thermische Leitf¨ahigkeit der Elektronen nicht mit der thermischen Leitf¨ahigkeit des Halbleiters verwechseln. Letztere tritt in der W¨armeleitungs-Gleichung für das Gitter auf und ist um Grössenordnungen grösser als κ n (d.h., das Elektronengas ist ein schlechter W¨armeleiter). Anwendung der Divergenz auf j Φ ergibt dann ∇r j Φ 2 ∇r mn vu n n kB T̂n v Qn mit der Definition für die Energiedichte un n wn . Das 2. Moment der BG kann man nun hinschreiben. Es liefert den Erhaltungssatz für die Energiedichte der Elektronen. mit der Energie-Stromdichte Sn v un ∂ un ∇r Sn ∂t ∂un ∂t jn E nkB T̂n v (3.12) coll Qn (3.13) Sie setzt sich aus einem konduktiven Anteil (Qn ) und einem konvektiven Anteil zusammen. Letzteren erkennt man daran, dass er proportional zu n v ist, also zur elektrischen Stromdichte jn . Die Elektronen tragen bei ihrer gerichteten Bewegung Energie mit sich, und zwar ihre mittlere Energie wn und W¨arme-Energie kB Tn . Der dritte Term auf der linken Seite von Gleichung (3.12) ist die bekannte Joulesche W¨arme. Behandlung der Stossterme Der Stossterm in seiner allgemeinen Form wird geschrieben als ∂ nΦ ∂t coll ∂Φ n ∂t coll Φ ∂n ∂t coll (3.14) Der erste Anteil beschreibt Stösse, bei denen die Elektronen in den Leitungsb¨andern verbleiben (Intra-Term), der zweite beschreibt Stösse, die zu einer expliziten Änderung der Elektronenzahl in den Leitungsb¨andern führen 36 CHAPTER 3. MOMENTEN-METHODE (Inter-Term oder Generations-Rekombinations-Term). Die explizite zeitliche Änderung von n durch Stösse ist gleich der Netto-Generationsrate G R: ∂n ∂t G R coll Für den Intra-Term machen wir die Relaxationszeit-N¨aherung: n ∂Φ ∂t Φ n Φ τΦ coll eq Hier bezeichnet τ Φ eine makroskopische Relaxationszeit, die ein Mass dafür ist, wie schnell das System der Elektronen in den Gleichgewichts-Zustand Φ eq zurückkehrt, wenn es im Nichtgleichgewichts-Zustand Φ war. Das Ergebnis für die ersten drei Momente lautet: m m ∂ nΦ G R ∂t coll ∂ v 1: n v G R nΦ ∂t τp n coll wn wn eq mn ∂ 2: nΦ n 2 ∂t τE n coll 0: da v m da Φ wn G R 1 eq 0 τ p n heisst Impuls-Relaxationszeit (der Elektronen), τE n heisst EnergieRelaxationszeit (der Elektronen). Die mittlere Energie eines Elektrons im thermodynamischen Gleichgewicht ist natürlich wn eq 3kB TL 2 mit der Gittertemperatur TL . (Thermische Energie pro Freiheitsgrad kB TL 2.) Im Gleichgewicht sind die Elektronen thermalisiert und haben die Temperatur des Kristallgitters. Hydrodynamisches Modell Die endgültige Form des hydrodynamischen Transport-Modells folgt unter Benutzung folgender Relationen. µn e τp n mn (3.15) kB Tn µn e (3.16) µn ist die Beweglichkeit der Elektronen. Dn 3.1. HYDRODYNAMISCHE TRANSPORTGLEICHUNGEN, DRIFT-DIFFUSIONS-MODELL 37 heisst Einstein-Relation zwischen Diffusions-Koeffizient und Beweglichkeit. E r ∇r ϕ r (3.17) ist die Beziehung zwischen elektrischer Feldst¨arke und elektrostatischem Potential ϕ r . Alle Ladungen im Bauelement erzeugen ein D-Feld, das Lösung der makroskopischen Maxwell-Gleichung 1 ρ r ε0 ∇r D r (3.18) ist. In dieser Gleichung ist ρ r die lokale Dichte s¨amtlicher “Überschuss”ladungen, d.h. ρ r e n r p r ND r NA r (3.19) ionisierter Donatoren ND r , und der mit der Löcherdichte p r , der Dichte Dichte ionisierter Akzeptoren NA r . Elektrisches Feld und D-Feld sind über die statische Dielektrizit¨atskonstante εs miteinander verknüpft: D r εs E r (3.20) wobei εs im allgemeinen Falle ein Tensor ist (wovon wir absehen wollen). Kombination der letzten drei Gleichungen führt auf die Poisson-Gleichung, die zu jedem Transport-Modell dazugehört: ∇r ε0 εs ∇r ϕ r e n r p r ND r NA r (3.21) Der Temperatur-Tensor T̂n wird noch wie folgt vereinfacht: T̂n Tn Î mit dem Einheits-Tensor Î und der skalaren (ortsabh¨angigen) ElektronenTemperatur Tn . Wir setzen das 1. Moment des Stossterms in das 1. Moment der BG ein, gehen zur skalaren Temperatur Tn über und benutzen die Definition der Beweglichkeit. ∂ j ∂t n v ∇r jn j n ∇ r jn τp n v µn ∇r nkB Tn τp n ev G R en µn E τp n (3.22) 38 CHAPTER 3. MOMENTEN-METHODE Nun ist ∂ e nv ∂t ∂ j ∂t n en ∂ v ∂t e n v v ∇r jn ∂v ∂t ∂n ∂t R ev G Im letzten Schritt wurde die Kontinuit¨ats-Gleichung (3.4) für ∂n ∂t eingesetzt. Man sieht, dass die beiden letzten Terme zwei identische Terme in (3.22) kompensieren. Es bleibt en ∂ v ∂t j n ∇ v r µn ∇r nkB Tn τp n en jn τp n µn E τp n Multipliziert man die letzte Gleichung mit τ p n , wendet die Produktregel bzgl. ∇r nkB Tn an, benutzt die Einstein-Relation im ∇r n-Term, ersetzt die Feldst¨arke durch den Gradienten des elektrostatischen Potentials und drückt v wieder durch jn aus, folgt jn ∂ nτ p n ∂t τp n j ∇r e n jn n jn n kB Tn e eµn n∇r ϕ eDn ∇r n (3.23) Zusammenfassend seien alle Gleichungen des hydrodynamischen TransportModells noch einmal aufgeführt: ∇r ε0 εs ∇r ϕ ∂n ∂t ∂ n wn ∇r Sn jn E ∂t τp n ∂ jn jn nτ p n j ∇r ∂t n e n Sn Qn e n G R τE n jn n (3.24) (3.25) wn G eµn n∇r ϕ 3kB TL 2 1 wn e NA ND 1 ∇r jn e wn n p kB Tn e R eDn ∇r n (3.26) (3.27) kB Tn jn (3.28) Da wir nur die Elektronen behandelt haben, kommen jetzt noch die entsprechenden Bilanz-Gleichungen für die Löcher hinzu. Man bekommt sie einfach durch die Ersetzungen n p, e e und Vertauschung der Indizes n p . Der Term, der 3.1. HYDRODYNAMISCHE TRANSPORTGLEICHUNGEN, DRIFT-DIFFUSIONS-MODELL 39 beide Teilchensorten am st¨arksten koppelt, ist der Generations-Rekombinations Term G R , aber auch die Beweglichkeiten µn , µ p sind von der ElektronLoch-Streuung beeinflusst. Dass man überhaupt separate Momentengleichungen für Elektronen einerseits und Löcher andererseits betrachten darf, setzt voraus, dass beide Ladungstr¨agersorten nur hinreichend schwach gekoppelt sein dürfen. Dazu muss die Relaxation innerhalb der Subsysteme viel schneller ablaufen als Interband-Prozesse. Unter “normalen” Betriebsbedingungen ist dies der Fall. Die Variablen des hydrodynamischen Transport-Modells sind ϕ, n, p, w n und w p . Alle sind Funktionen von r und t. Die Poisson-Gleichung ist stark nicht-linear, da die Dichten exponentiell vom elektrostatischen Potential ϕ abh¨angen. Die Gleichungen für jn p und Sn p nennt man konstituierende Gleichungen. Alle Gleichungen sind untereinander stark gekoppelt. Besondere numerische Probleme bereiten die Terme, die quadratisch in jn p sind. Die Gleichungen sind durch Randbedingungen zu komplettieren. Man unterscheidet künstliche und natürliche Randbedingungen. Erstere sind erforderlich, weil das Simulationsgebiet immer nur einen Teil des gesamten Bauelements umfasst. Sie müssen so formuliert werden, dass sie keinen Einfluss auf die berechneten Kennlinien haben. Natürliche Randbedingungen braucht man an ¨ausseren und inneren Grenzfl¨achen, an den Grenzen zu Metall-Kontakten und zu GateOxiden. Diese Randbedingungen werden selbst oft als physikalische Modelle formuliert. In den Gleichungen treten eine Reihe von Transport-Koeffizienten auf. Für diese braucht man physikalische Modelle als Funktion der Betriebsbedingungen (Temperatur, Dotierung, ...). Diese Modelle müssen die Physik möglichst gut beschreiben, andererseits aber auch analytisch möglichst einfach sein, um keine numerischen Probleme zu erzeugen. Konkret benötigt man Modelle für die Abh¨angigkeit der Dichten n und p vom Potential ϕ (Poisson-Gleichung), weil in diese Beziehung (direkt oder indirekt) die Energielücke eingeht. Die Energielücke h¨angt von der Gittertemperatur, der Dotierung und den Dichten selbst ab. den Ionisationsgrad der Dotierung NA ND . Nicht alle elektrisch aktivierbaren (d.h. substitutionell eingebauten) Dotieratome sind auch ionisiert. Der Ionisationsgrad h¨angt von der Dotierungs-Konzentration und der Gittertemperatur ab. Er kann sogar eine explizite Funktion der Zeit sein (dynamische Umladungsprozesse). die Generations-Rekombinations-Raten. Beispiele sind die ShockleyRead-Hall-Rekombination, Stossionisation, Interband-Tunneln, AugerRekombination und defekt-assistiertes Tunneln. die Beweglichkeiten µn , µ p als die entscheidenden Transport-Parameter 40 CHAPTER 3. MOMENTEN-METHODE für MOSFET-Kennlinien. Sie sind Funktionen der Gittertemperatur, der Dotierung, der Feldst¨arke in Stromrichtung und in MOSFETs auch Funktionen der Feldst¨arke senkrecht zur Si-SiO2 -Grenzfl¨ache. die Impuls- und Energie-Relaxationszeiten. die thermischen Leitf¨ahigkeiten der Elektronen und Löcher. etemp-hyd.epsi 103 66 mm T-e K +5.496e+03 +4.196e+03 +2.897e+03 +1.597e+03 +2.971e+02 Verteilung der Elektronen-Temperatur in einem 0.25µm-MOSFET bei 2 V SourceDrain-Spannung und 1.5 V Gate-Spannung. Simulation im Energie-Balance-Modell. Energie-Balance-Modell Für praktische Anwendungen wird das hydrodynamische Transport-Modell weiter vereinfacht. Man macht folgende N¨aherungen: j nτ p n ∂t∂ nn 0 τp n e ∂ ∂t jn ∇r n wn jn n 0 0 mn 3 3 2 wn 2 v 2 kB Tn 2 kB Tn Damit reduziert sich das Transport-Modell zum sogenannten Energie-BalanceModell. Anstelle der Gleichungen (3.26), (3.27) und (3.28) erh¨alt man 3nkB 3 k T G R ∇r Sn jn E Tn TL (3.29) B n 2τE n 2 3.1. HYDRODYNAMISCHE TRANSPORTGLEICHUNGEN, DRIFT-DIFFUSIONS-MODELL 41 kB Tn eDn ∇r n e 5kB Tn jn κn ∇r Tn 2e eµn n∇r ϕ jn Sn (3.30) (3.31) Die System-Variablen sind ϕ, n, p, Tn und Tp . In allen F¨allen, in denen man Effekte heisser Ladungstr¨ager vernachl¨assigen kann, setzt man nT Tp TL , und Gleichung (3.30) reduziert sich auf die sogenannte Drift-Diffusions-Gleichung eµn n∇r ϕ jn eDn ∇r n (3.32) Zusammen mit Poisson- und Kontinuit¨ats-Gleichung ergibt (3.32) das DriftDiffusions-Modell. Der Name weist natürlich auf die beiden Bestandteile “Drift” und “Diffusion” in (3.32) hin. Die N¨aherungen, die vom hydrodynamischen Transport-Modell zum EnergieBalance-Modell führen, bedürfen noch einer physikalischen Interpretation. Die beiden vernachl¨assigten Terme in der Stromdichte-Gleichung muss man gegen jn selbst absch¨atzen (erster Term). Betrachtet man nur die Betr¨age und geht zu Differenzen über, folgt ∆ v ∆t v und τp n ∆ v ∆r 1 τp n (3.33) Die erste Bedingung bedeutet, dass von aussen induzierte zeitliche Änderungen von v klein sein müssen gegen die totale Streurate. (Die mittlere Driftgeschwindigkeit relaxiert sehr schnell auf einer Zeitskala, die z.B. durch Schaltvorg¨ange gegeben ist.) Ein typischer Wert von τp n ist 10 13 s. Damit w¨are eine Picosekunde etwa die untere Grenze für die Zeitkonstante ¨ausserer Störungen. Die zweite Bedingung bedeutet, dass die örtliche Änderung von v klein sein muss gegen die totale Streurate. Nimmt man für ∆ v die S¨attigungsDriftgeschwindigkeit der Elektronen in Silizium bei Raumtemperatur v n sat 107 cm s, ergibt sich als Bedingung ∆r 10 nm. Diese Bedingung ist in KurzKanal-MOSFETs bereits verletzt. Die Vernachl¨assigung der expliziten Zeitableitung der Energiedichte ist dann gerechtfertigt, wenn ∆un ∆t un τE n (3.34) angenommen werden kann, d.h. die Energie-Relaxationszeit muss immer noch klein gegen die Zeitkonstante ¨ausserer Störungen bleiben. Ein typischer Wert für 42 CHAPTER 3. MOMENTEN-METHODE τE n ist 0.3 Picosekunden. Die Vernachl¨assigung des Driftanteils der mittleren Energie gegenüber der mittleren thermischen Energie kann ebenfalls über die S¨attigungs0 3 m0 ergibt sich Driftgeschwindigkeit begründet werden. Mit mn 5 7 meV k Tn , d.h. selbst “kalte” Elektronen (bei 300 K Gittertemperatur) erfüllen nochB knapp die Voraussetzung. (Bei 77 K nicht mehr.) 3.2 Thermodynamisches Modell Dieses Transport-Modell basiert auf den Prinzipien der irreversiblen Thermodynamik. Man sieht das Bauelement als thermodynamisches System aus Elektronen, Löchern und Gitter an. Die Subsysteme seien durch GleichgewichtsVariablen Tn µcn Tp µcp TL charakterisierbar. (µcn p sind die chemischen Potentiale.) Die Dichte der inneren Energie utot des Gesamt-Systems ist eine Erhaltungsgrösse, folglich gilt die Kontinuit¨ats-Gleichung ∂utot ∂t ∇r ju tot 0 (3.35) mit der totalen Energie-Stromdichte ju tot . (Wir benutzen hier nicht das Symbol S, um Verwechslungen mit der Entropie S zu vermeiden.) Zur inneren Energie gehört auch das elektrostatische Potential ϕ r , das von der Ladungsdichte ρ r e n r p r ND r NA r erzeugt wird. Die Änderung der Energiedichte des elektrischen Feldes ergibt sich wegen d 3 r E δD Ω zu d 3 r ∇r ϕ δD Ω E δD ϕδρ e dn ! d 3 r δρ r ϕ d 3 r ϕ∇r δD Ω dp dND Ω dNA (3.36) Der Beitrag der Donatoren und Akzeptoren wird im folgenden der Einfachheit halber weggelassen, womit lediglich das System auf die drei oben genannten 3.2. THERMODYNAMISCHES MODELL 43 Subsysteme beschr¨ankt bleibt. Die totaleÄnderung der Entropiedichte aller drei Subsysteme ist dstot dun Tn du p Tp EF n EF p dn dp Tn Tp duL TL (3.37) Der Grund, warum hier anstelle der chemischen Potentiale die Grössen EF n und EF p auftreten, ist, dass wir wegen Gleichung (3.36) die elektrostatische Energie eϕ zu den chemischen Potentialen dazugeschlagen haben. Man nennt E F n p elektro-chemische Potentiale oder auch quasi-Fermi-Energien: EF np r µcn p r eϕ r (3.38) Oft werden auch quasi-Fermi-Potentiale verwendet: φn p EF np wobei das intrinsische Energieniveau Ei ni eff des Halbleiters definiert ist: Ei 0 Ec 0 e 0 Ei 0 e (3.39) über die effektive intrinsische Dichte kB Tn ln ni eff Nc (3.40) Im totalen Differential der Entropiedichte (3.37) ist das letzte Vorzeichen “ ”, weil “System plus Loch” ¨aquivalent ist zu “System minus Elektron”. Aus (3.37) erh¨alt man sofort die totale Entropie-Stromdichte js tot 1 1 j 1 j EF n j EF p j jnu Tn Tp pu TL Lu eTn n eTp p (3.41) die der Kontinuit¨ats-Gleichung Πs tot ∇r js tot ∂stot ∂t (3.42) 44 CHAPTER 3. MOMENTEN-METHODE genügt. Hier bezeichnet Πs tot die Erzeugungsrate der totalen Entropiedichte. Einsetzen von js tot und ∂stot ergibt Πs tot j 1 ∇r Tn j EF n ∇r eTn j 1 ∇r Tp pu ∇r j 1 TL Lu EF p jp (3.43) eTp ∂u p 1 ∂un 1 ∂uL ∇r j pu ∇r jLu ∂t Tp ∂t TL ∂t EF p EF n ∂n EF p ∂p ∇r j p eTp Tn ∂t Tn ∂t n 1 ∇r jnu Tn EF n ∇r jn eTn nu ∇r Benutzt man den Erhaltungssatz der totalen Energie und die Kontinuit¨atsGleichungen für n und p, folgt Πs tot j 1 ∇r Tn nu j 1 ∇r Tp j EF n ∇ EF p ∇r jn r qTn EqTp 1 1 Fp Π pu Tp TL Tp p EF n Tn pu 1 Tn 1 jLu TL 1 Πnu TL G R ∇r (3.44) mit den Energie-Erzeugungsraten Π n p u der Subsysteme der Elektronen und Löcher. Die letzte Gleichung kann man formal als ∑ ∇FX Πs tot X j (3.45) X schreiben, mit treibenden Kr¨aften, oder Affinitäten ∇FX , und Flüssen jX . Die Grundannahme besteht nun darin, dass alle Flüsse jX von allen Affinit¨aten ∇F X getrieben werden und dass dies mittels des linearen Ansatzes jX ∂j ∑ ∂ ∇FXY ∇FY IX Y ∂IX ∑ ∂ ∆FY ∆FY (3.46) Y ausgedrückt werden kann (linear response). Die Proportionalit¨atsfaktoren heissen kinetische Koeffizienten 1. Ordnung L̂XY ∂jX ∂ ∇FY and Λ̂XY ∂IX ∂ ∆FY (3.47) 3.2. THERMODYNAMISCHES MODELL 45 Sie sind Tensor-Funktionen der lokalen intensiven Parameter. Das OnsagerTheorem (L. Onsager, 1931) besagt, dass L̂XY L̂Y X , wenn kein Magnetfeld existiert. Für die fünf Stromdichten ergibt sich das Gleichungssystem jn jp jnu j pu jLu L̂11 L̂21 L̂31 L̂41 L̂51 L̂12 L̂22 L̂32 L̂42 L̂52 L̂13 L̂23 L̂33 L̂43 L̂53 L̂15 L̂25 L̂35 L̂45 L̂55 L̂14 L̂24 L̂34 L̂44 L̂54 ∇r EF n eTn ∇r EF p eTp ∇r 1 Tn ∇r 1 Tp ∇r 1 TL (3.48) Für praktische Zwecke ist es notwendig, die Matrix L̂XY zu reduzieren, indem bestimmte Elemente durch 0 ersetzt werden (“minimales Kopplungsschema”). Z.B. vernachl¨assigt man die KoeffizientenL̂12 (electron-hole drag) und L̂15 (phonon drag). Um das Prinzip zu demonstrieren, betrachten wir jetzt nur dasjenige minimale Kopplungsschema für jn , bei dem die einzigen treibenden Kr¨afte die Gradienten von elektro-chemischem Potential EF n und inverser ElektronenTemperatur Tn sind. jn L̂11 ∇r EF n eTn L̂13 ∇r 1 Tn Vom Tensor-Charakter sei ebenfalls abgesehen, d.h L̂ σn Tn σn Tn EF n e L11 L13 (3.49) ˆ Mit den Definitionen IL. Pn Tn (3.50) (3.51) worin σn die elektrische Leitf¨ahigkeit und Pn die absolute thermo-elektrische Kraft sind, ergibt sich für jn : jn σn ∇r EF n e Pn ∇r Tn (3.52) Das entsprechende minimale Kopplungsschema für jnu führt auf die Gleichung L31 ∇r EF n eTn jnu Nutzt man das Onsager-Theorem aus (L31 jnu Pn Tn EF n e j n κn Tn2 (3.53) L13 ), kann man (3.53) auf die Form σn Pn Tn Tn bringen. Da die eckige Klammer gleich Leitf¨ahigkeit der Elektronen), folgt L33 L33 ∇r 1 Tn EF n e L33 ∇r Tn Tn2 2 κn sein muss (κn σn Tn EF n e Pn Tn 2 thermische (3.54) 46 CHAPTER 3. MOMENTEN-METHODE Somit ergibt sich für die Energie-Stromdichte der Elektronen κn ∇r Tn jnu EF n e Pn Tn jn (3.55) bestehend aus einem konduktiven und einem konvektiven Term. Vergleich mit Drift-Diffusions-Modell Wenn ein nichtentarteter Halbleiter mit parabolischer Bandstruktur vorausgesetzt wird, sieht man durch direkte Berechnung von ∇r n EF n Tn , dass jTn D jDD n genau dann gilt, wenn Ei 0 0 sowie Pn kB n ln e Nc 5 2 (3.56) Die erste Bedingung entspricht einer speziellen Wahl des Energie-Nullpunkts, die zweite kann man als Modell der absoluten thermo-elektrischen Kraft auffassen. Vergleich mit Energie-Balance-Modell 3 Die Energie-Stromdichten werden gleich (jTnuD Sn ), wenn wn 2 kB Tn angenommen wird und im Energie-Balance-Modell die mittlere thermische Energie durch wn wn Ec r Ec 0 0 Ei (3.57) ersetzt wird. Neben der Verschiebung des Energie-Nullpunkts muss man im Energie-Balance-Modell auch noch die potentielle Energie addieren. Die zu (3.57) ¨aquivalente Ersetzung der Energie-Stromdichte lautet Sn Sn Ei r jn e. Numerische Methoden für die Simulation von Bauelementen by Bernhard Schmithüsen 4 4.1 Skalierte Gleichungen und Lösungsprozedur 4.1.1 Die Physikalischen Gleichungen Die grundlegenden van Roosbroeck’s Gleichungen des Ladungstr¨agertransports in Halbleitern sind die Poisson-Gleichung und die beiden Kontinuit¨atsgleichungen (im folgenden wird die Netto-Rekombinationsrate R G einfach mit R bezeichnet): ∇ ε∇ϕ e p n C (4.1) ∂n e ∇jn eR (4.2) ∂t ∂p e ∇j p eR (4.3) ∂t vervollst¨andigt durch die Stromgleichungen (unter Benutzung der Einstein Relation D UT µ) jn jp eµn n∇φn eµn UT ∇n n∇ϕ eµ p p∇φ p eµ p UT ∇p p∇ϕ (4.4) (4.5) Für MOS-Bauelemente wird in Isolatoren (z.B. SiO2 ) die Poissongleichung (unter Vernachl¨assigung mobiler und fixer Ladungen) gelöst: ∇ ε∇ϕ 0 (4.6) Die Metallregionen gehören nicht zum (elektrischen) Simulationsgebiet, auch wenn einfache Modelle integriert werden könnten. Die eigentliche Physik besteht 47 48 CHAPTER 4. NUMERISCHE METHODEN in den Voraussetzungen der Gültigkeit der Gleichungen und steckt in den Parametern Beweglichkeit µ und Rekombination R: µ x ∇ϕ 0 R x n p ∇ϕ µ R Mathematisch handelt es sich im station¨aren Fall um ein gekoppeltes System elliptischer Gleichungen. 4.1.2 Randwerte Versehen mit Anfangswerten und Randbedingungen ist das ein ”wohl gestelltes” Problem. Die Existenz und Eindeutigkeit der Lösung ist mathematisch unter restriktiven Anforderungen nachgewiesen. A Artifizielle Randwerte Diese treten an künstlich eingeführten Begrenzungen des Simulationsgebietes auf, und sollten so gew¨ahlt werden, dass sie das Modell nicht signifikant stören: ∇ϕ ν jn ν jp ν 0 B Physikalische Randwerte Physikalische Randwerte treten an Materialgrenzen und Kontakten auf. (a) Kontakte (i) Ohmsche Kontakte: Normalerweise werden p n np C n2i 0 thermodynamisches Gleichgewicht Ladungs-Neutralit¨at für die Dichten, und verschwindender Strom im thermodynamischen Gleichgewicht gefordert, resultierend in DirichletRandwerten für alle Lösungsvariablen. (ii) Schottky Kontakte C Halbleiter-Isolator Grenzflächen Im allgemeinen fordert man εsemi ∇ϕsemi εins ∇ϕins jn ν j p ν 0 4.1. SKALIERTE GLEICHUNGEN UND LÖSUNGSPROZEDUR 49 4.1.3 Die skalierten (station¨aren) Gleichungen Um dimensionslose Grössen zu erhalten und die Werte in numerisch behandelbare Grössenordnungen zu bringen skaliert man die Gleichungen (de Mari Skalierung): ∇ ε∇ϕ ∇jn ∇j p jn jp p n R R C µn n∇φn µn ∇n n∇ϕ µ p p∇φ p µ p ∇p p∇ϕ (4.7) (4.8) (4.9) (4.10) (4.11) 4.1.4 Wahl der Variablen Die Wahl der Variablen bestimmt die Gestalt der Gleichungen und damit das numerische Verhalten: Potential und Dichten ϕ n p - n p 0 ist numerisch nicht zu erwarten w¨ahrend der Iteration - Kontinuit¨atsgleichungen linear in n p (falls Beweglichkeit unabh¨angig von den Dichten) Potential und Quasi-Fermi Potentiale ϕ φn φ p - Dichten automatisch positiv (n exp ϕ φn ). - Nichtlinear in n p (auch für konstante Dichten). Potential und Slotboom-Variablen ϕ u v - Dichten n u exp ϕ , p v exp ϕ nicht automatisch positiv. Konvektiver Term verschwindet. Stark variierende Diffusivit¨at. Explizite Berechnung von exp ϕ erforderlich. mathematisch interessant, da Kontinuit¨atsgleichungen selbstadjungiert werden (ausgebaute Theorie). 50 CHAPTER 4. NUMERISCHE METHODEN 4.1.5 Die Lösungsprozedur A. Diskretisierung Das kontinuierliche Problem ist formuliert in (nicht-endlich-dimensionalen) Funktionenr¨aumen. Diskretisierung heisst, das Problem endlich dimensional zu machen. Wir erhalten eine (nichtlineare) Gleichung in IRn : Fϕ x Fn x Fp x F x 0 B. Lösen der nichtlinearen diskreten Gleichung Nichtlineare Gleichungen können nur iterativ gelöst werden: Gummel-Iteration Dies ist das klassische Verfahren (kleine Computer). Iterativ löst man Fϕ nk pk Fn ϕk 1 pk Fp ϕk 1 nk 1 ϕk nk pk 1 (4.12) 1 1 Es ist offensichtlich, dass ein solches Verfahren nur bei geringer Kopplung der Gleichungen konvergieren kann. Newton-ähnliche Verfahren Die bekannte Newton-Iteration: F xn xn xn 1 F xn (4.13) Man weiss, dass für hinreichend gute Anfangswerte x0 die Konvergenz quadratisch ist, falls F hinreichend glatt und die Nullstelle isoliert ist. Dies kann man in 1D leicht einsehen: F xn 1 F xn F xn xn also F xn 1 xn 1 xn 1 F xn xn O xn O xn xn 2 1 0 und xn xn 1 1 O F xn 1 xn 2 F xn O F xn 2 O xn xn 1 2 In mehrerenen Dimensionen ist das nicht so einfach zu beweisen. 