HEPATOLOGIE HEPATOZELLULÄRES KARZINOM 1. Screening: Risikofaktoren: Leberzirrhose, Hepatitis B oder C, Hämochromatose, männliches Geschlecht, längere Dauer der Zirrhose, höheres Lebensalter. Screening nur bei Child-Pugh A/B oder LTX-Kandidaten. Oberbauchsonographie + AFP alle 6 Monate. 2. Klinik: Leitsymptome sind unspezifisch: Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, rechtsseitiger Oberbauchschmerz, neu aufgetretener Aszites oder eine plötzliche Verschlechterung der Leberfunktion bei vorher stabiler Zirrhose. 3. Diagnostik: Nur, falls therapeutische Konsequenzen! Bei im Screening nachgewiesener Raumforderung kleiner als 1 cm sollte die Screeningfrequenz auf 3 Monate erhöht werden. Wird eine Raumforderung größer als 1 cm und/oder ein erhöhter AFP-Spiegel gefunden, sollte sich eine Untersuchung mittels Spiral-CT oder MRT mit KM zur Bestimmung der Tumorausdehnung anschließen. Bei Tumoren, die kleiner als 2 cm sind, kann eine Feinnadelbiopsie als diagnostische Maßnahme eingesetzt werden. Für Tumoren größer als 2 cm sollte entweder in zwei bildgebenden Verfahren (Sono, CT, MRI oder Angiographie) eine Hypervaskularisation oder eine Hypervaskularisation in einem bildgebenden Verfahren plus ein AFP > 400 ng/ml gezeigt werden. Hinsichtlich der angestrebten Therapie sollte für eine Resektion des Tumors eine gezielte Feinnadelbiopsie vorliegen; für eine LTX ist dies nicht zwingend erforderlich. Zur Transplantationsvorbereitung bzw. Resektionsvorbereitung kann die ggf. notwendige Angiographie in einer Sitzung mit einer Chemoembolisation (TACE) kombiniert werden. 4. Therapie: Die Behandlungsoptionen für das HCC richten sich im wesentlichen nach dem Schweregrad der zugrundeliegenden Lebererkrankung, der klinisch nach den Scores von Child-Pugh und Okuda (siehe Leberzirrhose) abgeschätzt werden kann, sowie dem Ausmaß des Tumors. Leberresektion und Lebertransplantation stellen kurative Ansätze dar, sind jedoch ausgewählten Patienten (max. 20%) vorbehalten. Die Resektion kommt nur für Patienten mit geringgradiger Zirrhose (Child A) in Frage. Auch hier sollte jedoch bei max. 3 Tumoren kleiner als 3 cm eine LTX aufgrund besserer Überlebensraten in Betracht gezogen werden. Erfolgreiche Transplantationen wurden bei Patienten mit einem HCC kleiner als 5 cm bzw. max. 3 Tumoren kleiner als 3 cm durchgeführt. Voraussetzung für die LTX ist das Fehlen extrahepatischer Manifestationen und einer Gefäßinvasion. Ein weiterer Vorteil der Transplantation liegt in einer Durchführbarkeit auch bei dekompensierter Zirrhose, daher sind alle Child-Stadien für eine LTX zugänglich. In sorgfältig ausgewählten Patienten kommt neben der Leichenspende gerade bei HCC-Patienten auch eine Lebendspende in Betracht. Die häufig lange Wartezeit bis zur LTX kann durch lokale Tumorkontrolle mittels Chemoembolisation (TACE) und/oder Radiofrequenzablation (RFA) überbrückt werden. Hierbei kann in einer Sitzung bei einer Angiographie gleichzeitig die Chemoembolisation erfolgen. Die letztgenannten Therapieansätze stehen auch bei primär fortgeschrittenem Befall zur Verfügung. Bei nicht resektablen Patienten mit Child