4.2. DISKRETISIERUNG 51 Multigrid-Verfahren Basiert auf der Idee, niedrig-frequente Anteile der Lösung auf groben Gittern und die hoch-frequenten Anteile auf feinen Gittern zu bestimmen. Die ineinander geschachtelten Strukturen werden auf der geometrischen (Gitter) oder algebraischen Ebene (Matrix) benutzt. C. Lösen der auftretenden linearen Gleichungen Ax b (4.14) Es gibt eine riesige Literatur über die Numerik der linearen Gleichungen: Direkte Verfahren Basieren auf Gauss-Algorithmus. Iterative Verfahren Approximieren gegebene Matrix A durch einfacher zu invertierende Matrizen: A xn 1 M N (splitting) 1 M Nxn b 1 M 1 A xn M 1 b Jacobi-Verfahren ( M diag A ) Gauss-Seidel-Verfahren ( M diag A loweroffdiag A ) Successive Overrelaxation (SOR) Krylow-Methoden (GMRES, CG, etc.) Memory-Bedarf klein, schnell, wenig robust, Konvergenz h¨angt stark von Eigenschaften der Matrizen ab. 4.2 Diskretisierung 4.2.1 Allgemeine Diskretisierungsverfahren Es gibt verschiedene allgemeine Verfahren. Die technisch relevanten erfordern ein Gitter auf dem Definitionsgebiet. - Finite Differenzen (FD): Substitution der Differentialoperatoren durch Differenzen: ui 1 ui 1 O h2 Du h e Einfach zu implementieren, RW technisch, schwierig in der Analyse des Konvergenzverhaltens. 52 CHAPTER 4. NUMERISCHE METHODEN - Finite Elemente Methode (FEM): Basiert auf schwacher Formulierung des Problems: Sei ξ H01 D , dann ergibt Integration der Poissongleichung: ε∇ϕ ∇ξ Ω p C ξ n Ω ε∇ϕξν ∂ΩN Vorteile: Ausgedehnte Theorie (Fehleranalyse, etc.) - Box Methode (BM): Basiert auf Divergenz-Form der Gleichungen: ∇F g 4.2.2 Anforderung an Diskretisierung Um vernünftige Approximationen der kontinuierlichen Lösung zu erhalten, sollte das diskretisierte Problem wesentliche Eigenschaften des kontinuierlichen Problems aufweisen: Teilchen-Erhaltung Lokale Gültigkeit des Gausschen Satzes. Die BM erfüllt diese Bedingung automatisch. Strom-Erhaltung Der diskrete Strom durch eine Fl¨ache sollte nur von der Fl¨ache abh¨angen. Maximum-Eigenschaft der elliptischen Operatoren Das diskrete Maximumprinzip (genauer ”Comparison” Theoreme) elliptischer Operatoren ist die M-Matrix Eigenschaft: Definition 1 Eine reelle n (i) Ai j 0 für alle i (ii) A ist invertierbar (iii) A 1 0 (d.h. A n Matrix A heisst M-Matrix, falls j 1 ij 0 für alle i, j ) Hinreichende (notwendige?) Bedingung für diskrete Comparison Theoreme und Stabilit¨at. Positivit¨ at der lokalen Dissipation Das kontinuierliche System ist lokal dissipativ (z.B. für Auger und SRH Rekombination); die zu diskutierende SG-BM erh¨alt diese Eigenschaft und zeichnet sich dadurch aus. d ϕ n p µn n ∇φn 2 Ω µ p p ∇φ p 2 R log np dx 4.2. DISKRETISIERUNG 53 Weitere Anforderungen ergeben sich aus der Praxis: Konvergenz Aussagen über Diskretisierungsfehler sind wünschenswert (p Ordnung der Approximation) u O hp uh Anzahl der Gitterpunkte sollte m¨ oglichst gering sein 2d-Gitter 10000 Punkte, 3d-Gitter erheblich grösser. Zwang zu iterativen Techniken. Verschlechterung der Kondition der Matrizen. ¨ besetzte” Matrizen (sparse matrices) ”dunn geringerer Lösungsaufwand. Physikaliche Modelle: nur lokale Abh¨angigkeiten erlaubt (typischerweise nur von n¨achsten Nachbarn im Gitter). Andererseits ”dichte” Matrizen oder keinen exakten Newton. 4.2.3 Diskretisierung der Poissongleichung Wir diskretisieren die Poissongleichung entsprechend der Box Methode auf dem dualen Voronoi-Gitter (mid-perpendicular box method), welche auf der lokalen Anwendung des Gauss’schen Satzes beruht. Das Voronoi-Gitter entsteht durch die Mittelsenkrechten (in 2D eine Linie, in 3D eine Ebene) jeder Kante (edge), deren Schnittpunkte die Voronoi-Zentren bilden; die Voronoi-Boxen B i werden durch die Mittelsenkrechten (Voronoi-Fl¨achen) begrenzt. Notwendig und hinreichend für eine überlappungsfreie Konstruktion ist die sogenannte Delaunay Eigenschaft Der Umkreis eines jeden Gitter-Elementes enthält im Inneren keinen Gitterpunkt. In 2D kann man Delaunay-Gitter aus Dreiecken und Rechtecken konstruieren. In 3D können zum Beispiel Tetraeder, Quader, Prismen und Pyramiden verwendet werden. Die Poissongleichung ist vom Typ ∇ a x ∇u x g x 0 Lokal auf jeder Box Bi integrieren wir und wenden den Gauss’schen Satz an: u j ui ∇ a x ∇u x dx a x ∇u x ν x dS x ai j ∑ x j x i si j Bi ∂Bi j i Bi g x dx B i gi 54 CHAPTER 4. NUMERISCHE METHODEN E Bi E Bi } E si,j ei,j xi xj Figure 4.1: Gitter und duales Voronoi-Gitter also erhalten wir für die Poissongleichung s Fϕ i ∑ εi j i j ϕi ϕ j Bi pi x j xi j i ni Ci 0 (4.15) In 2D stimmen die Diskretisierungen der Standard-FE und Box-Methode für den Laplace-Operator überein; in 3D sind sie (ausser auf gleichseitigen Tetraedern, die aber den Raum nicht ausfüllen) verschieden. Stumpfe Winkel π Dreiecke mit stumpfen (obtuse) Winkeln (α 2 ) erfordern eine gewisse Aufmerksamkeit, da das Voronoi Zentrum ausserhalb des entsprechenden Elements liegt. Falls man, wie man das bei FEM tut, jedes Element einzeln betrachtet, erh¨alt man s̃Ei j1 sEi j1 0 , s̃Ei j2 sEi j1 sEi j2 Die Delaunay Eigenschaft garantiert eine positive Voronoifl¨ache für jede Kante, d.h. si j 0 4.2. DISKRETISIERUNG 55 was auf jeden Fall gewünscht ist, da sich andererseits das Vorzeichen umkehrt. Um weiter elementweise assemblieren zu können, setzt man sEi j1 sEi j2 0 , sEi j2 Falls der stumpfe Winkel einer Interface-Kante gegenüberliegt, würden sich die Volumina der einzelnen Regionen ver¨andern, folglich verlangt man ”constrained Delaunay” Gitter. xk E1 xi E Bi 1 E Bi 2 E1 Bk } E s i,j1 xj } s i,jE 2 E2 Figure 4.2: Box method 4.2.4 Diskretisierung der Kontinuit¨atsgleichungen Die Kontinuit¨atsgleichungen sind Konvektions-Diffusions-ReaktionsGleichungen. Man weiss, dass auf nicht hinreichend feinen Gittern die standard FE Diskretisierung unstabil ist. Ausserdem können stumpfe Winkel in Delaunay Gittern die Stabilit¨at bei nicht konstanter Diffusivit¨at stören. Viele Diskretisierungen sind erfunden worden, um dieses Stabilit¨atsproblem zu reduzieren (Stichworte: upwinding, numerical and artificial diffusivity, SUPG, streamline diffusion, etc.). Die Scharfetter-Gummel Box Methoden Diskretisierung ist auf allen DelaunayGittern stabil ! 56 CHAPTER 4. NUMERISCHE METHODEN Die singuläre Störungsanalyse besch¨aftigt sich mit dem Fall, dass der Diffusionsterm g¨anzlich vernachl¨assigbar wird. Sie kann das Ph¨anomen von ”Layern” (starke Variationen der Lösungen) erkl¨aren, indem sie das reduzierte Problem betrachtet, welches sich durch Streichen des Diffusionsterms ergibt. Ein einfaches Modelproblem Wir demonstrieren die Instabilit¨at der FD-Methode anhand eines Modellproblems, einer Vereinfachung der Kontinuit¨atsgleichung auf dem Interval 0 1 : und nehmen an ϕ ϕ n n 0 n 1 n 0 0 1 β sei konstant. Die exakte Lösung ist exp βx exp β n x 1 1 x Einfache FD-Diskretisierung: Wir legen ein ¨aquidistantes Gitter zugrunde (h ni ni Seien nun s Dann erhalten wir ni h 1 2ni h2 1 ni und s 1 ni 1 β ni h s s h β s 2 also s s 1 1 ni 0 1 xi ni 1 2h 1 1 xi ) und erhalten 0 die (approximierten) Dichtegradienten. s 0 hβ 2 hβ 2 In Worten: Die Lösung oszilliert falls hβ 2! Die Gleichung stellt also Anforderungen an das Gitter oder die Diskretisierung! Für die standard FEM erhalten wir die gleiche Diskretisierung. Die resultierende Matrix ist keine M-Matrix. Die charakteristische Grösse P 2 β heisst mesh peclet number. 4.2. DISKRETISIERUNG 57 1D Scharfetter-Gummel Diskretisierung Wir betrachten nun ein Interval xi xi schreiben mit der Stromdichte J. Wir können µ exp ϕ u µnφ J 1 φ die Slotboom-Variable ist. Also ist J u exp ϕ µ Unter der Annahme, dass µ, J konstant sind und ϕ linear ist folgt also wobei u u xi exp 1 u xi xi 1 xi J exp µ J exp µ J exp µ ϕi ϕi 1 ϕi dt xi 1 xi ϕi 1 ϕi xi xi 1 xi xi t ϕi exp t ϕi exp ϕi ϕi 1 1 xi ϕi 1 1 xi ϕi 1 1 xi ϕi xi ϕi 1 t xi also haben wir für die konstante Stromdichte J auf dem Interval ϕi ϕi 1 exp ϕi µ u i 1 ui J xi 1 xi exp ϕi ϕi 1 1 µ ϕi ϕi 1 exp ϕi 1 ni 1 exp ϕi ni xi 1 xi exp ϕi exp ϕi ϕi 1 1 µ B ϕ i 1 ϕi n i 1 B ϕ i ϕi 1 n i xi 1 xi xi x wobei wir die Bernoulli function B x haben. exp x 1 benutzt Für unser Modellproblem erhalten wir (mit B B βh , B Matrix tridiag B B B B B βh ) die und die Lösung des resultierenden diskreten Systems stimmt mit der exakten Lösung in den Gitterpunkten überein. Die Matrix ist eine M-Matrix, also eine stabile Diskretisierung unseres Modellproblems. Der Gewinn an Stabilit ät wird mit einem Verlust an Konsistenz bezahlt, der sich in der Approximations-Ordnung auswirkt: 58 CHAPTER 4. NUMERISCHE METHODEN Theorem 1 (Miller-Wang, Roos-Stynes-Tobiska) uh uI MW 1 Ch 2 wobei die diskrete Norm vom Gitter abhängt. Die Konstante C hängt von dem singulären Parameter ε ab, das heisst, die Konvergenz ist nicht gleichm ässig. Neue Diskretisierung von Xu und Zikatanov (1999): FE-¨ahnliche Diskretisierung mit garantierter Stabilit¨at, Delaunay-Eigenschaft wird durch andere Gittereigenschaft ersetzt (praktisch meshbar?). 4.2.5 Die Diskretisierten Gleichungen Zusammenfassend erhalten wir also die folgenden diskretisierten Gleichungen si j Fϕ i ∑ εi j di j ϕ j ϕi Bi pi ni Ci 0 j i si j Fn i ∑ µnij di j B ϕi ϕ j ni B ϕ j ϕi n j Bi Ri 0 j i p si j Fp i ∑ µi j di j B ϕ j ϕi pi B ϕi ϕ j p j Bi Ri 0 j i Bemerkungen: - Elementweise Assemblierung Zur Optimierung des Codes (Parallelisierung, Cache-Memory) will man elementweise assemblieren. D.h. man muss z.B. schreiben: Fn i ∑ ∑ E i j iE sEij n µi j E di j BEi REi 0 B ϕi ϕ j ni B ϕj ϕi n j Um die schönen Eigenschaften auch für Delaunay-Gitter zu behalten, ist es zwingend erforderlich, dass die Beweglichkeit µnij E nicht wirklich vom Element abh¨angt, sondern vorher gemittelt wird. Eine andere Möglichkeit ist die Voronoi-Kompensation vorher auszuführen (?). - Integration der Ladungen: Die Integration der Ladungen scheint zu ungenau (konstante Ladungsdichte per Box). Für die nichtlineare Poissongleichung (d.h. Quasi-Fermi-Potentiale konstant und nicht die Ladugstr¨agererDichten) hat dies allerdings den Vorteil, dass die resultierende Matrix weiterhin M-Matrix bleibt. 4.3. GITTER 59 4.3 Gitter H¨aufig wird in Praxis der Einfluss des Gitters auf das Simulationsergebnis untersch¨atzt. Die Gittereigenschaften werden nicht nur durch technische und geometrische Anforderungen bestimmt, sondern vor allem durch die darauf zu lösenden Gleichungen und die benutzte Diskretisierung. 4.3.1 Anforderungen an Gitter Approximation des Gebietes Akurate Beschreibung der Geometrie (R¨ander, Interfaces, etc.) leichter möglich, wenn Elemente beliebige Formen annehmen können. Element-Formen Tensorproduktgitter für FD, mixed-element meshes für FEM und BM Punktdichte Sollte möglichst gering sein (bestimmt n¨amlich Grösse der linearen Gleichungen), aber hinreichend in ”signifikanten” Teilen des Gebietes. Winkelbedingungen Mythos ”obtuse angle” in 2D. Aus der numerischen Analysis weiss man Theorem 2 Für eine reguläre Familie von Simplex-Gittern Th h is der Diskretisierungsfehler (in der Energie-Norm) einer hinreichend regul ären Lösung von der Ordnung 1 u uh O h Daraus leitet man in 2D ein Winkel-Kriterium ab, da die Stabilit¨atsKonstante sich verbessert. Die technischen Anforderungen sagen noch nichts über die Qualit¨at der Gitter. Erfahrungstatsachen: Langsame Variation der Punktdichte, gute Approximation der Ladungsdichte ρ und Rekombination R, Edges parallel und orthogonal zur Stromdichte. Gittergeneration ist eine schwierige Aufgabe, wenn man sowohl die technischen als auch die qualitativen Anforderungen erfüllen will: OCTREE 1D,2D und 3D. PARALLEL OFFSETTING Variante von Advancing Front. 2D. 60 CHAPTER 4. NUMERISCHE METHODEN Figure 4.3: Octree und Normal-Offsetting Gitter mit Elektronen-Stromdichte 4.3.2 Gitter Adaption Die Gitter sollten im Idealfall von der Lösung des diskreten Problems abh¨angen. Gitter-Adaption ist daher generell wünschenswert, doch muss man sich klar machen, wozu diese dienen soll und was sie leisten kann. Goal Equations Discretization Final Mesh Grid Adaptation Criteria Strategy Figure 4.4: Komponenten der Gitter-Adaption Silizium 5 5.1 Bandstruktur Entstehung von B¨andern qualitativ Die Atomrümpfe eines Kristalls kann man sich in erster N¨aherung als Potentialtöpfe vorstellen. Solange Potentialtöpfe hinreichend isoliert voneinander sind, hat jeder von ihnen eine Serie von diskreten Energie-Niveaus (sh. a)). Bei Ann¨aherung w¨achst die Wahrscheinlichkeit, dass Elektronen von einem Topf in die benachbarten Töpfe tunneln können. Die diskreten Energie-Niveaus spalten auf, bei N Töpfen in N Niveaus (sh. b)). Bei sehr vielen Töpfen und weiterer a) b) bandentstehung.ID.epsi 113 57 mm c) Ann¨aherung wird der Abstand zwischen den aufgespaltenen Niveaus sehr klein es entstehen B¨ander. Diese können zusammenwachsen (sh. c)), wie es bei Metallen der Fall ist. In Halbleitern, wie Silizium, entstehen jedoch Energielücken (“gaps”), weil es zwei Arten von Zust¨anden gibt - bindende und antibindende. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit zwischen den Potentialtöpfen ist bei bindenden Zust¨anden besonders gross, w¨ahrend sie bei antibindenden Zust¨anden dort 61 62 CHAPTER 5. SILIZIUM a) Ψ Ψ gapentstehung.ID.epsi 110 42 mm b) Schematische Darstellung der Wellenfunktion Ψ zweier gekoppelter Potentialtöpfe. Links: antibindender Zustand, rechts: bindender Zustand. sehr klein wird (Knoten der Wellenfunktion). Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit innerhalb der Töpfe ist jedoch in beiden F¨allen ¨ahnlich gross. Bindende Zust¨ande sind für das Zusammenhalten der positiven Ionenrümpfe in Molekülen verantwortlich. Quantenmechanik: Ultra-Short Course II Quasiklassische N¨aherung Wird die de-Broglie-Wellenl¨ange klein gegenüber den Abmessungen des Problems, kann man die quasiklassische N¨aherung für die Wellenfunktion benutzen (WKB-Näherung, Wentzel-Kramers-Brillouin). Sie entspricht in der Optik dem Übergang von der Wellenoptik zur geometrischen Optik. Sei ψ x Lösung der (hier ein-dimensional betrachteten) Schrödinger-Gleichung 2 2m ψ x E V x ψ x 0 (ψ x bedeutet die zweite Ableitung nach x.) ψ x wird in der Form ψ x e σ x i mit σ σ0 σ1 2 σ2 (5.1) geschrieben. Die Reihenentwicklung der Phase nach Potenzen von liefert sepa rate Gleichungen in jeder Ordnung von . Wegen ψ ψσ 2 2 iψσ geht die Schrödinger-Gleichung in σ 2 i σ 2m E i V x i (5.2) 5.1. BANDSTRUKTUR 63 über. In der nullten Ordnung verbleibt nur σ0 2 mit der Lösung σ0 x x dx V x 2m E 2m E V x x dx p x Dabei ist p der klassische Impuls, der mit dem -Zeichen vor der Wurzel definiert wird. Diese N¨aherung ist dann gut, wenn man den zweiten Term auf der linken Seite von Gleichung (5.2) gegen den ersten vernachl¨assigen kann, also wenn σ σ 2 1 gilt. Da in nullter Ordnung σ σ0 p x ist, bedeutet die Bedingung dλ dx p p2 1 wie man durch differenzieren von λ x λ x 2π p x sofort sieht. Die deBroglie-Wellenl¨ange darf sich also über Abmessungen von der Grössenordnung der Wellenl¨ange selbst nur wenig ¨andern. In der Ordnung 1 erh¨alt man 1 2σ σ 2m i 0 1 i σ 2m 0 σ0 σ0 σ1 2 σ0 2σ0 Auflösung nach σ1 ergibt σ1 stante σ1 Setzt man σ0 0 0 p 2p, so dass bis auf eine Kon- 1 ln p 2 σ1 i in den Ansatz (5.1) für die Wellenfunktion ein, folgt ψ x C1 i e p x p x dx i C2 e p x p x dx (5.3) Das Auftreten von 1 p bedeutet, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ψ x 2 des Teilchens im Intervall x x dx umgekehrt proportional zum Impuls p x ist. Dies spiegelt das klassische Verhalten wieder, denn bei einer klassischen Bewegung ist die Zeit, die ein Teilchen in dx verbringt, umgekehrt proportional zu seiner Geschwindigkeit. 64 CHAPTER 5. SILIZIUM V(x) klassischer Umkehrpunkt E x x umkehrpunkt.ID.epsi 0 63 56 mm Die N¨aherungslösung (5.3) kann man auch in Gebieten anwenden, die klassisch verboten sind, d.h. in denen der Impuls rein imagin¨ar wird. Der Punkt, der klassisch erlaubtes von klassisch verbotenem Gebiet trennt, heisst klassischer Umkehrpunkt. Im klassisch verbotenen Gebiet x x0 (genügend weit entfernt vom Umkehrpunkt x0 ) hat die Wellenfunktion die Gestalt 1 C ψ x 2 p e x x0 p x dx (5.4) mit neuer Normierungskonstante C. Die quasiklassische Lösung im klassisch erlaubten Gebiet x x0 (genügend weit entfernt von x0 ) lautet (Kramers, 1926) C ψ x 2 p cos x0 1 x π 4 p x dx (5.5) Kronig-Penney-Modell (1930) Wir betrachten jetzt ein ein-dimensionales, periodisches Modellpotential, das aus einer unendlichen Folge von Quantentöpfen der Breite d besteht, die durch Potential-Barrieren der Dicke b und der “Höhe” V0 getrennt sind. Wenn b genügend gross ist, sind die Wellenfunktionen in einem solchen Topf praktisch gleich denjenigen im Potentialtopf mit endlich hohen aber unendlich dicken W¨anden (sh. Kapitel 1). Wegen der Periodizit¨at des Potentials mit der Periode b d a können wir die gesuchte Wellenfunktion für die Bewegung eines Teilchens in diesem Potential als Fourier-Reihe n ψk x ∞ A ∑ eiklaψn x l ∞ la (5.6) 5.1. BANDSTRUKTUR 65 darstellen. Der Index n kennzeichnet den n-ten Zustand des isolierten Quanten n n topfs. Offenbar gilt ψk x a exp ika ψk x , d.h. beim Durchgang durch eine Periode “sammelt” die Welle eine Phase ka “auf”. Wir schreiben die beiden V(x) V0 periodpot.ID.epsi Ψ(x) 88 47 mm -b 0 d x d+b Schrödinger-Gleichungen n ψk E k 2m E ψ 2m n 2 n 2 V x ψk n V x ψn n 0 0 periodisches Potential isolierter Topf n auf, multiplizieren die erste mit ψn , die zweite mit ψk , subtrahieren gliedweise und integrieren über x in den Grenzen von b 2 bis d b 2 d b 2 n dx ψk n ψn ψn ψk b 2 2m 2 E k n E n ψk ψn n 0 Nach partieller Integration erh¨alt man E n k En d b 2 n dx ψk ψn b 2 2 2m n ψn ψk ψk ψn n d b 2 b 2 66 CHAPTER 5. SILIZIUM Für das Integral auf der linken Seite folgt nach Einsetzen von (5.6) n d b 2 d b 2 ∞ dx ψk ψn ∑ eikla l ∞ A b 2 b 2 dx ψn x ψn x δl0 A la (5.7) da die Überlappungsbeitr¨ age von den n¨achsten Nachbarn verschwindend ger ing sind und ψn x normiert ist (die Beitr¨age zur Normierung ausserhalb des Intervalls b 2 d b 2 können ebenfalls vernachl¨assigt werden). Die Energieb¨ander En k , zu denen die diskreten Niveaus En verbreitern, nehmen damit die Form En k En 2 n ψn ψk 2mA ψk ψn n d b 2 b 2 an. Bei x d b 2 tragen von der Summe (5.6) nur die Glieder mit l 0 und l 1 bei, d.h. ψn d b 2 und ψn b 2 exp ika , alle anderen sind verschwindend klein. Somit n ψk d b 2 A ψn d b 2 A ψn d b 2 1 b 2 eika eika ψn Das -Zeichen steht, wenn ψn symmetrisch ist, das -Zeichen für antisymb 2 tragen von der metrische Zust¨ande des isolierten Potentialtopfes. Bei x Summe (5.6) nur die Glieder mit l 0 und l 1 bei, d.h. ψ b 2 und n ψn d b 2 exp ika , n ψk b 2 A ψn A ψn b 2 b 2 1 b 2 e ika ψn d e ika Für die ersten Ableitungen erh¨alt man n ψk d n ψk b 2 A ψn d b 2 A ψn b 2 1 b 2 1 eika e ika 5.1. BANDSTRUKTUR 67 (Statt steht jetzt , da bei Bildung der ersten Ableitung symmetrische Zust¨ande in antisymmetrische Funktionen übergehen und umgekehrt.) Nach Einsetzen und Zusammenfassen aller Terme wird En k 2 2 ψn d b 2 ψn d b 2 cos ka (5.8) m Um für ψn die oben eingeführten quasiklassischen N¨aherungen (5.4) benutzen pn . Wir benötigen noch einen expliziten Ausdruck für zu dürfen, gelte b die Normierungskonstante C in (5.4). Da C auch in der quasiklassischen Lösung im Innern des Potentialtopfes auftritt, kann man diese zur Bestimmung von C verwenden: En k En d 1 0 dx ψn x 2 C d 2 dx 0 1 i pn x cos 2 d 1 x pn x dx i π 4 Die Beitr¨age der exponentiell abklingenden Anteile in den Barrieren-Gebieten sind nach Voraussetzung klein gegen 1 und wurden vernachl¨ assigt. Ausserdem i muss für die quasiklassische N¨aherung im Innern np d 1 gelten, d.h. die i Wellenfunktion hat dort viele Knoten. Wegen der Konstanz von p n 2mEn folgt dann (cos2 kann durch den Mittelwert 1 2 ersetzt werden) C2 1 i pn d i pn dx cos2 d 0 x π 4 C2 d i 2pn also C 2pn d. Wir können nun die Werte von ψ und ψ in der Mitte der Barriere berechnen: i ψn d ψn d a mit pn b 2 i pn a 2d pn a b 2 pn 1 exp ψn d d b 2 a dx pn d i pn a b 2 2d pn a bpn 2 exp En . Einsetzen in (5.8) ergibt 2m V0 En k En En i pn a bpn exp cos ka dm 2 E1 En Dn cos ka π (5.9) 68 CHAPTER 5. SILIZIUM wobei E1 2 π2 2md 2 (sh. Kapitel 1) und der Durchgangskoeffizient für eine Rechteck-Barriere 2b Dn e 2m V0 En benutzt wurde. Die Bandweite ist in dem betrachteten Modell der starken Lokalisation Wn Da nach Voraussetzung Dn 4 E1 En D n π 1 sein muss, sind die B¨ander sehr schmal. In der E n (k) En cos-baender.ID.epsi 50 47 mm π 2a N¨ahe von k E n-1 π 2a 0 k 0 kann man den cos entwickeln: En k En 1 Wn 2 Wn a2 2 k 4 Ersetzt man den Faktor vor k 2 durch 2 2m , erh¨alt man eine Dispersionsrelation wie für freie Teilchen, mit dem Unterschied, dass die Masse m0 durch eine effektive Masse m m 2 2 Wn a2 ersetzt ist. Dieser Relation kann man auch ablesen, dass die Bandweite umgekehrt proportional zum Quadrat der Periode des Potentials ist. In Halbleiter-Kristallen π π entspricht a der Gitterkonstanten, und das Intervall 2a 2a ist die (eindimensionale) Brillouin-Zone (BZ). Bandstruktur von Silizium Silizium kristallisiert in der Diamantstruktur. Die Atome befinden sich auf den 5.1. BANDSTRUKTUR 69 Pl¨atzen zweier ineinander verschachtelter f.c.c.-Gitter (kubisch-fl¨achenzentriert, face-centered cubic). Fasst man das Zentralatom der schwarz hervorgehobenen tetraedrischen Struktur (bestehend aus fünf Atomen) mit einem der anderen fünf Atome zusammen, erh¨alt man die sogenannte Basis des Kristalls. Die Basis ist auf einem einfachen f.c.c.-Gitter periodisch fortgesetzt. In III-V-Halbleitern, die in derselben Struktur kristallisieren (“Zinkblende”), besteht die Basis aus a=5.43 Å diamond.ID.epsi 107 79 mm . zwei verschiedenartigen Atomen, z.B. in GaAs aus Ga und As. Den Würfel, der die schwarz hervorgehobene tetraedrische Struktur enth¨alt, nennt man primitive Einheitszelle. Es gibt zwei Atome pro primitive Einheitszelle, da die vier ¨ausseren Atome jeweils von vier Nachbar-Zellen “geteilt” werden. Jedes SiAtom steuert vier Valenz-Elektronen bei, d.h. es gibt 8 Valenz-Elektronen pro primitive Einheitszelle. Unter Berücksichtigung der Spin-Entartung ergeben sich also 4 Valenzb¨ander, die bei T 0 K vollst¨andig besetzt sind und die aus bindenden Zust¨anden aufgebaut sind. Die antibindenden Zust¨ande bilden 3die Leitungsb¨ander. Die untersten vier Leitungsb¨ander entstehen aus den sp Hybridorbitalen, die höher liegenden Leitungsb¨ander aus höheren Orbitalen. Der Kristall besteht also ganz allgemein aus einer Basis und dem sogenannten Bravais-Gitter, das im Falle von Silizium ein f.c.c.-Gitter mit der Gitterkonstanten a 5 43 Å ist. Das Bravais-Gitter ist eine Menge von Punkten Rl (Gitter Vektoren), die durch drei nicht-koplanare Translationen a1 , a2 und a3 erzeugt 70 CHAPTER 5. SILIZIUM werden, welche Vektoren im drei-dimensionalen Raum sind Rl l1 a 1 l2 a 2 l3 a3 mit ganzen Zahlen l j . Als a j kann man die primitiven Gittervektoren a 0 1 1 2 a1 a2 a 1 0 1 2 a3 a 1 1 0 2 w¨ahlen. Jede Translation Rl überführt den Kristall in sich selbst. Deshalb muss x abasisvect.ID.epsi 3 69 72 mm a2 a1 y z jede physikalische Grösse f r vor und nach der Translation dieselbe sein f r Rl f r (5.10) d.h. f r ist eine auf dem Bravais-Gitter periodische Funktion. Wir können sie also in eine Fourier-Reihe entwickeln: f r ∑ AKh eiKh Kh r mit AKh 1 Ω0 d 3 r f r e iKh r Ω0 Als Periodizit¨atsvolumen nehmen wir das Volumen der primitiven Einheitszelle Ω0 a1 a2 a3 . Man kann aber auch andere Zellen mit demselben Volumen verwenden. Als besonders günstig erweist sich die sogenannte Wigner-SeitzZelle, die dadurch erhalten wird, dass man alle n¨achsten Nachbaratome durch 5.1. BANDSTRUKTUR 71 Linien (a1 a1 a2 a2 ) verbindet und diese mittels senkrecht dazu ste hender Ebenen halbiert. Die geometrische Figur, die von allen diesen Ebenen begrenzt wird, heisst Wigner-Seitz-Zelle. Unter Benutzung der TranslationsInvarianz (5.10) folgt f r Rl ∑ AKh eiKh r Rl f r Kh und somit eiKh Rl 1 Dies kann nur erfüllt werden, wenn Kh Rl 2π (ganze Zahl) gilt. Die Vektoren Kh , die diese Bedingung erfüllen, heissen reziproke Gittervektoren. Man kann sie in einer Basis b1 b2 b3 des reziproken Gitters darstellen: h1 b 1 Kh h 2 b2 h 3 b3 Z.B. kann man reziproke primitive Gittervektoren (ai b j Basis nehmen b1 2π ¯ 1 1 1 a b2 2π ¯ 1 1 1 a b3 2πδi j ) als eine solche 2π 1 1 1¯ a wobei der Strich einfach “minus” bedeutet. Die Menge aller K h erzeugt das sogenannte reziproke Kristall-Gitter, das zum Kristall-Gitter komplement¨ar ist. Kubische Gitter haben reziproke kubische Gitter. Aber, man beachte, dass das reziproke Gitter eines f.c.c.-Gitters ein kubisch raum-zentriertes Gitter (b.c.c., body-centered cubic) ist. Auch im reziproken Gitter erweist es sich als günstig, die primitive Zelle als Wigner-Seitz-Zelle zu w¨ahlen. Die Konstruktionsvorschrift bleibt die gleiche. Man konstruiert also die Wigner-Seitz-Zelle des b.c.c.-Gitters, d.h. des zum f.c.c.-Gitter komplement¨aren reziproken Gitters mit dem reziproken Gittervektor Kh 0 als Ursprung. Diese Zelle hat den Namen 1. Brillouin Zone (abgekürzt 1. BZ). Ihre geometrische Gestalt ist ein “gekappter” Oktaeder (sh. Abb.). Die praktische Bedeutung der 1. BZ folgt aus der Tat sache, dass in ihr alle Energieb¨ander Eν k stetige Funktionen sind. Nur an den R¨andern können Unstetigkeiten auftreten. Die R¨ander sind mit den sogenannten Braggschen Reflexionsebenen identisch. Um das einzusehen, betrachten wir das Kristall-Potential V r als Störung zur freien Bewegung der Elektronen. Da V r periodisch ist, kann man es in eine Fourier-Reihe entwickeln: V r ∑ BKh eiKh r h 72 CHAPTER 5. SILIZIUM Kz W X U K W L U Kx Γ brillzone.ID.epsi 93 85 mm X W K Ky 1. BZ des f.c.c.-Gitters mit symmetrischen Punkten. Der hervorgehobene Bereich ist der irreduzible Teil der BZ (1/48), der für die Berechnung der Bandstruktur relevant ist. Das Übergangs-Matrixelement muss man mit ebenen Wellen bilden (die ungestörten Zust¨ande, freie Elektronen!), so dass k V r k ∑ B Kh δ k k Kh h Es verschwindet, ausser für k k Kh (5.11) Die Stösse der leichten Elektronen mit dem schweren Kristall-Gitter sind elastisch: k k . Quadriert man (5.11), erh¨alt man 2 k Kh Kh 2 (5.12) Das ist genau die Bedingung für Bragg-Reflexion. In den Lehrbüchern zur Halbleiter-Theorie wird üblicherweise die (entartete) Störungstheorie explizit durchgeführt und damit das Aufreissen von Energielücken an den Bragg-Ebenen demonstriert (sh. z.B. Enderlein/Schenk Seite 81 ff.). Wir haben stattdessen an obigem Beispiel die Entstehung von Bändern plausibel gemacht. In diesem 5.1. BANDSTRUKTUR 73 Beispiel sind die Energielücken von vornherein vorhanden, und zwar durch den Abstand der diskreten Energie-Niveaus des isolierten Potentialtopfes. Eine wichtige Folge der Translationssymmetrie des Kristalls ist die Periodizit¨at der Energie E k und der Wellenfunktionen ψν k r Kh E k ψν k Kh r (5.13) (5.14) Der Impuls der Elektronen ist im Kristall Erhaltungsgrösse, wie man Kkeine aus (5.11) ersieht. Aber alle Impulse k und damit alle Wellenfunktioh nen mit Wellenvektoren k Kh sind ¨aquivalent. Deshalb kann man sich bei der Berechnung physikalischer Grössen auf die 1. BZ beschr¨anken. Liegt k ausserhalb der 1. BZ, findet man immer einen reziproken Gittervektor Kh , der k in die 1. BZ verschiebt (“falten”). Man bezeichnet k auch als Quasiwellenvektor. Die Translationssymmetrie ist jedoch nicht die einzige Symmetrie des f.c.c.Gitters. Als Punktgruppe des Kristalls bezeichnet man die Menge aller geometrischen Operationen (Drehungen, Spiegelungen), die das direkte Gitter (und damit auch das reziproke Gitter) in sich selbst überführen. 48 solcher Operationen bilden einen Würfel in sich selbst ab. Die entsprechende Gruppe nennt man Oh . Ohne Inversion verbleiben 24 Operationen, die die Gruppe Td bilden (die Basis ist nur gegen diese Untergruppe invariant). Die k-Vektoren der 1. BZ kann man in Punkte in symmetrischer Lage und Punkte in allgemeiner Lage einteilen. k ist in symmetrischer Lage, wenn es ausser der Translation noch ein Element α der Punktgruppe Oh gibt, das k in einen dazu äquivalenten Vektor überführt. Äquivalenz ( bedeutet Gleichheit bis auf einen additiven reziproken Gittervektor Kh .) Andernfalls ist k in allgemeiner Lage. Wendet man die Elemente der Punktgruppe auf einen Vektor k der 1. BZ an, dann bilden alle αk, die nicht ¨aquivalent zu k sind, den sogenannten Stern von k. Ist k in allgemeiner Lage, hat der Stern soviel “Zacken”, wie die Punktgruppe Elemente hat. Ist k in symmetrischer Lage, so ist die Anzahl der Zacken nur ein Bruchteil der Ordnung der Punktgruppe. (Z.B. hat der Mittelpunkt der 1. BZ, der Punkt mit der höchsten Symmetrie überhaupt, nur noch eine Sternzacke.) Alle k-Vektoren, die die gleiche Symmetrie haben, also von den gleichen α invariant gelassen werden, bilden ein Symmetrieelement in der 1. BZ. Für die Diamantstruktur gibt es 4 Symmetriepunkte (Γ; X; L; W), 5 Symmetriegeraden und 2 Symmetrieebenen. Die Punktsymmetrie des Kristalls übertr¨agt sich unmittelbar auf die Bandstruktur: Eν k Eν αk (5.15) 74 CHAPTER 5. SILIZIUM Diese Form der Entartung nennt man Sternentartung. Wegen der Sternentartung genügt die Kenntnis der Energieband-Funktionen Eν k in einem Ausschnitt der 1. BZ, der den Raum zwischen benachbarten Sternzacken ausfüllt (der in der Abb. hervorgehobene Bereich). Man bezeichnet einen solchen Ausschnitt als irreduziblen Bestandteil der 1. BZ. Alle inneren Punkte und die meisten Randpunkte sind k-Vektoren in allgemeiner Lage, also mit 48 Sternzacken. Deshalb ist dieses Gebiet 1/48 der 1. BZ. Die Energie-Eigenwerte über dem Rest der 1. BZ erh¨alt man durch symmetrische Fortsetzung der Werte über dem irreduziblen Bestandteil mit Hilfe der Gleichung (5.15). Eine weitere Form der Entartung ist die symmetrie-bedingte Bandentartung. Gilt n¨amlich für bestimmte k-Vektoren, dass αk ¨aquivalent 1ist und dass die zugehörigen Eigenfunktionen im Band ν, ψν k r und ψν k α r , linear unabhängig sind, so laufen an der Stelle k zwei B¨ander zusammen. Für Punkte in allgemeiner Lage kann eine solche symmetrie-bedingte Bandentartung nicht auftreten. Den Grad möglicher Bandentartungen in Symmetriepunkten und auf Symmetriegeraden kann man mittels gruppentheoretischer Methoden bestimmen (was hier zu weit gehen würde). Nachstehend sind für die Punkte Γ, X und L die möglichen Entartungen aufgeführt. X-Punkt: L-Punkt: Γ-Punkt: 3-, 2-, 1-fache nur 2-fache 2-, 1-fache Γ15 Γ25 3-fach L3 L3 2-fach Γ2 1-fach L1 1-fach Eine nicht durch die Symmetrie bedingte, wie man sagt “zuf¨allige” Entartung, ist die Bandüberlappung. Ein Beispiel ist die Überschneidung der obersten drei Leitungsb¨ander auf der ∆-Geraden. Wie man der dargestellten Bandstruktur entnimmt, ist Silizium ein indirekter Halbleiter. Das Minimum des untersten Leitungsbandes in 100 -Richtung X) liegt bei 0 85 ΓX . Das Maximum der obersten Valenzb¨ander liegt (Γ bei Γ. Der Wert der indirekten Energielücke (das “fundamentale gap”) betr¨agt bei Raumtemperatur Eg 1 12 eV . Wegen der Spin-Bahn-Wechselwirkung wird die zweifache Entartung der beiden obersten Valenzb¨ander bei Γ in Wirklichkeit aufgehoben. Ein Band, das sogenannte split-off band, spaltet nach unten ab. Sein Extremum hat den Wert Eso Γ 0 044 eV . Deshalb wird es oft vernachl¨assigt und schweren Löcher, die bei Γ zusamund nur die beiden B¨ander der leichten menlaufen, werden bei Berechnungen mit einbezogen. Für viele Anwendungen, bei denen nur kleine k in der N¨ahe der Bandextrema eine Rolle spielen, genügt es, Ec k und Elh hh k quadratisch zu entwickeln. Da der lineare Term an den Extrema natürlich verschwindet, erh¨alt man eine Dispersionsrelation wie für freie Elektronen, mit dem Unterschied, dass man andere Massen, sogenannte effektive Massen einführen muss, um die Krümmung der B¨ander in der N¨ahe der Extrema richtig zu reproduzieren. Die Wirkung des komplizierten periodischen Kristall- 5.1. BANDSTRUKTUR | | | 6.0 75 L3 | Γ2 Γ15 Γ15 | 2.0 L1 | Γ25’ X1 Sibandst.ID.epsi 99 71 mm Γ25’ | 0.0 | L3’ -2.0 | -4.0 | | Energy (eV) Γ2’ | 4.0 X4 | | ∆1 Λ L Γ ∆ X Σ K Γ Wave Vector k Bandstruktur von Silizium berechnet mit empirischem nicht-lokalen Pseudopotential (Chelikowsky und Cohen, 1974). Ec = Eg + Kz h2 (k -k )2 + h2 (k -k )2 2m l 0 2m t 0⊥ ⊥ = h2 k 2 2m lh,hh = E lh,hh = - Kz effmass.ID.epsi 121 63 mm Kx Kx Ky Ky . Potentials ist dann nur noch über diese effektiven Massen parametrisiert. Die Bandstruktur E k kann man auch dadurch graphisch darstellen, dass ν man Fl¨achen Eν k const im k-Raum, bzw. deren Schnittkurven mit bestimmten Ebenen konstruiert. In der Abbildung sind die Isoenergie-Fl¨achen Ec k const (rechts) und Elh hh k const (links) in Effektivmassen-N¨aherung 76 CHAPTER 5. SILIZIUM veranschaulicht. Für die Löcher ergeben sich in Wahrheit keine Kugeln, sondern (wegen der Spin-Bahn-Kopplung) “warped surfaces”. Die Kugeln sind also Approximationen mit richtungsgemittelten effektiven Massen. Man findet mhh 0 5 m0 und mlh 0 17 m0 . Die Isoenergie-Fl¨achen der Elektronen sind Rotationsellipsoide. Man bezeichnet sie auch als Täler. Wegen der Sternentartung der Symmetriegeraden ∆ sind auf allen sechs Zacken dieses Sterns Minima vorhanden, es gibt also sechs ¨aquivalente T¨aler. Deshalb nennt man Silizium auch einen Vieltal-Halbleiter. Die sogenannte longitudinale effektive Masse (parallel zu den Hauptachsen) hat den Wert ml 0 92 m0 , w¨ahrend die soge Hauptachsen) den Wert nannte transversale effektive Masse (senkrecht zu den mt 0 19 m0 hat. Dies erscheint verwunderlich, denn Silizium muss als kubis cher Kristall eine isotrope (Ohmsche) Leitf¨ahigkeit haben. Die Lösung ist, dass der Mittelwert über alle sechs T¨aler eine isotrope Leitf ähigkeitsmasse 1 mσ 1 3 1 ml 2 mt ergibt. 5.2 Zustandsdichte Die station¨aren Wellenfunktionen der Kristall-Elektronen haben folgende Form (Bloch-Theorem, Beweis in Lehrbüchern): 1 ikr ψν k r e uν k r Bloch Funktionen (5.16) Ω Sie sind in einem Grundgebiet Ω normiert und stellen modulierte ebene Wellen dar. Der Modulationsfaktor heisst Bloch-Faktor und ist eine gitterperiodische Funktion: uν k r uν k r Rl . Wir stellen jetzt periodische Randbedingungen mit Ω als Periodizit¨atsvolumen (Born-von Karmansche Randbedingungen). Dazu w¨ahlen wir Ω G3 Ω0 , wobei Ω0 a1 a2 a3 das Volumen der primitiven Einheitszelle und G eine grosse ganze Zahl ist. Periodische Randbedingung bzgl. des Grundgebietes Ω bedeutet nun, dass sich eine Grösse nicht ¨andert, wenn man vom Punkt r zum Punkt r Ga j geht. Da ein Vektor im k-Raum mittels der reziproken Gittervektoren bm dargestellt werden kann (k ∑m km bm ), wird die periodische Randbedingung von den Bloch-Funktionen genau dann erfüllt, wenn 1 km lm m 1 2 3 lm ganze Zahl (5.17) G Wegen der Gitterperiodizit¨at des Bloch-Faktors ist n¨amlich ψν k r ψν k r Ga j genau dann wenn eikGa j 1 5.2. ZUSTANDSDICHTE 77 Dass der Phasenfaktor tats¨achlich 1 ist, kann man leicht überprüfen: ei ∑m km bm Ga j ei ∑m lm 2πδ jm eikGa j e i ∑ m lm b m a j ei2πl j 1 Die neuen Basisvektoren im k-Raum bm G, mit denen jeder k-Vektor als k ∑m lm bm G dargestellt wird (lm ganze Zahl), bilden ein feinmaschiges Gitter (sh. Abbildung). Durch die periodische Randbedingung wird der k-Raum also diskretisiert. Der Vorteil dieser Prozedur wird im folgenden klar werden. b2 feinmasch.ID.epsi 69 51 mm 1 b G 2 1 b G 1 b1 Die Abz¨ahlung der erlaubten elektronischen Zust¨ande kann nun dadurch erfolgen, dass man über alle B¨ander ν und alle Maschen innerhalb der 1. BrillouinZone summiert. Hinzu kommt ein Faktor 2 von der Spin-Entartung (jeder Zustand kann zweifach besetzt werden, mit einem Elektron “spin-up” und einem Elektron “spin-down” .) Für die mittlere Elektronenzahl im Grundgebiet ergibt sich daher 2∑ N mit der Fermi-Dirac-Verteilung fν k fν k ∑ ν k 1 BZ 1 Eν k EF e kB T (5.18) 1 (5.19) Die totale Elektronen-Dichte erh¨alt man durch Division mit dem Volumen Ω des Grundgebietes. Da das Volumen der 1. BZ gleich 8π3 Ω0 betr¨agt, ist das Volumen einer feinmaschigen Zelle gleich 8π3 Ω. Die Zahl G ist sehr gross, also darf 78 CHAPTER 5. SILIZIUM man die Summation durch eine Integration ersetzen: 8π3 Ω ∑ k d3k (5.20) (man vergleiche z.B. den Übergang von der Riemann-Summe zum RiemannIntegral in 1D: dx f x ∑l ∆x l f xl ). ntotal 2 fν k ∑ ∑ Ω ν k 1 BZ N Ω ∞ d 3 k fν k k 1 BZ Schreibt man stattdessen ntotal 1 4π3 ∑ ν ∞ dE D E f E (5.21) (5.22) dann definiert der Vergleich der letzten beiden Formeln die energetische Zustandsdichte D E : 1 4π3 ∑ ν D E d3k δ E Eν k (5.23) k 1 BZ Ein Summand der ν-Summe heisst partielle Zustandsdichte des ν-ten Bandes. Beispiel: parabolisches, isotropes Leitungsband Die Dispersionsrelation für diesen einfachsten Fall lautet Ec k 2k2 2mc und ist bis auf die effektive Masse mc identisch wie für freie Elektronen. Einsetzen in (5.23) ergibt 1 4π3 Dc E d kδ E 3 2 k2 2mc k 1 BZ Da das Bandmodell nur für kleine Energien sinnvoll ist (zu denen kleine maximale k gehören), kann die δ-Funktion bereits für kleine k innerhalb der 1. BZ erfüllt werden. Dc E gilt am Ende natürlich nur für kleine E. Man kann dann die Integration ins Unendliche erstrecken und Dc E sofort ausrechnen: Dc E Dc E 1 π2 ∞ dk k δ E 2 0 1 2π2 2mc 2 3 2 2 k2 2mc E Θ E 1 2π2 2mc 3 2 ∞ dε ε δ E 2 ε 0 (5.24) 5.2. ZUSTANDSDICHTE 79 Im Silizium ist folgende Modifikation zu machen: 3 2 mc mt2 ml 1 2 def 3 2 mdn für ein Tal Nimmt man den Faktor 6 für die sechs ¨aquivalenten T¨aler hinzu, dann 3 2 mdn 3 2 def 3 2 m̃dn 62 3 mdn für sechs T¨aler Zahlenwerte: mdn 0 32 m0 und m̃dn 1 06 m0 . Wie gut (bzw. schlecht) das Zustandsdichte (engl.: DOS, denZustandsdichte-Modell (5.24) die realistische sity of states) von Silizium beschreibt, kann der Abbildung entnommen werden. alpha=0.5 0.04 3 DOS (1/(eV*A )) 0.05 0.03 full band DOSnew.eps 91 71 mm 0.02 parabolic 0.01 0.00 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 Electron Energy (eV) Zustandsdichte von Silizium berechnet mit realistischer Bandstruktur (“full band”), in der parabolischen Näherung (5.24) mit mc mdn (“parabolic”) und in nichtparabolischer Näherung Ec k 1 αEc k 2 k2 2mdn mit α 0 5 eV. 80 5.3 Fermi-Dirac-Verteilung CHAPTER 5. SILIZIUM 5.3.1 System mit konstanter Teilchenzahl (“kanonische Verteilung”) Medium E’ dΓ’ Gesamtsystem Körper bath.ID.epsi 85 53 mm E dΓ (0) E dΓ (0) = dΓ’ dΓ Wir betrachten ein abgeschlossenes System mit der Energie E 0 (Gesamtsystem). Das Gesamtsystem sei in zwei Teilsysteme aufgespalten: Körper und Medium (oder “Bad”). Der Körper muss im Vergleich zum Gesamtsystem sehr klein aber immer noch makroskopisch gross sein. Die gesamte innere Energie 0 E ist die Summe aus Energie des Mediums E und Energie des Körpers E, da die Wechselwirkungs-Energie sehr klein gegenüber E ist. Letzteres folgt daraus, dass nur Teilchen in der N¨ahe der Oberfl¨ache des Körpers mit dem Bad wechselwirken und deren relative Zahl im Vergleich zur Zahl aller Teilchen des Körpers sehr klein ist (Körper ist makroskopisch gross!). Natürlich ist andererseits die Wechselwirkung die Ursache und Bedingung dafür, dass Körper und Bad ins statistische Gleichgewicht kommen können. dΓ 0 sei die Zahl der Quantenzust¨ande des Gesamtsystems, die zu einem be 0 stimmten infinitesimalen Energie-Intervall dE gehören. dw 0 sei die Wahrscheinlichkeit, das Gesamtsystem in irgendeinem der dΓ Zust¨ande zu finden. 0 Diese Wahrscheinlichkeit ist proportional zur Zahl aller möglichen Zust¨ande des Gesamtsystems dw 0 const δ E E E 0 const δ E E E 0 dΓ 0 dΓ dΓ 5.3. FERMI-DIRAC-VERTEILUNG 81 (dw 0 heisst mikrokanonische Verteilung). Die δ-Funktion drückt dabei die Energieerhaltung aus (Summe der Energien von Körper und Medium muss gleich der Gesamtenergie sein). Die Zahl der möglichen Zust¨ande des Gesamtsystems ist natürlich gleich dem Produkt von Zahl der möglichen Zust¨ande des Körpers und Zahl der möglichen Zust¨ande des Bades. Diese statistische Unabh¨angigkeit folgt wiederum aus der begründeten Annahme der schwachen Wechselwirkung zwischen Körper und Bad. Man fragt nun nach der Wahrscheinlichkeit dwn für denjenigen Zustand des Gesamtsystems, bei dem sich der Körper in einem bestimmten (mikroskopischen) Quantenzustand mit der Energie En befindet (also muss dΓ 1 gesetzt werden): const δ En dwn E E 0 dΓ Die totale Wahrscheinlichkeit für die Realisierung des Zustandes, in dem der Körper die Energie En hat, erh¨alt man durch Integration über alle mikroskopischen Zust¨ande des Bades dΓ, die die Energieerhaltung nicht verletzen: wn const E E 0 E E 0 δ En const δ En dΓ dΓ dE dE ! w n En (5.25) Der n¨achste Schritt ist die Berechnung von dΓ dE . Dazu bezeichnen wir mit Γ E die Zahl der Quantenzust¨ande des Mediums, deren Energie kleiner oder man die Zahl der Zust¨ande des Mediums mit Energien gleich E ist. Dann kann zwischen E und E dE in der Form dΓ E dE dE dΓ schreiben. Um nun die Wahrscheinlichkeit W E dE dafür zu erhalten, dass die dE Energie des Mediums im Intervall E E liegt, muss man die Wahrschein lichkeit w E für die Realisierung eines bestimmten Zustands des Mediums mit der Energie E mit der Zahl der Quantenzust¨ande multiplizieren, deren Energie in diesem Intervall liegt: W E dE W E dΓ E wE dE dΓ E wE dE dE w E dΓ (5.26) 82 CHAPTER 5. SILIZIUM W E hat ein extrem scharfes Maximum beim Mittelwert E wegen der riesengrossen Teilchenzahl im Bad. (Ganz allgemein gilt E 2 E E 1 N für die relative Fluktuation der Energie E . Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit für eine relative Abweichung von 10 6 der Energie eines Hundertstel Mols irgen15 deines Gases betr¨agt 10 3 10 .) Die Verteilung W E ist normiert. Die Normierungsbedingung lautet W E dE 1 Man ersetzt die Kurve W E durch ein Rechteck mit der Breite ∆E und der 1 W E gelten. Höhe W E . Wegen der Normierungsbedingung muss ∆E Anwendung auf (5.26) ergibt W E ∆E dΓ E ∆E w E dE ∆Γ w E 1 ∆Γ ist die Zahl der Quantenzust¨ande des Bades, die dem Energie-Intervall ∆E entspricht. Diese Grösse charakterisiert den “Grad der Verschmierung” des makroskopischen Zustandes des Mediums über seine mikroskopischen Zust¨ande. Man sagt auch statistisches Gewicht des makroskopischen Zustandes dazu. Seinen Logarithmus nennt man Entropie kB ln ∆Γ S (5.27) Wegen der ungeheuren Sch¨arfe der Verteilung W E kann man dΓ dE ∆Γ ∆E exp S E ∆E kB ersetzen. Nach Einsetzen in Gleichung (5.25) erh¨alt man w n En const δ En E exp S E 0 const ∆E E E 0 En k B E 0 En exp S E ∆E kB dE 5.3. FERMI-DIRAC-VERTEILUNG 83 Da der Körper nach Voraussetzung klein gegen das Medium ist (also auch En E 0 ), kann man im Nenner En vernachl¨assigen und im Z¨ahler die TaylorEntwicklung En S E0 anwenden. Somit ergibt sich dS En dE 0 S E0 dS En (5.28) dE 0 kB An dieser Stelle wird die Thermodynamik ins Spiel gebracht. Aus ihr ist bekannt, dass w n En dE A exp T dS P dV µc dN (5.29) gilt. Im hier vorliegenden Fall ist dV dN 0, also dS dE 1 T im Körper wie im Medium wegen der Voraussetzung des thermodynamischen Gleichgewichts. Damit erh¨alt man endgültig die Gibbssche Verteilung (oder kanonische Verteilung) (Gibbs, 1901) w n En A exp En kB T (5.30) Die Normierungskonstante folgt aus ∑n wn 1. Gleichung (5.30) gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass ein Körper die Energie E n hat, wenn er sich im thermodynamischen Gleichgewicht mit einem Medium befindet, das die Temperatur T hat. 5.3.2 System mit variabler Teilchenzahl (“grosskanonische Verteilung”) N 0 sei die Zahl der Teilchen im Gesamtsystem, N die Zahl der Teilchen im Medium und N die Zahl der Teilchen im Körper. Zwischen Körper und Medium können Teilchen ausgetauscht werden. Die durch den Teilchen-Austausch bedingten Fluktuationen von N und N sind wegen der grossen Teilchenzahlen (makroskopische Systeme!) im selben Sinne klein wie die Fluktuationen der Energie (sh. (5.3.1)). Was ¨andert sich an der obigen Ableitung? Die Wahrscheinlichkeits-Verteilung wn verallgemeinert sich zu wn wnN const exp S E 0 EnN N 0 N wnN ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Körper N Teilchen enth¨alt und sich im n-ten Zustand befindet. Die Energien EnN des Körpers h¨angen jetzt natürlich von der Teilchenzahl N im Körper ab. 84 CHAPTER 5. SILIZIUM Die Taylor-Entwicklung der Entropie bzgl. der kleinen Grössen EnN und N ergibt jetzt S E 0 EnN N 0 N 0 S E EnN T N0 µc N T Dabei fallen die chemischen Potentiale (wie die Temperaturen) des Körpers und des Mediums wegen der Gleichgewichtsbedingungen zusammen. Damit erh¨alt man die grosskanonische Verteilung wnN A exp µc N En kB T Die Normierungskonstante folgt aus ∑ wnN (5.31) 1. nN 5.3.3 Fermi-Dirac-Verteilung Teilchenzahl N und Energie EnN des Körpers werden in der sogenannten Besetzungszahl-Darstellung aufgeschrieben: ∞ nN ∞ ∑ nl N nN ∑ nl EnN l 0 nN εl l 0 nl gibt die Zahl der Teilchen an, die einen Einteilchen-Zustand ψl mit der Energie εl besetzen. Der Wertevorrat der Besetzungszahlen unterscheidet Fermionen von Bosonen Bosonen : nl Fermionen : nl nN nN 0 1 2 3 0 1 Fermionen haben halbzahligen Spin, Bosonen ganzzahligen. Die VielteilchenWellenfunktion der Fermionen ¨andert ihr Vorzeichen, wenn zwei Teilchen vertauscht werden, die der Bosonen nicht. Unter Verwendung der grosskanonischen Verteilung (5.31) erh¨alt man für die mittlere Zahl von Teilchen im Körper N ∑ wnN N nN ∞ ∑ ∑ wnN nl l 0 nN nN ∞ ∑ nl l 0 Der letzte Schritt, d.h. die Einführung der mittleren Besetzungszahl ln̄, ist nichttrivial, bedeutet er doch, dass jetzt u.U. ein einziges Teilchen die Rolle des Körpers übernimmt. Bei der Ableitung der Gibbs-Verteilung wurde gefordert, 5.3. FERMI-DIRAC-VERTEILUNG 85 dass der Körper immer noch makroskopisch gross sein muss, um zu garantieren, dass die Wechselwirkung zwischen Körper und Bad vernachl¨assigbar ist (QuasiAbgeschlossenheit des Körpers). Die Quasi-Abgeschlossenheit eines einzelnen Teilchens ergibt sich hier aus der Voraussetzung, dass die direkte dynamische Wechselwirkung zwischen den Teilchen vernachl¨assigbar klein gegen die Einteilchen-Energien εl ist. Die Ausnahme ist die Austausch-Wechselwirkung, die bei höheren Dichten zu einer anderen Statistik (Fermi-Statistik) führt. Sie ist jedoch nur für Teilchen in ein und demselben Zustand wichtig. Nur wenn die direkte dynamische Wechselwirkung vernachl¨assigbar bleibt, ist die Energie EnN die einfache Summe der Einteilchen-Energien. Gase, bei denen die Wechselwirkung zwischen den Molekülen vernachl¨assigt werden kann, nennt man ideale Gase. Wir betrachten also hier ideale (Quanten-) Gase. (Wie im Falle makroskopischer Körper darf natürlich die Wechselwirkung nicht völlig fehlen, da sich sonst kein Gleichgewicht zwischen den Teilchen einstellen könnte.) Die mittlere Besetzungszahl wird explizit nl ∑ wnN nl nN ∑ nl nN ∑ nl ∞ ∑ exp ∑ exp l 0 ∑ nnN l nN µc N E n kB T µc ε l nnN l kB T ∞ l 0 µc N E n kB T exp nN nN ∑ exp nN nN nN µc ε l kB T ∑ nl nN nN ∏ e µc ε k kB T nN nk k ∑∏ e µc ε k kB T nN nk nN k Den Nenner nennt man grosse Zustandssumme Z , aus der man n l generieren kann: n̄l Z ∑ nl 1 nN e µc ε l kB T nN Z 1 Z 1 nl nN ∏ ∂ Z ∂εl e µc ε k kB T nN nk k l µ εk ∂ kB T e kB T ∑ ∏ ∂εl nN k kB T c kB T nN nk ∂ ln Z ∂εl (5.32) 86 CHAPTER 5. SILIZIUM Für Elektronen und Löcher ist 1 ∑ nN nN n1 ∑ nN n2 0 wegen des Pauli-Prinzips. Die grosse Zustandssumme wird dann Z ∑∏ µc ε k kB T e nN nk ∑ ∏ B nk nN nN k nN k 1 nN n1 ∞ ∏ ln Z k ∞ ∑ nN n2 1 ∑ ln ∏ B nk nN 0 k ∞ Bk 1 ∏ e µc ε k kB T 1 1 e B1 1 µc ε k kB T B2 1 Bl k (5.33) k 0 und schliesslich mit (5.32) (Fermi, Dirac, 1926) nl 1 1 e ε l µc kB T (5.34) nl kann nur Werte zwischen 0 und 1 annehmen, wie es wegen des Pauli-Prinzips sein muss. 1, geht die Fermi-Dirac-Verteilung in die Im Falle der Nichtentartung, nl Boltzmann-Verteilung über. Dazu muss offenbar εl µc und εl µc kB T gelten. nl e µc ε l kB T wenn nl 1 In der Bauelemente-Physik benutzt man folgende Bezeichnungen: ε l f E , µc EF und nennt EF Fermi-Niveau. f E 1 1 e E EF kB T (5.35) E, nl (5.36) 5.4. LADUNGSTRÄGERDICHTEN 87 distribution function 1.5 T=1K T=77K T=300K T=700K Boltzmann 300K 1.0 fermifunc.eps 86 72 mm 0.5 0.0 −0.2 −0.1 0.0 0.1 energy E − EF (eV) 0.2 Die linierten Kurven zeigen die Fermi-Dirac-Verteilung für vier verschiedene Temperaturen als Funktion von E EF . Zum Vergleich ist die Boltzmann-Verteilung bei 300 K dargestellt. Der Unterschied zur Fermi-Verteilung verschwindet mit wachsender Energie und ist bei E EF 2kB T bereits vernachlässigbar. 5.4 Ladungstr¨ agerdichten A) Intrinsisches Silizium Wir definieren Ev k 0 als Energie-Nullpunkt. Eg ist die Energie des indirekten gaps. Nach den Vorbereitungen der vorangegangenen Abschnitte können wir jetzt die Gleichgewichts-Dichten der Elektronen und Löcher hinschreiben: n p 3 2 mit m̃d p 1 2π2 3 2 m̃d lh 3 2 ∞ 2m̃dn 1 2π2 dE 2 Eg Eg E EF e kB T 1 3 2 0 2m̃d p E dE 2 3 2 ∞ 1 E EF E e kB T Elektronendichte (5.37) Löcherdichte (5.38) m̃d hh . Beide Ausdrücke enthalten ein Fermi-Integral F1 F1 2 η 2 π ∞ 0 dx x e x1 2 η 1 2 (5.39) 88 CHAPTER 5. SILIZIUM Deshalb kann man die Dichten auch in der Form E E F g n Nc F1 2 p Nv F1 kB T EF kB T 2 (5.40) schreiben. Die Vorfaktoren nennt man effektive Zustandsdichten des Leitungsund Valenzbandes: Nc v m̃dn p kB T 2 2π 2 3 2 2 541 10 19 m̃dn p m0 3 2 T 300 3 2 cm 3 Im Falle der “Nichtentartung”, d.h. wenn E g EF kB T für Elektronen und EF kB T für Löcher gilt, wird η e Boltzmann N¨aherung F1 2 η und die Dichten nehmen die Form E E F g n Nc exp kB T p Nv exp EF kB T an. Im intrinsischen Silizium lautet die Neutralit¨atsbedingung n Dotierung). Andererseits ist np def 2 ni p (keine Eg Nc Nv e kB T Diese Beziehung kann man als Massenwirkungsgesetz einer “chemischen Reaktion” C T Nc Nv np auffassen. n und p spielen dabei die Rolle der Endprodukte (freie Ladungstr¨ager), w¨ahrend Nc v die Rolle der Ausgangsprodukte spielen (gebundene Elektronen und Löcher). C T ist die Massenwirkungskonstante (thermodynamisch betrachtet ist Eg die Summe der freien Enthalpien von Elektron und Loch). Man erh¨alt also als Eigenleitungsdichte n p ni . Auflösung nach dem entsprechenden FermiNiveau ergibt, da n EF EF Eg kB T Nc exp EF i 1 Eg 2 ni Eg kB T ln m̃ Nc 3 dp kB T ln 4 m̃dn ni Nc Nv e Eg 2kB T 1 kB T Nv Eg ln 2 2 Nc (5.41) 5.4. LADUNGSTRÄGERDICHTEN 89 Die Zustandsdichte-Massen sind allerdings selbst temperaturabh¨angig (m̃dn 300 K 1 090 m 0 m̃d p 300 K 1 152 m0). Wegen des geringen Massen Unterschieds ist EF i 300 K Eg 2 1 meV ! Bei Raumtemperatur liegt das Eigenleitungs-Niveau also praktisch in der Mitte der Energielücke (“midgap”). Die intrinsische Dichte9 ni ist3 schwierig zu messen. Der momentan beste Wert ist ni 300 K 9 97 10 cm . B) Dotiertes Silizium Wir betrachten n-dotiertes Silizium und setzen voraus, dass die Donatoren genau einen gebundenen Zustand mit dem Energieniveau ED erzeugen und das dieses Niveau auch nur einfach besetzbar ist. Das Einbringen von Elementen der 5. Hauptgruppe des PSE, wie Phosphor oder Arsen, auf regul¨are Pl¨atze des SiliziumKristallgitters führt dazu, dass das “überschüssige” fünfte Valenzelektron nur noch schwach an den Donator gebunden ist und leicht thermisch ins Leitungsband aktiviert werden kann. Die Bindungsenergie im Grundzustand, d.h. E g ED , ist nur von der Grössenordnung 50 meV . Die Statistik für solche an sogenannten flachen Störstellen gebundene Elektronen unterscheidet sich etwas von der Statistik der freien Ladungstr¨ager. Das gebundene Elektron kann sich in zwei Zust¨anden befinden: “spin-up” oder “spin-down”, wir bezeichnen diese Zust¨ande mit D , D . Der einfach besetzte Zustand hat also zwei Realisierungsmöglichkeiten, der unbesetzte nur eine! nD bezeichne die Besetzungszahl (also hier 0 oder 1). Man führt Gewichtsfaktoren gnD ein (also hier g0 1, g1 2), so dass die verallgemeinerte Besetzungswahrscheinlichkeit des Niveaus ED : fD ∑ gnD nD exp nD 0 1 µc E D nD kB T µc E D nD kB T ∑ gnD exp nD 0 1 fD 1 g0 g1 exp E D µc kB T 1 (5.42) Der Unterschied zu den freien Ladungstr¨agern besteht also im Auftreten eines Faktors g0 g1 vor der e-Funktion. Dieser Faktor ist 1 2 für Donatoren und 2 für Akzeptoren. Die physikalische Ursache liegt in der vorausgesetzten Beschr¨ankung der nur einfachen Besetzbarkeit von ED . Ein zweites Elektron kann nicht gebunden werden, da die starke Coulomb-Wechselwirkung in der Umgebung des Donators (Bohr-Radius!) dies verhindert. Im Gegensatz dazu sind die Elektronen in den B¨andern relativ weit voneinander entfernt, jedes EnergieNiveau kann dort zweifach besetzt werden (Spin-Entartung). 90 CHAPTER 5. SILIZIUM Die Neutralit¨atsbedingung für (homogen) dotiertes Silizium lautet n Man beachte, dass N D Niveaus ist. p n2i n ND die Dichte der ionisierten Donatoren, also der unbesetzten ND ND fD ND 1 ND 1 2 exp mit 1 Nc exp 2 n1 def EF ED kB T Eg ED kB T ND n n1 n1 (5.43) Setzt man dies in die Neutralit¨atsbedingung ein, folgt n2i ND n1 n 0 n n n1 n2 n n 1 n n1 n2i n n1 ND 0 (5.44) Man hat also bereits eine kubische Gleichung in n erhalten. Die kann man zwar noch lösen, wir betrachten hier aber nur den wichtigen Fall ND ni . Unter dieser Voraussetzung ist auch n ni und der mittlere Term in (5.44) kann vernachl¨assigt werden. Dann n2 n n n1 1 n1 2 n1 ND 4ND n1 0 1 1 (5.45) ND n1 (nicht zu hohe Dotierung, ausreichend hohe Temperaturen, das FermiNiveau liegt noch einige kB T unterhalb von ED ) n ND , vollständige Ionisation EF Eg kB T ln ND Nc ND n1 (sehr hohe Dotierung, tiefe Temperaturen) n n1 ND ND , Ausfrieren der freien Ladungstr¨ager an den 5.4. LADUNGSTRÄGERDICHTEN Störstellen EF Eg kB T 2 ln 1 2 Eg ND 2N c 91 1 2 ED Eg EF T 0 ED , d.h. das Fermi-Niveau kommt genau in der Mitte zwischen Donator-Niveau und Bandkante zu liegen. Alle diese Betrachtungen sind stark vereinfacht. Mit steigender Dichte wird das Coulomb-Potential der ionisierten Störstellen abgeschirmt. Die Bindungsenergie wird eine Funktion der Dichte: ED ED n . Bei etwa n 2 1018 cm 3 können in Si überhaupt keine Elektronen mehr an den Donatoren gebunden werden und der Ionisationsgrad wird 1. Diese Situation nennt man Mott-Übergang. Eine Folge der immer höheren Dotierung ist, dass die diskreten Störstellen-Niveaus ED zu einem schmalen Störstellen-Band verbreitern, das schliesslich mit dem Leitungsband verschmilzt. Ein weiterer wichtiger Effekt h¨angt mit der Vielteilchen-Wechselwirkung zusammen. Werden die B¨ander stark besetzt, wie das bei hohen Dotierungen der Fall ist, ver¨andert sich die Bandstruktur: Die Energielücke schrumpft (band gap narrowing) und Eg Eg ND n . Der Grund sind Energie-Beitr¨age der Austausch- und Korrelations-Wechselwirkung. Die St¨arke des Effektes kann man der Abbildung entnehmen. Band Gap Narrowing ∆Eg [eV] del Alamo et al. Ghannam Mertens et al. Neugroschel et al. Possin et al. Slotboom et al. Swirhun et al. Wieder Schenk model (n−type) Schenk model (p−type) CompElKlaassNEW.eps Klaassen (unified) 0.15 0.10 72 70 mm 0.05 0.00 16 17 18 19 20 −3 Log( Density [cm ] ) 21 6 Streuprozesse 6.1 Übergangswahrscheinlichkeit am Beispiel der Streuung an ionisierten Störstellen Vorbetrachtung Überlagert man dem Potential des idealen Kristalls ein konstantes elektrisches Feld E, w¨achst der Elektronen-Impuls linear an: kt k0 e Et (6.1) Dabei wurde die Anfangsbedingung k t 0 k0 angenommen und die Newtonsche Bewegungsgleichung gelöst. Für symmetrische Feldrichtungen gibt es einen Zeitpunkt t T E , an dem der Vektor kT K T mit dem Vektor kt 0 zum Zeitpunkt 0 erstmalig wieder zusammenf¨allt. Das bedeutet, dass der BlochZustand zum Zeitpunkt T in den Bloch-Zustand zum Zeitpunkt 0 zurückkehrt. Für ganzzahlige Vielfache von T gilt das gleiche. Die Bewegung von BlochZust¨anden im elektrischen Feld ist also periodisch. Man nennt diese Bewegung Bloch-Zener-Oszillationen. Die Periode T dieser Oszillationen ergibt sich aus Gleichung (6.1): T K e E Für E 104 V cm und primitive reziproke Gittervektoren K b j ist T etwa 10 10 s. Kehren wir zu den B¨andern zurück, wie wir sie im letzten Kapitel für das 1D-Modellpotential erhalten hatten: E k E0 cos ka . Berechnet man daraus die Gruppengeschwindigkeit vg 1 dE dk aE0 92 sin ka 6.1. SKK AM BEISPIEL DER STREUUNG AN IONISIERTEN STÖRSTELLEN 93 und setzt für k die Beziehung (6.1) ein, so ergibt sich aE0 vg aeEt sin k0 a Die Gruppengeschwindigkeit oszilliert also in den Grenzen aE0 mit der Frequenz f aeE h, die genau dem Kehrwert von T im eindimensionalen Fall entspricht. Da die Stromdichte j envg ist, sieht man also, dass ein Gleichfeld E einen Wechselstrom j generiert. Das zeitliche Mittel ist Null, d.h. es fliesst kein Gleichstrom. Dass man trotzdem einen Gleichstrom misst, liegt an der Streuung. Nach Zeiten von etwa 10 13 s werden die Bloch-Elektronen durch Stösse mit Phononen und Störstellen aus der Bahn geworfen, so dass sie niemals einen Impulszuwachs von K w¨ahrend der periode T schaffen können. Die Streuung sorgt also bei Bloch-Elektronen nicht wie bei völlig freien Elektronen dafür, dass ein sonst unendlich grosser station¨arer Strom endlich bleibt, sondern dafür, dass ein sonst verschwindender Strom nicht Null wird! Bloch-Zener-Oszillationen wurden vor einigen Jahren erstmals an Supergittern, die eine viel grössere Gitterperiode als a haben, anhand der emittierten Terra-Hertz-Strahlung nachgewiesen. Quantenmechanik: Ultra-Short Course III Goldene Fermi-Regel der QM Wir betrachten einen zeitabh¨angigen Störoperator der Form 0 Wt.ID.epsi 53 13 mm V t W t 0 0 t sonst τ wobei die Ortsabh¨angigkeit von W t nicht t explizit mitgeschrieben wird. Die zeitabh¨angige Schrödinger-Gleichung i Ĥ ∂ Ψ t ∂t 0 V t Ψ t hat keine station¨aren Lösungen im Zeitintervall 0 τ . Wir entwickeln Ψ t nach den station¨aren Zust¨anden nφ von Ĥ0 . Die zugehörigen Eigenenergien sind En . (Eine solche Entwicklung ist möglich, da die φn eine orthonormierte Basis im Hilbert-Raum bilden.) Ψ t ∑ an t n φn exp i En t (6.2) τ 94 CHAPTER 6. STREUPROZESSE Zu Zeitpunkten t 0 hat sich das System in einem Eigenzustand von Ĥ0 befunden, z.B. φi (“i” steht für “initial”). Daher muss Ψa φi exp i Ei t für t 0 δni für t 0. Nachdem die Störung sein. Daraus folgt an t vorbei ist, d.h. für t τ, haben die Koeffizienten wieder konstante Werte ani τ . Sie h¨angen vom Anfangszustand (deshalb der Index i) und von der Dauer der Störung τ ab. Für Zeiten t τ lautet also die Wellenfunktion ∑ ani τ Ψe φn exp n i En t Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System nun in einem bestimmten Zustand f (“ f ” steht für “final”) befindet, wird durch das Betragsquadrat 2 Bez a f i τ M f i τ (6.3) gegeben. M f i heisst Übergangswahrscheinlichkeit (von i nach f ). Ziel ist die Berechnung von M f i . Dazu setzt man die Entwicklung (6.2) in die SchrödingerGleichung ein und erh¨alt im Zeitintervall 0 τ ∂an t φn exp i ∑ ∂t n En t i W t ∑ an t φn exp n i En t Um eine Gleichung für die Entwicklungskoeffizienten an t zu erhalten, multipliziert man diese Gleichung mit φ f und integriert über den IR3 : ∂an t i ∑ φ f φn exp ∂t n ȧ f t mit δfn 1 i ∑ n i En t ∑ an t n φ f W t φn exp f W t n an t eiω f nt φ f W t φn def f W t n i En t (6.4) d 3 r φn r φ f r W t ωfn E f En nennt man Übergangsfrequenz. Gleichung (6.4) ist eine Differentialgleichung 1. Ordnung in der Zeit mit der Anfangsbedingung a f 0 δ f i , 6.1. SKK AM BEISPIEL DER STREUUNG AN IONISIERTEN STÖRSTELLEN 95 wie man durch Einsetzen in (6.2) sofort sieht. Wir nehmen nun an, dass W t nur eine “kleine Störung” ist, bzw. dass die Dauer τ der Störung nicht zu lang ist. Dann kann man (6.4) iterativ lösen und im ersten Schritt Anfangsbedingung die 0 in die rechte Seite anstelle von an t einsetzen, also an t δni : 1 f W t i eiω f i t i Integration im Intervall 0 τ unter Beachtung, dass die Zust¨ande f und i verschieden sein sollen, liefert 1 τ 1 a f i τ dt f W t i eiω f i t i 0 ȧ f i t 1 Damit erh¨alt man für die Übergangswahrscheinlichkeit in 1. Störungstheorie 1 Mfi τ 1 afi 2 τ τ 1 2 dt f W t i eiω f i t 2 0 Ordnung (6.5) Wir betrachten jetzt zwei wichtige F¨alle für die Zeitabh¨ angigkeit des Störoperators W t : 1.) W t W0 W0 r f W0 i 2 M f i τ 1 keine Zeitabh¨angigkeit f W0 π 2 e 2 ω2 fi iω f i τ 2 1 ω f iτ 4 sin 2 i 2 2 2 ω2 fi ωfi 2 τ ωfi 2 τ 2 sin2 f W0 i τ 2 π τ ∞ δ (6.6) ωfi 2 Der letzte Schritt folgt aus einer der möglichen Darstellungen der δFunktion: 1 sin2 xε 0 πε x ε 2 lim ε δ x 96 CHAPTER 6. STREUPROZESSE Wir definieren die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit als Sfi lim 1 Mfi τ τ 2π τ ∞ Ei f W0 i 2 δ E f (6.7) Man nennt sie oft “Fermi’s Goldene Regel der Quantenmechanik”. Sie ist die wohl wichtigste Formel für Anwendungen der QM. Man bedenke, dass mit ihr die Berechnung von (mikroskopischen) Streuraten auf die Berechnung eines einzigen Übergangs-Matrixelements, gebildet mit Zust¨anden des ungestörten Systems, reduziert wird. 2.) W0 eiω0 t e iω0 t W t periodische Störung z.B. Phonon, Photon, ... Die Rechnung ist analog. Es treten lediglich Frequenzverschiebungen ω f i ω0 auf und man erh¨alt 2π Sfi f W0 i 2 δ E f Ei ω0 δ Ef Ei ω0 Die erste δ-Funktion beschreibt die Emission eines Quants der Energie ω 0 , die zweite die Absorption eines solchen Quants. Wir betrachten jetzt zwei wichtige F¨alle für die Ortsabh¨angigkeit des Störoperators W0 . Anfangs- und Endzust¨ande seien Bloch-Funktionen der Kristall-Elektronen. 1 ik r 1 i f e uk ν r e ik r ukν r Ω Ω Wir fragen also nach der Wahrscheinlichkeit für die Streuung aus einem Zustand mit dem Wellenzahlvektor k aus der 1. BZ in einen Zustand mit dem Wellenzahlvektor k aus der 1. BZ. Da in der QM der Zusammenhang p k zwischen Impuls und Wellenzahlvektor gilt, ist die Frage gleichbedeutend mit der Frage nach den zu erwartenden Impuls¨anderungen p p. 1.) W0 r f W0 i const W0 3 ir k d re Ω Ω W0 δνν δkk k u r u r kν kν 6.1. SKK AM BEISPIEL DER STREUUNG AN IONISIERTEN STÖRSTELLEN 97 wegen der Orthonormierung der Bloch-Funktionen. Das Matrixelement liefert also nur von Null verschiedene Beitr¨age, wenn k k gilt, d.h. eine r¨aumlich konstante Störung ¨andert den Impuls eines Elektrons nicht. 2.) W0 r beliebig. Fourierzerlegung: W0 r f W0 i 1 W0 q ∑ Ω q Ω d 3 re ir k k ∑ W0 q eiq r q q u r u r kν kν Wenn q klein ist, dann gilt die Orthonormiertheit wenigstens noch n¨aherungsweise. Im Rahmen der Effektivmassen-N¨aherung werden die Bloch-Faktoren von vornherein durch 1 ersetzt. Dann erh¨alt man f W0 i ∑ W0 q δk q k q δνν ! δνν W0 k k Die Fouriertransformation des Potentials W0 r führt also direkt auf das Matrixelement. Bemerkung: Die Goldene Regel zeichnet sich durch eine grosse Allgemeingültigkeit aus. Dies obwohl ein offensichtlicher Widerspruch besteht. Um die δ-Funktion zu ∞ nehmen. Bei bestimmten Wechselerhalten, musste man den Limes τ wirkungsprozessen wirkt jedoch die Störung nur w¨ahrend sehr kurzer Zeiten. Für Stosszeiten von der Grössenordnung 10 14 s und kleiner kann der Ausdruck (6.6) typischerweise nicht mehr in eine δ-Funktion übergehen, die Energie-Erhaltung wird verletzt. Dies ist eine Konsequenz der Heisenbergschen Unsch¨arferelation. Zu kurze Wechselwirkungen, d.h. mit zu grosser Zeitsch¨arfe, sind unweigerlich mit einer gewissen Energie-Unsch¨arfe verbunden. Die im folgenden betrachteten Streuprozesse der Elektronen in Silizium-Bauelementen sind jedoch derart, dass die Goldene Regel mit grosser Genauigkeit gilt. A) Anwendung auf Streuung an ionisierten Störstellen Die ionisierten Dotieratome erzeugen ein Coulomb-Potential, das dem eines Protons sehr ¨ahnlich ist. Die Einbettung der Ionen-Rümpfe im Silizium hat jedoch zwei Konsequenzen: 1.) Wegen des relativ grossen Bohrschen Radius “spürt” das gebundene Elektron ein Gebiet des Kristalls vom Volumen mehrerer hundert Wigner-Seitz-Zellen. Die Polarisierbarkeit der Silizium-Atomrümpfe führt dazu, 98 CHAPTER 6. STREUPROZESSE dass das Orbital nur den εs -ten Teil des “nackten” Coulomb-Potentials spürt. ε s ist die statische Dielektrizit¨atskonstante (εs 11 7 in Silizium). 