A/B Zirrhosen ohne symptomatische portale Hypertension zeigt sich eine lokale Tumorkontrolle bei 133 HEPATOLOGIE HEPATOZELLULÄRES KARZINOM superselektiver Chemoembolisation mit Überlebensvorteil für die Patienten. Evtl. kann die Chemoembolisation zusätzlich mit einem weiteren ablativen Verfahren (z.B. RFA) mit einem weiteren Gewinn an Lebenszeit kombiniert werden. Wir nehmen an einer entsprechenden Studie bei Patienten auf der Transplantationswarteliste teil (Information: Prof. Gerbes, PD Löhe, Dr. Hoffmann). Eine alleinige regionale oder systemische Chemotherapie erbringt keine Verlängerung der Überlebenszeit. LTX - siehe dort 5. Nachsorge: Alle 6 Monate Oberbauchsono und AFP. Empfohlene Literatur: Bruix, J. et al. (2001). Clinical management of hepatocellular carcinoma. Conclusions of the Barcelona-2000 EASL conference. European Association for the Study of the Liver, J Hepatol 35, 421-30. Llovet, JM, Bruix J (2003). Systematic review of randomized trials for unresectable hepatocellular carcinoma: chemoembolization improves survival. Hepatology 37: 429-42 Llovet, JM, Fuster J, Bruix J; Barcelona-Clinic Liver Cancer Group (2004). The Barcelona approach: diagnosis, staging and treatment of hepatocellular carcinoma. Liver Transpl 10 (2 Suppl 1): S115-120. Schulte-Frohlinde E, Gerbes AL et al. Primäre Lebermalignome. Tumormanual "Gastrointestinale Tumoren", Tumorzentrum München (2005). Stadieneinteilung nach Okuda Leberbefall Aszites Bilirubin Albumin 0 Punkte 1 Punkt ≤ 50% nein ≤ 3 mg/dl > 3 g/dl > 50% ja > 3 mg/dl ≤ 3 g/dl Stadium I: 0 Punkte, Stadium II: 1–2 Punkte, Stadium III: 3–4 Punkte 134 HEPATOLOGIE HEPATOZELLULÄRES KARZINOM TNM-Klassifikation Lebermalignomen (UICC 2002) Stadium I T1 N0 M0 Stadium II T2 N0 M0 Stadium IIIA Stadium IIIB Stadium IIIC T3 T4 Jedes T N0 N0 N1 M0 M0 M0 Stadium IV Jedes T Jedes N M1 pT Primärtumor TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0 Kein Anhalt für Primärtumor T1 Solitärer Tumor ohne Gefäßinvasion T2 Solitärer Tumor mit Gefäßinvasion oder multiple Tumoren ≤ 5 cm. T3 Multiple Tumoren > 5 cm oder Tumorinfiltration in einen größeren Ast der Leber-, Portalvene(n) T4 Kontinuierliche Tumorinfiltration in angrenzende Organe außer Gallenblase oder Tumorperforation des viszeralen Peritoneums. pN - Regionäre Lymphknotena NX Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden N0 Keine Fernmetastasen N1 Regionäre Lymphknoten-Metastasen pM - Fernmetastasen MX Fernmetastasen können nicht beurteilt werden M0 Keine Fernmetastasen M1 Fernmetastasen (unter Angabe der Lokalisation) Anmerkungen: a Empfohlen wird die Untersuchung von mindestens 3 Lymphknoten; bei weniger isolierten, dabei negativen Lymphknoten soll eine Klassifikation als pN0 erfolgen. 135 HEPATOLOGIE . HEPATOZELLULÄRES KARZINOM Risikopatienten (Zirrhose, HBV+, HCV+, Hämochromatose): Screening (OBS + AFP) alle 6 Monate RF +/- AFP ↑ Keine RF aber AFP ↑ RF < 1cm RF ≥ 1cm Screening alle 3 Monate RF ≥ 2 cm - Spiral-CT Abdomen oder - MRT Abdomen - evtl. Feinnadelbiopsie wenn LTX geplant ggf. - Spiral-CT Thorax - Knochenszintigramm 136 RF < 2 cm gezielte Feinnadelbiopsie