2.) Die frei be weglichen Ladungstr¨ager reagieren auf die zus¨atzliche Ionen-Ladung durch eine gewisse Umordnung. Resultat dieser Umordnung ist ein zus¨atzliches Potential, das jedes Elektron im System spürt, also auch das an der Störstelle gebundene. In einfachster N¨aherung kann man diesen Effekt mittels einer q-abh¨angigen dielektrischen Funktion der Gestalt ε q 1 q2s q2 beschreiben (der Index “s” steht für “screening”). Die Wellenzahl q s ist umgekehrt proportional zur sogenannten Abschirmlänge Ls : Ls 2π qs . Man findet in 1. Ordnung Störungstheorie 0.0 Potential (eV) Screening Length (nm) 1000 100 lambda.eps 63 55 mm 10 1 14 10 10 15 10 16 10 17 18 10 10 19 −0.1 −0.2 20 10 yukawa.eps 62 57 mm 0 5 −3 Density (cm ) 14 10 16 10 18 10 20 10 10 15 Distance (nm) Realistisch berechnete Abschirmlänge als Funktion der Elektronendichte in n-Silizium bei 300 K (links). Yukawa-Potential bei verschiedenen Elektronendichten (rechts). q2s 4πe2 n p εs kB T d.h. die Abschirml¨ange ist 1 n p. Je grösser die Dichten der frei beweglichen Ladungstr¨ager, um so st¨arker wird das Coulomb-Potential abgeschirmt. Dies geht soweit, dass ab einer bestimmten Dichte überhaupt kein Elektron mehr an der Störstelle gebunden werden kann. Dies ist der bereits im vorangegangenen Kapitel erw¨ahnte Mott-Übergang. Er findet in Silizium bei Dichten von etwa 2 1018 cm 3 statt. Darüber sind alle Dotieratome ionisiert. Das effektive Potential, das von den ionisierten Dotieratomen erzeugt wird, nimmt nach dem oben Diskutierten die Form des sogenannten Yukawa-Potentials 6.1. SKK AM BEISPIEL DER STREUUNG AN IONISIERTEN STÖRSTELLEN 99 an e2 e r Ls εs r W0 r (6.8) an. Um die Übergangswahrscheinlichkeit für Streuungen an diesem Potential zu finden, müssen wir also nur die Fourier-Transformierte berechnen: 1 Ω W0 q Ω d 3 r e iq rW0 r Dies sollte man als Übung tun (Kugelkoordinaten!), das Ergebnis ist 4π e2 Ω εs q2 Ls 2 W0 q Damit erh¨alt man alsÜbergangswahrscheinlichkeit Skk für die Streuung an einer ionisierten Störstelle Skk 2π Ω εs 4πe2 k2 k Ls 2 δ Ek 2 Ek (6.9) Wir betrachten ionisierte Donatoren mit einer mittleren Dichte ND . Nach Prozess-Schritten wie Implantation, Eindiffusion und Ausheilung sind die Donatoren regellos auf dem Kristall-Gitter verteilt. Ist der Abschirmradius kleiner als der halbe mittlere Abstand zwischen den Donatoren, kann man die Streuung an verschiedenen Donatoren als unabh¨angig voneinander ansehen. Dies ist für Dotierungskonzentrationen (und damit Dichten), die die Beweglichkeit der Ladungstr¨ager tats¨achlich beeinflussen, gut erfüllt. Da wir alle Berechnungen auf das Grundgebiet Ω beziehen wollen, ist der letzte Ausdruck noch mit der Zahl der Donatoren im Grundgebiet ΩND zu multiplizieren, um zur totalen Streurate zu kommen (wegen der vorausgesetzten Unabh¨angigkeit der Donatoren) Skk 2π 4πe2 Ω ε2s 2 ND k k 2 Ls 2 δ Ek 2 Ek (6.10) (Brooks, Herring, 1951). Der Fall geringer Dotierungskonzentrationen, bei dem der Abschirmradius grösser als der halbe mittlere Abstand zwischen den Donatoren werden kann, erfordert eine gesonderte Behandlung der dabei auftretenden Mehrfach-Streuung (Conwell, Weisskopf). 100 CHAPTER 6. STREUPROZESSE B) Impuls-Streurate Gem¨ass Gleichung (3.15) ist die Beweglichkeit direkt proportional zur makroskopischen Impuls-Relaxationszeit: µn eτ p n mn . Das 1. Moment der Boltzmann-Gleichung liefert den Zusammenhang zwischen τ p n und dem Stossterm der BG ∂v v n n (6.11) ∂t coll τp n (sh. Kap.3). Wir schreiben beide Seiten explizit aus, wobei nach (5.20) kSummation durch k-Integration ersetzt wird. n ∂v ∂t coll n v d 3 k ∑ Sk k 1 k fk fk Skk 1 f k f k v Ω k d 3 k d 3 k Skk fk fk 3 8π mn Ω d 3 k fk d 3 k Skk k k mn 8π3 1 d 3 k f k k mn τp n τp n Dabei wurde ein einfaches, parabolisches Leitungsband Ec k 2k2 2mn angenommen, was ausreicht, weil nur kleine k in der Umgebung des Bandminimums zur Übergangswahrscheinlichkeit beitragen. Um (6.11) nach 1 τ p n auflösen zu können, betrachten wir o.B.d.A. die z-Komponente der Geschwindigkeit und erhalten Ω 8π3 1 τp n d kf d k S d kf k 3 3 k 3 kk kz k z k z Für die k-Integration wird kz als Polarachse benutzt. Da die Stösse elastisch sind, haben die Vektoren k und k die gleiche L¨ange, so das kz kz cos Θ mit dem Streuwinkel Θ. Dies führt auf d k f k τ k d kf k 3 1 τp n 1 k z pn 3 k z mit der Impuls-Streurate τ p 1n k Ω 8π3 d 3 k Skk 1 cos Θ (6.12) 6.2. DIE WICHTIGSTEN STREUMECHANISMEN IN SILIZIUM 101 Vergleicht man den letzten Ausdruck mit der totalen (mikroskopischen) Streurate aus Kap.2, die dort für symmetrische (“randomizing”) Übergangswahrscheinlichkeiten Skk S k k Sk k S k k definiert wurde, so tritt hier ein Faktor 1 cos Θ auf, der Streuungen mit Θ 0, die zu keinerlei Impuls¨anderung führen, herausfiltert. DieÜbergangswahrscheinlichkeit Skk wird für Θ 0 maximal, da k k 2 k2 k 2 2kk cos Θ cos Θ 2k2 1 4k2 sin2 Θ 2 in dem Fall verschwindet. Die Streuung an ionisierten Störstellen ist also nicht “randomizing”, sondern führt bevorzugt zur Vorw¨arts-Streuung. Setzt man den Ausdruck (6.10) für Skk in die Impuls-Streurate ein und nutzt die δ-Funktion aus, ergibt sich 1 τ p n als Funktion nur der Energie: τ p 1n Ek πe4 ND Φ η 3 2 2mn ε2s Ek mit Φ η ln 1 η 1 η η und η 8mn Ek 2Ls 2 (Brooks, Herring, 1951). Mit wachsender Energie nimmt die Impuls-Streurate sehr schnell ab, was nachtr¨aglich nochmal die Verwendung der EffektivmassenApproximation rechtfertigt. 6.2 Die wichtigsten Streumechanismen in Silizium Der wichtigste Streumechanismus ist die Streuung an Phononen, den Quanten der Gitterschwingungen. W¨ahrend die Streuung an ionisierten Störstellen elastisch ist, liefert die Phononstreuung einen Energieverlust-Mechanismus (Emission von optischen Phononen). Die Beweglichkeit der Ladungstr¨ager in Silizium (und damit auch die Temperaturabh¨angigkeit der Beweglichkeit) ist für N dop 1016 cm 3 völlig von der Phononstreuung dominiert. Der Störoperator ist das sogenannte Deformationspotential. Man erh¨alt es, wenn man die EnergieÄnderung infolge der Gitterdeformation (Änderung der Gitterkonstanten a) störungstheoretisch berechnet. Eine relativ einfache Darstellung findet sich im Buch von Hess (S. 89 ff.). Wir geben hier nur die Impuls-Streuraten der wichtigsten Prozesse als Funktion der Energie an, wobei wieder eine parabolische Dispersion der B¨ander vorausgesetzt wurde. 102 CHAPTER 6. STREUPROZESSE I NNERTAL -S TREUUNG AN AKUSTISCHEN P HONONEN ( ELASTISCHE N ÄHERUNG ) D2ac 2 mt2 ml kB T π 4 c2l ρ 1 τac p n E E (Dac - Deformationspotential-Konstante, ρ - Massen-Dichte, cl - longitudinale Schall-Geschwindigkeit). Der Ausdruck für die Löcher ist ¨ahnlich, Deformationspotential-Konstante und effektive Massen sind anders. Z WISCHENTAL -S TREUUNG (E LEKTRONEN ) 1 τivp n E AN AKUSTISCHEN UND NICHT- POLAR OPTISCHEN ∑ α Täler fB α ΘE 1 2 1 2 2 f E ωα Zα mt2 ml Div α 1 f E 2π 3 ωα ρ 1 ωα P HONONEN E ωα (ωα - effektive Phonon-Frequenz, Div α - effektive DeformationspotentialKonstante, f E - Fermi-Dirac-Verteilung, fB α - Bose-Einstein-Verteilung fB α exp ωα kB T 1 1 , Θ - Stufenfunktion). S TREUUNG 1 nop τp p AN NICHT- POLAR OPTISCHEN P HONONEN (L ÖCHER ) 3 2 E D2nop md p 2ρω0 π f E 3f E f E ω0 f B 0 1 ω0 f B 0 E E ω0 Θ E ω0 ω0 (Dnop - nicht-polar optische Deformationspotential-Konstante, ω 0 - effektive Phonon-Frequenz, f B 0 - Bose-Einstein-Verteilung f B 0 exp ω0 kB T 1 1 ). S TREUUNG AN IONISIERTEN S T ÖRSTELLEN (B EISPIEL 1 τp n E imp EINFACHE D ONATOREN ) πe4 ND Φ η 2mn ε2s E 3 2 Mit ge¨anderter effektiver Masse gilt dieser Ausdruck auch für Löcher. Allerdings versagt die 1. Ordnung Störungstheorie bei diesem Streumechanismus relativ schnell. 6.3. DIE MATTHIESSEN-REGEL 103 Man entnimmt diesen Formeln folgende allgemeine Charakteristika: Die Phonon-Streuraten sind proportional zur Zustandsdichte E und zu den Phonon-Besetzungswahrscheinlichkeiten f B . Sie sind ausserdem monoton wachsende Funktionen der Temperatur T , denn im Fall ω kB T geht 1 fB ω e kB T kB T ω 1 6.3 Die Matthiessen-Regel Wenn man voraussetzt, dass die einzelnen Streuprozesse unabh¨angig voneinander sind, dann ist die totale Streurate die Summe der partiellen Streuraten 1 1 ∑ τα k τtot k α wegen der Additivit¨at der quantenmechanischenÜbergangswahrscheinlichkeiten. Die partiellen Beweglichkeiten ergeben sich durch gewisse Mittelwerte über die mikroskopischen Relaxationszeiten (sh. n¨achstes Kap.) τα µα N¨aherungsweise gilt 1 µtot 1 ∑ µα Matthiessen-Regel α (6.13) (Additivit¨at der Teilwiderst¨ande). Diese Regel ist deshalb eine N¨aherung, weil 1 µtot 1 τtot 1 ∑ τ1α α 1 ∑ α 1 τα 1 ∑ µα α Nur wenn alle τα 1 dieselbe Energieabh¨angigkeit haben, gilt die MatthiessenRegel exakt, wie man leicht überprüfen kann. Andersherum, je unterschiedlicher die Energieabh¨angigkeit τα 1 E s der einzelnen Impuls-Streuraten, desto grösser der Fehler. In der Bauelemente-Simulation verwendet man oft empirische Modelle für die einzelnen partiellen Beweglichkeiten µα . Dann ist die MatthiessenRegel die einzige Möglichkeit, daraus eine totale Beweglichkeit zu konstruieren. 7 Beweglichkeit kalter und heisser Ladungstr¨ ager 7.1 Partielle Beweglichkeiten für Streuung an ionisierten Störstellen und an akustischen Phononen Mit den Impuls-Streuraten aus dem letzten Kapitel kann man die partiellen Beweglichkeiten leicht berechnen: e d 3 k f k kz mn d 3 k fk kz τ p 1n Ek µn Würde man hier die Gleichgewichtsverteilung f0 k einsetzen, so würde ein Aus 1 druck Null/Null entstehen. Deshalb benutzen wir f k von Gleichung (2.8) als Abweichung vom Gleichgewicht in niedrigster Ordnung f 1 k τ p n Ek eE ∇ f E k 0 k und erhalten unter Auszeichnung der z-Richtung µn ∂ 3 e d k kz τ p n Ek ∂kz f0 Ek mn d 3 k k z ∂ f 0 Ek 2 e 3 mn ∂kz ∂ f0 3 2 dE ∂E E τ p n dE E f0 E E Partielle Beweglichkeit für Streuung an ionisierten Störstellen Setzt man die Impuls-Relaxationszeit aus dem letzten Kapitel τimp p n E 2mn ε2s E 3 2 πe4 ND Φ η 104 7.2. MODELLE FÜR DIE BEWEGLICHKEIT KALTER LADUNGSTRÄGER IM BULK 105 hier ein, beschr¨ankt sich auf Maxwell-Boltzmann-Statistik, benutzt ∞ dx e x xx Γ n n 0 3 2 und zieht η E am Maximum des restlichen Integranden (Emax Integral, folgt 8 2ε2s kB T 3 2 e3 π3 2 mn ND Φ η µimp n 24mn kB T 2Ls 2 η mit 3 kB T ) aus dem (7.1) Partielle Beweglichkeit für Streuung an akustischen Phononen Setzt man die Impuls-Relaxationszeit in elastischer N¨aherung aus dem letzten Kapitel τac pn E π 4 c2l ρ mt2 ml kB T D2ac 2 E ein, so folgt mit Maxwell-Boltzmann-Statistik µac n 2 e 2π 4 c2l ρ 3 D2 mn5 2 kB T 3 ac 2 (7.2) Für die effektive mn hat man in (7.1) und (7.2) jeweils die Zustandsdichte 2Masse 1 3 Masse mdn mt ml zu benutzen. 7.2 Modelle für die Beweglichkeit kalter Ladungstr¨ ager im bulk Dotierung bis 1019 cm 3 Empirisches Grundmodell (Caughey, Thomas, 1967): µ Nimp T µmin µL T 1 µmin N Nimp re f α (7.3) µL T ist “lattice mobility” mit empirischer Temperaturabh¨ angigkeit, z.B. für Elektronen µL n T 1417 T 300 2 5 cm2 V s Nimp 0 µ Nimp T µL T 106 CHAPTER 7. BEWEGLICHKEIT KALTER UND HEISSER LADUNGSTRÄGER 5 2 Mobility (cm /Vs) 10 inter−valley 4 10 munTfull.eps 72 72 mm Norton et al. Long Rauch et al. Logan et al. power law (Dessis) Schenk model 3 10 2 ac 10 20 30 50 100 200 Temperature (K) 500 1000 Temperaturabhängigkeit der bulk-Beweglichkeit thermalisierter (kalter) Elektronen in Silizium. Die relativen Anteile von Zwischental-Streuung an nicht-polar optischen und akustischen Phononen (inter-valley) und Innertal-Streuung an akustischen Phononen (ac) sind als gestrichelte Kurven dargestellt. 500 1.4 Mobility (cm /Vs) 400 1.0 3 2 2 Mobility (10 cm /Vs) 1.2 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 impn.eps 63 59 mm theory (Fermi) theory (Boltzmann) data Masetti et al. 300 200 impp.eps 64 64 mm 100 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 −3 Log(Nimp (cm )) 0 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 −3 Log(Nimp (cm )) Abhängigkeit der bulk-Beweglichkeit thermalisierter (kalter) Elektronen (links) und Löcher (rechts) von der Dotierungskonzentration. Experimentelle Kurven sind mit offenen Kreisen dargestellt, die theoretischen Ergebnisse in Bornscher Näherung mit durchgezogenen Kurven (Fermi-Dirac-Statistik) und gepunkteten Kurven (MaxwellBoltzmann-Statistik). 7.2. MODELLE FÜR DIE BEWEGLICHKEIT KALTER LADUNGSTRÄGER IM BULK 107 Nimp µmin Nre f 50 70 cm2 V s µ Nimp T µmin const, z.B. für Elektronen zwei empirische Parameter, mit denen die Position und die Steilheit der Flanke eingestellt wird, z.B. für Elektronen Nre f 9 7 1016 cm 3 und α 07 Starke Dotierung 1019 cm bis 1021 cm 3 3 Modifiziertes Caughey-Thomas-Modell (Masetti, 1983): µ Nimp T µmin µL T 1 µmin Nimp Nre f 1 α1 1 µ1 Nre f 2 α2 Nimp (7.4) Anpassung des “second drop” mit drei zus¨atzlichen Parametern 700 500 Dziewior and Silber Tang et al. Swirhun et al. 1986 Swirhun et al. 1988 Leu and Neugroschel majority carrier mob. nminority.eps 63 67 mm 500 400 300 2 600 Hole Minority Mobility [cm /Vs] 2 Electron Minority Mobility [cm /Vs] Unterschied zwischen Minorit¨ats- und Majorit¨atsladungstr¨ager-Beweglichkeit 200 100 0 17 18 19 −3 Log(NA [cm ]) 20 Dziewior and Silber Burk et al. Mertens et al. del Alamo et al. Wang et al. Wang and Neugroschel majority carrier mob. pminority.eps 63 67 mm 400 300 200 100 0 17 18 19 20 −3 Log(ND [cm ]) Symbole zeigen gemessene Minoritätsladungsträger-Beweglichkeiten, Elektronen in pSi (links) und Löcher in n-Si (rechts). Zum Vergleich sind mit den durchgezogenen Kurven die Majoritätsladungsträger-Beweglichkeiten dargestellt. Messungen deuten darauf hin, dass Minorit¨atsladungstr¨ager-Beweglichkeit grösser als Majorit¨atsladungstr¨ager-Beweglichkeit ab Dotierung von etwa 1017 cm 3 108 CHAPTER 7. BEWEGLICHKEIT KALTER UND HEISSER LADUNGSTRÄGER Erkl¨arung über Versagen der Störungstheorie 1. Ordnung (Bornsche N¨aherung) repulsive Streuung schw¨acher als attraktive 7.3 Beweglichkeit im MOSFET-Kanal Was ¨andert sich physikalisch für die Ladungstr¨ager im Kanal eines MOSFETs? Streuung an den Mikro-Rauhigkeiten der Si-SiO2 -Grenzfl¨ache (“surface roughness scattering”) SiO2 L ∆ roughness.ID.epsi 83 39 mm silicon Mikro-Rauhigkeiten der Si-SiO2 -Grenzfläche führen zu lateralen Fluktuationen des Oberflächenpotentials, an denen die Ladungsträger gestreut werden. Zwei empirische Parameter dienen zur Modellierung: eine Korrelationslänge L und eine mittlere Rauhigkeit ∆. Streuung an geladenen Grenzfl¨achen-Zust¨anden und festen Oxid-Ladungen (“fixed oxide charges”) zus¨atzlich zur Streuung an den ionisierten Störstellen im Silizium. Im Inversionsfall ist jedoch jede Coulomb-Streuung wegen der grossen Ladungstr¨agerdichte im Kanal so stark abgeschirmt, dass die Oberfl¨achenstreuung überwiegt. Modifikation der Phonon-Streuung durch Oberfl¨achen-Phononen 2D-Quantisierungseffekte Zustandsdichte und Streuraten ¨andern sich. Welche Mechanismen dominieren, h¨angt vor allem von der Feldst¨arke E senkrecht zur Grenzfl¨ache ab. 7.3. BEWEGLICHKEIT IM MOSFET-KANAL 109 starke Inversion nahe Gleichgewicht NA besetzte Grenzflächenzustände oxidecharges.ID.epsi 84 63 mm positive Oxidladungen Coulomb-Streuung und Phonon-Streuung surface roughness und Phonon-Streuung Im subthreshold-Bereich des MOSFETs dominiert neben der Phonon-Streuung die Coulomb-Streuung an geladenen Grenzflächen-Zuständen, an festen Oxid-Ladungen und an den ionisierten Störstellen im Silizium. Bei starker Inversion sind die CoulombStreuzentren abgeschirmt, und es überwiegt neben der Phonon-Streuung die Streuung an den Mikro-Rauhigkeiten der Si-SiO2 -Grenzfläche. ϕ 0 ϕ 1 0.1 1 energy (eV) E F,Si E F,g mosfigures.ID.epsi 129 51 mm 0 ϕ’ ϕ’ 0 E’1 E’0 E1 E0 E F,Si 0.002 0.003 0.004 distance (µm) 5 nm Quantisierung im MOSFET-Kanal senkrecht zur Si-SiO2 -Grenzfläche. Links: Bandverbiegung in einer nMOS-Struktur mit 2 nm Oxiddicke (Vg 0 4V ). Die Leitungsbandkante rutscht unter das Si-Ferminiveau. Mitte: Die untersten vier Energieniveaus in Relation zum Si-Ferminiveau. Ungestrichene Energien beziehen sich auf die quantisierten Zustände mit longitudinaler effektiver Masse (2-fach entartet), die gestrichenen auf Zustände mit transversaler effektiver Masse (4-fach entartet). Numerische Rechnungen zeigen, dass das Ferminiveau unabhängig von der Gate-Spannung zwischen den untersten beiden Niveaus liegt. Deshalb ist die thermische Besetzung der höheren Subbänder schwach und die Verwendung der Effektivmassen-Approximation gerechtfertigt. Rechts: z-Komponente der Wellenfunktionen der untersten vier Zustände. 110 CHAPTER 7. BEWEGLICHKEIT KALTER UND HEISSER LADUNGSTRÄGER Beispiel eines physikalisch motivierten empirischen Modells (Schwarz, Russek, 1983) 1 µtot 1 µL T 32 10 9 p z T 300 1 2 bulk (7.5) Kanal Effekte Dies ist ein Beispiel für die Verwendung der Matthiessen-Regel: 1 µtot 1 µbulk 1 µsur f . Im Kanal-Term bedeutet z die Ausdehnung des Kanals in Richtung senkrecht zur Si-SiO2 -Grenzfl¨ache. Der Faktor p ist der sogenannte Fuchs-Streufaktor. Die Herkunft des Kanal-Terms kann folgendermassen motiviert werden: e e l µsur f τ p sur f m m vth Hier ist die Impuls-Relaxationszeit τ p sur f durch das Verh¨altnis einer Streul¨ange l und der mittleren thermischen Geschwindigkeit vth 3kB T m ausgedrückt worden. Die Streul¨ange wird mit der Ausdehnung des Kanals in Richtung senkrecht zur Si-SiO2 -Grenzfl¨ache identifiziert. Damit erh¨alt man 1 sur µf T z. Der Ausdruck für z lautet in diesem Modell 0 039 E av z T 300 1 24 E 10 1 3 av 5 (7.6) E av ist die mittlere Feldst¨arke senkrecht zur Si-SiO2 -Grenzfl¨ache gebildet mit der Ladungsdichte n z : zp 1 dz E z n z av ninv 0 ninv ist die 2D Inversionsladungsdichte und z p der Rand des neutralen Gebietes. Die Form (7.6) für z erkl¨art sich wie folgt. z wird als Summe aus klassischer und quantenmechanischer Kanalweite angesetzt. Klassischer Term: Nach dem Virialtheorem gilt für eine beschr¨ankte Bewegung T V , d.h. der Mittelwert der kinetischen Energie ist gleich dem Mittelwert der potentiellen Energie. Deshalb ist E m 2 v 2 th 3 kB T 2 zkl ! eE 3kB T 2eE av av zkl 7.3. BEWEGLICHKEIT IM MOSFET-KANAL 111 Quantenmechanischer Term: Nach der Heisenbergschen Unsch¨arferelation ist p z altheorem 1 2 p 2m eE und nach dem Viri- av zqm zqm 2em 3 2 1 3E 1 3 av In Abh¨angigkeit von der Feldst¨arke E av , d.h. von der angelegten GateSpannung, dominiert entweder der klassische Term (subthreshold-Bereich) oder der quantenmechanische Term (starke Inversion). Der Fuchs-Streufaktor p beschreibt den Anteil an diffuser Streuung, denn der reflexive Anteil tr¨agt nicht zur Impuls-Streurate bei. Oberfl¨achenstreuung: Das wird linear in der mittleren Fluktuation ∆ entwickelt: V x y z Potential V x y z0 ∆ ∂V ∂z z z0 und der letzte Term als Störoperator genommen. Das Quadrat des Übergangsmatrixelements (Goldene Regel!) wird dann ∆2 E 2 . Bemerkungen: Zur Anpassung der einzelner Parameter muss MOSFET unter solchen Bedingungen betrieben werden, bei denen ein bestimmter Streumechanismus dominiert. Modell als Funktion der mittleren Feldst¨arke E Simulation. av zu aufwendig für BE- In Simulatoren oft Modelle als Funktion der lokalen Feldst¨arke E , z.B. 1 µtot (Lombardi et al., 1988) 1 µL T BT E T C Nimp E N λ 1 3 0 E2 δ 112 CHAPTER 7. BEWEGLICHKEIT KALTER UND HEISSER LADUNGSTRÄGER 10 3 −0.96 2 Effective Mobility [cm /Vs] ~ Eav ohne300K.eps 80 68 mm theoretical experimental 10 2 5 6 10 10 Effective field [V/cm] Effektive Beweglichkeit als Funktion der mittleren Feldstärke im Dotierungsbereich 1015 cm 3 bis 1019 cm 3 und für verschiedene Oxiddicken zwischen 3 nm und 13 nm. Man erhält eine “universelle” Kurve, solange Streuung an geladenen Störstellen vernachlässigbar ist. 7.4 Beweglichkeit heisser Ladungstr¨ ager 7.4.1 S¨attigung der Driftgeschwindigkeit Betrachten homogenes n-Si. Vom hydrodynamischen Transportmodell (3.26) erh¨alt man, wenn man die r¨aumlichen Gradienten wegl¨asst ∂ wn ∂t Setzt man wn 1 j E n n wn 3kB TL 2 τE n 3kB Tn 2 wie im Energie-Balance-Modell, folgt ∂ Tn ∂t 2 j E 3kB n n Im station¨aren Zustand ist demnach Tn TL τE n Tn TL τE n 2 j E 3kB n n (7.7) Die Elektronentemperatur steigt unter dem Einfluss des elektrischen Feldes E an, man spricht von heissen Elektronen. Effekte heisser Elektronen werden 7.4. BEWEGLICHKEIT HEISSER LADUNGSTRÄGER 113 bei höheren Feldern merklich, wo man die Diffusion gegenüber der Drift vernachl¨assigen kann. Deshalb setzen wir jn eµn n E in Gleichung (7.7) ein: Tn 2e τE n µ n E E 2 3kB TL (7.8) A) “Warme” Elektronen Für nicht zu grosse Feldst¨arken kann man zeigen, dass die EnergieRelaxationszeit und die Beweglichkeit in folgender Form von der Temperatur der Elektronen abh¨angen: τE n µn 4 10 TL Tn µ0 12 Tn s TL Tn TL const Einsetzen in (7.8) ergibt Tn TL 2e µ0 E 2 3kB const d.h. Tn E2 Die Elektronentemperatur steigt mit dem Quadrat der Feldst¨arke an. Setzt man andererseits Tn in den Ausdruck für die Beweglichkeit ein, so folgt µn 1 µ0 const 3k2e µ0 E 2 B TL B) “Sehr heisse” Elektronen Für sehr grosse Feldst¨arken kann man annehmen, dass τE n µn const vsat n E d.h die Driftgeschwindigkeit der Elektronen vD µn E s¨attigt beim Wert der S¨attigungs-Driftgeschwindigkeit vsat n . Einsetzen in (7.8) ergibt dann Tn TL const 2e vsat n E 3kB d.h. Tn E 114 CHAPTER 7. BEWEGLICHKEIT KALTER UND HEISSER LADUNGSTRÄGER 4.0 4.0 3.8 3.6 3.4 3.2 TnofF1.eps 59 62 mm 3.0 3.4 3.2 2.8 2.6 2.6 3.5 4.0 4.5 TpofF.eps 61 62 mm 3.0 2.8 2.4 3.0 Monte Carlo analytical 3.6 Log(Tp [K]) Log(Tn [K]) 3.8 Monte Carlo analytical 2.4 3.0 5.0 3.5 4.0 Log(E [V/cm]) 4.5 5.0 5.5 Log(E [V/cm]) Abhängigkeit der Ladungsträger-Temperatur von der Feldstärke, Elektronen (links) und Löcher (rechts). Die Elektronentemperatur steigt linear mit der Feldst¨arke an. Für die Driftgeschwindigkeit der Elektronen ergibt sich A) vD 1 B) vD vsat n µ0 E µ0 E 2 const 3k2e B TL 7.4.2 Empirische Modelle für Bauelemente-Simulation Mit A) und Ersetzen der Konstanten durch const eine feldabh¨angige Beweglichkeit der Form µlow µ E 1 µlow E vsat 3kB TL µ0 2ev2sat n erh¨alt man 2 1 2 Diese wird zum Fit-Modell verallgemeinert (Caughey, Thomas, 1967) µ E µlow 1 µlow E vsat β 1 β (7.9) 7.4. BEWEGLICHKEIT HEISSER LADUNGSTRÄGER Log( Hole Drift Velocity [cm/s] ) Log( Electr. Drift Velocity [cm/s] ) 7.6 7.4 7.2 7.0 6.8 vsat.eps 62 59 mm 6.6 6.4 T=100K T=200K T=300K T=400K T=450K 6.2 6.0 5.8 5.6 7.0 6.8 6.6 6.4 4 5 Log( Field Strength [V/cm] ) 6 vsatpdop.eps 62 60 mm 6.2 6.0 5.8 5.6 5.4 3 115 3 4 pure 16 −3 10 cm 17 −3 10 cm 18 −3 10 cm 19 −3 10 cm 5 Log( Field Strength [V/cm] ) Sättigung der Driftgeschwindigkeit bei verschiedenen Gitter-Temperaturen (Elektronen, links) und bei verschiedenen Dotierungskonzentrationen (Löcher, rechts). Im Energie-Balance-Modell verwendet man auch Modelle als Funktion der Ladungstr¨ager-Temperatur. Aus (7.9) erh¨alt man sofort ein temperaturabh¨angiges Modell, wenn man die Feldst¨arke durch Tn TL ausdrückt, z.B. für “sehr heisse” Elektronen: E 3kB Tn TL 2e τE n vsat n 116 CHAPTER 7. BEWEGLICHKEIT KALTER UND HEISSER LADUNGSTRÄGER drift velocity (arb. units) Veranschaulichung “velocity overshoot” overshoot.ID.epsi 85 61 mm time (arb. units) Veranschaulichung “velocity overshoot”. Die zufälligen Geschwindigkeiten der Elektronen sind durch die Pfeile symbolisiert. Zur Zeit t 0 wird ein starkes elektrisches Feld eingeschaltet. Die Elektronen werden beschleunigt und für eine kurze Zeit so gut wie nicht gestreut (Tn TL ). Deshalb bleiben die zufälligen Geschwindigkeiten klein. Da alle Elektronen in dieselbe Richtung fliegen, kann jedoch eine grosse mittlere Driftgeschwindigkeit erreicht werden. Nachdem die Streuung einsetzt, werden Impulse und Energien immer mehr zufällig verteilt und die mittlere Driftgeschwindigkeit nimmt ab. Gleichzeitig wachsen die zufälligen Geschwindigkeiten immer weiter an, d.h. Tn TL . Die Zeitskala ist typischerweise in Picosekunden, die maximale Driftgeschwindigkeit beträgt einige 107 cm s bis 108 cm s. 8 Strahlungslose Rekombination 8.1 Tiefe Störstellen Quantenmechanik: Ultra-Short Course IV Energieniveau einer tiefen Störstelle Punktförmige Defekte wie Vakanzen, Si-Atome auf Zwischengitterplatz oder Metallatome auf Gitterplatz bezeichnet man als tiefe Störstellen. Das Störpotential solcher Zentren ist stark lokalisiert (“δ-förmig”) und führt zu gebundenen Zust¨anden, die ebenfalls in einem Gebiet weniger Elementarzellen lokalisiert sind. Wir bezeichnen den Operator des Störpotentials mit U r . Die Lösung der Schrödinger-Gleichung Ĥ 0 U r Φ r E Φ r wobei Ĥ0 der Kristall-Hamiltonoperator ist, liefert die Eigenenergien, d.h. die Bindungsenergien der an solchen Störstellen gebundenen Elektronen oder Löcher. Wir stellen die gesuchten Wellenfunktionen in der Basis der BlochZust¨ande dar (den Eigenfunktionen vonĤ0 ): Φ r ∑ kν k ν Φ ψν k r mit k ν Φ d 3 r ψν k r Φ r (8.1) Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung ergibt zun¨achst ∑ kν k ν Φ E k E ψ ν ν k r U r ∑ k ν Φ ψ r ν k kν 117 0 118 CHAPTER 8. STRAHLUNGSLOSE REKOMBINATION Nach Multiplikation mit ψν k r und r¨aumlicher Integration folgt ∑ kν E ν k ν Φ k E k E kν k ν ν E kν Φ ∑ kν δkk δνν k ν Φ kν U r k ν ∑ kν k ν Φ kν U r k ν 0 0 Zur Vereinfachung beschr¨anken wir uns auf ein Band (ν ν ν0 , EinbandN¨aherung) und approximieren das Matrixelement mit U r durch eine Konstante U0 : kν0 U r k ν0 U0 Dies ist für sehr stark lokalisierte Störpotentiale gerechtfertigt, weil in dem Fall alle k-Vektoren aus der 1. BZ gleichermassen beitragen. Die Eigenwertgleichung vereinfacht sich damit zu kν0 Φ ∑ kν0 Φ U0 Eν0 k E ∑E k k ∑ k ν0 Φ k U0 Eν0 k ∑ k ν0 Φ k In der letzten Zeile wurde über alle k summiert. Wenn Φ ein Eigenzustand zur Eigenenergie E ist, dann ist Φ 0 und man darf durch die linke Seite dividieren. Das Ergebnis ist eine S¨akulargleichung für das Energieniveau E der tiefen Störstelle: 1 U0 ∑E k 1 Eν0 k (8.2) 0 Sei ν0 v (Valenzband) und der Energie-Nullpunkt Ev 0. Die graphische 0 Et . Lösung der Gleichung (8.2) für E E v liefert einen Schnittpunkt bei E Das “tiefe Niveau” liegt um so tiefer im Gap, je grösser U0 ist (siehe Abb.). Allerdings ist die Einband-N¨aherung meist nicht gerechtfertigt, da das Potential tiefer Störstellen die B¨ander koppelt. 8.1. TIEFE STÖRSTELLEN 119 inverse energy Σk E 1 E v (k) 1 U0 deeplev.ID.epsi 65 47 mm 0 Et Eg E Graphische Lösung der Säkulargleichung (8.2). Vakanz in Silizium anti-bindende Zustände vakanz.ID.epsi 117 82 mm V0- T2 sp3 bindende Zustände + V2+ Dehybridisierung (bindende Linearkombinationen von sp3 Hybridorbitalen) V+0 (Aufhebung der Linearkombination) V+0 A1 Gitterrelaxation + Elektron-Elektron-WW vor der Ionisation nach der Ionisation Tiefe Störstellen spielen entscheidende Rolle für die Rekombination in Halbleitern. Einfang eines Elektrons und eines Lochs = Rekombination genrecschema.ID.epsi 40 22 mm Erzeugung eines Elektrons und eines Lochs = Generation 120 CHAPTER 8. STRAHLUNGSLOSE REKOMBINATION Wo bleibt die bei der Rekombination freiwerdende Energie? - Strahlung: Emission eines Photons (im indirekten Halbleiter Silizium jedoch geringe Wahrscheinlichkeit) - Anregung eines zweiten Elektrons oder Lochs (Auger-Rekombination, nur bei grossen Ladungstr¨agerdichten) - Phononen (W¨arme) - andere (z.B. Defekt-Reaktionen) Bei Umwandlung in W¨arme ergibt sich folgendes Problem: Et Eg 2 0 56 eV aber (!!) ω ph 0 06 eV . Die Rekombination eines Elektron Loch-Paares kann nur unter gleichzeitiger Emission vieler Phononen erfolgen. Man spricht von Multiphonon-Rekombination. total energy Ec confcoord.ID.epsi 109 72 mm Et hωph Ev | | | Qc,p Qt 0 Qc,n configuration coordinate Multiphonon-Rekombination im Konfigurations-Koordinaten-Diagramm. Im linken Teil ist der elektronische Anteil der Gesamtenergie dargestellt, rechts die totale Energie (elektronischer Anteil plus potentielle Energie des harmonischen Oszillators). Die Gitterschwingungen sind durch eine representative Auslenkung Q des Oszillators und eine effektive Phononenergie ω ph beschrieben. Ein Elektron rekombiniert mit einem Loch durch den Übergang c t v. Dabei relaxiert das Gitter, was mit einer Verschiebung der Gleichgewichtslage des Oszillators einhergeht: 0 Qt 0. Infolge der starken Elektron-Phonon-Kopplung sind Übergänge an den Schnittpunkten Qc n und Qc p der Potentialparabeln möglich. In der Nähe der Schnittpunkte befindet sich das System in einem vibronisch hochangeregten Zustand und relaxiert unter Emission vieler Phononen. 8.2. GENERATIONS-REKOMBINATIONSRATEN FÜR BAND-BAND- UND BAND-TRAP-ÜBERGÄNGE 121 8.2 Generations-Rekombinationsraten für Band-Band- und BandTrap-Überg¨ ange Die Rate kann mit dem 0. Moment des Stossterms der Boltzmann-Gleichung berechnet werden. Das Nichtgleichgewicht wird durch ortsabh¨angige QuasiFermi-Niveaus für Elektronen und Löcher beschrieben. Dahinter steckt die Annahme, dass sich die Ladungstr¨ager in ihren jeweiligen B¨andern untereinander (lokal) im thermodynamischen Gleichgewicht befinden. Solange die ImpulsRelaxationszeiten der Intra-Prozesse klein gegen die Zeitkonstanten der Generation/Rekombination bleiben, ist diese Annahme gerechtfertigt. Sie ist im übrigen die Voraussetzung dafür, dass man separate Transportgleichungen für Elektronen und Löcher aufschreiben darf. Band-Band-Überg¨ange Da die Anfangs- und Endzust¨ande in den B¨andern liegen, lautet der Stossterm ∂n ∂t coll d 3 k ∑ Sk k f v k k 1 fc k Skk fc k 1 fv k Unter Benutzung parabolischer B¨ander kann man von der k-Integration zur Energie-Integration übergehen. Dabei entstehen Zustandsdichte-Faktoren (vgl. (5.24)), allerdings ohne den Faktor 2 vom Spin, da der Spin erhalten bleibt. Man erh¨alt ∂n ∂t ∞ Ev 0 dEc coll Ec 0 ∞ f v Ev 1 Rekombinationsterm: R S̃ n p S̃ f c Ec f c Ec 1 f v Ev G R mit dE dE S̃ D D f 1 dE dE D D f 1 c dEv S̃ Ec Ev Dc Ec Dv Ev c v v c c fv v c fv v c Wir betrachten im folgenden Maxwell-Boltzmann-Statistik, d.h. f c Ec 1 und 1 fv Ev 1. Dann kürzen sich im Ausdruck für S̃ alle ExponentialFunktionen, die von den Quasi-Fermienergien EF n und EF p abh¨angen, heraus. S̃ ist deshalb eine dichte-unabh¨angige Konstante. Generationsterm: G const , denn f v Ev 1 f c Ec 1. 122 CHAPTER 8. STRAHLUNGSLOSE REKOMBINATION Im Gleichgewicht gilt G G R. Daraus kann man die Konstante bestimmen: n2i e f f S̃ Req n2i e f f im thermodyn. Gleichgewicht. da n p Die Netto-Rate für Band-Band-Rekombination wird damit R np G n2i e f f S̃ (8.3) Die konkrete Form von S̃ h¨angt vom jeweiligen Rekombinations-Mechanismus ab (strahlende Rekombination, Band-Band-Auger-Rekombination, ...). Band-Trap-Überg¨ange Betrachten identische, nicht wechselwirkende tiefe Störstellen mit einem Energieniveau Et . Die Dichte der besetzten Traps ist nt Nt ft , wobei Nt die TrapDichte und ft die Besetzungswahrscheinlichkeit ist. Die Zustandsdichte der Traps hat die Form Dt E Nt δ E Et . (Es existiert nur ein diskretes Energieniveau, das besetzt werden kann.) Wegen der δ-Funktion kann ein Energie-Integral ausgewertet werden. Für Überg¨ange zwischen Leitungsband und Trapniveau erh¨alt man Rekombinationsterm: ∞ R Ec 0 ft bzw. R Nt 1 S̃ cn dEc S̃ Ec Et Dc Ec fc Ec 1 Nt def ft n S̃ mit ∞ 0 dEc S̃ Ec Et Dc Ec f c Ec Ec ∞ 0 Ec dEc Dc Ec fc Ec cn heisst Einfang-Koeffizient (für Elektronen), Masseinheit ist cm3 s. Generationsterm: ∞ G Nt Ec 0 G dEc S̃ Et Ec Dc Ec 1 Nt ft const Et Nt ft en f c E c ft für Maxwell-Boltzmann-Statistik (8.4) 8.3. RATEN-GLEICHUNGEN 123 en heisst Emissionsrate (für Elektronen), Masseinheit ist 1 s. Im Gleichgewicht gilt G R. Daraus kann man en bestimmen: R Nt 1 G eq en ft0 n0 cn Nt ft0 en cn n1 mit n1 def n0 0 1 ft0 ft0 Die Netto-Rate für Trapping (von Elektronen) wird damit R G Nt nt n cn nt n1 cn (8.5) Der Ausdruck für das Trapping von Löchern ist analog. 8.3 Raten-Gleichungen für Trapping und Shockley-Read-Hall (SRH)-Rekombination Die totale zeitliche Änderung der Dichte besetzter Traps ist ∂ nt ∂t R n G n R p G p (8.6) Die ersten beiden Terme beschreiben den Einfang und die Emission von Elektronen (Trapping-Rate für Elektronen), die letzten beiden Terme den Einfang und die Emission von Löchern (Trapping-Rate für Löcher). Trapping Sind die Traps Elektronen-Traps, d.h. cn (8.6) auf ∂ nt ∂t Nt c p , en nt n cn e p , reduziert sich Gleichung nt en Diese Gleichung ist zus¨atzlich zu und selbstkonsistent mit den TransportGleichungen des benutzten Transport-Modells zu lösen. Die neue (zus¨atzliche) Variable ist nt (oder ¨aquivalent dazu ft ). Solange die von aussen induzierten zeitlichen Änderungen viel langsamer sind als n cn 1 bzw. en 1 , kann man ∂nt ∂t vernachl¨assigen (station¨arer Fall) und t fexplizit angeben: 1 ft 1 necnn 124 CHAPTER 8. STRAHLUNGSLOSE REKOMBINATION Die Rekombinationsrate wird damit im station¨aren Fall R n Nt en 1 necnn ft n c n Nt 1 mit der Lebensdauer τn 1 Nt cn n n 1 τn n n1 Shockley-Read-Hall-Rekombination Handelt es sich bei den tiefen Störstellen um sogenannte Rekombinationszentren, d.h. gilt cn c p und en e p , erh¨alt man im station¨aren Fall aus Gleichung (8.6) 1 ft en c p p 1 e p cn n Da im Gleichgewicht auch die Netto-Rate für Löcher Null sein muss, hat man zus¨atzlich eine Beziehung zwischen ep und c p ep c p p0 ft0 1 ft0 c p p1 mit p1 def p0 ft0 1 ft0 Die Elektronen-Netto-Rekombinationsrate im station¨aren Fall wird R n G n stat cn n Nt cn c p np n1 c p p p1 n 1 p1 Wegen n1 p1 n0 p0 n2i e f f und mit Einführung von Minorit¨atsladungstr¨ager Lebensdauern τn p Nt cn p 1 wird daraus R n G n stat (Shockley, Read, Hall, 1952). τp n np n1 n2i e f f τn p p1 (8.7) 8.4. SRH-LEBENSDAUERN 125 Spezialf¨alle: A) schwaches Nichtgleichgewicht: n n0 δn, p Silizium (n0 p0 ) wird dann (R G R) δp. Für p-dotiertes n0 δn p0 δp n0 p0 τ p n 0 n 1 τn p 0 p 1 δn p0δn τn p 0 p 1 τn R p0 n0 δp p0 δn τ p n 0 n 1 τn p 0 p 1 Die Lebensdauern der Minorit¨aten bestimmen die Rekombination- srate! n2i in Raumladungszone. Sei τn B) gesperrter pn-Übergang: n p dann (R G G) τp τ, n2i G τ n1 n2 C) Elektron-Loch-Plasma: n p R τp p1 δn n τn τp τn ni falls Et 2τ n2i für δn Eg 2 n0 (Hoch-Injektion.) 8.4 SRH-Lebensdauern Dotierungsabh¨angigkeit Die SRH-Lebensdauern τn p sind technologie-abh¨angige Parameter. Sie h¨angen insbesondere von der Defektdichte Nt ab, die r¨aumlich variiert. Dies folgt aus der Definition τn p Nt cn p 1 . Für die Bauelemente-Simulation bedeutet dies, dass es eigentlich keine “default-Werte” der Lebensdauern gibt. Man findet jedoch empirisch eine Korrelation zwischen Dotierung (flache Störstellen!) und SRH-Lebensdauern (tiefe Störstellen). Grund ist, dass Technologie-Schritte wie Implantation oder Eindiffusion immer auch zu einer Erhöhung der Dichte von Punktdefekten führen. Eine einfache empirische Beziehung, die diesen Effekt wiedergibt, lautet τn0 τn NA 1 NANAre f mit z.B. τn0 3 10 5s und NA re f 1017 cm 3 . 126 CHAPTER 8. STRAHLUNGSLOSE REKOMBINATION Feldabh¨angigkeit: “trap-assisted tunneling” Die SRH-Rekombination ist besonders effektiv in Raumladungszonen, in denen die elektrische Feldst¨arke gross werden kann. Dann führt der Tunneleffekt zu einer Erhöhung der Übergangswahrscheinlichkeit. Die Rekombination/Generation ist nicht mehr lokal, sondern kann im Limes sehr hoher Felder sogar zum resonanten Tunneln über das tiefe Niveau “entarten” (sh. Abb.). Solange der thermische Einfang (bzw. die thermische Emission) gegenüber dem electric field tat.ID.epsi 82 38 mm trap-assisted tunneling E=0 resonant tunneling Tunneleffekt dominiert, ist das Konzept von field-enhancement-Faktoren sinnvoll, d.h. 1 γν E τν0 τν 1 E ν n p | | | | | | | || 10-4 | wobei E die lokale Feldst¨arke ist. | 10-10 | | | 10-9 | | | | 10-8 lifetimevsfield.epsi 62<100> 50 mm defect-assisted tunneling break.epsi 65 <110> 50 mm | | 10-7 <111> | 10-6 | 0.2 | 0.4 | 0.6 | 0.8 | 1.0 | 1.2 | | | Electron Lifetime τn [s] Si:Au 10-5 1.4 Electric Field [MV/cm] Links: Abhängigkeit der Lebensdauer von der Feldstärke am Beispiel der GoldStörstelle in Silizium. Rechts: Simulierte Dioden-Kennlinien. Der Avalanche-Durchbruch bei etwa 9 V setzt nicht abrupt ein, sondern der Sperrstrom steigt wegen des trapassistierten Tunnelns stetig an. Auger-Rekombination 9 Elektron-Elektron-Stösse (bzw. Loch-Loch-Stösse) induzieren Rekombination von Elektron-Loch-Paaren. Die bei der Rekombination freiwerdende Energie wird nicht direkt, wie im Fall der SRH-Rekombination, in W¨arme umgewandelt, sondern zur Anregung eines Elektrons oder Lochs in einen Zustand hoher Energie verbraucht. Auger-Rekombination ist ein Drei-Teilchen-Prozess, entweder “eeh” oder “hhe”. Die Rate wird vom Produkt aus allen drei Besetzungswahrscheinlichkeiten bestimmt. Die Zahl der möglichen Überg¨ange wird durch die Restriktionen der Energie- und Impulserhaltung stark eingeschr¨ankt. Für eine direkte, parabolische Bandstruktur können die Ladungstr¨ager wegen der Impulserhaltung nicht aus der energetisch tiefsten Lage an der Bandkante heraus rekombinieren. Es ist eine zus¨ atzliche Aktivierungsenergie erforderlich, die für den eeh-Prozess Ea mc mc mv Eg betr¨agt. In indirekten Halbleitern, wie Silizium, erhöht sich die Zahl der möglichen Überg¨ange. Infolge des hohen Impulsaustausches sind jedoch die quantenmechanischen Übergangswahrscheinlichkeiten um ca. 5 Grössenordnungen kleiner als in direkten Halbleitern. In Silizium verschwindet die Aktivierungsenergie für den eeh-Prozess wegen der besonderen Leitungsbandstruktur. Auger-Rekombination kann ein reiner Band-Band-Prozess sein, unter Beteiligung von Phononen ablaufen, oder auch über Zwischenzust¨ande, die an tiefen Störstellen lokalisiert sind (trap-assisted Auger recombination). 127 128 CHAPTER 9. AUGER-REKOMBINATION E E E 2’ 1 2 augertransitions.ID.epsi 2’ 56 mm 121 1’ 2 k 1’ 2’ k 1 1 eeh (n-type) 2 k 1’ hhe (n-type) hhe (p-type) Auger-Übergänge bei direkter, parabolischer Bandstruktur. Links: Stoss zweier Leitungsband-Elektronen (1 und 2), Anregung von 2 nach 2’ und gleichzeitige Rekombination von 1 mit dem Loch 1’. Mitte: Stoss eines Leitungsband-Elektrons 2 mit einem energetisch tiefliegenden Valenzelektron 1, das angeregt wird. Rechts: Loch-LochStoss mit Anregung eines heissen Lochs. In n-dotiertem Material sind die Rekombinationsraten proportional zum Produkt der Dichten der drei beteiligten Teilchensorten, also Cn p n2 Reeh n Rhhe n C p p2 n mit Auger-Koeffizienten Cn p . Die Gesamtrate wird damit Auger type Rn Cn p n2 C p p2 n (9.1) Bei phonon-assistierter Auger-Rekombination starke Aufhebung der Beschr¨ankungen bzgl. Energie- und Impulserhaltung, aber dafür VierTeilchen-Prozess (Übergangswahrscheinlichkeit 2. Ordnung). phonassauger.ID.epsi 74 38 mm Bei ausreichender Dichte von Rekombinationszentren konkurriert die trapassistierte Auger-Rekombination mit der SRH-Rekombination. 129 Die Auger-Koeffizienten Cn p sind nur solange als unabh¨angig von den Ladungstr¨agerdichten anzusehen, wie die Coulomb-Wechselwirkung zwischen Elektronen und Löchern vernachl¨assigt werden kann. In ElektronLoch-Plasmen, wie z.B. bei starker Injektion in Bipolar-Transistoren, beobachtet man ein excitonic enhancement der Auger-Rekombination. Die physikalische Ursache ist eine durch die Anziehung von Elektron und Loch bedingte Lokalisation der Wellenfunktionen, die zu einer Erhöhung der quantenmechanischen Übergangswahrscheinlichkeiten führt. Auger-Lebensdauern Minorit¨atsladungstr¨ager-Lebensdauern: τn type τp type δp RAu δn RAu δp Cn p n2 δn C p p2 n 1 bei Hoch-Injektion Cn n2 1 bei Hoch-Injektion C p p2 Ambipolare Lebensdauern: n p im Plasma RAu Cn C p n3 Ca n3 1 Ca n2 τa da im Plasma natürlich die Hoch-Injektions-Bedingung gilt. Gemessene Werte für die Auger-Koeffizienten Cn p kann man der Tabelle entnehmen. Die AbTable 9.1: Auger-Koeffizienten bei verschiedenen Temperaturen (Dziewior und Schmid, 1977). T Cn cm6 s C p cm6 s 1 1 2 3 7 8 77 K 10 10 31 32 300 K 2 8 10 9 9 10 31 32 400 K 2 8 10 1 2 10 31 31 bildung zeigt gemessene ambipolare Auger-Koeffizienten Ca als Funktion der Dichte der freien Ladungstr¨ager. Die Kurve deutet das erwartete Verhalten aufgrund des excitonic enhancement an. CHAPTER 9. AUGER-REKOMBINATION Ambipolar Auger coefficient [ cm 6 s -1 ] 130 1x10-29 2 17 16 15 19 14 10 -30 8 11 1x10 5 13 4 18 7 3 1 auger-mess.epsi 89 79 mm 12 6 9 room temperature 1x10-31 15 10 16 10 17 10 18 10 19 10 10 20 Injection density [ cm- 3 ] Messungen des ambipolaren Auger-Koeffizienten als Funktion der Plasma-Dichte. Stossionisation 10 10.1 Ionisations-Schwellenenergien E E E i (k i ) impact.ID.epsi E (k ) c 3 102 53 mm E c(k2 ) k E v(k1 ) k vor dem Stoss nach dem Stoss Stossionisation initiiert durch ein “heisses” Elektron der Energie E i ki . Beim Stoss wird ein Valenzelektron herausgeschlagen und ins Leitungsband gehoben, wodurch ein Loch im Valenzband zurückbleibt. Das initiierende Elektron verliert dabei die Ionisations-Schwellenenergie. Nach dem Stoss verbleiben zwei “kalte” Elektronen und ein “kaltes” Loch. Energie-Bilanz: E i ki E c k3 E c k2 E v k1 ∑aj ω ph q j j Impuls-Bilanz: ki k3 k2 k1 ∑aj qj a j ganze Zahlen, auch Null j Die Ionisations-Schwellenenergie ergibt sich durch Minimierung von E i ki . Dabei genügt es, Phonon-Absorption zu betrachten, d.h. aj 0 für alle j. 131 132 CHAPTER 10. STOSSIONISATION dki dEi 0 0 dk1 dk3 dk2 ∑ a j dq j dk1 ∇k1 Ev k1 j dk3 ∇k3 Ec k3 ∇ ∑ a j dq j j dk1 v1 dk3 v3 dk2 v2 dk2 ∇k2 Ec k2 qj ω ph q j Benutzt man die Definition der Gruppengeschwindigkeit vg w j ∇q ω ph q j , wird aus der letzten Gleichung 0 (10.1) ∑ a j dq j j w j (10.2) 1∇ kE k und Setzt man hier für dk1 die Gleichung (10.1) ein, so erh¨alt man 0 dk3 v3 v1 dk2 v2 v1 w ∑ a j dq j j j v1 Wegen der linearen Unabh¨angigkeit von dk2 , dk3 und dq j folgt v1 v2 v3 w j für alle j. (10.3) Alle resultierenden Teilchen müssen dieselbe Gruppengeschwindigkeit haben! Prozesse mit Phononen-Beteiligung sind stark erschwert, da die w j klein sind und die Elektronen bzw. Löcher daher auf eine kleine Umgebung der Bandextrema eingeschr¨ankt werden. Wir betrachten im folgenden nur Stossionisation ohne Phononen-Beteiligung. Die Bedingung (10.3), die dann v1 v2 v3 lautet, ist jedoch noch nicht hinreichend. Sie sichert die Existenz einer minimalen Energie Emin ki , die aber nicht automatisch eine erlaubte Energie in irgendeinem Leitungsband zu sein braucht! Beispiel: Zwei direkte, parabolische B¨ander mit effektiven Massen mc und mv kv mv kc2 mc kc3 mc Bez kc mc da v1 1 ∇ k Ev k oder kv γ kc mit γ mv mc kv mv 10.1. IONISATIONS-SCHWELLENENERGIEN 133 An der Ionisationsschwelle ist dann wegen des Energie- und Impulserhaltungssatzes (mit dem Energie-Nullpunkt Ec k 0 0) ki 2 kc kv Emin ki Eg kc 2 γ 2kc2 2 γ 2mc Emin ki muss ein erlaubter Energiewert im Leitungsband sein E c ki Aus der Bedingung Emin ki 2 k2 i 2mc 2 k2 c 2mc 2 2 γ (10.4) Ec ki erh¨alt man kc : 2 k2 c Eg 2 γ 1 γ 2mc Einsetzen in (10.4) ergibt die Schwellenenergie Eth n für den elektroneninduzierten Prozess: Eth n 2 γ Eg 1 γ (10.5) Bei gleichen Massen (γ 1) ergibt sich Eth n 3Eg 2. Für den löcher-induzierten Prozess hat man γ durch 1 γ zu ersetzen und erh¨alt Eth p Eg 1 2γ 1 γ . Unabh¨angig von γ ist Eth n Eth p 3Eg . Table 10.1: Schwellenenergien (in eV) in Silizium für Stossionisation ohne PhononenBeteiligung, berechnet für verschiedene kristallographische Richtungen auf der Basis einer realistischen Bandstruktur (Anderson, Crowell, 1972). N - Normal-Prozess, U - Umklapp-Prozess, - initialisierendes Teilchen kommt aus einem höheren Band. electrons holes 100 1 1 U 1 5 N 1 6 U 1 8 N 2 1 N 111 3 1 U 3 3 U 3 5 U 2 9 N 4 4 N 4 7 N 110 2 1 U 4 0 N 4 2 U 1 8 N 4 0 N 4 1 N 134 CHAPTER 10. STOSSIONISATION 10.2 Stossionisationsrate und -koeffizienten Für die Stossionisationsrate macht man folgenden heuristischen Ansatz: αn n v n GII αp p vp (10.6) (“II” steht dabei für “Impact Ionization”.) Die Koeffizienten α n p heissen Stossionisations-Koeffizienten (Masseinheit: 1 cm). Anschaulich interpretiert man sie als reziproke mittlere freie Wegl¨angen zwischen zwei Stössen, die zur Generation eines Elektron-Loch-Paars führen. Die mikroskopische Definition der Streurate (1 s) lautet für den elektroneninduzierten Prozess 1 τII n 1 n ∞ dE Eth n 1 τII n E Dc E f c E womit man αn gem¨ass αn 1 τII n vn berechnen kann. Dazu braucht man neben der Schwellenenergie Eth n die Energie-Abh¨angigkeit der Streurate 1 τII n E und die korrekte Nichtgleichgewichts-Verteilungsfunktion f c E . Dabei ist die “Vorgeschichte” der Elektronen, bevor sie die Schwellenenergie Eth n erreichen, entscheidend, denn diese bestimmt den hochenergetischen Ausl¨aufer der Verteilungsfunktion. Modelle für die Energie-Abh¨angigkeit von II τ 1 E : τII 1 E τII 1 E 1 τII E τII 1 Eth Θ E Eth E Eth 1 B τII Eth Eth 3 ∑Θ E i Eth P i Stufenfunktion p (Keldysh, 1960) i 1 E i Eth i Eth 2 (Cartier et al., 1993) mit folgenden Parametern für Silizium: Eth 1 2 eV 1 8 eV 3 45 eV ; P 6 25 1010 s 1 3 0 1012 s 1 6 8 1014 s 1 . i i 10.2. STOSSIONISATIONSRATE UND -KOEFFIZIENTEN 135 15 10 IONIZATION RATE (s -1) 14 10 quyield.epsi 65 71 mm 13 10 12 10 11 10 rate.ID.epsi///PS 53 51 mm 10 10 9 10 1 2 3 4 5 KINETIC ENERGY (eV) Links: Stossionisationsrate nach dem Modell von Cartier. Rechts: Mit der Technik der Ladungsträger-Separation gemessener quantum yield für Elektronen ( = Zahl der generierten Elektronen pro Zahl der Initial-Elektronen). Ans¨atze für die Verteilungsfunktion cf E : αi αi const exp E 2 (Wolff, 1954) Heated Maxwellian für fc E , aber Annahme, dass Energie-Relaxation nur durch Stossionisation erfolgt (τII τ ph ). (Shockley, 1961) “Lucky Electron”-Modell. Ge genteilige Annahme, d.h. zu f c E tragen nur const exp solche Elektronen wesentlich bei, die nicht mit E Phononen gestossen haben (“lucky”), die also E th ballistisch erreichen. Physikalische Erl¨auterung des “Lucky Electron”-Modells Die Beschleunigungsstrecke LI , die gebraucht wird, um Eth ballistisch zu erreichen, ergibt sich aus LI Eth 0 dx F x F x ist die auf das Elektron einwirkende elektrische Kraft. Im konstanten elektrischen Feld ist dann LI Eth F. Die tats¨achliche freie Wegl¨ange LI ist grösser, da Elektron-Phonon-Stösse die Ladungstr¨ager st¨andig wieder zurückwerfen: LI LI P, wobei P die Wahrscheinlichkeit ist, dass auf der 136 CHAPTER 10. STOSSIONISATION Strecke LI kein Stoss passiert. P ist in Gleichung (2.10) (Monte-Carlo worden: Methode) schon einmal angegeben t P t exp dt 0 Mit der Transformation dt dE ; dE dt dE dt dE k̇ dk Eth exp dE E0 k vg F vg F F und ausserdem dE dk da nach Newtonschem Grundgesetz k̇ gilt, folgt P 1 ph τtot 1 1 ph F vg τtot E vg Shockley benutzte E0 0 und eine konstante mittlere freie Wegl¨ange für ph Stösse mit optischen Phononen lo p vg τtot , so dass P exp Eth F lop Zur Startzeit des ballistischen Fluges t 0 ist jedoch k k0 , da k t k0 F t . Daher nimmt man besser an, dass die Teilchen mit einer mittleren thermischen Energie E0 3kB Tc 2 starten. Setzt man weiterhin das elektrische Feld als r¨aumlich konstant voraus, erh¨alt man für den Stossionisations-Koeffizienten 1 P F Eth 3kB Tc 2 α (10.7) exp LI LI Eth F lop 10.3 Modelle für die Stossionisationskoeffizienten Lokal-Feld-Modell Das am meisten benutzte Modell (Chynoweth-Modell) ist die aus Gleichung (10.7) abgeleitete Fitformel b α α∞ e E (10.8) (Chynoweth, 1958). Parameter für den elektronen-induzierten Prozess: α∞ n 7 105 cm 1 , bn 1 23 106 V cm. 10.4. AVALANCHE-DURCHBRUCH 137 Lokal-Temperatur-Modell Ersetzt man das lokale elektrische Feld durch die lokale Temperatur der Ladungstr¨ager, erh¨alt man mit (7.8) für “sehr heisse” Elektronen Tcrit Tn TL α∞ n e αn Die Modellierung der Stossionisationsrate mit der ph¨anomenologischen Relation (10.6) und lokalen Modellen für α ist nur bedingt tauglich. Literatur-Parameter stammen meist von Dioden mit weiten Raumladungszonen. In KurzkanalMOSFETs sind die Feldst¨arke-Peaks beim Drain so scharf, dass trotz des grossen Wertes der Feldst¨arke die Beschleunigungsstrecke zu kurz sein kann (der sogenannte “dark space”-Effekt). Dann wird die Rate in der Simulation übersch¨atzt und der Substratstrom kann u.U. um Grössenordnungen zu gross herauskommen. 10.4 Avalanche-Durchbruch Betrachten 1D Kontinuit¨atsgleichungen für Elektronen und Löcher mit Stossionisationsrate als einziger Generationsrate: dJn αn α p Jn α p J ; dx J Jn J p const dJ p dx α p Jp αn αn J Die formale Lösung lautet (Beweis durch Differentiation) Jn x Jn0 e Jp x J p0 e x 0 dx x W αn αp dx αn αp x J 0 dx α p e J n mit den Randbedingungen Jn 0 Jn0 und J p W Raumladungszone wird der Gesamtstrom J 0 J W Jn0 J p0 e 0 W Jn0 e W 0 J p0 dx αn dx αn αp αp W J x x dx dx α e W x W 0 αp αn αp αn J p0 . An den R¨andern der dx α e n 0 J x x dx dx α p e 0 x dx W x αn dx αn αp αp In der N¨ahe des Durchbruchs kann man in der 1. Gleichung den (thermisch generierten) Sperrstrom J p0 gegen den (stark vervielfachten) Elektronenstrom Jn0 vernachl¨assigen, in der 2. Gleichung den (thermisch generierten) Sperrstrom Jn0 138 CHAPTER 10. STOSSIONISATION p RLZ avalanche.ID.epsi 91 52 mm n 0 W x gegenüber dem (stark vervielfachten) Löcherstrom pJ0 . Man definiert Multiplikationsfaktoren J Jn0 Mn so dass 1 1 W 1 Mn 1 Mp 0 W 0 J J p0 Mp dx αn e dx α p e x 0 αp dx αn W x αp dx αn (10.9) (10.10) Der Avalanche-Durchbruch ist durch den Limes Mn p ∞ definiert. Aus den Gleichungen (10.9) und (10.10) folgt die Durchbruch-Bedingung 1 Falls αn γ α p mit γ W 1 ln αn α p 0 αp dx αn const, wird daraus γ 1 ln γ W 0 dx α p 1 Diese Bedingung bedeutet im wesentlichen, dass α 1 W , d.h. die mittlere freie Wegl¨ange zwischen zwei ionisierenden Stössen muss kleiner sein als die Weite der Raumladungszone. 10.4. AVALANCHE-DURCHBRUCH 1e−02 139 x x 4 3 1e−04 current (A) 1e−06 1e−08 1e−10 1e−12 durchbr.eps 74 67 mm 1e−14 1e−16 x 2 1e−18 1e−20 −20 1 x −15 −10 −5 0 voltage (V) Strom-Spannungs-Kennlinie einer pn-Diode mit Avalanche-Durchbruch. 1e+20 12 4 band edge energy (eV) −3 density (cm ) 10 3 1e+15 electrons holes 1e+10 1e+05 densities.eps 62 56 mm 2 1 1e+00 4 8 6 3 4 2 2 bandedges.eps 57 57 mm 0 −2 1 −4 1e−05 0.1 0.2 position (µm) 0.3 −6 0.1 0.2 0.3 position (µm) Links: Elektronen- und Löcherverteilung für die in obigem Bild markierten Spannungen. Rechts: Verlauf der Bandkanten bei diesen Spannungen. 11 Metall-Halbleiter (MS)-Kontakt 11.1 Energieniveau-Schema vor Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts M a) HL E0 χ Φ b) HL E0 E FM Ec E FS ΦB M Ec E FS E FM Ev Ev 0 c) M x 0 MSequ.ID.epsi 124 88 mm HL E0 d) M x HL E0 Ec Ec E FM ΦB E FS Ev E FS Ev 0 E FM 0 x x Räumlicher Verlauf der Fermi-Niveaus von Metall und Halbleiter sowie der Bandkanten des Halbleiters in einem Metall-Halbleiter-Übergang unmittelbar nach seiner Herstellung, also vor der Einstellung des Gleichgewichts. Fall a): n-Halbleiter mit E FS EFM , Fall b): n-Halbleiter mit EFS EFM , Fall c): p-Halbleiter mit EFS EFM , Fall d): p-Halbleiter mit EFS EFM . χ ist die Elektronen-Affinität, Φ die Austrittsarbeit der Elektronen im Metall. 140 11.2. MS-KONTAKT IM GLEICHGEWICHT, SCHOTTKY- UND BARDEEN-MODELL 141 EFM EFS ist der typische Fall für Metall-n-HL-Übergang (Fall a)) EFM EFS ist der typische Fall für Metall-p-HL-Übergang (Fall c)) ΦB Φ χ heisst Schottky-Barriere 11.2 MS-Kontakt im Gleichgewicht, Schottky- und BardeenModell Energieniveau-Schema (Potentialverlauf) Zur Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts müssen Elektronen (Löcher) aus dem Halbleiter ins Metall (und umgekehrt) diffundieren. An der Grenzfl¨ache entsteht eine Raumladung und damit ein ver¨anderliches elektrostatisches Potential ϕ x . ρ(x) M HL x rhox.ID.epsi 79 50 mm Wie gross ist die Ausdehnung der Raumladungsschicht im Metall? Eine Absch¨atzung liefert die Abschirml¨ange L s , die in Kap. 6 im Zusammenhang mit der Abschirmung des Coulomb-Potentials flacher Störstellen diskutiert wurde. Man erh¨alt Ls π aB e f f 2 kF 0 5 Å mit dem effektiven Bohrradius aB e f f und dem Fermi-Impuls kF im Metall. (Dazu muss man den Thomas-Fermi-Ausdruck Ls 2 4πe2 d n εs d EFM 142 CHAPTER 11. METALL-HALBLEITER (MS)-KONTAKT für die Abschirmung und die Dichteformel im Grenzfall vollst¨andiger Entartung der Elektronen n 1 3π2 2m 2 E FM 3 2 benutzen.) Die Eindringtiefe der Raumladung ins Metall ist also extrem klein, so dass man das Potential ϕ x im Metall praktisch als konstant ansehen kann. Wenn sich an der Grenzfl¨ache eine Dipolschicht ausbildet, dann erleidet das Potential dort einen Sprung ϕ 0 ϕ 0 . Wir nehmen zun¨achst an, dass keine Dipolschicht existiert. In diesem Fall bleibt die Höhe der SchottkyBarriere Φ B Φ χ unver¨andert, weil EFM und Ec um denselben Energiebetrag eϕ 0 angehoben werden. Die Konsequenz daraus, dass bei x 0 der energetische Abstand E FM Ec “festgepinnt” bleibt, ist die Ausbildung einer Potentialbarriere im Halbleiter. EFS EFM e. Es entsteht eine Kontaktspannung UK Wie gross ist die Ausdehnung der Raumladungsschicht im Halbleiter? Der Potentialverlauf kann leicht berechnet werden, wenn die Schottky-N¨aherung eUK kB T (depletion approximation) gilt, was wir hier annehmen wollen. Für einen n-Halbleiter lautet die zu lösende Poisson-Gleichung (n p 0 in der Verarmungsschicht, d.h. im Intervall x 0 xB mit xB als Rand der Barriere) ε0 εs mit der Lösung ϕ x d2ϕ dx2 eND e ND x2 C1 x C2 2ε0 εs Die Randbedingungen im Unendlichen lauten ϕ ∞ 0 und C2 UK . dϕ x dx x ∞ 0. Weil UK ϕ ∞ ϕ 0 ist, folgt ϕ 0 Das Verschwinden der ersten Ableitung von ϕ am Rand der Barriere ergibt die zweite Integrationskonstante: C1 eND xB ε0 εs . Führt man noch eine quadratische Erg¨anzung durch, folgt für das Potential im Intervall x 0 xB : ϕ x UK e ND x 2ε0 εs xB 2 e N x2 2ε0 εs D B 11.2. MS-KONTAKT IM GLEICHGEWICHT, SCHOTTKY- UND BARDEEN-MODELL 143 E 0 - e ϕ(x) M a) HL b) E 0 - e ϕ(x) Φ E c - e ϕ(x) ΦB M E c - e ϕ(x) EF HL EF E v - e ϕ(x) E v - e ϕ(x) 0 x 0 MSnonequ.ID.epsi 115 98 mm x E 0 - e ϕ(x) c) E c - e ϕ(x) M d) M HL E 0 - e ϕ(x) HL E c - e ϕ(x) EF ΦB E v - e ϕ(x) 0 EF E v - e ϕ(x) 0 x x Räumlicher Verlauf der Bandkanten des Halbleiters und des Vakuum-Niveaus in einem Metall-Halbleiter-Übergang nach Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts. Die Fälle a) und c) bezeichnet man als Schottky-Kontakt, die Fälle b) und d) als Ohmschen Kontakt. Das Verschwinden des Potentials am Rand der Barriere ergibt den Zusammenhang zwischen Kontaktpotential und Barrierenweite: UK e ND x2B 2ε0 εs Die charakteristische L¨angenskale des Problems ist die sogenannte DebyeLänge LD ε0 εsUT eND Mit ihrer Hilfe kann man den Ausdruck für das elektrostatische Potential 144 CHAPTER 11. METALL-HALBLEITER (MS)-KONTAKT kompakt in der Form UT x 2L2D ϕ x xB 2 2LD xB UK UT schreiben. Weil die Schottky-Approximation muss auch xB LD sein. UK UT (11.1) 1 gelten muss, Schottky- und Bardeen-Modell des MS-Kontakts 1.0 Pt barrier height (eV) 0.8 Pb 0.6 Pd Ag Au Al W Mo Cu 0.4 Mg Ni phiBvsPhi.eps 69 68 mm 0.2 0.0 3 4 5 6 metal work function (eV) Barrierenhöhe als Funktion der Austrittsarbeit für verschiedene Metall-n-Si-Kontakte. Die Gerade entspricht der Mott’schen Beziehung ΦB Φ χ mit dem Wert der Elektronen-Affinität in Si (χ 4 05 eV ). In der Abbildung ist die Barrierenhöhe ΦB als Funktion der Austrittsarbeit im Metall für verschiedene Metall-n-Si-Kontakte dargestellt. Die Gerade entspricht der Mott’schen Beziehung ΦB Φ χ mit dem Wert der Elektronen-Affinit¨at in Si (χ 4 05 eV ). Das Schottky-Modell des MS-Kontaktes ist also so gut wie nicht erfüllt, eher ist ΦB noch unabh¨angig von Φ (etwa gleich 0.6 - 0.8 eV für die meisten Metalle). Um dieses Verhalten zu verstehen, lassen wir jetzt einen Potentialsprung and der Grenzfl¨ache zu, dann ¨andert sich die Barrierenhöhe um diesen Sprung, d.h. ΦB Φ χ e ϕ 0 ϕ 0 . Ursache dafür ist eine Dipolschicht, die von geladenen Grenzfl¨achen-Zust¨anden herrührt. Wir nehmen an, dass die Dichte dieser Grenzfl¨achen-Zust¨anden so gross ist, dass praktisch alle Elektronen 11.2. MS-KONTAKT IM GLEICHGEWICHT, SCHOTTKY- UND BARDEEN-MODELL 145 aufgenommen werden können. Als Modell benutzen wir eine δ-Funktion, wie sie auch schon bei den tiefen Störstellen verwendet wurde, Dit E D0it δ E Es die Zust¨ande sind also bei der Energie E Es in der Energielücke des Halbleiters konzentriert. Für die Elektronendichte in diesen Zust¨anden folgt dann n 0 ∞ ∞ dE Dit E f E D0it f Es In Wirklichkeit ist die δ-Funktion zu einer Glockenkurve verbreitert. Die Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts im MS-Kontakt zerlegen wir in Gedanken in zwei Teilschritte, erstens die Einstellung des Gleichgewichts im Halbleiter, nachdem die glockenförmige Grenzfl¨achen-Zustandsdichte “eingeschaltet” wurde, zweitens die Einstellung des Gleichgewichts über die Grenzfl¨ache M E FM ∆E S HL bardeen.ID.epsi 72 57 mm E S ≈ E FS x hinweg zwischen Metall und Halbleiter, nachdem beide in Kontakt gebracht wurden. Im ersten Teilschritt gehen Elektronen aus dem Innern des Halbleiters in die Grenzfl¨achen-Niveaus über, wobei diese von unten her bis zu einer gewissen Energiegrenze aufgefüllt werden. Diese Grenze ist per definitionem gleich dem Fermi-Niveau im Halbleiter (bei T 0). Nach obiger Voraussetzung (weil praktisch alle Elektronen aufgenommen werden können), f¨allt diese Grenze letztendlich mit dem Niveau Es zusammen. Eine Vergrösserung oder Verkleinerung der Elektronenkonzentration im Halbleiter durch Änderung der Dotierung erhöht oder verkleinert zwar die Zahl der Elektronen in den Grenzfl¨achen-Niveaus, wegen der grossen Zustandsdichte bleibt aber die Lage des Fermi-Niveaus praktisch unver¨andert (pinning des Fermi-Niveaus). Im zweiten Teilschritt werden Elektronen über die Grenzfl¨ache hinweg, zwischen den Grenzfl¨achen-Zust¨anden des Halbleiters und einer dünnen Randschicht des Metalls, ausgetauscht. Dadurch entsteht an der Grenzfl¨ache eine 146 CHAPTER 11. METALL-HALBLEITER (MS)-KONTAKT Dipolschicht, die einen Potentialsprung ϕ 0 ϕ 0 zwischen Metall und Halbleiter erzeugt, der im Gleichgewicht gerade so gross ist, dass das FermiNiveau des Metalls auf das des Halbleiters angehoben oder abgesenkt wird. Es gilt also EFM eϕ Es Damit wird die Barrierenhöhe Φ ΦB χ 0 ϕ EFM 0 Es (11.2) Wir beziehen jetzt alle Energien auf die Valenzbandkante des Halbleiters. Wegen E0 χ Eg Ev und Es Ev ∆Es (sh. Abb.) ist (man eliminiere Ev ) χ Es Eg ∆Es E0 was nach Einsetzen in Gl. (11.2) auf den Zusammenhang führt, weil ja Φ ΦB EFM Φ EFM Eg E0 ∆Es ! Eg ∆Es E0 ist. Also ΦB Eg ∆Es (11.3) (Bardeen’sches Modell). ΦB ist im Bardeen’schen Modell unabh¨angig von der Austrittsarbeit im Metall! Dieses Modell trifft für Silizium besser zu als das Schottky-Modell. Man kann nun beide Modelle zu einem verallgemeinerten Modell kombinieren. Mit zwei Parametern, S und Φ0 , schreibt man ΦB S Φ EFS E0 Φ0 Der Grenzfall des Schottky-Modells ergibt sich mit S 1 und Φ0 0, da E0 Ec χ EFS χ für einen n-Halbleiter. Der Grenzfall des Bardeen-Modells ergibt sich mit S 0 und Φ0 Eg ∆Es . Der Abbildung kann man entnehmen, dass S mit steigender Elektronegativit¨atsdifferenz des Halbleiters w¨achst. Bei den kovalenten Halbleitern dominieren die Grenzfl¨achen-Eigenschaften (S sehr klein). 11.3 MS-Kontakt im Nichtgleichgewicht Betrachten Schottky-Übergang im n-Halbleiter. Legt man eine Spannung U an, UK U , und damit z.B. die so ver¨andert sich das Kontaktpotential gem¨ass U K 11.3. MS-KONTAKT IM NICHTGLEICHGEWICHT 147 S 1.1 AlN ZnO SrTiO 3 1.0 ZnS SiO2 Al2O3 0.9 GaS KTaO 3 0.8 0.7 CdS 0.6 GaSe SvsAff.ID.epsi ZnSe 0.5 77 67 mm 0.4 SiC GaTe CdSe 0.3 CdTe GaP 0.2 Ge GaAs 0.1 Si InSbInP 0.0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 electronegativity difference (eV) Weite der Barriere: xB 2LD UK U UT . Der Strom im Bahngebiet des Halbleiters wird durch die Majorit¨atsladungstr¨ager getragen (hier Elektronen). Die Netto-Stromdichte über die Schottky-Barriere hinweg ist jn U jMS U jSM U mit der Konvention “MS” = Metall HL, “SM” = HL Metall. Es gilt jMS U jMS 0 , weil für alle Spannungen U die Schottky-Barriere thermisch überwunden werden muss. Also jn U jMS 0 jSM U Berechnen zuerst jMS 0 . Nach der Definition des 1. Moments der BoltzmannGleichung kann man schreiben: jMS 0 2e 2π 3 1 BZ d 3 k Θ kx 1 ∂ Ec k f M Ec k ∂kx (11.4) In dieser Gleichung berücksichtigt der Faktor 2 die Spin-Entartung und die Theta-Funktion den Umstand, dass nur Elektronen, die vom Metall in den Halbleiter fliessen, gez¨ahlt werden dürfen. Die restlichen Faktoren sind die Gruppengeschwindigkeit und die Fermi-Dirac-Verteilung der Elektronen im Metall. Letztere bestimmt die Zahl der vorhandenen Elektronen, die über die Barriere hinweg in den Halbleiter übertreten können. Die Integrationsgrenzen kann man ins Unendliche verschieben. Als Energie-Nullpunkt w¨ahlen wir die Energie des Vakuum-Niveaus: E0 0. Dann ist EFM Φ. Wegen Ec k Φ kB T kann 148 CHAPTER 11. METALL-HALBLEITER (MS)-KONTAKT a) U = 0 M n-HL ΦB Ec E FM E FS xB 0 x MSvsU.ID.epsi 123 93 mm c) U < 0 b) U > 0 M M n-HL ΦB x E FM 0 x x n-HL ΦB Ec E FS x x x E FM xB x x x x x x x x 0 x Ec E FS x xB x Veranschaulichung des Stromflusses in einem Schottky-Übergang. a) ohne Spannung, b) Durchlassrichtung, c) Sperrrichtung. Die Kreuze in b) und c) deuten an, dass das Fermi-Niveau im Raumladungsgebiet nicht definiert ist. man Boltzmann-Statistik benutzen, f M Ec k e Φ kB T e Ec k kB T In Effektivmassen-N¨aherung für E alt man dann c k erh¨ jMS 0 e e 4π3 Φ Ec kB T 0 ∞ ∞ ∞ dky ∞ ∞ dkz 0 0 dkx kx e mc 2 k2 2m c kB T χ, also ist Φ 0 Aufgrund der Wahl des Energie-Nullpunkts ist Ec Ec Φ χ ΦB gleich der Schottky-Barriere. Die Berechnung der Integrale ist trivial, man erh¨alt endgültig jMS 0 e vth n Nc e 4 ΦB kB T (11.5) 11.4. KONTAKT-RANDBEDINGUNGEN IN DER BAUELEMENTE-SIMULATION 149 mit der mittleren thermischen Geschwindigkeit vth n 8kB T πmc der Elektronen und der Leitungsbandkanten-Zustandsdichte N . Die berechnete c Stromdichte jMS 0 kann benutzt werden, um auf jSM U zu schliessen. Im Gle 0 ichgewicht gilt jMS 0 jSM 0 . Legt man eine Spannung U an, geht Ec in die 0 eU über, also jSM U jSM 0 exp U UT . Damit ergibt sich neue Lage Ec für die Netto-Stromdichte jn U jMS 0 U 1 e UT Der Schottky-Kontakt wirkt demnach, genau wie die Diode, als Gleichrichter. Wegen des Faktors exp ΦB kB T kann die Sperrwirkung jedoch grösser sein, n¨amlich dann, wenn die Barrierenhöhe Φ B grösser ist als die built-in-Spannung der Diode. Noch zwei abschliessende Bemerkungen: Da in der Raumladungszone praktisch keine Elektronen vorhanden sind, müssen sie aus dem Bahngebiet (bulk) kommen. Ungehinderte Emission kann nur stattfinden, wenn sie beim Durchfliegen der Raumladungszone keine Stösse erleiden. Deshalb muss die mittlere freie Wegl¨ange l grösser als die Barrierenweite Bx sein. l xB bedeutet aber, das sich in der Raumladungszone kein auch nur angen¨ahertes thermodynamisches Gleichgewicht ausbilden kann. Deshalb ist ein Fermi-Niveau auch nicht mehr im lokalen Sinne definiert. Der Fall l xB kann mit der sogenannten Diffusionstheorie behandelt werden (sh. Übungen zu den Bipolar-Bauelementen) und liefert qualitativ dasselbe. Wird die Potential-Barriere sehr schmal, kann sie durchtunnelt werden. Dann hat man einen Ohmschen Kontakt. In der Mikroelektronik werden Ohmsche Kontakte durch eine hohe Dotierung des Siliziums im Kontaktgebiet erreicht. 11.4 Kontakt-Randbedingungen in der Bauelemente-Simulation Idealer Ohmscher Kontakt thermodynamisches Gleichgewicht: n p Zwei Annahmen: Ladungsneutralit¨at: n p NA ND n2i e f f C. Die erste Bedingung entspricht einer unendlich grossen Oberfl¨achenRekombinationsgeschwindigkeit. Setzt man beide Bedingungen ineinander 150 CHAPTER 11. METALL-HALBLEITER (MS)-KONTAKT ein, ergeben sich Dirichlet-Randbedingungen für die Dichten: 1 2 1 2 n p C2 C2 4 n2i e f f C C 4 n2i e f f Schottky-Kontakt Die Formel (11.5) für die Netto-Stromdichte wird umgeschrieben. Es ist Nc exp ΦB kB T Nc exp U UT ΦB kB T n xB ! 0 nx neq xB ! neq x 0 wegen der Voraussetzung der Emissionstheorie (keine Stösse in der RLZ). Als Strom-Randbedingung bei x 0 erh¨alt man also e vth n n 4 jn U neq x 0 Das Auftreten der mittleren thermischen Geschwindigkeit ist das Ergebnis der Emissionstheorie. In der Diffusionstheorie erh¨alt man stattdessen jn U e vrec n n oder allgemein in der Bauelemente-Simulation neq j n en e vrec n n 1 2 C2 x 0 4 n2i e f f C wobei vrec n die Oberfl¨achen-Rekombinationsgeschwindigkeit ist. Nicht-idealer MS-Kontakt Das Argument, dass dünne Potentialbarrieren durchtunnelt werden und Ohmsche Kontakte liefern, kann benutzt werden, um ein Modell des nichtidealen MS-Kontakts aufzustellen. Bei xT gilt: jDD jtunnel Der Bereich 0 xT wird in der BE-Simualtion zu Null “geschrumpft”. 11.4. KONTAKT-RANDBEDINGUNGEN IN DER BAUELEMENTE-SIMULATION 151 Die Wahl von xT erfolgt nach einem Tunnel-Kriterium. Die Gleichung jDD jtunnel x quasi-Fermi-Niveau bei xT . xT wird iteriert und liefert den Wert für das Die Grenzf¨alle des Ohmschen und Schottky-Kontakts werden über die dotierungsabh¨angige Barrierenweite reproduziert. Hohe Dotierung 1018 cm 3 schmale Barriere = Ohmscher Kontakt. Schwache Dotierung 1016 cm 3 breite Barriere = Schottky-Kontakt. Anschluss-Punkt zwischen diffusivem und ballistischem Transport E F,M qUappl xT.ID.epsi 97 46 mm Ec -q ϕn(x T) xT xB 12 Metall-Isolator-Halbleiter (MIS) Struktur 12.1 Isolator-Halbleiter (IS)-Übergang im Gleichgewicht a) Isolator HL b) Isolator HL E cI E FI EISequ.ID.epsi cS E120 FS 65 mm EF E vS E cS E vS E vI Räumlicher Verlauf der Bandkanten und der Fermi-Niveaus an einem IsolatorHalbleiter-Übergang vor (a) und nach (b) Einstellung des Gleichgewichts. Der in der Abbildung dargestellte IS-Übergang entspricht einem pn-Übergang aus zwei unterschiedlichen Materialien mit einer sehr kleinen AkzeptorKonzentration NAI im Isolator. Da EFS EFI ist, gehen Elektronen vom Halbleiter in den Isolator über, der sich dadurch negativ aufl¨adt. Wegen des grossen Dotierungsunterschieds reichen bereits wenige Elektronen aus, um die Fermi-Niveaus anzugleichen. Die Raumladungszonenweite im Isolator wird sehr gross, w¨ahrend im Halbleiter die Raumladung vernachl¨assigbar bleibt. Ist der Isolator nicht dick genug, kann der Sprung des chemischen Potentials nicht vollst¨andig elektrisch abgeschirmt werden (man erh¨alt andere Randbedin152 12.1. ISOLATOR-HALBLEITER (IS)-ÜBERGANG IM GLEICHGEWICHT 153 gungen). Aufgrund der geringen Raumladung im Halbleiter ist die Feldst¨arke dort praktisch Null und EF EFS . Dies bedeutet, dass der Halbleiter vom Isolator praktisch überhaupt nicht beeinflusst wird. Auch das Feld im (hinreichend dicken) Isolator ist klein und kann vernachl¨assigt werden. Somit erh¨alt man im Schottky-Modell des IS-Übergangs einen horizontalen Bandkanten-Verlauf. In Wirklichkeit existieren jedoch Grenzfl¨achenzust¨ande. Ist die Grenzfl¨achenLadungsdichte negativ (eingefangene Elektronen), entsteht im Halbleiter unter der Grenzfl¨ache ein Verarmungsgebiet (positive Raumladung). In SchottkyN¨aherung ist wegen der Erhaltung der Elektronenzahl ns NDS xB (ns Grenzfl¨achen-Zustandsdichte cm 2 , xB Barrierendicke). Die Grenzfl¨achen-Zustandsdichte ns ist mit einem Sprung der Feldst¨arke verbunden: e s εs E 0 ε I E 0 n ε0 Da man E 0 vernachl¨assigen kann, ergibt sich auf der Halbleiterseite der Grenzfl¨ache e s Es n ε0 εs Der Wert des Potentials an der Grenzfl¨ache ist ϕ 0 Us . In völliger Analogie zum MS-Kontakt erh¨alt man als Lösung der Poisson-Gleichung in SchottkyIsolator HL E cI EF ISinterface.ID.epsi 58 64 mm E cS E vS E vI Räumlicher Verlauf der Bandkanten an einem Isolator-Halbleiter-Übergang im Gleichgewicht bei Vorhandensein von Grenzflächen-Zuständen. 154 CHAPTER 12. METALL-ISOLATOR-HALBLEITER (MIS) STRUKTUR N¨aherung ϕ x 0 UT 2L2D xB x 2 in 0 xB sonst mit xB Setzt man xB 2LD Us UT ε0 εsUT eNDS LD ns NDS ein, folgt für die Grenzfl¨achen-Zustandsdichte ns 2ε0 εs NDS U s e (12.1) und die Grenzfl¨achen-Feldst¨arke Es wird e N xB ε0 εs DS Es 2e N Us ε0 εs DS Für eine Absch¨atzung der Grössen betrachten wir folgendes Zahlenbeispiel: e U s 1 eV , NDS 1016 cm 3 , εs 10. Dann wird 3 1011 cm 2 6 104 V cm 0 3 µm ns Es xB (12.2) Damit es zum Fermi level pinning kommen kann, muss die Grenzfl¨achenZustandsdichte grösser sein als das berechnete ns (etwa 1012 cm 2 ), was an der Si-SiO2 -Grenzfl¨ache aber gerade nicht der Fall ist! Dies macht die Funktionsweise von MOSFETs möglich, denn w¨are dem nicht so, könnte man durch Variation der Gate-Spannung die Lage des Fermi-Niveaus unter der Grenzfl¨ache nicht ¨andern und damit auch nicht die Leitf¨ahigkeit im Kanal. Die heutige Mikroelektronik basiert also im wesentlichen auf den guten Eigenschaften der Si-SiO 2 Grenzfl¨ache. 12.2 MIS-Struktur bei angelegter Spannung Der Isolator sei bei x ϕ ∞ ϕ d kontaktiert, der Halbleiter bei x d U ∞. U = angelegte Spannung. 12.2. MIS-STRUKTUR BEI ANGELEGTER SPANNUNG 155 U<0 n p ISnonequ.ID.epsi 75 88 mm U>0 p n Bildung von Verarmungs- bzw. Anreicherungsschichten an einem Isolator-HalbleiterÜbergang bei angelegter Spannung. Die Randbedingungen lauten: ϕ ∞ 0 und dϕ dx x ∞ 0. Im Halbleiter wird Ladung influenziert. Diesen Effekt nennt man Feldeffekt, der dem Transistor seinen Namen gibt (FET). Die influenzierte Ladungsmenge ist der ε I εs -te Teil der Ladungsmenge, die auf den Isolator aufgebracht werden muss (ε I ist die Dielektrizit¨atskonstante des Isolators). Voraussetzung für das Funktionieren des Feldeffekt-Transistors ist die Kleinheit der Grenzfl¨achen-Zustandsdichte. Wir vernachl¨assigen sie im folgenden völlig und betrachten einen p-Halbleiter bei 0 U 0. Die Leitungsbandkante an der Grenzfl¨ache zum Isolator Ec eϕ 0 wird heruntergezogen, bis sie bei einer bestimmten Spannung U0 das Fermi-Niveau trifft 1 0 U0 Ec EF e Erhöht man die Spannung U weiter (U U0 ), so ergibt sich ein Punkt xi , an dem gilt Ec 0 eϕ xi EF (xi ist die Breite der Inversionsschicht). Die Elektronenkonzentration ist hier von 156 CHAPTER 12. METALL-ISOLATOR-HALBLEITER (MIS) STRUKTUR E eU0 EF inversion.ID.epsi eUs 105 0 xi -d xp 71 mm x der Grössenordnung der effektiven Zustandsdichte Nc (1019 cm 3 ). Wir wollen annehmen, dass die Dotierung des p-Halbleiters nicht zu gross ist, so dass noch Nc gilt. Im Inversionsgebiet wird die Verteilungsfunktion der Elektronen NAS als Stufenfunktion gen¨ahert: f E Θ EF E 0 x xi Für das Gebiet zwischen xi und der Raumladungszonen-Grenze x p nehmen wir an, dass die Schottky-N¨aherung möglich ist, also eUs kB T gilt. Damit erh¨alt man ein einfaches Modell für die Elektronendichte im Halbleiter. ∞ eϕ x E 0 x xi 0 dE Dc E Θ EF Ec n x 0 xi x ∞ Die Löcher werden in Schottky-N¨aherung behandelt: p x 0 x xp x p x ∞ (vollst¨andige Ionisation) . 0 NAS Eine analytische Lösung der Poisson-Gleichung wird nur dann möglich, wenn man den Ausdruck für n x noch weiter vereinfacht. Dazu wird die Zus tandsdichte Dc E durch einen Mittelwert Dc ersetzt, der im Energie-Intervall 0 s Ec eU EF gebildet wird: Dc 1 2π2 2mc 2 γ 3 2 EF 0 E c EF eU s Ec 0 eU s dE E Ec 0 eU s 12.2. MIS-STRUKTUR BEI ANGELEGTER SPANNUNG (Mittlung bei x 0). Da eU0 de f γ 3π2 Dc Ec 0 157 EF ist, erh¨alt man 2mc 3 2 eU s 2 eU0 (12.3) Der Korrekturfaktor γ 1 berücksichtigt, dass das bei x 0 berechnete Dc zu einer Übersch¨atzung der mittleren Elektronenkonzentration in der gesamten Inversionsschicht führt. Benutzt man Gleichung (12.3) in n x , so folgt Nc ϕ x U s U0 n x U0 mit γ 2mc eU s 3π2 2 Nc 3 2 eU0 Die Elektronenkonzentration nimmt also im Inversionsgebiet vom Wert N c auf den Wert 0 ab (da ϕ xi U0 ). Das Modell (12.3) führt zur Untersch¨atzung von n im linken Teil und zur Übersch¨atzung von n im rechten Teil der Inversionsschicht. Die Poisson-Gleichung vereinfacht sich zu d2ϕ dx2 e ε0 εs 0 Nc U s NAS 0 U0 1 ϕ x U0 d x 0 0 x xi xi x x p xp x ∞ . Die Randbedingungen lauten ϕ ∞ ϕ d U und ϕ ∞ 0. Wegen der Wahl des Energie-Nullpunkts in der Form ϕ ∞ 0 folgt auch ϕ x p 0 und 0. Im Isolator ist die Feldst¨arke konstant EI ϕ d . Also hat man ϕ xp folgende Randbedingungen: ϕ ϕ d d U EI ϕ xp ϕ xp 0 0 Man erh¨alt als Lösung der Poisson-Gleichung ϕ x U EI x d U0 Lu E s sinh UT 2L2D xp x mit x Lu U0 cosh d x Lu 0 2 xi L2u Us ε0 εs U s U0 eN c L2D ε0 εsUT eNAS x x x 0 xi xp 158 CHAPTER 12. METALL-ISOLATOR-HALBLEITER (MIS) STRUKTUR Wegen ϕ 0 U s folgt U s Funktion von E s : εI EI εs ist, wird U s folgende EI d. Weil E s U Us εs s E d εI U Es bleiben drei Grössen zu bestimmen: xi , x p und E s . 1.) Aus der Stetigkeit von ϕ x bei x xi folgt xi Lu E cosh 2.) Aus dem Wert von ϕ x bei x xi (ϕ xi Us U0 Lu sinh U s U0 Lu E s UT xi 2L2D xp U0 !) folgt xi Lu 3.) Aus dem Wert von ϕ x bei x U0 tanh UT xi L2D xi Lu s xi folgt xp 2 xp xi 2U0 UT LD 1) und 2) sind implizite Gleichungen zur Bestimmung von xi und E s . Setzt man 2) in 1) ein, so folgt cosh U xi Lu s U0 2 Lu E s 2 UT E s Lu LD 2 xp xi Unter der Voraussetzung L2u L2D , d.h. NAS N c kann man die rechte Seite der letzten Gleichung n¨aherungsweise Null setzen und erh¨alt mit Us Es U0 Lu eine implizite Gleichung für Es Die in der Inversionsschicht gespeicherte Ladung wird wegen n x Nc ϕ x s U U0 U0 N c cosh x Lu (12.4) Lu E s sinh U s U0 x Lu 12.3. LADUNGSTRANSPORT DURCH DÜNNE OXIDE gleich n xi s 0 dx n x x Lu N c Lu sinh 1 N c Lu N c Lu cosh 159 tanh 1 xi Lu xi cosh Lu x Lu xi 0 xi Lu sinh Einsetzen der expliziten Ausdrücke ergibt n s γ 2mc eU s 3π2 2 eU0 also ns U εI Lu εs U0 U U d ε0 εs e U0 α Us Setzt man Gleichung (12.4) in U s E s s 1 2 3 2 5 4 Us U0 (12.5) εs E s d εI ein, so folgt Us U 1 U0 εs d ε I Lu Damit wird die gespeicherte Ladung als Funktion der ¨ausseren Spannung U : n U s α U U0 1 εs d ε I Lu 5 4 Um die gespeicherte Ladung über U möglichst wirksam steuern zu können, muss d Lu sein. Lu ist von der Grössenordnung 500Å (für Us U0 1V ), also muss gelten: d 50 nm! 12.3 Ladungstransport durch dünne Oxide Die Stromdichte für den Mechanismus des direkten Tunnelns durch dünne Oxide wird auf ¨ahnliche Weise berechnet wie beim Metall-Halbleiter-Übergang. Bei dünnen Oxiden (d 3 nm), die durchtunnelt werden, kann kein lokales quasiFermi-Niveau innerhalb der Oxidbarriere definiert werden. Im Falle extrem 160 CHAPTER 12. METALL-ISOLATOR-HALBLEITER (MIS) STRUKTUR Tunneling mechanisms Fowler-Nordheim direct (multi)phonon-assisted resonant "cavity" defects E (x ) t Typical characteristics tunnelmech.ID.epsi 121 94 mm -10 single oxide, tox= 2.5 nm direct Fowler-Nordheim Log [J (Acm )] -15 -20 -2 –2 Log [J (Acm )] 0 single oxide, tox = 10 nm multiphonon-assisted resonant direct –5 -25 -30 -35 –10 -40 0 2 4 6 8 gate voltage (V) 10 E FM 0 1 2 3 E (MV/cm) 4 x x x dirtun.ID.epsi x 74 x48xmm x x E FS x = -d x=0 dünner Oxide (d 1 nm, “native oxides”) stellt sich zwischen Metall und Halbleiter ein n¨aherungsweises thermodynamisches Gleichgewicht ein. Der MISÜbergang wird dann quasi-Ohmsch. Die Elektronen-Stromdichte kann nach der Formel jn emc kB T 2π2 3 ∞ 0 dE T E ln exp exp k ET 0 E 0 E 0 E k T EFS 0 1 c 1 B EFM B c 12.3. LADUNGSTRANSPORT DURCH DÜNNE OXIDE 161 berechnet werden. Dabei ist T E die Transmissionswahrscheinlichkeit (auch Durchgangskoeffizient genannt, sh. Kap.5) für die Oxidbarriere. Die Abbildung zeigt gemessene und simulierte Tunnelstrom-Kennlinien von MOS-Kapazit¨aten mit SiO2 -Dicken von 15 Å bzw. 30 Å. 1E0 Gate Currents of MOS capacitor Cu r r en t (A ) 1E-5 1E -10 1E -15 iv15-30-comp.ID.epsi 80 77 mm ex p 15A ex p 30A sim 30A sim 15A 1E -20 -4 -2 0 Vo l t ag e (V) 2 4 13 Hetero-Überg¨ange 13.1 Banddiskontinuit¨ aten Material 1 Material 2 E c2 ∆E c E c1 E F1 E g1 E g2 hetero1.ID.epsi 81 55 mm E v1 E F2 ∆E v E v2 x 0 Die Abbildung zeigt die Situation vor Einstellung des Gleichgewichts. Auch wenn keine freien Ladungstr¨ager vorhanden sind, fliesst Valenzladung aus dem Material 1 mit der höher liegenden Valenzbandkante ins Material 2. Es bildet sich eine Dipolschicht aus. Wegen des damit verbundenen Potentialsprungs ergibt sich für die tats¨achliche Lage der Valenzbandkanten am HeteroÜbergang: Ev1 0 Ev1 eϕ ; 0 Ev2 Ev2 eϕ Damit folgt für die Valenzband-Diskontinuit¨at: ∆Ev Ev1 Ev2 0 0 Ev1 Ev2 Volumenbeitrag 162 e ϕ ϕ Dipolbeitrag 13.2. POTENTIALVERLAUF NACH EINSTELLUNG DES GLEICHGEWICHTS 163 Der Dipolbeitrag h¨angt allerdings auch von den Eigenschaften der Grenzfl¨ache ab. Für die Leitungsband-Diskontinuit¨at erh¨alt man: ∆Ec Ec2 Ec1 Ev2 Eg2 Ev1 ∆Ev Eg1 ∆Eg ∆Eg kann experimentell leicht bestimmt werden, ∆Ev ist dagegen schwierig zu messen. 13.2 Potentialverlauf nach Einstellung des Gleichgewichts E c2 E F2 a) E c1 E F1 b) hetero2.ID.epsi 84 72 mm c) -e ϕ(x) Ec -e ϕ(x) EF x 0 Verlauf der Leitungsbandkante an einem Hetero-Übergang vom n-Typ vor Einstellung des Gleichgewichts a) und danach c). Der Verlauf des Potentials ist in b) dargestellt. Wir beziehen jetzt auch die freien Ladungstr¨ager mit in die Betrachtung ein. Durch Umverteilung an der Hetero-Grenze bildet sich eine Raumladungszone aus. Zum Zwecke einer vereinfachten Analyse beschr¨anken wir uns auf das System GaAs-AlAs, für das Ec2 Ec1 gilt, und machen folgende Annahmen: Nc1 Nc2 , n-Dotierung mit p NA 0, gleiche Dielektrizit¨atskonstanten ε1 ε2 . Dann lautet die Poisson-Gleichung d2ϕ dx2 e ND x ε0 εs n x Nimmt man noch an, dass die n-Dotierung in beiden Materialien identisch ist, so gilt EF2 EF1 Ec2 Ec1 . Aufgrund der Voraussetzung Ec2 Ec1 muss 164 CHAPTER 13. HETERO-ÜBERGÄNGE auch EF2 EF1 sein. Deshalb diffundieren Elektronen aus dem Material 2 in das Material 1. Es entsteht eine Anreicherungsschicht in Material 1 und eine Verarmungsschicht in Material 2. In Material 2 kann man die Schottky-N¨aherung anwenden, in Material 1 dagegen nicht. Nach dem Schottky-Modell des Kontakts muss die Differenz der FermiNiveaus gerade durch die Bandverbiegung kompensiert werden, d.h. 1 EF2 EF1 ϕ ∞ ϕ ∞ e In Material 1 kann man folgendermassen vorgehen: Die Elektronendichte ist n x Nc exp Ec eϕ x kB T 0 EF wenn man Boltzmann-Statistik voraussetzt. Führt man die GleichgewichtsKonzentration n01 im unendlichen Volumen des Materials 1 ein, folgt ϕ x ϕ ∞ n x n01 exp UT Die Poisson-Gleichung im Gebiet von Material 1 lautet dann e ND x ε0 εs d2ϕ dx2 n01 ϕ x exp ϕ UT ∞ Das erste Integral kann mit der Randbedingung dϕ dx x ∞ 0 und für konND const exakt angegeben werden: stante Dotierung ND x dϕ dx 2 2e ε0 εs ND ϕ x ϕ ∞ ϕx UT n01 e Uϕ T ∞ 1 Im Sinne einer qualitativen Diskussion setzen wir ND 0 (bzw. machen die Annahme ND n in der Anreicherungsschicht). Der Potentialsprung ist von der Grössenordnung der Banddiskontinuit¨at und wird durch ∆E c ersetzt. Mit e dϕ dx ∆Ec wA , wobei wA die Dicke der Anreicherungsschicht bezeichnet, erh¨alt man LD ∆Ec 12 k∆ETc B wA e 2 kB T LD ist die Debye-L¨ange in Material 1: LD ε0 εsUT e n01 . Hier ist also wA LD ! Mit ∆Ec 0 4 eV ist wA 0 14 LD . Die Debye-L¨ange betr¨agt für n01 1018 cm 3 und εs 12 etwa 0.2 µm, somit wird wA etwa 20 nm. Dieser Wert wird durch numerische Rechnungen best¨atigt. Im Potentialtrichter bildet sich ein 2D-Elektronengas aus. 13.3. SUPERGITTER UND QUANTUM WELLS 165 13.3 Supergitter und Quantum Wells In Kap. 5 hatten wir zur Veranschaulichung der Entstehung von B¨andern ein eindimensionales Modell aus einer unendlichen Abfolge von Quantentöpfen und Barrieren betrachtet (Kronig-Penney-Modell). In der Realit¨at werden solche Systeme als Supergitter realisiert. Auf ein Substrat werden dazu epitaktisch Halbleiterschichten aus abwechselndem Material aufgewachsen. Mittels MBE oder MOCVD gelingt die Herstellung von nahezu idealen Hetero-Grenzfl¨achen. Liegen die Schichtdicken im Nanometer-Bereich, ergeben sich neuartige elektronische Eigenschaften, die denen ¨ahnlich sind, die durch die natürliche Kristallstruktur verursacht werden (Energie-Lücken, negative effektive Massen, etc.). Im folgenden wird die elektronische Struktur von Supergittern noch einmal a) d d1 Substrat b) superlatt1.ID.epsi 64 mm d2 92 Supergitter y x z E c (z) z Halbleiter-Supergitter (a) und zugehöriger Verlauf der Leitungsbandkante (b). genauer betrachtet, wobei eine etwas andere Methode als in Kap. 5 benutzt wird (hier jetzt das eigentliche “Kronig-Penney-Modell” ohne WKB-N¨aherung). Wir beschr¨anken uns wieder auf die Elektronen im Leitungsband, die Löcher können analog behandelt werden. Die Schichtdicke von Material 1 (z.B. GaAs) sei d1 , die von Material 2 (z.B. Ga1 x Alx As sei d2 und die Gitterkonstante des Supergitters in z-Richtung (Wachstumsrichtung) sei d d1 d2 . Parallel zu den Schichten in x- und y-Richtung liegt die natürliche Gitterperiodizit¨at vor. Die elektronische Struktur von Supergittern kann bereits mittels der EffektivmassenMethode recht gut beschrieben werden. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass die Leitungsband-Minima der beiden Materialien im selben Punkt des k-Raumes liegen. Bei der Kombination GaAs/Ga1 x Alx As ist das im direk Bandkanten liegen im ten Bereich der Legierung (x 0 42) der Fall, beide Punkt Γ. Die Gesamt-Wellenfunktion eines Elektrons im Supergitter wird in 166 CHAPTER 13. HETERO-ÜBERGÄNGE der Effektivmassen-N¨aherung als Produkt aus einem Blochfaktor uc0 r und einer Enveloppen-Funktion Fc r dargestellt. Wir schreiben die Effektivmassen Gleichung für Fc r in den beiden Materialien einzeln auf: 2 2mc1 2 2mc2 ∆ ∆ Ec1 Fc r r in Material 1 r in Material 2 E Fc r Ec2 Fc r E Fc r Der Einfachheit halber seien die effektiven Massen gleich (mc1 mc2 mc ), was für das System GaAs/Ga1 x Alx As n¨aherungsweise erfüllt ist. Durch Einführung einer ortsabh¨angigen Leitungsbandkante Ec z lassen sich beide Gleichungen zu einer zusammenfassen: 2 2mc mit Ec z 0 ∆Ec ∆ Ec z Fc r Ec2 Ec1 Ec1 Fc r E (13.1) n d d1 z n 1 d für n d z für n d d1 und n als Nummer der Supergitter-Einheitszelle ( ∞ n ∞). Die Funktion Ec z l¨asst sich als ¨ausseres Potential interpretieren und Gleichung (13.1) als Schrödinger-Gleichung in diesem Potential. Ec z besitzt die Periodizit¨at des Supergitters, d.h. d Ec z Ec z Da das Potential Ec z nur von z, aber nicht von x y abh¨angt, kann die Lösung der Schrödinger-Gleichung als Produkt aus einer parallel zu den Schichten laufenden ebenen Welle mit einem gewissen Wellenvektor k , und einer nur von z abh¨angigen Funktion χc z geschrieben werden: Fc r 1 ik x χ z e c Ω1 3 Fck r Für χc z ergibt sich die Schrödinger-Gleichung 2 d2 2mc dz2 E c z χc z E χc z mit E E Ec1 2 2mc k2 (13.2) Diese Gleichung gilt für alle z mit Ausnahme der Sprungstellen n d und n d d1 zwischen den beiden Materialien. Um die Grenzfl¨achen zu überbrücken, 13.3. SUPERGITTER UND QUANTUM WELLS 167 benötigt man Anschlussbedingungen für χ c z und dχc z dz. Normalerweise sind Wellenfunktionen und deren erste Ableitung überall im Raum stetig. Bei χc z handelt es sich aber nicht um eine vollst¨andige Wellenfunktion, sondern nur um deren langsam ver¨anderliche Enveloppe, die noch mit dem Blochfaktor uc0 r multipliziert werden muss. Der Blochfaktor h¨angt vom Material ab und hat i.a. links und rechts von der Grenzfl¨ache unterschiedliche Werte. Das gleiche gilt für die Ableitungen. Wir nehmen diese Grössen im Sinne einer N¨aherung als gleich an (gilt für GaAs/AlAs-Supergitter tats¨achlich n¨aherungsweise). Dann ist also χc z χc z 0 χc z 0 χc z 0 für z 0 n d und z nd d1 (13.3) Als weitere Bedingung fordern wir die Periodizit¨at und Normierung von χc z bezüglich des 1-dimensionalen Grundgebietes Ω1 3 M d (M bezeichnet die Anzahl der Supergitter-Einheitszellen pro Grundgebiet). Gem¨ass Bloch-Theorem kann dann χc z als gitterperiodische modulierte ebene Welle χc z χck z 1 ikz e Uck z Ω1 6 geschrieben werden mit k als Komponente des Gesamtwellenvektors des Fck k r in z-Richtung und Uck z als SupergitterBloch-Zustandes Fck r Blochfaktor. Letzterer ist von den Blochfaktoren uc0 r der beiden Volumenkristalle zu unterscheiden. Das Auftreten von zwei verschiedenen BlochFaktoren spiegelt den Umstand wieder, dass bei einem Supergitter zwei verschiedene periodische Potentiale vorliegen, n¨amlich das der natürlichen Kristallstruktur und das der künstlichen Überstruktur. Die Gesamtwellenfunktion ψc r ψck r enth¨alt das Produkt der beiden Bloch-Faktoren. Sie lautet ψck r 1 uc0 r Uck z ei k r Ω Die z-Komponente k des Wellenvektors k muss von der Form 2π M d 0 1 2 sein, damit die geforderte Grundgebietsperiodizit¨at vorliegt. Der Variationsbereich von k ist die (1-dimensionale) erste BZ des Supergitters zwischen π d und π d. Zur Lösung der Schrödinger-Gleichung (13.2) beschr¨anken wir uns auf Energien 0 E ∆Ec , d.h. auf Energien, die unterhalb der niedrigsten erlaubten Energie eines Elektrons in Material 2 liegen. Der Blochfaktor Uck z der Wellenfunktion χck z wird in den beiden Materialschichten durch unterschiedliche Ausdrücke beschrieben. Für die Quantum Wells folgt aus der 168 CHAPTER 13. HETERO-ÜBERGÄNGE Schrödinger-Gleichung Uck z k z b e i K 1 a 1 ei K k z 0 z d1 mit K als reeller Zahl, die mit der Energie E durch die Beziehung E 2 2mc K2 (13.4) verknüpft ist, und a1 , b1 als noch zu bestimmenden Koeffizienten. In den Barrieren gilt dagegen ik z b e 2 Uck z a2 e κ κ ik z d1 z d wobei κ2 2mc 2 ∆Ec E (13.5) gesetzt wurde. Für die vier Koeffizienten a1 , b1 , a2 , b2 ergibt sich aus den vier Anschlussbedingungen (13.3) das homogene Gleichungssystem eiKd1 eikd iK eiKd1 iK eikd e iKd1 e ikd iK e iKd1 iK e ikd eκd1 eκd κ eκd1 κ eκd e e κe κe κd1 κd κd1 κd a1 b1 a2 b2 0 0 0 0 Damit dieses Gleichungssystem eine nichttriviale Lösung besitzt, muss seine Determinante verschwinden. Die Bedingung dafür lautet κ2 K 2 sin Kd1 sinh κd2 cos kd (13.6) 2κK Nur solche K und κ sind erlaubt, die dieser Beziehung genügen. Dabei sind K und κ aber nicht unabh¨angig voneinander, sondern durch die Energie E über Gleichungen (13.4) und (13.5) miteinander verknüpft. Die Gleichung (13.6) stellt also letztlich eine Bedingung für die Energie E dar. Sie ist identisch mit der des Kronig-Penney-Problems. Man erh¨alt eine bestimmte Anzahl diskreter Energieeigenwerte En , die, wenn k variiert, zu B¨andern En k auff¨achern, die durch Energielücken voneinander getrennt sind. Um die Energieeigenwerte 2 E des2 Su pergitters zu erhalten, muss gem¨ass (13.2) zu En k noch Ec1 2mc k addiert werden: cos Kd1 cosh κd2 En k En k Ec1 2 2mc k2 13.3. SUPERGITTER UND QUANTUM WELLS 169 Im Unterschied zum Kronig-Penney-Problem besitzen die Energieb¨ander des Supergitters also eine zus¨atzliche Dispersion bzgl. der Wellenvektor-Komponente k parallel zu den Schichten. Die B¨ander und Lücken, die sich bei festem k und Variation von k ergeben, bezeichnet man als Minibänder und Minilücken. Die bei festem k und variablem k entstehenden B¨ander bezeichnet man als Subbänder. Die Subband-Dispersion resultiert aus der natürlichen Kristallstruktur, w¨ahrend die Miniband-Dispersion die Folge der künstlichen periodischenÜberstruktur ist. In der Abbildung sind auch die Grenzf¨alle sehr dicker Barrieren (links) und sehr dünner Barrieren (rechts) dargestellt. Im ersten Fall dominieren die hyper bolischen Terme in (13.6) und der die Dispersion verursachende Term cos kd auf der rechten Seite kann vernachl¨assigt werden. Die Minib¨ander entarten zu den diskreten Niveaus des isolierten Quantentopfes. Das Supergitter zerf¨allt in einzelne Quantum Wells, die untereinander nicht gekoppelt sind (MultiQuantum-Well-Struktur). Im zweiten Fall liefert die S¨akulargleichung (13.6) in nullter N¨aherung k K. Damit verschwinden die Minilücken überhaupt, und die Überstruktur ist unwirksam. π a superlatt2.ID.epsi 95 82 mm k || π d k π d z Mini- und Subbänder eines Supergitters. Dargestellt sind auch die beiden Grenzfälle sehr dünner und sehr dicker Barrieren. Der untere Bildteil veranschaulicht die Wellenfunktionen. Die bisherigen Betrachtungen gelten mit gewissen Modifikationen auch für Löcher. Die Löcher-Wells können sich im selben Material befinden wie die Elektronen-Wells, aber auch im andern Material. Im ersten Fall spricht man 170 CHAPTER 13. HETERO-ÜBERGÄNGE von Typ-I-Supergittern, im zweiten Fall von Typ-II-Supergittern. In TypII-Supergittern halten sich Elektronen und Löcher in verschiedenen Materialschichten auf, sind also r¨aumlich separiert, was zu ungewöhnlichen Eigenschaften führt. Es kommt sogar vor, dass die Löcher-Niveaus in dem einen Material höher liegen als die Elektronen-Niveaus in dem andern. Sie sind dann nicht mehr durch eine Energielücke voneinander getrennt, und das Supergitter ist ein Metall. Typ I Typ II Ec ∆Ec superlattTyp.ID.epsi 123 41 mm E g1 Ev E g2 ∆Ev Supergitter vom Typ I und Typ II.